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New Life Diaries

Neue Stadt, neue Familie, neues Leben: Coming-Out Story

Teil 5 - Handball-Fieber

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

01.16 Handball-Fieber

Mike, unser Trainer, war sehr nett. Timo und Jacob hatten mich ja schon angekündigt gehabt. Er stellte ein paar Fragen und legte dann schon los mit dem Training. Auf seine Frage, welche Position ich später einmal spielen wollte, hatte ich noch keine Antwort und wir einigten uns darauf, das im Laufe des Trainings herauszufinden, falls ich lange genug durchhalte. „Dann schauen wir mal, ob du weißt, worauf du dich da eingelassen hast“, hörten sich Mike‘s Worte fast schon bedrohlich an.

Und es war dann auch echt schmerzhaft. Ich glaube die anderen Jungs nahmen mich mit Absicht so hart dran. Selbst Timo stieg übertrieben hart ein, fand ich. Ich glaube es war Absicht und das sie mich testen wollten. Aber so fit wie die anderen war ich definitiv nicht. Ich schnaubte schon ganz schön und dann kam auch der Zeitpunkt wo ich nur noch auf der Bank sitzen wollte und zum Glück vom Trainer auch durfte, weil ich einfach nicht mehr konnte.

Wie beim Schulsport ging es auch hier unter die Dusche. Nur das es hier sogar noch lauter zuging und Quatsch gemacht wurde. Als Bastian, unser erster Torwart, fertig war, griff er im Vorbeigehen mir zwischen die Beine und berührte dabei sogar meinen Schwanz. „Ey!“, beschwerte ich mich, woraufhin die anderen lachten. Irritiert setzte ich schnell auch ein Lächeln auf. Scheinbar war das auch so eine Sache an die ich mich gewöhnen musste. Timo lief nach dem Duschen noch eine gefühlte Ewigkeit nackt in der Umkleidekabine umher. Selbst wenn man nicht wollte, konnte man genügend Blicke auf seinen Schwanz und Hintern werfen. Krass! Morgen in der Schule würde ich wieder genau neben diesem geilen Typen sitzen, dachte ich mir. Bevor ich länger nachdenken konnte, wurde ich wieder in ein Gespräch verwickelt und Timo zog sich auch endlich was an.

Dann kam Mike zu uns und setzte sich mit auf die Bank, während sich Timo gerade seine Socken anzog. „Und wie wars?“

Ich sah wohl ziemlich fertig aus. „Anstrengend. Viel anstrengender als ich es erwartet hatte.“

Mike lächelte. „Schon was anderes bei uns, als beim Schulsport.“

„Ja, da gehörte ich schnell zu einem der besten. Und hier bin ich der schlechteste“, stimmte ich zu.

„Das kommt dir jetzt nur so vor“, baute der Trainer mich auf. „Du hast Talent.“

„Haben wir dir doch gesagt“, freute sich Jacob.

„Aber du musst noch hart trainieren.“

„Krass, wie ihr nach Zweikämpfen immer sofort wieder aufsteht und weiterspielen könnt.“

„Das kommt mit der Zeit. Wenn du durchhältst und wiederkommst, dann bauen wir dich ganz langsam auf. Du hast wirklich gute Ansätze und das Zeug ein Spitzenspieler zu werden.“

„Okay“, nickte ich.

„Also bist du Montag wieder hier?“, fragte mich Mike.

„Klar.“

„Und Donnerstag auch“, grinste ich.

Mike klopfte mir auf die Schulter. „Alles klar, Marvin. Du packst das! Und nach den Osterferien müssen wir uns dann mal zusammensetzen. Solange lassen wir das dann als Probetraining laufen.“

„Okay“, nickte ich. Mike stand wieder auf und unterhielt sich noch mit anderen Spielern, während Timo seinen Platz einnahm.

„Coole Sache! In ein paar Monaten steckst du Leute wie Bastian dann locker in die Tasche.“

„Nicht übertreiben“, lachte ich. Wow! Ich fühlte mich so gut.

Nach dem Training sind wir noch zu einem KFC gefahren. Timo, Jacob, Kevin und Robin waren noch mit dabei. Und alle hatten mich direkt gut aufgenommen. Dieses Gruppengefühl war gigantisch!

Am Abend saß ich an meinem Mac, als Gerrit ins Zimmer kam. Er hatte heute auch Fußballtraining und war sogar schon vor mir zurück.

