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David und Tobias

Teil 7

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Inhaltsverzeichnis

 

25

Die Sache im Fahrradkeller ist fast zwei Wochen her und David hat keinerlei Anstalten gemacht, mit mir zu reden oder sonst irgendwas. Wie schön, jetzt hab ich doch wenigstens meinen ersten Ex-Freund. Toll, herzlichen Glückwunsch, Tobi!!

Mit Sandra hab ich mich ein wenig gestritten. Nicht, weil ich ihr was von David und mir gesagt habe sondern einfach so. Naja, einfach so stimmt nicht. Es ging schon um David aber das weiß sie eben noch nicht. Ich hab ihr jedenfalls gesagt, dass ich mal ein wenig Zeit für mich bräuchte, da war sie sofort beleidigt und verletzt und meint, dass ich sie nicht mehr gern habe und so weiter. Ich habe momentan nicht die Kraft, dagegen zu halten. Ich denke nur an David. Oh mann, ich vermisse ihn so sehr und es wird immer schlimmer.

Gerade will ich mich in mein Zimmer verkriechen und Tee trinken, da klingelt es. Mom und Dad sitzen im Wohnzimmer, anscheinend haben die nichts mitbekommen. Entnervt öffne ich die Tür und will sie sofort wieder zugeschlagen.

DAVID!

Mir wird übel und zittrig und schwindlig und heiß und kalt. Ein bisschen wütend bin ich auch, weil er hier so einfach auftaucht. Was bildet der sich ein?

Scheiße, der sieht ganz schön durchgefroren aus. Kein Wunder, es ist fast Winter. Mir pfeift ein kalter Wind um die Nase und Davids ist ziemlich rot, genau wie seine Wangen. Seine Augen tränen leicht. Ein Luftzug bläht seinen langen schwarzen Mantel auf, er trägt seinen schwarzen Strickpulli, eine Cordhose und natürlich mein Halstuch.

Gott ist der schön.

Verflixt und ich trage meine ältesten Gammelklamotten! Schlabberhose und Shirt mit der Visage vom Rosaroten Panther. Heiliger Strohsack!!!

»Darf ich...rein?« fragt er und pustet sich in die Hände.

Nee, so leicht geht das hier nicht, mein Lieber. »Meine Eltern sind da.«

»Bitte, Tobi...es ist schweinekalt.«

Allerdings. Ich ziehe fröstelnd die Schultern hoch. Nervös tritt er von einem Bein aufs andere, schiebt den Riemen seines Rucksacks wieder über die rechte Schulter.

»Hab ich dir vielleicht gesagt, du sollst mitten in der Nacht hier rumschleichen, wenn meine Eltern da sind?«

»Es ist noch nicht einmal zehn und deine Eltern kriegen doch eh nichts mit. Also was ist? Muss ich erst betteln?«

Ja, das wäre mal was. Verdient hätte er es jedenfalls. »Na schön, meinetwegen...aber sei bloß leise.«

Wir schleichen unbemerkt von der Elternfront die Treppe rauf und gehen in mein Zimmer. Ist ja schon irgendwie aufregend...ich meine, wir könnten jetzt wer weiß was treiben und die Alten sitzen ahnungslos vorm Fernseher. Moment mal...nichts wird hier getrieben, ich bin immer noch sauer auf David.

»Und was willst du?« frage ich unfreundlich.

»Mit dir reden«, schnieft er.

Wahnsinn, seine Lippen sind feuerrot und geschwollen, muss wohl von der Kälte kommen. Sieht verboten geil aus. Seine Hände tief in den Manteltaschen vergraben lehnt er an der Wand und blickt auf den Boden.

»Ich höre.«

In seinen Haaren glitzern kleine Wassertröpfchen wie Diamanten auf schwarzem Samt. Ich möchte ihm um den Hals fallen.

»Ich...ich weiß nicht, was ich sagen soll.«

»Tja, da haben wir wohl ein Problem. Vielleicht solltest du verschwinden und erst wiederkommen, wenn du's weißt?« schlage ich vor.

»Es tut mir Leid.«

»Schon mal ein guter Anfang.«

»Du fehlst mir.«

»Weiter.«

Jetzt sieht er mich endlich an. Seine Pupillen flackern fiebrig. »Verdammt, musst du es mir so schwer machen?«

»Ich wüsste nicht, wieso ich es dir leicht machen sollte.«

»Darf ich...meinen Mantel ausziehen?«

Ich schnaufe leicht. »Du stellst Fragen...«

David lässt seinen Rucksack zu Boden gleiten und zieht seinen Mantel aus. »Weißt du...die Sache im Fahrradkeller...«

Ich winke ab. »War ein Fehler. Vergiss es. Ich habe alles dazu gesagt.«

Er beißt sich auf die Lippe...oh, das würde ich gerne machen, natürlich ganz sanft und zärtlich. Es ist wirklich total schwer, ihn nicht augenblicklich in den Arm zu nehmen und zu küssen. Ihn zu spüren, über seine Wangen zu streichen. Verdammt schwer.

»Sagst du mir jetzt bald mal, wieso du hier bist?« frage ich schrill, weil ich echt langsam die Geduld verliere. Er soll reden oder verschwinden. Auf gar keinen Fall soll er so hinreißend sein.

