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Juli

Teil 4

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Vorwort

Heyheyhey...hat ein bißchen gedauert aber endlich ist er fertig. Der letzte Teil!! Möchte an dieser Stelle unbedingt noch meine kleine Muse knuddeln und meinen an akuter Schlafkrankheit leidenden Lektor ;) Doch nun...auf nach Berlin!

 

Mein Herz setzt schon wieder mehrere Schläge aus. Nils steht gerade vorm Süßigkeitenregal im Supermarkt und ist schön wie ein Engel. Ich muß ihn anstarren und schwitzige Finger kriegen. Meine Beine zittern leicht und mein Puls...ach du meine Güte. Mann und dabei kaufen wir nur ein!

»Mit oder ohne Schokolade?«

Mh, ich hab die Frage genau gehört aber irgendwie kann mein Hirn sie nicht richtig verarbeiten. Nils hat sich umgedreht und sieht mich an. Oh der soll mich nicht so ansehen. Gegen diesen Blick kann ich mich nicht wehren.

»Hallo? Juli, ich wollte wissen...« weiter kommt er nicht, weil ich ihn küsse. Nils strahlt, seine Wangen haben sich leicht verfärbt. »Ähem...Juli, die Kekse...mit Schoko?«

Wie kann der jetzt an sowas denken? Ich nicke schwächlich, während er nach meiner Hand greift. »Na komm schon, wir haben alles.«

Als wir auf dem Weg zur Kasse am Kühlregal vorbeikommen, möchte ich mich auf den Boden schmeißen. Da liegt Wurst...in Bärchenform. Ich piss mich ein.

»Sag mal, hast du Drogen genommen?« fragt er irritiert.

»Können wir bitte Bärchenwurst kaufen?« gluckse ich.

»Bist du bescheuert? Wer soll'n die essen?«

»Ich...hahaha...ich...oh mann, ich will Bärchenwurst«, presse ich hervor, wische mir Tränen aus den Augen.

»Du hast doch ‘nen Knall«, kichert er und zieht mich weiter.

»Nie krieg ich das, was ich will«, schmolle ich beleidigt.

»Na dann paß mal auf, wenn wir zu Hause sind...«, flüstert er so weich, daß ich ihn auf der Stelle...äh, leider sind wir in der Öffentlichkeit.

Als Nils die soeben gekauften Lebensmittel in seinem Rucksack verstaut, fällt mein Blick auf ein kleines Glas.

»Für wen ist das?«

Verschämt reißt er es mir aus der Hand. »Ähem...für mich.«

Schon wieder muß ich mich kaputtlachen. »Du ißt heimlich Guten-Abend-Brei?« Das ist wohl das Süßeste, was ich jemals erlebt habe.

Reichlich rot an den Wangen nickt er. »Ja, na und?«

»Nur so«, grinse ich. »Babe.«

»Der schmeckt total gut«, murmelt er.

»Klar.«

»Blödmann.«

»Idiot.«

Als wir wieder in seinem Zimmer sind, wird das mit dem ansehen noch schlimmer. Ich traue mich fast gar nicht. Nils ist so hinreißend, ich will kaputt gehen. Verstohlen befühle ich seine Hand, seinen Arm. Ich muß das ab und zu machen, um mir zu beweisen, daß er echt ist.

»Was tastest du denn so an mir rum?«

»Entschuldige...ich dachte, du hast es gern, wenn ich dich anfasse«, sage ich beleidigt.

»Ja aber doch nicht so«, entgegnet er und tätschelt mir plump den Kopf. »Ich ziehe sanftes Streicheln vor.«

»Okay.« Langsam drücke ich ihn auf die Matratze und lasse meine Hand unter sein Shirt gleiten. Mhhhh...der hat eine Karamellsahnehaut...zum verrückt werden.

»Ich hab noch niemanden getroffen, der so verschmust ist wie du, Juli.«

»Ist das schlimm?«

»Nein. Und hör auf zu schmollen...das macht mich irre.«

Ring frei für die nächste Knutschrunde!

»Ich freue mich schon total, Caro wieder zu sehen«, erklärt Nils und zieht sehr lasziv an seiner Zigarette.

Ich frage mich, was zum Henker mit mir los ist?! Egal was Nils macht oder sagt...ich will ihn vernaschen. »Ach die ist doch gar nicht da.«

»Oh...na dann lerne ich halt ihren süßen, nicht in dich verliebten, Bruder kennen«, kichert er. Ich hätte ihm die Sache mit Cassi und J nicht erzählen sollen. Der macht sich immer darüber lustig. Zur Strafe beiße ich ihm kurz aber fest in den Hals.

»Au!«

»Halt die Klappe und iß deinen Guten-Abend-Brei, Baby.«

Nils drückt die Zigarette aus, wirft sich blitzschnell auf mich und wir rangeln ein bißchen. Knutschen ein bißchen. Oh, ich fühle mich so glücklich und lebendig wie noch nie. Kein Platz mehr für blöde Gedanken. Ich liebe Nils. Er liebt mich. Ganz einfach.

Blödsinn, wem will ich was vormachen?! Ich meine, sicher lieben wir uns aber schlimme Gedanken bahnen sich immer ihren Weg. Ich möchte genießen, kann aber nicht wirklich, weil ich jetzt schon Angst davor habe, wieder allein zu Hause zu sein. Allein mit der Frau, die sich einen Scheiß für mich interessiert. Allein mit Caro, die eh nie da ist. Allein. Ohne Nils. Ich fürchte, es wird noch viel viel heftiger als nach meinem ersten Besuch. Bestimmt muß ich sterben.

»Oh nein!« Nils sitzt auf mir und bekuckt mich kritisch. »Dieser Gesichtsausdruck...gott, Juli, was ist denn nun schon wieder los?«

Ich wurschtel mich unter ihm weg. »Nichts.«

»Sehr überzeugend.«

»Meine Güte...sterben muß ich halt, wenn du nicht mehr bei mir bist«, erkläre ich etwas gereizt.

»Hör schon auf. Hör auf, darüber nachzudenken, was in ein paar Wochen ist. Das ist doch noch so weit weg und überhaupt...gestorben wird nicht, ist das klar?!«

Na sicher, er verdrängt natürlich lieber alles, was ihm nicht in den Kram paßt. Ich kann das nicht. Kann ich nie.

»Aber ich hab Angst«, beharre ich. »Ich will bei dir bleiben. Kann deine Mutter mich nicht adoptieren oder so?«

Nils kichert. »Kannst sie ja mal fragen.«

Ich hatte das nicht lustig gemeint.


Meinen Abreisetermin verschiebe ich immer weiter. Wir haben unsere Pläne mal wieder völlig über den Haufen geworfen. Eigentlich wollten wir ja eine oder zwei Wochen bei mir verbringen aber weil Caro eh nicht da ist und Berlin viel schöner, zieht's mich wenig in das Dreckskaff, in dem ich durch die Blödheit meiner angeblichen Eltern gestrandet bin. Mit Nils durch die Stadt laufen ist total aufregend, weil überall was los ist. Überall gibt's was zu sehen und die Leute starren zwei Jungs, die offensichtlich bis zum Schwachsinn ineinander verschossen sind, nicht so angeekelt an wie bei uns. Die starren überhaupt nicht.

Hier ist sowas nämlich sehr normal. Normal ist es auch, daß ich mit Nils das Haus verlasse und sofort gute Laune habe. Selbst wenn wir seine Freunde treffen, mit denen ich mich dann zwangsläufig unterhalten muß. Das geschieht allerdings nur, wenn wir abends mal in einen Club gehen oder er mich zur wöchentlichen Bandprobe schleppt. Letzteres ist mit viel Ohrenschmerz verbunden, weil die immer sehr laut sind und ich eigentlich gar nicht auf Punk und Deathrock stehe.

Aber Nils sehen, wie er Schlagzeug spielt, hat was! Und Nils nach'm Auftritt hinter der Bühne vernaschen ist sicher auch nicht schlecht...allerdings bis jetzt nur eine heimliche Phantasie von mir.

Jedenfalls ist es mir fast unheimlich wie gesellig ich sein kann. Daß ich es nett finde mit Jungs und Mädchen rumzuhängen, die ich kaum kenne. Natürlich ist das nur so leicht, weil Nils da ist. Und natürlich ist mir die Zeit, die wir allein verbringen, immer noch am liebsten. Ich mag ihn eben nicht teilen. Nicht einmal mit Lotte, die ein bißchen zu oft mit uns rumhängt. Ich hab sie gern, sie ist lustig und manchmal schon fast ein Caro-Ersatz...trotzdem will ich meinen Freund ganz für mich. Sie kann ihn schließlich nach den Ferien jeden Tag sehen.

Übrigens sind wir gerade auf'm Trip abzuchecken, auf welche Jungs wir stehen und ob überhaupt. Eher aus Lustigkeit und die meiste Zeit lachen wir uns kaputt aber...Nils hat mir erschreckend ernsthaft gesagt, daß er Zecke, den Gitarristen seiner Band, niedlich finden könnte. Also zum küssen niedlich. Natürlich will er ihn aber nicht küssen, weil er ja nur mich küßt...blablabla. Ich bin trotzdem eifersüchtig. Gut, daß er nicht gesagt hat, er findet ihn zum verlieben niedlich. Zecke ist fünfzehn und hat eine gottverdammte bauschige Helmfrisur. Objektiv betrachtet ist seine Visage hübsch. Er ist zierlich, gruftig, mag MUSE (dadurch steigt er natürlich auf meiner Sympathieskala), hat lange schwarze Ponysträhnen aber leider den Hinterkopf bis an die Schmerzgrenze toupiert. Also Robert Smith zum Beispiel darf toupiert durch die Gegend schlurfen. Hübsche Jungs mit normalerweise trendig-fransigen Haarschnitten sollten das bleiben lassen. Hab Nils gefragt, ob ich meine trendig-fransigen Haare jetzt auch toupieren muß, damit ich noch eine Chance bei ihm habe. Er trat mir vors Knie und küßte mich danach für ungefähr dreißig Stunden. Zecke ist mir etwas suspekt. Nett und lustig zwar aber...also irgendwie kuckt der immer so eigenartig. Ich glaube, der steht auf Nils. Anschmachten darf er ihn so lange er will. Mehr nicht, sonst muß ich ihn töten! Überhaupt geht der ständig mit seinem Intimleben hausieren. Mit dreizehn hatte er zB eine reine Sexbeziehung. HAHAHA...wer's glaubt. Oh und einen Exfreund hat er auch schon. Und als wir mal zusammen in Toms Club saßen, erzählt er mir doch tatsächlich einfach so, daß er nicht drauf steht, einen geblasen zu kriegen. Er allerdings gerne bei anderen... Ey, was zur Hölle geht mich das an? Hab ich ein Schild auf der Stirn... plaudere über deine sexuellen Vorlieben mit mir!? Ich wußte gar nicht, was ich antworten sollte. Immerhin rede ich nicht einmal mit meinem Freund über derartige Sachen. Wozu auch? Ich weiß, was ihn anmacht und umgekehrt weiß er es genauso. Wir sind eben total für einander geschaffen und Zecke kann meinetwegen Schwänze lutschen wie er lustig ist. So lange er sich von Nils‘ fernhält!!

