zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

The race is on

Eine etwas andere Perspektive eines "Coming out"

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorwort

Diese Geschichte ist völlig frei erfunden und alle Personen sind fiktiv. Allerdings gibt es einige Details, die durchaus autobiographisch sind.

Es ist allerdings auch meine erste Geschichte, die ich geschrieben habe. Ich habe also überhaupt keine Erfahrung mit diesen Dingen gehabt. Ich hoffe, es wird Leute geben, die Spaß an der Geschichte haben.

Für mich war es wichtig, die Perspektive der Eltern mehr in den Vordergrund zu bringen. Hier ist es der Vater von Mick und Leif. Ich habe versucht, die Gedanken des Vaters etwas mehr herauszustellen. So können gerade die jüngeren Leser vielleicht besser begreifen, wie Eltern ticken.

Also etwas Nachsicht mit dem Autor und viel Spaß beim Lesen.

The race is on

Ich saß also mal wieder im Flieger und dachte an das kommende Rennwochenende in Silverstone in England. Ich war guter Stimmung und freute mich auf die Strecke. Sie war bisher immer ein gutes Pflaster für uns.

Mein Teamchef und Ingenieur saßen neben mir und wir redeten bereits über das kommende Wochenende. Wir bekamen einige neue Teile am Auto und waren sehr neugierig, ob sie unseren Erwartungen gerecht werden.

Ich möchte mich kurz vorstellen. Mein Name ist Marc Steevens, ich bin 46 Jahre alt und mehrfacher Weltmeister in verschiedenen Motorsportklassen. Früher bin ich Monoposto (Formel-Klassen) gefahren und heute bewegte ich mich recht erfolgreich in einer Sportwagen-Serie. Habe zwei Söhne und lebe in Europa. Leider hatte ich für meine Söhne, die Mick und Leif heißen, relativ wenig Zeit. Deshalb lebten sie normalerweise auch in einem Internat in der Schweiz. Mick ist mittlerweile fast 17 und Leif 13.

Mick hatte viel Ähnlichkeit mit mir, dunkle kurze Haare und knappe 180 cm groß. Er war sportlich schlank und machte viel Sport. Hin und wieder fuhr er auch Kart, aber seine eigentliche Liebe war das Tennis. Er spielte auch Turniere und das recht erfolgreich.

Leif hatte sehr viel mehr von seiner Mutter. Er hatte dunkel blonde, lockige Haare und war 165 cm groß. Allerdings konnte man ihm beim Wachsen gerade zusehen, wie mir Mick mitteilte. Er war deutlich ruhiger und mehr der Künstler. Er zeichnete gern und machte Sport nur zum Spaß. Er spielte auch Tennis, aber genau wie ich auch nur in der Freizeit.

Ihre Mutter ist auch so ein besonderes Thema, nicht sehr rühmlich, weil sie sich vor acht Jahren entschloss, uns zu verlassen und sich danach nicht mehr um ihre Kinder gekümmert hatte. Dadurch hatte ich meine Kinder dann, als sie noch nicht beide in die Schule gingen, von einem Kindermädchen betreuen lassen und später habe ich sie in ein sehr schönes Internat in die Schweiz geschickt, wo sie bis heute noch lebten, wenn ich unterwegs war. Was ja während der Saison fast ohne Pause der Fall war. In den Ferien, außerhalb der Saison, wohnten sie dann bei mir in Deutschland.

Seit meinem Comeback bei den Sportwagen 2011 haben wir leider viel zu wenig Zeit miteinander verbracht, und ich freute mich schon, sie bald in den Osterferien bei mir zu haben.

Ich saß nun in der Business-Class und gönnte mir nach den Gesprächen mit unserem Teamchef und Ingenieur einen Tee. Dabei schweiften meine Gedanken zu meinen Jungs.

Mittlerweile hatten wir uns schon über fünf Wochen nicht mehr gesehen und nur telefoniert, oder per Skype kommuniziert. Ich hatte mir vorgenommen, sobald wir im Hotel waren, sie anzurufen und mit ihnen über einige Dinge in den Ferien zu sprechen. Außerdem merkte ich langsam, dass Mick selbständiger wurde und auch beide ihre eigenen Interessen mehr und mehr vertraten, auch mir gegenüber. Das führte hin und wieder, aus meiner Sicht, auch zu leichten Spannungen - allerdings nichts wirklich Außergewöhnliches für mich. So dachte ich zumindest bislang aus der Entfernung.

Heute wollte ich mit dem „Kleinen“ mal über einige Dinge reden, die er sich schon so lange gewünscht hatte. Er möchte mal in den Ferien zu einem Rennen mitkommen und dabei einen Schulfreund mitbringen. Bisher habe ich das immer nicht so gerne gesehen, weil ich eigentlich dafür keine Zeit an einem Rennwochenende habe. Und ihn ganz alleine in die Welt zu entlassen war mir nicht geheuer. Überall waren Presse und Medien und warteten auf Geschichten der lieben „Promi“-Kids. Das wollte ich meinen beiden immer ersparen. Sie sollten unbeschadet ihre Entwicklung durchlaufen.

Ich, für meinen Teil, musste mich mit den Medien abfinden. Wer so in der Öffentlichkeit steht, muss das akzeptieren. Aber ich will meine Kinder davor beschützen, immer auf dem Präsentierteller zu stehen. Sie sollten alle Freiheiten „normaler“ Kinder haben. Dass das auch nicht immer ohne Probleme lief, sollte ich bald merken.

Nachdem mein Team und ich in England gelandet waren, bewegten wir uns Richtung Gepäckausgabe. Noch hatte uns niemand erkannt. Leider blieb uns das nicht lange erhalten. Dann standen einige Pressevertreter vor dem Ausgang und wollten nun ein Interview. Danach kamen noch einige jugendliche Autogrammjäger. Nach einer halben Stunde Verzögerung kamen wir nun zügig voran Richtung Hotel. Unser Fahrer gab sich große Mühe, schnell, aber ohne Risiko zu fahren.

Leider wurde es wieder mal knapp, im Hotel noch mit den Kids zu telefonieren. Ich bekam gegen zehn Uhr meine Zimmerschlüsselkarte und ging sofort nach oben.

Ich wählte die Nummer von Leif. Nach zweimaligen Klingeln hörte ich seine noch sehr kindlich, klare Stimme.

„Hallo Papa, ich dachte du schaffst es wieder mal nicht, mich noch anzurufen.“

Ich merkte seine Freude in der Stimme, aber auch die Anspielung mit dem „Wieder mal“. Da fühlte ich ein schlechtes Gewissen bei mir.

„Hallo Leif, schön dass ich dich hören darf. Ich bin gut im Hotel in Silverstone angekommen“, sagte ich. Er freute sich und meinte aber auch gleich:

„Papa, ich möchte endlich mit Tommy zu dir zum Rennen kommen. Ich freue mich so sehr schon auf das Rennen in Spa.“

Damit meinte er Spa-Francorchamps in den Ardennen, eine der schönsten, aber auch schwierigsten Strecken der Welt.

Und ich spürte seine Erwartung in der Stimme. Hoffentlich würde es diesmal ohne Probleme abgehen. Das letzte Mal musste ich das kurz vorher absagen, weil ich einfach nicht genug Zeit hatte, um mich um die beiden zu kümmern. Jetzt wollte er also nicht mit seinem Bruder, sondern mit seinem Zimmerkollegen kommen.

Ich wollte eigentlich noch mit Mick sprechen, aber er war mit einem Schulfreund verabredet, wie mir Leif mitteilte und ich musste das auf spätere Tage verschieben. Ich war schon enttäuscht, dass ich nicht mit ihm sprechen konnte, aber andererseits freute ich mich, dass er in letzter Zeit häufiger mit seinen Freunden unterwegs war.

Nachdem ich mit Leif noch über die Schule sprach und er sagte, dass alles in Ordnung sei, wollte ich nun zum Essen gehen. Wir verabschiedeten uns und er sagte zum Schluss:

„Tschüss Papa, hoffentlich hast du einen guten Start in die Saison am Sonntag. Wir sind stolz auf dich.“

Das tat richtig gut, wie der "Kleine" das sagte. Ich war aber auch etwas traurig darüber, das Mick nicht da war und wir nicht sprechen konnten.

Nach dem Telefonat ging ich in den Fitnessraum, weil ich mit Heikki - meinem Physiotherapeuten - noch einen Termin zur Massage hatte. Eine Stunde später war ich so erschöpft, dass ich nach einer kurzen Dusche todmüde ins Bett fiel.

Der Shuttle Service brachte uns am nächsten Morgen an die Strecke und wir klärten die normalen Dinge, wie den Ablauf des Tages heute. Freies Training sollte um elf Uhr Ortszeit beginnen. Mittlerweile war es kurz nach halb zehn und ich begann mich umzuziehen. Nach Informationen von meinem Renningenieur war das Auto soweit einsatzbereit. Es war das erste Rennen der Saison und alle waren sehr gespannt, wie das neue Auto sich im Vergleich zur Konkurrenz präsentieren würde.

Um zehn Uhr war eine kurze Besprechung mit allen Fahrern im Motorhome angesetzt. Wir gingen also zum Motorhome und ich begrüßte unsere Teamkollegen und die anderen Ingenieure, die ich noch nicht gesehen hatte. Es herrschte eine gespannte Lockerheit.

Unser Teamchef Wolfgang begrüßte alle pünktlich und berichtete uns die neuesten Informationen zum Auto und zur Strecke. Es gab noch ein paar Details bei den Regeln, die sich geändert hatten, aber alles in allem war das für mich Routine und wir begaben uns um halb elf zu unseren Boxen und den Autos. Bis zehn Minuten vor elf sprach ich mit meinen Fahrerkollegen Tom und Loic. Wir werden die ganze Saison als Team auf einem Auto fahren. Ich verstand mich mit beiden außerordentlich gut. Tom war etwas älter als ich und eine Legende in Le Mans. Loic war ein junger französischer Rennfahrer, der auch schon viele Erfolge im Sportwagen und Tourenwagen vorweisen konnte. Unser Saisonziel war ganz klar: um den Titel mitfahren.

Nun begann das freie Training und Tom begann das Auto auf die Strecke abzustimmen. Freitags wurden jeweils zwei Sessions à drei Stunden gefahren. Tom war mit Abstand der erfahrenste Fahrer bei den Sportwagen von uns und sollte nun für uns ein Basis-Setup finden. Da wir das Auto ja gemeinsam fahren mussten, war die Abstimmung immer etwas schwierig, weil ja jeder so seine eigenen Wünsche hatte, wie das Auto sich bewegen sollte auf der Strecke.

Tom bevorzugte eine eher weiche und reifenschonende Abstimmung, während ich es lieber etwas aggressiver mochte. Aber da die Rennen ja mindestens sechs Stunden dauern, und wir immer auch auf die Reifen und den Spritverbrauch achten mussten, sollte Tom die Richtung vorgeben für das Renn-Setup. Ich sollte dafür am Samstagmorgen das Setup für das Qualifying machen und das dann auch fahren. Auf eine Runde gesehen, war ich vermutlich der schnellere Pilot, weil ich durch meine Formel 1 Erfahrung schneller eine perfekte Runde hinbekam. Dafür konnte Tom unglaublich präzise über die lange Distanz schnelle Runden fahren.

Das erste Training lief bereits eine Stunde und Tom war sehr zufrieden mit dem Auto und teilte über Funk mit, dass er nun noch ein oder zwei schnelle Runde fahren wollte und dann an die Box kommen würde, um mir das Auto zu übergeben. Ich sprach nun mit meinem Ingenieur und machte mich fertig. Also Helm aufsetzen und Handschuhe anziehen. Alles andere hatte ich ja bereits seit Beginn an. Nach ca. sieben Minuten kam Tom an die Box und hatte bis dahin die schnellste Zeit gefahren. Das Auto stoppte und ich öffnete die Tür. Tom stieg aus und wir sprachen kurz über das Auto und er gab mir ein paar Infos über die Strecke, dann stieg ich ein. Ich wurde angeschnallt, es wurde getankt und neue Reifen aufgezogen. Also normale Routine. Dann startete ich den Motor und legte den ersten Gang und den Boxen-Limiter ein und fuhr los. Der Limiter war dafür da, dass das Tempolimit in der Boxengasse eingehalten wurde. Im freien Training und Qualifying betrug es 80 km/h. Im Rennen dann 100 km/h.

In den ersten Runden gewöhnte ich mich an das Auto und wärmte die Reifen auf. Nach drei langsameren Runden begann ich das Tempo zu erhöhen und fuhr auf Zeit. Das Auto lag wirklich sehr gut und ich bekam sehr schnell Vertrauen in das Fahrzeug und die Strecke. Ich konnte am Anfang wirklich einige sehr gute Runden fahren, als ich über Funk die Information bekam, dass es bereits bei Start und Ziel anfing zu regnen. Ich dachte nur, Mist, wieder englische Verhältnisse. Ob wir jemals Silverstone ohne Regen an einem Wochenende erleben würden? Vermutlich nicht.

Jedenfalls hieß das nun für mich aufpassen und schauen, wie stark es regnete und wie lange ich noch auf Slicks fahren konnte. Aber als ich die „Hangar Straight“ mit ca. 260 km/h entlang fuhr, fing es schlagartig an zu schütten. Ich nahm sofort jeglichen Speed raus und ließ das Auto ausrollen, dennoch war ich noch zu schnell für die Slicks und den Regen. Das Auto schwamm auf und ich hatte alle Mühe, es auf der Strecke zu halten. Ich musste bei „Stowe Corner“ den Notausgang nehmen, konnte aber dann langsam zur Box zurückfahren. Alles blieb heil und ich ließ Regenreifen an der Box montieren. Danach wurde gleich das Auto umgebaut auf Regen und nach ca. zehn Minuten verließ ich die Box wieder.

Nun regnete es richtig und die Zeiten waren ca. 20 Sekunden langsamer pro Runde. Die Sicht war schlecht und ich beschloss nach Absprache mit meinem Ingenieur und Wolfgang, unserem Teamchef, nach 10 weiteren Runden das Training zu unterbrechen. Es war einfach zu viel Wasser auf der Strecke, um noch sinnvolle Daten zu erhalten.

Für Loic war das natürlich gar nicht gut, er war ja noch gar nicht gefahren. Aber ich war der Meinung, es war richtig, nicht weiter zu fahren und zu warten, bis es weniger regnen würde.

Wir standen nun alle am Kommandostand und schauten auf die Wetterdaten. Das Auto stand in der Garage und wir warteten noch 45 Minuten, als es dann etwas aufklarte und wir noch ca. 40 Minuten Training hatten. Diese sollte dann Loic fahren. Also hatte ich Feierabend für das 1. Training.

Ich ging im Motorhome duschen und kam dann an den Kommandostand zurück. Mittlerweile fuhr Loic auf Regenreifen seine Runden und alles lief bis zum Ende des 1. Trainings ohne Zwischenfälle.

Um 17 Uhr sollte das 2. Training beginnen und das sollte dann bis in die Dunkelheit gehen.

Davor hatten wir nun noch genug Zeit etwas zu essen, sich etwas auszuruhen und mit den Technikern die Daten auszuwerten.

Nachdem wir alles besprochen hatten, ging ich zum Essen und nahm meinen Laptop mit, um meine Emails kurz zu überprüfen.

Ich hatte die üblichen Mails. Eine Email erstaunte mich aber dann doch. Mein ältester Sohn Mick hatte mir geschrieben. Ich war etwas irritiert, weil er bislang nicht oft gemailt hatte. Da ich mir das in Ruhe vornehmen wollte, bearbeitete ich erst mal die anderen Mails. Als das erledigt war, spürte ich nun doch eine leichte Unruhe und öffnete seine Email.

„Hallo Papa,

du wirst hoffentlich etwas Zeit haben, meine Mail zu lesen. Ich muss mal einiges loswerden, was ich nicht so gerne am Telefon machen möchte. Ich bin eigentlich bislang immer sehr glücklich gewesen damit, dass du uns aus der Öffentlichkeit herausgehalten hast und ich mit normalen Freunden hier im Internat zusammen sein konnte. Aber ich vermisse dich momentan sehr. Ich habe dich schon lange nicht mehr hier im Internat zu Besuch gehabt. Es hat sich hier viel verändert und auch einige meiner Freunde sind der Meinung, dass du mal wieder herkommen solltest. Wir haben ja am Schuljahresende unsere mittlere Reife erreicht und es folgt der Wechsel in die Oberstufe. Da wird eine große Feier stattfinden und ich wünsche mir sehr, dass du dort mit uns feierst.

Ach ja, Leif freut sich tierisch, dich beim nächsten Rennen in Spa in Belgien zu besuchen und mit seinem Freund zusammen zu dir zu fahren. Du kennst ja Tommy, was für ein netter Junge er ist. Ich mag ihn auch, aber er ist halt auch manchmal echt anstrengend.

Ich glaube, er wird sehr aufgeregt sein. Es wird sein erstes Rennen live sein. Er wird wohl auch hoffen, dass du ihm ein Autogramm vom Tom besorgst. Er wird dir das bestimmt nicht sagen, weil es ihm peinlich ist, nicht dich als Lieblingsfahrer zu haben;-). Deshalb bekommst du von mir diesen Tipp.

Nun das unangenehme Thema. Leif und ich haben leider momentan immer häufiger Streit. Er will mich immer daran hindern, mit meinen Freunden abends noch wegzugehen. Er sagt, dass er nicht immer allein sein will. Ich will aber nicht mehr immer den Aufpasser hier spielen und nur für ihn da sein.

Ich bin genervt, weil ich auch mal meine Dinge machen möchte und mit Lukas und den anderen alleine weg möchte. Wir haben uns richtig gut angefreundet mittlerweile. Er ist ja noch nicht lange hier. Ihm fehlen seine Eltern sehr. Er ist oft traurig und er wünscht sich, dass der Autounfall seiner Eltern nicht geschehen wäre. Ich versuche dann mit ihm alleine irgendwohin zu gehen und wir reden dann viel, aber manchmal geht es mir auch nicht so toll dabei, weil ich dann daran denke, dass ich dich auch nicht so oft sehe, wie ich das gerne hätte. Ich weiß, ich habe immer gesagt, ich komme gut allein zurecht, aber momentan würde ich dich gerne häufiger sehen. Lukas und ich machen viel Sport und verstehen uns gut, aber ich werde auch immer sehr traurig, wenn er von seinen Eltern spricht. Manchmal sagt er abends auf dem Zimmer sogar, er wünsche sich, er wäre mit in dem Auto gewesen und dann jetzt nicht so allein. Das macht mich schon sehr traurig und ängstlich. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Er besteht immer darauf, ich soll niemand davon erzählen. Ich kann aber nun auch hier keinen mal fragen, was ich tun soll. Ich brauch jemanden zum Reden, Papa. Was kann ich noch tun für Lukas?

Leif fährt ja mit Tommy in 14 Tagen zu dir. Ich würde Lukas auch mal gerne eine Freude machen und ihn einladen im Sommer zum Rennen nach Austin in Texas zu kommen. Er würde das aber niemals machen, weil er sich das nicht leisten könnte. Und das Rennen davor wäre ja die 24h in Le Mans, da würde es kaum Sinn machen zu dir zu fahren.

Für mich wäre es aber sehr wichtig, das mit ihm zu machen. Soll ich ihm das sagen oder lieber nicht? Ich würde ihn gerne mal wieder richtig fröhlich sehen.

Vorgestern war dann ein richtiger scheiß Abend. Wir waren gemeinsam mit den anderen im Kino und danach wollten wir noch ein wenig zu Freunden. Dort wollte er dann unbedingt einige Wodka Red Bull trinken. Leider wollte er, dass ich mit ihm zusammen trinke. Er wurde richtig böse, als ich das ablehnte. Ich wäre doch ein Feigling. Das war mir echt zu blöd und ich bin dann sauer nach Hause gegangen. Als er um 24 Uhr immer noch nicht zurück war, habe ich mir Sorgen gemacht und unseren Vertrauenslehrer informiert. Herr Sturm hat dann dort angerufen und musste feststellen, dass sie ihn bereits dort ins Bett gesteckt hatten, weil er total betrunken war. Ich war geschockt. Lukas hatte noch nie Alkohol getrunken und nun das! Herr Sturm hat ihn dann gestern Mittag zum Gespräch vorgeladen. Danach ist er dann ziemlich fertig aufs Zimmer gekommen. Er redet momentan nicht mehr mit mir. Ich weiß nicht, was ich falsch gemacht habe? Kannst du mir vielleicht einen Rat geben, was ich tun soll? Ich mache mir Sorgen um ihn Papa. Vielleicht kannst du ja doch etwas Zeit finden, mir etwas dazu zu schreiben. Ich habe noch nie für einen Freund so eine Angst gehabt. Ich möchte ihn als Freund behalten und ihm helfen. Hoffentlich reden wir bald wieder miteinander. Er ist total sauer auf mich, weil ich ihn verraten hätte.

Bitte sage mir was ich machen soll.

Ich fühle mich total mies.

Liebe Grüße

Mick

Viel Erfolg am Wochenende in Silverstone für euch, habe ich ganz vergessen.“

Ich musste das erst mal sacken lassen. Nachdem ich mir das zweimal durchgelesen hatte, stellte ich mir die Frage, was habe ich hier verpasst? So eine Mail von meinem Mick. Ich hatte mir das nicht vorstellen können, dass er mir so etwas schreiben würde. War ich vielleicht zu sorglos gewesen? Nur weil mir meine Kinder immer gesagt hatten, sie kommen gut zurecht und wären glücklich. Ich wurde sehr nachdenklich. Aber ich hatte auch keine Zeit mir jetzt darüber größere Gedanken zu machen, da ich nun gleich zum zweiten Training musste. Aber das gab mir gerade ein mulmiges Gefühl. Ich nahm mir vor, entweder heute Abend noch Mick zu antworten oder eben morgen.

Aber jetzt ging es bald wieder zum Umziehen und dann in die Teamsitzung, um das Training zu besprechen.

Ich fuhr den Laptop runter und machte mich sehr nachdenklich auf den Weg. Ich ging also aus dem Motorhome durchs Fahrerlager Richtung Boxen. Mir ging einiges durch den Kopf und war gerade gedanklich überhaupt nicht an der Strecke.

Dann begegnete ich Wolfgang, unserem Teamchef. Er sprach mich an. Ich muss wohl abwesend gewesen sein, denn plötzlich sagte er:

„Marc, was ist los? Alles in Ordnung?“

Ich zuckte etwas zusammen und meinte dann nur:

„Oh, Wolfgang, ich war gerade nicht bei der Sache, entschuldige bitte.“

Wolfgang schmunzelte und meinte scherzhaft:

„Hoffe du bist gleich bei der Sache.“

Dann gingen wir zusammen in die Box und ich traf auch die anderen, die bereits auf uns warteten.

Diesmal sollte ich mit Fahren beginnen, dann Loic und Tom zum Schluss. Danach waren zum Ende des Trainings noch ein paar Lichttests vorgesehen. Wir wollten nur einige „Longruns“ fahren, um zu sehen, wie hoch unser Dieselverbrauch unter Rennbedingungen war. „Longruns“ bedeuten, dass wir eine längere Distanz am Stück fahren und nicht zwischendurch wieder an die Boxen fahren. Also in der Regel eine Tankfüllung. Das war ca. eine Stunde unter normalen Rennbedingungen. Heute aber machten wir aus, dass jeder 40 Minuten fahren sollte, dann gewechselt und getankt wird. Damit zum Schluss noch genug Zeit für die Lichttests blieb.

Um kurz vor fünf stieg ich also in das Auto, ließ mich anschnallen und verließ die Boxen. Mein Stint verlief völlig problemlos und so steuerte ich nach meinem Durchgang die Boxen an, um das Auto an Loic zu übergeben.

Ich übergab ihm das Auto und sprach kurz mit ihm, sagte, dass alles einwandfrei funktionierte und ging nach hinten in die Box. Tom kam auf mich zu und wir redeten über das Auto und die Bedingungen.

Ich war nun wieder etwas ruhiger geworden. Schon kamen die Gedanken wieder an Micks Email.

Ich wurde sehr nachdenklich. Tom bemerkte dies sofort. Er kam auf mich zu und meinte zu mir:

„Hey Marc, du siehst so nachdenklich aus. Was ist denn los?“

Wir verstanden uns wirklich gut, sein Sohn war mit knapp elf Jahren etwas jünger.

„Ach Tom, es ist nichts Schlimmes, ich habe nur eine Email von meinem Ältesten erhalten, die mir nicht aus dem Kopf geht.“

Er meinte dann, dass ich nach dem Training doch mit ihm zum Essen gehen könnte, dann würden wir die Ruhe haben, um mal darüber zu reden. Ich freute mich wirklich über sein Angebot und stimmte sofort zu.

Das weitere Training blieb trocken und alles lief nach Plan. Um acht Uhr ging das Training mit den vorgeschriebenen Lichttests zu Ende.

Nachdem alle Meetings gelaufen waren, schlug Tom vor ins Hotel zu fahren, um dann gemeinsam zu essen.

Um halb elf saßen wir frisch geduscht im Hotelrestaurant und bestellten uns etwas zu essen.

„So Marc, was für ein Problem hast du denn mit deinen Söhnen?“

Ich überlegte einen Moment, aber dann erzählte ich ihm die ganze Situation mit der Mail von Mick. Er hörte sehr aufmerksam zu und meinte dann zu mir:

„Marc, du bist überrascht? Warum? Dein Mick ist 16 und macht eigene Schritte in sein Leben. Du bist oft nicht da und er muss vieles allein entscheiden. Ich finde es toll, wie offen er dir sagt, was ihn bewegt und welche Ängste er zurzeit hat. Er fragt dich nach deiner Meinung und bittet ganz offen um Hilfe. Ich wäre an deiner Stelle heilfroh so einen Sohn zu haben. Er macht sich Gedanken und teilt sie dir offen mit. Ich gebe dir den Rat, nimm Mick sehr ernst und nimm dir für die Jungs mehr Zeit. Sie brauchen dich beide im Moment mehr als sonst.“

Ich war sehr erleichtert, dass Tom mir so deutlich sagte, was er davon hielt und ich hatte auch schon eine Idee, wie ich das Ganze hinbekommen könnte. Ich saß nun noch eine weitere Stunde mit Tom zusammen und er erzählte auch von seinem Sohn. Ich kannte ihn auch, denn er war häufig an der Strecke dabei.

Um kurz vor Mitternacht beschlossen wir ins Bett zu gehen. Wir verabschiedeten uns und ich dankte ihm noch mal für das Gespräch. Dann gingen wir auf unsere Zimmer. Ich zog mich schnell aus und legte mich schlafen. D.h. ich wollte mich schlafen legen, denn ich hatte noch zu viele Gedanken im Kopf.

Jedenfalls hatte ich für mich entschieden, ich werde nicht warten bis Leif nach Spa kommen würde. Ich werde nach dem Rennen hier noch einen Tag bleiben für einen PR-Termin. Dann aber direkt in die Schweiz zu den Jungs fliegen. Ich werde sie überraschen, dachte ich mir.

