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Chaostage

Osterchallenge 2006

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Inhaltsverzeichnis

Emil

„Ich sag Ihnen doch... der Typ hat meine komplette Wohnungseinrichtung mitgehen lassen.

Und wenn nicht bald mal jemand hier in die Pötte kommt, ist der über alle verdammten Berge.“

„Name und Adresse?“

„Tizian Freitag. Peterstraße zwölf.“

„Wurde das Türschloss beschädigt? Oder haben Sie ein Fenster aufgelassen... die Balkontür?“, fragt der nette, dicke Beamte gelangweilt.

Der Typ vor dem Tresen verdreht die Augen. Das heißt... ich kann das nicht sehen, weil er ja mit dem Rücken zu mir steht aber... wenn man mir die Bude ausgeräumt hätte und ich mich mit so einem Blödkopp auseinandersetzen müsste, würde ich ganz sicher die Augen verdrehen.

„Nein“, schüttelt er den Kopf. „Er hatte einen Schlüssel. Hören Sie mir vielleicht mal zu? Ich spreche doch wohl keine fremde Sprache. Der Kerl war mein Mitbewohner... so WG-mäßig, Sie verstehen? Jedenfalls hat er seit Monaten keine Miete gezahlt, also hab ich ihn rausgeschmissen. Dummerweise hatte er aber noch den Schlüssel und... ja, jetzt ist alles weg.

Also... wirklich alles. Fernseher, Stereoanlage, Videorecorder, DVD-Player, Laptop, das Intarsienschränkchen meiner Großmutter... die Wohnung sieht praktisch so aus, als würde ich grad erst einziehen wollen. Was soll ich denn jetzt machen, hä? Er hat sogar den Kühlschrank mitgenommen. Alle Lebensmittel auf den Tisch gestapelt... ich wäre beinahe tot umgefallen, als ich nach Hause kam.“

„Und Sie waren wo?“

„Was spielt das denn für eine Rolle? Geben Sie gefälligst sofort eine Fahndung raus oder was man da macht.“

„Können Sie denn belegen, dass die Sachen auch tatsächlich Ihnen gehören?“, will der Beamte wissen.

„Ach du Scheiße... ich heb doch nicht sämtliche Quittungen auf.“

„Einen Moment...“ Der Dicke verschwindet hinter einer Tür.

Tizian dreht sich endlich mal um. Wow! Seine blauen Augen fallen mir als erstes auf. Die glitzern und funkeln wie... ich kann’s gar nicht beschreiben. Eine süße Nase hat er ebenfalls.

Und einen honigblonden Schopf. Mhhh... lecker!!

„Na super! Ich werde beklaut und der macht Kaffeepause“, schnauft er und knallt sich neben mich auf die harte Bank.

„Sei froh, dass du überhaupt drangekommen bist. Ich warte schon Stunden hier“, sage ich ungefragt und rücke mein schwarz-silbernes Hundehalsband zurecht.

Er mustert mich geringschätzig. „Hat deine Mami dich beim Einkaufen verloren?“

„Meine Mutter hatte einen schrecklichen Unfall. Sie ist gestorben.“

Tizian macht ein SEHR geschocktes Gesicht. „Sorry, ich... shit, das... au mann, das tut mir ehrlich leid.“

„Vielleicht überlegst du dir das nächstemal vorher, ob du jemandem mit so einem beknackten Spruch kommst. Immerhin hätte meine Mami wirklich tot sein können.“

Jetzt sieht er fast ein bisschen hilflos aus. Und ziemlich verwirrt. „Soll das heißen... ey, damit macht man verdammt noch mal keine Witze.“

„Dein Freund hat dich beklaut?“, wechsele ich das Thema.

„Mein Mitbewohner“, faucht er.

„Sorry“, grinse ich, „dann... hab ich mir das Schwule wohl eingebildet.“ Mal ehrlich, Blauauge ist viel zu hübsch, um hetero zu sein.

Er steht auf und klatscht mit der Hand auf den Tresen. „Hallo? HALLO?? Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.“

Der dicke Beamte kommt zurück. „Immer schön ruhig bleiben, ja?“

Tizian fährt sich angestrengt durch die Haare. „Hören Sie, ich muss in einer halben Stunde am Theater sein. Da arbeite ich nämlich und wenn ich nicht erscheine, bin ich meinen Job los.“

„Eins nach dem anderen.“ Der Bulle glotzt an ihm vorbei und wedelt mit einem Stück Papier. „Ihr Zugticket, Herr Sandmann. Der Kollege wird Sie gleich höchstpersönlich zum Bahnhof geleiten. Wollen doch sicher gehen, dass Sie diesmal auch tatsächlich in den Zug steigen.“

„Krieg ich bitte bitte Handschellen angelegt? Darauf stehe ich total“, säusele ich.

„Nein, aber ich hoffe, dein Vater legt dich ordentlich übers Knie, wenn du wieder zu Hause bist.“

„Meine Eltern sind gegen körperliche Züchtigung von Heranwachsenden. Bei uns wird diskutiert, nicht geschlagen.“

„Vielleicht sollten deine Eltern ihren Erziehungsstil mal gründlich überdenken... wenigstens in deinem Fall. Eine gute Heimfahrt wünsche ich. Und wenn ich deine Visage heute nochmal sehe, sperre ich dich ein, haben wir uns verstanden?!“

„Yes, Sir.“

Der Kollege vom Dicken hilft mir freundlicherweise auf die Füße und dirigiert mich nach draußen. Ich werfe einen letzten Blick auf mein Blauauge. Eigentlich schade, dass ich den Typen nicht wiedersehen werde. War doch ganz niedlich.

Unten im Pförtnerkabuff wartet schwanzwedelnd Sid. Den durfte ich nämlich nicht mit rein nehmen, weil der nach dem Dicken geschnappt hat. Braves Hundchen! Kriegt sofort eine Knabberstange dafür.

Dann geht es zum Bahnhof, ich werde in den Zug gesetzt, fahre los und hab mich längst schon entschieden, an der übernächsten Station auszusteigen und zurück zu trampen. Die verdammten Bullen können mich mal!

Tizian

Ein verfluchter Polizeistaat ist das hier, zische ich... in Gedanken. Laut sagen darf man das nicht, sonst wird man sofort eingebuchtet. Ich hatte aber heute schon das Vergnügen, meine Zeit auf’m Polizeirevier zu vertrödeln. Also verkneife ich mir jeglichen Kommentar und dränge mich durch die Straßensperren. Mein lieber Schwan, für ein paar bunte Gestalten so ein Aufgebot! Mir wäre es eigentlich beschissen egal, ob Bullen und Punks sich wilde Straßenschlachten liefern, allerdings bin ich spät dran, komme kaum weiter, weil alles zu ist, und werde mit Sicherheit meinen Job verlieren. Und der geistige Überflieger auf’m Revier hat mir echt den Rest gegeben. Hatte total die Ruhe weg, während ich mir jetzt eine komplett neue Wohnungseinrichtung zulegen kann. Wovon ich die bezahlen soll ist mir schleierhaft, zumal ich ja meinen Job verlieren werde, weil ich verdammte Scheiße ZU SPÄT DRAN BIN!!

„Bist ganz schön spät dran“, bölkt mein Chef.

Ja? Ist mir gar nicht aufgefallen, Arschloch! „Entschuldigung“, entschuldige ich mich so höflich wie es mir gerade möglich ist. „Die haben die ganze Stadt dicht gemacht und meine Bude wurde ausgeräumt und...“

„Erspar mir deine rührselige Geschichte und beweg deinen Arsch nach oben. Das Licht macht sich nicht von selbst.“

Nachdem alle Scheinwerfer eingestellt sind habe ich tatsächlich noch Zeit, einen Kaffee zu trinken, bevor die Probe beginnt. Die Generalprobe um genau zu sein. Ich trotte also hinter die Bühne, wo mir erstmal ein geschminkter Kerl in Strapse vor die Füße stolpert.

„I’m just a sweet Transvestite... macht sich bestimmt morgen gut, wenn ich mich beim über die Bühne staksen auf den Arsch setze, was?“, zischelt er und kuckt mich von oben bis unten an. „Was’n los? Siehst aus, als hättest du einen schlimmen Tag gehabt.“

„Den Schlimmsten meines ganzen Lebens.“

„Sei froh, dass du diese Schuhe nicht tragen musst“, erklärt er und deutet auf seine Riesenabsätze. „Sei so nett und besorg mir einen Kaffee während ich meine Beine sortiere, ja? Und sieh zu, dass da ein ordentlicher Schuss Cognac drin ist. Diesen Verein von Versagern kann man überhaupt nur besoffen ertragen.“

Klar, hab ja auch sonst nix zu tun. Neben den Garderoben befindet sich der Essen-Trinken-Rauchen-Raum. Da sitzt Magenta mit Rocky und Janet zusammen. Die drei ignorieren mich... wie immer. Was soll’s. Ich befülle einen Pappbecher mit Kaffee und gehe zurück.

„Hey, Tizian“, brüllt jemand, stürmt auf mich zu und fällt mir um den Hals.

Ich weiß gar nicht, was los ist und wische den übergeschwappten Kaffee von meinem Ärmel. Vor mir steht... ey, den kenne ich doch... das ist der kleine Punk vom Revier. Neben ihm ein beeindruckend großer Köter mit schwarzem Fell und dicken, tapsigen Pfoten. Etwas weiter hinten wartet ein skeptisch dreinschauender Polizist. What the fuck...?!

„Also... das ist mein Cousin Tizian, bei dem ich die Osterferien verbringe“, erklärt der Kleine und hakt sich bei mir ein.

„Trifft das zu?“, fragt der Polizist.

„Äh... was ist hier eigentlich los?“

Der Kleine seufzt genervt. „Die Polizei denkt, ich sei wegen der bescheuerten Chaostage hier. Bloß weil ich bunte Haare habe halten mich alle für einen Krawallmacher“, schmollt er und tätschelt seinem Köter den Schädel.

„Aha“, sage ich, als wüsste ich nun total Bescheid.

„Wenn man seinen Cousin besucht schleppt man für gewöhnlich keine Schlagwaffen mit sich herum“, faselt der Polizist.

„Ach du meine Güte... das Nudelholz ist ein Geschenk für Tizian.“

„Ich hab schon wesentlich originellere Ausreden gehört.“

„Ach ja? Tizian ist zufällig Hobbybäcker und wollte für unsere Oma im Altenheim ein paar leckere Osterkekse backen. Leider wurde aber bei ihm eingebrochen und die gesamte Einrichtung geklaut. Soll die Oma jetzt auf ihre Kekse verzichten, nur weil Sie der Meinung sind, dass ein kleiner bunthaariger Junge harmlose Passanten mit einem Nudelholz krankenhausreif prügelt?“

Der Bulle sieht nicht so aus, als würde er dem Kleinen glauben. Das macht mich irgendwie plötzlich wütend. Als ich noch bunt und zottelig durch die Gegend lief, gab’s auch andauernd Stress mit den Bullen, obwohl ich nie was gemacht habe... oder sagen wir: fast nie!

„Sie können das gerne überprüfen. Ich hab den Diebstahl gegen Mittag gemeldet. Würden Sie

mir jetzt bitte mein Geschenk aushändigen?“

Ich bekomme tatsächlich das Nudelholz in die Flosse gedrückt, der Beamte nuschelt noch irgendwas und verschwindet. Ist sicher froh, dass er die kleine Pestbeule los ist.

„Was für ein Arschloch“, zischt der Kleine und will nach seiner Schlagwaffe greifen.

„Nichts da, das gehört mir, oder?“

„Meinetwegen“, zuckt er die Schultern. „Also... können wir jetzt nach Hause? Ich bin echt müde und würd gern ’ne Runde pennen. Ich hoffe, der Typ hat dein Bett da gelassen. Hast du eigentlich eine Badewanne?“

Hä?? Der hat sich doch wohl nicht selber heimlich das Nudelholz über die Rübe gezogen?!