Zusätzlich zu den Realjungs haben wir uns noch ein paar Schwulenfilme angekuckt, was uns zu der Erkenntnis brachte, daß ich auf tuckig stehe. Ich fand nämlich VELVET GOLDMINE toll. Habe stark rotgesichtig erklärt, daß mir eben die Musik gefällt aber Nils hat mich nur ausgelacht. Bei TRICK waren wir uns dann aber sehr einige. Der ist gnadenlos gut und diese Beverly Hills-Schnepfe soundso Spelling ist in ihrer Rolle zum bepissen lustig. Naja, auf alle Fälle war es aber eher komisch, Jungs beim knutschen und vögeln zuzusehen. Letzteres natürlich nur angedeutet, waren ja keine Pornos. Angemacht hat es mich eigentlich nicht... oder nur ein bißchen. Ich weiß nicht, spielt ja auch keine Rolle. Im Kino waren wir ein paar mal. Da lief GOOD BYE LENIN. Den hab ich zwar schon drei oder vier mal gesehen aber...hey, so einen Film in Berlin anschauen, mit Nils, der meine Hand hält und mich küßt...das ist einfach toll. Gestern gab's WAS NÜTZT DIE LIEBE IN GEDANKEN. Ui, der war schön! Gestern waren wir aber nicht nur im Kino. Gestern haben wir...mhhh...wir haben abends gekuschelt und irgendwie war es plötzlich klar, wohin das führen sollte. Ich hab ja manchmal überlegt, wie unser Erstes Mal so ablaufen könnte und hatte verschiedene Versionen...daß er mich fragt, daß ich ihn frage, daß wir uns gegenseitig romantisch verführen oder getrieben von Geilheit übereinander herfallen. Hatte Angst, daß es mir nicht gefällt oder ihm nicht, daß es vielleicht weh tut...so Sachen halt. Nichts davon geschah. Es ist einfach so passiert und ich glaube, nein, ich bin mir sicher, daß es mit Stella niemals auch nur ansatzweise so absolut und vollkommen überwältigend war. Mit ihr war es geil sein und vögeln. Mit Nils ist es anders. Besser. Viel besser. Kein vögeln und abspritzen, sondern warm und weich wie in Watte gehüllt miteinander verschmelzen. Autsch...klingt das kitschig. Mir doch Milch! Nils ist so bezaubernd und hinreißend. Es war unbeschreiblich und ich werde nie nie mehr mit wem anders schlafen, was eigentlich logisch ist, weil ich ja auch nie nie mehr wen anders so lieben werde!

Gerade eben liegt er in meinen Armen und schläft. Ganz ruhig und entspannt. Nur manchmal schnauft er leise. Mit Caro übernachten ist teilweise echt ekelhaft. Die schmatzt und kaut nämlich im Schlaf. Das ist so widerlich, daß mir davon schlecht wird. Ich muß sie dann sofort aufwecken. Nils ist süß und ich bin mit meinen Gedanken noch beim Sex. Das heißt, ich denke nicht wirklich darüber nach. Ich bin nur noch immer so berauscht, daß ich nicht schlafen kann. Und ich grinse. Nils ebenfalls...scheint lustig zu träumen. Nils kichert. Hä?

»Hey du kleiner Schleicher, du schläfst ja gar nicht«, flüstere ich schmollend.

Er kuschelt sich an mich. »Sie ja auch nicht. Sie grinsen. Was grinsen Sie denn?«

»Ich bin verliebt.«

»Und was ist daran so lustig?«

»Nix«, gluckse ich.

»Verlieren Sie jetzt den Verstand?«

»Den hab ich verloren als du mich zum erstenmal geküßt hast.«

»Heißt das, ich bin Schuld an deinem Schwachsinn?«

»Klar. Wer sonst?«

»Schlafen Sie«, murmelt er und, »lieb dich auch.«

Sonnenstrahlen kitzeln meine Nase. Sonnenstrahlen und weiche Haarsträhnen. Mhhhhhh... Träge blinzle ich meinen Süßen an, der ausnahmsweise früher wach ist als ich.

»Na, Sie kleiner Penner«, lächelt er und nifft kurz meine Nase.

Das ist auch wieder so eine Erfindung von ihm. Nase niffen – also mit dem Finger über den Nasenrücken streichen. Er meint, daß man das bei niedlichen Tieren macht, die eine große weiche Nase haben...vorzugsweise bei Rehen. Mich nennt er deshalb manchmal Niffnasentier und ich will ihm sofort den Schädel spalten. Bin doch kein verdammtes Viech mit riesigem Zinken!

»Unverschämtheit«, brummel ich und ziehe ihm die Decke weg.

»Gott, bist du süß, wenn du schläfst«, seufzt Nils und deckt sich wieder zu. »Allerdings... hast ganz schön gesabbert. Schläfst du immer mit offenem Mund?«

Ich knalle ihm mein Kissen ins Gesicht. Die Balgerei endet wie üblich in einer Knutscherei und Nils gibt mir sehr deutlich zu verstehen, was er jetzt will.

»Sex direkt nach'm Aufwachen?« frage ich skeptisch und entziehe ihm meine Lippen.

Er reibt sein Gesicht an meinem Hals. »Das ist alles deine Schuld«, säuselt er weich, »hättest du nicht angefangen mit mir zu schlafen, wär ich jetzt nicht so verrückt danach.«

Mir wird augenblicklich heiß und kalt und kribblig und überhaupt...ich vernasche Nils nach allen Regeln der Kunst.

Am späten Nachmittag ist Proben angesagt. Die Location könnte als Kulisse für einen sehr dramatischen Straßenkinder-Film hergehalten haben. Klein, dreckig, abgefuckt, buntes Farbgesprühe überall. Im Alter von zehn hätte ich das noch toll gefunden.

Zecke hechelt schon wieder meinen Freund an. Ich finde den ja wirklich nett aber der soll das verflixt nochmal lassen. Sicher hat der sich nur wegen Nils so aufreizend angezogen... enge schwarze Jeans, rotweißes Ringelshirt, das kaum seinen Bauch bedeckt. Ständig faßt er an sich rum, so daß es noch höher rutscht. Als würde DAS jemanden geil machen. Übellaunig stopfe ich mir Stöpsel in die Ohren...wegen der lauten Musik. Bin da sehr empfindlich.

»Na, da haste dir ja ‘n Mädchen ausgesucht.«

Ich hab das genau gehört. Das war Zecke und er meinte mich und meine Ohrenstöpsel. Einen kurzen Moment bin ich geneigt, ihm den Schädel zu spalten, entscheide mich allerdings dagegen. Würde vermutlich gar nicht funktionieren bei dem Haarlackbausch auf seinem Kopf. Er grinst fies in meine Richtung und läßt seine Gitarre aufjaulen. Zusätzlich gibt es eine schmerzhafte Rückkopplung.

»Ey, Zecke...bist du bescheuert, oder was?« kreischt Lotte.

»Noch'n Mädchen«, kichert er.

»Besser als ein Helmträger«, murmle ich und muß selber darüber lachen.

»Seit wann dürfen hier überhaupt Groupies rein?« mault Zecke und macht eine wedelnde Handbewegung in meine Richtung, wobei seine dreißig Armreifen am Gelenk klimpern.

»Seit Nils eins hat und du nicht«, kontert Lotte für mich.

Ich liebe diese Frau!

»Können wir jetzt anfangen?« stöhnt Nils genervt und zählt an.

Nach einer Stunde Punklärm ist erstmal Pause. Ich bin begeistert. Diese himmlische Ruhe!! Oh nein...Zecke klimpert immer noch. Ist das eine Arschgeige. Der macht das doch extra. Haha, gemein sein kann ich aber auch. Als Nils sich neben mich auf die alte Ledercouch setzen will, ziehe ich ihn blitzschnell auf meinen Schoß, streiche langsam mit den Fingern seinen Schenkel rauf und runter und knabbere an seinem Ohrläppchen. Er wird rot und fängt an zu kichern. Zecke wird ebenfalls rot, zieht allerdings eine Fresse, als hätte ihm jemand in die Schuhe gepisst. Ich wußte doch, daß der auf meinen Freund scharf ist. Kann sicher nicht schaden, ihm zu zeigen, was ich alles darf und er nicht. Ich gebe Nils einen ultralangen Zungenkuß.

»Können wir weitermachen? Hab meine Zeit auch nicht gestohlen«, brüllt der Bauschkopp. Der ist mir nach dem Lippenkontakt völlig Milch. Nils blickt mir verträumt in die Augen.

»Genug geprobt, laß uns verschwinden«, flüstert er.

Draußen lacht er sich kaputt. »Du bist ja eifersüchtig, Juli...hahaha...ist das niedlich.«

»Die explodierte Klobürste, die sich für einen Gitarristen hält, glotzt dich ja auch die ganze Zeit mit Herzchenaugen an«, antworte ich finster.

»Ja? Findest du? Mh, is mir gar nicht aufgefallen.«

Typisch Nils. Kriegt mal wieder nix mit.

»Kuckt der dich auch so an, wenn ich nicht dabei bin? Ich knall den sofort ab.«

»Ach ist mir doch egal wie der kuckt.«

»Hast du gesehen, wie der sich immer geräkelt hat mit seinem engen Hemdchen? Und was für einen Weiberarsch der hat. Denkt wohl, du stehst da drauf, was? Dämliche Pissnelke.«

Nils kichert sich noch immer blöde. »Oh mann, Juli...ich liebe dich.«

»Und wenn ich wieder zu Hause bin?«

»Schlafe ich sofort mit Zecke, was dachtest du denn?« erklärt er gelassen.

»Das würde dem bestimmt gefallen.«

»Na und? Mir nicht.«

»Bist du sicher?« frage ich skeptisch.

»Hast du mal was von Stella gehört?« lächelt er zuckersüß.

Ich werde rot, fange an zu schwitzen, habe ein schlechtes Gewissen und halte für den Rest des Weges lieber die Klappe.


Kann mir mal jemand sagen, warum zum Teufel die schönen Sachen im Leben immer total schnell vorbei gehen?? Bin ich nicht vor zwei Sekunden noch in den Zug gestiegen und meiner Liebe hinterher gereist? Haben wir nicht gerade noch knutschend am Gendarmenmarkt gesessen? Lagen wir nicht eben noch engumschlungen in seinem Bett?

Waren nicht grad noch Ferien, verdammte Scheiße???

Nils hat schon wieder super verheulte Augen. Großartig...das macht mir den Abschied selbstverständlich viel leichter! Meine Tasche ist gepackt (viel hatte ich ja eh nicht dabei) und das Zugticket liegt obenauf. Hab ich das nicht schonmal erlebt? Ich will tot gehen! Auf gar keinen Fall will ich von meinem Schnuckel getrennt sein. Herbstferien sind doch erst in tausend Jahren.

»Ich...ich glaub, wir müssen langsam los«, schnieft Nils.

In meinem Hals sitzt etwas, das sehr dick und groß ist und es mir unmöglich macht zu sprechen also nicke ich nur unglücklich.

Von Lotte hab ich mich bereits gestern Nachmittag sehr tränenreich verabschiedet. Von Sarah und Paul ebenfalls (ohne Tränen). Den ganzen Abend und die ganze Nacht hab ich Nils einfach nur im Arm gehalten und geküßt.

Scheiße, ich will hier bleiben. Und zwar für immer.

Nils und ich haben abgemacht, daß er mich zwar zum Bahnhof bringt aber nicht wartet, bis der Zug kommt. Kurz und schmerzlos soll der Abschied sein. Ich lach mich mal eben kaputt. Mein Leben ist vorbei. Wie soll ich es denn ohne meinen Nils aushalten? Ohne sein »Hey Sie« nach'm Aufwachen. Ohne sein süßes Lächeln? Seine Wärme, seinen Geruch auf meiner Haut?

Jetzt stehen wir uns gegenüber und wissen nicht, was wir sagen sollen. Also sehen wir uns nur zitternd und schluchzend an.

»Ruf mich an, wenn du da bist, ok?«

Ich nicke.

Er klammert sich an mich, preßt seine Lippen auf meinen Mund und geht, ohne sich nochmal umzudrehen. Hätte er es getan, würde ich sicher nicht in den verfickten Zug steigen können, der einfährt als Nils grad weg ist. Meine Tasche wiegt eine Tonne, ich suche ein halbwegs leeres Abteil und starre die Fahrt über apathisch vor mich hin.

Schon als ich unseren häßlichen Bahnhof sehe, bekomme ich das große Würgen. Beim verlassen wird's noch schlimmer. Ich fühle mich, als wär ich zwanzig Jahre weg gewesen und gleichzeitig erscheint mir die Zeit in Berlin jetzt ganz unwirklich. Wenn ich in die Visagen der Leute hier blicke möchte ich laut aufschreien. Dümmliche Proletenfressen...total geistlos. In Berlin waren alle Menschen irgendwie schön...auch die weniger attraktiven.