„Na“, setzte er sich auf mein Bett und musterte mich. „Wie war das Probetraining.“

„Mega anstrengend, aber gut“, strahlte ich ihn an. „Mir tut alles weh.“

Gerrit grinste. „Und was sagt dein Trainer. Kann er mit dir was anfangen?“

„Er meinte, ich hätte Talent und das wir jetzt an mir arbeiten müssen.“

„Bleib auf jeden Fall dran, Marvin.“

„Ich hoffe ich kann deren Erwartungen gerecht werden. Jacob und Timo zählen voll auf mich.“

„Du packst das“, war Gerrit zuversichtlich. „Und sonst werde ich dir jeden Tag Fußballstunden geben und dann spielen wir zusammen in einer Mannschaft und in drei Jahren dann in der Bundesliga.“

Ich lachte. „Das wäre auch cool, aber ich glaube ich versuch es erst mal mit dem Handball.“

„Glaub mir, Fußball ist nicht so schmerzhaft.“

„Das habe ich heute auch festgestellt…“

Gerrit stand wieder auf. Plötzlich fühlte ich seine Hände auf meinen Schultern, die er kurz knetete oder massierte, keine Ahnung. Auf jeden Fall fühlte es sich gut an. „Dann mal gute Nacht und freu dich auf deinen Muskelkater morgen.“

„Hey, nicht aufhören“, drehte ich mich zu ihm um. Er stand grinsend in der Tür. „Nicht meine Aufgabe, dafür hast du doch jetzt Kerstin.“ Gerrit lachte. „Gute Nacht.“ Er schloss meine Tür und ich blieb nachdenklich zurück. Ja, Kerstin… Fast hätte ich sie vergessen und ich fragte mich, wie es eigentlich soweit kam, dass ich plötzlich eine Freundin hatte…

Medien-Informatik war so locker wie immer. Besser konnte man einfach nicht in einen Freitag starten. Wir haben eigentlich fast gar nichts gemacht, sondern viel über das Handballtraining gequatscht. Timo übertrieb so dermaßen und rückte mich in ein viel besseres Licht. Gerrit grinste die ganze Zeit nur.

Englisch verging dann auch wie im Flug, weil wir nur einen Film schauten, der nicht mal was mit dem Unterricht zu tun hatte. In der Pause machte Erik wieder einen auf Alleinunterhalter. Während er am erzählen war, fragte ich mich, wie seine Hose hielt. Bei ihm schauten die Boxershorts nicht nur normal aus der Hose wie bei uns allen, sondern seine Baggy hing eigentlich komplett unter seinem Arsch. Wie ich den Typen einfach nicht mochte.

Mathe war wieder die Hölle. Ich kam einfach nicht mit. Timo schlug mir vor, dass wir uns nach den Ferien ja mal zusammen hinsetzen können, auch wenn er jetzt auch nicht so der Experte war. Mit dem Klingeln endete der Schultag auch schon. Ich liebte die kurzen Freitage. An den Rädern sah ich Gerrit und Niklas über den Hof laufen, die noch eine Doppelstunde vor sich hatten. Sie bemerkten mich nicht, aber als ich da so stand, wurde mir einmal mehr klar, was für ein Glück ich einfach nur hatte.

Weniger Glück hatte ich auf dem Rückweg. Da stoppte plötzlich Lukas neben mir. Ich schaute kurz zu ihm und dann starrte ich wieder auf die rote Ampel.

„Du hast jetzt also eine Freundin“, sprach er mich an. Den Klang seiner Stimme konnte man entnehmen, dass er es nicht glaubte.

„Ja“, sagte ich nur.

„Glückwunsch“, klang die Ironie in seiner Stimme noch mehr durch als zuvor schon.

„Hast du ein Problem?“, war ich genervt.

„Nein, ich wunder mich nur, weil du sonst doch eher auf Schwänze als auf Muschis standst, wenn ich mich richtig erinnere.“

„Halt einfach deine Fresse“, hoffte ich, dass die Ampel gleich wieder auf grün sprang.

„Komm schon Marvin“, verlor seine Stimme an Provokation. „Findest du das nicht albern? Nur wegen mir?“

„Wegen dir? Du hast damit mal so gar nichts zu tun.“

„Ich verrate dich schon nicht. Aber mach mit Kerstin Schluss.“

„Warum sollte ich?“

„Weil du schwul bist und sie gar nicht liebst. Kerstin gegenüber ist das echt richtig mies von dir.“

„Du hast doch keine Ahnung“, war ich sauer auf Lukas. Hinter uns sah ich einige Jungs aus der Schule anfahren.