Das würde jedenfalls seinen Dachschaden erklären. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du bei mir... wohnen kannst.“

„Wieso nicht? Bist schließlich mein Cousin“, grinst er.

„Und mit dem Köter schonmal überhaupt nicht.“

Er hockt sich zu seinem riesigen Viech. „Hast du das gehört, Sid? Nennt dich einfach Köter.

Hey“, er hebt seinen Kopf, „wenn ich wollte, würde er dich auf der Stelle in Stücke reißen.“

„Tatsächlich?“, lächele ich, weil das Hundchen mir gerade genüsslich die Hand abschleckt und sich hinterm Ohr kraulen lässt.

„Okay, er mag dich. Was soll’s. Keine große Überraschung, Sid steht auf Kerle.“

„Aber er ist doch ein ER.“

„Ja“, nickt der Kleine, „und eine verdammte Schlampe dazu. Echt, der lässt sich von jeder dahergelaufenen Töle ficken. Wie sieht’s aus“, säuselt er und zuppselt an meinem Shirt, „kann ich für ein, zwei Nächte bei dir pennen? Ich verspreche dir auch, nichts zu klauen.“

„Sehr witzig.“

„Bitte...“

Ich weiß, es ist ein Fehler und ich werde es bereuen. „Von mir aus. Aber du musst warten, bis ich hier fertig bin.“

„Geht klar“, strahlt er und... küsst mich auf den Mund. „Übrigens, ich heiße Emil.“

Ich bin etwas irritiert. Nicht, weil er Emil heißt sondern weil er mich geküsst hat. „O-okay... setz dich da hinten hin und verhalte dich ruhig. Ich muss nach oben.“

„Was ist denn oben?“

„Das Licht.“

Emil

Um ehrlich zu sein... ich hatte gar nicht vor, mich dem armen Tizian aufzudrängen. Ließ sich dann allerdings leider nicht vermeiden, weil die Bullen mich schon wieder aus den Menschenmassen gefischt hatten. Da war Tizian halt meine einzige Chance. Dabei wollte ich bloß so lange im Theater bleiben bis Wachtmeister Dimpfelmoser sich verpisst. Unglücklicherweise hab ich mich aber in exakt der Sekunde in Tizian verknallt, als der dem Polizistendepp meine Schlagwaffe (das frisch gekaufte Nudelholz) abknöpfte. Also warf ich meine Pläne über den Haufen und lud mich kurzerhand bei ihm ein. Das bereute ich sofort, als ich mich in einen der lauschigen Theatersessel fläzte und mir gefühlte dreihundert Stunden das traurige Schauspiel des Rocky-Horror-Ensembles reinziehen musste. Okay, man sagt ja wohl, wenn die Generalprobe schief geht wird die Aufführung richtig gut. Ich wünsche es den untalentierten Pfeifen wirklich!

Tizian ist immer noch völlig am Boden, weil sein beschissener Ex ihn beklaut hat. Traurig trottet er durch seine halbleere Wohnung. Sid und ich trotten hinterher.

„Hey, ich hab vielleicht eine Idee“, sage ich fröhlich, „ein Freund von mir arbeitet manchmal für einen Typen, der für Wohnungsauflösungen zuständig ist. Wenn jemand stirbt oder was weiß ich. Jedenfalls sind da ab und zu noch ganz brauchbare Sachen dabei. Wir könnten doch morgen mal hingehen.“

„Oder wir klappern die Straßen nach Sperrmüll ab“, lächelt er säuerlich.

„Meine Güte... warum haust du deinem Ex nicht einfach die Fresse ein und holst dir deine Klamotten zurück?“

„Ich hab dir schon gesagt, dass er mein Mitbewohner...“

„Ja“, unterbreche ich ihn, „aber das ist doch gelogen. Wie lange seid ihr denn zusammen gewesen?“

„Zu lange.“

„Und warum jetzt nicht mehr?“

„Weil er alles gefickt hat, was er kriegen konnte.“

„So what?“

Tizian starrt mich an als sei ich der Leibhaftige, dann schüttelt er den Kopf. „Ich bin müde. Kannst auf der Couch schlafen, die hat Esteban ja freundlicherweise da gelassen.“

Ach du Kacke. Esteban... was’n das für’n Name? Ist der Typ Zigeuner? Und wieso muss ich auf der Couch schlafen? Ich setze meinen Verführerblick auf und streiche ihm ein bisschen über die Hüften. „Ich hatte eigentlich gedacht, du und ich... naja...“

Er nimmt meine Hand weg. „Ich will mich doch nicht strafbar machen.“

„Ich bin nicht mehr so klein wie ich vielleicht aussehe.“

„Ich bin vierundzwanzig. Und du?“

„Achtzehn... in einem Jahr und drei Monaten. Wo ist das Problem?“

„Gute Nacht“, seufzt er und verschwindet in sein Schlafzimmer.

Mann, so ein verdammter Spielverderber!


Tizians Ledercouch ist zum Kotzen unbequem. Er selber ein Gastgeber aus der Hölle... oder wieso hab ich nicht einmal ein kuscheliges Laken als Unterlage gekriegt? Bloß ’ne olle kratzige Decke und ein Minikissen. Wenn jetzt Sommer wäre hätte mich das nicht gestört aber es ist eben laut Kalender Frühling, jedoch wettermäßig so, wie man sich den November vorstellt. Will sagen... ich hatte einen ganz schön kalten Arsch! Zuerst wollte ich mich in Tizians Bett schleichen. Das überlegte ich mir aus irgendwelchen Gründen, an die ich mich nicht mehr erinnern kann, jedoch anders und zog mich halt wieder komplett an. Sidney hat sich auf dem Boden ausgestreckt und gepennt wie ein verfluchter Stein. In meinem nächsten Leben werde ich auf alle Fälle Hund! Und zwar meiner, ich bin nämlich immer sehr nett zu Sidney. Und das obwohl er mir grundsätzlich durch die Visage schleckt, um mich aufzuwecken.

Wie auch immer. Tizians Laune hat sich nicht gebessert, deshalb (und auch weil mein Hundchen Gassi gehen muss) sind wir jetzt grad auf dem Weg zu Spritti. Um mich von meiner besten Seite zu zeigen lud ich Tizian vorher zu Milchkaffee und Schokocroissants ein.

Ich glaube aber trotzdem nicht, dass er mich dafür heute Nacht einlädt, mit ihm zu schlafen.

Die Straßen sind übrigens noch immer vollgestopft mit Bullen und wir wurden schon dreimal kontrolliert. Glücklicherweise bin ich mit meinem Cousin unterwegs. Da können die grünen Arschgeigen nix gegen sagen. Ein bisschen schade ist es, dass die nachgemachten Chaostage

bereits im Keim erstickt werden. Wäre sicher spaßig geworden. Laute Konzerte, lustige Leute treffen, saufen, vögeln bis zur totalen Erschöpfung. Leider gibt es immer ein paar Vollidioten, die eine friedliche Veranstaltung zum Anlass nehmen, alles um sich herum kaputt zu hauen und in sämtliche Pennymarkt-Filialen der Stadt einzubrechen. Logisch, dass die armen Leute, die hier wohnen, sauer sind und im Fernsehen über die bunten Rabauken herziehen. Die pissen ja auch überall hin. Ist nicht schön, wenn man morgens sein demoliertes Haus verlässt und, als kleine Überraschung sozusagen, erstmal durch Pisse staksen muss.

„Wissen deine Eltern eigentlich, wo du dich rumtreibst?“, fragt Tizian plötzlich.

„Na klar. Ich besuche einen Freund.“

„Also haben die keine Ahnung.“

„Hast du deinen Eltern immer alles erzählt?“

„Nee“, grinst er. „Die hätte vermutlich der Schlag getroffen.“

„Ach ja? Was hast’n Wildes angestellt, mh?“

„Dafür bist du noch viel zu klein. Sag mal... wo wohnt denn nun der Typ? Auf’m Mond, oder was?“

„So ungefähr.“

Nach einmal quer durch die Stadt sind wir schließlich da. Tizian glotzt sich kritisch um, während ich ihn durch die Schrottberge dirigiere, die sich rechts und links neben uns auftürmen.

„Emil, was soll ich hier? Ich besitze keine Sachen zum Verschrotten, okay?!“

„EY... verschwindet, ihr dämlichen Scheißer!“ brüllt es auf einmal hinter uns.

Sidney rast los, springt den dicken Typen im Blaumann an und bellt sich vor lauter Freude bekloppt.

„Hey, Kalle... alles klar?“, ruft Tizian, bevor ich den Mund aufmachen kann.

„Kacke“, grinst der Schrottmeister und streichelt an meinem Hund rum, „hätte dich fast nicht erkannt.“

„Ist ja auch lange her.“

Äh... was geht’n hier ab?

„Und? Was verschafft mir die Ehre? Willst in Erinnerungen schwelgen, oder was?“

„Nee, sicher nicht. Der Kleine hier hat mich hergeschleppt“, erklärt Tizian.

„Hallo Emil“, werde ich auch endlich mal begrüßt.

„Kann ich Sid mal für ’ne Stunde bei dir lassen?“

„Logisch.“

„Warum kennst du Kalle?“, frage ich als wir weitergehen.

„Warum nicht?“, zuckt Tizian die Schultern.

Na, egal. Wir klettern über rostige, kaputte Autoteile und stehen schließlich vor einer Art Turm... also wie ein Leuchtturm, allerdings wesentlich weniger hoch. Wer das Teil dahin gestellt hat und vor allem warum, weiß ich nicht. Niemand weiß das. Aber es ist gelbschwarz geringelt... wie der gelbschwarz geringelte Leuchtturm bei Robbi, Tobbi und dem Fliewatüüt.

„Ey, Rapunzel“, bölke ich.

Hoch oben öffnet sich quietschend eine Luke, dann erscheint ein leuchtend grüner Haarwust.

„Was’n?“

„Lass deinen Schopf runter, damit ich dich wachküssen kann.“

„Wie spät is’n das?“

„Mach schon, du Penner“, rufe ich genervt.

Ein paar Sekunden später schlängelt sich eine Strickleiter herunter, die ich todesmutig erklimme. Ehrlich, ich bin überhaupt nicht mal ansatzweise schwindelfrei, was allerdings keiner weiß, weil ich sonst total als Weichei gelten würde. Zittrig und mit heftigem Magenrumoren steige ich höher und höher. Zum Glück ist Tizian mir dicht auf den Fersen. Sollte ich mich aus Versehen vertreten und abstürzen kann er mich prima auffangen. Logischerweise gibt’s unten eine Tür aber Spritti ist jedesmal, wenn er Besuch bekommt, zu faul, um die Treppen runter und wieder hoch zu laufen... deshalb, und auch weil es viel viel cooler ist, die verfickte Strickleiter.

Oben angekommen, reicht Spritti mir freundlicherweise eine Hand und zieht mich über die eiserne Umzäunung auf den schmalen Steg, der um den Turm führt. Verstohlen wische ich mir Angstschweiß von der Stirn. Tizian braucht übrigens keine fremde Hilfe. Klar nicht, der kraxelt doch in seinem Theater ständig kilometerhoch unter der Decke rum.

„He, Kleiner... hab mir schon gedacht, dass du auftauchen würdest“, nuschelt Spritti und kratzt sich ausgiebig den offensichtlich frisch gefärbten Schädel... seine Stirn schimmert noch leicht grünlich. „Allerdings ist’s echt grad ungünstig.“

Scheint mir auch so. Spritti ist bis auf ein sehr knappes Sponge-Bob-Handtuch um die dürren Hüften nackig. Er lässt uns aber trotzdem ins Innere seines Wohnturms. Jetzt könnte man meinen, in so einem Turm, in dem ein Spritti haust, sei es total zugemüllt, rümpelig und dreckig. Irrtum. Okay, ein bisschen chaotisch ist es, allerdings sehr gemütlich. Klo und Küche gibt’s sogar auch... eine Treppe tiefer.