In diesem Augenblick wird mir klar, in was für einer Enge ich die ganzen Jahre gelebt habe. Ich fühle mich eingesperrt und bin grad mal fünf Minuten hier. Was Nils wohl jetzt macht??

Als ich die Haustür aufschließe und den Flur betrete stürmt eine Furie auf mich zu.

»Julian, was zum Teufel denkst du dir eigentlich? Hast du komplett den Verstand verloren?« brüllt die Frau.

»Hi, Mom.«

Klatsch! Ihre Hand landet auf meiner Wange. Ich bin sehr überrascht. Sie ist geschockt, denn eine Sekunde später schlingt sie ihre Arme um mich und schluchzt heftig. Ich hasse ihre theatralischen Ausbrüche. Alles wirkt wie einstudiert oder sowas. Nichts ist bei dieser Frau echt. Bestimmt hat sie das mit der Ohrfeige mal im Film gesehen.

»Verdammt noch mal...ich hab mir Sorgen gemacht. Ich hab gedacht, man hätte dich entführt, verschleppt, vergewaltigt, getötet. Jedesmal wenn das Telefon klingelte hatte ich Angst, ich müßte deine Leiche identifizieren. Kannst du dir vorstellen, was ich durchgemacht habe? Kannst du dir vorstellen, daß ich, deine Mutter, bei fremden Leuten anrufen mußte, um zu fragen, wo du steckst? Das war so peinlich.«

Klar, es geht wieder mal nur um sie. Mir kraucht ein Brechreiz in den Hals. Ich ekle mich vor ihr und kann mir einfach nicht vorstellen, daß ich tatsächlich mal aus ihrem Leib gekrochen sein soll.

»Machst du jetzt endlich mal den Mund auf und sagst mir, wo du warst?«

»Haben die fremden Leute dir das nicht mitgeteilt?«

»Nicht diesen Ton, Julian. Glaubst du, du kannst tun und lassen, was du willst? Möchtest du so werden wie dein Vater? Der kümmert sich auch einen Dreck um andere Menschen.«

So lange ich nicht werde wie sie...fein!!

»Ich hatte Ferien und war bei einem Freund. Darf ich jetzt in mein Zimmer gehen?«

Wieder eine ihrer dramatischen Handbewegungen. »Geh...ich mag dich sowieso jetzt nicht sehen. Ich bin viel zu wütend«, zischt sie.

Ja, die Wut sieht man eindeutig auf meiner geröteten Wange. Wahrscheinlich fängt sie nun wieder das Saufen an und das ist dann meine Schuld. Mich würde interessieren, wie die Frau sich selber aushält?! Sie könnte mir fast ein bißchen leid tun. Besonders angenehm ist ihr Leben sicher nicht.

Ich lege mich aufs Bett und rufe Nils an.

»Juli...«

»Hey Sie.«

»Wie war die Fahrt?«

»Okay.«

»Alles in Ordnung bei dir?«

»Wie könnte es, wenn du so weit weg bist?«

Er seufzt. »Ich versuche mir gerade einzureden, daß du nur um die Ecke wohnst. Daß du kurz weg bist und gleich wieder neben mir liegst.«

»Funktioniert's?«

»Es muß. Alles andere würde Nervenzusammenbruch bedeuten.«

»Ich muß jetzt erstmal damit zurecht kommen, daß ich wieder hier bin. Wir telefonieren später, ja?«

»Ich liebe Sie.«

»Ich lieb Sie auch. Bis dann.«

Na schön, alles wie gehabt. Ich bin müde, aufgedreht, will mit jemandem reden aber nichts erzählen. Diese Nervosität ist schrecklich. Ich kann nicht still sitzen oder liegen, weil mein Herz so laut und schnell klopft. Meine Hände zittern, alles juckt und kribbelt. Wieder einmal möchte ich aus der Haut fahren. Bei Nils war ich niemals in diesem Zustand, selbst wenn ich schlimme Befürchtungen hatte. Scheiße, ich brauche meinen Freund, um mich zu entspannen. Mein Zimmer ist unverändert aber es kommt mir trotzdem völlig fremd vor. Ich passe hier einfach nicht mehr her.

Mein Radiowecker sagt halb zehn...was hab ich abends um halb zehn mit Nils gemacht? Wahrscheinlich geknutscht. Oder gekuschelt. Eher beides. Gott, er fehlt mir so!! Es fällt mir schwer zu glauben, daß ich gestern noch bei ihm war. Gestern ist verdammt weit weg.


Ich gehe am Stock! Hab die letzte Nacht kaum geschlafen und wenn ich doch mal eingenickt bin, kamen sofort fiese Albträume und ich schreckte filmreif auf. Als ich gestern Nils anrief war der nicht da!! Er war nicht da, verfluchte Scheiße! Paul meinte, er sei beim proben. Super, ich sterbe vor Sehnsucht und er macht sich ein schönes Leben. Es scheint ihm ja nicht viel auszumachen, daß ich weg bin. Geht einfach proben, obwohl ich gesagt habe, daß wir später noch telefonieren, und meldet sich danach nicht einmal. Hat wohl die ganze Nacht gedauert die Probe, oder wie?! Klar...Zecke war ja da. Jetzt hat er freie Bahn. Ich könnte kotzen bei der Vorstellung, daß diese Bauschkoppfresse an meinem Babe rumgrabbelt. Oha, das Telefon klingelt.

»Ja?« bölke ich.

»Hey, was ist denn mit Ihnen los?«

Hab sofort schlechte Laune. Meldet sich nach hundert Jahren und fragt, was los ist. Arschgeige.

»Was soll sein?« entgegne ich gereizt.

»Juli, ich hab keinen Bock auf diese Kacke also sag mir einfach, warum du sauer bist, ja?«

»Schönen Abend gehabt gestern?«

»Äh...nee, nicht wirklich. Probe war die Hölle. Wir haben nur gestritten. Schröder ist ausgetickt und Zecke hat si...«

»Dein Bauschkopp interessiert mich einen verfickten Scheiß, klar?!« unterbreche ich ihn.

»Würdest du bitte aufhören, mich so anzuschreien?«

»Ich schreie so lange ich will«, brülle ich zornig.

»Okay, viel Spaß dabei.«

Klick. Der Arsch legt einfach auf. Ich hasse sowas und wähle halb wahnsinnig vor Wut seine Nummer.

»Hallo?«

»Leg bloß nicht nochmal einfach so auf«, boller ich los.

»Sonst was? Glaubst du, ich laß mich anbrüllen? Komm erstmal wieder runter«, sagt er und... legt auf. ARGH!!

Schön, wenn er meint. Ich telefoniere ihm bestimmt nicht hinterher. Hab ich das vielleicht nötig? Eben! Sicher ruft er gleich an und entschuldigt sich kleinlaut.

Nervös knibble ich an meinen Fingernägeln und starre hypnotisch das Telefon an. Es starrt schweigend und fies grinsend zurück. Das Telefon ist eine alte Sau, beschließe ich, und wenn Nils nicht zurückruft, kann der mir gestohlen bleiben.

Nach fünf Minuten bin ich fix und fertig. Heulend wähle Nils‘ Nummer.

»Ja?«

Ich heule immer noch.

»Hallo...wer ist da?«

Ich kann nichts sagen.

»Juli?«

»Leg bitte nicht auf.«

»Nein«, kommt es zaghaft aus dem Hörer, gefolgt von leisem Schniefeln.

Mein Magen krampft sich zusammen. »Weinst du...meinetwegen?«

»Ein...ein bißchen«, schluchzt er zerbrechlich. »Warum schreist du mich so an?«

»Warum gehst du weg, während ich vor Sehnsucht bekloppt werde und warte, daß du anrufst? Ich hab die ganze Nacht nicht geschlafen.«

»Tut mir leid, Juli. Ich...ich wollte noch anrufen aber dann war's schon so spät. Mann, ich hab's gestern hier nicht ausgehalten. Weißt du...die ganze Wohnung...du bist einfach überall. Das hat mich wahnsinnig gemacht. Ich brauchte einfach Ablenkung. Du fehlst mir in jeder verdammten Sekunde, das...das tut so weh und ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll.«

Oh nein...und ich ziehe auch noch diese Arschlochnummer ab. Kann mich bitte jemand kaputthauen?! »Es tut mir leid. Ich wollte nicht so gemein sein, scheiße, ich mache immer alles falsch.«

»Naja, nicht immer«, erwidert Nils. »Sag mir, daß du mich liebst.«

»Das weißt du doch.«

»Na und? Ich muß das jetzt hören.«

»Ich gehöre dir, Nils. Für immer und ewig.«

»Aua, sind wir verkitscht«, schnieft er und küßt in den Hörer. »Bis bald...Niffnasentier.«

»Bis bald«, hauche ich.

So und jetzt? Was fange ich mit mir an? Könnte mal meinen Schulkram zusammenräumen, morgen geht's ja wieder los. Ich hasse Schule und will mich damit jetzt nicht befassen. Also besuche ich Caro. Caro ist nicht da. Naja...keine große Überraschung. Dennoch will ich in Tränen ausbrechen, weil ich gerade begreife, daß ich keine Freundin mehr habe. Bin ich etwa auch so gedankenlos und egoistisch wenn ich mit Nils zusammen bin? Ich finde, ich war immer für Caro da...leider hat sie mich in letzter Zeit nicht sehr oft gebraucht.

Seufzend will ich nach Hause schleichen als Cassi angerannt kommt.

»Hey...seit wann biste denn zurück?« strahlt er.

Es tut gut, daß sich wenigstens ein Mensch über meine Anwesenheit freut. »Seit gestern. Caro ist wohl nicht da.«

»Nee. Aber ich. Kommst du mit rein?«

»Klar, wieso nicht.«

Wir sitzen in seinem Zimmer und trinken Tri Top Waldmeister. Mhhhh...das hab ich mit Lotte und Nils oft getrunken. Verstohlen wische ich über meine feuchten Augen.

»Bist du traurig?« fragt Cassi leise. »Wegen Nils?«

Ich nicke. Mir ist irgendwie nach leiden und umsorgt werden.

»Und meine schwachsinnige Schwester kümmert sich neuerdings einen Dreck um ihre Freunde, mh? Mach dir nichts draus...hier ist sie auch nicht mehr oft. Immer nur bei Chris.«

»Naja, wenn Nils hier wohnen würde wär ich vermutlich genauso.«

»Blödsinn. Ich kapier echt nicht, wieso man sein ganzes Leben aufgeben muß für irgendeinen Kerl.«

»Man will halt so viel Zeit wie möglich mit dem Menschen verbringen, den man liebt.«

»Ja aber deshalb hört man doch nicht auf, seine Freunde gern zu haben, oder?«

»Nee...ich weiß auch nicht. Ist wohl schwierig, alles unter einen Hut zu kriegen.«

»Phh, da kann ich ja froh sein, daß ich mir darüber keine Gedanken machen muß.«

»Demnach konntest du J bisher noch nicht erobern?« bemerke ich.

Cassis Gesicht wird finster und unglücklich. »Der hat eine Freundin.«

»Oh.«

»Ist auch völlig egal. Wär eh nie was geworden.«

»Sag mal...äh...auf was für Jungs stehst du denn so?«

Er kichert ein bißchen. »Auf dich immer noch nicht so, wie du's gerne hättest.«

»Haha.«

»Ganz egal, Hauptsache freakig. Und bloß keine Muskeln und Waschbrettbäuche.« Er schüttelt sich übertrieben. »Warum fragst du? Haste einen für mich?«

»Nee, tut mir leid. Ich kenne nicht so viele Jungs.«

»Schade. Nicht, daß du mir am Ende doch noch das Küssen beibringen mußt.«

Küssen...mhh...vorgestern hab ich Nils geküßt. Meine Augen werden wieder gefährlich feucht.

»Sorry, das...das sollte nur ein Scherz sein, Juli«, erklärt Cassi ein bißchen zerknirscht.