„Du bist so ein Arsch, Marvin. Merkst du eigentlich, wie ich mich dabei fühle?“

Ich hatte keine Ahnung, was er damit meinte. Zumindest als er es sagte.

„Wir haben uns so gut verstanden…“ Er fixierte mich mit seinen Augen.

Ich hatte Angst, dass er mich im nächsten Moment anspringen würde. Ich glaube er war so richtig in mich verliebt.

Ich hörte die anderen Jungs lachen und bildete mir ein, dass es dabei um Lukas und mich ging. Die Ampel sprang auf grün und ich fuhr schnell los. Lukas wollte mich tatsächlich festhalten, aber ich war zu schnell. „Lass mich los, du Schwanzlutscher!“, rief ich so laut, dass die anderen Jungs es hörten. Ich fuhr so schnell ich konnte los. Als ich mich umdrehte, sah ich wie Lukas sich umdrehte und die anderen Jungs an ihm vorbeifuhren und lachten. Auf der anderen Straßenseite erkannte ich Moritz freihändig mit seinem Rad an einer Ampel gelehnt stehen. Warum war er denn da? Er hatte doch noch zwei Stunden Unterricht? Er schaute zu mir, aber ich tat so, als ob ich ihn nicht sah und fuhr nach Hause.

Ich ging sofort auf mein Zimmer und ließ mich auf mein Bett fallen. Fuck! Konnte Lukas nicht einfach aus meinem Leben verschwinden? Jetzt hatte ich wieder ein schlechtes Gewissen. Ich hatte ihn wohl ziemlich bloßgestellt. Und das Schlimme war noch, dass die anderen Jungs das abfeiern würden.

Am Abend besserte sich meine Laune wieder. Wir schauten im Wohnzimmer alle zusammen das Deutschlandspiel gegen Schweden und feierten unseren ersten Sieg: 30:29 – knapper hätte es echt nicht werden können. Aber für die Hauptrunde waren wir trotzdem chancenlos.

Später am Abend traf ich mich mit Kerstin. Wir gingen mit Sparky Gassi und waren danach noch bei ihr zu Hause. Ihre Eltern waren dieses Mal da und sehr nett zu mir. Auch ihr Bruder behandelte mich gleich wie ein guter Kumpel. Wir schauten Pearl Harbor auf DVD. Ich mochte den Film eigentlich nicht. Ich fand das Ende Kacke, weil ich mir eher ein Happy End für Josh Hartnett gewünscht hätte. Während wir den Film schauten kuschelten wir ein wenig, was mir eigentlich ganz gut tat. Einmal kurz überkam mich ein schlechtes Gefühl, als ich an Lukas dachte. Plötzlich stand Kerstin vom Bett auf und schloss leise ihre Zimmertür ab und lächelte mich an.

„Deine Eltern sind unten“, meinte ich. Ich Bruder war bereits gegangen.

„Ich will ja auch nur…“ Und schon wanderte ihre Hand in meine Hose und fummelte mir an meinem Schwanz rum. Ihre Hände waren kalt und so dauerte es dieses Mal etwas, bis ich einen Steifen bekam. Dann nahm sie meine Hand und führte sie zu ihrer Jeans. Jetzt sollte ich sie auch befriedigen. Aber ich ekelte mich irgendwie. Ficken war ja noch okay, aber mit der Hand oder sogar mit der Zunge kostete mich echt Überwindung und ich konnte es einfach nicht. Ich richtete mich auf und nahm auch ihre Hand aus meiner Hose.

„Was ist?“

„Deine Eltern. Ich kann das nicht, wenn die da unten sitzen.“

„Aber ich habe doch abgeschlossen.“

„Und die würden sich gar nicht wundern, warum?“, drehte ich mich weg.

„Sie kommen schon nicht hoch. Meine Eltern sind nicht so neugierig. Sie vertrauen mir.“

„Heute nicht, okay? Ich muss auch gleich los.“

„Jetzt schon?“

Kerstin war enttäuscht und mir platzte der Kopf, als ich in unserem Garten stand und noch kurz wartete, bevor ich reinging…

01.17 Einsichten

Ich konnte nicht schlafen. Auch am Samstag lag ich schon ab 7 Uhr wach in meinem Bett. Eins stand fest: Ich musste mich bei Lukas entschuldigen. So schnell wie möglich. Ich wollte ihn anrufen, aber da fiel mir ein, dass es ja noch total früh war. Also schrieb ich ihm stattdessen eine SMS. „Können wir uns sehen?“

Lukas war einverstanden. Aber er wollte nirgends hingehen, also musste ich zu ihm. Ich lag aufgeregt in meinem Bett.