„Zieh die Decke hoch, Süße, ich hab Besuch mitgebracht“, ruft er. „Kann ich euch vielleicht was anbieten? Vergesst es, ich hab gar nichts da.“ Er fegt mit dem Fuß ein paar Klamotten beiseite und latscht durch den Raum. Ungeniert lässt er das Minihandtuch zu Boden fallen, um sich Jeans und T-Shirt anzuziehen.

„Ich hätte nicht gedacht, dass du mal noch beschissener hausen würdest“, brummelt Tizian.

„Und ich hätte nicht gedacht, dich jemals wiederzusehen“, antwortet Spritti. „Nach allem, was passiert ist.“

Kann mir bitte mal jemand erklären, was hier los ist?

„Emil, willst du mir unbedingt den Tag verderben oder warum schleppst du diese alte, feige Kakerlake an?“

„Äh... ?“

„Ich war nicht der Einzige, der ausgestiegen ist“, verteidigt sich Tizian.

„Nee, aber du warst der Erste. Große Reden schwingen und kaum fängt es an, brenzlig zu werden, den Schwanz einziehen. Verräter. Kameradenschwein.“

„Du bist doch noch verrückter als eine Scheißhausfliege“, zischt Tizian und ist vor Wut ganz rot im Gesicht. „Du bist zu weit gegangen und zwar in genau dem Augenblick als du den Molli geworfen hast.“

Wie bitte????

„Ich hab für unsere Idee gekämpft“, schreit Spritti, „und bin für euch alle in den Knast gegangen.“

„Hat dich niemand drum gebeten. Wir hätten ein neues Haus gefunden.“

„Du hast mich im Stich gelassen, Tizian. Nur darum geht es. Das werde ich dir niemals verzeihen.“

Hinter dem blauen Sternchenvorhang bewegt sich was. Sprittis Freundin kommt barfüßig angetapst. Ihre blond-rosa Haare sind bemerkenswert zerzaust. „Was brüllt’n ihr so? Hey, Emil, du kleines Karamellbonbon“, schnurrt sie und umarmt mich. Dann lässt sie mich aprupt los. „Ach du Scheiße... Tizian?“

„Hallo Lilly.“

Warum zum Arsch kennen die sich alle?

Tizian

Was für ein beschissen tolles Wiedersehen! Schon als Emil mich zum Schrottplatz geführt hat, wurde mir reichlich unwohl. Hätte ich geahnt, wer der Freund ist, von dem der Kleine

erzählt hat, wäre ich sofort abgehauen. Ich kann auf derartige Ausflüge in die Vergangenheit echt verzichten. Spritti ist ja wohl auch noch genauso irre wie damals, als wir im besetzten Haus mit den Bullen Krieg gespielt haben.

Es stimmt schon, dass Spritti in den Knast kam. Allerdings waren das bloß vier Wochen Arrest in der Jugendstrafanstalt und nur, weil er bis zum bitteren Ende geblieben ist. Die ganze Gang hat sich aus dem Staub gemacht, als klar war, dass wir keine Chance mehr hatten. Und da kam Spritti dann auf die grandiose Idee, die Benzinflasche mit dem brennenden Lappen aus dem Fenster zu schmeißen. Zum Glück ist niemand zu Schaden gekommen. Zum Glück konnte ihm nicht nachgewiesen werden, dass tatsächlich er diesen verfluchten Brandsatz geschmissen hat. Trotzdem! Wir wollten immer möglichst ohne Gewalt unsere Ziele erreichen. Meine Güte, wir waren ein paar blöde Zecken. Haben brav unsere Scheiß-Bullen-Scheiß-Staat-Parolen gebrüllt, sind mit Transparenten durch die Straßen gelaufen und ehe wir uns versahen, flogen doch Steine. Die Bullen ließen sich nicht lumpen und rückten uns gelegentlich mit Tränengas und Wasserwerfern zuleibe. Kein Wunder, dass wir da auf die Idee vom friedlichen Widerstand geschissen und lieber zurückgeschlagen haben, oder?!

Wie auch immer. Dieses Kapitel meines Lebens ist vorbei. Irgendwann muss man eben erwachsen werden. Spritti nahm mir auch das sehr übel. Eigentlich überrascht es mich nicht, dass ein kleiner Punk-Frischling wie Emil eine Punk-Legende wie Spritti kennt und anhimmelt.

Eine Weile starren wir uns alle schweigend an. Insgeheim muss ich etwas über Lillys Karamellbonbon grinsen. Sie hatte schon früher den Tick, allem einen süßen Spitznamen zu geben.

„Siehst gut aus ohne die bunten Haare“, bemerkt sie, „bisschen fad aber... gut, irgendwie. Was treibst’n so?“

„Studium. Und nebenbei jobben.“

„Ein Haufen Scheiße ist das“, zischt Spritti.

„Ey“, Lilly boxt ihm in die Seite, „ich studiere auch und arbeite nebenbei. Und du verdienst ebenfalls ehrlich dein Geld, oder?“

„Und wenn schon“, zuckt er die Schultern, „du hast dich aber nicht deinem neuen Freund zuliebe in eine Pissflitsche verwandelt, der ihre Vergangenheit peinlich ist. Der da“, er deutet auf mich, „schon. Wie geht’s denn dem Zigeunerbaron? Ich hoffe, er hat endlich die Pest am Arsch.“

„Esteban hat ihm die Wohnung ausgeräumt“, brabbelt Emil drauflos.

„Warum?“, will Lilly wissen.

„Weil er mit ihm Schluss gemacht hat.“

„Nicht, dass euch das irgendwas anginge“, unterbreche ich seinen Mitteilungsdrang.

„Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass der Typ ein absoluter Griff ins Klo ist aber du wolltest ja nicht auf mich hören“, bemerkt Spritti.

Na und? Ich war eben verliebt. Und ein Volltrottel. Das passiert schonmal, dass Liebe blind und blöd macht.

„Deswegen sind wir ja hier“, erklärt Emil, „ich hab gedacht, du könnest ihm vielleicht ein paar Sachen organisieren.“

Spritti schnauft empört. „Ich würde dem nicht mal ein Schluck Wasser geben, wenn er am Verdursten wäre.“

„Okay, gehen wir“, seufze ich.

„Na klar, hau doch ab... wie immer. Die Bullen haben uns umzingelt, da verschwinde ich lieber... mein neuer Stecher mag meine Freunde nicht, also entscheide ich mich einfach gegen sie, obwohl wir uns schon seit dem Sandkasten kennen“, kreischt Spritti schrill.

„Du hast ihm ein blaues Auge verpasst“, stelle ich klar, „und an sein Auto gepisst.“

„Weil er schon in der zweiten Woche fremdgevögelt hat, der Drecksack. Ich hab dich rächen und beschützen wollen.“

„Mir kommen die Tränen.“

„Ihr zwei seid doch Arschgeigen“, mischt Lilly sich ein. „Könnt ihr die alten Geschichten nicht endlich vergessen?“

„Auf keinen Fall“, sagen Spritti und ich gleichzeitig. „Eher friert die Hölle ein“, fügt er noch hinzu.

Ich wende mich an Emil. „Keine Ahnung, was du vorhast, ich gehe jetzt arbeiten.“

„Kann ich mit?“, fragt er mit nahezu unwiderstehlichem Dackelblick, worauf ich die Schultern zucke.


Die Vorstellung war fast ausverkauft. Lief ganz gut. Frank hat sich nicht auf die Fresse gelegt, niemand hat seinen Text vergessen und das Publikum hat schön mitgemacht... wie es sich gehört. Ich mache die letzten Scheinwerfer aus und laufe mit einer Taschenlampe durch das leere Theater, um nach Emil zu suchen. Vielleicht ist er ja hinter der Bühne, in irgendeiner Garderobe, auf’m Klo, was weiß ich. Wenn ich ihn in drei Minuten nicht gefunden habe, ist mir scheißegal, was aus ihm wird. Kann mir echt Besseres vorstellen, als für ihn das Kindermädchen zu spielen.

Ich klopfe an eine Tür, öffne sie und frage Columbia, die vorm Spiegel sitzt und sich die Schminke aus dem Gesicht wischt. Sie weiß allerdings nicht einmal, wen ich meine.

Die Tür zum Aufenthaltsraum ist nur angelehnt, deshalb höre ich auch sofort, was da drinnen anscheinend gerade abgeht. Als ich es dann aber sehe, bin ich erstmal geschockt. Rocky, auf den Knien, lutscht hingebungsvoll einen Schwanz. Und zwar Emils! Der Kleine hat die Augen geschlossen und die Lippen leicht geöffnet. Seine Hand wuselt durch Rockys Schopf. Neben den beiden wartet geduldig der Köter. Ich kann nur hoffen, dass der nicht noch in die Handlung mit einbezogen werden soll. Weil ich nun wirklich nicht damit gerechnet habe, dass der kleine Emil Sandmann sich von einem Typen, den er vielleicht drei Sekunden kennt, einen blasen lässt, fällt mir leider überhaupt kein cooler Spruch ein. Auch kein lustiger. Eigentlich fällt mir zu dieser Szene hier gar nichts ein.

Emil öffnet seine Augen einen winzigen Spalt und reißt sie auf, als er mich bemerkt.

„Ah... shit...“, stöhnt er und... spritzt wohl grad ab. Rocky hangelt sich an ihm hoch und wischt über seinen Mund, während Emil seine Hose zuknöpft.

„Können wir los?“, frage ich.

„Okay“, grinst er, tätschelt kurz Rockys Gold-Slip-Arsch und hebt die Leine vom Boden auf.

Mal ehrlich... ich hab nicht den leisesten Schimmer, warum ich so angepisst bin. Emil auch nicht, denn er stellt mir seit exakt zwanzig Minuten immer wieder diese Frage. Es gibt gar keinen Grund, weshalb ich dem kleinen Idioten am liebsten sein dämliches Grinsen aus der Fresse geschlagen hätte. Wahrscheinlich bin ich einfach nur gefrustet. Weil Esteban weg ist. Weil alles weg ist. Weil ich ihn wirklich geliebt habe und... er mich eben nicht. Weil ich die dumme Sau unzählige Male in genau derselben Situation erwischt habe wie Emil und Rocky. Weil Esteban mir wieder und wieder beteuerte, es hätte nichts zu bedeuten und würde auch niemals wieder passieren, weil ich doch seine absolute Nummer Eins wäre. Ich hab nie verstanden, wieso er dann die ganzen anderen Typen brauchte. Hab nie begriffen, weshalb er zwar eine Beziehung mit mir haben, aber trotzdem nicht auf seinen Spaß verzichten wollte. Und erst recht bin ich nie dahinter gekommen, warum er, als ich ihm meinen einzigen Seitensprung gestand, so dermaßen ausgetickt ist.

„Bist du sauer?“, reißt mich Emil aus meinen Gedanken. „Wegen Spritti? Ich konnte doch nicht wissen, dass...“

„Is okay“, antworte ich müde und strecke mich ein wenig auf der Couch.

„Er hat dich niemals erwähnt.“

„Naja, warum sollte er auch?“

„Ihr seid doch Freunde gewesen.“

„Und wenn schon.“

„Und Hausbesetzer. Das war also eine von den wilden Aktionen, was?“ Er rückt ein Stück näher und legt seine Hände auf meine Schultern. „Mann, du bist total verspannt. Echt... alles hart.“

Ja, ich kann mir vorstellen, das hätte er gerne. Ich schließe die Augen, während er meinen Nacken massiert. Ist ja schon irgendwie süß, der Kleine. Wie hat Lilly ihn genannt? Karamellbonbon. Passender geht’s nicht. Seine Haut hat tatsächlich diesen Ton. Wie Karamellcreme mit einem Schuss Sahne. Dazu die braunen Rehaugen mit den langen Wimpern. Und irre hübsche Lippen hat er, einen niedlich bunten Strubbelschopf... früher wäre ich wahrscheinlich sofort drauf angesprungen.