»Ich weiß. Keine Angst, es ist nicht deinetwegen.«

»Nils, oder?«

»Ja.«

»Ich...äh, ich weiß gar nicht, was ich sagen oder wie ich dir helfen soll.«

»Das kannst du nicht«, lächle ich, »aber trotzdem danke.«

»Ich hoffe, ich finde mal einen Jungen, der so ist wie du, Juli. Das meine ich ganz ehrlich.«

Da hat der kleine Cassi mich doch tatsächlich zum lachen gebracht. »Also, sowas wünsche ich dir sicher nicht. Immerhin mag ich dich.«

»Nils hat jedenfalls wahnsinniges Glück«, entgegnet er.

Ich knuffe ihm in die Seite. »Jetzt hör schon auf, sonst krieg ich einen roten Schädel und muß anfangen zu flennen und letzteres will ich mir für später aufheben, wenn ich allein bin und an meinen Freund denke.«

»Da fällt mir ein...äh, deine Mutter hat bei uns angerufen und wollte wissen, wo du steckst. Die war ziemlich geladen.«

»Ja«, entgegne ich finster, »und entladen hat sie sich in meinem Gesicht.«

»Hä?«

»Ich hatte noch nicht mal die Tür zu, da hatte sie mir schon eine gescheuert.«

»Au je. Und jetzt?«

»Nix. Ich hab mit der Frau nichts zu tun. Ich wohne nur zufällig bei ihr. Laß und das Thema wechseln.«

Bevor wir aber ein neues finden, reißt jemand die Tür auf.

»Juli...hi.«

Caro stürmt auf mich zu und umarmt mich so fest, daß ich kaum noch Luft kriege.

»Hallo. Wieder da?« schnaufe ich.

»Los, in mein Zimmer«, kommandiert sie fröhlich.

»Caro, würdest du dich bitte verpissen...ich hab grad Besuch. Und überhaupt, du könntest dir mal angewöhnen zu klopfen«, mischt sich Cassi ein.

Caro ignoriert ihren Bruder, was ich echt ätzend finde.

»Wir sehen uns ja morgen in der Schule«, sage ich.

»Äh...wie bitte?«

»Hast schon verstanden.«

Sie mustert mich kritisch. »Bist du irgendwie sauer?«

HAHAHA! »Hätte ich denn einen Grund?«

»Naja...eigentlich nicht. Oder?«

»Tja, dann denk doch am besten erstmal in Ruhe darüber nach«, entgegne ich freundlich.

Irritiert dackelt sie ab. Ich fühle mich kotzig. Eigentlich freue ich mich, daß Caro wieder da ist aber, mann, die muß doch auch begreifen, daß ihr Verhalten nicht ok ist.


Schule ist noch genau der gleiche Scheiß wie vor den Ferien. Ich will mit den Leuten immer noch nichts zu schaffen haben. Ich will Nils!! Meine Augen sind so rot und geschwollen, daß ich allen sagen muß, ich hätte eine Pollenallergie. Ein paar Tage hat Caro so getan, als sei zwischen uns alles in Ordnung, dann hat sie anscheinend gemerkt, daß es nicht so ist und mich nachmittags besucht. Erst war ich sauer aber als sie mich in den Arm genommen hat, bin ich zusammengebrochen. Wir haben beide geheult, uns ausgesprochen, sie hat sich tausendmal entschuldigt und nun sind wir wieder Freunde. Mal sehen, wie lange das anhält. Schließlich bin ich immer noch der kleine Langweiler, der keine Parties mag, keine Bekannten haben will und sich ständig nur nach seinem Freund verzehrt.

Und ich hab mal wieder sehr doofe Gedanken. Ich meine, Nils ist unglaublich toll. Was will so jemand überhaupt mit mir? Mir ist klar geworden, daß er im Gegensatz zu mir ein Leben hat. Er interessiert sich für so viele Dinge, macht total viele Sachen, kennt einen Haufen Leute. Und ich? Andauernd beschäftigen wir uns nur mit meinen Problemen. Mit meinen Befürchtungen...wie lange noch, bis er merkt, daß er einen Freund haben möchte, der mehr so ist, wie er selbst? Der irgendwas zu erzählen hat, weil er was erlebt?! Einen Freund, der ihn begeistern kann und nicht nur darauf wartet, mitgerissen zu werden. Ich bin wie ein Klotz am Bein. Jammere den ganzen Tag und bin zu ängstlich, zu bequem oder was auch immer, um mich aus diesem Zustand zu befreien. Nils ist viel zu toll, um seine Zeit mit mir zu verschwenden.

Das alles kommt mir ins Hirn, als ich auf meinem Bett sitze und mit Tränen in den Augen Guten-Abend-Brei in mich hinein löffle.

»Hi, Knallkopp.«

Caros Lächeln stirbt, als sie mich sieht. »Was ist denn mit dir los?«

Ich schnaufe nur unglücklich, also setzt sie sich neben mich und legt ihren Arm um meine Schulter. »Seit wann ißt'n du so komische Sachen?« fragt sie und deutet auf den Babybrei.

»Nils...«

»Oh, ich verstehe«, unterbricht sie mich. »Juli, es ist nicht gut, was du da machst. Ich meine, klar, du vermißt Nils aber...sei mir nicht böse, die Welt hört sich nicht auf zu drehen, nur weil er draufsitzt.«

»Sehr aufmunternd. Danke.«

»Hey, ich weiß, wie du dich fühlst und...«

»Weißt du eben nicht. Du siehst deinen Freund jeden Tag. Oder hast wenigstens die Möglichkeit.«

»Und was willst du jetzt tun? Dich bis ans Ende aller Tage hier verkriechen und Babynahrung schlabbern?«

»Ja, wieso nicht?«

»Ach Mensch...mach dich doch nicht so fertig. Du weißt, daß Nils dich liebt...freu dich doch einfach auf den nächsten Besuch bei ihm anstatt darüber nachzudenken, daß er im Augenblick nicht bei dir ist. So lange dauert es bis zu den Herbstferien auch nicht mehr. Freu dich auf die ganzen schönen Sachen, die ihr dann machen könnt.«

Ich glaube, Caro hat nicht die geringste Ahnung, was in mir vorgeht. Es ist mir zu mühsam, ihr das jetzt zu erklären. Es gab Zeiten, daß wußte Caro wie ich mich fühle und hat immer das Richtige gesagt, um mich aufzuheitern.

Scheiße, vielleicht hab ich mich viel zu sehr auf sie verlassen? Genauso wie ich mich jetzt darauf verlasse, daß Nils immer für mich da ist. Ich bin ja anscheinend gar nicht lebensfähig. Möglicherweise sollte ich mir mal ein Hobby zulegen, um wenigstens den Hauch von Normalität in mein Dasein zu bekommen?!

»Ich gehe am Samstag mit einigen Freunden aus«, beginnt Caro, »komm doch mit.«

Allein der Gedanke daran verursacht Übelkeit. »Ja, mal sehen.«

»Ich meine das ernst, Juli. Du mußt dringend raus hier. Das wird sicher lustig.«

»Ich denk drüber nach, versprochen.«

»Immerhin etwas«, murmelt sie.

Lieber erstmal verschweigen, daß ich selbstverständlich NICHT vorhabe, mit ihr und ihren Blödmännern und Dummtrinen auszugehen. Eher würde ich als Hamburger verkleidet durch die Straßen rennen! Allerdings glaube ich nicht, daß mir das Kostüm genauso schmeicheln würde wie Bela von den Ärzten. Wie auch immer...ich bleib zuhause und, naja, heule vor mich hin. Was sonst?! Gott, wo ist denn bloß der ganze Spaß geblieben? Ich meine, mal ehrlich, ich liebe Nils abgöttisch aber als ich ihn noch nicht kannte, war mein Leben...zwar nicht unbedingt lustiger und schöner, jedoch eindeutig weniger anstrengend. Auf der einen Seite ist es toll mit ihm und ich fühle mich wahnsinnig wohl in seiner Nähe. Andererseits muß ich andauernd Angst haben, ihn zu verlieren. Da kann ich mir tausendmal sagen, daß er schon da bleibt...bei Caro dachte ich das auch. Sieht man ja, was man davon hat, wenn man sich auf jemanden ZU sehr verläßt. Dann wird man nämlich verlassen. Momentan von seiner besten, längsten und einzigen Freundin. Ich sollte vielleicht doch versuchen, geselliger zu werden.

Abends telefoniere ich wie üblich mit Nils. Eine Viertelstunde faselt er von seinen aufregenden Erlebnissen...dem ersten Auftritt seiner Band, wie die Leute abgegangen sind, wie schlimm Lottes Lampenfieber war, daß Zecke beinahe, weil betrunken, seine Gitarre kaputt gehauen hätte...blablabla...und daß noch zwei weitere Auftritte anstehen.

»Naja«, schließt er seinen Bericht, »du hättest natürlich dabei sein müssen.«

Schön, daß er sich überhaupt noch an mich erinnert.

»Ich mag nicht unter so vielen Leuten sein, hast du das vergessen?«

»Äh...?«

»Tut mir leid, ich bin nunmal nicht wie du.«

»Juli, was ist los?«

»Gar nichts.«

»Okay. Was hast'n du so getrieben?«

»Gar nichts.«

Ich höre ein genervtes Schnaufen. »Hör mal, ich hab keine Lust auf Quiz. Rede mit mir.«

»Tut mir leid, daß ich nicht so supertolle Sachen erlebe wie du. Tut mir leid, daß ich nie was Wichtiges zu erzählen habe, daß ich ein Langweiler bin und...«

»Juli, ich vermisse dich ganz doll«, unterbricht er mich.

Hä? Was soll das denn? Ich bin schlecht gelaunt, wieso muß der jetzt sowas sagen? Scheiße! Er soll endlich einsehen, daß er ohne mich viel besser dran ist und mit mir Schluß machen.

»Du...du fehlst mir auch«, entgegne ich weinerlich.

»Schön, daß wir das geklärt haben...und nun sag mir endlich, was schon wieder los ist, ja?«

Da. Er sagt's ja auch...schon wieder mit mir los. Mit mir ist immer irgendwas los und nicht in Ordnung. Gott, ich bin doch wirklich unerträglich. Man sollte mich verbieten.

»Ich will dich nicht immer mit meinem Kram belasten«, murmle ich.

»Ähem...Juli, du bist mein Freund. Ich möchte wissen, wie's dir geht.«

Hab ich ihn überhaupt jemals gefragt, wie er sich fühlt? Ihhhh...ich bin auch noch super egoistisch. Ich, ich, ich!! Zum kotzen.

»Laß uns später telefonieren, ja? Ist grad nicht so günstig.«

»Na schön...wenn du meinst«, seufzt er, »bis dann.«

Kacke, jetzt ist er bestimmt sauer. Ich mache aber auch alles falsch.


Es geht mir noch nicht besser. Leider schaffe ich es nicht, Nils zu erklären, warum ich so mies drauf bin und deshalb sind die Gespräche mit ihm sehr...krampfig. Dabei freue ich mich immer total, seine Stimme zu hören und will dann auch locker und lustig klingen aber... das ist gar nicht so einfach. Ich vermisse ihn bis zum Erbrechen, trotzdem telefonieren wir nur noch einmal am Tag. Mehr würde mich momentan wohl überfordern. Das hab ich ihm so natürlich auch nicht gesagt. Ihm kommt es anscheinend sehr gelegen...hat er mehr Zeit für seinen Kram. Soll ich ihm deswegen böse sein?! Kann ihn ja verstehen. Nils scheint auch mit unserer Trennung viel besser zurecht zu kommen. Ich meine, ja, ich glaub ihm schon, daß er mich vermisst und es schön findet, wenn wir zusammen sind. Aber wenn nicht, geht für ihn halt die Welt nicht unter. Für mich schon. Ich denke, ich brauche ihn mehr als er mich und das ist eine ziemlich beängstigende Vorstellung.