»Wenn ich dir die Wahrheit sage, schmeißt du mich doch sofort wieder raus«, erklärt er und schafft es kaum, mir in die Augen zu sehen. Dafür macht er einen Schritt auf mich zu, steht mir nun dicht gegenüber, senkt den Kopf und schaut an mir vorbei auf den Boden.

Ich rieche den Dezembernebel in seinem Haar, spüre, dass seine Wangen immer noch kälter sind als meine. Ganz langsam hebt er seinen Kopf und atmet geräuschvoll in mein Ohr.

Seine Hand greift schüchtern nach meiner und drückt sie vorsichtig, seine Finger spielen mit meinen. Eine ganze Gänsearmee marschiert über meine Haut oder sind es Ameisen? In meinem Magen flattern jedenfalls Millionen von Schmetterlingen.

»Ich...ich möchte dir nah sein«, flüstert er und hat das letzte bisschen Widerstand gebrochen. Seine Lippen sind unglaublich verlockend, leicht geöffnet und feucht schimmernd.

»David...« Es ist mehr ein Schluchzen. Ich klammere mich an ihn wie ein Ertrinkender, reibe mein Gesicht an seiner Wange und dann kommt endlich der erlösende Kuss. So süß und wild und zärtlich, dass es mich fast von den Füßen reißt.

Wir stolpern zum Bett und halten uns fest - ziemlich lange - ohne zu reden, ohne uns zu küssen.

»Liebst du mich noch?« fragt David irgendwann.

»Seit wann stellst du eigentlich so bescheuerte Fragen? Lässt du mich rein...darf ich meinen Mantel ausziehen...liebst du mich noch?«

»Entschuldige«, murmelt er an meinem Hals.

Ich schiebe ihn weg. »Liebst du mich denn noch?«

»Sonst wär ich wohl kaum hier.«

»Hast dir ja ganz schön Zeit gelassen. Und ich hab mir inzwischen die Augen aus dem Kopf geheult«, sage ich vorwurfsvoll.

»Nicht nur du.«

»Tut mir Leid, dass ich kein Mitleid habe, du hast diesen beknackten Streit angefangen.«

Hastig legt er mir den Finger auf die Lippen und schüttelt den Kopf. »Nicht jetzt, Tobi.«

»Wann?«

Ein leichtes Grinsen umspielt seine Mundwinkel. »Danach«, flüstert er so weich, dass mir ganz schummrig wird.

»So sieht also deine Problembewältigung aus, ja? Erstmal ficken.«

»Willst du mir etwa sagen, dass du nicht dran denkst?«

Trottel!! Selbstverständlich will ich mit ihm schlafen. »Meine Eltern sind unten.«

David grinst dreckig. »Und? Ich weiß doch, dass dich das anmacht.«

So hatte ich das nicht gemeint. Ich lasse mich auf den Rücken fallen, David beugt sich über mich, unsere Lippen verschmelzen zu einem langen Kuss.

Während er auf mir sitzt, mir das Shirt auszieht und gleich darauf seinen Pullover kommt mir eine verrückte Idee und allein der Gedanke daran macht mich total nervös. Ich öffne seine Hose, greife nach seiner Hand und schiebe sie hinein.

»Ähem...Tobi, was soll das?«

»Ich will dir zusehen wie du...ich meine...ich würde es halt gerne sehen.«

Er schüttelt den Kopf. »Nee, ich kann das nicht, wenn jemand zuschaut.«

Meine Hände gleiten über seine Schenkel. »Mach schon.«

»Du bist echt verkommen, weißt du das?« grinst er und schon bewegt sich seine Hand. Ich hätte nicht gedacht, dass es so scharf aussieht, wenn er sich einen runterholt. Er hat die Augen geschlossen, seine Lippen leicht geöffnet, sein Kopf ist in den Nacken gefallen, er stöhnt leise und rutscht ein bisschen auf mir rum.

Okay, Schluss damit, genug Livesexshow! Ich will es ihm jetzt machen!!

»Und...hat es dir gefallen?« fragt David und umkreist mit der Fingerspitze meinen Nabel.

»Was?«

»Das Zuschauen.«

»Und dir?«

»Mhhhh...ziemlich.«

»Was wolltest du mir eigentlich sagen? Ich meine, du bist doch hergekommen, um mit mir zu reden.«

»Keine Ahnung«, seufzt er, »hab ich vergessen...oder...warte, es fällt mir wieder ein...ich liebe dich und ich halte es nicht aus, von dir getrennt zu sein.«

»Das lag wohl kaum an mir.«

»Weiß ich doch.«

»Und was soll jetzt werden?«

»Hast du immer noch vor, Sandra alles zu erzählen?«

»Weiß nicht. Es gab in der letzten Zeit nichts. Dafür hast du ja gesorgt.«

»Du...du hattest recht mit allem, was du gesagt hast. Ich habe eine Scheißangst davor, dass jemand rausfindet, was ich bin. Ich weiß nicht, ob ich damit umgehen kann...die Blicke, die blöden Sprüche und so weiter. Ich glaub, ich bin noch nicht so weit...kannst du das verstehen, Tobi?«