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass du mal punkig warst“, wispert er und berührt mit seinen irre hübschen Lippen mein Ohr, „ich meine, wenn ich mir das vorstelle... wow. Hast sicher niedlich ausgesehen. Niedlich und... scharf.“

Seine Hände sind weich. Seine Finger haben sich längst vorne in den Ausschnitt meines Shirts geschoben und streicheln da rum. Ziemlich klar, was er will. Ich befreie mich aus seinem Griff und stehe auf.

„Ich hab dir schon gesagt, dass das nicht läuft.“

Oh, jetzt ist er enttäuscht. Kommt sicher nicht oft vor, dass ihn jemand abblitzen lässt.

„Wieso eigentlich nicht?“, fragt er.

„Das sind so viele Gründe, dass ich sie unmöglich alle aufzählen kann.“

„Dann nenn mir einen.“

„Ich stehe nicht auf Teenies.“

Emil

Na, das wollen wir doch mal sehen. Ich hab bis jetzt noch jeden rumgekriegt und... wenn ich das mal sagen darf... musste mich nicht besonders anstrengen. Teenie sagt der Blödmann zu mir. Phhh... ich bin kein verdammter Teenie. Jedenfalls nicht vom Kopf her. Da bin ich schon total weit. Wahrscheinlich weiter als es Tizian jemals sein wird. Ich hätte nämlich Esteban in die Eier getreten, anstatt mich von ihm verarschen und beklauen zu lassen. Sicher hat der Tizians romantische Seele vollkommen eingelullt und sich heimlich kaputtgelacht über den Trottel. Sicher hat Tizian an die große Liebe geglaubt. Ich bin nicht so naiv. Liebe ist was für Weicheier. Und für Mädchen. Beziehungen sind der letzte Scheiß. Wenn man nur noch auf seinen Typen fixiert ist, dass man alles andere vergisst, und jegliche sexuelle Gelüste unterdrücken muss... ist doch abartig. Besonders abartig ist, dass ich grad tierisch geil bin und Tizian mich hat abblitzen lassen. MICH! Okay, also es gibt jetzt zwei Möglichkeiten. Oder eigentlich drei. Erstens: ich ignoriere meinen Fickreiz. Zweitens: ich besorg’s mir selber.

Drittens: ich schnappe mir Tizian. Irgendwie gibt’s da nicht viel zu überlegen. Schwungvoll erhebe ich mich vom Sofa und trete dabei ausversehen Sidney auf den Schwanz. Er jault kurz, ist aber schnell zu beruhigen. Eine gesäuselte Entschuldigung und ein bisschen kraulen, schon ist er zufrieden, hopst auf die Couch und rollt sich zusammen. Ich dagegen tapse ins Schlafzimmer, lausche in die Dunkelheit, höre leise Schlafgeräusche und krieche vorsichtig unter die Bettdecke.

„Was wird’n das?“

„Sid hat die Couch erobert und die ist für eine Person schon zu klein“, erkläre ich und

schmiege mich an Tizians warmen Rücken.

„Du kannst es nicht lassen, oder?“

„Soll ich denn?“

„Allerdings“, grummelt er.

Meine Hand schlängelt sich über seine Seite nach vorne und streichelt seinen Bauch. „Wirklich?“

Tizian fegt meine Hand weg. „Ich wiederhole mich nur ungern.“

Es ist mir wirklich unbegreiflich, dass dieser Mensch die Gelegenheit, mich zu vögeln, nicht beim Schopfe packt. Vielleicht stimmt bei ihm irgendwas nicht... untenrum?! Besser, ich überzeuge mich eben, dass alles an seinem Platz ist. Zielstrebig tasten meine Finger nach seinem...

„Jetzt reicht’s mir aber. Verpiss dich“, schnauft Tizian wütend und versetzt mir einen heftigen Stoß.

Eine Sekunde später sitze ich auf dem Boden. „Hast du sie noch alle?“, frage ich fassungslos.

„Geh auf die Couch... geh von mir aus zum Teufel aber lass mich verdammt noch mal in Ruhe, kapiert?!“

„Ich hab mir das Knie angehauen, du Arsch“, entgegne ich beleidigt und krabble ins Bett zurück. „Bestimmt ist das gebrochen. Aua...“

„Emil?“

„Was?“

„Halt die Klappe... wenigstens bis ich eingeschlafen bin, ja?!“

Na gut, der erste Versuch ist schiefgegangen. Aufgeben werde ich deshalb noch lange nicht.


Die gemeinsame Dusche vorhin war leider auch ein Reinfall. Grad als ich mich nackt und wunderschön zu ihm unter den warmen Wasserstrahl gesellte, angelte Tizian nach einem Handtuch und ließ mich einfach stehen. Mich und meinen... hahaha... .einen Blick hat er aber doch drauf geworfen, der kleine Schleicher! Logisch, mein Schwanz ist ja auch absolut perfekt. Sind schließlich nicht umsonst alle Typen scharf drauf, mir einen zu blasen. Tizian ist das bestimmt auch, der will das bloß nicht zugeben. Er glotzt schon wieder verstohlen zu mir rüber, während ich mich extra langsam anziehe. Als sich unsere Blicke treffen, guckt er schnell weg und... geil, er wird sogar ein bisschen rot. Ah, ist das süß!!

„Musst du nicht mal mit deinem Hund raus?“, fragt er beiläufig.

Wie auf’s Stichwort kommt Sidney angerannt und schubst mit der Pfote seine Leine über den Boden.

„Kommst du mit? Ich will zum Schrottplatz.“

„Ganz sicher nicht.“

„Du musst. Heute ist Osterdosensuchen. Das ist immer super lustig.“

„Ach du Scheiße... gibt’s das etwa noch?“

Ich setze mich neben ihn und beginne, meine Doc’s zu schnüren. „Du kennst das?“

Tizian lächelt, wie ich finde, sehr überheblich. „Spritti und ich haben das erfunden, Kleiner.“

Entschuldigung, wie dumm von mir. Natürlich hast du das erfunden. Bist ja auch mit allen Wassern gewaschen. Kennst alles, weißt alles, hast alles schon erlebt. Ich dagegen bin ein blöder Teenie, der null Peilung hat. Arschloch!! „Worauf wartest du dann? Ist doch sicher nett für dich, deine alten Freunde wieder zu sehen.“

„Und festzustellen, dass die allesamt in ihrer Entwicklung irgendwo stehengeblieben sind, den geistigen Horizont von Vierzehnjährigen haben?“

„Ist doch toll. Da kannst du dich dann so richtig überlegen fühlen. Ich meine... noch mehr als bei mir. Und jetzt, beweg deinen Hintern!“

Vor dem Turm auf’m Schrottplatz hat sich bereits eine größere Menge bunter Gestalten versammelt. Sie hocken alkoholisiert auf Schrotthaufen oder stehen alkoholisiert in der Gegend rum. Ein paar erkennen Tizian und begrüßen ihn grölend.

„Was willst’n du hier?“, fragt Spritti.

„Zusehen wie eine Horde Schwachsinniger traditionell über den Platz torkelt“, entgegnet Tizian. „Allen voran der Zeremonienmeister.“

„Seitdem du weg bist muss ich wenigstens keine Angst mehr davor haben, was ich vielleicht finden könnte.“

„Deinen beknackten Gesichtsausdruck werde ich nie vergessen“, kichert Tizian.

„Was war denn?“, frage ich interessiert.

„Das erzähle ich dir, wenn du alt genug bist.“

„Tizian hat anstatt der versteckten Dosen lieber nach Eiern gesucht“, erklärt Spritti, „und war sehr erfolgreich.“

Ich verstehe nur Bahnhof. Die beiden Erzfeinde hingegen lachen sich bekloppt.

„Da hinten“, Spritti deutet auf eine verfallene Halle, „stand früher mal eine Karre, an der wir rumgeschraubt haben... und in der hat Tizian seine Unschuld verloren. Kannst du dir vorstellen, was für ein Schock das war, meinen besten Freund beim Ficken mit einem Typen zu erwischen? Ich dachte, ich werd blind.“

„Immerhin wusstest du ab da, dass ich nicht auf deine Freundin scharf gewesen bin sondern auf ihren Bruder.“

Spritti nippt an seinem Bier. „Weißt du eigentlich, dass Ingo BWL studiert?“

„Und?

„Naja, ist doch irgendwie traurig, was aus den ganzen Chaoten geworden ist.“

„Ich finde, es laufen noch genug Chaoten hier rum“, entgegnet Tizian und deutet auf zwei Typen, die sich zwischen den Schrottbergen einen Spaß-Karate-Kampf liefern.

„Ich finde es erstaunlich, dass du’s nie bei mir versucht hast. Ich meine... möglicherweise hätte ich mich ja überreden lassen.“

Tizian greift nach Sprittis Flasche. „Ich glaube, du hast genug.“

„Das glaube ich auch.“ Er schüttelt seinen grasgrünen Schopf. „Ich war nie schwul und werd’s auch nie sein. Nicht einmal dir zuliebe. Ey, Karamellbonbon... willst du nicht auch Osterdosen suchen?“

„Wollt ihr mich etwa loswerden, damit ihr eure neu aufgeflammte Liebe genießen könnt?“

„Hättest Lilly sagen sollen, dass sie ein paar Schokohasen verstecken soll für unseren Kleinen“, grinst Tizian blöde.

Der Penner geht mir mächtig auf den Sack. Ich meine, was soll der Scheiß? Was mache ich eigentlich hier? Laufe einem Ex-Punk hinterher, der sich nicht eingestehen will, dass er

sich nach mir verzehrt. Fein, nicht mein Problem, oder? Wenn er auf den Fick seines Lebens verzichten will... bitte. Mein Blick wandert über den Platz. Überall wuseln Zottelgestalten rum und fahnden nach den versteckten Bierflaschen (gibt ja keine Dosen mehr). Sehr eigenartig, dass ich das letztes Jahr noch irre lustig fand. Etwas abseits sitzt ein hübscher Junge, der grad mit meinem Hundchen spielt. Sieht aus, als könnten die beiden Gesellschaft brauchen. Ich latsche also rüber.

„Sidney, hör auf, fremde Leute zu belästigen“, grinse ich.

„Deiner?“, fragt der Typ.

„Allerdings.“

„Sebastian“, stellt er sich vor.

„Emil.“

„Süßer Name.“

„Danke.“

Beim gemeinsamen Sid-Streicheln berühren sich unsere Finger. Einmal tief in die Augen schauen, dann ist alles klar. Wir schlendern zur schrottigen Halle und knutschen wild drauflos. Sebastian nestelt sofort gierig an meiner Hose rum, nuckelt an meinem Hals, gleitet geschmeidig an mir runter und fängt an, mir einen zu blasen. Er stellt sich ziemlich geschickt an, das muss ich schon sagen. Trotzdem. Ich hab was anderes mit ihm vor. Bequem wird’s wohl nicht werden aber... naja. Sebastian beugt sich ein wenig über das verrostete Geländer. Seine Hose hat er netterweise schon runtergezogen. Ich friemle mir ein Gummi über und...

„Hey, Karamellbonbon“, ruft Spritti, der noch immer mit dem Erzfeind in trauter Zweisamkeit zusammenhockt, „wo bist’n gewesen? Dein Hund hat nach dir gefragt.“

„Hatte was zu erledigen“, antworte ich und zünde eine Zigarette an.

„Und zwar?“

„Ficken. Den da“, erkläre ich, auf Sebastian deutend.

„Hübsch“, bemerkt Spritti, „oder? Ich kann das gar nicht so beurteilen. Tizian? Was sagt der Experte?“

„Der Experte geht jetzt nach Hause.“

„Okay, also... komm doch vielleicht mal wieder vorbei, mh?“

„Klar, mach ich... vielleicht.“


Tizian scheint wegen irgendwas sauer zu sein. Gestern nach’m Schrottplatz hat er kaum mit mir gesprochen. Dabei sollte er mir dankbar sein. Hätte ich ihn nicht gedrängt, mitzukommen, würde zwischen ihm und Spritti ja wohl nach wie vor eisiger Winter herrschen. Aber anstatt nett zu sein ätzt der nur rum und behauptet, er müsse für eine scheiß Prüfung lernen.