Wenn alles nach Plan lief, dann würde ich am Mittwoch gegen Mittag im Internat ankommen - also passend zum Schulschluss die Jungs überraschen. Mit ihnen essen fahren und alles besprechen. Das würde zwar bei Wolfgang nicht unbedingt auf Begeisterung stoßen, weil ich dann in der Woche vor Spa zwei PR Termine nicht wahrnehmen könnte - egal, ich hatte mich entschieden. Morgen würde ich das mit Wolfgang bereden.

Meine Frage war nun nur noch, soll ich Mick noch eine Antwort schreiben, oder warten, bis wir uns im Internat treffen würden. Ich entschied mich für eine kurze Antwort mit einem dezenten Hinweis auf eine Überraschung.

Ich schrieb also:

„Lieber Mick,

ich war sehr überrascht und auch etwas beunruhigt über deine so lange Email. Ich hatte ja mit Leif telefoniert und wollte Dich auch sprechen, aber Du warst mit deinen Freunden unterwegs. Du hast mir ja geschrieben, was ihr gemacht habt und was Du mit Lukas erlebt hast. Ich muss zugeben, dass mich deine Fragen und Bitten etwas überraschen, aber ich bin glücklich, dass Du mir das Vertrauen gibst, und ich dich beraten soll. Zuerst mal, ich möchte Dir hier nicht so ausführlich antworten, weil ich mir etwas anderes überlegt habe, um dich und Leif zu unterstützen. Sobald wir hier in Silverstone fertig sind, werde ich mich bei euch melden und dann werden wir alle Fragen in Ruhe besprechen.

Um deinen Freund Lukas solltest du dich auch weiterhin kümmern. Allerdings gib ihm etwas Zeit. Er ist vermutlich mit der Situation überfordert zurzeit. Der Tod seiner Eltern wird noch lange nicht verarbeitet sein. Dass er das mit Alkohol versucht, ist sicher ganz schlecht, aber auch eine Sache, die ihr ausprobieren müsst und lernen müsst, dass damit kein Erfolg zu haben ist.

Du hast dich völlig richtig verhalten und hast Dir nichts vorzuwerfen. Dass Du dir Sorgen machst, zeigt doch nur, dass Du seine Freundschaft für sehr wichtig hältst. Er hat aber deine Hilfe über Herrn Sturm als Verrat angesehen. Lehrer sind halt für ihn nur Lehrer. Er muss das noch begreifen, dass eure Lehrer mehr als nur Lehrer sind. Vielleicht redest Du mit Herrn Sturm mal und fragst ihn, was er mit Lukas besprochen hat. Vielleicht gibt er Dir ja einen Hinweis.

Du solltest mit Lukas versuchen zu reden und ihm ganz deutlich sagen, dass Du nur aus Sorge mit Herrn Sturm gesprochen hast und nicht um ihn bloßzustellen. Ich freue mich, dass Du dir Gedanken um deine Mitmenschen machst, und zweifel nicht so sehr an Dir. Du hast dich richtig entschieden.

Was Deine Streitereien mit Leif betreffen, bleib ruhig und mach Dein Ding. Er muss auch lernen, dass Du eine eigene Freizeit und eigene Freunde hast. Er ist jetzt 13 und da fehlt ihm wohl jemand aus der Familie sehr, um seine Probleme zu regeln. Das ist für ihn auch nicht schön, aber ich denke wir müssen darüber mal reden. Also sei bitte für ihn da, wenn es ihm schlecht geht und zeige ihm, dass er sich auf dich verlassen kann, wenn es wirklich nötig ist. Aber sag ihm auch, dass du nicht nur für ihn da sein musst und du eben andere Interessen entwickelst mit deinen fast 17 Jahren. Er muss sich da genauso dran gewöhnen, wie ich.

Es ist mittlerweile schon weit nach Mitternacht und ich muss morgen sehr früh raus. Ich werde jetzt schlafen gehen und melde mich dann nach dem Rennen am Sonntag.

Ich liebe Dich Mick, und über alles andere werden wir beim nächsten Mal ausführlich reden.

Dein Papa“

Als ich fertig war und die Mail abgeschickt hatte, war mir komisch zumute. Ich spürte irgendwie, dass ich mir mehr Zeit nehmen muss für meine Jungs. Aber solange ich noch fahren würde, war das wohl unmöglich. War ich vielleicht zu egoistisch, als ich mich Ende 2011 entschied, wieder Rennen zu fahren? Wäre es vielleicht besser gewesen, nicht auf sie zu hören, als sie sagten: „Papa, wir wollen, dass du glücklich bist. Wenn du wieder fahren willst, mach das. Wir sind ja keine kleinen Kinder mehr“

Mein Mick wollte, dass ich glücklich bin. Das musste ich mir mal durch den Kopf gehen lassen. Ich bekam einen Kloß im Hals.

Ich schlief dann auch erst gegen 1 Uhr ein - entsprechend ausgeschlafen wachte ich am nächsten Morgen auf.

Es ging alles - bis auf meine Müdigkeit - seinen gewohnten Gang bis zum Qualifying.

In der Pause zwischen letztem freien Training und Qualifying gingen meine Gedanken an Mick. Hatte er wohl meine Mail schon erhalten?

Mick: am nächsten Tag, Samstag

Ich machte mir Gedanken über Lukas. Immerhin hatte er sich etwas beruhigt und auch den Tag über war es relativ normal - richtig reden konnten wir aber immer noch nicht. Ich hoffte, dass Papa mir bald antworten würde.

Ich kam also nach dem Training mittags zurück in unser Zimmer und startete meinen PC. Lukas war noch nicht da und so konnte ich ungestört nachsehen, ob Papa es geschafft hätte mir zu antworten.

Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Ich rief: „Herein“ und es war Herr Sturm, unser Vertrauenslehrer.

Er fragte, ob Lukas schon zurück wäre. Aber Lukas war noch nicht da. Also bat er mich Lukas zu sagen, er komme später nochmal zurück.

Endlich konnte ich nachsehen, ob Papa schon geantwortet hatte. Und tatsächlich war bereits eine Antwort in meinem Postfach. Aber bevor ich sie ganz zu Ende lesen konnte, kam Lukas zurück und stellte seine Tasche aufs Bett. Er sah mich etwas nervös an.

Ich merkte, dass er mir etwas sagen wollte, aber sich wohl nicht traute. Ich richtete ihm aus, dass Herr Sturm da gewesen war und ihn sprechen möchte. Er möge bitte auf ihn warten.

Darauf wurde Lukas gleich wieder sauer und meinte ich wäre ja schuld daran, dass er nun Zoff mit ihm hätte.

Ich wollte erst einen Spruch lassen, aber ich wollte ja, dass wir Freunde bleiben und ihm helfen. Also sagte ich nichts dazu und er setzte sich auf sein Bett.

Er zögerte, aber dann sagte er plötzlich:

„Mick?“

„Ja.“

„Kann ich mit dir mal reden?“

„Wenn du wieder vernünftig mit mir reden kannst, gerne“

„Warum hast du mich verraten bei den Lehrern?“

„Ich habe dich nicht verraten, Lukas, ich habe mir echt Sorgen gemacht. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Also habe ich Herrn Sturm gebeten mir zu helfen. Er ist doch kein normaler Lehrer, wie du das von deiner alten Schule her kennst. Er hat möglicherweise noch gar nicht mit den anderen Lehrern gesprochen. Was hat er dir denn eigentlich gesagt?“

„Er meinte, ich sollte mir mal Gedanken machen, ob es nicht besser wäre, mit ihm oder mit dir zu reden, anstatt sich volllaufen zu lassen. Er wollte heute von mir eine Antwort haben und dann entscheiden was nun passiert.“

Wie gut dass ich Papas Antwort schon gelesen hatte zu dem Thema, dachte ich so.

„Weißt du Lukas, wir sind doch Freunde, oder?“

„Ja, ich hoffe ich bin noch dein Freund nach dieser Aktion?“

„Klar, ich bin dir nicht mehr böse, aber lass uns das bereden. Herr Sturm kommt ja gleich wieder.“

„Mick, kannst du nicht bei dem Gespräch mit Herrn Sturm dabei sein?“

„Möchtest du das wirklich?“

„Ja, ich brauche deine Hilfe.“

„Ok, dann machen wir das so.“

Eine Viertelstunde später klopfte Herr Sturm erneut und wir ließen ihn herein. Er schlug vor, ins Besprechungszimmer zu gehen. Wir folgten ihm und setzten uns zusammen hin. Herr Sturm war sofort einverstanden, dass ich mit dabei war. Mir war nicht ganz so wohl dabei.

Herr Sturm ließ nun Lukas erzählen und ich wurde immer trauriger. Er kommt einfach nicht mit dem Tod der Eltern zurecht. Er fing an zu weinen und mir war klar, er brauchte Hilfe. Herr Sturm schlug vor, dass ich ihm bei den Schulsachen helfen sollte und er wollte sich darum kümmern, dass Lukas Hilfe von einem Psychologen bekommt. Lukas wollte das nicht, er sagte, er wäre doch nicht krank. Nun wurde ich etwas ärgerlich und begann zu sprechen:

„Lukas, spinnst du? Es behauptet doch keiner, dass du krank bist. Wir möchten dir helfen mit deinen Problemen und deiner Trauer besser klarzukommen. Lass dir bitte helfen. Ich möchte dir als Freund beistehen und Herr Sturm wird dir auch helfen. Aber du musst dir auch helfen lassen. Ich verstehe ja, dass dir das jetzt vielleicht unangenehm ist, aber mit dem Alkohol löst du absolut keine Probleme.“

Herr Sturm schaute etwas überrascht über meine so heftige Art. Als ich fertig war, sah mich Lukas mit großen Augen an und Herr Sturm sagte dazu noch folgendes:

„Lukas, Mick hat Recht, du bist nicht krank, du brauchst aber Hilfe. Ich verstehe deine Trauer und ich möchte, dass du wieder lachen kannst. Mick ist dein Freund und er macht sich Sorgen um dich. Das war auch der einzige Grund, warum er mich überhaupt informiert hat. Ich möchte, dass du dir helfen lässt.“

Daraufhin sah ich, dass bei Lukas die Augen erneut feucht wurden. Er wollte am liebsten weglaufen. Aber ich stand auf und ging auf ihn zu. Ich wusste nicht, ob ich ihn nun in den Arm nehmen sollte, ich traute mich nicht. Aber ich legte meine Hand auf seine Schulter und dann sagte er mit schwerer Stimme:

„Mick, das darf hier aber keiner erfahren!“

„Natürlich bleibt das unter uns, was denkst du denn?“

Dann nickte er stumm und Herr Sturm sagte nun: „Lukas, ich habe noch mit keinem deiner anderen Lehrer gesprochen und ich werde das auch nicht tun, wenn du jetzt anfängst, dir helfen zu lassen.“

Lukas nickte nur und sagte dann zu uns: „Ok, ich werde es versuchen. Werden Sie sich darum kümmern mit dem Psychologen?“

Herr Sturm bejahte das und versprach sich zu melden, sobald er etwas erreicht hätte.

Wir beendeten unser Gespräch nach ca. einer Stunde, verabschiedeten uns von Herrn Sturm und gingen wieder auf unser Zimmer.

Dort sprach mich Lukas erneut an: „Mick, ich möchte mich nochmal bei dir entschuldigen, und vielen Dank, dass du mich nicht hängen lassen hast.“

„Lukas, einen Freund lasse ich deswegen nicht hängen, da muss schon was anderes passieren“

Ich wollte ihm jetzt nicht sagen, dass Papa Anteil daran hatte. Das wäre vielleicht nicht gut gewesen, und er hätte wieder zu sehr um seine Eltern getrauert.

Irgendwie war es nun schon fast Abend geworden. Was macht eigentlich Leif so, dachte ich noch, bevor ich nun erst mal duschen ging, Lukas tat es mir gleich und dann war der Nachmittag auch wieder rum. Irgendwie war es nun schon fast Abend geworden. Ich ging nun nach unten in den Mensa Bereich. Ich hatte Hunger und wollte mir was zu essen holen.

Ich saß nun alleine am Tisch und dachte noch mal über das gerade passierte nach. Ich war wirklich sehr froh, dass ich mich mit Lukas ausgesprochen hatte und wir weiter sehr gute Freunde waren.

Ich hatte aber noch die Sache mit Leif zu klären. Der „Kleine“ ging mir momentan einfach nur auf den Sack. Ständig nervte er rum und versuchte zu verhindern, dass ich abends mit Lukas und unseren gemeinsamen Freunden Stephen und Marcus mal wegging. Ich dachte nur, meine Güte, er ist doch kein kleines Kind mehr, auf das ich immer aufpassen musste. Ich beschloss nach dem Essen Papas Mail fertig zu lesen und mir danach weitere Gedanken zu dem Thema zu machen.

Bevor ich weiter denken konnte, kamen Stephen und Moni zu mir an den Tisch. Stephen war in meiner Jahrgangsstufe und Moni, eigentlich Monika, eine unter uns. Stephen und ich kannten uns aus einigen gemeinsamen Kursen und vom Tennis. Moni und er waren in letzter Zeit immer häufiger zusammen unterwegs und Stephen war dadurch seltener mit uns unterwegs. Ich war etwas unglücklich über diese Sache und wollte das mit Stephen irgendwann mal bereden. Allerdings ohne Moni.

„Hi Mick, schon so früh zum Essen hier? Sonst bist du doch noch beim Training oder laufen?“

Ich begrüßte beide und bat sie, sich zu setzen und erklärte ihnen dann, dass ich noch was zu regeln gehabt hatte und deshalb heute früher hier war.

Stephen und Moni begannen zu essen und ich leistete ihnen noch etwas Gesellschaft. Wir unterhielten uns noch über die Schule und einige belanglose Dinge, als Stephen nun meinte:

„Hey Mick, was macht eigentlich dein Vater so grade? Fährt er irgendwo ein Rennen?“

Moni sah etwas erstaunt zu Stephen und fragte dann:

„Mick, ist dein Vater also doch der Marc Steevens, also der berühmte Rennfahrer?“

Ich dachte nun, Mist, warum musste Stephen das nun grade jetzt fragen? Ich mochte das nämlich gar nicht, dass ich auf meinen Vater angesprochen wurde. Ich hatte meine Freunde eigentlich gebeten mich als normalen Freund anzusehen und zu vermeiden über meinen Vater zu reden, wenn andere dabei waren. Und Moni war für mich noch die Kategorie „andere“. Entsprechend war wohl auch mein Gesichtsausdruck und Stephen merkte sehr schnell, dass mir das jetzt nicht angenehm war.

„Sorry Mick, aber ich habe grade nicht dran gedacht. Bitte sei mir nicht böse.“

„Schon gut“, sagte ich zu Stephen und zu Moni gewandt: „Ja, Marc ist mein Vater und ich mag es aber nicht, hier ständig darauf angesprochen zu werden. Ich möchte einfach nur der Mick Steevens sein, der hier im Internat lebt wie jeder andere auch. Bitte tu mir den Gefallen und behandel mich genau so weiter wie bisher.“

Moni war das sichtlich unangenehm und sie nickte nur. Wir redeten wieder über alltägliche Dinge. Plötzlich wurde es etwas lauter im Raum und ich hörte mehrere jüngere Stimmen. Ich sah zur Tür und dann kam Leif mit Tommy und einem anderen Jungen herein, den dritten Jungen kannte ich nicht. Dachte aber nicht weiter darüber nach. Ich musste unbedingt bald mit Leif mal reden. Aber zuerst wollte ich noch lesen, was Papa mir dazu geschrieben hatte. Ich sah auf die Uhr und es war nun halb sieben. Ich wusste, dass Lukas nun zum Training war. Ich wollte mich grade verabschieden, als Stephen zu mir sagte:

„Mick, hast du nachher mal Zeit für mich? Ich würde gerne mal mit dir was besprechen.“

„Ja klar, komm so in einer halben Stunde bei mir vorbei, ist das ok?“

„Ich denke schon, bis dahin sind wir hier fertig“, grinste er.

Ich stand auf, verabschiedete mich von den beiden und ging nach oben auf mein Zimmer.

Ich sah noch mal rüber zu Leif und konnte sehen, dass er mich genau beobachtete. Ich gab ihm einen kleinen Gruß mit der Hand und ging aus dem Raum.

Auf dem Weg nach oben fragte ich mich, was möchte Stephen wohl? Er war in letzter Zeit ja immer alleine mit Moni unterwegs und nun wollte er mit mir reden. Eigentlich wollte ich ja mit ihm reden deswegen. Naja - abwarten, was er wollte. Vielleicht ergab sich daraus ja für mich eine Gelegenheit, mit ihm über mein Problem mit ihm zu reden.

In meinem Zimmer angekommen, startete ich meinen PC und dachte noch mal über Lukas nach. Ich habe es doch eigentlich wirklich gut, dachte ich. Ich habe meinen Vater und meinen Bruder, uns ging es wirklich gut. Lukas war nun ganz allein, ohne eigene Familie. Er hatte hier zwar Freunde, aber ohne Eltern aufzuwachsen, dieser Gedanke machte mich schon sehr nachdenklich. Wie würde ich damit umgehen? Und ich merkte, dass mir Lukas wirklich leidtat. Ich fühlte förmlich, wie er unsere Freundschaft brauchte und mir war das ganz und gar nicht unangenehm. Lukas war für mich ein besonderer Freund geworden, obwohl er ja noch gar nicht so lange hier war.

Nun wollte ich aber die Mail noch zu Ende lesen, bevor Stephen kam. Ich öffnete das Mail Programm und las dann den Schluss von Papas Mail. Ich fühlte mich nun besser, da mir Papa ja im Prinzip recht gab mit meinen Freunden mehr zu unternehmen. Ich beschloss baldmöglichst mit Leif zu reden, um das zu klären.

Es klopfte es an der Tür und Stephen kam herein. Er sah ernst aus, als er sich in den Sessel setzte. Ich fragte ihn, ob er was trinken möchte. Er nickte. Ich holte für uns eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank und zwei Gläser.

Nach einigen Momenten des Schweigens fing Stephen an zu sprechen:

„Mick, ich möchte dir etwas sagen. Es tut mir leid, dass ich in letzter Zeit so wenig mit dir und Lukas gemacht habe.“

Ich war nun echt überrascht, dass er nun genau das ansprach, was ich eigentlich mit ihm klären wollte. Er fuhr nun fort indem er sagte:

„Ich habe mich mit Moni etwas näher angefreundet und ich weiß nicht, ob ihr damit einverstanden seid, wenn ich sie einfach mitbringen würde. Ich will weiter mit euch befreundet sein und Lukas geht es ja grade nicht besonders gut. Ich wollte ihm nicht noch mehr Kummer machen, wenn ich nun vielleicht auch noch ne Freundin habe. Er nun vielleicht Angst hat, mich als Freund zu verlieren. Weißt du wie es ihm wirklich geht - nach dem Tod seiner Eltern?“

Ich war doch sehr überrascht und fragte erst mal direkt: „Ist Moni schon deine Freundin?“

„Ich weiß es noch nicht so genau, aber ich mag sie sehr und wir verstehen uns gut. Aber offiziell sind wir nur gute Freunde, aber ich könnte mir mehr vorstellen.“

„Ah ok“, ich musste schmunzeln.

„Warum fragst du sie nicht einfach, ob ihr zusammen sein wollt? Und ich wollte auch mit dir reden über genau das Thema. Ich war nämlich etwas enttäuscht, dass du nicht mehr mit uns unterwegs warst in letzter Zeit und du nur noch Zeit für Moni gehabt hast. Ich persönlich habe mit ihr keine Probleme und denke Lukas wird das auch nicht stören. Also bring sie doch einfach mit und wir sehen dann wie es läuft.“

„Meinst du wirklich? Du bist also nicht sauer auf mich?“

„Nein, jetzt nicht mehr, du hast ja mir gesagt, was los ist und das finde ich gut“

Ich gab ihm die Hand und wir vereinbarten, dass Stephen bei der nächsten Gelegenheit Moni einfach mitbringen würde, wenn sie Lust hätte, mit uns etwas zu unternehmen. Stephen war sichtlich erleichtert und ich war froh, dass wir das so schnell aus der Welt hatten.

Marc in Silverstone

Das Qualifying stand nun an und ich sollte es fahren. Das Auto wurde entsprechend auf eine oder zwei schnelle Runden hin abgestimmt und ich besprach mit Wolfgang die Strategie. Wir wollten gleich am Anfang zwei langsame Runden fahren, um die Reifen und Bremsen richtig anzufahren. Dann sollte ich in die Box kommen, nochmal neue Reifen holen und diese ebenfalls anfahren. Mit diesem Satz sollte ich aber auf der Strecke bleiben und dann zur Attacke übergehen. Es war für den zweiten Teil der Session Regen angesagt und wir wollten auf jeden Fall vorher eine Zeit gefahren haben.

Ich setzte nun meinen Helm auf und ging zum Auto. Tom kam nochmal zu mir und er klopfte mir auf die Schulter. Dann stieg ich ein, ließ mich anschnallen und startete den Motor. Ich legte den 1. Gang ein und fuhr langsam aus der Box. Ich begann alle Anzeigen zu checken und rollte in langsamer Fahrt über die Strecke. Die Reifen und Bremsen bekamen nun langsam Temperatur und die zweite Runde wurde nun etwas schneller, aber eben immer noch recht gemächlich. Alles lief problemlos und ich sagte über Funk, dass ich wie besprochen nun wieder reinkommen würde.

Als ich die Box anfuhr, war alles vorbereitet und die Reifen wurden gewechselt und ich ging direkt wieder raus. Nun sollte ich also angreifen und eine optimale Runde „hinzaubern“.

Nach der Einführungsrunde gab ich Gas und meine erste Runde war schon recht ordentlich, aber ich wollte noch mehr. Ich kam richtig in einen Fluss und die „Magetts“, „Becketts“ und „Chapell“ Kurven waren perfekt. Ich spürte, dass diese Runde gut lief. Als ich die Ziellinie überquerte, blinkte auf dem Display in meinem Lenkrad eine rote "1". Per Funk kam die Anweisung, noch eine schnelle Runde dranzuhängen und dann in die Box zurückzufahren. Ich gab weiterhin Gas. Die letzte Runde war gut, aber noch nicht perfekt. Gerade die „Brooklands-Kurve“ sollte ich noch besser hinbekommen. Also gab ich weiterhin Gas. Doch diesmal hatte ich mich überschätzt: Ich verpasste knapp den Bremspunkt. Die Räder blockierten, ich kam von der Ideallinie ab und statt die Kurve zu nehmen, rutschte der Wagen durchs Gras. Dank meiner schnellen Reaktion entkam ich einem bösen Crash. Ich touchierte aber noch die Reifenstapel, drehte mich und stand nun mit abgewürgtem Motor jetzt entgegen der Fahrtrichtung. Kaum hatte ich den Kopf wieder frei, hörte ich schon per Funk die Frage:

„Marc, bist du ok?“

„Ja, alles ok. Auto ist vermutlich beschädigt, ich komme langsam zurück. Sorry Jungs, das war mein Fehler.“

„Komm zurück, wir können keine großen Schäden erkennen. Aber mach langsam.“

„Ok, ich komme langsam an die Box.“ Innerlich war ich total sauer auf mich. Ich hatte einfach zu viel gewollt und dann das Auto rausgeworfen. Ein leichter Einschlag in den Reifenstapel war die Folge. Sowas ärgerte mich immer enorm.

Nachdem ich die Box erreicht hatte, stieg ich erst mal aus und sah mir den Schaden an. Wolfgang kam hinzu und fragte zuerst, ob ich ok sei. Dann erklärte ich ihm, was passiert war. Ich entschuldigte mich bei allen, weil es ganz klar ein Fahrfehler meinerseits war. Das Training war nun erst mal für uns vorbei. Die Mechaniker mussten nun das Auto checken und reparieren.

Nach ungefähr zehn Minuten kam Wolfgang zu mir: „Marc, die vordere rechte Aufhängung ist verbogen und der Unterboden hat was abbekommen. Das müssen wir tauschen. Ich denke das Qualifying ist erst mal vorbei. Wenn alles gut läuft, können wir zum Ende noch einen Funktionscheck machen. Aber deine Zeit ist ne Ansage für die anderen. Bis jetzt haben wir noch ne halbe Sekunde Vorsprung auf den 2.Platz.“

Er grinste mit einem Augenzwinkern.

„Wird es für das Rennen Probleme geben aufgrund meines Fehlers?“

„Nein, ich denke nicht. Mach dir keine Gedanken, die Jungs bekommen das hin. Heute Abend werden wir aber sicherheitshalber alles neu vermessen.“

Ich wollte jetzt zu Tom und Loic, um mich zu entschuldigen und erklären, was genau passiert war. Beide waren sehr gelassen und meinten, sowas kommt halt vor. Lediglich Loic war etwas mehr genervt. Er hatte ja schon meinetwegen im ersten freien Training nicht fahren können. Er sollte eigentlich heute noch mal zum Schluss des Qualifyings ein paar Minuten fahren. Ich musste nun aufpassen, dass ich mir nicht noch mehr Zorn von ihm einhandelte. Toms Kommentar war lediglich, lieber jetzt, als im Rennen. Er zwinkerte mir zu und ich musste etwas schmunzeln. Dennoch ärgerte ich mich enorm über meine Dummheit.

Nach einiger Zeit kam Wolfgang zu uns und berichtete, dass wir wohl die letzten 10 Minuten noch mal raus fahren könnten. Allerdings regnete es mittlerweile. Wir entschieden uns, das auf das „warm-up“ am nächsten Morgen zu verschieben.

Also packten wir das Equipment ein. Wir Piloten gingen zum Teambreafing. Nach einer Stunde hatten wir alles geklärt und ich ging nach der Pressekonferenz mit meinen Teamkollegen zum Hotel. Ich sprach noch kurz mit Tom und wir verabredeten uns zum gemeinsamen Essen in einer guten Stunde.

Ich ging duschen und frische Freizeitklamotten anziehen.

Dann wollte ich mit Leif telefonieren und mit ihm über das Problem Mick reden. Anschließend das Rennwochenende in Spa mit ihm und Tommy besprechen.

Gedanklich versuchte ich mir zu überlegen, wie ich ihm denn klarmachen konnte, dass er Mick mehr Freiheiten lassen musste und sich mehr auf seine Freunde konzentrieren soll. Ich hatte nun das Problem, aus der Distanz ein Gespräch zu führen, was eigentlich nur persönlich zu führen ist. Für mich wurde klar, dass ich mich häufiger mit den Jungs vor Ort beschäftigen musste. Ich nahm also das Telefon und tippte Leifs Nummer ein.