Die Frau setzt allem noch die Krone auf. Seit meinem Besuch bei Nils bzw seit ich wieder hier bin, will die ständig wissen, wo ich hingehe, wenn ich das Haus verlasse. Kontrolle total. Und immer alles unter dem Deckmantel der mütterlichen Sorge. Sicher hat die nur Panik davor, daß ich den Mann besuche. Der spielt sich neuerdings als Superdaddy auf. Ruft einmal pro Woche an, um zu fragen, wie's mir geht und was ich so mache. Ich nehme mal an, das ist Arianes Einfluß. Kann ich nur begrüßen. Finde zwar immer noch nicht unbedingt, daß ich einen Vater habe aber ich weiß seine Bemühungen durchaus zu schätzen. Und im Gegensatz zur Frau, glaube ich ihm, daß er sich jetzt für mich interessiert. Naja, besser spät als nie, richtig?! Jedenfalls wird mir die Frau immer unheimlicher. Ich krieg langsam Angst. Denn einerseits macht sie auf total besorgt und dann ganz plötzlich ändert sich ihre Laune und sie nörgelt an allem rum. Regt sich über meine Klamotten auf, über meinen Haarschnitt, erzählt mir, was für ein mißratenes, undankbares Gör ich bin und lauter so Schoten. Vielleicht ist die schizophren?! Gestern hat sie gesagt, daß mein Verhalten fürs Klo sei.

Ich versuche sie zu ignorieren.

Stella hat mich angerufen aber ich hab sie recht schnell abgewürgt. Irgendwie ist es mir unangenehm, mit ihr zu sprechen. Ich glaube nicht, daß ich mit ihr befreundet sein kann. Hatte ja schon während des Telefonats das Gefühl, Nils zu betrügen und das war nicht sehr spaßig.

Da wär ich auch schon beim Thema. Ich hoffe, Nils hat nicht vor, mich heute zu betrügen. Er ist nämlich gerade auf Zeckes Geburtstagsparty. Hauptsache, das ist keine Zwei-Mann-Party! Ich gehe echt am Stock, wenn ich darüber nachdenke, daß die beiden bei schummriger Beleuchtung irgendwo dicht beieinander hocken. Wahrscheinlich wird Alkohol im Spiel sein und Zeckes Hand liegt ganz plötzlich auf Nils' Schenkel. Mein Freund ist natürlich viel zu unschuldig, um zu bemerken, was der Bauschkopp mit ihm vorhat und bevor noch die Kerzen auf'm Geburtstagskuchen ausgepustet sind, hat er ihn schon in sein Bett gezerrt. Danach wird Nils feststellen, daß er mit Zecke viel mehr Gemeinsamkeiten hat, viel mehr Spaß haben kann und ich bin meinen süßen Freund los. Bei diesen tollen Aussichten kann ich mir auch gleich einen Strick nehmen und brauche Nils' Schluß machen gar nicht erst abwarten.

Trübsinnig knalle ich grünen Tee in mich hinein und hab mir zum xten Mal die Fotos angesehen, die Lotte gemacht und mir freundlicherweise vor einiger Zeit geschickt hat, als es an der Tür klopft.

»Hi, ich dachte, du hast vielleicht Lust auf Gesellschaft.«

Cassi!

»Äh...naja, nee, oder...«, stottere ich mir einen dranlang.

»Also, wenn du allein sein willst...kein Problem. Ich bin nicht sauer oder so.«

»Nee, komm rein.«

Er läßt sich neben mich aufs Bett fallen. »Caro hat nämlich gesagt, daß du keinen Bock auf ausgehen hast und ich dachte, daß du sicher traurig bist und...naja...«

Cassi ist wirklich ein sehr lieber Mensch. Ich finde, Caro sollte sich mal eine ordentliche Scheibe davon abschneiden.

Er wirft einen Blick auf den Monitor. »Wow...ist das Nils?«

Ich nicke verträumt. Und traurig.

»Mh, kann ich verstehen, daß du den vermisst. Sieht echt süß aus.«

In der Tat ist das mein Lieblingsfoto. Nils in Schlabberjeans und Flauschikapuzenjacke. Er sitzt im Schneidersitz auf'm Boden und hält eine Zigarette in der Hand. Seine Vanillehaare strubbeln ihm in die Augen...gott, wie der lächelt.

Mein Magen krampft sich zusammen. Mein Herz auch.

»Hast du noch mehr?« fragt Cassi, also klicke ich durch die Fotos und will beim dritten Bild am liebsten kotzen. Da ist nämlich der Bauschkopp drauf. Na, den kann ich ja jetzt gut gebrauchen.

»Äh...wer sind denn die ganzen Leute?«

Ich bin etwas irritiert. Auf dem Foto sind nur zwei Personen. Nils und Zecke.

»Das ist der Gitarrist von Nils' Band.«

»Aha?«

Ach du Kacke! Cassis Wangen haben einen leichten rötlichen Schimmer bekommen. Der wird doch wohl nicht auf toupierte Blödmänner stehen?!

»Ja, das ist Zecke.«

»Zecke?«

»Keine Ahnung, wie der richtig heißt.«

Der kleine Cassi starrt wie hypnotisiert auf den Monitor und schluckt kräftig.

»Möchtest du vielleicht sonst noch was wissen? Zum Beispiel, daß er einen Exfreund hat, also auch auf Jungs steht, aber nicht drauf, einen geblasen zu kriegen?«

Volltreffer. Cassi wird knallrot. Ich fühle mich ein bißchen tratschig, weil ich das eben gesagt habe. Egal, Zecke ist, was Sex betrifft, ja auch sehr mitteilsam.

»Ok...Zecke ist fünfzehn, nee, sechzehn, steht auf Deathrock, tunkt seine Pommes grundsätzlich in seinen Vanilleshake und ist eigentlich ganz nett und lustig. Hättest du gerne e-mail Adresse und Telefonnummer?«

»Nein«, kreischt er schrill. »Ich meine...ich kann dem doch nicht einfach...ich kenne den doch gar nicht.«

Ich bin auf einmal total in Verkuppelungslaune. Wenn Zecke den süßen Cassi kennenlernt, lenkt ihn das von meinem Freund ab und ich muß mir keine Gedanken mehr machen.

»Ich frag mal Nils nach seiner Adresse.«

»Aber...äh, sag ihm nicht, daß ich...also...ich weiß ja auch gar nicht, ich meine, ich finde ihn halt irgendwie ganz niedlich. Mehr nicht, ok?«

»Klar«, grinse ich.

»Hör schon auf, so blöd zu grinsen. Ich finde ihn wirklich nur hübsch. Ich meine, er sieht doch nicht schlecht aus, oder?«

»Von der Frisur mal abgesehen«, bemerke ich.

»Ich...äh, ich mag so Wuschelköpfe total«, nuschelt Cassi. Immer noch sehr sehr rot im Gesicht. »Und...das ist total lustig, weil, also, ich tunke meine Pommes auch immer in'n Vanilleshake.«

»Na dann«, gluckse ich.

»Gott«, stöhnt er, »hätte ich bloß nichts gesagt.«


Hab's doch gewußt!! Der Bauschkopp hat an seinem Geburtstag keine Gelegenheit ausgelassen, um meinen Freund anzumachen. Diese hinterhältige Arschgeige. Wartet schön ab, bis ich weg bin und denkt, er hätte freie Bahn. Sicher hat er nicht damit gerechnet, daß Nils ihm sehr deutlich sagt, daß er nur mich liebt und mich niemals betrügen würde. Au weia...da hab ich jetzt doch wieder ein schlechtes Gewissen. Ich hätte vielleicht Stella auch sowas sagen sollen. Naja, vorbei ist vorbei und nochmal wird mir das nicht passieren. Mh, aber wie lange kann Nils sich noch zurückhalten? Immerhin findet er den Bauschkopp niedlich und wenn wir uns jetzt ewig nicht sehen...ich mag gar nicht darüber nachdenken. Deshalb, nein, um Cassi einen Gefallen zu tun (manchmal muß man sich einfach selbst belügen!), hab ich nach Zeckes Nummer und e-mail Adresse gefragt, beides weitergegeben und nun liegt es einzig an Cassi. Wenn die beiden sich verknallen, wäre doch uns allen geholfen. Und da ich das eingefädelt habe, strahlt und funkelt mein Heiligenschein heller als die Sonne.

Am Nachmittag kommt Caro zu Besuch und ich habe erstaunlicherweise überhaupt keinen Bock auf sie. Ich hatte gehofft, es würde zwischen uns wieder so werden wie früher aber... es geht einfach nicht mehr. Wir haben uns viel zu weit voneinander entfernt. Das macht mich wahnsinnig traurig und ein Teil meines Herzens mag es wohl auch nicht einsehen aber ich bin eben auch Realist. Käme man in einer normalen Beziehung an diesen Punkt, würde man sich trennen. Caro und ich brauchen zumindest eine längere Pause. Sie hat keine Ahnung, was sich in mir abspielt und mich interessiert ihr Leben auch nicht mehr sonderlich. Und wenn ich's noch so schade und schlimm und traurig finde.

»Hey Knallkopp.«

»Hallo.«

»Was machst'n so?« fragt sie und setzt sich neben mich.

»Nichts Besonderes.«

»Wie geht's Nils?«

»Ganz okay, denke ich.«

»Juli, was ist los mit uns?«

Oha...da blitzen Tränen in ihren Augen.

»Ich weiß auch nicht...vermutlich haben sich einfach zu viele Personen in unser Universum geschlichen.«

»Wieso können wir nicht mehr miteinander reden und rumhängen...so wie früher?«

Hahaha! »Naja, weil du immer irgendwoanders bist.«

»Also ist alles meine Schuld?«

»Nein. Keine Ahnung. Es klappt halt momentan nicht mit uns. Da können wir noch so oft drüber reden und fragen, woran das liegt. Ich hab keine Lust, mir deine Geschichten anzuhören und du hast keinen Bock auf mein Gefasel über Nils oder meine beknackten Eltern.«

»Na, du besprichst sowas jetzt ja auch lieber mit meinem kleinen Bruder«, entgegnet sie angriffslustig.

Ich mag mich nicht streiten. Ich will nur, daß sie geht. Es ist mir lieber, sie nicht zu sehen und zu wissen, daß wir uns noch mögen, als zwanghaft zusammen zu sein und uns auf die Nerven zu gehen.

»Naja, ich werd dann mal. Ich glaub, ich hab verstanden, Juli. Ich...ich liebe dich für immer und ewig aber das heißt ja nicht, daß wir uns ständig sehen müssen. Wenn irgendwas ist... du weißt, wo ich wohne und daß du zu mir kommen kannst, ja?«

Nachdem sie weg ist, will ich heulen aber auch wieder nicht. Mir sitzt ein Kloß im Hals, mir ist ein bißchen übel und ich fühle mich ein bißchen einsam. Trotzdem...es ist okay. Zum Glück bekomme ich nicht viel Gelegenheit zum grübeln, weil mein wunderschöner Freund anruft.

»Hey Sie«, begrüßt er mich fröhlich.

Wieso hat der so bestialisch gute Laune? Wenn ich seine Stimme höre, muß ich immer daran denken, wie weit er weg ist. Daß ich ihn ewig nicht umarmen und küssen konnte.

»Deine Laune kotzt mich an.«

»Wow...wir sind aber heute besonders gut aufgelegt, was?«

»Hab mich grad von Caro getrennt.«

»Äh...wie jetzt? Hattest du mit ihr etwa auch eine heimliche Affaire?«

»Mir ist nicht nach Lustigkeit.«

»Entschuldige«, entgegnet er zerknirscht und ich erzähle ihm, was passiert ist.

»Ach Juli, das tut mir wirklich leid. Dann erzähl ich Ihnen jetzt mal schnell was zur Aufmunterung«, kichert er.

Ob der was geraucht hat? Oder Pilze zum Frühstück hatte?