»Glaubst du vielleicht, ich bin scharf darauf, dass jeder Penner weiß, was ich mit dir im Bett veranstalte...dass ich überhaupt mit dir ins Bett gehe? Ich will aber mit dir zusammen sein, ohne Geheimnisse, ohne in der Schule so zu tun, als wäre nichts zwischen uns und ich habe keinen Bock mehr auf eine Alibifreundin. Oder macht es dir gar nichts aus, wenn ich mit Sandra knutsche?«

»Doch und das hab ich dir mehr als einmal zu verstehen gegeben. Aber gerade Sandra von uns erzählen...lass uns einfach noch ein paar Tage warten, ok?«

»Dadurch wird es auch nicht besser oder leichter. Aber wenn du meinst.«

»Ich muss dir noch was gestehen.«

»Was Schlimmes? Hast du einen Anderen?«

»Nee, aber...ich hab mich mit Kai getroffen.«

»Und weiter?«

»Wir haben uns geküsst.«

Scheiße, mir wird übel. »Noch was?«

Er schüttelt den Kopf. »Nein aber...ich bin zu ihm gefahren, weil ich mit ihm schlafen wollte. Das heißt, ich wollte das eigentlich nicht, es sollte mehr sowas wie Rache sein...keine Ahnung. War ziemlich bescheuert. Ich wollte dich vergessen, Gott, klingt das blöd...wie auch immer, wir haben uns geküsst und danach hat er mir den Kopf gewaschen. Dabei ist mir klargeworden, dass ich wirklich zu feige bin.«

»Und dafür musstest du diesen Typen knutschen?«

»Es tut mir Leid«, entgegnet er zerknirscht.

Ich glaube ihm und ich verzeihe ihm. Ich würde ihm wahrscheinlich sogar einen Mord verzeihen. Und natürlich werde ich ihm Zeit geben, was sonst? Schließlich will ich ihn nicht nochmal verlieren.

»Das mit dem Foto und was ich geschrieben habe...das tut mir auch Leid, David.«

»Ich denke nicht, dass du dich für irgendwas entschuldigen mußt. Aber, naja, es hat schon ziemlich wehgetan.«

»Ja, das war wohl der Zweck.«

»Ich hab dir was mitgebracht.« David springt auf und wühlt in seinem Rucksack.

»Hier, heute ist zwar schon der vierte aber...naja.«

Oh, wie putzig! Er drückt mir einen Schokoadventskalender in die Hand. So einen kitschigen für Kinder. Dicker Weihnachtsmann mit roten Wangen und roter Nase, Kinder, die Geschenke aus dem Sack klauben, ein kleines Reh, ein Hase, Schnee, Tannenbaum, halber Silbermärchenmond, Glitzersterne am Himmel.

»Du bist so süß«, flüstere ich und küsse ihn auf den Mund.

David strahlt mich an. »Na los, du darfst vier Türchen aufmachen.«

»Nee, nur zwei, die beiden anderen sind für dich.«

Ich liebe Weihnachten und ich liebe David. Genau in diesem Augenblick liebe ich ihn so sehr, dass mir fast die Luft wegbleibt.

»Hey, was ist los?« fragt er besorgt.

»Halt mich fest. Ich will dich spüren.«

David schlingt seine Arme um mich.

»Schlaf mit mir«, sage ich leise.

26

»Schlaf mit mir«, flüstert Tobi und ich bekomme eine Gänsehaut.

Wahnsinn, der kann überhaupt nicht genug kriegen, dabei haben wir schon...naja nicht miteinander geschlafen aber, puh, der wollte doch glatt, dass ich mir vor seinen Augen einen runterhole. Mann und das von ihm zu hören und mit diesem unschuldigen Blick! Erst war mir das ja unangenehm aber dann hat es mich total scharf gemacht, weil es ihn so scharf gemacht hat. Gott, ich liebe Tobi.

Es war doch eine gute Idee, zu ihm zu gehen. Obwohl er ziemlich finster geschaut hat und ich Angst hatte, er würde mich gar nicht erst reinlassen. Mann, war das schwer, ihn zu sehen und ihm nicht gleich um den Hals zu fallen. Wahnsinnig süß sah er aus. Die Haare total verstrubbelt und dieses niedliche Pink-Panther-Shirt. Ich wollte ihn auf der Stelle küssen und vernaschen. Das hat allerdings einige Zeit gedauert. Zuerst war alles ziemlich verkrampft, ich wusste nicht, was ich sagen sollte und ihm ging das eindeutig auf die Nerven. Aber schließlich lagen wir uns dann doch in den Armen. Mein Herz hat ganz schön laut geklopft.

Es tat gut, ihm so nah zu sein, ihn zu fühlen, zu riechen, seine Wärme zu spüren...es ging irgendwie gar nicht um Sex, wir haben uns nicht mal geküsst, sondern einfach nur fest gehalten. Das war echt wahnsinnig schön.

»David.« Seine Stimme reißt mich aus meinen Gedanken.

»Hm?«

Er schlingt seine Arme um mich. »Ich hab das echt vermisst.«

»Was?«

»Sex«, stöhnt er leise, »mit dir...«

Wow!