Beim Frühstück erzählte Gerrit, dass er gestern sich wieder mit Marina unterhalten hätte und sie es noch mal miteinander versuchen wollen. Ich konnte es gar nicht fassen. Obwohl sie ihn betrogen hatte, eine nervige Zicke war und mir total unsympathisch wollte sich Gerrit wieder auf sie einlassen. Helena freute sich stattdessen für ihren Sohn. „Dann können wir mal was zu viert machen“, schlug Gerrit begeistert vor.

„Ja, vielleicht“, nickte ich.

„Also wenn es wieder was werden sollte zwischen uns“, war Gerrit wohl ganz zuversichtlich. Ich hasste die Vorstellung, dass Marina wieder bei uns abhängen würde.

Am Nachmittag hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch und war mir nicht sicher, ob das wirklich so eine gute Idee war zu Lukas zu gehen. Immerhin war seine Mutter dieses Mal da, die mir die Tür öffnete.

Ich ging in sein Zimmer hoch. Ich klopfte an seine Tür und er rief: „Komm rein!“

Er saß mit seinem Laptop auf dem Bett. Romeo war geöffnet.

„Hey“, begann ich.

„Also, was willst du?“, stand er auf und lehnte sich gegen seine Heizung.

Ich war total unsicher. „Ich wollte mich eigentlich nur bei dir entschuldigen.“

„Auf einmal?“, zweifelte er.

„Ich war nicht ganz korrekt zu dir. Und du hattest recht. Ich habe Angst davor, was die anderen Jungs sagen würden, wenn sie erfahren würden, dass ich auch auf Jungs stehe.“

Auf Lukas Gesicht zeichnete sich ein seltsames Lächeln ab. „Ach, nun doch wieder?“

„Ja und ich hätte nicht über dich lästern dürfen und dich als Schwanzlutscher bezeichnen. Das war echt mies von mir.“

„Das war es.“

„Aber ich bin auch neu hier und habe noch nicht großartig viele Freunde.“

Lukas Lächeln verschwand aus seinem Gesicht. „Und du meinst, wenn du lügst und nicht zu dir stehst, dann findest du schneller welche? Auf solche Freunde kannst du doch verzichten.“

„Schon, aber ich wäre doch gleich das Gesprächsthema Nummer eins in der Schule. Außerdem bin ich noch längst nicht so weit. Ich muss damit selbst erst mal klar kommen.“

„Am Ende wirst du sehen, wer von deinen Freunden bleibt. Der tolle Moritz zum Beispiel.“

„Was ist mit ihm?“

„Er hasst Schwule. Als er noch nicht wusste, dass ich auf Jungs stehe, war er auch nett zu mir. Er gab mir Gitarrenunterricht.“

„Und jetzt?“

„Redet er kein Wort mehr mit mir. Er hatt mich beim Unterricht versetzt und Anrufe ignoriert. Er ist ein riesiges Arschloch.“

Ich war echt überrascht. Auf mich wirkte Moritz ganz anders. „Ich kann nur sagen, dass er zu mir ganz nett ist. Aber das hört sich echt nach Arschloch an.“

„Ich werde dich nicht drängen. Es ist deine Entscheidung, wann und ob du den anderen erzählen willst, ob du schwul bist oder nicht. Aber behandel mich nicht wie Dreck. Und sei endlich ehrlich zu Kerstin.“

Seine Stimme klang wieder so lieb, wie an unserem Kinotag. „Es tut mir leid. Das wird nicht mehr vorkommen.“

„Und Kerstin?“

„Ich werde wohl Schluss machen…“

Lukas schien zufrieden. „Und eins noch. Lass die Finger von Moritz. Wenn der erfährt, dass du schwul bist, dann hast du gar keine Chance mehr, es für dich zu behalten. Er wird dich verarschen und vor allen lächerlich machen. Timo ist eigentlich genauso.“

„Okay“, nickte ich. „Ich bin vorsichtig.“

„Solltest du auch sein. Es ist kein Spaß, wenn es erst mal die Runde macht und alle Bescheid wissen.“

„Also ist Moritz dran schuld?“

„Im Grunde schon“, bestätigte Lukas. „Ich hab’s dir von Anfang an gesagt, dass er ein Arsch ist. Jetzt weißt du, warum ich dich warnen wollte. Du stehst auf ihn, oder?“

„Nein, wirklich nicht“, antwortete ich. Keine Ahnung, ob er mir es glaubte. Es war so unglaublich. Ich fand Moritz hammer nett und cool. Vielleicht stand ich wirklich auf ihn. Aber das konnte ich mir jetzt eh schenken.