»Mein süßer kleiner Amor hat ganze Arbeit geleistet.«

»Ich verstehe kein Wort. Bist du besoffen, oder was?«

»Nee...aber Zecke verhält sich schon seit Tagen so.«

»Hat der dich etwa wieder angemacht?«

»Sie kleiner Schleicher...haben doch prima dafür gesorgt, daß ich total aus'm Rennen bin. Wann hast'n du das letzte Mal mit Cassi gesprochen?«

»Keine Ahnung, warum?«

»Deine, sicherlich völlig selbstlose, Verkuppelei hat jedenfalls funktioniert. Zecke redet nur noch von Caros kleinem Bruder. Macht mich ganz schön eifersüchtig, daß ich nicht mehr sein one-and-only bin.«

»Ach ja? Soll ich Cassi zurück pfeifen?«

»Bloß nicht«, giggelt er, »ich glaube, da haben sich die zwei richtigen Totenrocker gefunden. Cassi hat Zecke zwei Cinema Strange-Button geschickt, die er jetzt unentwegt an seinem Halstuch trägt, das übrigens auch Cassi gehört. Gott, das ist ja sooooo süß. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, was passiert, wenn die sich treffen.«

Mann, ich sollte sowas vielleicht beruflich machen. Könnte sicher einen Haufen Geld verdienen.

»Schickst du mir bitte auch ein Kleidungsstück von dir? Ich will deinen Geruch an mir haben«, bettelt er.

»Du hast immer noch mein T-Shirt.«

»Ja aber das riecht doch nicht mehr nach dir.«

Sofort muß ich Nils heftig vermissen und ein bißchen schniefeln.

»Hey...wir sehen uns doch bald.«

»Bald?«

»Äh...ja...in...in den Herbstferien.«

»Das ist nicht bald«, schluchze ich.

»Ein paar Wochen. Die halten wir auch noch aus, mh?«

»Bleibt uns ja nix anderes übrig.«

»Ich liebe Sie sehr.«

»Ich liebe Sie auch«, entgegne ich leise.»

»Bis morgen.«


Hab heute nachmittag aus lauter Verzweiflung den Mann und Ariane besucht. Irgendwie ging's mir schlecht. Caro in der Schule zu sehen und nicht mit ihr über die ganzen Idioten zu lästern, in den Pausen keine Milchschnitten mit ihr zu essen...ist halt ein komisches Gefühl. Sie hängt jetzt mit den Mädels rum, die sie früher nicht ausstehen konnte. Nach der Schule wollte ich dann zu Cassi aber der mußte dringend mit seinem Schwarm telefonieren. Die Frau hat mich irre gemacht, als sie mit mir über mein Liebesleben sprechen wollte. Ich sei doch langsam alt genug für eine Freundin, wieso Caro nicht mehr her kommt und ob ich denn schonmal mit einem Mädchen geschlafen hätte. Ich glaub, die war volltrunken. Derartiges würde ich nicht mal mit ihr besprechen, wenn sie die letzte Person auf dem Erdball wäre.

Jedenfalls war der Nachmittag ganz okay. Ariane hat mir Zimtkakao gekocht und mich mit Himbeersahnetorte vollgestopft. Der Mann fragte, ob ich die Weihnachtsferien mit ihm und Ariane verbringen möchte. Sagte ihm daß ich's mir überlege, was total gelogen war, weil ich ALLE Ferien grundsätzlich nur noch mit meinem Freund verbringe!

Dann hat er sich sehr entschuldigt, weil er wegen der ganzen Arbeit immer so wenig Zeit für mich hatte und daß er wohl kein besonders guter Vater war. Er wolle das jetzt alles ändern und ich könne immer zu ihm kommen, wenn ich Probleme hätte...blablabla.

Ich frage mich, ob der vielleicht eine tödliche Krankheit hat und bald stirbt. Nicht, daß ich mir das wünsche. Um Gottes Willen! Das würde jedoch sein Verhalten erklären. Wie auch immer...Menschen können sich schließlich ändern. Wieso also nicht auch mein Vater? Vielleicht ist es an der Zeit zu verzeihen?!

Als ich nach Hause kam und der Frau sagte (sagen mußte!), wo ich war...meine Güte! Die hat sofort einen Migräneanfall bekommen. Meine Schuld, natürlich. Ich überlege, ob ich nicht zum Mann ziehen sollte, bis ich mir mal eine eigene Wohnung leisten kann. Das wäre momentan eine einigermaßen elegante Lösung. Die Frau kotzt mich dermaßen an, wenn ich die noch länger ertragen muß, werde ich zum Mörder.

Jetzt ist es halb zehn und ich rufe Nils an.

Es piepst, es tutet...

»Hallo Sie!« brüllt Nils verwirrend nah.

Mein Kopf schnellt nach oben...jetzt bloß nicht schwachsinnig werden!!

»Was...äh...was...hä??«

Da steht er in der Tür und strahlt mich an. Ganz in echt und leibhaftig! Ich geh kaputt!!

Den Hörer immer noch am Ohr, begreife ich gar nicht, was los ist.

»Ich...äh, ich telefoniere grad mit dir«, fasel ich debil.

Nils kichert. »Das kannst du dir sparen. Bin eh nicht zuhause«, erklärt er, legt den Hörer auf und streicht mir eine Haarsträhne aus den Augen.

»Aber...aber...wie...«

Er schlingt seine Arme um meinen Hals. »Halt mich fest, Juli.«

Die nächsten zwanzig Minuten sind wir beschäftigt mit küssen und umklammern. Gott, ich bin immer noch total verwirrt. Mein Herz bollert, mein Puls rast, mir ist heiß und kalt und ich schluchze so heftig, daß ich fast ersticke.

Nils streichelt meine Wange. »Hey...beruhigen Sie sich.«

»Was...was machst du hier? Ich meine, wie kommst du hierher? Ich...ich verstehe das gar nicht. Oh gott, du bist wirklich da...ich hab dich so schrecklich vermisst, Nils...«

»Komm her.«

Er zieht mich in seine Arme, drückt meinen Kopf sanft an seine Brust und wuschelt durch meine Haare.

Mein Hirn ist immer noch abhanden. Was soll's. Nils zu spüren, ihn zu riechen und zu küssen ist...UNGLAUBLICH!

Nach einer weiteren halbe Stunde hab ich mich halbwegs wieder im Griff.

»Jetzt sag mir aber endlich mal, wie du hier her kommst. Und...wie lange du bleiben kannst.« »Also...Zecke hat andauernd gefaselt, daß er Cassi besuchen will und ich hab Mom genervt, daß ich dich besuchen will. Die hat natürlich erstmal gemeint, daß das nicht geht...wegen Schule und so. Aber ich hab nicht locker gelassen und schließlich hat sie mich angebrüllt, ich solle halt fahren und ihr nicht weiter auf den Geist gehen...schöne Grüße übrigens...naja, dann hab ich das mit Zecke besprochen und wir sind getrampt. Er war ganz froh, weil allein... das war ihm wohl doch ein bißchen zu gruselig.«

»Ihr seid getrampt? Ach du Scheiße! Bist du irre? Wenn euch ein wahnsinniger Psycho gekidnappt und vergewaltigt hätte. Mann...mach sowas bloß nicht nochmal.«

»Keine Angst, wir sind bei einer Frau mitgefahren und die hatte noch ihren kleinen Sohn dabei. Ganz ungefährlich.«

»Trotzdem. Wie lange bleibst du denn nun?«

»Eine Woche«, seufzt er, »eine ganze lange Woche. Ist das nicht geil?«

»Naja...besser als nix«, murmle ich.

»Hey...freuen Sie sich gefälligst, daß ich da bin, ja?«

Ich küsse ihn und kann nicht mehr damit aufhören.

Am nächsten Morgen hab ich erstmal wahnsinnige Angst, daß alles nur ein Traum war. Aber als ich Nils‘ warmen Körper spüre, der sich an meinen kuschelt, bin ich beruhigt.

»Hey Sie«, murmelt er mit geschlossenen Augen, streckt seine Hand aus, tastet rum...nifft meine Nase und kichert schlaftrunken.

Wie um alles in der Welt soll man sich gegen so viel Niedlichkeit wehren? Hab schon wieder ein wahnsinnig flaues Gefühl im Magen...mhhh...aber das ist soooo schön! Wir bleiben noch eine Weile liegen, dann stehe ich auf, um Frühstück zu machen. In der Küche sitzt die Frau und kippt Kaffee in sich hinein.

»Hast du heute später Schule?«

»Nein.«

»Und warum bist du dann noch hier?«

Mann, kann die sich bitte aus meinem Leben raushalten?

»Weil ich Besuch habe«, entgegne ich gereizt.

»Julian, nur weil mitten in der Nacht irgendwelche Freunde von dir auftauchen, die ich nicht kenne und die du mir auch nicht vorstellen möchtest, heißt das doch nicht, daß du die Schule ausfallen lassen kannst.«

»Wir haben sowieso Projektwoche.«

»Na und? Ist das vielleicht nicht wichtig? Und überhaupt...denkst du, das ist hier ein Hotel? Könntest wenigstens mal fragen, ob es mir recht ist, wenn du deinen Besuch hier einquartierst.«

»Soll ich Nils unter einer Brücke schlafen lassen?«

»Ich möchte nur wissen, was in diesem Haus vor sich geht. Wer ist dieser Nils überhaupt? Wo kommt der her?«

»Aus Berlin.«

»Und weiter?«

»Nix.«

»Julian«, sie reibt angestrengt ihre Stirn, »du strapazierst wirklich meine Nerven. Ich hätte nicht übel Lust, diesen Nils wieder nach Hause zu schicken.«

Prima, da gehe ich dann gleich mit!

»Er bleibt doch nur eine Woche. Natürlich nur, wenn du damit einverstanden bist, Mom«, antworte ich und schenke ihr ein gefaketes Lächeln.

»Du kannst aber nicht die ganze Woche in der Schule fehlen, Julian. Das werde ich nicht erlauben.«

»In Ordnung. Nur heute, versprochen.«

Am liebsten hätte ich ihr gesagt, daß ich ihr den Kopf von den Schultern treten möchte.

»Also...meinetwegen. Ausnahmsweise.«

Ich schnappe das Tablett mit Nutellatoasts und Kakao, murmle noch ein angeekeltes »Danke« und mache, daß ich zu meinem Freund komme.

»Deine Mutter ist wohl nicht so begeistert, daß ich hier bin, oder?« fragt Nils und fährt mit der Zungenspitze über seinen Nutellatoast.

Ich bin total hinüber. Starre ihn hilflos an und kann nur daran denken, was ich mit meiner Zungenspitze jetzt machen will.

»Die hat mich gestern angekuckt, als wär ich ein räudiger Köter.«

»Die ist einfach nur krank im Kopf. Immerhin darfst du die Woche über bleiben. Dafür mußte ich widerwärtig nett tun...ich hoffe, du weißt das zu schätzen.«

»Sag mal, was ist eigentlich, wenn die was mitbekommt?«

»Wie? Was denn?« frage ich dümmlich.

»Naja«, lächelt er und wird ein bißchen rot, »äh...du hast dich letzte Nacht nicht sehr zurück gehalten.«

Okay...jetzt werde ich rot...und zwar knalle!! Nils und ich haben nämlich nicht nur miteinander geschlafen, ich...oh mann, ich hab ihn nach Strich und Faden durchgevögelt.

»Tut mir leid...ich, ähem...«, stottere ich schwitzend.

»Nein, das war schon okay«, erklärt er und streicht mir eine Haarsträhne aus der Stirn, »ich meine nur, wir sollten vielleicht beim nächsten Mal etwas leiser...«

Ich nicke schwächlich und schlucke schwer. Wenn er nicht sofort aufhört, darüber zu reden kann ich für nichts garantieren. Seit wann bin ich eigentlich so verdammt sexbesessen? Gott, ich will Nils alle fünf Minuten bespringen...ist das vielleicht normal?

»Juli, du bist echt unglaublich«, schnauft er kopfschüttelnd. Danach grinst er aber und küßt mich auf den Mund. Also das bringt mich nicht gerade runter!

Den Nachmittag verbringen wir mir Eis essen, durch die Stadt laufen und blöde in die häßlichen Schaufenster glotzen. Trotzdem. Mit Nils macht einfach alles Spaß!!