„Hallo Papa, schön dass du dich meldest. Wie ist es im Qualifying für euch gelaufen?“

„Hallo Leif, eigentlich sehr gut. Wir haben die schnellste Runde hinbekommen, aber ich habe das Auto dann rausgeworfen und schwer beschädigt. Deshalb konnten wir das Qualifying auch nicht zu Ende fahren. Wie geht es dir?“

„Mist, bist du Ok? Und wie ist das passiert?“

Ich merkte, dass er nun sehr aufgeregt war, und musste jetzt ganz schnell die Sache klären, damit er sich nicht beunruhigt.

„Ja klar, mir geht es gut, keine Sorge, du weißt doch, wie sicher unsere Autos sind. Und außerdem war es auch nicht so schlimm. Ich habe einfach einen Bremspunkt verpasst. Also ein blöder Fehler, weil ich mal wieder zu viel wollte. Aber wie geht es dir nun?“

„Danke, mir geht es ganz gut, aber ich habe etwas Stress mit Mick.“

Ich wusste ja nicht, ob er schon mit Mick gesprochen hatte, nachdem ich Mick geschrieben hatte. Ich tat erst mal so, dass ich von nichts wusste.

„Was hast du denn für einen Stress mit Mick? Wo brennts denn?“

„Ach Papa, er ist in letzter Zeit immer unterwegs mit seinen Freunden und ich fühle mich oft allein mit allem.“

„Aber du hast doch eigene Freunde, mit denen du auch was machst. Du brauchst doch nicht immer den Mick an deiner Seite zu haben. Er hat mittlerweile auch eigene Interessen und vielleicht ist er ja auch mal abends im Kino oder so etwas. Er ist halt schon fast 17 und kann auch mal abends länger weggehen.“

„ Aber er hat immer nur Zeit für Lukas und gar nicht mehr für mich. Er redet nur noch von Lukas und das er seine Eltern durch einen Unfall verloren hat. Für mich nimmt er sich kaum noch Zeit. Ich brauche seine Hilfe in Mathe. Ich bin da echt nicht mehr so gut. Aber wenn ich das ihm sage, redet er nur von Lukas und das er da jetzt gebraucht wird. Ich glaube, dass ihm Lukas wichtiger ist als ich. “

Oha, dachte ich so. Das scheint ja doch problematischer zu sein, als ich dachte. Ich bemerkte, wie traurig Leif war, und musste nun versuchen, ihm das Gefühl zu geben, dass er mit diesen Dingen eben nicht allein war. Aber meine Nähe, die er jetzt gebraucht hätte, konnte ich ihm nicht geben.

„Leif, ich glaube du bist zu empfindlich. Mick muss nicht ständig auf dich aufpassen. Es gibt auch andere, die dir helfen können. Tommy zum Beispiel. Könnt ihr nicht zusammen lernen? Oder sprich doch mal mit deinem Vertrauenslehrer, wer dir in Mathe helfen könnte“

„Ja schon, aber ich möchte, dass Mick wieder mehr Zeit für mich hat. Du bist ja auch immer weg und Mick ist halt der Einzige, dem ich so alles erzählen kann und so.“

Nanu? Was war das denn? Eine klare Kritik an mich? Ich war zu oft weg! Dabei hatten sie doch beide immer gesagt, ich sollte wieder fahren. Das musste ich unbedingt beachten. Jetzt ging mir durch den Kopf, wie erkläre ich ihm diese Sache mit Mick.

„Leif, hör mal. Sonst hast du dich nie darüber beschwert, dass Mick auch mit seinen Freunden was gemacht hat. Du warst doch selbst oft dabei, wenn er mit seinen Freunden was gemacht hat. Du bist doch immer mit seinen Freunden klargekommen.“

„Ja, aber seit Lukas auf seinem Zimmer wohnt, hat er nur noch Zeit für Lukas und ich bin halt außen vor, meistens jedenfalls. Abends darf ich eigentlich nie mehr mit raus.“

War er vielleicht eifersüchtig auf Lukas, dachte ich so für mich. Mir wurde klar, dass ich viel öfter bei ihnen sein musste in der Zukunft. Ich war definitiv zu naiv gewesen, als ich mich auf ihre Worte damals verlassen hatte. Das wollte ich aber noch nicht sagen, denn ich wollte sie ja mit meinem Besuch in den nächsten Tagen überraschen. Und in diesem Jahr fing meine Rennsaison ja gerade erst an. Da kam ein größeres Problem auf mich zu.

Ich merkte, dass hier etwas Größeres im Busch war. Ich musste Leif nun irgendwie beruhigen.

„Leif, hör mal, du bist 13 und Mick ist fast 17. Da kann er abends länger weggehen und wird dich dann eben nicht mitnehmen können, weil du früher zurück sein musst. Aber ich habe einen Vorschlag, wäre es dir recht, wenn ich mit Mick mal sprechen würde, um mal zu hören, was da bei ihm los ist? “

„Ja Papa, das wäre echt lieb von dir.“

„Ok, ich werde mit Mick mal telefonieren und dann mal sehen, was er sagt und wie wir das auf die Reihe bekommen. Was anderes, Leif. Wie sieht das mit dem Wochenende in Spa aus? Willst Du immer noch mit Tommy zusammen kommen oder lieber allein?“

„Ja, auf jeden Fall. Tommy ist schon total aufgeregt und redet schon die ganze Zeit davon. Weißt du schon, wie das mit der Fahrt geht? Und was wir alles mitnehmen sollen?“

„Langsam Leif, ich werde mich um alles kümmern und euch rechtzeitig Bescheid sagen, wann ihr zum Bahnhof müsst oder zum Flughafen. Du brauchst dich nicht zu sorgen, ich regel das hier und ihr müsst nur die normalen Sachen einpacken.“

Ich hatte eigentlich schon klar, dass sie mit mir zusammen nach Spa fliegen würden. Das konnte ich ihm ja nicht sagen. Meine Aufgabe war nun, so schnell wie möglich meine Reise zu ihnen in die Schweiz zu organisieren.

„Papa, sprichst du wirklich mit Mick nochmal? Ich will nicht immer allein sein hier.“

„Leif, ich rede mit ihm, aber du musst dich auch mehr um eigene Freunde in deinem Alter bemühen. Mick hat andere Interessen mittlerweile, vielleicht hat er auch eine Freundin und da würdest du halt einfach nur stören. Er ist nicht dein Aufpasser. Mach ihn also nicht für dich verantwortlich. Er soll sein eigenes Leben führen und ich verspreche dir, dass er für dich da sein wird, wenn du ihn wirklich brauchst. Wenn es dir mal schlecht geht, dann kannst du mich immer anrufen. Meine Truppe weiß Bescheid und sie würden mir sofort sagen, wenn du angerufen hättest. Ich melde mich dann sofort bei dir.“

„Papa, ich vermisse dich grade.“

„Leif, ich kann dich verstehen und ich verspreche dir, ich melde mich spätestens am Montag nach dem Rennen hier. Dann reden wir in Ruhe darüber, wie es weitergeht. Ist das ok für dich? Und ich melde mich morgen Mittag vor dem Rennen noch mal. Ok?“

„Ok, dann bis morgen und viel Erfolg.“

„Bis morgen Leif und ich liebe dich.“

Dann legte er auf. Ich wurde sehr nachdenklich. Ich musste mir das unbedingt mal durch den Kopf gehen lassen, wie das weiter gehen würde. Ich nahm nun also mein Handy mit, für alle Fälle und ging zum Essen mit Tom. Ich würde mit ihm darüber gut sprechen können. Leider merkte ich auch, dass Mick mir nicht so wirklich alles zu Lukas erzählt hatte. Lukas schien doch mehr für ihn zu bedeuten, als er bisher mir gesagt hatte. Auch das Alkoholerlebnis erschien nun für mich in einem etwas anderen Licht. Ich sollte unbedingt mehr Zeit mit beiden verbringen, um mir ein besseres Bild zu machen, wo ich sie mehr unterstützen sollte. Auch Lukas wollte ich unbedingt kennenlernen.

Mick im Internat

Nachdem Stephen gegangen war, saß ich noch einen Moment auf meinem Sofa. Ich überlegte, wie ich mit Leif das klären konnte, ohne dass es groß Streit geben würde.

Allerdings gefiel mir das auch viel besser, mit Lukas zusammen etwas zu machen, als mit meinem kleinen Bruder. Irgendwie fühlte ich etwas für Lukas.

Er tat mir leid und ich mochte ihn wirklich. Und er schien mich ja auch zu mögen, nachdem wir uns ausgesprochen hatten.

Aber ich wollte Leif das nicht so direkt erzählen. Nicht dass er Papa erzählen würde, ich wäre nur noch für Lukas da und Papa kommt auf komische Gedanken. Wobei ich mir gar nicht mehr so sicher war, was meine Gefühle für Lukas betraf. War es nur Freundschaft? Oder war es auch etwas anderes. Oh man, wie kompliziert das alles ist. Außerdem bekam ich irgendwie noch Lust mit Lukas was zu machen. Ich hatte ja nun ereignisreiche Tage gehabt und wollte nun wieder entspannt mal was machen.

Lukas würde gleich vom Training kommen und ich hatte Lust mit ihm eine Partie Billard zu spielen. Aber ich wollte vorher noch bei Leif vorbei und mit ihm reden. Also schrieb ich Lukas bei „whats-app“ dass ich kurz bei Leif vorbei wollte und wir dann noch zusammen was machen können.

Ich ging Richtung Leifs Zimmer. Das lag ja in dem anderen Trakt, wo die Mittel- und Unterstufe untergebracht war. Es piepte und ich sah, dass Lukas geantwortet hatte und er auch Bock auf was machen hatte. Er würde auf mich im Zimmer warten. Er wollte noch duschen und was essen vorher.

Mittlerweile stand ich vor Leifs Zimmer und klopfte an:

Plötzlich ging die Tür auf und Tommy stand vor mir. „Mick? Du hier? Allein? Wo hast du Lukas gelassen?“

Diese Worte überraschten mich. Warum sollte ich mit Lukas kommen?

„Hallo Tommy, ist Leif auch da? Und kann ich reinkommen?“

„Ja klar, komm rein.“

Ich betrat das Zimmer und sah Leif über den Schulsachen am Schreibtisch sitzen.

„Hallo Leif, immer noch fleißig?“

Leif schreckte hoch und sah mich völlig verdutzt an.

„Mick? Du hier? Alleine?“

Was sollte das? Schon wieder diese Anspielung auf Lukas.

„Leif, ich möchte mal mit dir reden. Allein.“

„Ok, wo gehen wir hin?“

Dann meinte Tommy, er wollte eh grade noch bei Nico vorbei und so konnten wir bei Leif im Zimmer bleiben.

Leif nahm eine Flasche Cola aus dem Kühlschrank und füllte zwei Gläser. Eines reichte er mir rüber. Ich nahm das Glas und er sah mich mit etwas ängstlichem Blick an. Mir war gerade auch nicht so wohl zumute. Ich war sehr nervös und wusste nicht, wie ich das Gespräch anfangen sollte.

Da kam mir Leif zuvor. „Mick, warum darf ich nicht mehr mit dir und deinen Freunden mit?“

Oh man, dachte ich nur. Was geht hier denn ab?

„Du hast nie Zeit für mich, du bist nur immer mit Lukas beschäftigt, und wenn ich dich mal in Mathe um Hilfe bitte, kommt nur „keine Zeit“ von dir. Ich finde das total blöd von dir.“

Ich dachte, irgendwie geht das hier in die falsche Richtung. Ich wollte doch mit ihm reden und nicht mir von ihm Vorwürfe anhören.

„Leif, ich glaube du spinnst. Ich habe eigene Freunde und die wollen nicht, dass mein kleiner Bruder immer wie eine Klette an mir hängt. Wir gehen abends auch mal länger weg, weil ich schon fast 17 bin und du eben erst 13. Außerdem hat Lukas große Probleme zurzeit und ich bin der Einzige, dem er sich anvertraut. Da kann ich nicht mehr so viel Zeit für dich haben. Außerdem musst du dir einen eigenen Freundeskreis aufbauen. Du hast doch Tommy als guten Freund. Warum also nervst du mich immer so zurzeit?“

Ich konnte sehen, dass Leif immer wütender wurde und auch traurig war.

„Mick, du denkst nur noch an Lukas, aber ich bin dein Bruder. Warum hilfst du mir nicht mehr? Ich kann Papa nicht fragen, weil er auch nie Zeit hat, da habe ich dich immer gefragt. Und du hast mir immer geholfen bisher. Ich habe das Gefühl, Lukas ist dir mehr wert als ich.“

Ich merkte, wie seine Augen feucht wurden, und ich hatte auch ein beschissenes Gefühl grade im Bauch. Verdammt noch mal! Ich musste doch nicht immer den Aufpasser spielen, dachte ich so für mich, aber das konnte ich so auch nicht stehen lassen. Er war mein kleiner Bruder und ich fühlte mich auch ihm gegenüber verantwortlich. Wie sollte ich das jetzt ohne großen Stress hinbekommen?

„Leif, jetzt ist aber gut. Du bist mir immer noch sehr wichtig, aber ich habe meine eigenen Freunde und die wollen dich nicht immer mitnehmen, weil du erst 13 bist. Und du musst keine Angst haben. Wenn du mich wirklich brauchst, werde ich für dich da sein, aber du musst dir mehr gleichaltrige, eigene Freunde suchen. Und ja, es stimmt, Lukas braucht mich momentan sehr. Er ist oft sehr traurig, weil er eben keine Eltern mehr hat, die sich um ihn kümmern könnten. Sie sind tot. Vielleicht kannst du mal darüber nachdenken, wie du dich da fühlen würdest, wenn Papa plötzlich nicht mehr da wäre?“

Leif sah mich mit traurigen Augen an und es lief eine Träne über sein Gesicht, als er sagte:

„Ich will aber auch mit dir wieder mehr machen und nicht immer nur hinter Lukas stehen. Ich bin schlecht in Mathe und du musst mir helfen. Ich habe Angst, dass ich das alleine nicht schaffe!“

Nun war seine Fassung komplett hinüber und er warf sich aufs Bett und weinte. Ich war überrascht und wusste nun erst mal nicht, wie ich mich verhalten sollte. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich ging dann zu ihm ans Bett und setzte mich neben ihn. Er lag nun auf dem Bauch auf dem Bett und schluchzte immer noch heftig. Ich legte nun eine Hand auf seine Schulter und streichelte ihn vorsichtig. Ich legte die Hand in seinen Nacken und ließ sie dort liegen. Ich kraulte seine Haare am Nackenansatz. Das fühlte sich für mich komisch an, aber irgendwie auch schön, meinen kleinen Bruder zu trösten. Ich beugte mich zu ihm hinunter und flüsterte ihm ins Ohr: „ Leif, ich verspreche dir, ich werde dich nicht hängen lassen in Mathe, bitte beruhige dich etwas. Wir finden eine Lösung, ganz bestimmt.“

Es dauerte noch einen Moment, dann beruhigte er sich und sah mich mit roten Augen an. Er stand vom Bett auf und wir standen nun dicht voreinander.

„Meinst du das ernst oder sagst du das nun nur so?“

Ich musste nun schlucken, und ich wusste nicht warum, aber ich ging auf ihn zu und umarmte ihn richtig. Ich fühlte seinen Körper zittern, und ich bekam auch ein komisches Gefühl dabei, aber es fühlte sich gut an. Früher hatten wir das häufiger getan, aber in letzter Zeit nicht mehr.

Nach einigen Momenten löste ich die Umarmung und sagte zu ihm: „Leif, ich verspreche dir zu helfen, aber du musst verstehen, dass wir alle schon älter sind und abends auch mal länger weggehen.“

Er nickte und ging dann ins Bad sich frisch machen.

Mittlerweile hatte mich Lukas schon angeschrieben, wo ich denn bleiben würde. Ich schrieb zurück, dass ich gleich kommen würde. Nachdem Leif aus dem Bad gekommen war, fragte ich ihn, ob ich gehen könnte und ob jetzt alles wieder ok sei?

Er nickte und dann verabschiedete ich mich von ihm mit einer Umarmung.

Ich ging zurück in mein Zimmer zu Lukas. Auf dem Weg gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Ich war von Leifs heftiger Reaktion immer noch geschockt. Und dann das Gefühl, als ich ihn getröstet hatte. So ein Gefühl hatte ich nicht erwartet. Wenn ich ehrlich war, hatte ich sogar ein Kribbeln im Bauch und es fühlte sich schön an, ihn so zu streicheln. Ich war verwirrt.

Als ich mein Zimmer betrat, lag Lukas schon fertig umgezogen auf seinem Bett und schaute mich fragend an. „Wo warst du noch so lange? Ich dachte wir wollten noch zusammen was machen.“

„Ja, sorry, ich war bei Leif und wollte mit ihm was klären. Aber das hatte länger gedauert.“

Ich wollte eigentlich Lukas nicht mehr erzählen, aber er sah mich prüfend an und meinte dann:„Es gab Stress, oder? Leif ist sauer auf dich, weil du nicht mehr viel mit ihm machst.“

Wie er darauf kam, wusste ich jetzt nicht, aber ich konnte ihn nicht anlügen. Ich nickte nur und sagte: „Komm, lass uns Billard spielen gehen.“

Damit wollte ich das Thema wechseln. Lukas und ich nahmen unsere Jacken und gingen los. In der Nähe gab es ein Billard-Cafe, wo wir schon öfters gespielt hatten. Wir kamen nach ca. zehn Minuten Fußweg dort an und meldeten uns für einen Snookertisch an. Wir bekamen die Kugeln und bestellten uns noch zwei Cola.

Wir bauten das Spiel auf und dann versuchte ich mich auf das Spiel zu konzentrieren. Lukas begann mit dem Anstoß und wir spielten beide ein gutes Match. Wir redeten relativ wenig während der Partie, weil Snooker ein anspruchsvolles Spiel ist. Allerdings in den Pausen zwischen den Spielen, setzten wir uns immer wieder an den Tisch und redeten miteinander. Ich hatte irgendwie das Gefühl, wir würden schon ewig befreundet sein. Auch Lukas war sehr gelöst und er erwähnte nicht einmal seine Eltern. Irgendwann sahen wir zur Uhr und es war schon halb zehn. Also bezahlten wir unseren Tisch und die Getränke und gingen gemeinsam zurück.

Auf dem Weg zurück, meinte Lukas dann zu mir: „Das war ein richtig schöner Abend, sollten wir das nicht häufiger machen?“

„Ja, fand ich auch, ich wäre auf jeden Fall dabei. Und kein nerviger kleiner Bruder dabei.“

„Ach Mick, sei nicht so gemein zu Leif. Er ist doch erst 13. Er braucht deine Hilfe noch. Dafür wird er dir noch dankbar sein.“

„Naja, aber hier möchte ich ihn nicht mitnehmen. Lukas, ich habe mal eine Frage an dich. Aber bitte sei nicht sauer.“

„Warum sollte ich sauer werden, wenn du mir eine Frage stellen willst?“

„Nun ja, ich weiß nicht, ob ich sowas einfach fragen darf. Lukas, wir haben uns schon über alles unterhalten, ohne große Geheimnisse, aber du hast noch nie von Mädchen gesprochen.“

Nun wurde ich sehr unsicher, aber ich nahm meinen Mut zusammen und stellte ihm die Frage: „Hattest du schon mal eine Freundin?“

Lukas sah mich plötzlich mit großen Augen an und schwieg erst mal eine Zeit lang. Ich dachte nun, Mist, ich glaube das war die falsche Frage. Nach einer gefühlten Ewigkeit antwortete Lukas mir:

„Hey, wie kommst du denn jetzt darauf? Nein, ich hatte noch keine Freundin. Im Moment habe ich aber auch anderes im Kopf als Mädchen. Und du? Hast du schon mal eine Freundin gehabt?“

„Nein, aber ich habe mit Stephen vorhin gesprochen, weil ich wissen wollte, warum er in letzter Zeit nicht mehr mit uns zusammen wegging. Und da sagte er mir, dass er Moni halt sehr mag und sie sich gut verstehen würden.

Ich fragte ihn dann, ob er mit ihr zusammen sei, aber er meinte nur, sie wären gute Freunde, aber er könnte sich auch mehr vorstellen. Ich habe ihm gesagt, er könnte Moni ruhig mitbringen, wenn wir was machen würden.

Ich habe dann auch mal so dran gedacht, wie das bei mir ist, ob ich auch gerne ne Freundin hätte, aber irgendwie habe ich da noch gar kein Interesse dran. Ob das wohl normal ist, das ich mit 17 noch kein Interesse an Mädchen habe?“

„Wieso sollte das nicht normal sein? Ich möchte momentan auch noch keine Freundin haben. Ich habe noch so viel mit dem Tod meiner Eltern zu kämpfen. Ich bin momentan viel lieber mit dir zusammen. Du verstehst mich total und bist immer für mich da gewesen, wenn es mir schlecht ging. Das ist mir viel wichtiger, als ne Freundin.“

„Das war doch selbstverständlich, du würdest das für mich genauso machen, da bin ich mir sicher.“

Mittlerweile waren wir wieder im Internat angekommen und gingen auf unser Zimmer. Ich machte etwas Musik an, setzte mich aufs Sofa. Lukas legte sich aufs Bett und wir schwiegen erst mal einen Moment.

Mir kam das Gefühl vorhin bei Leif wieder in den Sinn. Irgendwie hatte ich noch nie solch ein ähnliches Gefühl bewusst gespürt. Auch wenn ich mir mal im Bad einen runterholte, war eigentlich nie konkret ein Mädchen im Kopf. Manchmal fragte ich mich sogar, ob das normal wäre. Ich hatte mich noch nie getraut, mit irgendjemandem darüber zu reden. Lukas aber fragte ich nach einer Freundin. Es fühlte sich überhaupt nicht peinlich an. Eigentlich würde ich ihn gerne mal nach seinen Wichserlebnissen fragen. Irgendwie merkte ich, dass mir das ihm gegenüber, überhaupt nicht peinlich war. Ich fühlte eine Vertrautheit, über die ich mich sehr wunderte.

Wir lagen auf unseren Betten, beide in unseren Gedanken versunken. Plötzlich meinte Lukas:

„Mick, du hast mich vorhin nach einer Freundin gefragt, darf ich dich auch mal was fragen? Wir sind uns irgendwie so vertraut geworden. Ich habe niemanden, dem ich mehr vertraue als dir, aber ich möchte dich etwas sehr Persönliches fragen.“

Ich staunte und wusste gar nicht, was ich davon halten sollte. Aber ich war nun sehr neugierig geworden und meinte zu ihm: „Klar, schieß los. Ich denke, wir sollten keine Geheimnisse mehr haben, so gut, wie wir uns verstehen.“

„Bist du dir sicher, weil ich habe eine Frage, die mich schon lange beschäftigt, aber ich traute mich nicht, sie jemandem zu stellen. Dir vertraue ich aber total mittlerweile. Aber es ist mir etwas peinlich. Es geht ums Thema wichsen.“

Mir wurde plötzlich ganz heiß. Warum hatte er diese gleichen Gedanken? Und er sprach mich direkt auf dieses Thema an. Wie sollte ich antworten? Ich wollte ja auch mit ihm reden, aber so direkt?

„Ok, ich habe damit kein Problem, aber es bleibt unter uns, ok?“

Ich war jetzt echt gespannt was er mich fragen würde. Er zögerte und ich merkte wie aufgeregt er war.

„Hast du schon mal beim Wichsen an einen Jungen gedacht?“

Peng! Das haute mich um. Ich erschrak und er merkte das sofort. Er wollte noch sagen, dass ich nicht antworten müsse, aber ich konnte ja jetzt nicht kneifen. Aber ich konnte diese Frage auch nicht beantworten, weil ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht hatte.

„Äh, also ich weiß nicht so genau, habe ich noch nicht drüber nachgedacht. Wieso fragst du gerade das?“

„Ich weiß nicht, ich habe einfach manchmal Lust es mit einem Jungen gemeinsam zu machen. Nicht immer nur alleine, heimlich im Bad. Früher zu Hause in meinem Zimmer habe ich davon geträumt einen Freund zu haben, mit dem ich das mal zusammen machen würde. Aber ich habe mich das nie getraut zu fragen. Bei dir ist das anders, ich vertraue dir viel mehr als allen anderen. Was denkst du jetzt von mir?“

Ich war überhaupt nicht vorbereitet auf dieses Thema und wusste wirklich nicht, wie ich reagieren sollte. Ich wollte ihn aber auch nicht enttäuschen. Er hatte mir ja total vertraut und nun überlegte ich stark, was ich ihm antworten sollte. Da merkte ich, dass er anfing zu schluchzen, vermutlich, weil ich nichts antwortete.

„Lukas, bitte habe keine Angst. Ich bin dir nicht böse. Ich glaube nur, ich weiß nicht was ich dazu sagen soll. Es kommt so überraschend für mich.“

Aber er fing nun richtig an zu weinen, er stotterte nur noch, ich würde jetzt bestimmt denken er wäre ne Schwuchtel und ich wollte nun nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Ich musste nun etwas tun. Aber was? Sollte ich zum ihm rüber gehen und ihn trösten? So wie bei Leif vorhin, aber er war ja nur mein Freund und nicht mein Bruder. Aber ich hatte ein noch stärkeres Gefühl für ihn, wie bei Leif. Ich entschloss mich also aufzustehen und zu ihm zu gehen. Ich setzte mich neben ihn auf sein Bett. Die Tränen liefen nur so über sein Gesicht. Ich bekam eine Gänsehaut und meine Hand zitterte, aber ich nahm allen Mut zusammen und legte meine Hand auf sein Gesicht und strich ihm über die Wange.

„Lukas, sag nicht sowas, ich werde immer dein Freund sein. Und ich glaube sogar, dass jeder Junge mal solche Gedanken hat. Du musst keine Angst haben. Ich habe nur noch nie darüber mit jemandem gesprochen, gib mir etwas Zeit darüber nachzudenken.“

Er hörte auf zu weinen und setzte sich auf. Nun saßen wir nebeneinander auf seinem Bett und ich wollte ihn einfach nur in den Arm nehmen, aber sollte ich das tun? Er war nicht mein kleiner Bruder. Ich zögerte, aber mein Gefühl war stärker, ich legte meinen Arm auf seine Schulter und er schaute mich an. Dann legte er seinen Kopf gegen meine Schulter und er zitterte am ganzen Körper. Ich streichelte ihm den Kopf und er beruhigte sich langsam wieder. Ich spürte ein Gefühl, wie ich es noch nie vorher gespürt hatte. Selbst bei Leif war es nicht so stark gewesen. Es war sehr schön, aber es verwirrte mich auch sehr.