»Scheißverdammte Kacke.«

Verschlafen blicke ich mich um. Tobi sitzt neben mir im Bett und schielt finster auf den Schokoadventskalender, den ich ihm gestern geschenkt habe.

»Was ist denn? Wieso bist du überhaupt schon wach und...wie spät ist es?«

»Gleich elf. Mann, ich finde diese bescheuerte Fünf nicht. Kuck doch mal.«

Gott, ist der süß. Ich denke, der macht das extra. »Deine verfickte Fünf ist mir scheißegal«, nörgel ich dennoch. Ich hasse es, so früh geweckt zu werden. Ehrlich, der ganze Tag ist mir verdorben, wenn man mich nicht ausschlafen lässt.

»Hab sie«, strahlt er und öffnet das Türchen...die dicke Nikolausnase.

»Und«, gähne ich verstohlen, »was Interessantes drin?«

»Klar, da steht DAVID FREIER IST EINE SCHWUCHTEL.«

»Haha, sehr lustig.«

»Hier«, flüstert er, beugt sich runter und steckt mir das Schokoladenstück in den Mund. Anschließend küsst er mich zärtlich und legt seinen Kopf auf meine Brust. Ich wusel durch seine Haare.

»Vielleicht sollte ich mal langsam verschwinden. Bevor deine Eltern noch was merken.«

Er zuckt die Achseln. »Ich will aber, dass du bleibst. Ich will mit dir frühstücken und danach spazieren gehen und dabei deine Hand halten. Bin nämlich heute in außerordentlich romantischer Stimmung. Und wenn du jetzt wieder fragst, was passiert, wenn uns jemand sieht, schlage ich dir ins Gesicht...alles klar?«

Ich nicke beklommen, denn ich wollte sowas in der Art tatsächlich fragen.

Nachdem wir in seinem Zimmer gefrühstückt haben - Schokobrötchen und Kakao - will er wirklich über den Weihnachtsmarkt gehen. Meine Güte, dass das Fest der Liebe aber auch alle zu romantischen, verklärten Vollidioten machen muss. Aber Tobi ist kein Vollidiot, sondern mein Freund, also lasse ich mich mitschleppen und hoffe im Stillen, dass uns niemand sieht, der uns kennt.

Okay, der Duft der gebrannten Mandeln, des Glühweins, die Lichterketten und all der ganze Schnickschnack macht mich dann auch irgendwie sentimental. Schüchtern greife ich nach seiner kalten Hand und stecke sie zusammen mit meiner in meine Manteltasche. Tobi strahlt mich verliebt an. Ich strahle zurück.

Wir essen Erdbeerzuckerwatte, Zimteis und Mandeln...gott, ich bin ja soooo verliebt in meinen süßen, schnuckeligen Tobias. Wenn jetzt Sandra hier vorbeischlendern würde, ich würde Tobi auf der Stelle einen Zungenkuss geben, um ihr zu zeigen, dass er mir gehört. Mir ganz allein!!

Kaum hab ich zuende gedacht, lasse ich panikartig seine Hand los. Sandra, Dette und Lara stehen am Glühweinstand. Ich küsse Tobi nicht!

»Oh, sieh an, da ist ja mein Freund«, ruft Sandra zickig.

Die beiden haben mal wieder Streß miteinander, so viel ist klar.

»Ich dachte, du musst lernen...oder hattest du was mit deinen Eltern? Oder welche Ausrede hab ich noch von dir bekommen?«

Tobi blickt finster umher. Ich denke nicht, dass es wegen Sandras Sprüchen ist, sondern weil ich mich einmal mehr als Feigling entpuppt habe.

»Hey, David«, lächelt Dette, »komm, ich geb dir einen Glühwein aus.« Ich will schon zusagen, da schüttelt Tobi den Kopf. »Nee, geht nicht, wir müssen nämlich tatsächlich noch lernen. Wollten uns nur mal kurz die Beine vertreten.«

»Oh, schade«, sagt Dette enttäuscht.

»Ich ruf dich später an«, erklärt er Sandra, die ihn ignoriert.

Dann gehen wir zügig weiter. Die romantische Stimmung ist natürlich komplett im Eimer, er will nach Hause.

»Komm mit zu mir«, schlage ich vor, doch er lehnt ab.

»Na los«, drängel ich, »ich will dich noch nicht wieder abgeben.«

»Schön, meinetwegen. Ich kann aber nicht lange bleiben.«

Es ist inzwischen dunkel geworden, obwohl erst später Nachmittag ist, das Laub knistert unter unseren Füßen, der kalte Wind schneidet in unseren Gesichtern. Ich greife nach seiner Hand, doch er entzieht sie mir.

»Lass den Scheiß«, mault er. »Du hattest gerade die Möglichkeit das zu tun.« Jaja, er ist sauer. Dabei hab ich ihm doch gesagt, dass ich noch nicht so weit bin.


»Du wolltest doch nicht mehr mit mir hierher kommen«, erinnere ich Tobi an unser letztes Treffen im Fahrradkeller. Er hatte mir vor der ersten Stunde zugeraunt, dass er in der Pause auf mich warten würde.