„Danke, dass du so ehrlich zu mir warst“, freute ich mich und lächelte.

„Danke, dass du gekommen bist“, erwiderte Lukas mein Lächeln und umarmte mich plötzlich.

„Freunde?“, schlug er vor und ich nickte erleichtert.

Wir setzten uns auf sein Bett. Es war komisch mit jemandem zusammen zu sein, von dem man wusste, dass er genauso auf geile Hintern stand und sich an anderen Jungs aufgeilte. Von Romeo kam eine Nachricht. Er öffnete sie. Mehrere Schwanzbilder waren drin.

„Der Typ ist super scharf“, sagte Lukas und vergrößerte die Bilder.

„Ja“, nickte ich nur. Er sah wirklich gut aus und sein Teil war auch ziemlich geil. Lukas antwortete und hing ihm ebenfalls Bilder an. Ich sah, dass er richtig viele XXX-Bilder in seinem Profil gespeichert hatte. Und er hing ihm auch eine Menge davon an. Es war seltsam in diesem Moment neben ihm zu sitzen. Dann verselbstständigte sich der Chat. Der Typ geilte sich an den Bildern auf und schickte welche von seinem Hintern hinterher. Lukas fummelte mit seiner Hand in seiner Hose. „Ich bin ganz rattig jetzt, sorry.“

„Ist okay“, meinte ich. „Ich wollte eh gehen.“

„Du kannst auch bleiben und wir…“ Lukas brach seinen Satz ab. „Jetzt mache ich diesen Fehler schon wieder. Ich kann nichts dafür. Schwule Jungs sind halt so.“

Er lachte so, dass ich auch schmunzeln musste. „Kenne ich. Aber nicht nur schwule Jungs sind so. Trotzdem ist es besser, wenn ich jetzt gehe.“

„Okay, bis Montag“, verabschiedete er mich.

Wieder zu Hause platzte Gerrit in mein Zimmer. „Hey, was machst du heute Abend?“

„Keine Ahnung“, zuckte ich mit meinen Schultern.

„Marina und ich wollen ins Kino. Frag doch Kerstin, ob ihr mit wollt?“

Das ging ja schnell, dachte ich mir. „Okay“, sagte ich, obwohl ich überhaupt keine Lust dazu hatte auf ein Doppeldate.

Um 19 Uhr waren wir dann alle am Filmpalast am Thomannplatz verabredet. Das komischste war, als Kerstin mir vor Gerrit einen Kuss gab. Marina war wie immer, zickig und arrogant und klammerte sich wie ein Affe an Gerrit.

Wir schauten uns Friendship! mit Matthias Schweighöfer an. Hatte ich mal erwähnt, dass ich den noch nie mochte? Den männlichen Co-Hauptdarsteller fand ich viel interessanter. Der Film war aber trotzdem ganz gut. Ich hätte auch mal Bock dazu durch die Staaten zu reisen und dabei eine Doku zu drehen.

Nach dem Film wollten wir noch zu Mecces, alle bis auf Marina. Trotzdem musste sie mit. Ich bekam wieder fast ne Krise, als sie sich an Gerrit kuschelte. Meine Laune war echt nicht so gut. Gleichzeitig dachte ich, wie krank es von mir war, eifersüchtig auf Marina zu sein.

„Das müssen wir mal wiederholen“, fand Kerstin den Abend wohl gelungen.

„Logo“, war Gerrit auch ganz angetan davon. „Aber allein würden wir auch gerne mal wieder sein.“

Diese Vorstellung, verschwinde aus meinem Kopf! Ich war auf jeden Fall froh, als Gerrit und ich allein in der U-Bahn waren.

„Marina hat sich gar nicht verändert“, meinte ich zu ihm.

„Ich weiß, ihr mögt sie nicht so. Daniel hackt auch immer auf ihr rum. Aber ich habe ihr verziehen.“

Ich nickte. „Das ist das wichtigste.“

„Ja“, bestätigte er und grinste dann frech. „Außerdem ist sie verdammt scharf.“

Damit hatte er sogar recht, wenn man auf lange Haare, blond und blauäugig stand.

„Nur blöd, dass sie dich nie ran lässt“, zog ich Gerrit auf, der mir dafür in die Seite boxte und lachte.