„Mick, danke, dass du noch mein Freund bist, ich hatte Angst du würdest mich auslachen.“

„Dich auslachen, niemals. Lukas, das verspreche ich dir. Ich mag dich sehr gerne und ich würde dir noch etwas mehr sagen, aber ich muss noch darüber nachdenken. Bitte gib mir etwas Zeit. Aber ich freue mich, dass du mir vertraut hast und ich weiß das sehr zu schätzen“

„Ok, danke Mick. Ich geh jetzt mal duschen.“

Was war jetzt eigentlich passiert? Ich musste nachdenken. So ein Gefühl wie eben hatte ich noch nie gehabt, aber warum? Wollte ich mit Lukas sowas auch mal ausprobieren oder wollte ich nur mit ihm zusammen sein, so wie eben, als ich ihn getröstet hatte. Ich musste nachdenken. Auf jeden Fall war es nicht unangenehm neben ihm zu sitzen, ihn zu streicheln. Als er seinen Kopf an meine Schulter lehnte, hatte ich ein tolles Gefühl und ein Kribbeln gespürt. Das konnte ich ihm so nicht sagen, oder? Ich beschloss, darüber erst mal eine Nacht zu schlafen. Es war auch schon richtig spät geworden. Als Lukas aus der Dusche kam, hatte ich mich bereits ausgezogen und lag im Bett.

Lukas sah mich an und wollte noch etwas sagen, aber er schwieg und legte sich in sein Bett.

„Lukas, mach dir keine Sorgen, wir sind weiter Freunde, ich werde dir morgen vielleicht mehr dazu sagen können, ok?“

„Ja, in Ordnung und danke.“

„Schlaf gut, wenn was ist, komm zu mir.“

„Ok, du auch und danke das du so nett und ehrlich zu mir bist.“

Dann löschten wir das Licht und ich lag noch lange wach. Erst weit nach Mitternacht schlief ich dann auch ein.

Marc: Sonntagvormittag in Silverstone

Nachdem ich mit Tom gefrühstückt hatte, fuhren wir vom Hotel zur Strecke. Mir ging noch das Gespräch mit Leif durch den Kopf. Ich saß mit Tom zusammen im Auto. Ich fragte ihn nach seiner Meinung. Ich wollte wissen, ob ich einfach zu den Jungs fahren sollte. Ich wollte unbedingt wieder mit ihnen zusammen sein. Ich erklärte ihm meinen Plan, dass ich Leif und Tommy nach Spa mitbringen würde.

Tom fand meine Idee gut. Er wollte sogar seinen Sohn fragen, ob er nicht auch nach Spa mit möchte. Ich konnte mich wirklich gut mit Tom unterhalten. Wir waren halt fast gleich alt und er war ein richtig netter Kerl - neben der Strecke. Auf der Strecke war er ein ganz harter Hund und verdammt schnell.

Wir kamen an der Strecke an und ich musste nun Wolfgang über meine Pläne informieren. Oder sollte ich bis morgen damit warten? Heute war Renntag, ich wollte keinen Stress machen. Ich verschob das auf morgen. Oder vielleicht nach dem Rennen, wenn es gut gelaufen war.

Loic, Tom und ich hatten uns mit dem Team darauf geeinigt, dass wir jeweils einen Doppelstint fahren. Also jeder zwei Stunden am Stück mit einem Tankstopp und nur Reifenwechsel zum Fahrerwechsel.

Damit konnten wir beim Tanken jeweils die Zeit für den Reifenwechsel sparen. Bei den Sportwagen gab es nämlich die Regel, dass beim Tanken keine anderen Arbeiten durchgeführt werden durften.

Loic sollte den Start fahren, nach zwei Stunden sollte ich das Auto übernehmen. Da Tom von uns die konstantesten Zeiten auf top Niveau fuhr, sollte er das Auto über das Ziel fahren. Hoffentlich dann auch als Erster.

Die Bedingungen sollten sehr interessant werden. Typisches England Wetter. Es sollte immer wieder regnen zwischendurch. Also es war durchaus zu erwarten, dass unsere Strategie noch geändert werden musste, wenn wir auf Regenreifen wechseln mussten.

Der Start war auf vierzehn Uhr gelegt und wir hatten nun noch ca. zwei Stunden bis es losgehen sollte.

Ich beschloss deshalb noch etwas Pasta zu essen, und dann noch mal mit Leif zu telefonieren. Ich wollte mit ihm über Mick noch mal sprechen. Das Thema ließ mir keine Ruhe. Wie sollte ich mich da verhalten? Sollte ich direkt eingreifen oder lieber abwarten?

Damit ich etwas Ruhe zum Telefonieren hatte, ging ich zum Motorhome und zog mich in den Ruhebereich zurück.

Ich wählte seine Nummer und wartete.

„Papa? Ist was passiert?“

„Hallo Leif, nein alles gut. Aber ich wollte sicher gehen, dass bei euch alles in Ordnung ist. Hat sich Mick bei dir mittlerweile gemeldet?“

„Ja, er war gestern zu mir gekommen und wir haben miteinander geredet. Er hat sich wirklich Zeit für mich genommen. Wir haben erst gestritten, aber dann hat er mir das versucht zu erklären. Ich glaube, ich habe es verstanden. Und er hat mir versprochen in Mathe zu helfen.“

„Sehr schön, ich freue mich, dass ihr miteinander geredet habt. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, reden wir nochmal gemeinsam darüber.“

„Ja ist gut Papa. Ich hoffe er hilft mir wirklich, wenn ich ihn brauche.“

„Leif, ich bin da ganz sicher, nur geh ihm nicht ständig auf die Nerven. So ich muss jetzt zum Rennen los. Leif, ich rufe dich morgen an und dann besprechen wir das Wochenende in Spa, ok?“

„Ja ist in Ordnung Papa, viel Glück dann jetzt.“

Ich legte dann auf.

Mick: Sonntagvormittag im Internat

Ich hatte sehr unruhig geschlafen und wachte bereits um neun Uhr mit ziemlichen Kopfschmerzen auf. Ich musste mich erst mal sammeln und die Ereignisse von gestern noch mal sortieren. Lukas schlief noch tief und fest, das gab mir Zeit darüber nachzudenken.

Wie sollte ich seine Äußerungen verstehen? Begann er sich als schwul zu outen oder war das nur ein normaler Wunsch von pubertierenden Jungs? Ich hatte keine Ahnung, aber ich konnte für mich noch nicht sagen, dass ich nur Jungs mögen würde. Ich hatte mir eigentlich noch nie Gedanken über das Thema gemacht. Ich habe meine Freunde gehabt, weiblich wie männlich. Ich wollte bislang gar keine Beziehung haben. Freundschaften bedeuteten mir viel mehr. Jetzt kam Lukas und vertraute mir seine ganz persönlichen Empfindungen und Träume an. Einerseits war ich schon stolz darüber, dass er mich als Freund auserkoren hatte, sich mir anzuvertrauen.

Andererseits löste das bei mir auch große Unsicherheiten aus. Wie sollte ich mich ihm gegenüber nun verhalten? Ich mochte ihn als Freund sehr, aber wollte ich das, was er sich gewünscht hatte? Heute Morgen würde ich eher sagen, nein, das wollte ich nicht. Aber nur weil ich mir darüber noch nie Gedanken gemacht hatte. Nicht weil ich Lukas nicht vertraute oder ihn gar nicht mochte. Nur wie sollte ich ihm das nun erklären?

Ich beschloss erst mal aufzustehen und mich unter die Dusche zu begeben. Gott sei Dank half die Dusche meine Kopfschmerzen etwas zu lindern. Lukas schlief immer noch tief und fest. Ich wollte ihn nicht wecken und war ganz leise. So hatte ich noch mehr Zeit darüber nachzudenken.

Nachdem ich mich angezogen hatte, ging ich hinunter und setzte mich an einen Tisch mit meinem Frühstück. Ich war ziemlich allein im Frühstücksraum. Das gefiel mir sehr gut, ich konnte so meinen Gedanken nachgehen und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer wurden meine Gedanken. Ich wollte mich Lukas gegenüber genauso verhalten wie bisher. Ich hoffte, dass mir das gelingen würde und Lukas jetzt nicht mehr von mir erwartete.

Nun kam noch die Frage, sollte ich mit ihm direkt reden, oder sollte ich einfach so weitermachen, als wenn nichts gewesen war? Schwierige Lage für mich, wie ich fand. Ich brachte nun mein Tablett zurück und ging wieder nach oben. Mittlerweile war es halb elf geworden und ich vermutete, dass mir Lukas jetzt begegnen würde.

Ich betrat unser Zimmer und Lukas stand gerade unter der Dusche. Ich setzte mich in den Sessel und nahm mir den Laptop. Ich wollte schauen, ob ich irgendwelche Nachrichten aus Silverstone fand. Aber ich konnte nichts wirklich Interessantes finden. Schließlich begann das Rennen ja auch heute erst um 14 Uhr Ortszeit in England. Deshalb beschloss ich Leif zu fragen, ob er mit mir auf den Tennisplatz gehen würde. Das würde mich vermutlich auf andere Gedanken bringen.

Ich legte also meinen Laptop zur Seite und schickte Leif bei „whats-app“ meine Frage, ob er mit mir auf den Platz gehen würde. Er spielte für sein Alter gar nicht so schlecht. Allerdings wollte er keine Turniere spielen und nur mit seinen Freunden zum Spaß. Für mich war das aber jetzt auch eine gute Möglichkeit ihm zu zeigen, dass ich mit ihm auch noch Zeit verbringen möchte.

Einen kurzen Moment später klingelte mein Handy. Ich sah Leifs Nummer im Display und wunderte mich. Ich nahm das Gespräch an und sagte: „Hallo Leif, guten Morgen und gut geschlafen?“

„Guten Morgen Mick, ja danke, sag mal meinst du das ernst mit dem Tennis spielen? Ich würde gerne mit dir spielen, aber ich bin ja nicht so gut wie du.“

„Dann lass uns in einer Viertelstunde auf dem Tennisplatz treffen, ich packe grade noch meine Tasche und komme dann rüber.“

„Super Mick, ich freue mich wirklich, dass wir mal wieder spielen. Ich bin gleich da.“ Dann legte er auf. Ich steckte mein Handy in die Tasche und hatte gar nicht bemerkt, dass Lukas mittlerweile im Zimmer stand und sich anzog. Ich wünschte ihm einen guten Morgen und meinte, er hätte ja wie ein Stein geschlafen, und grinste ihn an.

„Morgen Mick, ja es stimmt wohl, ich war echt platt nach gestern Abend.“ Er sah mich prüfend an und meinte dann: „Ich geh erst mal Frühstücken, du bist Tennis spielen, oder wie?“

„Ja, ich habe mich mit Leif verabredet grade. Wenn du willst, kannst du ja auch vorbeikommen. Vielleicht können wir ja auch noch einen Satz spielen. Mit Leif zu spielen ist ja nicht so anstrengend für mich.“

„Mal sehen, ich kann noch nichts versprechen. Dann mal viel Spaß und grüß Leif von mir.“

Ich nickte, nahm meine Tasche und verließ mit einem: „Bis später, Lukas!“ das Zimmer.

Während ich Richtung Tennisplatz ging, kreisten meine Gedanken um gestern und heute Morgen. Lukas hatte mich vorhin so merkwürdig beobachtet. Hatte das was zu bedeuten? Ich fand, ich hatte mich normal wie immer verhalten. Hoffentlich würde diese Geschichte nicht zum Problem für unsere Freundschaft werden.

Ich kam zum Tennisplatz und Leif war schon da. Er kam auf mich zu und strahlte richtig. Ich hatte jetzt auch wirklich Lust mit ihm etwas zu spielen. Ich würde auf andere Gedanken kommen und gleichzeitig mit Leif etwas Zeit zusammen verbringen.

Leif umarmte mich kurz und dann gingen wir auf den Platz. Wir spielten uns im T-Feld warm und dabei redeten wir ganz locker über alles Mögliche. Nach zehn Minuten etwa schlug ich vor, an die Grundlinie zu gehen. Leif stimmte zu und wir begannen uns die Bälle zuzuspielen. Es machte uns beiden viel Spaß, Leif war wirklich besser geworden und ich staunte schon etwas über seine Fortschritte. Nach weiteren zehn Minuten wollte Leif eine kurze Trinkpause machen. Wir gingen zur Bank und setzten uns nebeneinander auf eine Bank.

„Leif, du bist echt besser geworden. Es macht mir richtig Spaß heute Morgen mit dir zu spielen. Ich glaube, ich sollte wieder häufiger mit dir spielen.“ Er sah mich mit großen Augen an und strahlte mich an. Er sagt dann: „Meinst du das ernst? Ich freue mich auch total. Ich habe mich schon lange nicht mehr so gefreut auf dem Platz.“

Wir redeten noch kurz über die Schule und sein Thema in Mathe, dann spielten wir weiter. Wir wollten auch einen richtigen Satz um Punkte spielen. Deshalb machten wir noch einige Aufschläge und dann fingen wir an richtig zu spielen. Ich wusste natürlich, dass Leif nicht so gut war wie ich, und deshalb ließ ich ihn immer mitspielen. Manchmal spielte er auch richtig gute Punkte und ich gab sogar ein Spiel ab. Darüber freute er sich richtig und war mächtig stolz, gegen mich ein Spiel gewonnen zu haben. Leif strengte sich richtig an und er versuchte wirklich, jeden Ball zu bekommen. Nach einiger Zeit stand es 4:1 im zweiten Satz und beim Seitenwechsel sah ich plötzlich Lukas mit seiner Tasche kommen. Zu Leif sagte ich: „Du spielst heute richtig gut. Es macht mir viel Spaß mit dir zu spielen.“

„Ja, ich bin auch echt zufrieden.“ Er sah nun auch Lukas kommen und sein Lächeln verschwand, als er sagte: „Müssen wir jetzt aufhören?“

„Warum das denn? Nur weil Lukas kommt? Nein, wir spielen auf jeden Fall den Satz zu Ende. Lukas und ich hatten uns nicht fest verabredet. Er kann so lange warten.“

Leif strahlte wieder und wir gingen zurück auf den Platz. Lukas stand nun direkt am Zaun hinter meiner Grundlinie. Ich gab ihm einen Gruß mit der Hand und er meinte dann: „Sorry, ich habe es nicht eher geschafft. Hast du noch Lust mit mir zu spielen oder jetzt nicht mehr?“

„Klar können wir noch einen Satz spielen. Aber ich muss erst noch mit Leif den Satz zu Ende spielen. Das habe ich versprochen.“

„Mach das, ich schau so lange zu, darf ich mich auf eure Bank setzen?“

„Klar, kein Problem.“

Nun strengte sich Leif noch mehr an und er bekam sogar noch ein zweites Spiel im Satz. Lukas staunte auch nicht schlecht, was Leif alles zurückspielte. Nach weiteren fünfzehn Minuten stand es 6:2 für mich und wir gingen zum Netz zum obligatorischen Händeschütteln. Leif strahlte über das ganze Gesicht und er umarmte mich sogar anstelle des Handshakes. Ich war wirklich froh, dass wir heute zusammen gespielt hatten, und sagte zu ihm: „Leif, das war richtig gut heute. Wenn du willst, können wir gerne wieder häufiger spielen. Vielleicht spielen wir auch mal ein Doppel. Was denkst du, Lukas?“ Lukas sah mich erstaunt an und meinte dann: „Ja klar, bin ich dabei. So gut habe ich dich - Leif - noch nie spielen sehen.“ Leif strahlte und dann zogen wir den Platz ab. Ich meinte zu Lukas, er könne sich ja schon mal aufwärmen. Ich würde grade noch was trinken und eine kleine Pause machen. Danach könnten wir anfangen.

Marc in Silverstone

Die Autos standen nun alle in der Startaufstellung und es gab das Kommando „60 Sekunden“. Das hieß noch eine Minute bis zum Beginn der Einführungsrunde, bei uns wurde ja fliegend gestartet. Anders als in den Formel-Klassen, wo mit stehendem Start begonnen wird.

Ich wurde langsam nervös und begab mich zum Kommandostand an die Boxenmauer. Mittlerweile rollte das Feld hinter dem „Safety-Car“ los in die Einführungsrunde. Unser Renningenieur checkte den Funk an verschiedenen Stellen der Strecke und dann kam das Feld langsam wieder Richtung „Club Corner“. Ab da scherte das „Safety-Car“ aus und die Autos nahmen Geschwindigkeit auf. Aber erst auf der Zielgeraden durfte voll beschleunigt werden. Jetzt wurde es spannend, hoffentlich ging alles ohne Kollision ab, dachte ich für mich. Loic beschleunigte und er kam als Erster auf die „ Abbey“ Passage zu. In der ersten Runde dürfte diese Stelle mit Vollgas gefahren werden. Dann ging es auf „Village Corner“ zu. Das war ein Nadelöhr. Ich war äußerst angespannt, aber Loic war clever genug nichts zu riskieren und gab nach. Er fädelte sich als Zweiter ein.

Die ersten Runden verliefen ohne große Zwischenfälle für uns und Loic war sicherer Zweiter. Er konnte das Tempo der Führenden gut mitgehen und somit lief für uns alles nach Plan. Nach zehn Runden hatten sich alle in etwa auf ihren Positionen stabilisiert und wir waren mit nur zwei Sekunden Rückstand weiterhin Zweiter.

Ich hatte nun erst mal etwas Zeit und konnte mich in die Box zurückziehen. Ich würde ja erst in ungefähr 100 Minuten zum Einsatz kommen. Bis dahin musste ich mich zwar bereithalten, falls etwas passieren würde, aber ich konnte auch etwas entspannen. Ich hatte ja keinen Einfluss auf das Geschehen. Ich sprach kurz mit Wolfgang, er war sehr zufrieden und alle Daten waren im grünen Bereich. Es gab keine Probleme. Ich ging zu Tom, der mittlerweile auch zum Start erschienen war und wir wollten zum Motorhome gehen, um uns noch etwas zu unterhalten. Ich lud ihn für nach dem Rennen zum Essen ein und dann würde wir unsere genauen Pläne für Spa besprechen. Plötzlich vibrierte mein Handy. Ich nahm es aus meiner Tasche und sah, dass mir Leif eine SMS geschickt hatte. Nanu? Ich öffnete die SMS und las:

- Hallo Papa, heute Morgen hat mich Mick gefragt, ob ich mit ihm Tennis spielen würde. Ich war total überrascht und wir haben über 90 Minuten richtig gut gespielt und viel Spaß gehabt. Ich bin total kaputt, aber richtig glücklich. Mick hat mich sogar gelobt! Hoffentlich war das nicht nur eine einmalige Sache. Gruß Leif -

Ich lächelte und war echt erstaunt. So glücklich habe ich Leif lange nicht mehr gesehen. Ich konnte mir gut vorstellen, wie fröhlich er nun war. Das war doch eine richtig schöne Überraschung. Mick war auf Leif zugegangen und sie hatten einen schönen gemeinsamen Vormittag.

Auf dem Weg zum Motorhome begegneten uns zwei Fernsehteams, ein Sportsender und ein Sender aus England, die jeweils ein kurzes Interview von uns haben wollten. Wir erzählten kurz den Stand der Dinge und dass das Rennen noch fünfeinhalb Stunden dauern würde.

Wir kamen im Motorhome an, dort waren noch einige unserer Service Leute, die bereits dabei waren, für abends das Essen vorzubereiten. Tom und ich holten uns jeder einen Tee und gingen in den Ruhe-Bereich. Tom hatte ein Funkgerät dabei und so konnten wir alle Teamgespräche mithören. Sollte also etwas passieren, könnten wir innerhalb weniger Minuten wieder in der Box sein. Aber die nächsten 20 Minuten lief alles ohne Probleme. Loic lag mit sieben Sekunden Rückstand auf Platz zwei. Für ein Sechs-Stunden-Rennen sind sieben Sekunden so gut wie gar nichts.

Wir hörten nun über den Funk, dass Loic sogar Sprit gespart hatte und wir zwei Runden mehr fahren konnten bis zum Tankstopp. Also das war doch eine gute Nachricht. Denn der Führende würde bereits drei Runden vor uns reinkommen zum Tanken.

Wolfgang meldete sich im Funk und bat mich sicherheitshalber in die Box. Wenn Loic zum Tanken kam, sollte ich für den Notfall sofort einsteigen können. Das war eigentlich Routine und ich machte mich also auf den Weg in die Box. Dort machte ich mich komplett einsatzbereit, also Helm und Handschuhe an. Außerdem sollte es die Konkurrenz etwas irritieren, das wir schon einen Fahrerwechsel planen würden.

In der nächsten Runde sollte Loic reinkommen zum Tanken. Die Boxenmannschaft stand vollständig bereit. Auch neue Reifen lagen bereit. Falls ein Techniker ein Problem feststellte, hätten wir sofort reagieren können.

Nun war Loic in die Boxengasse abgebogen und rollte auf unsere Box zu. Er hielt auf den Zentimeter perfekt in der Markierung und der Tankrüssel wurde aufgesteckt. Innerhalb von 60 Sekunden flossen nun 80 Liter Diesel in den Tank. Die Trinkflaschen wurden aufgefüllt und Loic gab einen kurzen Bericht über das Auto. Alles war bestens und nach 65 Sekunden rollte er wieder ins Rennen. Jetzt dauerte es noch ungefähr 55 Minuten und ich war an der Reihe. Vielleicht würde es auch noch ein paar Minuten länger dauern. Geplant war jetzt, dass Loic Druck machen sollte und kein Diesel mehr sparen. Also voll auf Angriff fahren und versuchen den Abstand zu verringern.

Ich blieb noch zwei Runden in der Box, ging dann zu Wolfgang an den Kommandostand und holte mir den aktuellen Datensatz ab. Alle Werte waren absolut normal. Ich sagte dann Wolfgang, dass ich wieder rübergehen würde und planmäßig zehn Minuten vor dem Wechsel zurück sein würde.

Im Motorhome legte ich mich noch ein paar Minuten hin, nicht um zu schlafen, sondern um mich zu entspannen und in die Konzentration zu gehen. Tom ließ mich nun allein. Er wusste, dass ich nun meine Ruhe haben wollte.

Als ich so auf dem Bett lag, kamen mir doch die Jungs wieder in den Kopf. Vor allem die SMS von Leif. Mick hatte sich auf Leif zu bewegt und ihn eingeladen, darüber freute ich mich wirklich. Ich hoffte das würde nun etwas Entspannung bringen, aber ich kannte auch Mick und wusste, dass sich das schnell ändern konnte. Vor allem wenn Leif nicht genug Abstand halten würde. Aber warum wollte Mick eigentlich so deutlich mehr Distanz zu Leif? Hatte er vielleicht eine Freundin, von der ich nichts wusste? Und er wollte nicht, dass Leif davon erfährt und es mir dann erzählte. Ich war leider nicht gut im Bilde und würde mir häufiger vor Ort ein Bild machen müssen. Das wünschten sich die Jungs ja auch. Ich döste nun so vor mich hin, als plötzlich Tom reinkam und meinte ich sollte mich langsam mal fertigmachen.

Ich stand also auf, und begann mich komplett anzuziehen. Nach wenigen Minuten war ich bereit und ging zurück in die Box. Tom wünschte mir viel Glück und blieb zurück.

Ich ging zuerst zu Wolfgang an den Kommandostand, um mich genauestens zu informieren. Ich bekam also einen ausführlichen Bericht, inklusive der Abstände. Loic war einen tollen Run gefahren und lag nun zwölf Sekunden vorne. Leider hatte seine Hatz auch mehr Diesel verbraucht als im ersten Teil. Jetzt würde er also planmäßig reinkommen und keine drei Runden zusätzlich fahren können.

Ich ging wieder in die Box, nahm mir meinen Helm und Handschuhe. Ich bekam noch von meinem Ingenieur die Information, dass ich neben neuen Reifen und einer Tankfüllung Diesel auch einen neuen Satz Bremsbeläge bekommen sollte. Das bedeutete, der Stopp würde etwas länger dauern. Also würde ich mit einem leichten Rückstand wieder ins Rennen gehen. Es sei denn, dass die Konkurrenz auch länger stehen würde.

Nun war es soweit, Loic rollte in die Parkposition an der Box, ich öffnete die Tür und er sprang aus dem Auto. Er gab mir einige kurze Hinweise über das Auto und die Strecke. Ich wechselte die Trinkflaschen, die Mechaniker tankten und ich setzte mich in das Auto. Ich ließ mich von Loic anschnallen. Da laut Reglement außerhalb der Box keine Reparaturen durchgeführt werden durften, wurde das Auto auf Rollwagen gestellt, schnell um 90 Grad gedreht und rückwärts in die Box geschoben. Dort wurden die Räder abmontiert. Zwei Mechaniker pro Rad begannen nun, die Beläge an allen vier Bremsscheiben zu wechseln. Nach wenigen Minuten wurden neue Reifen montiert und ich konnte den Motor wieder starten. Wir waren nun auf den dritten Platz zurückgefallen. Aber wenn alle Konkurrenten ihren Tankstopp gemacht hatten, wären wir wieder Zweiter. Ich rollte aus der Box mit dem Speedlimiter und checkte alle Anzeigen. Über Funk kam die Anweisung: „Clear Track“, was so viel wie freie Strecke bedeutete. Ich konnte also ohne auf den Verkehr achten zu müssen Gas geben und mich auf die Strecke einfädeln.

Ich versuchte so schnell wie möglich meinen Rhythmus zu finden. Die Reifen waren noch nicht richtig auf Temperatur und so waren die ersten Kurven etwas vorsichtig. Nach einer halben Runde hatte ich Vertrauen in die Reifen und gab richtig Gas. Innerhalb von zehn Runden war ich am Führenden wieder dran und fuhr direkt in seinem Windschatten. Über Funk hörte ich dann plötzlich die Ansage von meinem Renningenieur: „Hold Position“, warum das denn? Warum sollte ich die Position halten und nicht weiter angreifen? Ich fragte sofort nach, ob es ein Problem gab. Ich bekam nur zur Antwort, dass wir zu viel Diesel verbrauchten. Ich sollte also die Motoreinstellung auf Mix 2 zurücknehmen und erst mal einige Runden im Windschatten Sprit sparen.

Das gefiel mir überhaupt nicht. Das war eines der Dinge im Sportwagenrennen, die ich gehasst hatte. Nicht so schnell wie möglich zu fahren, sondern immer wieder langsamer, weil wir sonst mit der vorgegebenen Dieselmenge nicht ins Ziel kommen würden.

Nun gut, ich nahm also die gewünschten Einstellungen vor und blieb hinter dem Führenden. Nach weiteren 15 Minuten hinterherfahren und leichter Frustration meinerseits, bekam ich nun - endlich - das „go“. Ich durfte wieder voll angreifen und das tat ich dann auch. Ich bekam ein leichtes Grinsen ins Gesicht, denn das Auto lag perfekt auf der Straße. Es war einfach phantastisch ausbalanciert. Es lief absolut perfekt. Innerhalb von nur vier Runden war ich an dem Konkurrenten so dicht dran, dass ich in der „Copse Corner“ aus dem Windschatten ging und mit mehr Schwung dann vorbeiging. Bis zur „Stowe Corner“ hatte ich eine Sekunde herausgeholt und gab weiter alles, um den Vorsprung zu vergrößern. Ich wollte Tom einen möglichst großen Vorsprung übergeben. Also fuhr ich weiterhin voll auf Angriff und nach weiteren problemlosen 20 Runden hatte ich über 15 Sekunden herausgefahren. Wir lagen immer noch im Soll, was unseren Spritverbrauch betraf. Also durfte ich weiterhin voll fahren bis zum ersten Tankstopp.