»Soll ich wieder gehen?« grummelt er, doch ich greife nach seinen Händen und will ihn gerade küssen, als wir die Tür hören und gleichdarauf Schritte.

Ach du Scheiße! Was jetzt?

»Tobi? Bist du hier?« Das ist Sandras flüsternde Stimme.

Blitzschnell ziehe ich Tobi in die dunkle Nische, dränge ihn an die Wand und stelle mich dicht vor ihn, um nicht gesehen zu werden.

»Ich hätte schwören können, dass ich gesehen habe, wie er hier runter gegangen ist«, erklärt Sandra. »Tobi, komm schon raus, du Blödmann.«

Ich presse mich noch enger an ihn, kann seinen aufgeregten Atem an meiner Wange spüren, seine Hände umschlingen meine Taille...das macht er bestimmt, weil so wenig Platz da ist.

Mit wem redet Sandra eigentlich?

»Vielleicht hast du dich geirrt?«

Aha, Lara!

»Denkst du, ich bin bescheuert oder habe was mit den Augen?«

»Ja, oder siehst du ihn irgendwo?« tönt Lara zurück.

Tobis Hände ziehen mich noch ein Stück an seinen Körper, sein Hinterkopf liegt schwer an der Wand, er hält kurz den Atem an und stößt ihn leise wieder aus. Seine Lider hängen auf halb acht, seine Lippen sind geöffnet. Unsere Nasenspitzen berühren sich, seine Haare hängen in meinen Augen und sein...harter Schwanz drückt gegen meinen?! Ich schnappe empört nach Luft. Also wirklich, in so einer Situation! Der ist ja nicht mehr ganz dicht. Wir sind kurz davor entdeckt zu werden und er geilt sich daran auf. Tobi kneift die Augen zusammen, schnauft leicht und beißt sich hart auf die Lippe. Vermutlich ist es ihm selber peinlich...wahrscheinlich ist das allerdings nicht. Oh nein! Jetzt versucht er doch tatsächlich, sich an mir zu reiben.

»Lass das«, zische ich ihm ins Ohr. »Bist du bescheuert?«

Seine Hände krallen sich in meine Hose, er beißt mir fest ins Ohr.

»Verdammt, Tobi, ich meine es ernst. Hör auf damit.«

Tobi lutscht an meinem Hals, ich habe Mühe, seine Hände abzuwehren, die wer-weiß-was anstellen wollen.

»Sandra, jetzt komm endlich, Tobias ist nicht hier.«

»Ist er doch und ich weiß auch mit wem.«

Mir wird angst und bange.

»Ach du hast ja 'nen Knall. Ich verschwinde jedenfalls.«

Schritte entfernen sich, dann ruft Sandra, »Warte.«

Als beide endlich weg sind atme ich erleichtert auf. Tobi versucht mich zu küssen, doch ich befreie mich aus seinem Griff.

»Mann, du bist ganz schön pervers, Tobias, hat dir das schonmal jemand gesagt?« Zur Entspannung rauche ich erstmal eine Zigarette, obwohl es gerade geklingelt hat und jetzt eigentlich Deutsch auf dem Plan steht. »Die hätten uns beinahe erwischt.«

»Haben sie aber nicht«, säuselt er und umarmt mich.

»Hast du 'ne Ahnung, was Sandra gemeint hat, sie wüsste schon mit wem du hier bist?«

»Nee, ist doch auch egal.« Er gibt mir einen extrem langen Zungenkuss. »So, ich gehe jetzt rauf.«

Ich dagegen habe einen Schwächeanfall und mache den Rest des Tages blau.

Am Nachmittag ruft Tobi an.

»Hör mal, ich hab darüber nachgedacht, was Sandra gesagt hat«, beginnt er. »Also irgendwas ist da im Busch.«

»Wie im Busch?« frage ich, lehne mich entspannt zurück und beiße in einen Schokokuss.

»Naja, als sie gestern bei mir war, das war ziemlich eigenartig.« Er macht eine kurze Pause, was mir den letzten Nerv raubt. »Die war zuerst ganz versessen darauf, mit mir zu schlafen und als ich nicht wollte, hätte sie mich beinahe vergewaltigt.«

»Ach du Kacke«, sage ich bestürzt, worauf er heiser lacht.

»Ich sagte, beinahe. Jedenfalls, als dann klar war, dass sie keinen Sex kriegen würde hat sich mich total komisch angeschaut. Irgendwie...ich weiß nicht, enttäuscht zuerst und dann so...so triumphierend...so wissend.«

»Wie wissend? Was meinst du mit wissend?«

»Keine Ahnung, eben ganz eigenartig, so als hätte ich für irgend etwas die Bestätigung geiefert. Sie ist dann ziemlich schnell weg.«

»Glaubst du, sie ahnt, was zwischen uns läuft?« frage ich reichlich beklommen.