„Abwarten. Wir müssen unseren Eltern mal ein Wochenende zu zweit schenken.“

Ich grinste. „Und Soja wundert sich, warum dein Bett so quietscht.“

„Genau“, lachte er. „Okay, Soja muss halt mit.. ein romantisches Wochenende zu dritt.“

„Wie war euer Date, Jungs?“ Im Flur wurden wir direkt von meinem Vater begrüßt.

„Das war doch kein Date“, meinte ich.

„Nein? Was denn sonst?“, grinste mein Vater und ich hasste es mit ihm über Mädchen zu sprechen. Immerhin gab es jetzt mal eines.

„Kein Angst, Jonas. Wir haben keine Enkelkinder gezeugt“, grinste Gerrit frech.

„Dann bin ja beruhigt“, erwiderte mein Vater souverän und lächelte.

„Hauptsache ihr hattet einen schönen Abend. Ich freu mich für euch beide“, kam Helena dazu.

Gerrit und ich deckten uns noch schnell mit ner Mezzo und Chips ein und verdrückten uns dann nach oben. Wir schauten noch eine Runde Scrubs in meinem Zimmer. Dieses Mal holte sich Gerrit aber nur ein Kissen und wir hatten beide noch unsere Straßenklamotten an, bevor er dann – von Fluffy verfolgt – in sein Zimmer wechselte.

Allein im Bett konnte ich trotzdem noch nicht einschlafen. Ich ging noch mal an mein MacBook und nach einer Weile landete ich bei dem Nacktfoto von Lukas, welches er mir vor einiger Zeit mal geschickt hatte. Ich bekam eine leichte Beule in meiner Boxershorts, aber als ich daran dachte, was Lukas mir über Moritz erzählt hatte, ging sie auch wieder zurück. Er tat mir echt leid. Nur weil er schwul war, wurde sich über ihn lustig gemacht und ich war auch noch mittendrin. Für mich stand auf alle Fälle fest, dass niemals jemand erfahren durfte, dass ich auch auf Jungs stand. Deshalb konnte ich auch noch nicht mit Kerstin Schluss machen. Ich hoffte nur, dass Lukas das verstehen würde…

01.18 Zeugnisse

Und wieder verloren. Die Handball-EM war eine große Enttäuschung. Zwar war es auch gegen Frankreich wieder knapp mit 2 Toren Unterschied, aber die Chance auf das Halbfinale war hin. Am Sonntagabend wollte Soja unbedingt mit uns Uno spielen, aber Helena vertröstete sie, dass wir das im Urlaub genügend machen werden. Mich bekam sie trotzdem überredet. Außerdem hatte ich das ewig nicht mehr gespielt. Das Training war vielleicht schon mal ganz gut, wie ich fast jede Runde verlor. Gerrit kam irgendwann dazu und Soja und er lachten immer, bis sie mich dann auch mal aufklärten. Sie hatten die bunten Karten gekennzeichnet. Kein Wunder, dass Soja so gut war, dachte ich mir nur.

Die letzte Woche vor den Ferien ging mit einer Doppelstunde Geschichte los. Viel spannender war aber die Tatsache, dass das Gerücht die Runde machte, dass wir nach den Ferien gleich eine Matheklausur schreiben würden. Na super! Da werde ich gleich perfekt in das neue Schuljahr starten. In der Sportstunde machten wir Zirkeltraining. Wie ätzend. Außerdem sollten wir raten, welche Noten wir wohl bekommen würden. Lukas lächelte mir einmal zu in der Stunde. Er hatte mir wohl tatsächlich wieder hundertprozentig verziehen und es gab auch keine Sticheleien heute gegen ihn. Beim Duschen war ich es heute, der Jannik versuchte als Revanche in die Eier zu grabschen! Aber er drehte sich noch rechtzeitig weg. „Denkst du wohl“, lachte er.

„Aber fast“, war ich mir sicher ihn auch mal zu erwischen Stattdessen hatte mir Daniel von hinten fest an die Eier gegrabscht, was zum Gejohle bei den anderen Jungs führte. „Aaaah!“, schrie ich auf und sprang auf und ab. So locker wie heute fühlte ich mich noch nie unter der Dusche mit den anderen Jungs. Ich bewegte mich total frei, dachte an nichts sexuelles und daran, wie geil zum Teil die anderen Jungs aussahen.

Ich war einer der letzten aus meiner Klasse, der mit dem umziehen fertig war.

„Da hat es dich heute erwischt, was?“, sagte Lukas leise zu mir, der auch noch in der Kabine war.