Nach ziemlich genau 55 Minuten bekam ich den Funkspruch: „Noch zwei Runden, dann zum Tanken!“ Ich drückte den Knopf, um zu bestätigen, dass ich das verstanden hatte. Das Rennen lief bislang einfach perfekt. Eigentlich zu perfekt dachte ich für mich. Ich spulte noch die beiden Runden ab und bog dann in die Boxengasse ab. Knopf drücken für den Speedlimiter nicht vergessen, und dann vor der Box passend zum Stehen kommen.

Meine Tür wurde aufgerissen, die Flaschen gewechselt, Tür wieder zu und dann begann das Tanken. Ich hatte nun etwa eine Minute zum Verschnaufen. Wolfgang gab mir die Daten vom Auto und alles war im grünen Bereich. Lediglich die Ankündigung einer Wetteränderung beunruhigte mich etwas. Der Regen sollte früher als angekündigt kommen. Das bedeutete vielleicht eine Strategieänderung. Wir mussten das also abwarten. Ich hoffte jedenfalls, dass wir keinen zusätzlichen Stopp machen mussten. Das wäre eine große Umstellung, komplett auf Regenreifen gehen zu müssen. Da wäre es besser gewesen, wenn Tom dann direkt übernehmen würde. Er könnte dann gleich damit beginnen. Nun gut, abwarten, das Tanken war beendet und ich startete den Motor. Erster Gang und los!

Meine letzte Stunde war angebrochen und wir waren weiterhin Erster. Der Vorsprung betrug ungefähr 15 Sekunden. Wir entschlossen uns, etwas Gas rauszunehmen, um wieder mehr Spielraum in der Strategie zu haben, bezüglich des Spritverbrauches. Also nahm ich etwas Gas raus und kontrollierte das Rennen so, dass der Vorsprung konstant blieb.

Ich spulte Runde um Runde ab und ich bemerkte, dass sich der Himmel immer mehr verdunkelte. Immer wieder musste ich Fahrzeuge aus den kleineren Klassen überrunden. Viele Male ging das ohne Probleme, ich fuhr nun bereits in der letzten halben Stunde meines Stints, als ich auf einen GT 2 Wagen auflief. Wir waren aus „Copse Corner“ raus und ich wollte auf jeden Fall vor dem Geschlängel bei „Beckets“ an ihm vorbei. Ich setzte zum Überholen an und scherte aus. Leider hatte der Fahrer mich wohl gar nicht gesehen und zog genau in meine Linie rein. Sch…! Voll in die Bremse und ausweichen. Ich kam ins Gras und es rumpelte heftig. Ich konnte das Auto unter Kontrolle halten und war schnell wieder auf der Strecke. Ich fluchte in den Funk: „Wo waren die blauen Flaggen? Verdammt noch mal, diese d… Nuss!“

Die Reifen waren nun verdreckt und ich brauchte eine ganze Runde, um mich neu zu sortieren. Aber es sah so aus, als ob alles ohne größere Schäden abgegangen war. Der Vorsprung war nun auf 5 Sekunden geschmolzen. Am Funk wurde fleißig debattiert, ob wir früher reinkommen sollten, um das Auto zu checken und die Reifen zu wechseln. Ich war der Meinung, das sollten wir nicht tun und ich sollte so weiterfahren bis zum planmäßigen Stopp. So wurde es dann auch gemacht.

Einige Runden später bekam ich das Signal vom Renningenieur: "Zwei Runden noch, dann reinkommen!“ Ich antwortete, dass ich verstanden hatte. Kurze Zeit später bog ich in die Box ab und rollte mit 100 km/h auf meine Parkposition zu. Plötzlich machte ein Mechaniker eines anderen Teams einen Schritt zurück, direkt vor mein Auto. Ich versuchte noch auszuweichen, erwischte den Mann aber noch leicht am Bein. Es gab ein hässliches Geräusch und der Mann flog auf den Boden. Ich erschrak, musste aber zu meiner Box weiterfahren, hielt an und sprang aus dem Auto. Ich sah zurück und konnte erkennen, dass sich bereits um den Mechaniker gekümmert wurde. Ich zitterte leicht, als ich Tom kurz über den Zustand des Autos informierte. Er schnallte sich fest, bekam eine Ladung Diesel, neue Reifen und dann ging er wieder auf die Strecke.

Ich ging noch voller Adrenalin in die Box und nahm meinen Helm ab. Wolfgang kam auf mich zu und sagte: "So ein dummer Zwischenfall, ich glaube aber, es ist noch mal gut gegangen.“ Ich nickte und mir war klar, ich würde mich gleich erkundigen gehen. Zuerst aber eine Flasche Wasser holen.

Dann ging ich in Richtung der anderen Box und dort kam mir ein italienischer Pilot entgegen, den ich aus meiner Formel 1 Zeit noch kannte.

Er sagt zu mir auf Englisch: „ Alles in Ordnung, es ist nichts Schlimmes passiert. Wir haben ihn ins Medical-Center gebracht zur Untersuchung. Es war nicht deine Schuld.“

„Sorry, ich habe wirklich noch versucht auszuweichen, aber ich konnte nicht schnell genug reagieren.“ Er nickte und gab mir die Hand. Ich sagte noch, dass ich im Medical-Center vorbei gehen würde, um mich persönlich zu erkundigen. Damit war das für das andere Team erledigt.

Ich ging zurück in unsere Box, legte meinen Helm an die Seite, meldete mich bei Wolfgang ab und ging Richtung Medical-Center. Dort sprach ich mit dem verantwortlichen Doktor und er betätigte mir, dass es nur eine Schnittwunde am Bein und ein paar Prellungen waren. Ich ging hinein zu dem Mechaniker und sprach mit ihm einige Worte. Er entschuldigte sich bei mir - sagte, dass er das Gleichgewicht verloren hatte. Ich gab ihm die Hand und wünschte ihm gute Besserung. Dann ging ich zurück in die Box. Dort erfuhr ich, dass bei uns alles normal lief. Ich konnte also erst mal duschen gehen. Ich kam im Motorhome an, ging direkt zum Duschen und Umziehen. Ich sah auf den Monitoren das Wetterradar und hatte überhaupt kein gutes Gefühl. Der Regen kam immer näher. Hoffentlich würde es nicht alles über den Haufen werfen.

Im Anschluss an das Duschen ging ich mir etwas zu essen holen. Auf dem Weg dorthin nahm ich noch schnell mein Handy und schrieb beiden Jungs eine kurze Mitteilung bei whats-app:

„Hallo Jungs, Rennen läuft bis auf Kleinigkeiten bisher perfekt. Liegen 90 Minuten vor Schluss auf Platz eins! Tom ist nun unterwegs und wir hoffen, dass es trocken bleibt. Melde mich nach dem Rennen wieder. Passt auf euch auf und keinen Streit ;-))“

Ich hatte es grade abgeschickt, als ich die ersten Tropfen spürte. Na toll, dachte ich, jetzt wird’s doch noch mal turbulent. Ich ging auf direktem Weg wieder Richtung Box. Jetzt wollte ich alles vor Ort erleben.

Auf dem Weg begegnete ich noch einer Reporterin eines Sportsenders und sie bat um ein kurzes Interview. Ich erfüllte ihr diesen Wunsch gerne, denn ich war ja fertig mit meinem Durchgang. Da konnte ich das gut machen. Gehört auch zum Job dazu.

In der Box angekommen, regnete es mittlerweile auf dem hinteren Teil der Strecke etwas mehr. Ich konnte über Kopfhörer den Funk mithören und Wolfgang und Tom redeten eifrig miteinander. Tom wollte noch nicht reinkommen zum Wechseln auf Regenreifen. Wolfgang wollte nichts riskieren und schon wechseln. Tom setzte sich erst mal durch und blieb draußen. Unser Schwesterauto auf Platz drei wurde reingeholt und es wurden Regenreifen montiert. Unsere Hoffnung war, dass wir noch so lange fahren konnten, um einen zusätzlichen Stopp zu vermeiden. Also erst wechseln, wenn wir damit auch den letzten Tankstopp machen konnten.

Tom meldete, dass es nur im hinteren Teil bei „Copse“ und „Becketts“ nass war. Alles andere ging mit Slicks noch recht gut zu fahren. Also beließen wir es so. Tom war sehr erfahren und ich hatte volles Vertrauen in seine Entscheidungen.

Nach weiteren drei Runden konnte unser Schwesterauto nicht mehr schneller fahren, weil sonst die Regenreifen zu heiß wurden. Die Strecke war noch nicht nass genug außer eben bei „Copse“ und „Becketts“. Bislang hatten wir es richtig gemacht. Noch zehn Minuten, dann könnten wir auch gleich tanken und bräuchten nicht noch mal zusätzlich tanken kommen.

Es sah wirklich so aus, dass wir Glück hatten. Nach weiteren fünfzehn Minuten begann es dann richtig zu regnen und Tom kam rein zum Tanken und Reifen wechseln. Nur der Zweitplatzierte und wir hatten noch eine realistische Siegchance, weil wir die gleiche Strategie verfolgt hatten. Wir lagen ungefähr 20 Sekunden vor ihnen. Das bedeutete nicht viel, wenn man bedachte, dass es noch 50 Minuten zu fahren waren.

Mittlerweile war es auch richtig dunkel geworden. Also Fehler passierten da noch viel schneller. Vor allem das Überrunden wurde ein echtes Problem. Bislang war ich der Einzige, der richtig Probleme damit gehabt hatte. Der Regen prasselte förmlich auf die Strecke. Die Rundenzeiten stiegen um 15 Sekunden pro Runde. In einigen Streckenpassagen stand richtig das Wasser auf der Oberfläche. Tom meldete bereits einige Aquaplaning-Situationen.

Jetzt wurde es nun doch richtig unangenehm und noch mal kritisch. Wolfgang fragte bei der Rennleitung nach, wie denn die Prognosen waren. Dort wollte man noch zehn Minuten abwarten. Wenn es dann nicht weniger regnen würde, wollte man das Rennen erst mal unter gelber Flagge neutralisieren und das „Safety Car“ rausschicken. So lange mussten wir hoffen, dass Tom mit all seiner Routine das Auto heile um die Strecke bringt.

Dann kam die Ansage „Safety Car“! Also alle Fahrzeuge hinter dem „Safety Car“ aufreihen und in langsamer Fahrt um den Kurs. Es durfte nicht mehr überholt werden. Allerdings war unser Vorsprung nun dahin. Es waren nun noch 30 Minuten bis zum Ende um 20 Uhr. Als es nun noch stärker regnete, entschloss sich der Rennleiter das Rennen mit der roten Flagge abzubrechen. Erst mal alle Fahrzeuge auf der Zielgeraden aufstellen. Es hieß „Parc Ferme“ -Bedingungen. Niemand durfte an den Autos arbeiten. Tom stand nun direkt hinter dem „Safety Car“ auf der Ziellinie. Er berichtete über den Zustand der Strecke und war der Meinung, dass es absolut unmöglich war, unter diesen Bedingungen weiterzufahren.

Es herrschte bei uns eine gespannte Stimmung. Wenn jetzt das Rennen nicht wieder aufgenommen würde, waren wir die Sieger und unser Schwesterauto würde den dritten Platz bekommen. Ein toller Erfolg für den Saisonbeginn. Noch hieß es aber abwarten.

Nach weiteren zehn Minuten kam die Meldung der Rennleitung. „Rennabbruch“ Die Wertung würde die vorletzte Runde vor dem Abbruch bedeuten. Damit hatten wir das Rennen in Silverstone, das erste Saisonrennen gewonnen. Es brach großer Jubel bei uns aus. Wolfgang umarmte alle und wir hüpften vor Freude im Kreis mit den Mechanikern.

Nun durften die Autos von der Strecke in die Box fahren und die drei Erstplatzierten wurden zum Vermessen und Wiegen gebracht.

Nun fiel auch bei mir die Anspannung ab und ich ging auf Tom und Loic zu, wir umarmten uns und freuten uns sehr über diese tolle Teamleistung.

Mick: Sonntagmittag im Internat auf dem Tennisplatz

Leif packte seine Sachen in die Tasche. Ich ging zu ihm hin und sagte ihm, dass wir das wiederholen sollten. Er lachte mich an und nickte. Dann sagte er noch: „Ich geh jetzt dann mal duschen, euch noch viel Spaß.“

„Danke, und werden wir sicher haben.“ Lukas und ich schauten uns an und dann gingen wir auf den Platz. Lukas wollte sich auch erst im T-Feld etwas warm spielen. Nach fünf Minuten gingen wir zur Grundlinie und schlugen ein paar lockere Bälle.

Ich war ja schon gut im Spiel vom Match mit Leif. Lukas kam nun auch richtig ins Spiel und wir schlugen uns die Bälle immer schneller zu. Mittlerweile waren wir richtig gut dabei und nach dem wir noch ein paar Volleys und Aufschläge gemacht hatten, schlug Lukas vor einen Satz richtiges Match zu spielen. Ich war einverstanden.

„Mick, um was wollen wir spielen? Ich hätte eine Idee.“

„Oh Lukas, wieder mal eine deiner verrückten Ideen? Also schieß los, was hast du dir dieses Mal ausgedacht?“

„Ich dachte daran, wer verliert, muss den anderen bei Mäcces zum Essen einladen, was meinst du?“

„Ok, da bin ich dabei.“ Da ich bislang immer der bessere Spieler war, konnte ich das gerne riskieren. Außerdem würde es auch kein Problem sein, wenn ich dann mal bezahlen müsste.

Wir begannen unser Spiel und Lukas hatte die Wahl gewonnen. Er entschied sich für Aufschlag und so begann er mit dem Spiel. Wir spielten beide wirklich gut und es war sehr ausgeglichen. Nach einiger Zeit stand es 4:3 für Lukas und wir wechselten die Seiten. Um etwas zu trinken und etwas den Schweiß abzutrocknen, setzten wir uns auf die Bank. Jeder nahm seine Flasche und sein Handtuch. Ich setzte mich auf seine Bank und er stand noch am Netz.

„Mick, darf mich zu dir auf die Bank setzen?“, fragte Lukas mich plötzlich.

„Natürlich, warum denn nicht? Machen wir doch sonst auch immer so.“ Er schaute mich unsicher an und dann setzte er sich zu mir auf die Bank.

„Leif hat vorhin richtig gut gespielt, oder?“, fragte er mich nun nochmal.

„Ja, sehe ich auch so, es hat mir auch wirklich Spaß gemacht. Aber ich finde wir spielen auch grade richtig gut, oder nicht?“

„Stimmt, ich will heute aber mal gewinnen. Du musst auch mal Mäcces zahlen.“ Dabei grinste er mich fies an.

„Freiwillig niemals, dann musst du mich schon schlagen.“

Wir standen nun von der Bank auf und ich hatte nun Aufschlag. Warum schaute er mich eben so unsicher an und warum fragte er mich, ob er sich zu mir auf die Bank setzen dürfte, ging mir durch den Kopf. Das war doch immer so, dass wir gemeinsam auf der Bank saßen beim Spielen.

Jedenfalls war meine Konzentration für einen Moment gestört und ich lag schnell 0:30 zurück. Dann machte jeder von uns einen Punkt und es stand 15:40. Ich dachte, so, jetzt werde ich aber mich nochmal voll konzentrieren. Ich wollte kein Break kassieren und damit 3:5 zurückliegen. Unglücklicherweise spielte Lukas ausgerechnet jetzt einen Netzroller. Damit war das Break klar. Ich war sauer. Ausgerechnet jetzt ein Glückspunkt. Ich fluchte und meinte zu ihm: „Du Glücksritter, ausgerechnet jetzt hast du den Papst in der Tasche.“

Er entschuldigte sich natürlich, aber das half mir natürlich nicht. Jetzt wurde es eng für mich. Ich musste das Rebreak schaffen, sonst war der Satz verloren und ich musste das Essen bezahlen.

Allerdings schlug Lukas nun sehr gut auf und ich hatte keine Chance auf ein Break. Lukas gewann also den Satz mit 6:3. Er freute sich sichtlich und grinste mich an.

„Heute habe ich endlich mal gegen dich gewonnen.“

„Nein, du hast nur einen Satz gewonnen, nicht das Match.“

„Wir hatten ausgemacht, nur einen Satz zu spielen. Also musst du zahlen.“

„Ja, ja, schon gut. Du hast ja recht.“ Meinte ich dann etwas verärgert.

Wir gingen zum Netz zum obligatorischen Handshake. Als wir uns gegenüberstanden, sprach Lukas zu mir: „Ich hoffe, du bist nun nicht den ganzen Tag sauer, weil ich durch einen Glücksball das Break geschafft habe?“

„Quatsch, Lukas. Das gehört halt mit dazu. Heute hast du mal das Glück gehabt, beim nächsten Mal ist wieder andersrum.“ Es war mir aber dennoch nicht recht verloren zu haben. Ich verliere eben nicht gerne.

„Komm lass uns abziehen und dann duschen gehen“, meinte ich dann zu ihm.

Das taten wir dann auch. In der Umkleide stellten wir unsere Taschen auf die Bänke dort.

„Wollen wir erst was trinken, Mick, oder direkt duschen?“

„Ne, direkt duschen, sonst hole ich mir ne Erkältung.“

Also begann ich mich direkt auszuziehen und meine verschwitzten Sachen in der Tasche zu verstauen. Vorher hatte ich noch meine frischen Sachen neben die Tasche gelegt. Ich nahm nun also mein Handtuch und Duschgel und ging Richtung Dusche. Lukas stand noch einen Moment vor seiner Tasche und zögerte. Dann zog er sich auch aus und kam ebenfalls in die Dusche. Er stellte sich unter die von mir entfernteste Dusche und drehte mir den Rücken zu. Ich fand das etwas merkwürdig, weil wir sonst damit noch nie Probleme gehabt hatten, uns gemeinsam nackt unter der Dusche zu sehen. Nun ja, egal. Wird schon nichts Besonderes sein, dachte ich.

Nach einer schnellen Dusche stellte ich das Wasser ab und nahm mir mein Handtuch. Ich trocknete mich noch in der Dusche stehend ab. Lukas ging aus der Dusche sofort in die Umkleide zurück und trocknete sich dort ab. Nachdem ich trocken war, ging ich wie immer nackt zu meiner Tasche, zog mir meine Sachen an und nahm mir meinen Fön aus der Tasche. Lukas war schneller fertig und ging direkt aus der Umkleide. Er sagte noch: „Ich gehe schon mal was zu trinken bestellen. Was möchtest du?“

„Ich möchte eine Apfelschorle, bitte.“

Wunderte mich aber, dass Lukas sofort rausging. Sonst redeten wir immer noch in der Umkleide bis wir beide fertig waren. So langsam fing ich an, mich zu wundern. Warum verhielt sich Lukas plötzlich so anders? Ich packte meine Sachen in die Tasche und dann ging ich auch Richtung Clubraum. Lukas saß bereits an einem Tisch und die Getränke waren auch schon da. Ich begrüßte den Wirt und setzte mich zu Lukas. Ich hatte jetzt richtig Durst und nahm einen großen Schluck meiner Apfelschorle. Dann sagte ich zu Lukas: „Auf deinen Sieg und darauf, dass uns die Burger gleich schmecken werden.“ Ich lachte dabei und stellte mein Glas wieder auf den Tisch. Lukas schaute mich nur mit großen Augen an und sagte dann: „Seit wann hast du nach Niederlagen so gute Laune? Sonst kannst du doch überhaupt nicht gut verlieren. Jetzt musst du auch noch mein Essen bezahlen und dennoch noch Sprüche von dir?“

„Na klar Lukas, lieber heute gegen dich verlieren als im nächsten Turnier. Außerdem verliere ich lieber gegen dich ein Essen, als gegen irgendeinen anderen. Ich war einfach mal dran mit verlieren.“

Lukas sagte nichts darauf. Er sah sehr nachdenklich aus. Ich merkte immer mehr, hier stimmte etwas nicht. So habe ich Lukas schon ganz lange nicht mehr erlebt.

„Lukas, was hast du? Warum bist du heute so komisch zu mir? Habe ich dir etwas getan ohne es zu merken? Oder denkst du an deine Eltern, willst du vielleicht mit mir reden?“

„Ach Mick, ist schon alles in Ordnung. Ich weiß auch nicht was mit mir los ist heute. Obwohl ich mich eigentlich ja richtig freuen müsste über mein gutes Spiel heute, fühle ich mich irgendwie traurig.“

„Warum das denn? Ist etwas passiert? Oder gab es Stress mit jemandem?“

„Nein, nein, alles ist ok. Wollen wir los zu Mäcces oder hast du jetzt keine Zeit mehr?“

„Doch klar, Wettschulden sind Ehrenschulden. Also dann lass uns losgehen.“ Ich bezahlte die Getränke und dann nahmen wir unsere Taschen und brachten sie erst mal in unser Zimmer. Die nassen Sachen legten wir ins Bad zum Trocknen und dann kam mir die Idee vielleicht Stephen und Moni zu fragen, ob sie mitkommen möchten.

„Lukas, was meinst du, soll ich mal Stephen und Moni fragen, ob sie mitkommen möchten? Oder möchtest du lieber alleine mit mir zum Essen?“

„Ne, keine schlechte Idee, lass uns mal bei Stephen vorbeigehen. Vielleicht ist Moni ja auch bei ihm. Dann können wir das gleich klären.“

Wir gingen nun Richtung Stephens Zimmer und klopften dann an seine Tür. Wir hörten leise Stimmen im Zimmer und dann öffnete sich die Tür. Stephen stand in der Tür und war ganz überrascht. „Mick und Lukas, das ist ja ne Überraschung, wollt ihr reinkommen? Oder gibt es was Besonderes?“ Ich antwortete: „Nein, Lukas und ich wollten zum Essen bei Mäcces vorbei und wollten nur fragen, ob ihr mitkommen wollt.“

Moni sah mich vom Sofa aus an und meinte dann: „Meint ihr das ernst, ihr wollt uns fragen, ob wir mitkommen? Das finde ich ja toll, klar, da bin ich dabei, was meinst du Stephen?“

„Auf jeden Fall, kommt grad noch nen Moment rein. Ich muss noch schnell was anderes anziehen.“

Wir setzten uns noch einen Moment aufs Sofa und redeten noch etwas mit Moni, während Stephen sich gerade eine andere Hose anzog. Lukas saß schweigend neben mir auf dem Sofa. Nach fünf Minuten meinte Stephen, dass wir losgehen könnten. Wir standen also auf und gingen Richtung Tür. Stephen schloss die Tür ab und wir gingen nach unten zum Ausgang. Moni fragte mich, was ich heute schon so gemacht hatte. Ich berichtete von den Dingen und das ich mit Leif und Lukas Tennis spielen war. Lukas ging neben uns her und hörte uns zu. Dann kam Stephen zu Moni und legt ihr den Arm um die Schulter. Lukas schaute etwas irritiert, sagte aber nichts. Nach zehn Minuten Fußweg kamen wir bei dem besagten Laden an.

Wir stellten uns an. Es war schon kurz nach 15 Uhr, da war nicht mehr so viel los wie zur Mittagszeit. Ich fragte Lukas, ob er schon wüsste, was er essen möchte. Er bestellte sein Menü und ich bestellte ebenfalls. Dann bezahlte ich unsere Bestellung und wir warteten auf Moni und Stephen. Nachdem sie bestellt hatten, fragte mich Stephen: „Mick, heute was Besonderes, oder weshalb bezahlst du das Essen von Lukas?“

Da meldete sich Lukas plötzlich und sagte: „Doch, er hat gegen mich im Tennis verloren und wir hatten um das Essen heute gespielt.“

Stephen wusste eigentlich, dass ich besser war als Lukas im Tennis, deshalb fragte er mich, ob ich nen schlechten Tag gehabt hätte.

„Nein, heute war Lukas einfach besser. Das passt schon so.“

„Ach komm Mick, ich hatte auch viel Glück heute. Ich weiß auch, dass du eigentlich besser als ich bist.“

Ich musste etwas schmunzeln und antwortete: „Lukas, ich habe zu Recht heute verloren und du solltest das nicht auf das Glück eines einzigen Punktes schieben. Du hast gut gespielt heute, also geht das so auch in Ordnung.“

Wir bekamen unser Essen auf das Tablett gelegt. Wir gingen gemeinsam an einen Tisch und begannen mit dem Essen. Mir kam da nun eine Frage in den Sinn bezüglich Stephen und Moni. Vorhin hatte Stephen ganz offen seinen Arm um Moni gelegt. Da wollte ich jetzt doch mal nachfragen: „Stephen, seid ihr jetzt zusammen oder wie durfte ich das eben verstehen?“

„Was wäre denn wenn?“ Kam die Gegenfrage.

„Ich würde mich für euch freuen.“

Moni lächelte und nahm Stephens Hand. „Ich glaube das ist eindeutig.“ Und dann gab sie ihm einen richtigen Kuss auf den Mund.

Lukas erschrak etwas, ich musste grinsen und sagte dann: „Glückwunsch, ich wünsche euch viel Glück und möge es lange anhalten.“ Lukas schloss sich mir an mit den Worten: „Von mir auch alles Gute, irgendwie beneide ich dich Moni.“

Dieser Satz löste bei Stephen etwas Verwunderung aus. Ich verschluckte mich sogar etwas, Moni hingegen nahm das recht locker und fragte Lukas: „Wie meinst du das, Lukas? Möchtest du auch mit Stephen zusammen sein oder meinst du das anders?“ Und sie lachte dabei.

Lukas wurde jetzt richtig rot, weil er merkte wohl, wie das gerade rübergekommen war. Deshalb versuchte er schnell das zu erklären: „Nein, nein, ich meinte nur, dass ich auch nicht mehr so allein sein möchte. Und jemanden haben möchte mit dem ich zusammen sein kann. Seit meine Eltern nicht mehr da sind, fühle ich mich oft so allein.“ Dann wurde Lukas richtig still.

Ich merkte, wie sehr er jetzt mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte. Also versuchte ich das etwas zu lockern und meinte: „Ach Lukas, du bist doch gar nicht allein. Wir sitzen grade zusammen bei McDoof und genießen das Essen. Also sei nicht so pessimistisch. Du wirst auch noch das passende Gegenstück finden.“

Mit dieser Wortwahl versuchte ich so neutral wie möglich zu sein. Ich hatte ja noch die Aussage von Lukas vom Vorabend im Kopf. Moni schaute Lukas ganz genau ins Gesicht und sah dann zu mir herüber. Ich glaube sie hatte verstanden, wie es Lukas gerade gehen musste. Sie sagte deshalb: „Lukas, Mick hat völlig recht. So ein toller Junge wie du wird bestimmt nicht immer allein bleiben. Dass du deine Eltern vermisst, kann ich absolut verstehen. Aber Stephen und ich werden trotzdem immer für dich da sein, wenn du uns brauchst. Egal ob ich nun mit Stephen zusammen bin oder nicht.“

Ich fand das echt klasse, was Moni da gesagt hatte. Stephen nickte auch noch und dann wechselten wir das Thema. Ich fragte Lukas, was er heute Abend machen würde. Wir könnten ja zusammen ne Partie Billard spielen gehen. Das fand er eine gute Idee und fragte Stephen gleich, ob sie mitkommen würden.