»Schwer zu sagen. Wieso sollte sie einfach so darauf kommen?«

»Kann es sein, dass sie uns irgendwo gesehen hat?«

»So panisch wie du immer warst? Nee, halte ich für ausgeschlossen. Es sei denn, sie hat heimlich durchs Schlüsselloch geschielt.«

»Der traue ich selbst das zu«, entgegne ich finster. »Mann und du hattest im Fahrradkeller nichts besseres zu tun als mich so anzumachen.«

»Na davon haben die bestimmt nicht mitbekommen, krieg dich wieder ein. Was kann ich dafür, dass mein Körper so heftig auf deine Nähe reagiert?«

Ich kann das nur bedingt lustig finden. »War wohl mehr die Situation, die dich scharf gemacht hat, du verkommenes Stück. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der so verdammt dauergeil ist wie du.«

Ich höre ein leises Stöhnen und halt's im Kopf nicht aus. »Sag mal, was zum Henker treibst du da eigentlich?«

»Ach komm schon, David...was wohl?« äfft er meine Stimme nach.

Ich hatte ihm bei unserer Pornoheftdiskussion dasselbe gesagt.

»Du bist widerlich, Tobias. Ich will mit solchen Sachen nichts zu tun haben.«

Er lacht wieder. »Und du bist ein verdammter Lügner.«

»Ich leg jetzt auf, bis später.«

»Warte«, ruft er, »sehen wir uns heute noch?«

»Mh, weiß nicht, ja, komm doch abends vorbei.«

»Alles klar, bis dann, Babe.«

27

Es klingelt an der Tür, ich denke schon, es ist David, hab supergute Laune...da steht Sandra vor der Tür.

»Was willst du denn?« frage ich und versuche mir meine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen.

»Ich bin deine Freundin und habe Sehnsucht nach dir. Ist doch normal, wenn man zusammen ist, oder? Was ist, willst du mich hier draußen stehen lassen?«

»Ja nee, komm rein.«

»Ich war ja ein bisschen sauer, als du mich versetzt hast, wegen deiner Lernerei und dann treffe ich dich mit diesem Penner auf dem Weihnachtsmarkt«, erklärt sie und setzt sich zu mir auf die Couch. »Und ihr ward so...so eigenartig vertraut miteinander aber, naja, ihr seid ja schließlich auch die besten Freunde, nicht wahr? Da ist sowas doch normal. Es hat«, sie kichert bedrohlich, »es hat zuerst sogar so ausgesehen, als würdet ihr Händchen halten.« Mir ist kotzschlecht. Jetzt könnte ich ihr alles sagen, doch David würde mich umbringen also rede ich mich wie immer raus.

»Tja, jedenfalls hab ich mir gedacht, dass wir ja nicht verheiratet sind und ich auch oft was mit Lara und Dette allein unternehme, warum solltest du das nicht auch. Ich meine, mit David, nicht mit Lara oder Dette. Denn dann müsste ich eifersüchtig sein, weil du mit denen was anfangen könntest, dich verlieben und so...aber bei David besteht ja keine Gefahr.«

»Stimmt«, entgegne ich lahm.

Sie küsst mich auf die Wange. »Alles wieder in Ordnung, oder?«

»Alles«, stimme ich zu und höre langsam auf zu schwitzen.

Ihre Hände schieben sich unter mein Shirt...das Schwitzen fängt wieder an.

»Ich hab dich so vermisst, Tobi«, gurrt sie. »Ich möchte mit dir schlafen.«

»Nein«, rufe ich etwas zu schnell und etwas zu laut. »Ich meine...äh, meine Eltern sind da.«

»Das hat dich doch noch nie gestört«, erwidert sie spöttisch.

»Jetzt aber.«

»Komm schon, hab ich dir nicht gefehlt?«

»Doch...«

»Also, worauf wartest du?«

Auf David, denke ich und schiebe ihre Hände weg. »Mir ist einfach nicht danach.«

»Blödsinn. Wir hatten, ich weiß nicht wie lange, keinen Sex mehr, du musst doch total heiß sein.« Sie drängt sich an mich, reibt ihren Busen an meiner Brust und schiebt ihre Hand zwischen meine Schenkel. Das geht mir jetzt echt auf den Geist.

»Wenn ich Nein sage heißt das Nein«, zische ich und schubse sie weg.

Nach einigen Versuchen ihrerseits, die ich jedoch erfolgreich abwehre, gibt sie schließlich auf und sieht mich an. Enttäuscht. Und irgendwie...ganz eigenartig. Ich habe diesen Blick noch nie zuvor bei ihr gesehen.

»Entschuldige, ich wollte dich nicht so bedrängen. Ich dachte, du wärst genauso scharf auf mich.«

»Mir gehen so viele Sachen durch den Kopf und meine Eltern machen ständig Streß wegen jeder Kleinigkeit. Ich kann das hier jetzt wirklich nicht.«

Langsam steht sie auf. »Ja, dann gehe ich jetzt wohl. Wir sehen uns morgen, nehme ich an, in der Schule.«

»Ja, sicher«, sage ich erleichtert und küsse sie flüchtig auf den Mund.