„Ja“, lächelte ich. „Verdammt.“

Ich nahm meinen Rucksack und ging auf den Hof zu den anderen. Religion stand noch auf dem Programm. Gerrit und die Jungs aus seiner Klasse waren heute wohl schon im Raum. Also saß ich heute nur neben Daniel und einem Mädchen aus einer anderen Klasse. Nach dem Unterricht wartete Gerrit aber wieder auf mich und wir fuhren zusammen nach Hause.

Nach dem Mittag bekam ich eine SMS von Lukas geschickt. „Hi Marvin! Tun dir deine Eier noch weh? Hast du vielleicht Lust heute noch was zu machen?“

Ich fand seine SMS süß. Aber auch wenn wir uns ausgesprochen hatten, wollte ich eigentlich keinen großen Kontakt wieder aufbauen. Es blieb dabei, er war schwul und ich nicht – zumindest für alle anderen. „Hey Lukas, ich kann heute leider nicht. Habe Training.“

Und das war nicht mal gelogen. Zum Glück konnte ich mich am Wochenende wieder regenerieren und war auch einigermaßen fit dafür. Wir starteten mit Klimmzügen, die echt anstrengend waren und Jonathan erzählte dabei die ganze Zeit irgendeine lustige Scheiße, dass ich ständig lachen musste. Überhaupt waren wir alle heute nur am Feixen. Nur blöd, dass ich mir dann gleich eine Zerrung zuzog als es ans Spielen ging und nach 15 Minuten nur noch fürs Wischen zuständig war. Naja, war trotzdem wieder lustig. Nette Leute und Mike ist ein cooler Trainer. Und meine Erkenntnis des Tages: Jacob hat unglaubliche Kraft in den Armen…

Der Dienstag verlief unspektakulär. Nach der krassen Deutschland-Niederlage gegen Spanien war ich nur noch kurz mit Kerstin zusammen mit dem Hund im Park. So war ich echt gern mit ihr zusammen. Einfach reden, mit Sparky spielen und abschalten. Ich glaube sie wäre eine super beste Freundin. Ich hoffe sie bleibt es auch, wenn ich Schluss mache... irgendwann.

Mittwoch war unsere Laune dann im Eimer, als uns der Termin für die Matheklausur genannt wurde. Timo meinte aber, dass wir uns ja auch in den Ferien mal treffen können, damit ich nicht komplett ablose.

In Latein saß ich wieder neben Moritz. Ich glaube Lukas hatte uns immer wieder beobachtet, aber obwohl ich wusste, dass Moritz vielleicht auch ein Arsch sein konnte, mochte ich ihn immer noch. Außerdem gab er mir keinen Anlass, dass nicht zu tun. Zwei Mädels hatten sich zu uns umgedreht, bevor der Unterricht begann und Moritz erzählte davon, wie ihm seine Saite seiner Gitarre gestern riss. „Rockst du auch so richtig auf der Bühne?“

„Wir treten ja noch nicht so oft auf“, sagte er. „Aber kann schon sein. Auf der Bühne und wenn man Musik macht traut man sich viel mehr zu.“

„Kann ich mir auch gar nicht bei dir vorstellen, du bist auch eher ruhig hier“, mischte ich mich in das Gespräch ein.

Moritz schaute zu mir und nickte. „Bin ich auch eigentlich.“

„Du kannst ja mal ein Lied für mich schreiben“, flirtete eines der beiden Mädels Moritz an. Antworten musste er nicht mehr, weil es dann los ging und sich alles wieder nach vorn umdrehen musste.

„Du würdest auch ganz gut in eine Band passen“, flüsterte Moritz mir dann zu.

„Ich?“, war ich überrascht. „Ich spiele doch so schlecht.“

„Ja, aber rein optisch.“

Ich grinste. „Die haben sich wegen dir umgedreht, nicht wegen mir.“

„Hmm“, grinste er nur. „Aber du spielst jetzt ja Handball, oder?“

Ich war überrascht, dass Moritz davon wusste. „Ich war zwei Mal zum Training. Bis ich spielen darf dauert es bestimmt noch. Wenn überhaupt…“

„Du musst halt dran bleiben.“

Auch der Donnerstag verging recht schnell, weil wir sowohl in Bio als auch in Geo Videos schauten. Ich liebte die Zeit vor den Ferien. In Sport spielten wir wieder Fußball. Als ich auf der Bank saß, setzte sich Lukas zu mir, was mir etwas unangenehm war.

„Hast du heute vielleicht denn mal Zeit?“, fragte er mich. Zum Glück sprach er sehr leise.