„Macht es dir eigentlich Spaß, mich wie Luft zu behandeln?“, frage ich.

Erstaunt glotzt er von seinem Buch auf. „Ja, total. Warum?“

„Arschloch“, fauche ich, „du kannst mich mal.“

„Ich wette, das würde dir gefallen, mh?“

„Ich wette, du würdest es eh nicht bringen.“

Er lächelt schon wieder dieses verfickt überlegene Lächeln, das ich ihm am liebsten aus dem Gesicht schlagen würde. „Tja... das wirst DU wohl nie erfahren.“

„Hast du heute Abend noch irgendwas vor?“

Tizian schwenkt sein Buch durch die Luft.

„Fein, dann kannst du dich ja ein paar Stunden um Sid kümmern. Ich gehe aus.“

„Um zwölf ist Sperrstunde für Jungs in deinem Alter, das weißt du, oder?“

Ich ignoriere seinen beschissenen Kommentar, ziehe mir ein paar scharfe Klamotten an, greife nach seinem Wohnungsschlüssel und drehe mich an der Tür noch mal um. „Warte nicht auf mich, Schätzchen.“

Meine Güte, da hab ich mir ja vielleicht einen Club ausgesucht. Lauter schöne, durchtrainierte Tanzmäuse. Die Musik ist zum Kotzen und die Getränke sind viel zu teuer. Besser ich finde schnell jemanden, der mir was ausgibt. Ein bisschen aufreizend auf der Tanzfläche rumhüpfen kann nicht schaden. Es dauert nicht besonders lange, da pirscht sich ein schwarzhaariger Waschbrettbauchträger oben ohne an mich heran. Wir tanzen eine Weile zusammen, dann greift er nach meiner Hand und zieht mich hinter sich her. Ich bin mir nicht mal sicher, ob ich mich von dem überhaupt vernaschen lassen will. Na, mitgehen kann man ja vorsichtshalber. Äh... wo geht’s denn überhaupt hin? Quer durch den Club, hinein in einen düsteren Gang, der in einem noch düsteren Raum endet. Heiß ist es und verflucht stickig. Überall lungern Typen rum, die es ungeniert miteinander treiben. Derart öffentliches Ficken ist eigentlich nicht mein Fall. Okay, was soll’s?! Der Typ hat schließlich eine ganz hübsche Visage und während er mich aufs Heftigste befummelt merke ich, dass die Örtlichkeit doch einigermaßen anregend auf mich wirkt.

„Verrätst du mir deinen Namen?“, säuselt er und knabbert an meinem Ohr.

„Wozu? Wir sehen uns doch eh nie wieder.“

„Trotzdem. Das ist sonst so... unpersönlich“, grinst er.

„Emil. Und du? Wie soll ich dich nennen?“

„Esteban.“

Tizian

Ich geh kaputt! Der kleine Penner hat mir doch tatsächlich seinen Köter aufgebrummt, um sich rumtreiben zu können. Denkt der vielleicht, der ist hier in einer Jugendherberge, oder so’n Scheiß, wo er kommen und gehen kann wie er lustig ist? Nein nein nein! Die Frage ist: warum schmeiße ich ihn nicht einfach raus? Ich hab doch nun wirklich überhaupt nichts mit ihm zu schaffen. Ich kann ihn nicht einmal leiden. Süß ist er, das auf jeden Fall. Na und?

Mann, wie der mit seinem Schrottplatzfick geprahlt hat. Als würde er eine bestimmte Reaktion von mir erwarten. Sowas wie: gut gemacht, Kleiner, bin stolz auf dich! Dass der ungefähr jeden Typen rumkriegen kann weiß ich auch so. Der muss damit nicht derart hausieren gehen. Mich kriegt er jedenfalls nicht. Nie im Leben! Da kann er noch so nackig vor meiner Nase rumspringen und mit mir duschen wollen. Ich hab grad erst eine Beziehung beendet, da binde ich mir nicht die nächste Katastrophe ans Bein. Außerdem ist der kleine Emil Sandmann viel zu überzeugt von sich. Das grenzt schon ans Ekelhafte. Du großer Gott... und wer klingelt jetzt mitten in der Nacht??

Ich schlurfe zur Tür und drücke den Knopf der Sprechanlage. „Ja bitte?“

„Hier ist der Osterhase. Mach auf, ich hab dir was Schönes mitgebracht.“

Spritti?! Was will’n der? So dicke sind wir noch längst nicht wieder, dass er mich besuchen müsste.

Unten geht die Tür auf, das Licht im Treppenhaus an.

„Los, Jungs, immer schön rauf mit dem Zeug“, kommandiert Spritti.

Es poltert und bollert. Ich kann nur hoffen, dass der bei mir keine Party veranstalten will... mit

wem auch immer er da aufgetaucht ist. Als ich ein paar Sekunden später sehe, WAS da auftaucht, bin ich erstmal fassungslos.

„Mein Fernseher“, brülle ich ungläubig, „und... meine Anlage... und...“

„Ommas Schränkchen“, grinst Spritti und klopft auf besagtes Teil, das grad von Kalle in meine Wohnung getragen wird. Unterm Arm klemmt ihm übrigens mein Laptop. Ich werd verrückt!!

„Was? Wie? Äh...“, stottere ich.

„Wie sieht’s aus? Schmeißt du ’ne Runde Bier für meine Jungs?“, faselt Spritti und haut sich auf die Couch. „Ah, hast bestimmt keins da. Wo doch dein Kühlschrank weg ist. Sorry, aber das Teil war echt zu sperrig. Musste ja alles schnell gehen.“

Ich drücke einem mir unbekannten Typen im Che-Guevara-Kapuzenpulli großzügig ein paar Euro in die Flosse und schicke ihn zur Tanke.

„Was zum Arsch hat das alles zu bedeuten? Wie... wo habt ihr die Sachen her?“

„Aus der Zigeunerhöhle.“

„Und wie seid ihr da reingekommen?“

Spritti starrt mich an als sei ich schwachsinnig. „Durch die Tür.“

„Ich meine... das meine ich doch nicht, Idiot.“

„Bedank dich beim Karamellbonbon. Der Kleine ist ganz schön clever. Und offensichtlich schwer in dich verschossen, dass der so’ne Aktion angeleiert hat.“

„Emil? Was hat’n der damit zu schaffen?“

„Das wird er dir schon erklären. Ahhh... das Bier ist da“, freut sich Spritti und hat auch gleich eine Flasche am Hals.

Ich glaube immer noch, dass ich bestimmt alles nur träume. Und eine Party findet auch doch noch statt.

Irgendwann im Morgengrauen, als sich Spritti und die letzten bunten Gestalten verziehen,

taucht Emil auf. Er begrüßt seinen Hund, kramt seine Sachen zusammen und stopft sie in seinen Rucksack.

„Was machst du da?“, frage ich blödsinnigerweise.

„Ich fahre nach Hause. Freu dich, bist mich endlich los.“

„Nee“, sage ich und ziehe ihn zu mir auf die Couch, „du kommst jetzt her und erzählst mir ganz genau, wie du das angestellt hast.“

„Was spielt das für eine Rolle? Dein Zeug ist wieder da. Fertig.“

„Los!“

Na schön“, seufzt er und streckt seine schlanken Beine aus, „ich hab mich in irgendeinem scheiß Club von irgendeinem scheiß Typen aufreissen lassen... von deinem Ex, genauer gesagt. Um es kurz zu machen... ich hab ihm die Schlüssel geklaut, Spritti angerufen, der ist zum Club gekommen, hat den Schlüssel geholt, ist zu Estebans Wohnung gefahren und jetzt sei zufrieden.“

„Aber du konntest doch nicht wissen, dass es tatsächlich mein Ex-Esteban war.“

„Das war halt das Risiko. Mal ehrlich, der Name ist nicht so häufig, oder? Ich war mir ziemlich sicher. Spritti musste ich nicht lange überreden, der war sofort begeistert, dass er dem Zigeuner eins auswischen konnte. Und letztendlich sind es ja nunmal deine Sachen.“

„Und wenn er was gemerkt hätte? Ich meine, wenn er in die Räumungsaktion reingeplatzt wäre... ach du Scheiße!“

Emil lächelt matt. „Wir... erst hatten wir zu tun und anschließend hab ich ihn im Auge behalten. Wenn er abgehauen wäre, hätte ich Spritti sofort gewarnt.“

„Wow... du bist echt unglaublich.“

„Ich weiß.“ Seine Finger streichen langsam über meinen Schenkel. „Hab ich mir nicht eine Belohnung verdient, was meinst du?“

„Und was stellst du dir so vor?“

Emils Kopf sinkt auf die Lehne. „Wie wär’s mit ’nem Fick?“

„Oder ich lade dich zu McDonald’s ein. Da darfst du zur Feier des Tages im Geburtstagsabteil sitzen und anschließend draußen mit den anderen Kiddies im Sandkasten spielen.“

Er lächelt müde. „Krieg ich dann wenigstens heute ein Laken?“

„Du... ähem... du kannst bei mir schlafen, wenn du willst.“

„Nee, lass mal. Ist schon in Ordnung so.“

Mh, das überrascht mich. Normalerweise lässt der doch keine Gelegenheit aus, es bei mir zu versuchen. Ich lade ihn in mein Bett ein und er sagt Nein?! Ob ihn mein Spruch gerade irgendwie verletzt hat? Fuck, der war gar nicht böse gemeint, glaube ich. Warum muss der aber auch immer so direkt sein, dass ich... ja, was? Die Fassung verliere? Ihm einen Spruch reinwürge, damit er nicht merkt... ach du Kacke!! Kann es denn sein, dass ich dermaßen auf der Leitung stand? Emils Anmache gefällt mir. Der ganze Emil gefällt mir. Oh nein! Tizian Freitag, du bist doch wohl der allergrößte Volltrottel unter der Sonne! Da sitzt ein Superschnuckel vor deiner Nase, der Omas Intarsienschränckchen zurück eroberte... nur für dich... und du?

„Was ist jetzt mit dem Laken?“, fragt er ungeduldig. „Ich bin echt müde.“

„Laken? Äh... ja, klar. Ich... ähem... ich hol dir eins“, stottere ich hilflos.

Seit zwei Stunden wälze ich mich im Bett hin und her. Das Chaos in meinem Kopf bringt mich noch um. Wahnsinn. Ich hab’s einfach nicht gerafft. Oder besser gesagt, ich wollte es nicht. Weil ich Jungs wie Emil kenne. Weil ich früher nicht viel anders war. Weil ich heute mehr will als Sex für eine Nacht.

„Ey, bist du noch wach?“

Mein Herz beginnt, laut und schnell zu klopfen. Emil steht in der Tür. Klar, wer soll es sonst sein? Ich könnte mich schlafend stellen und so die sich anbahnende Katastrophe abwenden.

„Ja“, sage ich leise.

Er hüpft ins Bett und wurschtelt sich unter die Decke.

„Hat Sid dich wieder von der Couch gejagt?“

„Nein.“ Emils Fuß stupst gegen meinen. „Du denkst, ich hätte es mit deinem Ex getrieben, oder?“

„Ist es denn wichtig, was ich denke?“

„Allerdings. Es stimmt nämlich nicht. Er wollte aber ich hab ihm gesagt, es gäbe nur eine Person, von der ich mich ficken lassen würde, und dass er diese Person nicht ist.“

„Wow. Hätte gerne sein bescheuertes Gesicht gesehen.“

„Ach, naja... das hat er noch ziemlich locker genommen. Dass er bläst wie ein verdammter Anfänger hat ihn schon wesentlich mehr getroffen.“

„Du hast ihm DAS gesagt?“

Er zuckt die Schultern. „Es war die Wahrheit. Eigentlich wollte ich ihm noch viel gemeinere Sachen sagen, für alles, was er dir angetan hat, aber...“

„Warum erzählst du mir das?“, unterbreche ich ihn.