Moni stöhnte aber auf und meinte: „Um Gottes Willen, Billard, das kann ich überhaupt nicht. Aber Stephen, wenn du mit den beiden mitwillst, habe ich damit kein Problem. Nur bitte nicht so lange. Ich möchte dich heute Abend noch mal sehen.“

Als sie das sagte, mussten Lukas und ich laut lachen. Stephen war das sichtlich peinlich. Er sagte aber zu. Wir verabredeten uns um halb acht unten am Eingang unseres Internats. Es war mittlerweile halb fünf geworden und wir brachen nun auf Richtung Internat.

Dort angekommen trennten wir uns. Lukas ging auf unser Zimmer und Stephen und Moni wollten noch in der Bibliothek nach etwas zu lesen suchen. Ich wollte bei Leif vorbei und mal fragen, ob er was von Papa gehört habe. Das Rennen würde ja bereits seit über zwei Stunden laufen. Außerdem wollte ich noch mal mit ihm über das Mathe-Problem reden. Er wollte mir das zeigen, damit ich mal überlegen konnte, wie ich ihm helfen könnte. Als ich vor seiner Tür stand, klopfte ich an und wartete. Ich hörte, wie er zu Tommy sagte: „Gehst du bitte mal aufmachen, ich bin grade aufm Klo.“

Ich grinste etwas, als ich Tommy hörte, wie er sagte: „Typisch Leif, immer wenn jemand kommt, gehst du Wasser lassen.“ Danach öffnete er mir die Tür und bat mich herein. „Mick, schon wieder du? Wirst du jetzt wieder Dauergast?“, bemerkte er mit einem fetten Grinsen im Gesicht.

„Ist Leif nicht da?“, fragte ich ihn. „Doch er ist grade für kleine Jungs. Kommt aber sicher sofort. Sag mal stimmt das, was er mir erzählt hatte, dass er gegen dich drei Spiele in zwei Sätzen gewonnen hatte?“

„Ja Tommy, das stimmt tatsächlich.“

In diesem Moment kam Leif aus dem Bad heraus und grinste mich an. „Hallo Mick, schön dass du gekommen bist. Ich bin sofort soweit. Muss grade noch einen Satz Englisch fertig schreiben.“

Damit setzte er sich wieder an seinen Schreibtisch. Ich ging zu ihm und stellte mich hinter ihn. Er beendete seine Englisch Aufgaben und nahm gleich sein Mathe Buch und Heft heraus. Er zeigte mir das Thema. Es waren algebraische Gleichungen. Insbesondere binomische Formeln. Das konnte ich noch absolut im Schlaf. Er hatte allerdings Probleme mit den Vorzeichen plus und minus. Das würde ich ihm aber sicherlich in Ruhe erklären können. Ich legte ihm die Hand auf die Schulter und sagte dann zu ihm: „Leif, keine Sorge, das bekommen wir schnell in den Griff. Ich werde dir etwas vorbereiten, damit du das besser verstehen kannst. Das ist schnell erledigt.“

Leif drehte seinen Kopf zu mir und sah mich an. „Meinst du wirklich, dass ich das hinbekomme? Ich versuche seit zwei Wochen das zu kapieren. Ich schaffe das einfach nicht mit diesen blöden Vorzeichen zu rechnen.“

„Leif, keine Panik, ich schreibe es dir ganz einfach auf. Dann kannst du das als Vorlage nehmen. Du wirst sehen, dann wird es gar nicht mehr so schwer sein. Sag mal, hast du von Papa eigentlich heute schon was gehört? Das Rennen müsste doch mittlerweile mittendrin sein.“

„Nein Mick, nichts. Aber ich denke er wird jetzt grade im Auto sitzen, wenn sie die Strategie nicht noch mal geändert haben.“

„Ja stimmt, also wird er sich frühestens nach seinem Run melden. Ok ich geh dann mal wieder rüber. Ich mache dir einen Zettel mit den Formeln und den Vorzeichenregeln. Allerdings heute schaffe ich das nicht mehr. Ich will gleich noch mit Lukas und Stephen ne Partie Billard spielen gehen.“

„Ok Mick, danke erst mal und nochmal vielen Dank für heute Morgen. Ich habe mich wirklich gefreut, dass wir gespielt haben.“

„Leif, ich habe auch viel Spaß gehabt. Ist sonst noch was, oder kann ich wieder rüber gehen?“

„Nein, hier ist alles klar.“

„Ok, was hast du noch vor heute?“

„Wir wollen noch etwas „Die Siedler“ spielen. Vielleicht kommen Marc und Andre noch rüber und spielen mit.“

„Cool, „Die Siedler“ hätte ich auch mal wieder Bock drauf. Habe ich schon ewig nicht mehr gespielt.“

Ich ging danach Richtung Tür und Tommy meinte dann zu mir: „Kannst ja mit uns mal mitspielen, wir spielen das häufiger. Wenn du willst, kannst du ja Lukas auch mal fragen, ob er mitspielen will.“

„Ja gerne, ich werde ihn fragen. Euch heute noch viel Spaß. Wir sehen uns dann morgen in der Schule.“ Ich öffnete die Tür und ging hinaus.

Warum konnten wir uns nicht immer so gut verstehen, fragte ich mich grade. Das war doch richtig nett mit den beiden. Ich ging nun wieder Richtung mein Zimmer. Unterwegs traf ich noch einige aus meiner Klasse, die mich noch nach den Hausaufgaben in Physik fragten und dann stand ich wieder vor meinem Zimmer. Ich öffnete die Tür und Lukas saß am Schreibtisch vor dem Monitor und war ganz in Gedanken versunken. Er hatte mich überhaupt nicht bemerkt. Ich stand nun ganz still hinter ihm und konnte sehen, was er gerade las. Er hatte die HP „Nickstories“ geöffnet, las in einer Geschichte und war völlig in dem Text versunken. Ich sah am Rande nur die Überschrift „Vielfältiger als jeder Regenbogen“ dann gab es einen stilisierten Regenbogen. Ich war erstaunt. Es war eine Seite für schwule Jugendliche, und irgendwas las nun Lukas total versunken dort. Ich versuchte mich unbemerkt von ihm etwas zu entfernen und ging an eine Position, wo ich den Monitor nicht sehen konnte. Dann räusperte ich mich. Lukas zuckte zusammen und schloss sofort den Tab und die HP von VIVA kam hervor. Allerdings blieb mir auch nicht verborgen, dass er ganz schnell eine Hand aus seiner Hose herauszog. Man, dachte ich, was für eine Geschichte muss das wohl gewesen sein. Ich wurde etwas neugierig. Aber nicht jetzt. Lukas war sichtlich erschrocken und knallrot im Gesicht. Ich sah noch, dass seine Hose offen war. Ich sagte schnell, dass ich auf Klo müsste. Dann ging ich ins Bad. Als ich wieder herauskam, saß Lukas auf dem Sofa und er hatte wieder alles geordnet. Ich wollte ihn jetzt nicht noch mehr in Verlegenheit bringen. Mittlerweile war es auch schon halb sieben geworden. Wir wollten ja noch Billard spielen. Plötzlich meldete sich mein Handy. Eine Nachricht bei „whats app“. Ich schaute nach und war ganz überrascht. Papa hatte uns geschrieben, dass sie 90 Minuten vor Schluss in Führung lagen und alles bisher perfekt gelaufen war - cool. Allerdings erwarteten sie noch Regen. Ich berichtete Lukas von den Neuigkeiten und dann meinte er: „Toll, das ist ja schön, dass dein Papa sogar während des Rennens an euch denkt. Hoffentlich geht weiter alles glatt für ihn. Wann wollen wir eigentlich los zum Billard?“

„Ich dachte so kurz vor halb acht. Also haben wir noch etwas Zeit. Was wollen wir noch machen?“

„Vielleicht noch etwas Musik hören und ne Tasse Kakao trinken?“

„Jop, hört sich gut an. Wer geht Kakao holen?“

„Du, dann kann ich hier noch grad schnell was aufräumen.“ Danach ging ich dann hinunter den Kakao holen. Nach wenigen Minuten war ich wieder oben und bekam von Leif noch eine Mitteilung auf Papas Nachricht.

Wir setzten uns nun zusammen an den Couchtisch und hörten leise Musik. Wir mochten beide „Santiano“ und das hörten wir nun gemeinsam. Sonst war unser Musikgeschmack doch etwas unterschiedlich. Ich stand mehr auf die etwas härteren Rock und Hard Rock Bands wie „Scorpions“ und „AC/DC“, „Nightwish“ und „Within Temptation“. Lukas hörte gerne Rap und etwas Techno. Das war nun gar nicht mein Fall, aber „Santiano“ mochten wir beide.

Mir ging das Geschehen von eben noch mal durch den Kopf. Hatte sich Lukas eine schwule Geschichte durchgelesen, die sogar so fesselnd war, dass er mich nicht mal bemerkte. Und es schien ihn ja sogar etwas erregt zu haben. Wie sollte ich mich dazu nun verhalten? Ich beschloss erst mal gar nicht darauf zu reagieren. War ja auch eigentlich nichts Besonderes, ich schaute mir ja auch manchmal ein paar nette Bilder an, um mir etwas Lust zu verschaffen. Allerdings versuchte ich das immer so zu machen, dass ich ganz sicher allein war.

Lukas fragte mich dann, was bei Leif denn rausgekommen war. Ich berichtete ihm und sagte ihm auch, dass ich sehr erfreut war, wie gut wir miteinander heute den ganzen Tag umgegangen waren. Ohne einmal zu streiten. Das freute auch Lukas. Wir tranken unseren Kakao aus und gingen dann hinunter, um Stephen nicht warten zu lassen. Wir waren pünktlich am Treffpunkt. Stephen kam auch gerade die Treppe hinunter und dann gingen wir direkt los.

Unterwegs war Lukas wieder sehr still und ich unterhielt mich mit Stephen. Er fragte mich, ob ich gut im Billard wäre und wie oft ich so spielen würde. Daraufhin erzählte ich ihm, dass ich eigentlich lieber Snooker spielen würde als normales Poolbillard. Er kannte das Snookerspiel überhaupt nicht und so schlug ich vor, heute Abend mal beides zu spielen. Er war einverstanden. Meinte aber, dass Lukas auch zustimmen müsste. Lukas allerdings reagierte überhaupt nicht auf diese Anmerkung.

So stieß ich ihn mit dem Ellbogen an und fragte: „Lukas, hörst du uns überhaupt zu? Auf welchen Planeten bist du gerade entflogen?“ Stephen musste laut lachen über diesen Spruch. Lukas zuckte zusammen und sichtlich nervös antwortete er: „Sorry Mick, ich war echt woanders. Was hast du mich gefragt?“ Ich lachte laut und wiederholte unsere Frage.

Lukas stimmte nun zu und wir kamen am Billardcafé an. An der Theke bestellten wir erst mal einen Tisch Pool und etwas zu trinken. Für etwas später reservierten wir noch einen Snookertisch. Stephen hatte sich ein großes Alster bestellt, Lukas und ich blieben bei Cola. Wir gingen an unseren Tisch und bauten die Kugeln auf. Nun warf Stephen die Frage auf: „Leute, wie wollen wir spielen? Zwei gegen einen oder immer eins gegen eins und einer macht Pause?“

„Ich bin für zwei gegen einen.“ Sagte ich. Lukas stimmte zu, also spielten wir zwei gegen einen. Zuerst wollte ich mit Lukas spielen gegen Stephen. Wir begannen mit dem Anstoß und dann lochte Stephen die ersten beiden seiner Kugeln und grinsend meinte er schon: „So sehen Sieger aus. Ich werde euch vom Tisch schießen.“

„Mal sehen, Lukas, willst du oder soll ich?“

„Mach du mal zuerst, wir müssen ja aufholen.“ Ich nickte und ging an den Tisch. Ich schaute mir die Positionen an und entschied mich für eine Kombination. Erstaunlicherweise klappte das sogar und ich konnte unsere erste Kugel lochen. Ich durfte also weiter am Tisch bleiben und spielte noch drei weitere Kugeln hintereinander in die Löcher. Lukas bekam ein Grinsen und Stephen wurde etwas unruhig.

„Hey Mick, mach mal langsam. Dein Glück musst du nicht alles auf einmal nehmen.“ Ich schaute Stephen an und erwiderte: „Stephen, wenn du dafür Glück benötigst, heißt das nicht, dass ich auch Glück brauche, bei mir ist Können im Spiel.“

Lukas, bekam plötzlich einen Lachanfall. Ich schaute ihn an und freute mich sehr, ihn mal wieder richtig lachen zu hören. Stephen kniff die Augen zusammen und meinte dann: „Ok Mick, ich zeige euch nun was Glück und was Können ist.“ Dann ging er an den Tisch und spielte zwei sehr schöne Rückzieher und lochte beide Kugeln. Ich gab ihm ein anerkennendes Lob und auch Lukas staunte über diese guten Stöße.

Nun war Lukas an der Reihe, weil Stephen den nächsten Ball nicht lochen konnte. Der weiße Spielball lag nun in einer Linie mit unserer blauen „2“. Lukas wollte diesen Ball direkt lochen. Dabei wäre aber die Gefahr sehr groß gewesen, dass die weiße Kugel hinterher ins Loch laufen würde. Ich sah, wie Lukas den Stoß ansetzte und rief: „Warte Lukas, so fällt Weiß auch mit ins Loch. Entweder spielst du einen Rückzieher oder mit Seiteneffet.“ Lukas sah mich verunsichert an und meinte: „Wie? Ich habe keine Ahnung wie das geht.“

„Stephen, darf ich ihm das erklären?“

„Klar, mach mal ruhig, ich will auch was lernen.“ Und er lächelte dabei. Also ging ich an den Tisch und erklärte Lukas nun, wie ich das gemeint hatte. Ich bat Lukas nun, sich in Position zu stellen und ich stellte mich direkt hinter ihn. Ich sah, dass er die weiße Kugel zu weit oben anspielen würde. Also nahm ich seine linke Hand und führte sie etwas weiter weg von der weißen Kugel. Den Queue korrigierte ich ebenfalls und nun lag meine Hand auf der von Lukas am Queue. Wir visierten nun zusammen den Punkt an, den Lukas an der weißen Kugel treffen sollte. Ich spürte seine Anspannung im Körper, als ich seine Hand führte. Er stieß nun zu und die weiße Kugel traf die blaue „2“, die blaue Kugel rollte Richtung Loch und fiel. Die weiße Kugel rollte nicht weiter Richtung Loch, sondern wieder zurück Richtung Abstoßpunkt. Lukas freute sich sichtlich, dass er das hinbekommen hatte.

„Danke Mick, jetzt habe ich verstanden was du gemeint hast.“ Er lachte mich an und freute sich ehrlich darüber.

„Sag ich doch, mach einfach was ich sage und wir können nicht verlieren.“ Dabei grinste ich über beide Ohren und Stephen lachte auch laut. Lukas hingegen war das sichtlich unangenehm und ich merkte, dass er das nicht als Spaß verstanden hatte. Ich ging also zu ihm hin, und bevor er den nächsten Stoß ansetzte, sagte ich ihm ins Ohr: „Lukas, das war Spaß. Bitte nimm das nicht so ernst.“ Ich hatte ihm dabei meine Hand auf die Schulter gelegt und er entspannte sich sofort etwas wieder. Stephen bemerkte es Gott sei Dank nicht. So konnte ich diese peinliche Situation für Lukas entschärfen.

Lukas spielte leider nun einen Ball nicht ins Loch und Stephen war nun an der Reihe. Er stellte sich an den Tisch und lochte souverän. Lukas setzte sich auf seinen Stuhl und sah mich an. Er sagte: „Sorry Mick, ich bin leider nicht so gut wie ihr mit den schweren Bällen.“

„Hey, mach dir keinen Kopf darüber. Du spielst doch gut. Nur weil wir schon ein bisschen mit Effet spielen können, sind wir keine Profis. Wir wollen Spaß haben. Außerdem hast du es doch eben gut hinbekommen.“

„Aber nur weil du mich geführt hast, sonst hätten wir schon längst verloren.“

„Lukas, hör jetzt auf, jeder spielt so gut er kann. Und jeder kann noch was lernen.“ Ich konnte sehen, dass er nun wieder etwas lächelte. Stephen hatte mittlerweile nur noch die schwarze „8“ zu lochen. Wir hatten noch zwei farbige Kugeln auf dem Tisch. Stephen verfehlte das Loch und so hatten wir noch eine Chance. Ich war nun dran und ich sprach zu Lukas: „Komm mal her. Ich zeige dir, wie du das später auch mal machen kannst.“ Er stand auf und stellte sich hinter mich. Ich sagte ihm er sollte sich ganz dicht hinter mich stellen und genau darauf achten, wo ich die weiße Kugel anspielen würde. Er stand direkt hinter mir und ich konnte ihn spüren. Es kam plötzlich ein Kribbeln in mir hoch. Er stand nun ganz ruhig direkt hinter mir und ich spielte den Ball. Er fiel genau so, wie ich es gesagt hatte. Lukas freute sich und wuschelte mir durch mein Haar und lobte mich. Ich schaute ihn überrascht an. Fand das aber angenehm. Er zuckte etwas zusammen, als er meine Reaktion bemerkte. Hoffentlich schreckte ihn das jetzt nicht ab. Er ging jedenfalls sofort zwei Schritte auf Distanz. Stephen hatte uns genau beobachtet, tat aber so, als hätte er nichts bemerkt. Jedenfalls spielte ich nun die nächste Kugel auch noch ins Loch und so hatten beide nur noch die schwarze „8“ zu spielen. Ich machte leider einen dummen Stellungsfehler und Stephen konnte sicher einlochen. Also hatten wir verloren und Stephen hob triumphierend den Arm.

„Sorry, ich habe es vergeigt.“ Sagte ich zu Lukas.

„Ist nicht schlimm, Gott sei Dank bist du auch nicht fehlerfrei.“

Ich musste schmunzeln, allerdings hatte ich das Gefühl, er meinte das ernst. Ich wusste jetzt nicht, wie ich darauf antworten sollte. Stephen allerdings brachte uns aus dieser Situation.

„Komm Lukas, jetzt spielen wir zusammen gegen den großen Mick Steevens.“ Dabei lachte er mich an. Allerdings sagte er das ziemlich laut, so dass am Nebentisch die Leute zu uns herüber sahen. Dort spielten ebenfalls zwei Jungs etwa in unserem Alter. Sie dürften wohl zwei Jahre älter gewesen sein. Jedenfalls war mir das furchtbar unangenehm. Und meinte zu Stephen: „Lass das bitte, du weißt ganz genau wie ich das hasse in der Öffentlichkeit meinen kompletten Namen so erwähnt zu hören.“

Stephen lachte nur und meinte: „ Meine Güte Mick, das war Spaß. Es hat doch keiner hier darauf geachtet. Und wenn schon, es wird doch nicht jeder gleich deinen Vater damit in Verbindung bringen.“

„Du weißt ganz genau, wie empfindlich ich da bin. Bitte tu mir den Gefallen und lass das in Zukunft bitte.“ Ich sah mich um und bemerkte, wie die beiden Jungs am Nachbartisch mich ansahen. Ich fühlte mich plötzlich total unwohl. Lukas spürte das und wollte nun die Situation retten, indem er sagte: „Kommt, lasst uns ein neues Spiel beginnen. Mick, du spielst nun gegen uns beide.“

Also bauten wie nun die Kugeln neu auf und begannen ein neues Spiel. Ich hatte schnell das Ganze vergessen und wir spielten unser Spiel. Allerdings fühlte ich mich immer wieder beobachtet. Ich hatte nun nur noch die schwarze „8“ zu spielen. Allerdings ging das nur über Vorbande. Ich überlegte etwas länger, wie ich diesen Ball versuchen sollte. Ich entschied mich dann für eine Variante und konzentrierte mich auf den Stoß. Dabei merkte ich nicht, dass die beiden Jungs vom Nebentisch nun zu uns an den Tisch gekommen waren und mir zusahen. Ich spielte den Ball und erstaunlicherweise klappte es genauso, wie ich das geplant hatte.

„Starker Ball!“, hörte ich eine mir unbekannte Stimme sagen. Ich sah hoch und sah in die beiden Gesichter der Jungs vom Nebentisch. Sie standen nun direkt an unserem Tisch und einer der beiden kam auf mich zu und meinte: „Toller Ball. Du bist echt nicht schlecht beim Billard. Ich habe eben schon einige gute Bälle gesehen. Spielt ihr häufiger hier?“

Nachdem ich einen kurzen Moment völlig perplex war, sagte ich: „In der Vergangenheit nicht, in der Zukunft durchaus.“ Ich sah Verwirrung in ihren Gesichtern.

„Wie meinst du das denn jetzt?“ fragte der kleinere der beiden.

„Also wir haben noch nicht oft hier gespielt, aber es macht Spaß und von daher wollen wir häufiger spielen.“

„Ah so.“

Stephen kam nun zu den beiden hinzu und fragte: „Hey, ich bin Stephen und wie heißt ihr beiden?“

„Oh ja, sorry, ich bin Manuel und das ist mein Freund Tim. Wir wohnen hier im Ort und spielen hier häufiger. Wir haben euch hier noch nie gesehen, wo kommt ihr her?“

„Wir sind hier auf dem Internat, das ist Mick und das ist Lukas“, zeigte Stephen jeweils auf uns, „Wir haben erst vor Kurzem hier das erste Mal gespielt. Aber hier darf nicht geraucht werden, deshalb sind wir jetzt wohl häufiger hier.“ Stephen grinste dabei. Lukas und ich gingen auf die beiden zu und gaben ihnen die Hand. Ich fragte Tim noch: „Wie alt seid ihr und geht ihr noch zur Schule?“

„Also ich bin 18 und gehe hier auf das Gymnasium und Manuel ist 19 und ist in der Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker“, meinte Tim daraufhin.

„Hey cool, wenn wir später mal nen Auto haben, können wir ja zu dir kommen, wenn was zu tun ist“, meinte Stephen.

„Und wie alt seid ihr drei“, fragte Tim nun.

„Stephen ist 17 und wir beide sind 16“, sagte Lukas nun. Nach dem wir uns nun alle vorgestellt hatten, schlug Manuel vor, ob wir nicht gemeinsam an beiden Tischen spielen wollten. Lukas meinte dazu nur: „Naja eigentlich gerne, aber so wie ich das sehe, können wir mit euch nicht mithalten. Ich weiß nicht ob euch das Spaß machen wird, mit uns Amateuren zu spielen.“

Tim lachte nun laut und gab folgendes dazu: „Also Lukas, Mick spielt schon richtig gut und du bist jemand der sich etwas erklären lässt. Das ist eine gute Voraussetzung besser zu werden. Ich habe das Gefühl, wir verstehen uns. Würde mich freuen, wenn wir häufiger spielen würden.“

„Klar, sehe ich auch so, ich habe keine Probleme damit“, meinte ich zu Tim. Also machten wir nun auf beiden Tischen weiter. Ich spielte nun mit Lukas gegen Manuel und Stephen spielte gegen Tim auf dem anderen Tisch.

Wir unterhielten uns wirklich sehr nett, spielten verschiedene Teams und irgendwann kam Tim auf mich zu und sprach mich an: „Mick, hast du schon mitbekommen, das Team von deinem Vater hat in Silverstone nach Rennabbruch gewonnen?“

„Echt? Nein, ich habe noch nichts mitbekommen. Weißt du, warum das Rennen abgebrochen wurde?“ Ich war jetzt richtig verwundert. Tim hatte mir ganz offen und völlig normal die Info gegeben, dass Papa in Silverstone gewonnen hatte. Er behandelte das, als wenn das die normalste Sache der Welt sei. Das fand ich total klasse. Er behandelte das genauso wie jeden anderen Beruf eines anderen Vaters.

„Ich glaube das Wetter war der Grund für den Abbruch“, sagte Tim dann noch. Mittlerweile war es schon recht spät geworden und morgen war ja wieder Schule. Wir mussten ja auch um halb elf wieder im Internat sein, wenn am nächsten Tag Schule war. Also verabschiedeten wir uns von Tim und Manuel. Wir tauschten noch unsere Handynummern aus und das wir auf jeden Fall das wiederholen wollten. Dann gingen wir drei Richtung Internat. Mittlerweile hatte ich auch auf meinem Handy die Nachricht von Papa bekommen. Sie hatten wirklich gewonnen und das Wetter war der Grund für den Abbruch. Tim hatte also völlig Recht gehabt. Er war gut informiert.

Nach zehn Minuten Fußweg gingen wir durch unser Eingangsportal und dann wünschten Lukas und ich Stephen eine gute Nacht und wir gingen dann auf unser Zimmer.

Ich warf meine Jacke aufs Sofa und machte etwas leise Musik an. Lukas ging erst mal ins Bad. Ich schrieb nun Papa eine Glückwunschnachricht und erzählte ihm von der Situation mit Tim und das ich mich sehr gefreut hatte, dass er das so normal behandelte. Lukas kam nun aus dem Bad und begann sich seine Nachtsachen anzuziehen.

„Wie hat es dir heute gefallen?“, fragte ich Lukas.

„Richtig gut, und Tim und Manuel scheinen auch echt nett zu sein. Was meinst du, sollten wir die nicht häufiger fragen mit uns zu spielen?“

„Ja auf jeden Fall, ich finde sie auch sehr sympathisch. Irgendwie habe ich grade keine Lust morgen wieder in die Schule zu gehen. Aber wird sich wohl nicht vermeiden lassen.“

„Ja, da hast du wohl recht. Ich gehe mich jetzt hinlegen. Ich will noch ne Kleinigkeit Deutsch für morgen lesen.“

„Ok, ich werde noch etwas im Internet suchen über das Rennen in Silverstone.“ Daraufhin setzte ich mich an den Schreibtisch und Lukas legte sich in sein Bett. Ich hatte schnell eine Motorsportseite gefunden, die von dem Rennen berichtete. Ich las den Bericht und freute mich sehr, dass Papa ein so gutes Rennen gehabt hatte. Doch was las ich denn da? - Mechaniker wurde von Steevens in der Boxengasse angefahren -. Ich erschrak.

„Schei…“, entfuhr es mir. Lukas stutzte und fragte: „ Was ist los? Ist was passiert in England?“

„Ja, Papa hat wohl beim Boxenstopp einen anderen Mechaniker angefahren, der ihm vor das Auto gefallen ist.“

„Mist, das ist natürlich richtig blöd. Steht da was, ob es schwere Verletzungen gegeben hat?“

„Nein, da steht nur, dass es einen Zwischenfall gegeben hat.“ Ich machte mir etwas Gedanken. Hoffentlich ist da nichts Schlimmes passiert. Ich würde morgen sicher bei Papa nachfragen, was da genau passiert war.