„Ich hab wieder Training“, antwortete ich.

„Schade“, ließ er seinen Kopf hängen. „Und in den Ferien.“

„Da fahren wir weg.“

„Oh, cool“, sagte er, aber kam jetzt nicht wirklich überzeugend rüber.

Ich ließ mich schnell wieder einwechseln und hoffte, dass Lukas es nicht so merkte, dass ich versuchte ihm aus dem Weg zu gehen.

Am Nachmittag spielte Deutschland gegen Tschechien. Selbst unser letztes EM-Spiel wurde nur ein Unentschieden. Wir waren damit ausgeschieden, was ja aber schon vorher klar war. Am Abend fuhr ich dann zusammen mit Jacob zum Training. Es war das letzte Mal vor den Ferien. So gab es nur noch Spaßspiele und ich konnte teilweise ein paar coole Spielzüge einleiten. Mike meinte, dass ich als Kreisläufer durchaus in Frage kommen würde. Aber festlegen wollen wir uns noch nicht. Leider fiel mir beim Training wieder auf, dass auch in der Mannschaft einige der Jungs ziemlich süß waren. Auch Jonathan mochte ich total gern. Wir waren die letzten beiden unter der Dusche. Er ging dann vor mir in die Umkleide und ich konnte ihm die ganze Zeit auf seinen Arsch starren. Bei den Gedanken, die mir durch den Kopf schossen, war es ein Wunder, dass ich keine Latte dabei bekam. Gut, dass Timo mich schnell wieder ablenkte. Er machte sich wohl echt Sorgen wegen der Matheklausur. „Sobald ihr aus dem Urlaub zurück seid, meldest du dich bei mir, okay?“

„Mach ich. Dann brauchen wir nur noch jemanden, der uns das beibringen kann“, grinste ich.

„Tja, ich bin auch nicht da“, blockte Jacob direkt ab.

„Wo geht’s eigentlich hin?“, wollte ich wissen.

„Spanien“, strahlte er.

„Verräter“, kommentierte Timo und warf ihm sein nasses T-Shirt entgegen.

„Nur weil wir gegen Spanien verloren haben? Dann dürften wir ja nirgends mehr Urlaub machen.“

Der Freitag startete wie immer mit Medien-Informatik und jeder Menge Spaß. Heute halfen wir Herrn Arp dabei einige Rechner hin und her zu tragen. Teilweise standen im Keller richtig alte Teile rum. Ansonsten saßen wir mehr oder weniger rum und unterhielten uns. Allerdings war es auch der letzte Tag unserer Wirtschaftssimulation, Nach den Ferien würde es wohl schwerer werden.

Nach der Englisch- und Mathestunde kam dann Frau Ruschke und erzählte uns noch ein paar Sachen, bevor sie damit begann die Zeugnisse zu verteilen. Bei mir zählten halt noch die Klausuren meiner alten Schule und letzten Noten. In Sport bekam ich eine zwei. Timo, Jacob und Daniel hatten alle drei eine eins. Das wollte ich nächstes Jahr auch unbedingt haben. Aber sie waren auch alle hammer gut. Timo hatte tatsächlich in Geschichte eine fünf verpasst bekommen und in Mathe war es wohl gerade noch eine vier. Nächstes Jahr würde für uns alle nicht einfach werden.

Vor der Schule versammelten sich dann alle. Als Gerrit hörte, dass Daniel eine eins in Sport hatte, war er richtig sauer, das er nur eine zwei hatte und schimpfte auf seinen Sportlehrer. Aber er hatte sonst ein gutes Zeugnis. Drei Vieren und sonst alles Zweien und Dreien.

Samstag blieb Gerrit zu Hause. Marina war schon in die Ferien und so beschloss ich auch mich nur kurz mit Kerstin zu treffen. Wir waren Eisessen. Dann verabschiedete ich mich auch von ihr, weil wir uns morgen nicht mehr sehen würden. Trotzdem war der Abend komisch. Gerrit war auf seinem Zimmer und mit irgendwas online beschäftigt und ich in meinem und wusste nicht so recht was mit mir anzufangen.

Der Sonntag stand im Zeichen des Sports. Ich ärgerte mich über den Sieg von Roger Federer gegen Andy Murray bei den Australien Open und das Finale der Handball-EM war auch nicht so toll, wie es hätte sein können. Immerhin gewann Frankreich gegen Kroatien mit 25:21.

Nach dem Spiel packten wir schon ein paar Sachen zusammen für den Urlaub, denn morgen früh ging‘s schon los…

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