„Ich hoffe immer noch auf meine Belohnung.“

Er ist längst nicht mehr so selbstsicher, das merke ich an seiner Stimme. Die zittert ein wenig

und er schluckt angestrengt. „Tizian“, wispert er, „warum willst du mich nicht?“

Oh man!

„Warum willst du nicht mit mir schlafen?“ Seine Haut ist heiß, seine Wangen glühen, fast als hätte er Fieber.

Jetzt noch Widerstand zu leisten wäre sinnlos. Ich beuge mich über ihn und schmiege meine Wange an seine. „Du kannst mich haben, das weißt du ganz genau“, flüstere ich.

Emils Finger vergraben sich in mein Haar, während wir uns küssen. Naja, zuerst ist es Küssen, ein paar Sekunden später knutschen wir so heftig, dass ich Angst hab, er beißt mir die Lippen blutig. Mein Hirn ist gänzlich ausgeschaltet. Ich spüre nur noch seine Hände, seinen Mund, seine Haut. Höre seinen schnellen Atem, sein Seufzen. Dann zeigt er mir sehr deutlich, dass ich die Person bin, von der er Esteban erzählte. Ich versuche wirklich, mich zurückzuhalten, vorsichtig zu sein, ihm nicht weh zu tun... sehr erfolgreich bin ich wahrscheinlich nicht. Es geht ganz schön ruppig zur Sache und besonders lange dauert es auch nicht.

Emil liegt auf dem Rücken und ringt nach Luft. Schweißperlen glitzern auf seiner Karamellhaut. „Ich wette, Esteban ist so’n Macho-Arsch, das sich nie von dir ficken lassen wollte.“

„Wie kommst’n darauf?“, frage ich und streiche ihm Haare aus der Stirn.

„Das eben... das hat sich so angefühlt.“

„Wie?“

Er legt sich auf die Seite und schaut mich an. „Als hättest du’s lange nicht mehr gemacht.“

„War ich so schlecht?“

„Nee“, kichert er süß, „nur total gierig. Ich meine... wow, du warst ja vollkommen...“

„Hab ich dir weh getan?“, unterbreche ich ihn entsetzt.

Seine Arme schlängeln sich um meinen Körper. „Ich fand’s geil“, grinst er und küsst mich.

Emil

Na bitte, es geht doch. Dabei war ich schon kurz davor, aufzugeben. Hab mich echt noch, als der Zigeuner an meinem Schwanz nuckelte, gefragt, wofür ich das alles mache. Diese Aktion veranstalte, damit Herr Freitag seine Klamotten zurückbekommt. Die halbe Nacht Esteban aushalten zu müssen war hardcore. Logischerweise kennt Tizian nur die weichgespülte Version. Als der Zigeunersohn nämlich seinen Namen hechelte, während er an mir rumgriffelte, brauchte ich erstmal ein bisschen Zeit zum Nachdenken. Also bequatschte ich ihn, an die Bar zu gehen. Er muss wirklich scharf auf mich gewesen sein, weil er tatsächlich mitging und mir sauteure Drinks spendierte. Jedenfalls erzählte ich, dass ich eigentlich ein total schlechtes Gewissen hätte, weil ich doch mit jemandem zusammen sei und Tizian sicher kein Verständnis für meinen Seitensprung aufbringen würde.

„Tizian?“, fragte er überrascht. „Tizian Freitag?“

„Ja, kennst du ihn?“

„Mein Ex.“

Deshalb wusste ich so genau, dass ich den richtigen Esteban erwischt hatte.

Jedenfalls fing er gleich an, was für ein Waschlappen Tizian sei, eine absolute Niete im Bett und dass er sich darum bei anderen Typen hätte holen müssen, was er brauchte. Tizian sei ihm erst nach Jahren auf die Schliche gekommen, weil er viel zu blöd sei... blablabla.

Ich glaube, er fand den Gedanken, es mit dem neuen Freund von seinem Ex zu treiben, unglaublich geil. Ich fand den Gedanken, irgendwas mit Esteban anstellen zu müssen, ekelhaft. Okay, als er dann zugange war... er hat’s schon drauf, irgendwie. Trotzdem. Esteban ist eine miese Drecksau. Nachdem ich abgespritzt hatte erklärte ich ihm sehr freundlich, dass mir noch niemals jemand derart schlecht einen geblasen hätte und ich wirklich nicht geneigt sei, seinen mickrigen Schwanz auch nur anzufassen. Und dass Tizian, Waschlappen hin oder her, mich nach Sekunden schon so weit hat und dass ich jetzt lieber nach Hause gehen und mich von ihm bumsen lassen würde. Esteban war... sehr erbost. Ich nehme an, wenn er herausbekommt, dass ich für seine halbleere Wohnung verantwortlich bin, zögert er keine Sekunde, mir die Visage blutig zu schlagen. Ich bin also etwas nervös deswegen, denn der Zigeuner ist ungefähr einen Kopf größer als ich und deutlich muskulöser.

An all das versuche ich aber grad nicht zu denken, während Tizian mich küsst und offensichtlich sexuell noch lange nicht genug hat.


„Warum hast du...“

„Warum hab ich was?“

„Hä?“ Benommen öffne ich die Augen und sehe Tizian lächeln.

„Du sprichst im Schlaf.“

Wohlig kuschel ich mich in die Decke. „Mhhh... ich hab geträumt.“

„Was’n?“

Meine Finger streichen über seine nackte Brust. „Ich war Rotkäppchen und du der verkleidete, große böse Wolf. Aber... du wolltest mich gar nicht fressen.“

„Sondern?“

„Weiß nicht. Bin ja aufgewacht, bevor du alle Fragen beantworten konntest. Ich war bei: warum hast du so schmollige Lippen.“

„Damit ich dich besser küssen kann“, grinst er, nimmt meine Hand und schiebt sie zwischen seine Schenkel.

„Vergiss es. Ich werde dich jetzt nicht fragen, warum dein Schwanz so hart ist.“

„Dann zeige ich’s dir einfach, oder?“

Ich schlinge Arme und Beine um ihn. „Bitte.“

Tizian scheint momentan sowas wie seine persönliche sexuelle Revolution zu erleben. Mein lieber Schwan, der kennt ja überhaupt kein Erbarmen. Jedesmal wenn ich denke, er hat genug, fängt er von vorne an und ich hab inzwischen eine sehr genaue Vorstellung wie sich durchgefickt wirklich anfühlt. Puh, wenn ich wieder nach Hause fahre bin ich bestimmt ein Greis.

„Was ist das?“

„Hm?“, mache ich träge.

„Das da“, entgegnet er und streicht mit dem Finger über meine Narbe am Rücken.

„Mein Vater wollte den Zigarettenanzünder testen.“

Er piekst mir in die Seite. „Ach komm, verarsch mich nicht.“

„Meinst du, ich würd mir sowas ausdenken?“, zische ich wütend. „Mein Vater hat sehr leicht die Beherrschung verloren, weißt du? Er hat mich jahrelang verprügelt. Die Sache mit dem Zigarettenanzünder kam, weil ich ihn mit der Frage nervte, wofür das Teil da ist. Ja, da hat er’s mir einfach mal gezeigt.“

„Ach du Kacke. Wie alt warst du denn?“

„Weiß nicht. Acht, neun. Irgendwann hat meine Mutter sich dann endlich getraut, den Wichser anzuzeigen und sich scheiden zu lassen. Mich schleppte sie zum Kinderpsychologen, weil ich logischerweise extrem verhaltensgestört war und manchmal sogar...“

„Was?“

„Ich will nicht drüber reden. Ist ’ne peinliche Angelegenheit.“

„Hey, du kannst mir alles sagen.“

Sein verständnisvoller Ton geht mir total auf die Eier. „Mein Gott, ins Bett hab ich halt gepinkelt. Zufrieden?“, bölke ich.

Tizian zieht mich in seine Arme. „Das muss dir doch nicht peinlich sein. Du warst ein Kind und hast 'ne Menge durchgemacht. Ich glaube, da ist es ganz normal, wenn...“

„Vielen Dank, Doktor Arsch“, unterbreche ich ihn genervt. „Noch mehr Schlaumeiersprüche auf Lager?“

„Hat dir der Psychologe geholfen?“

„Ja, aber meiner Mutter noch viel mehr. Die beiden sind seit vier Jahren verheiratet. Jetzt sind wir eine richtig glückliche Familie... wie aus’m Bilderbuch. Können wir das Thema wechseln? Hast du vielleicht Lust, mich zu ficken?“

„Nein, ich mag dich festhalten“, flüstert er.

Super... genau, was ich brauche. Soll ich mir noch ein paar Tränchen rausquetschen?! Ich bin nicht das einzige Kind auf Erden, das verprügelt wurde, verdammte Scheiße. „Tizian?“

„Ja?“

„Würdest du bitte aufhören, mich zu bemitleiden. Und dich schlecht zu fühlen, weil ich eine miese Kindheit hatte?! Es geht mir gut, okay? Die Narben auf meiner Seele sind verheilt, ich bin inzwischen stubenrein und habe keine versteckten Psychoprobleme. Obwohl ich mir die eigentlich mal zulegen könnte, wenn ich dran denke, dass meine Mutter sich bloß noch um meine Stiefschwester kümmert. Sie ist die Prinzessin auf der Erbse und ich der verkommene Straßenköter.“

„Ist das wirklich so?“

„Nein. Es ist okay. Ich mag meine Schwester, obwohl sie mir extrem auf den Sack geht. Sie ist nämlich dreizehn, du weißt, was das bedeutet?“

„Äh... nicht so ganz“, gibt er zu.

„Zwei Wörter: Tokio Hotel! Sie ist verknallt in Tom. Aber längst nicht so schlimm wie die ganzen Kreischimädchen. Nächsten Monat gehe ich mit ihr ins Konzert.“

„Du stehst auf die Tokios?“, lacht er sich kaputt.

„Wie ’ne Eins, Blödarsch. Leonie möchte wohl kaum mit ihrem Vater hin. Und allein darf sie nicht. Also schleppt sie ihren coolen Bruder mit. Ihre Freundinnen sind nämlich alle in mich verknallt.“

„Du bist überhaupt nicht eingenommen von dir, mh?“

„Ich weiß, dass ich toll bin“, erkläre ich achselzuckend, „dich hab ich doch schließlich auch rumgekriegt, oder?“


Sex mit Tizian ist wie eine Droge. Wenn ich nicht aufpasse hat er mich völlig abhängig gemacht und ich will überhaupt nicht mehr weg von ihm. Es ist mir unerklärlich, dass ich nach den unzähligen Malen, die wir gevögelt haben, immer noch so elendig scharf auf ihn bin. Besonders, wenn’s grad nicht geht, weil wir nicht allein sein, weil wir in Sprittis Turm sitzen. Es wird bestimmt noch eine Weile dauern bis die beiden wieder Freunde sind, aber ich hab das Gefühl, die sind auf einem guten Weg. Immerhin hat Tizian was zu trinken bekommen als er danach verlangte.

„Ich hab übrigens einen Kühlschrank für dich“, erklärt Spritti. „Hat so ’ner steinreichen Alten gehört, die abgenippelt ist. Keine Verwandten, kein Garnix. Das war wie im Schlaraffenland als wir in die Wohnung kamen. Lauter Antiquitäten und abgefahrenes Zeugs. Die...“

„Ist der Kühlschrank auch eine Antiquität?“, unterbricht ihn Tizian.

„Ach was, der ist fast neu. Also die gesamte Küche ist komischerweise super modern.

Jedenfalls... das Schlafzimmer war der Hammer. Uralte Frisierkommode, Schnörkeltischchen mit Löwenfüßen, Gemälde in Goldrahmen, Himmelbett wie aus einem scheiß Märchenfilm und drunter lag tatsächlich noch eine Bettflasche.“

„Eine was?“

„Na, so’n bauchiges Teil. Da hat man früher heißes Wasser oder so reingetan und unter die Decke gestopft, damit’s im Winter kuschelig warm war.“

„Das nennt man Bettwärmer, Idiot“, behauptet Tizian.