Mann, was war das denn bitte? Und was sollte der ganze Scheiß mit David, der Vertrautheit und ob ich mit ihm Händchen halte? Sie kann das unmöglich gesehen haben, so schnell wie der meine Hand losgelassen hat. Und dieses Gefasel, dass David keine Gefahr ist? Scheiße, die weiß etwas oder sie ahnt was oder ich weiß auch nicht. Vielleicht hat sie auch einfach den Verstand verloren? Sucht nach Gründen, weshalb es nicht mehr läuft mit uns, ohne dass sie tatsächlich irgendwas ahnt? Vielleicht wollte sie mich auch nur verarschen. Trotzdem, ich muß mit David reden. Telefonieren geht nicht, weil seine Kack-Stiefmutter das Telefon mal wieder weggesperrt hat. Muss ich halt bis morgen in der Schule warten.


»Alles klar, bis dann Babe«, säusel ich in den Hörer, höre noch ein leichtes Schnaufen, dann ein Klicken. Ich muss mich ausschütten vor Lachen. Ich liebe es, David aus der Fassung zu bringen. Obwohl...die Sache heute im Fahrradkeller, dafür konnte ich wirklich nichts. Ich wollte ihm nur vom gestrigen Sandra-Abend erzählen, als sie plötzlich in den Keller gestiefelt kam, zusammen mit Lara. Naja und als David sich so an mich drängte, damit sie uns nicht erwischten...das war irgendwie so...aufregend. Ich meine, es war dunkel, stickig, heiß, meine Hände lagen auf seinen Hüften, seine waren irgendwo rechts und links neben meinem Kopf an der Wand, unsere Nasenspitzen berührten sich und in jeder Sekunde konnten sie uns entdecken. Das hat mich eben scharf gemacht. Und zwar so, dass ich beinahe gekommen wäre, ohne dass überhaupt was passierte. Ich musste mir abwechselnd auf die Lippe und in Davids Ohrläppchen beißen, um nicht los zu stöhnen.

Eben am Telefon hab ich dann endlich gesagt, was gestern los war, allerdings einige Sachen verschwiegen. David hätte sich nur wieder tierisch aufgeregt und Panik gekriegt. Ich will lieber mal abwarten, ob Sandra in ein paar Tagen immer noch so komisch drauf ist. Wenn das so sein sollte, kann ich immer noch mit ihm reden.

Da fällt mir ein...er ja immer noch nicht die Fotos gesehen hat. Die werde ich heute abend mal mitnehmen. Das heitert ihn bestimmt auf. Hübsch anziehen schadet auch nichts und, mh, vielleicht gehe ich vorher noch in die Stadt und kauf ihm eine Kleinigkeit. Muss mich schließlich für den Ring vor Ewigkeiten und den Adventskalender bedanken. Genau. Und dann muss er sich nämlich bedanken und ich wüsste auch schon wie.

Als ich mir auf dem Weihnachtsmarkt gerade Schmuck ansehe, hält mir jemand von hinten die Augen zu. Ich hasse sowas!

»Na du«, lacht Dette, als ich mich umdrehe.

»Hallo.«

»Ist David auch hier?« fragt sie und verrenkt sich den Hals.

»Nee, wieso sollte er?«

»Ihr seid doch sowas wie siamesische Zwillinge...so nennt man euch jedenfalls in der Schule.«

»Mir doch egal, was die Idioten faseln. Er ist jedenfalls nicht da.«

»Schade. Und...was machst du hier?«

»Ein Geschenk kaufen«, brumme ich.

»Mh, für wen denn?«

»Für D...den Sohn meiner Tante...äh, für meinen Cousin.«

»Ich dachte schon für David.«

Also, die geht mir auch auf den Geist. »Warum sollte ich für den ein Geschenk kaufen?«

»Weiß nicht? Wo ihr euch doch so nah steht...«

»Sag mal, was soll eigentlich das Gefasel?«

»Aber es stimmt doch, oder? Du bist ziemlich eng mit ihm befreundet. Sag mal, hat er mal erwähnt, ob er momentan an jemandem interessiert ist?«

Aha, daher weht der Wind. Die Kuh ist immer noch scharf auf meinen Freund. »Nee, sollte er? Ich glaube, der leidet noch unter der Trennung von Peggy.«

»Verstehe«, sagt sie nachdenklich. »Kennst du sie?«

»Flüchtig.«

»Und wie sieht sie aus?«

»Ziemlich niedlich.«

»Was ist sie denn so für ein Typ?«

»Mh, also klein, zierlich, lange Haare, große Augen, Schmollmund und ziemlich ausgeflippt.«

»Das gefällt ihm?«

»Muss wohl so sein, immerhin waren er und Peggy über zwei Jahre zusammen.«

»Meinst du denn, er sucht überhaupt eine neue Freundin?«

»Weiß ich echt nicht.«

»Redet er mit dir nicht darüber?«

»Doch aber ich werde ganz bestimmt keine persönlichen Sachen ausplaudern.«

»Sollst du ja auch nicht, ich versuche doch nur herauszufinden, ob...naja, ich mag ihn halt sehr gerne.«

»Du, ich muss jetzt los.«

»Und was ist mit dem Geschenk? Ich könnte dir beim Aussuchen helfen.«

Das fehlt mir gerade noch. »Danke aber das hat Zeit. Weihnachten ist ja erst in zwei Wochen. Tschüß«

Ich flüchte mich hastig in ein Geschäft, kaufe Zimtsterne und Wintertee. Danach wage ich mich nochmal auf den Weihnachtsmarkt, wo ich ein silbernes Armband mit kleinen Fledermäusen für David finde. Dann mache ich mich endlich auf den Weg zu meinem Süßen.