Nun vertiefte sich Lukas wieder ins Lesen und ich dachte nun noch mal über den Tag nach. Mir kamen wieder die eigenartigen Situationen beim Tennis in den Sinn. Vor allem beim Duschen, wie sich Lukas von mir abgewandt hatte.

„Lukas, ich möchte dich was fragen.“

„Ja, was ist denn?“

„Ich habe da eine Sache, die mir schon seit dem letzten Gespräch durch den Kopf geht. Warum bist du jetzt so anders im Umgang mit mir? Beim Tennis hast du mich gefragt, ob du dich neben mich setzen darfst, beim Duschen hast du dich weggedreht und bist auch sofort aus der Dusche raus, auch beim Anziehen bist du mir aus dem Weg gegangen. Und beim Billard hast du dich auch manchmal komisch verhalten. Hast Du ein Problem mit mir?“

Lukas seufzte und ich merkte, dass es ihm sichtlich schwerfiel, mir darauf zu antworten. „Nein Mick, mit dir eigentlich nicht, aber mit unserer Situation. Ich hatte dir ja gesagt, was ich im Moment für Gefühle habe und du hast mir darauf nur gesagt, dass du Zeit brauchst, darüber nachzudenken. Aber ich weiß nun nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich will nicht, dass du glaubst, ich würde dich bedrängen oder so. Ich mag dich einfach sehr und möchte, dass wir Freunde bleiben.“ Bei dem letzten Satz spürte ich in seiner Stimme, wie schwer es ihm fiel, das auszusprechen.

„Lukas, ich verstehe dich, aber bitte glaube mir, für mich ist das auch nicht so einfach. Ich weiß noch nicht, wie ich damit umgehen kann. Aber eines weiß ich ganz bestimmt. Ich mag dich weiterhin als Freund genauso wie bisher. Ich möchte, dass wir erst mal genau so miteinander umgehen wie bisher. Ich kann dir noch nicht mehr dazu sagen, bist du jetzt sehr enttäuscht, ich würde dir gerne mehr sagen, aber ich weiß es einfach nicht.“

„Danke Mick, ich bin froh darüber, dass du mich ansprichst, ich habe einfach Angst, wie ich mich verhalten soll.“ Dabei musste er richtig schlucken. Ich spürte, wie schwer es ihm fiel, nicht zu weinen.

„Lukas, sag mir, was du fühlst. Ich verstehe dich und ich werde dich nicht auslachen oder jemand anderem davon erzählen, wenn du das nicht möchtest. Ich muss dir auch noch etwas anderes sagen. Vorhin als ich von Leif in unser Zimmer zurückkam, da habe ich schon einige Minuten im Zimmer gestanden, bevor ich mich bemerkbar gemacht hatte. Bitte sei jetzt nicht sauer, aber ich möchte wissen, was hast du da für eine Geschichte gelesen, die dich so gefesselt hatte, dass du noch nicht mal bemerkt hast, dass ich ins Zimmer gekommen bin? Ich meine, ich habe einen Regenbogen gesehen. Ich wollte eigentlich selbst noch nachsehen, was für eine Seite das ist, aber ich glaube es ist besser, wenn du es mir selber sagst.“

Das war zu viel für ihn. Er geriet in Panik und zog sich schnell einige Sachen an und lief aus dem Zimmer. Ich konnte das so schnell gar nicht begreifen, was nun gerade passiert war. Ich verstand es auch ehrlich gesagt nicht. Aber Fakt war, Lukas war geflüchtet. Ich lag konsterniert auf meinem Bett und wusste nicht, was ich nun machen sollte. Ich hatte ihn wohl doch zu direkt gefragt. Er schien damit deutlich mehr Schwierigkeiten zu haben, als ich. Aber warum? Ich hatte doch klar gesagt, dass ich kein Problem hätte, wenn er schwul wäre. Naja, so deutlich vielleicht nicht, aber das ich auf jeden Fall weiter sein Freund sein werde, wie bisher auch.

Ich beschloss nun, mich ebenfalls wieder anzuziehen und nach Lukas zu suchen. Hoffentlich war er nicht nach draußen abgehauen. Das würde echt Ärger geben. Und das wollte ich unbedingt vermeiden. Wie bitter würde das sein, wenn wir dazu den Lehrern oder dem Internatsleiter Erklärungen abgeben mussten? Also nahm ich mein Handy mit, zog mir eine Jacke über und machte mich auf die Suche nach Lukas.

Ich ging erst mal nach unten zum Eingang. Ich wollte kontrollieren, ob er bereits verschlossen war, denn dann konnte man die Tür nicht mehr öffnen, ohne einen Alarm auszulösen. Dem war so. Gott sei Dank konnte er nun nicht außerhalb des Gebäudes sein, es sei denn, er wäre aus einem Fenster geklettert. Also versuchte ich ihn auf dem Handy anzurufen. Er ging nicht an sein Handy. Also gut, dann musste ich wohl auf die Suche gehen. Ich bin erst mal in die Bibliothek und die anderen Gemeinschaftsräume abgegangen. Leider kein Lukas. Dann bin ich runter in den großen Essbereich gegangen. Alles war dunkel und ich betrat den großen Raum. Ganz leise trat ich ein und sah eine Gestalt vor einem Fenster stehen. Ich ließ das Licht aus und war mir sicher, das konnte nur Lukas sein. Er stand regungslos vor dem Fenster und schaute nach draußen. Ich ging ganz langsam auf ihn zu. Entweder hatte er mich nicht bemerkt oder er blieb bewusst regungslos stehen. Jedenfalls stand er immer noch regungslos dort, als ich mich neben ihn stellte. Ich schwieg. Ich konnte aber sehen, dass ihm Tränen übers Gesicht liefen.

Was sollte ich nun machen? Ich war erst mal froh, dass ich ihn gefunden hatte und nichts passiert war. Nun gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Ich konnte mir vorstellen, was er für eine Angst haben musste. Was konnte ich nun tun, um ihm die Angst etwas zu nehmen?

„Lukas, es tut mir leid. Ich wollte dich nicht bedrängen. Bitte sprich mit mir. Ich möchte wissen, was habe ich falsch gemacht? Ich wollte dir nicht weh tun“, sagte ich zu ihm ganz leise und vorsichtig.

Er konnte sich immer noch nicht beruhigen und die Tränen liefen nur so aus den Augen. Ich konnte nun nicht mehr anders und nahm ihn einfach in den Arm. Es war mir egal, was er nun von mir dachte. Ich musste ihm helfen. Er hatte mich ja ins Vertrauen gezogen und ich habe ihm jetzt so weh getan. Ich wusste zwar immer noch nicht womit, aber das war mir erst mal egal. Ich legte also meinen linken Arm um seine Schulter und er drehte sich zu mir und dann nahm ich ihn in beide Arme und streichelte ihm über den Kopf. Er weinte hemmungslos und schüttelte sich regelrecht dabei. Man, ging es mir grade schlecht dabei. Ich konnte nichts sagen, ich streichelte ihn aber weiter und hoffte, er würde sich bald beruhigen.

Plötzlich schluchzte er und wollte mir etwas sagen: „Mick, ich kann nicht mehr, ich will nicht mehr weglaufen. Aber wenn ich dich nun auch noch verliere als Freund, weil ich schwul bin, dann halte ich das hier nicht mehr aus. Bitte hilf mir. Ich habe niemanden, mit dem ich noch reden kann. Meine Eltern sind tot und mit dir traue ich mich nicht über das zu reden.“ Er weinte bitterlich und zitterte am ganzen Körper.

„Lukas“, sagte ich, „bitte beruhige dich, ich werde dich nicht verlassen. Was für ein Blödsinn. Ich bitte dich, komm erst mal mit mir wieder nach oben in unser Zimmer. Da können wir in Ruhe weiter reden.“ Er sah mich aus den verweinten Augen an und wusste nicht was er sagen sollte. Ich nahm ihn einfach mit. Wir gingen langsam Arm in Arm nun nach oben. Er weinte immer noch, aber er folgte mir wenigstens in unser Zimmer. Wir betraten das Zimmer und ich setzte ihn erst mal auf das Sofa. Ich zog meine Jacke aus und dann sagte er: „Mick, kannst du dich zu mir aufs Sofa setzen, ich möchte jetzt nicht alleine hier sitzen.“ Ich sah ihn an und nickte nur. Ich setzte mich neben ihn und wartete nun, wie er reagieren würde.

„Kannst du mich wieder in den Arm nehmen?“, fragte er ganz leise. Ich tat es natürlich und er lehnte sich an meine Schulter. Ein warmes Gefühl breitete sich bei mir aus, obwohl ich sehr angespannt war und mich sehr um ihn sorgte.

„Lukas, ich werde immer dein Freund bleiben, nur weil du schwul bist, werde ich diese Freundschaft niemals aufgeben. Aber du musst mir versprechen nicht wieder wegzulaufen. Ich habe mir große Sorgen gemacht.“ Er nickte wortlos und dann ergänzte ich: „Willst du mir nicht alles erzählen, dann musst du dich nicht mehr verstecken und wir können offen reden?“

Er lag weiterhin in meinem Arm und sein Kopf lag auf meiner Schulter. Ich spürte die Wärme, die von ihm ausging. Er beruhigte sich nun ganz langsam, er fing an sich zu entspannen und ließ sich einfach an mich fallen. Nun saßen wir beide Arm in Arm auf dem Sofa und schwiegen einige Momente.

„Lukas, ich werde dich nicht weiter fragen. Du kannst immer zu mir kommen, wenn du mir etwas erzählen möchtest. Ich werde immer für dich da sein. Aber bitte hör auf, dich mir gegenüber zu verstellen und dich zu verleugnen. Wenn du schwul bist, bist du schwul. Ich mag dich genauso, wie du bist. Und alles andere werden wir sehen.“

Nach dem letzten Satz schaute er mich fragend an: „Heißt das, du magst mich auch?“

„Ja, Lukas, ich mag dich auch sehr. Aber ich weiß noch nicht, ob ich wirklich mehr möchte als nur dein Freund zu sein. Bitte gib mir noch mehr Zeit, das für mich zu klären. Das ist alles so neu für mich. Darf ich dich was fragen?“

„Was immer du willst“, sagte er nun für mich etwas überraschend.

„Bist du dir sicher, dass du schwul bist?“ Er nickte und dann löste er sich aus meiner Umarmung und sagte: „Ja, ich bin mir mittlerweile sehr sicher und du bist der Einzige, der das nun weiß.“ Dann umarmte er mich wieder und ich ließ ihn gewähren. Ich spürte, wie gut es ihm tat mich zu umarmen und das Gefühl wollte ich ihm nicht verwehren. Außerdem fand ich es auch überhaupt nicht unangenehm.

„Lukas, was meinst du, sollen wir nicht langsam ins Bett gehen? Es ist schon nach Mitternacht.“ Er erschrak sichtlich und meinte: „Oh sorry Mick, ich wollte dir nicht so viele Umstände machen.“

„Alles gut, Lukas, ich habe doch auch viel gelernt und ich freue mich sehr, dass du mir das gesagt hast. Wir reden morgen weiter, ok?“ Er nickte und dann zogen wir unsere Sachen erneut aus und machten uns bereit, um ins Bett zu gehen.

Bevor er sich hinlegte, kam er noch mal auf mich zu und schaute mich an. Er zögerte, aber dann nahm er allen Mut zusammen und sagte leise: „Danke Mick, für alles.“ Er umarmte mich erneut und gab mir einen kleinen Kuss auf die Wange. Ich wurde richtig rot und mir schoss das Blut in alle Glieder. Ein Schauer durchlief mich. Ich sah ihn an und merkte, dass er selbst erschrak über seinen Kuss. Ich sagte aber: „Keine Sorge Lukas, ist ok für mich.“ Ich lächelte und legte mich dann ins Bett und wünschte ihm eine gute Nacht. Er legte sich auch ins Bett und löschte das Licht. Dann sagte er noch: „Danke Mick, dir auch eine gute Nacht und bis morgen.“

Mir gingen noch einige Gedanken durch den Kopf. Lukas hörte ich bereits nach wenigen Minuten ganz ruhig atmen. Er war schon eingeschlafen. Auch ich war so müde, dass ich bald einschlief.

Marc: Montagmorgen noch in Silverstone

Wir hatten gestern noch böse gefeiert und heute Morgen war die halbe Truppe noch etwas träge beim Einräumen. Ich trinke ja überhaupt keinen Alkohol und von daher ging es mir gut. Tom und ich hatten uns für 10 Uhr zum Frühstück verabredet. Gestern Abend waren wir noch gemeinsam Essen und ich hatte meinen Jungs eine Nachricht geschrieben, dass wir gewonnen hatten. Den Zwischenfall mit dem Mechaniker hatte ich ihnen allerdings verschwiegen. Gerade für Leif wäre das sicher ein Problem geworden. Er war da immer schon besonders sensibel gewesen.

Ich saß nun im Hotel im Frühstücksraum und wartete auf Tom. Heute würde ich mit Wolfgang noch klären, dass ich morgen Abend bereits in die Schweiz fliegen würde. Ich hatte bereits im Ort vom Internat meine Unterkunft geregelt. Ich hatte dort eine kleine Pension vor einiger Zeit gefunden, wo ich immer wohnte, wenn ich meine Kinder besuchte. Es war ein kleines Appartement mit kleiner Küche. Ich konnte also auch selber etwas kochen oder mit den Jungs gemeinsam kochen. Aber es gab dort auch sehr schöne Restaurants in der Nähe.

Jedenfalls hatte ich das alles schon geregelt und die Hauswirtin gebeten, wie immer das Ganze geheim zu halten. Ich wollte dort immer nur privat sein. Keine Pressetermine und dergleichen. Dort wollte ich nur Zeit für meine Jungs haben. Über meine Managerin ließ ich mir dort einen Leihwagen am Flughafen bereitstellen. Unser Teamhersteller stellte uns für derartige Dinge immer das passende Fahrzeug zur Verfügung. Ich würde ungefähr 30 Minuten vom Flughafen Fahrtzeit haben. Der Flieger landete dort um kurz nach halb sieben. Ich wollte bereits abends anreisen, damit ich am Mittwoch ausgeruht mit den Jungs zusammentreffen würde. Sie ahnten ja noch nichts von dieser Aktion.

Mittlerweile kam Tom zu mir an den Tisch und begrüßte mich mit einem: „Moin Marc, gut geschlafen, oder geht es dir wie den anderen Jungs?“

„Nein Tom, alles bestens, du weißt doch, ich trinke keinen Alkohol. Lass uns ans Büfett gehen und erst mal frühstücken.“ So stand ich auf und wir versorgten uns mit den gewünschten Sachen.

„Sag mal Marc, wie sind deine Pläne nun für Spa in 10 Tagen? Wollen wir das mit unseren Jungs so machen, wie wir das besprochen haben? Also meiner hat wohl Lust zu kommen und deinen Jüngsten mal kennen zu lernen.“ Dabei gingen wir zurück zum Tisch.

„Ich denke schon. Ich habe es mit Leif noch nicht im Detail besprochen, aber ich plane es so, dass wir bereits am Wochenende in Spa ankommen. Vielleicht schon am Samstag. Denn an dem Wochenende findet da immer ein Nachwuchs Kartrennen statt. Ich denke, das wäre doch was für die beiden. Tommy hat sowas ja noch nie mitgemacht und Leif ist bestimmt froh, wenn er mal wieder fahren kann. Wann willst du dann dazu kommen mit Mika?“

„Also vermutlich erst am Mittwoch, weil Mika erst ab Montag Ferien hat und ich auch erst noch andere Termine für unseren Hersteller wahrnehmen muss.“

„Ok, ich schlage vor, wir telefonieren am besten an dem kommenden Wochenende noch mal. Ich gehe gleich zu Wolfgang und werde ihm mitteilen, dass ich morgen schon hier abreise. Heute machen wir noch den Termin mit der Vorstellung des neuen Straßensportwagens R8 V10 S. Dann fliege ich morgen rüber in die Schweiz.“

„Alles klar, Marc. Sag Wolfgang, ich wäre damit einverstanden, die Termine morgen allein zu machen.“ Dann standen wir auf und ich ging Richtung Team Hospitality. Dort wollte ich mich mit Wolfgang zusammensetzen. Ich musste bis mittags alles geregelt haben, damit ich Leif nach der Schule anrufen konnte und ihm genau sagen würde, wie ich plane. Er durfte ja nicht merken, dass ich schon Dienstagabend bei ihnen vor Ort sein würde. Denn heute Nachmittag hatten wir ja noch diese Präsentation mit dem Auto und einigen Journalisten.

Ich kam in unserem Bereich an und begrüßte einige der Mechaniker, die ebenfalls schon in Vorbereitungen für heute Nachmittag waren. Wolfgang stand bei ihnen und er sprach gerade mit dem Marketingmanager für heute. Ich ging auf die beiden zu und begrüßte sie.

„Hallo Marc, gut ausgeschlafen und guter Dinge für heute?“ sprach Wolfgang zu mir und gab mir die Hand.

„Ja Wolfgang, danke der Nachfrage. Du, ich habe da ein Anliegen. Hast du gleich mal ein paar Minuten Zeit für mich?“ Er sah mich etwas fragend an, nickte aber und erwiderte: „Ja sicher, lass uns doch rüber in das Motorhome gehen. Da können wir nen schönen Cappuccino trinken.“ So machten wir uns gemeinsam auf den Weg.

„Setz dich Marc. Mit Zucker den Cappuccino oder ohne?“

„Ohne Zucker bitte“, sagte ich dann.

„Also was hast du für ein Anliegen?“

„Ich möchte schon morgen Nachmittag in die Schweiz zu meinen Jungs fliegen. Ich habe da einiges zu klären. Ich kann also nicht die Termine morgen wahrnehmen. Aber Tom hat mir gesagt, er kann das auch alleine regeln.“

Wolfgang verzog etwas das Gesicht und meinte dann: „Marc, das ist jetzt etwas überraschend. Gibt es dafür einen besonderen Grund? Hast du Probleme mit deinen Jungs?“

„Ja so ungefähr, Wolfgang. Ich habe im Moment das Gefühl ich müsste häufiger bei ihnen sein. Sie haben mich angerufen und Mick hat mir einige Mails geschrieben, dass er Probleme mit dem Kleinen hat und das sein Freund Lukas ihm Probleme macht.“

„Oha, irgendwas Ernstes?“

„Ich weiß es noch nicht so genau, deshalb will ich einfach rüber fliegen. Ich komme ja nach Spa mit Leif und seinem Freund Tommy. Da hatten wir ja schon drüber gesprochen, aber ich will nun einen Überraschungsbesuch einschieben. Ich muss mal mit beiden ein paar ruhige Gespräche führen. Mick hat mich extra darum gebeten, häufiger bei ihnen vorbei zu schauen.“

„Hm, und heute der Termin geht aber noch wie geplant?“

„Ja sicher, ich fliege dann morgen Nachmittag. Und würde dann am Samstag schon in Spa sein mit den beiden Jungs.“ Ich merkte, dass Wolfgang nicht begeistert war, aber er gab sein Ok und ich konnte nun alles zu Ende planen.

Ich informierte nun Tom noch schnell, dann ging ich ins Hotel und ließ den Flug für morgen bestätigen. Danach rief ich die Wirtin in der Schweiz an und gab meine genaue Ankunftszeit an und sie möge doch ein paar Lebensmittel im Kühlschrank bereitstellen.

Um 14 Uhr sollte heute der Pressetermin beginnen. Ich hatte also noch etwas Zeit und schaute mir deshalb meine Emails an. Dort hatte sich doch einiges angesammelt und ich hatte einiges zu tun, bis ich alles erledigt hatte. Nun war es schon fast Zeit für Mittagessen. Ich ging aber erst mal in den Garten des Hotels und setzte mich in dort auf eine Bank und genoss die mittlerweile herausgekommene Sonne.

Mir kamen nun doch einige Gedanken in den Sinn. Wieso hatte sich Leif so über Mick aufgeregt, wenn es so schnell wieder zur Ruhe gekommen war? Warum hatte mir Mick bislang nichts von seinen Aktivitäten mit seinen Freunden erzählt, wollte er mir etwas verheimlichen? Ich überlegte, wie ich denn strategisch vorgehen wollte. Eines war klar, ich würde jetzt in den Tagen mehr Zeit mit Mick alleine verbringen wollen. Leif und Tommy hatte ich ja dann in Spa dabei. Ich hoffte, dass ich auch seinen Zimmerkollegen Lukas kennenlernen würde. Er hatte seine Eltern bei einem Autounfall verloren. Wie muss es ihm jetzt wohl gehen? Ich bemerkte sehr wohl, dass Mick sich sehr bemühte, ihm eine Hilfe zu sein. Das führte bei Leif sogar zu Eifersucht, wie ich vermutete. Mick hatte mich ja auch gefragt, ob er nicht Lukas nach Amerika mitnehmen könnte. Bis dahin würde es ihm sicher besser gehen und er könnte ihm damit eine Freude machen. Also ich merkte, ich hatte viel zu tun. Leif und Tommy in Spa würde sicher kein großes Problem werden. Tommy war ein echt netter Junge und er würde bestimmt nicht für Stress sorgen. Leif würde ihm sicher alles genau erklären während des Rennens.

Ich beschloss nun zum Mittagessen zu gehen und mich danach für die Vorstellung der Autos umzuziehen. Der Nachmittag würde sicher ganz lustig werden. Ich mochte zwar diese PR Termine nicht besonders, aber heute musste ich in erster Linie die Presseleute um die Strecke fahren und das konnte ich definitiv besser, als irgendwelche Interviews zu geben. Aber so war nun mal mein Job. Es gehörte halt dazu und ich wurde ja auch von unserem Hersteller im Rennen immer bestens unterstützt.

Mittlerweile war es halb zwei und ich musste unbedingt noch mit Leif telefonieren. Also ging ich wieder in den Garten und wählte Leifs Nummer.

„Hallo Papa, schön dass du anrufst. Herzlichen Glückwunsch. Habt ihr schön gefeiert?“ Ich musste lächeln und antwortete: „Ja, die Jungs haben ordentlich Gas gegeben. Aber ich muss heute ja noch arbeiten, deshalb habe ich mit Tom nur kurz gefeiert. Du Leif, folgendes. Ich muss am kommenden Dienstag in Spa an der Strecke sein. Ich habe für dich und Tommy bereits den Flug gebucht. Ihr fliegt am Dienstagmittag los und entweder hole ich euch vom Flughafen ab, oder es kommt jemand vom Team euch abholen. Das heißt aber auch, ihr müsst rechtzeitig eure Sachen packen. Wir bleiben bis zum folgenden Montag in Spa. Dann fliegen wir gemeinsam zurück und ich habe noch ein paar Tage in Deutschland zu tun. Ist das so in Ordnung für dich?“

„Klasse Papa, ich freue mich schon richtig darauf. Tommy hat mich schon ein paarmal danach gefragt, ob das auch wirklich klappt. Ich verspreche dir, dass ich auch nichts vergesse einzupacken.“

„Nimm auch etwas für Regenwetter mit. Du weißt ja, in Spa ist immer auch mit Regen zu rechnen. Sag auch Tommy das bitte. Sag mal, ist Tommy eigentlich schon mal Kart gefahren?“

„Nein Papa, ich glaube nicht. Warum fragst du?“

„Naja, wir könnten in Spa ja mal wieder zusammen Kart fahren gehen. Also nimm deinen Helm auf jeden Fall mit. Für Tommy gibt es hier bestimmt Sachen zu leihen.“

„Coole Idee, das wird bestimmt witzig.“

„Weißt du, wie es Mick geht? Ich habe nur einmal kurz mit ihm geschrieben nach eurem Tennismatch.“

„Nein, so genau weiß ich das auch nicht. Er wollte mir noch was für Mathe vorbereiten. Das hat er mir aber noch nicht gegeben. Ich habe ihn auch gestern nicht mehr gesehen. Er wollte mit Lukas noch etwas unternehmen, glaube ich.“

„Alles Klar, ich rufe ihn vielleicht heute Abend mal an. Passiert noch was Wichtiges in der Schule, oder sind eigentlich schon Ferien?“

„Nein Papa, bei mir ist alles durch. Osterferien können kommen. Nur in Mathe will ich noch was tun. Ich habe da so meine Probleme mit dem Thema.“

„Ja mach das ruhig. Wenn Mick dir diesen Zettel nicht bis morgen Abend gegeben hat, erinner ihn bitte freundlich daran. Betonung liegt auf freundlich!“

„Ja, ja, ist schon gut. Ich werde ihm nicht auf die Nerven gehen. Aber er hatte es mir versprochen.“

„Ok Leif, er wird es sicherlich noch machen. So ich muss wieder los. Wir haben hier noch einige Termine zu erfüllen. Ich wünsche dir noch eine schöne Woche und ich melde mich aber auf jeden Fall noch vor Dienstag. Bestell Tommy schöne Grüße von mir.“

„Cu Papa, und danke, dass ich Tommy wirklich mitnehmen darf.“

„Ist schon in Ordnung Kleiner - wir sehen uns - bis die Tage dann.“ Damit beendete ich das Gespräch.

Mick im Internat am Montagmorgen

Verdammt, kurz vor sieben am Morgen, der Wecker klingelte. Ich versuchte mich möglichst schnell aus dem Bett zu bewegen in Richtung Bad. Ich hatte mal wieder eine tolle Morgenlatte und wollte nun auf jeden Fall vermeiden, dass Lukas das mitbekam. Ich stand im Bad und machte das Übliche am Morgen. Im Kopf lag mir der gestrige Abend noch. Ich hoffte, es würde heute in der Schule keine Probleme geben. Lukas war ja nicht grade in Bestform im Moment. Ich hatte mir vorgenommen, ihn in der Schule zu unterstützen, wo es notwendig war. Bevor wir zum Unterricht gehen würden, wollte ich ihm das noch sagen.

Ich ging aus dem Bad, Lukas war mittlerweile wach und ging auf dem Weg zum Bad auf mich zu. Er sah mich an und ich warf ihm ein: „Morgen Lukas, gut geschlafen?“ entgegen.

„Morgen Mick, geht so.“ Er ging dann ins Bad und ich zog mich bereits an. Nach ein paar Minuten kam Lukas wieder heraus und ich saß bereits fertig auf dem Sofa. Er begann nun sich anzuziehen und er schaute mich immer wieder etwas unsicher an.