»Hast du für nachher schon irgendwas geplant?« fragt er, sein McFlurry Kitkat löffelnd. Statt zu antworten werde ich rot und muß mich darüber sehr ärgern.

»Ich meiner AUSSER mich flachzulegen, Juli.«

Mann, der tut so, als sei ich ein Steinzeitmensch. Wieso weiß der eigentlich immer, was ich denke??

»Ich würde nämlich gerne Cassi kennenlernen und...naja, Caro mal wieder sehen, wenn das in Ordnung ist.«

»Klar. Wieso nicht?«

Caro ist selbstverständlich bei ihren dummen Gänsen. Oder bei ihrem Freund. Wen interessiert's?! Und vor allen Dingen...wen wundert's!?

»Caspar...Besuch für dich«, brüllt seine Mutter die Treppe rauf. »Geht doch einfach hoch«, lächelt sie und verschwindet.

Als wir die Tür öffnen und sein Zimmer betreten, scheint alles ganz normal zu sein. Cassi sitzt neben Zecke auf‘m Bett und faselt über irgendeine tolle CD von soundso soundso. Allerdings...Zeckes Haare sind ultra verstrubbelt, Cassis Lippen ultra rot und geschwollen. Am Hals des Bauschkopps leuchtet ein frischer kleiner Knutschfleck und Cassi hat sein Shirt sicher heute Morgen nicht auf links angezogen. Möglicherweise ist das aber momentan hip, wer weiß?!

»Äh...Juli...hi. Was...was macht ihr denn hier?«

»Wir wollten nur mal kurz vorbei schauen. Stören wir?«

Cassis Wangen haben jetzt den gleichen Ton wie seine Lippen. »Äh, nein...nein, überhaupt nicht. Also...also, das ist dann wohl Nils, oder?«

Mein Freund nickt. »Hey.«

Zecke stiert mich finster an. »Na, vor dir hat man auch nirgends seine Ruhe.«

»Du hast da was am Hals«, sage ich.

Er streicht mit dem Finger über den rotvioletten Fleck. »Ja und wenn ihr uns nicht unterbrochen hättet, wär daraus ein echtes Kunstwerk geworden.«

Cassi stupst ihm leicht in die Seite.

»Was denn?« fragt Zecke ungewohnt sanft und zärtlich. »Die wissen doch eh, was los ist.« Er zupft an Cassis Shirt, worauf der heftig anfängt zu kichern.

»Scheiße.« Dann schlingt er seine Arme um den Bauschkopp und kuschelt sich an ihn. Ich klopfe mir heimlich auf die Schulter und finde, ich hab das wirklich gut gemacht! Die scheinen sich ja wirklich arg toll zu finden.

Wir unterhalten uns eine Weile über alles und nichts, trinken grünen Tee und hören eine von Zeckes CD's. Cassi sagt CINEMA STRANGE. Ich kenne die nicht, finde aber, daß die sich ganz ok anhören.

Cassi und Zecke erzählen abwechselnd und offensichtlich sehr verschossen wie sie sich kennengelernt haben. Von den ersten mails, den ersten Telefonaten, den vielen Gemeinsamkeiten, daß sie sich gestern sofort um den Hals gefallen sind usw usw. Die beiden sind echt süß. Cassi zündet für Zecke die Zigaretten an, Zecke entfernt für Cassi das Papier von den Kinderschokoriegeln und zwischendurch grinsen die sich an wie zwei bekiffte Honigkuchenpferde.

Ich frage mich, ob Nils und ich uns auch so irre anstrahlen?! Jedenfalls hat er längst meine Hand genommen und streichelt meine Finger.

»Also eigentlich muß ich mich ja bei dir bedanken, Juli. Und...und mich entschuldigen.«

»Äh...?«

»Ja«, fährt Zecke fort, »ohne dich hätte ich diesen süßen Schnuckel hier niemals kennengelernt. Ich hab dich für eine Arschgeige gehalten und...mh, war wohl nicht immer so sehr nett. Sorry. Auch wegen der Knutscherei.«

Während ich noch überleg, wovon der spricht, springt Nils auf und will gehen. Cassi drängt seinen Freund, die CD zu wechseln. Was ist denn jetzt kaputt?

»Welche Knutscherei?« frage ich verwirrt.

»Komm schon, Juli, laß uns die beiden nicht länger stören«, drängelt Nils.

»Nein, warte...was für eine Knutscherei?«

Zecke beißt sich auf die Lippe. »Scheiße, ich dachte, du wüßtest davon...Nils...tut mir echt leid.«

Ich drehe mich zu ihm um. »Würdest du mir erklären, was das alles zu bedeuten hat?«

»Bitte, Juli...reg dich jetzt um Himmels Willen nicht auf, ja? Es ist NICHTS passiert.«

»Nichts passiert?« keife ich. »Du knutscht hinter meinem Rücken mit diesem...Penner, während ich zuhause sitze und vor Sehnsucht sterbe? Was habt'n ihr noch so alles getrieben, hä?«

Nils‘ Augen funkeln gefährlich. »Jedenfalls nicht das, was du mit Stella getrieben hast, während ICH vor Sehnsucht sterben wollte, Arschloch.«

»Du kannst mich mal. Fickt euch doch alle drei«, schreie ich und stürme nach draußen.

Zuhause breche ich in Tränen aus. Zornig trete ich mehrmals kräftig gegen Nils‘ Tasche. So eine kleine Schlampe. Erzählt mir noch, wie er Zecke hat abblitzen lassen...dabei hat er ihm seine Zunge in den Hals gesteckt und...was weiß ich. Gerade mit diesem scheiß toupierten Helmträger mußte er knutschen. Gerade mit dem! Ich fasse es nicht. Was glaubt der eigentlich. Ich hasse ihn!! Dachte sich wohl, nur weil ich einen Fehler gemacht habe, hätte er auch einen Seitensprung frei. Ich wünschte, er wäre mir nie über den Weg gelaufen. Und wieso kommt der nicht her und entschuldigt sich? Ihm liegt ja anscheinend überhaupt nichts an mir. Fein! Mir doch Milch. Ich werde ihm sicher nicht hinterherlaufen!!


Ich hänge mit dem Kopf über der Kloschüssel und kotze mir die Seele aus dem Leib. Kotzen ist widerlich, ich bin so angeekelt, daß mir immer wieder übel wird und ich speie und speie und speie.

Nils ist die ganze Nacht nicht aufgetaucht. Ich bin nicht mehr wütend, ich will nur wieder mit ihm zusammen sein.

Die Frau hat mich zur Schnecke gemacht, weil ich nicht zur Schule gegangen bin aber das Argument Kotzen zieht immer.

Als nun wirklich beim besten Willen nichts mehr aus meinem Magen nach draußen kommt, klatsche ich mir Wasser in die Visage, putze mir zittrig die Zähne, gurgle noch mit Mundspülung, um den fiesen Geschmack los zu werden und schleppe mich in mein Zimmer. Der Anrufbeantworter zeigt mir eine dicke grüne Null. Er hat nicht angerufen. Sicher hat Nils bei Cassi gepennt. Ich meine, seine Sachen sind noch hier. Er wird bestimmt nicht nach Berlin zurück gefahren sein.

Meinen dämlichen Stolz hab ich mit der Kotze zusammen im Klo runtergespült. Ich wähle Cassis Nummer.

»Hallo?«

»Hier ist Julian...ist Cassi da?«

»Ja, Moment«, ruft seine Mutter fröhlich.

Nach einigen Sekunden meldet er sich. »Ja?«

»Cassi...ist...ist Nils noch bei dir?«

»Ist er.«

Erleichtert atme ich auf.

»Möchtest du ihn vielleicht sprechen?«

»Ja wenn er will«, antworte ich kleinlaut.

»Warte...ich frag ihn mal.«

Ich höre ein Kraschpeln. »Was gibt's?«

»Nils...es tut mir leid.«

»Schön für dich.«

»Können wir nicht darüber reden?«

»Meinetwegen. Muß eh noch bei dir vorbei und meine Sachen abholen.«

»Wieso...willst du bei Cassi bleiben oder...nach Hause?«

Mir bleibt das Herz stehen. Und mir wird wieder schlecht.

»Ich bin in zehn Minuten da.«

Klick...aufgelegt. Naja, wenigstens kommt er her.

Ich mache mich noch ein bißchen gesellschaftsfähiger (er muß ja nicht mitkriegen, daß ich gekotzt habe) und warte mit Herzklopfen und Magenbollern.

Nach fünfzehn Minuten schlendert er in mein Zimmer und nestelt an seiner Tasche.

»Würdest du mir jetzt erstmal erklären, was passiert ist und deine verfickte Tasche in Ruhe lassen?« brülle ich aufgebracht.

»Ich hab keinen Bock auf dein Geschrei«, entgegnet er vollkommen ruhig. Ich sehe allerdings, daß seine Hände zittern.

»Warum hast du's mir nicht einfach gesagt?«

Nils setzt sich neben mich. »Weil es nicht wichtig war und ich genau wußte, wie du reagieren würdest.«

»Aber du hast ihn geküßt.«

»Ja verdammt.«

»Und...und was noch?«

»Gar nichts, Juli. Das hab ich dir gestern schon gesagt.«

»Ich verstehe das nicht. War...war das deine Rache wegen der Sache mit Stella oder was? Bist du in ihn verknallt?«

Er lächelt gequält. »Mann, du bist manchmal ein solcher Vollidiot, daß es weh tut.«

»Vielen Dank. Hast es ja letztendlich doch eingesehen.«

»Was?«

»Daß du ohne mich besser dran bist.«

»Dein Schwachsinn ist schwindelerregend. Und beängstigend.«

»Ach ja? Was willst du dann überhaupt noch von mir?«

Er schüttelt resigniert den Kopf. »Das frage ich mich auch gerade.«

»Na dann sag's doch endlich«, brülle ich. »Sag, daß du mich nicht mehr haben willst. Daß du nach Hause fahren willst, um mit Zecke oder wem auch immer zu knutschen. Daß ich dir auf die Nerven gehe...warum bist du überhaupt hergekommen? Hast unsere Trennung doch total locker weggesteckt und dich mit gott weiß wem amüsiert. Ich hab mir die Augen aus dem Kopf geheult, während du Spaß hattest und dich wahrscheinlich ganz befreit gefühlt hast, weil du mich nicht mehr an der Hacke hattest«, brabbelt es aus mir heraus und ich weiß wirklich nicht, wieso?!

Nils sieht mich einen Moment an. Nicht wütend sondern wahnsinnig traurig. »Das ist es, was du denkst?«

Ich zucke nur die Schultern.

»Und wieso bin ich deiner Meinung nach hier?«

»Woher soll ich das wissen?«

»Wenn das so ist...« Er steht auf, nimmt seine Tasche und geht zur Tür. Dann dreht er sich nochmal um. »Ist dir nie in den Sinn gekommen, daß ich es uns nur leichter machen wollte?«

»Wie leichter?« frage ich gereizt.

Nils schleudert zornig seine Tasche weg. »Vielleicht wollte ich dich nicht noch trauriger machen. Dich nicht noch zusätzlich mit meiner Heulerei belasten. Vielleicht wollte ich dich immer nur aufmuntern und nicht noch weiter runterziehen. Hättest du denn hören wollen, wie schlecht es mir geht? Daß ich es kaum ausgehalten habe ohne dich? Daß ich nicht essen konnte, nicht schlafen, niemanden sehen wollte, nächtelang mit deinem T-Shirt im Arm geflennt habe...hätte ich dir diese ganze Scheiße erzählen sollen? Wäre es dir dann besser gegangen?«

Oh mein Gott!! Wieso knallt mich niemand ab?