Grinsend steht er in der Tür, packt mich am Mantelkragen und zieht mich ins Haus.

»Komm rein, Al und Peg sind nicht da.«

Ich nehme an, er meint seinen Vater und dessen Frau.

In seinem Zimmer küssen wir uns erstmal zur Begrüßung, bevor ich den Mantel ausziehe und mich aufs Bett setze.

»Mir ist gerade deine Verehrerin übern Weg gelaufen.«

»Welche?«

»Dette. Die fährt total auf dich ab, hat mich lauter Sachen über Peggy gefragt, wie sie aussieht und auf welchen Typ du stehst und so. Übrigens sind wir in der Schule siamesische Zwillinge, weil wir ständig zusammenhängen. Sag mal, glaubst du, die Mädels sind schwachsinnig geworden...weil bald Weihnachten ist oder sowas?«

»Keine Ahnung. Was hast du ihr denn gesagt?«

»Dass du noch immer an Peggy hängst. War das ok?«

Er nickt. »Ich hab das Gefühl, uns steht noch irgendeine Scheiße bevor.«

Ich zucke die Achseln. »Was soll's. Hey, ich hab Geschenke mitgebracht.«

Seine Augen blitzen auf. »Echt? Für mich? Was denn?«

Ein Grinsen huscht über mein Gesicht als ich seines sehe.

»Was? Tee und Kekse? Was soll'n das für'n Geschenk sein?«

»Sei zufrieden, dass ich überhaupt was mitgebracht habe. Außerdem ist ja auch noch nicht Weihnachten, du Trottel.«

»Jaja, schon gut«, mault er, reißt die Packung auf und stopft sich einen Zimtstern in den Mund.

Dann reiche ich ihm die Fotos.

»Willst mich wohl wieder rumkriegen, was?« grinst er und sieht sie aufmerksam durch.

»Mann, die sind wirklich gut.«

»Und? Hab ich's geschafft?«

»Was?«

»Na, krieg ich dich damit rum?«

»Dafür brauchst du keine Fotos«, entgegnet er weich.

Ach, Scheiße, ich wollte ihn eigentlich noch zappeln lassen, doch ich halte es nicht mehr aus und überreiche ihm ein kleines Päckchen.

»Mh, was ist das denn?«

»Keine Ahnung. Mach's auf.«

Er reißt das Papier weg, öffnet die Schachtel und verzieht entzückt den Mund. »Oh mann, Tobi...ist das süß. Danke.«

Sofort legt er das Armband an und hält mir stolz sein Handgelenk unter die Nase. Das Teil steht ihm extrem gut aber das war ja klar. Er setzt sich auf meinen Schoß und schlingt seine Arme um meinen Hals.

»Weißt du was? Das werde ich jetzt immer tragen und nie nie nie mehr abnehmen.«

»Und...hast du mir die Sache im Fahrradkeller nun verziehen?«

Aufreizend rutscht er auf mir herum. »Welche Sache? Welcher Fahrradkeller?«

»Du bist ein Schwein, David«, rufe ich entrüstet.

»Wie sieht's aus? Bleibst du heute nacht bei mir?«

»Bist du wahnsinnig? Morgen ist Schule, meine Eltern bringen mich um.«

»Aber ich würde dich die ganze Nacht vögeln«, säuselt er.

Verdammt, das ist natürlich eine verlockende Vorstellung. »Geht nicht«, schüttele ich bedauernd den Kopf. »Aber vögeln darfst du mich trotzdem. Nur nicht die ganze Nacht.«

»Tobias.«

»Was?«

»Ich...ich glaub, ich kann ohne dich nicht mehr leben. Ich liebe dich.«

»Dito.«

Er rückt ein Stück von mir ab. »Wie Dito? Was soll'n der Scheiß?«

Verwundert blicke ich ihn an. »Das heißt...«

»Denkst du, ich bin blöd? Ich will aber kein verficktes Dito hören, klar.«

»Zicke.«

»Ich bin nicht zickig, ich will nur hören, dass du mich auch liebst.«

»Das tu ich doch.«

»Tobias.« Er sieht jetzt echt genervt aus. Ist irgendwie niedlich.

Langsam streiche ich ihm über die Wange. »Ich liebe dich, ok.«

»Tobi...ich will, dass du mit Sandra Schluss machst und...ich will, dass du ihr erzählst, warum.«

Jetzt bin ich aber echt erstaunt. »Bist du sicher?«

»Ganz sicher. Ich will dich haben, für mich ganz alleine und sie soll wissen, dass du mir gehörst.«

Mir wird total warm, Schmetterlinge veranstalten Sturzflüge in meinem Magen, tausend dicke Hummeln sumseln und brumseln in meinem Schädel. Ach ja, schwindlig ist mir auch und das nicht zu knapp. Ich merke gerade, dass ich David liebe. Wirklich und wahrhaftig und für immer.

»Okay«, sage ich überwältigt. »David?«

»Hm?«

»Ich liebe dich.«

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