„Bettflasche“, beharrt Spritti. „Ein Bettwärmer ist eine Pfanne mit Stiel, wo glühende Kohlen reinkamen.“

„Hab ich noch nie gehört den Ausdruck. Bettflasche... da stelle ich mir eher eine Urinflasche vor.“

„Oder eine Wärmflasche“, überlegt Lilly.

Spritti schüttelt den Kopf. „Ihr hab doch alle gar keine Ahnung. Eine Wärmflasche ist eine Wärmflasche und eine Urinflasche eine Urinflasche. Ein BETTflasche hingegen ist...“

„Rasmus“, sage ich, ziehe an meiner Zigarette und blase Ringe in die Luft.

„Ist das russisch?“

„Nein, das ist ein Typ, mit dem ich mal was hatte. Mit pinken Haaren.“

„Und weiter?“

„Der war eine absolute Flasche im Bett. Quasi eine pinke Bettflasche.“

Lilly kichert sich kaputt, Spritti ebenfalls. Leider spuckt er dabei sein Bier aus. Und zwar auf

Tizians Pullover.

„So lustig war das auch wieder nicht“, zischt er und wischt mit der Hand über den Fleck.

„Ich find schon“, gackert Spritti hysterisch. „Du bist doch bloß eifersüchtig, weil dein Karamellbonbon schon vor dir sexuell aktiv war. Wie ist das eigentlich? Hast du ihn jetzt endlich gebumst? Hat er dich endlich gebumst, Karamellbonbon?“

„Das geht dich einen Scheiß an“, faucht Tizian.

„Also nicht, mh?“

„Doch“, antworte ich, „hat er.“

„Und? Ist er ein Rasmus?“, will Spritti wissen.

Ich werfe einen Blick auf Tizian, dessen Wangen leicht rot geworden sind. „Nee, eine... Granate. Und sein Schwanz ist unglaublich...“

„Warum haltet ihr mich nicht einfach aus eurem Stammtischgefasel raus?“

„Das war ein Kompliment“, bemerke ich.

„Noch mehr davon und du kannst nachher auf dem Boden schlafen“, entgegnet er, hakt einen Finger in den Ring an meinem Halsband und zieht mich auf seinen Schoß.

„Das gefällt dir, oder? Soll ich Sidneys Leine holen, damit du sie mir anlegen kannst?“

Er schüttelt den Kopf. „Vielleicht komme ich später darauf zurück.“

Ich schlinge meine Arme um seinen Hals. „Mhh... ich mag gerne Hundchen spielen.“

„Alles andere hätte mich auch irgendwie gewundert“, lächelt er und küsst mich.

„Hey, sollen wir euch zwei vielleicht ’ne halbe Stunde allein lassen?“, fragt Lilly.

„Das war ein Scherz“, schnauft Spritti, „geht verdammt noch mal nach Hause, wenn ihr es treiben wollt.“

Das machen wir dann auch. Kaum ist die Tür zu, reißt er mir die Klamotten runter, schnappt die Leine ans Halsband und zerrt mich hinter sich her.

„Au... nicht so fest“, maule ich.

„Na komm schon, Doggy, du wolltest das doch so“, säuselt er und wickelt sich das Leder um die Hand, dass ich kaum noch meinen Kopf bewegen kann. Dann schubst er mich aufs Bett, streckt meine Arme und plötzlich sind meine Handgelenke sehr eng mit dem Bettgestell verbunden.

„Ey... das war nicht abgemacht!“

„Neue Spielregeln“, wispert er, dreht mich auf den Bauch und vögelt mich so heftig, dass ich fast ohnmächtig werde.

„Mach mich sofort los, du Arsch“, zische ich, als ich halbwegs wieder zu Atem komme.

Tizian befreit mich von der Fessel. Er sieht ein wenig erschrocken aus. Wohl, weil es grad dermaßen mit ihm durchgegangen ist. Demonstrativ reibe ich meine Handgelenke.

„Emil... shit, ich... tut mir leid...“, stammelt er verzweifelt.

Ahhh, der ist zu süß! Lächelnd schmuse ich mich in seine Arme. „Doggy mag jetzt gestreichelt werden.“

„Und einen schönen großen Knochen haben, was?“

„Also... ’ne Pizza wär mir lieber.“


Mir ist übel. Volle Kanne. Morgen fahre ich nach Hause und... sollte mal Klartext mit Tizian reden. Mich beschleicht nämlich das ungute Gefühl, dass er bis über beide Ohren in mich verschossen ist. Nee, nicht verschossen... verliebt. Ganz ernsthaft. Er will nach’m Sex so verdächtig lange kuscheln und heute hat er mir Frühstück ans Bett gebracht. Wenn er mich ansieht hat er diesen Glanz in den Augen. Au weia!

Die Tür wird aufgeschlossen, meine Hände fangen an zu schwitzen.

„Hey, Kleiner“, strahlt er, „ich hab dir was mitgebracht.“

Wenn er jetzt Blumen hinter seinem Rücken versteckt kotze ich ihm auf die Füße. Nein, es ist eine Schachtel... Schokoladenherzen. Ich geh kaputt!!

„Danke, wie nett von dir, Schatz“, lächle ich horrorartig.

„Kein Grund, sich wie ein Arschloch zu benehmen. Wenn du sie nicht willst, esse ich die eben selber.“

„Tizian“, beginne ich, „du denkst doch nicht... ich meine, du weißt, dass ich morgen nach Hause fahre, oder?“

„Ja, und weiter?“

„Das... das war’s dann.“

„Du meinst... du willst mich nicht wiedersehen“, stellt er traurig fest.

„Doch, schon. Irgendwann. Keine Ahnung. Hör zu, ich finde Beziehungen ätzend, okay?!

Und Fernbeziehungen gehen gar nicht. Ich hasse triefende Telefonate und Verabredungen, die man einhalten muss, egal, ob man grad Lust hat, sich zu sehen. Ich... ich will das spontan entscheiden und nicht das Gefühl haben, dass jemand auf mich wartet und am Boden zerstört ist, wenn ich nicht auftauche.“

„Und ich brauche auch nicht darauf zu hoffen, dass du mir treu bleibst, mh?“

„Nein.“

„Verstehe. Aber, Emil... sowas hatte ich schon. Ich kann das nicht, tut mir leid. Ich will eine Beziehung. Und wenn du morgen weg bist, in der Gegend rumfickst und vielleicht irgendwann mal wieder Bock auf mich hast, ist es tatsächlich besser, du bleibst zuhause.“

„Ich hab nicht gewollt, dass du dich in mich verliebst.“

Tizian schniefelt leicht. „Ich werd’s überleben.“ Er steht auf und zieht seine Jacke an. „Ich muss kurz raus hier.“

„Nimmst du den Hund mit?“

„Klar.“

Ein paar Minuten später kommt er schon wieder zurück. Mann, das ging aber schnell.

„Hey, hast du was vergessen?“, bölke ich in Richtung Flur.

„Nabend“, grinst... ESTEBAN?!

Tizian

„Dein Herrchen ist ein blöder Penner“, seufze ich und streiche Sid über den Schädel. Das Hundchen sieht mich an, als wüsste es genau, dass ich Recht habe. „Hätte mir von Anfang an klar sein müssen, dass es nicht funktioniert. War es ja auch aber... fuck, er hat mir doch überhaupt keine Chance gelassen. Und jetzt hocke ich hier und traue mich nicht in meine Wohnung, weil ich es mit ihm nicht aushalte und es ist kalt und...“, ich schaue in den Himmel, „es fängt an zu regnen... scheißverdammte Kacke.“ Ich erhebe mich von der Spielplatzbank.

Die ersten Tropfen fallen mir natürlich nicht auf den Kopf sondern hinten in die Jacke. Sie rinnen mir den Nacken runter, was ich wirklich ekelhaft finde. Regen macht das immer bei mir. Es ist zum Kotzen.

Zum Glück bin ich vollkommen durchnässt, als ich die Tür aufschließe. Sid scheint ebenfalls was gegen Regen zu haben. Er rennt wie angestochen in die Wohnung und bellt und knurrt wie ein Irrer. Irgendwas bollert im Wohnzimmer. Und irgendwas jault... das ist aber nicht Sid, das hörte sich nach Mensch an. Was zur Hölle ist hier los?

Ich stürze ins Wohnzimmer. Der Hund hat sich in das Hosenbein eines Kerls verbissen, lässt aber los und schnappt in die Hand. Emil liegt am Boden und wehrt verzweifelt Tritte und Schläge ab. Ohne nachzudenken reiße ich den Schläger von ihm weg. Ach du Kacke, das ist Esteban. Emils Gesicht ist blutig, er krümmt sich zusammen, hustet und kotzt Blut auf den Boden.

Dann weiß ich nicht mehr genau, was passiert. Ich bin erst wieder halbwegs da, als mich jemand festhält und herumbrüllt.

„Hör auf, du bringst ihn um!“

Entsetzt lasse ich das blutverschmierte Nudelholz fallen. Esteban sieht aus wie Matsch, röchelnd aber noch. Gott sei Dank! Ich will doch meinen Ex nicht mit einem Nudelholz totgeschlagen haben und mich dafür vor Gericht verantworten müssen.

Sidney hält noch immer den Esteban-Kumpan in Schach.

„Raus“, schreie ich. „Verpisst euch!“

Der Kumpan kratzt Esteban vom Boden und schleift ihn weg. Danach ist alles ruhig. Bloß mein schnaufender Atem ist zu hören.

Emil tastet zittrig nach mir. „Bist... bist du in Ordnung?“

Eigenartig, dass grad er mir diese Frage stellt. Sein Gesicht sieht wie ein Splatterfilm aus. Das Wohnzimmer ebenfalls. Ich muss sauber machen, beschließe ich. Sauber machen und mich um Emils Gesicht kümmern. Oder zuerst das Gesicht, dann das Wohnzimmer? Ich stelle fest, dass ich eigentlich gar nicht weiß, was ich tun soll und setze mich auf den Boden. Sidney drückt sich ganz dicht an Emil und stupst ihn dauernd mit der Nase an.

„Dir ist wohl nicht eingefallen, das Schloss auszuwechseln, nein?“

„Wieso?“

Emil wischt sich vorsichtig mit einem Lappen durchs Gesicht. „Ich und mein großes Maul.“

„Hä?“

„Esteban wusste, dass du und ich... ich hab ihm erzählt, dass wir zusammen sind. Wahrscheinlich konnte er sich den Rest denken. War ja auch nicht allzu schwierig. Er stand mit seinem Muskelmann plötzlich im Zimmer und... dann ging’s auch schon rund.“

Au... die Erinnerung kehrt zurück. Emil liegt am Boden, ich reiße Esteban von ihm weg, knalle ihm meine Faust in die Visage, dann in den Magen. Als er in die Knie geht, trete ich ihm ins Gesicht, greife nach dem Nudelholz, das aus Emils Rucksack lugt, prügle auf Esteban ein, trete ihn zusammen... bis Emil mich stoppt.

„Fuck... ich dachte, du haust den kaputt“, schnieft er.

„Lass mich das machen“, krächze ich und nehme ihm den Lappen aus der Hand. Vorsichtig tupfe ich das Blut von seiner Nase, seinen Wangen und seiner Lippe.

„Wenn du später zurückgekommen wärst...“

„Schhhh... zieh deine Sachen aus. Die sind ganz dreckig.“ Ich helfe ihm dabei und verfrachte ihn ins Bett. Danach beseitige ich das Chaos, stelle mich unter die Dusche und merke, dass mir ziemlich der Kopf schwirrt. Unsicher wanke ich ins Schlafzimmer. Emil ist noch wach, er schmiegt sich in meine Arme, als ich unter die Decke geschlüpft bin. Behutsam streiche ich ihm Ponysträhnen aus den Augen, berühre den Bluterguss auf seiner Wange.

„Tut’s noch sehr weh?“ Was Blöderes fällt mir nicht ein.

Emil antwortet nicht sondern küsst mich auf den Mund. Seine Finger streicheln meine Haut.