»Ich sag dir, warum ich Zecke geküßt habe. Weil er mir die ganze Nacht zugehört hat, als ich mal wieder nicht wußte, wohin mit meinen Gefühlen. Ich dachte, ich werde wahnsinnig, so sehr hab ich dich vermisst. Ich war total nervös und traurig und müde und wütend und alles zusammen...ich brauchte einfach jemanden, der mich festhält und er war da und dann ist es halt irgendwie passiert. Ich wollte nur jemanden spüren und mir einreden, daß ich dich küsse. Klingt total idiotisch und es tut mir leid, daß ich es dir nicht erzählt habe aber weißt du was, Juli? Ich glaube, deine Entschuldigung für die Fremdvögelei ist nicht unbedingt besser gewesen.«

Mir ist nach kotzen. Wie konnte ich ihm nur so gemeine Sachen unterstellen? Wo er sich doch die ganze verdammte Zeit ganz genauso gefühlt hat wie ich mich. Fix und fertig, springe auf und will ihn umarmen, doch er stößt mich grob zur Seite.

»Faß mich nicht an«, schluchzt er, setzt sich auf den Boden, umschlingt seine Knie und weint.

»Ich hab mich echt auf dich gefreut und du...du machst das alles kaputt. Ich will nicht mehr... ich kann nicht mehr.«

Oh gott...oh nein...er macht doch nicht jetzt Schluß mit mir. Langsam setze ich mich neben ihn. »Nils, bitte...ich...«

»Es muß doch irgendwann mal hier«, er legt seine Hand auf meine Brust, »ankommen, daß ich dich liebe, Juli. Daß ich bei dir sein möchte, in jeder Sekunde und daß es ohne dich eben KEINEN verfickten Spaß macht.«

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wenn ich gewußt hätte...Nils, es...es tut mir so leid. Geh nicht weg.«

Mit dem letzten bißchen Mut lege ich meinen Arm um seine Schulter und drücke ihn sanft an mich. Er zittert und schluchzt aber ich darf ihn festhalten.

Irgendwann hat er sich beruhigt, steht auf und zündet nervös eine Zigarette an. Mein Hirn ist ein riesiger Matscheklumpen. Ich weiß nicht, was ich tun oder sagen soll?

»Was...was hast du denn jetzt vor?« frage ich vorsichtig.

»Keine Ahnung.«

»Bleibst du hier?«

»Ich wüßte nicht, wo ich sonst hin sollte.«

»Du...du kannst im Gästezimmer schlafen, wenn du nicht...ich meine, ich kann verstehen, daß du...«

»Ich bin müde, Juli. Laß uns einfach nur ins Bett gehen, okay?«

»Heißt das, du...«

Er antwortet nicht, sondern zieht sich aus und schlüpft unter die Decke. Ich ebenfalls. Schlafen kann ich allerdings nicht, obwohl mich der Streit ziemlich geschafft hat.

»Nils?«

»Hm?«

»Ich...ich wollte nicht so gemeine Sachen sagen. Ich hab nur immer so wahnsinnige Angst, dich zu verlieren, weil ich so jemanden wie dich doch gar nicht verdiene.«

»Halt die Klappe, Juli.«

»Äh...was?«

Nils dreht sich zu mir um. »Glaubst du, ich weiß nicht wie du tickst und was in deinem verqueren Schädel vorgeht? Ich bin viel zu toll, um mich mit dir abzugeben, richtig? Juli, das ist Bullshit. Ich hab keine Flügel und über meinem Kopf wabert kein Heiligenschein.«

»Aber...«

»Kein Aber...das wird mir auf die Dauer zu anstrengend.«

»Aber ich mache immer bescheuerte Sachen wie dich anlügen, dich betrügen, dir nicht vertrauen, mich benehmen wie ein Vollidiot...du...du mußt doch langsam genug von mir haben. Ich könnte es verstehen, wenn du mich nicht mehr haben willst.«

»Ja«, seufzt er.

»Ja was?«

»Mit dir kann man es manchmal wirklich kaum aushalten aber wenn du ausnahmsweise mal lieb bist...wow!«

In einem irren Anfalls von ich weiß nicht was, klammere ich mich an ihn. Wir halten uns fest. Und wir heulen zusammen. Und wir schlafen irgendwann ein.


Nach der ganzen Streiterei ist es irgendwie komisch zwischen Nils und mir. Ich versuche mich zu entspannen aber es gelingt mir nicht so richtig. Ich glaube, ihm geht es genauso. Verdammt, ich hab doch keine Erfahrung im Streiten und Versöhnen...jedenfalls nicht viel. Ich wünschte, wir könnten die letzten zwei Tage einfach streichen. Und ich wünschte, mein Hirn würde aufhören, ständig Probleme zu konstruieren. Ich liebe Nils. Er liebt mich, warum auch immer. Halt, stopp...Nils liebt mich. PUNKT!! Ich sehne mich so sehr danach, ihn zu küssen aber weil er überhaupt keine Anstalten macht, hab ich Angst, damit anzufangen. Vielleicht will er nicht. Ich meine, wenn er wollen würde...scheiße, ich fange schon wieder an.

Der Nachmittag war echt überraschend. Wir waren bei Cassi und der hat die ganze Zeit mit Zecke gezüngelt. Ich dachte, ich geh kaputt, so sehr wollte ich wenigstens Nils‘ Hand halten. Natürlich hab ich mich nicht getraut. Danach kam Caro, was mir zunächst ein bißchen unangenehm war. Sie hat sich fast zu Tode gefreut, Nils zu sehen und ihn zugefaselt. Zwischen uns herrschte peinliches Schweigen aber nach ein wenig lustigen Gefasel und Kalkofe kucken war es wie immer mit ihr. Allerdings machte sie mir ziemlich die Hölle heiß, weil ich ihr nicht gesagt habe, was mit ihrem kleinen Bruder los ist.

»Scheiße«, meinte kichernd, »ich bin nur noch von Schwuppen umgeben. Habt ihr euch abgesprochen, um mich in den Wahnsinn zu treiben?«

Wie erwartet hat sie kein Problem mit der Tatsache, daß der kleine Cassi in einen Jungen verknallt ist. Verflixt, ich liebe Caro doch wieder. Zur Hölle mit ihren Dummtrinen. Caro gehört mir!

Nils liegt auf‘m Bett und starrt an die Decke. Ich sitze neben ihm und müßte nur meinen Arm ausstrecken, um ihn zu berühren. Ohhhh...sein Geruch macht mich ganz schwindlig. Das ist so eine atemberaubende Mischung aus Cokosshampoo und Schmusedecke. Wie abends im Bett Bounty essen.

No risk no fun! Ich rücke ein Stück näher und lege mich hin. »Nils...du fehlst mir«, flüstere ich zaghaft.

»Ich weiß.«

Super. Was soll das denn heißen?

»Können wir nicht...ich meine, verdammt, ich halte das so nicht aus.«

Er dreht seinen Kopf und sieht mich an. Gott ist der schön!! Ich beuge mich über ihn und berühre ganz sachte seinen Mund mit meinen Lippen.

»Hey, das hat ja ewig gedauert«, lächelt er und wuselt durch meine Haare.

Ich wusel meine Zunge in seinen Mund und bin einen Moment geneigt zu glauben, daß mir kleine fette Engel um den Schädel fliegen. Oder aber eine dicke Hummel DURCH den Schädel brumselt.

Wir küssen uns...ewig. Tausend Stunden sind es sicher. Ich hab jegliches Zeitgefühl verloren und es ist mir auch Milch. Hauptsache, ich kann für immer an Nils‘ süßen Lippen nuckeln.

»Mal ehrlich, Juli«, beginnt Nils und zeichnet mit den Fingerspitzen geheimnisvolle Verschnörkelungen auf meinen Bauch, »wir müssen uns irgendwas einfallen lassen.«

»Was meinst du?«

»Ich meine, daß das alles so nicht weiter gehen kann. Ich will dich bei mir haben. Wir müssen uns einfach öfter sehen.«

»Du kannst aber nicht jedes Wochenende hierher trampen. Und ich kann die Frau oder den Vater nicht ständig wegen Geld anhauen.«

Er sieht mich überrascht an. »Ich wußte gar nicht, daß der Mann die Familienleiter höher geklettert ist.«

»Naja«, antworte ich, »er bemüht sich. Das sollte man honorieren.«

»Stimmt. Mein Vater hat sich aus dem Staub gemacht und wurde nie wieder gesehen.« Er schüttelt einen kurzen Anflug von Traurigkeit aus seinem Gesicht. »Egal. Zurück zu den wichtigen Dingen.«

»Wir haben nur noch drei Tage...«

»Halt bloß die Fresse«, entgegnet er finster und kuschelt sich enger an mich. Dann kichert er plötzlich.

»Was ist denn?«

»Ich muß an heute Nachmittag denken«, lacht er, »hast du bemerkt, wie Zecke Cassi über den Rücken strich, als er sich verschluckte? Oh war das putzig. Und sein besorgtes ‘Alles ok, Schatz?‘ wie ein altes Ehepaar. Süß, oder?«

»Ja, ich wußte gar nicht, daß der Arsch so nett sein kann«, entgegne ich grimmig.

»Naja, ich schon allerdings hab ich ihn SO auch noch nicht erlebt.«

»Sag mal...denkst du die hatten schon...äh...«

»Sex? Ja, na sicher.«

»Wow. Die kennen sich doch grad mal drei Tage.«

Nils zuckt die Schultern. »Zecke neigt nicht zum Warten...außerdem sind die irre verknallt. Ich wette, die treiben's gerade total wild miteinander«, giggelt er.

»Naja, so lange seine Haare richtig sitzen. Trotzdem ist es komisch. Ich meine, Cassi war immer total schüchtern und jetzt soll er...meine Güte.«

»Haha...darf ich dich dran erinnern, daß du mich vor drei Tagen heftig gevögelt, dich in unserer ersten Nacht aber noch nicht mal getraut hast, dein T-Shirt auszuziehen?«

»Nein, darfst du nicht«, entgegne ich brummelnd.

»Aber das war so süß«, lächelt er.

»War es nicht.«

»Na klar«, gluckst er und lacht sich kaputt. »Und als ich dir gesagt habe, daß wir verliebt sind, bist du vom Stuhl gefallen...hihi...«

»Blödmann.«

»Idiot.«

»Trottel.«

»Niffnasentier«, flüstert er.

Okay, er hat gewonnen!

Draußen ist es nass, kalt und ungemütlich. Es regnet in Strömen. Genau das richtige Wetter, um deprimiert rumzuhängen. Aber...mein Freund ist bei mir und strahlt mich an also bin ich der glücklichste Mensch des Universums.

Im Hintergrund läuft MUSE, ich zünde Kerzen und Räucherstäbchen an und setze mich ihm gegenüber aufs Bett. Ich finde, daß Nils im flackernden Kerzenlicht einfach atemberaubend schön ist. Seine Augen glänzen und funkeln wie kleine Diamanten. Wie zwei Glitzersternchen.

Allerdings macht sich noch ein anderes Gefühl breit. Ich meine, Nils liegt nicht einfach nur auf meinem Bett...Nils räkelt sich lasziv, sein Flauschishirt ist gefährlich hoch gerutscht, während seine Lider auf halb acht hängen...mir wird ganz schön heiß.

Verträumt spielt er an einer meiner Hosenlaschen, wobei seine Finger manchmal wie zufällig meine nackte Haut streifen. Ich muß kollabieren.

Aufreizend leckt er sich über die Lippen, stützt seine Hände auf die Matratze und haucht mir einen Kuß aufs Ohrläppchen. Großer Gott...ein wahnsinniger Blitz jagt durch meinen Körper. Umständlich rückt er noch näher, schlingt seine Beine um meine Hüfte und zieht mich mit sich, so daß ich auf ihm liege und schon fast...oh wow...und wir sind noch nicht mal ausgezogen. Einen Zustand, den wir sehr schnell beheben.

Als wir unter der Decke liegen küsse ich jeden Millimeter seiner weichen Haut. Nils seufzt leise und läßt seine Finger durch meine Haare gleiten.

Wir küssen und knabbern eine Ewigkeit aneinander rum und schließlich schlafen wir miteinander. Ganz romantisch und sinnlich und süß und lieb und zärtlich.

Kann es bitte so für immer zwischen uns bleiben?!

Nachwort

Ach du Kacke...was ist das denn für ein Ende, oder?! Mh, ich glaube, ich schreib vielleicht doch noch einen fünften Teil...was meint ihr??

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