Ewig knutschen wir und fassen uns an bis wir schließlich miteinander schlafen. Ganz sanft und langsam.

Gegen Mittag wache ich auf. Emil liegt nicht neben mir aber ich höre Geräusche und schlurfe ins Wohnzimmer.

„Wolltest du einfach so verschwinden?“

„Nein. Ich hätte dich gleich geweckt“, behauptet er und stopft seinen Rucksack zu.

„Lügner“, lächele ich müde.

„Ich muss los. Mein Zug fährt in einer halben Stunde.“

„Soll ich mit zum Bahnhof?“, frage ich, obwohl mir seine Antwort schon klar ist.

„Bloß nicht. Ich hasse Abschiede auf Bahnsteigen.“

„Siehst ganz schön verhauen aus.“

„Naja, was soll’s?! Hatte ich am Ende doch noch meine Chaostage-Prügelei“, entgegnet er und zieht seine Jacke an. „Also...“ Sein Blick wandert umher, während er seine Jackentaschen nach was auch immer durchsucht. Zögernd kommt er auf mich zu und umarmt mich.

„Mach’s gut, Tizian.“

„Ja, du auch.“

Ein letzter Kuss. Ich wünschte, ich könnte ihm sagen, wie sehr ich ihn vermissen werde, dass ich ihn wiedersehen will. Dass ich lieber seine Bedingungen akzeptiere, als ihn ganz zu verlieren. Ein allerletzter Kuss. Ich zwinge mich, ihn loszulassen. Die Tür fällt ins Schloss.

Dann ist alles still.


„Tizian Tizian Tizian“, schüttelt Spritti den Kopf, „du musst den Kleinen endlich vergessen.“

„Hab ich schon längst“, grummele ich und werfe einen Pfeil auf die Dartscheibe, bzw auf das Bild, das er drangeheftet hat. Ich treffe Angela Merkels rechtes Auge. Das gibt fünfundzwanzig Punkte.

„Klar. Und Esteban und ich gehen nachher einen trinken. Hast du etwa geflennt? Deine Augen sind total rot. Du kiffst nicht mehr und irgendwelche Allergien hast du auch nicht. Also musst du geheult haben.“

„Fick dich doch einfach ins Knie.“

Spritti angelt nach den Pfeilen. „Du hängst dich immer an die falschen Typen. Und was bringt dir das? Ein gebrochenes Herz. Such dir doch mal einen, der genauso romantisch veranlagt ist wie du und lass die Finger von Karamellbonbons.“

Es geht mir selber auf die Nerven, dass ich Emil nachjaule. Immer noch. Ich kann nur leider nichts dagegen tun. Wenn ich an ihn denke, was ungefähr ständig ist, kraucht mir dieser eklig fette Kloß den Hals hinauf. Ich kriege Herzstiche und halte es kaum mit mir aus. Natürlich muss ich ihn endlich vergessen. Aber wie... kann mir das mal jemand verraten? Die erste Zeit ging’s noch, so irgendwie. Hab studiert und gearbeitet, mein Türschloss dreimal ausgewechselt, die Wohnung umgestellt, ein Esteban-Voodoopüppchen gebastelt und mit Nadeln bespickt, mit Spritti stundenlang die alten Geschichten durchgekaut und auf unsere neu erwachte Freundschaft gesoffen... blablabla. Alles gut und schön. Geholfen hat es nur vorübergehend. Lilly sagt, ich steigere mich zu sehr in die Sache rein. Das hilft mir aber auch nicht, obwohl sie durchaus Recht haben könnte. Ich hab die irre Hoffnung, dass er vielleicht in den Sommerferien plötzlich vor meiner Tür steht. Bis dahin dauert es noch elendig lange und... er wird ja sowieso nicht herkommen. Ich selber habe es ihm untersagt, ich Arsch!

„Hey“, Spritti stupst mich an, „ich hab gefragt, ob wir noch ’n Spiel machen?“

„Nee, ich hau jetzt ab. Wir sehen uns.“

„Logisch.“

Zutiefst bedröppelt schleiche ich über den Schrottplatz, quetsche mich durch das Tor und überlege, wohin ich überhaupt soll. Na sowas, die haben die dreckige, vollgesprühte Mauer gestrichen, die man entlang muss, um zur Hauptstraße zu gelangen. Ziemlich unsinnig... wo doch eh alles hier verrottet ist. Und dann auch noch leuchtend weiß. Wie doof. Das lädt die Spray-Kiddies doch geradezu ein. Aha, da hat sich auch schon jemand verewigt. Signalrot. Aus Langeweile lese ich, was da steht. Äh?? Mit meinen Augen stimmt was nicht. Oder mit meinem Hirn. Es könnte eine Halluzination sein. Hab ich Drogen genommen? Nee, damit hab ich vor Jahren aufgehört. Ein Flashback? Soll ja vorkommen sowas. Zufall? Ein arg verspäteter Aprilscherz? Versteckte Kamera? Ich entscheide mich für die Halluzination. Scheint mir am sichersten zu sein. Vorsichtshalber kneife ich die Augen drei Sekunden zusammen, öffne sie wieder und... es steht immer noch da. Auf der weißen Mauer in Signalrot.

EMIL LIEBT TIZIAN!

Und plötzlich steht auch noch der leibhaftige Emil da. Mit seinem Hund. Juchuu... ich habe soeben den Verstand verloren.

Emil

Mh, mein Blauauge staunt nicht schlecht. Das heißt... eigentlich sieht er aus als hätte er eben den Verstand verloren. Ich selber hab Magengrummeln, Hand- und Fußschwitzen bis zum Gehtnichmehr. Mein Herz bollert sich fast in einen Infarkt und gleichzeitig kribbelt’s überall ganz angenehm warm. Das Schlimme ist: ich hab keine verdammte Ahnung, was gleich passieren wird. Ist er froh, dass ich da bin? Haut er mir eine rein? Spricht er überhaupt mit mir? Meine Füße sind momentan noch irgendwie fest mit dem Boden verwachsen. Aber genau jetzt befehle ich ihnen: bewegt euch, ihr Penner! Das tun die sogar. Reichlich unsicher aber schließlich stehe ich dicht vor ihm. Hopse in seine Arme und schlinge meine Beine um seine Hüfte. Einen Augenblick hält er mich fest... also wirklich sehr fest... dann schubst er mich weg, dass ich fast hinknalle.

„Was zum Teufel soll das heißen?“, fragt Tizian böse.

„Hast du’s nicht gelesen?“

„Doch aber... das ist ja wohl keine ausreichende Erklärung. Und überhaupt, nur weil du irgendeine Scheiße an irgendeine scheiß Wand gesprüht hast, falle ich nicht nochmal auf dich rein. Ich falle auf niemanden mehr rein“, erklärt er und verschränkt die Arme vor der Brust.

Fuck, ich kann doch nicht ernsthaft mit ihm reden, wenn er so niedlich ist.

„Und das da“, er deutet auf die Wand, „ist wohl das beknackt-kitschigste, was mir je untergekommen ist. Stehst du unter Drogen, oder was?“

„Naja, ich wollte eigentlich Sidney vor deine Tür setzen... mit einer großen roten Schleife um den Hals und ’ner Rose im Maul. Aber das war mir ein bisschen too much und hätte vermutlich eher nach Witz ausgesehen. Also warum freust du dich nicht einfach über diese öffentliche Liebeserklärung und küsst mich, du Arsch?!“

„Und was dann, Emil, hä?“

„Nimmst du mich mit in deine Wohnung und...“

„Du bist echt nur deswegen hergekommen?“, unterbricht er mich schrill. „Damit ich dich ficke?“

„Nein. Ich wollte...“, meine Hände schieben sich unter sein Shirt, „ich kann jetzt einfach nicht klar denken, bitte, dafür bin ich viel zu scharf auf dich.“

„Ich hoffe, du kannst dich unter Kontrolle halten bis wir zuhause sind“, schnauft er.

Das schaffe ich sogar, obwohl der Weg ungefähr Jahre dauert und ich unterwegs mehrere Male überlege, mich einfach mit ihm in einem Hauseingang zu vergnügen.

Tizian knallt die Tür zu, drängelt mich knutschend ins Schlafzimmer und fällt regelrecht über mich her. Schätze, er freut sich doch ein bisschen, dass ich hier bin.

„Also... wie soll’s jetzt weitergehen?“, fragt er als wir nebeneinander liegen.

„Naja, wir werden triefende Telefonate führen, uns vermissen, wenn wir nicht zusammen sind, sehnsuchtsvoll auf die Wochenenden warten, ich werd dir treu sein...“

„Du erwartest aber nicht, dass ich dir das glaube, Mr. Ich-finde-Beziehungen-ätzend.“

„Ich bin sechzehn, verdammt, warum hast du ernst genommen, was ich irgendwann mal gesagt habe? In meinem Alter begreift man viele Dinge eben nicht sofort.“

„Und jetzt hast du was genau begriffen?“

Ich schmiege mich in seine Arme und lasse mir den Nacken kraulen. „Dass deine körperliche Anwesenheit unbedingt zu meinem Wohlbefinden beiträgt. Dass ich zwar überhaupt keinen Bock auf die ganzen Verliebtheitssymptome habe aber...“

„Was für Symptome?“

„Dich vermissen. Ständig an dich denken, entweder mit Grinsefresse durch die Gegend laufen oder nachts in mein Kissen heulen, weil du nicht da bist. Andere Typen mit dir vergleichen, um festzustellen, dass dir niemand das Wasser reichen kann, Angst haben, dass du weggehst, dich anderweitig verliebst und ich ins Gefängnis komme, weil ich deinen neuen Freund mit einem sauberen Kopfschuss hingerichtet habe.“

„Das kommt alles sehr plötzlich...“

„Plötzlich?“, unterbreche ich ihn. „Ich hab wochenlang gegen die Vorstellung, mich verliebt zu haben, gekämpft. Erfolglos wie sich herausstellte. Sehen wir den Tatsachen ins Auge: ich bin ein totales Wrack ohne dich. Zum Kotzen.“

„Das tut mir leid.“

„Tut’s dir gar nicht. Du hast genau das, was du wolltest, oder?“

„Weiß nicht“, überlegt er, „eigentlich ist es ganz schön arrogant und dreist von dir, einfach herzukommen. Ich meine, du hast anscheinend nicht mal in Erwägung gezogen, dass ich dich nicht mehr haben will.“

„Sehr richtig. Ey, es war schon anstrengend genug, mir meine Gefühle für dich einzugestehen. Da konnte ich mich unmöglich auch noch damit befassen. Und jetzt hör bloß auf, mir Angst zu machen, okay?“

Er schlingt seine Arme fester um mich. „Und was soll ich stattdessen tun?“

„Mir versprechen, dass du mich nie nie mehr alleine lässt und mich für immer immer lieb hast.“

„Bleiben wir realistisch, Karamellbonbon. Sowas kann man nicht versprechen.“

„Ich weiß. Du sollst es ja auch nur sagen, damit ich beruhigt bin, Idiot.“

„Versprochen“, flüstert er und stupst meine Nasenspitze.

„Ach du Scheiße“, grinse ich, während meine Hand zwischen seine Schenkel gleitet, „hat dich das ganze Gerede über Gefühle und so jetzt echt scharf gemacht?“

„Ähem... nee, mehr der Gedanke, dass du mir gehörst und ich dich ficken kann, wann immer ich will.“

„Ah ja, sehr romantisch, Herr Freitag.“

„Weißt du, ich glaube, dass dich was richtig Romantisches derzeit noch überfordern würde.

Jemanden wie dich muss man da ganz langsam und vorsichtig heranführen. Nicht dass du wieder wegläufst.“

„Zur Not legst du mich halt an die Leine“, erkläre ich und reibe mein Gesicht an seiner Brust.

Tizian greift an mein Halsband und zieht meinen Kopf nach oben. „Ich hab mich schon gefragt, warum du das Teil noch trägst.“ Dann küsst er mich und die nächsten Stunden sind wir mit wirklich ganz und gar unromantischen Dingen beschäftigt.

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