„Lukas, alles in Ordnung bei dir?“

„Ich weiß nicht, ich habe etwas Angst heute vor der Schule. Was ist, wenn jemand merkt, was mit mir los ist?“

„Warum sollte jemand irgendwas merken? Du verhältst dich einfach so wie immer und ich auch. Dann sollte wohl keiner was merken. Bislang bin ich ja wohl der Einzige, der weiß was los ist, oder nicht?“

„Ja natürlich, aber es fühlt sich komisch an. Bleibst du im Unterricht neben mir sitzen? Oder willst du dich woanders hinsetzen?“

„Bist du bescheuert? Warum sollte ich mich umsetzen? Das würde doch erst recht auffallen. Alle wissen doch, dass wir sehr gute Freunde sind. Die würden dir sofort Löcher in den Bauch schießen, wenn ich das jetzt machen würde. Außerdem wie kommst du jetzt darauf?“

„Naja, ich weiß ja nicht, ob du vielleicht doch nicht im Unterricht neben einem schwulen Jungen sitzen willst.“

„Lukas, langsam werde ich sauer. Ich habe dir doch gestern gesagt, für mich ändert sich erst mal gar nichts zwischen uns. Sobald ich für mich klar habe, wo ich hingehöre, werde ich dir das sagen. Aber unserer Freundschaft wird das nichts anhaben. Merk dir das verdammt noch mal.“

„Danke Mick. Ich bin halt verunsichert.“

Dabei sah ich schon wieder, dass seine Augen feucht waren. Ich ging auf ihn zu, legte ihm meine Hand auf die Schulter und sagte: „Lukas, das wird schon. Ich bin immer für dich da, aber niemand weiß es außer mir, dass du schwul bist. Warum sollte es nun zu Problemen kommen?“

Danach gingen wir Frühstücken. Wir setzten uns zu Stephen und Moni an den Tisch. Wir redeten über die kommenden Fächer und das wir hoffentlich nicht mehr so viel Hausaufgaben bekamen. Schließlich waren wir kurz vor den Osterferien. Das Einzige, was mich heute etwas erfreute, war der Gedanke zum Schluss noch eine Doppelstunde Sport zu haben. Das würde bestimmt Spaß machen. Wir spielten zurzeit Badminton und das lag mir doch recht gut. Auch Stephen und Lukas waren recht gut darin. Aber Moni war mit Abstand die Beste darin. Sie spielte das schon sieben Jahre und auch in einer Mannschaft hier im Verein. Stephen bekam jedes Mal ordentlich einen drüber. Er hatte keine Chance gegen sie zu gewinnen.

Der Unterricht begann und alles lief wie immer. Also Lukas hatte sich halt völlig umsonst Sorgen gemacht. Jetzt stand noch besagter Sportunterricht an. Wir gingen in der Sporthalle zu den Umkleiden. Eigentlich nichts Besonderes. Wir Jungs zogen uns um wie immer. Nur bei Lukas spürte ich eine leichte Aufregung. Er versuchte sich nichts anmerken zu lassen, aber ich spürte seine Anspannung. Komisch, entweder war mir sein Blick nie vorher aufgefallen, oder er sah heute besonders genau auf mich beim Umziehen. Ich ließ mir nichts anmerken und dann ging ich einfach in die Halle. Unser Lehrer bat uns vor dem Aufwärmen schon mal vier Felder aufzubauen.

Beim Aufwärmen sollten immer zwei Leute zusammen sich warm machen. Ich wurde von Moni gefragt, ob ich mit ihr ein paar Übungen machen würde. Stephen schaute etwas komisch, aber ich ließ mir den Spaß nicht nehmen und dann trabten Moni und ich los. Wir sollten uns gegenseitig versuchen zu fangen. Ich hatte etwas Hemmungen Moni richtig anzufassen beim Fangen.

Lukas war nun mit Stephen beim Aufwärmen. Alles lief eigentlich normal. Nur das Stephen mich damit aufzog, ich sollte bloß aufpassen, wo ich Moni anfasste. Moni und ich mussten beide lachen. Dann sagte Moni genau das Gleiche zu Stephen, er solle bei Lukas mal selber aufpassen. Da brach großes Gelächter in der Halle aus. Moni hatte das natürlich als ganz lockeren Spaß angesehen. Ich sah nur, dass Lukas das überhaupt nicht witzig fand. Er hatte förmlich die absolute Panik in den Augen. Ich wusste aber, dass Moni überhaupt keine Ahnung hatte. Aber Lukas wusste das nicht. Er wurde blass und ich sah, dass er am liebsten weggelaufen wäre. Verdammt, warum macht er jetzt so einen Stress. Ich lief unauffällig an ihm vorbei und raunte ihm zu: „Lukas, das war Spaß. Sie kann es nicht wissen. Bleib locker.“ Er sah mich angsterfüllt an, nickte aber. Hoffentlich beruhigt er sich wieder, dachte ich nur so. Aber Stephen hatte meine Aktion bemerkt. Er stutzte über mein Verhalten. Nach zehn Minuten sollten wir uns auf die vier Felder verteilen und uns jeweils mit unseren Aufwärmpartnern warm spielen. Ich stand nun also Moni am Netz gegenüber und wir spielten uns den Ball über das Netz zu. Stephen und Lukas spielten in einem anderen Feld. Nach einigen Minuten kam unser Lehrer und sah sich alle Schüler einmal genau an und gab technische Korrekturen. Irgendwann war er einmal durch und dann bekamen wir jeweils einige Aufgaben, die wir zu spielen hatten. Mittlerweile war ich gut verschwitzt und es gab eine kleine Pause. Ich ging in die Umkleide, holte aus meiner Tasche die Wasserflasche und trank einen ordentlichen Schluck.

Stephen kam einen kurzen Moment nach mir herein. Er war genauso verschwitzt. Wir waren allein in der Umkleide und er sagte dann zu mir: „Mick, was war mit Lukas vorhin los? Warum bist du zu ihm hingelaufen als Moni den Spaß gemacht hatte? Er sah aus als hätte er ein Gespenst gesehen.“

Ich wurde sehr nervös jetzt. Was sollte ich ihm sagen? Ich wusste zwar, dass Stephen wirklich ein guter Freund war, aber jetzt konnte ich ihm unmöglich die Wahrheit sagen.

„Stephen, Lukas hat manchmal Probleme bei bestimmten Situationen. Ich kann das nicht so genau erklären, aber er hatte den Spaß wohl nicht so verstanden. Und da wollte ich ihm nur etwas helfen.“ Hoffentlich würde Stephen nun nicht weiter nachfragen. Er sah mich zwar etwas ungläubig an, aber er sagte nichts weiter. Wir gingen wieder in die Halle. Lukas hatte genau gesehen, dass Stephen mit mir in der Umkleide war. Ich sah zu ihm hinüber und gab ihm einen Daumen nach oben. Er verstand und wir spielten nun noch den Rest der Stunde weiter.

Unser Lehrer beendete die Einheit zehn Minuten vor Ende der Stunde. Wir sollten nun abbauen und dann war umziehen oder erst duschen angesagt. Wer wollte, konnte auch direkt nach dem Sport duschen. Einige hatten ja auch noch Unterricht und gingen dann hier duschen. Lukas und ich hatten aber jetzt frei und ich nahm mir nur meine Sachen und wollte schon Richtung Zimmer gehen, um dort zu duschen. Da kam Lukas auch schon an. Er sagte mir, er müsse noch in die Stadt zum Optiker. Er würde also hier duschen. Ich wollte direkt weiter, weil ich nicht kalt werden wollte. Ich verabschiedete mich und sagte zu ihm, wir würden uns dann später sehen.

Ich ging nun Richtung Zimmer, als mein Handy vibrierte und ich von Leif eine Nachricht bekam. Er hatte mit Papa telefoniert und ließ mir schöne Grüße ausrichten. Er teilte mir freudig mit, dass Papa ihm wohl gesagt hatte, wann sie nach Spa fliegen würden. Also sollte es wohl wirklich jetzt klappen, dass Tommy auch mitkommen würde. Ich schrieb ihm zurück, dass ich gleich den Mathe-Zettel für ihn fertigmachen würde und er ihn dann später abholen könnte. Dann betrat ich unser Zimmer und zog mir direkt die nassen Sachen aus. Ich drehte die Dusche auf und wartete einen kurzen Moment, bis das Wasser warm genug war. Ich genoss es immer wieder, duschen nach dem Sport war etwas Herrliches.

Einige Minuten später saß ich komplett umgezogen unten beim Mittagessen. Ich saß alleine am Tisch, weil die meisten noch Unterricht hatten.

Wieder auf meinem Zimmer angekommen, begann ich den Zettel für Leif zu erstellen. Ich wollte ihm dort alles genau aufschreiben, wie er das zu rechnen hatte. Er sollte damit eigentlich klarkommen. Kurze Zeit später war ich fertig und schrieb Leif, er könnte vorbeikommen den Zettel abholen.

Ich nahm nun meine Schultasche und begann mit den Hausaufgaben. Ich war gerade bei den Englischaufgaben, als es klopfte. „Herein“, und Leif stand schon in der Tür. Er war mit Tommy gemeinsam rübergekommen.

„Hallo Mick, können wir reinkommen oder stören wir grade?“, fragte Leif.

„Hi, nein kommt ruhig rein. Hat Papa euch also zugesagt für Spa. Das freut mich wirklich, dass ihr beide zusammen fahren könnt.“

„Oh ja, ich bin schon total aufgeregt“, sagte Tommy dann und ergänzte noch: „Mick, kann ich dich noch grade was wegen Physik fragen?“

„Klar, was hast du denn für ein Problem?“ Er erklärte seine Frage und ich konnte ihm doch recht schnell helfen. Er bedankte sich und dann verabschiedeten sie sich auch schon wieder. Plötzlich klingelte mein Handy. Ich sah auf das Display und da stand die Nummer von Stephen. Ich wunderte mich nun doch sehr. Nahm aber das Gespräch an und meldete mich: „Hi Stephen, was gibt’s denn? Hast du was vergessen oder weshalb rufst du schon an, wir haben uns doch grade erst verabschiedet.“

„Mick, wo bist du? Können wir miteinander sprechen? Ich glaube es gibt ein Problem“ Etwas perplex wartete ich einen Moment, bevor ich sagte: „Ich bin auf meinem Zimmer, Englisch machen, aber was ist denn los? Du bist ja richtig aufgeregt.“

„Können wir uns irgendwo treffen, wo wir nicht gestört werden, es geht um Lukas. Das solltest du vielleicht wissen.“

Jetzt war ich aber doch etwas unruhig und meinte: „Wieso? Was ist mit Lukas? Er wollte doch in die Stadt zum Optiker.“

„Mick, ich will das nicht am Telefon besprechen. Bitte, wir müssen das schnell bereden, bevor Lukas zurückkommt.“

„Können wir uns bei dir treffen oder sollen wir uns in der Bibliothek treffen?“

„Weder noch, am besten außerhalb irgendwo. Beim Italiener zum Cappuccino? In zehn Minuten?“

Ich überlegte etwas und wurde immer unruhiger: „Ja ist gut, aber ich hoffe es ist wirklich wichtig.“ Dann legte ich auf und zog mir meine Jacke an und machte mich auf den Weg. Meine Gedanken waren etwas wirr. Was war passiert, nachdem ich weggegangen war nach dem Sport? Es konnten doch höchstens ein paar Minuten gewesen sein, die Lukas noch dort war.

Ich bog um die Ecke und Stephen wartete schon vor dem Café. Er sah sehr ernst aus. Ich bekam echt etwas Angst, was war passiert. Ich sagte: „Hey Stephen, sag mal was ist nun los hier? Du scheinst ja einen Geist oder sowas getroffen zu haben.“

„Ja so ungefähr, komm lass uns reingehen.“ Er ging nun vor und ich folgte ihm sehr gespannt an einen leeren Tisch. Ich zog meine Jacke aus und setzte mich mit Stephen an den Tisch. Wir bestellten uns jeder einen Cappuccino. Dann fing Stephen an zu erzählen: „Mick, du kennst doch Lukas am besten von uns. Ich mache mir echt Sorgen. Vorhin ist etwas Komisches passiert. Beim Duschen war Lukas total komisch. Ich habe ihn gefragt, ob er sauer wäre wegen Monis Witz vorhin beim Warmlaufen. Da fing er sofort an auszuflippen. Ich sollte ihn doch in Ruhe lassen und es wäre mir doch eh egal, wie es ihm gehen würde, ich hätte doch eh nur Moni im Kopf. Und wenn ich mich auf seine Kosten lustig machen wollte, dann sollte ich mich halt nicht wundern, dass er sauer wäre.“ Daraufhin ging er panisch aus der Dusche und verschwand direkt. Ich bin mir nicht sicher, aber ich hatte das Gefühl, er hatte Tränen in den Augen. Kannst du mir sagen, was das für ne Nummer war?“

Ich erschrak sichtlich und Stephen schaute mich nun mit großen Augen an: „Stephen, hast du in der Dusche direkt vor ihm gestanden? Oder wie war diese Situation?“

„Ja natürlich, ich wollte ja grade unter die Dusche gehen.“

„Also du hast direkt und nackt vor ihm gestanden? Dann hast du ihn das gefragt und er ist direkt aus der Dusche raus und abgehauen, habe ich das richtig verstanden?“

„Ja, genau. Aber ich habe keinen Plan was ich ihm getan habe.“

Ich glaubte nun zu wissen, was bei Lukas los war. Das konnte ich aber Stephen nicht so erklären, ohne mit Lukas gesprochen zu haben. Also versuchte ich das anders: „Weißt du noch, wo Moni vorhin diesen lockeren Spruch brachte, du solltest auch aufpassen, wo du bei Lukas anfassen sollst? Und wie ich dann zu ihm gegangen bin. Da hast du ja schon bemerkt, dass er das überhaupt nicht witzig fand. Ich glaube, er denkt, dass Moni meint, er wäre vielleicht schwul. Moni hatte doch gestern schon so einen Spruch gemacht. Da war er schon so empfindlich. Und jetzt stehst du nackt direkt vor ihm unter der Dusche und sprichst ihn auch noch genau darauf an. Ich meine, du bist Monis Freund und er denkt natürlich, du wolltest ihn auf den Arm nehmen, genau wie Moni. Er glaubt vielleicht, dass du ihn provozieren wolltest.“

Stephen sah mich mit entsetztem Gesichtsausdruck an, als er antwortete: „Aber ich wollte das ganz bestimmt nicht. Außerdem wieso kommt er darauf, dass Moni sowas denken würde?“

Stephen zögerte etwas, dann: „Mensch Mick, Lukas hat immer so begeistert von dir erzählt, du würdest ihm so helfen über den Verlust seiner Eltern hinwegzukommen. Ich meine, wenn ich ganz ehrlich bin, Mick - versteh das bitte nicht falsch, aber Lukas hat sich dir gegenüber immer so vertraut gezeigt. Wenn du bei ihm warst, war er immer viel selbstbewusster als wenn er allein war. Ich habe neulich auch beim Billard gedacht, kann es sein, dass Lukas vielleicht doch mehr auf Jungs - insbesondere auf dich - steht?“

Nachdem er das ausgesprochen hatte, wurde mir ganz flau im Magen. Hoffentlich war Lukas nun nicht in Panik weggelaufen, oder noch schlimmeres. Ich nahm nun mein Handy raus und rief Lukas an. Ich musste sofort wissen, wo er war und wie es ihm ging.

Aber sein Handy war aus, nur die Mailbox ging an. Ich wurde jetzt wirklich unruhig. Was sollte ich jetzt tun. Sollte ich Stephen die Wahrheit sagen?

Ich wusste ja auch, dass Lukas Stephen schon übel genommen hatte, dass er wegen Moni den Kontakt zu uns abgebrochen hatte. Aber ich fürchtete, Stephen lag genau richtig mit seiner Vermutung. Ich wusste ja, dass Lukas schwul war, aber ich hatte auch das Gefühl, dass er mir bisher nicht getraut hatte zu sagen, dass er sich verliebt hatte - nämlich in mich. Jetzt musste ich eine Entscheidung treffen. Ich entschied mich diplomatisch zu bleiben.

Ich erklärte Stephen diese Problematik mit Moni und das Lukas es ihm etwas übel nahm, dass er wegen Moni unseren Kontakt eine Zeit lang abgebrochen hatte, und er jetzt vermutlich deswegen etwas heftig reagierte. Das Thema „schwul“ konnte ich jetzt unmöglich aufklären, ohne Lukas auf keinen Fall.

Stephen ahnte, dass ich mehr wusste, aber er hatte ein gutes Gefühl dafür, dass ich jetzt nicht mehr sagen würde.

„Stephen, erst mal vielen Dank, dass du mir das erzählt hast. Ich kann nur hoffen, dass Lukas sich wieder beruhigt. Er hat in letzter Zeit viel durchgemacht und ich denke er ist noch nicht so stabil, wie er nach außen hin immer tut. Kannst du Moni vielleicht das auch so erklären. Er wird sonst - denke ich - bei dem nächsten Spruch völlig ausrasten.“

„Klar, aber Mick, ich glaube das ist nicht alles was du mir jetzt dazu gesagt hast. Ich hoffe wir können das bald aufklären. Ich glaube du möchtest seinetwegen nicht mehr sagen, kann ich auch verstehen. Ich würde es wohl genauso machen, du willst erst mit ihm sprechen. Eines möchte ich dir aber noch sagen. Sage Lukas bitte von mir, wenn es stimmt, dass er schwul ist, dann habe ich damit kein Problem und ich würde mich dann auch sofort bei ihm für diese ungewollten Angriffe entschuldigen. Ich spreche jetzt auch für Moni, sie hat damit auch kein Problem. Und wir würden das selbstverständlich auch für uns behalten, solange er das möchte. Bitte richte das Lukas aus. Ich wünschte er würde uns vertrauen und zumindest dir alles erzählen. Ich mache mir Sorgen Mick“ Dem konnte ich nur zustimmen, ich hoffte auch sehr, dass er bereits zurück im Zimmer war, wenn ich gleich zurückging. Ansonsten hätte ich wohl einen unruhigen Abend.

„Stephen, ich danke dir, dass du so offen warst und ich hoffe, wir können Lukas dazu bringen uns zu vertrauen. Lass uns jetzt wieder rübergehen. Ich hoffe Lukas beruhigt sich wieder und ich kann nachher mal mit ihm reden.“ Ich gab Stephen die Hand und dann verließen wir das Café. Wir gingen getrennte Wege, damit es nicht auffiel, dass wir uns hier getroffen hatten. Ich versuchte erneut Lukas auf seinem Handy anzurufen. Immerhin klingelte es nun. Ich wartete, hoffentlich ging er ans Handy. Dann hörte ich seine Stimme: „Hallo Mick.“

Ich war erleichtert, seine Stimme hörte sich zwar bescheiden an, aber er redete mit mir. „Lukas, wo bist du gerade?“ Ich musste mich sehr beherrschen, ich wollte erst von Stephen berichten, wenn ich bei ihm war oder wir in unserem Zimmer.

„Ich bin im Billard Café, ich musste noch etwas erledigen.“ Ich glaubte ihm natürlich kein Wort, aber ich wollte jetzt nicht noch mehr Druck aufbauen.

„Sag mal, wann bist du wieder zurück? Ich habe da nen kleines Problem, was ich mit dir besprechen möchte.“ Hoffentlich ließ er sich darauf ein, dachte ich.

„Ich brauche noch etwas, sagen wir in einer halben Stunde?“ Ich stimmte zu, aber hatte für mich entschieden, ich würde nun zum Billard Café gehen und ihn dort abholen. So machte ich mich auf den Weg und war zehn Minuten später im Billard Café.

Ich ging hinein und suchte nach Lukas. Ja - da hinten saß er allein an einem Tisch. Ich ging zu ihm und wäre am liebsten losgelaufen, so aufgeregt war ich, aber ich wollte ihm ja keine Angst machen. Erst als ich direkt an seinem Tisch stand, sah er auf. Er erschrak, als er mich bemerkte.

„Hallo Lukas“, er sah mich an und er ahnte sofort, dass ich Bescheid wusste.

„Mick, was ist los? Warum kommst du her?“

„Diese Frage würde ich dir gerne stellen. Ich glaube wir sollten uns mal unterhalten. Du weißt genau, weshalb ich gekommen bin. Ich mache mir echt Sorgen und du solltest jetzt bitte aufhören mir etwas vorzumachen.“

„Wie… wieso, woher weißt du das?“

„Das möchte ich hier nicht sagen, lass uns bitte nach Hause gehen und dann in Ruhe reden, ok?“ Er hatte wohl aufgegeben, denn er stand nun auf und ging mit mir mit. Allerdings redeten wir kein Wort unterwegs. Ich spürte seine Angst und ich war sehr aufgewühlt. Hoffentlich gelang es mir, seine Angst zu überwinden.

Als wir in unserem Zimmer ankamen, ging ich erst mal ins Bad. Ich musste mich etwas erfrischen. Lukas hingegen stand am Fenster und blickte nach draußen. Ich stellte mich neben ihn und schwieg. Ich wollte, dass er den Anfang machte. Ich wollte ihn nicht wieder unter Druck setzen. Er begann sehr zögerlich: „Was weißt du schon?“ Ich überlegte einen Moment, was ich ihm schon sagen wollte, dann antwortete ich: „Nicht viel, nur dass Stephen mich sprechen wollte und wir uns im Café getroffen haben. Er meinte, du wärst ziemlich ausgetickt und er konnte überhaupt nicht verstehen warum, und was er dir denn getan hätte.“

Lukas schien das nicht genug, denn er sagte: „Mick, du weißt doch schon mehr, Stephen glaubt ich sei schwul, und er hat es dir gesagt, oder nicht?“

Ich war nun doch überrascht, sagte aber erst mal nichts dazu, sondern: „Vielleicht erzählst du mir ja was passiert ist. Ich bin nur traurig und besorgt.“

Lukas holte nun tief Luft und erzählte mir das Ganze aus seiner Sicht. Als er fertig war, sah er mich an und ich stand nun direkt vor ihm. Er hatte im Prinzip alles bestätigt, was Stephen und ich besprochen hatten. Nun musste ich also die entscheidende Frage stellen: „Lukas, Stephen hat dir doch gar nichts Böses wollen. Er hat es erst wirklich begriffen, als du weggelaufen bist. Da hat er erst begriffen, dass sie dir unbewusst weh getan haben mit der Anspielung. Du hast Panik davor, dass sie es wissen und nun allen davon erzählen, deshalb bist du weggelaufen.“

Lukas fing nun an zu zittern und plötzlich sackte er zusammen. Das war einfach jetzt zu viel, schnell griff ich ihm unter die Arme und hielt ihn fest. Ich legte ihn vorsichtig auf sein Bett und dann weinte er hemmungslos. Er meinte, ich hätte es doch bestimmt jetzt Stephen gesagt und alle wüssten nun, dass er schwul ist. Mann, tat das weh - er glaubte also, ich hätte ihn verraten.

„Lukas, bitte beruhige dich und hör mir zu. Ich habe Stephen gar nichts gesagt oder bestätigt. Ich habe ihm nur erklärt, was du momentan mit deinen Eltern durchmachst und das du sehr empfindlich bist im Moment. Erst daraufhin hat er diese Vermutung geäußert. Ich habe ihn sogar angelogen und ihm nicht alles gesagt. Aber er hat mir auch gesagt, wenn es so wäre, dass du schwul bist, dann hätte er damit überhaupt keine Probleme und Moni auch nicht. Er würde sich auch sofort bei dir für diese ungewollte Anspielung entschuldigen. Es tut ihm einfach sehr leid, dir so weh getan zu haben. Lukas, ich frage dich, warum sagst du nicht einfach Stephen und Moni die Wahrheit? Sie werden dich verstehen und dich unterstützen.“ Während ich ihm das alles sagte, streichelte ich ihm das Gesicht und den Kopf. Er setzte sich nun auf und fiel mir um den Hals. Er umarmte mich ganz fest und sagte dann leise mit zittriger Stimme: „Mick, warum tue ich dir das alles an? Du stehst trotzdem immer noch hinter mir und hilfst mir aus allen peinlichen Situationen. Womit habe ich das verdient so einen Freund zu haben?“

„Weil du ein netter und wertvoller Mensch bist. Deshalb. Und jetzt ist genug geweint. Was ist nun mit Stephen? Sagst du ihm die Wahrheit?“

„Nur wenn du mir dabei beistehst, ich habe Angst.“

„Ja, das werde ich tun, aber ich möchte, dass wir das jetzt sofort tun.“ Nun zögerte er doch etwas, nickte aber dann. Er stand auf und ich wollte gerade Stephen anrufen, dass er zu uns kommen soll, am besten mit Moni zusammen. Nun stand Lukas vor mir und sah mir in die Augen.

„Mick, ich muss dir noch etwas sagen, bitte warte noch einen Moment, bevor du Stephen anrufst.“

Ich zögerte, aber ich sah nun gespannt zu ihm.

„Ich … ich möchte …, also … du hast eben gesagt, ich soll aufhören dir etwas vorzumachen.“

„Ja, das habe ich gesagt, warum?“ nun kam er immer näher und dann passierte es.

Er küsste mich auf den Mund und umarmte mich ganz zärtlich. Es war einfach schön. Ich war sprachlos - damit hatte ich nicht gerechnet. Er löste sich und sah mich an. Ich war total überrascht, dass er das getan hatte.

„Mick, ich wollte das schon so lange tun, bist du mir böse?“

„Nein Lukas, es ist ok für mich.“ Ich wählte nun Stephens Nummer.

„Hallo Mick, hast du Lukas mittlerweile gefunden?“

„Ja habe ich. Könntest du bitte mit Moni zu uns aufs Zimmer kommen? Es gibt da etwas, was wir klären sollten.“

„Jetzt sofort? Ok, ich schaue mal, was Moni grade macht. Ich bin gleich bei euch, was Moni betrifft, kann ich aber nichts versprechen.“

„Danke und bis gleich.“

Ich musste mich jetzt erst mal hinsetzen. Lukas hatte mich gerade richtig auf den Mund geküsst. Nicht so wie zuvor ein flüchtiger Kuss auf die Wange - nein ein richtig intensiver Kuss auf den Mund, mit einer tollen und zärtlichen Umarmung. Und ich fand es nicht schrecklich oder abstoßend. Wie sollte ich das nun verstehen? Gut, ich konnte nun davon ausgehen, dass Lukas doch viel mehr Gefühle für mich hatte, als er bislang zugegeben hatte, aber was war mit mir? Wie sollte ich damit umgehen, ich konnte immer noch nicht eine Entscheidung für mich finden. Aber Lukas wird nun von mir eine Reaktion erwarten. Ich musste mit jemandem darüber reden, aber mit wem? Jetzt musste ich ihm erst mal klar machen, dass ich nicht bereit war, das im Gespräch mit Stephen schon offen zu machen. Ich musste auf jeden Fall erst für mich Klarheit bekommen.

Ich nahm nun allen Mut zusammen und richtete mich an Lukas, der mich sehr ängstlich ansah. Ich konnte förmlich sehen, wie er vor meiner Reaktion Angst hatte.

„Lukas, ich muss dir etwas sagen. Ich weiß ja nun, was du für mich empfindest, und ich finde deinen Mut es mir so zu zeigen, wirklich toll. Ich kann dir aber noch nicht sagen, ob ich das wirklich auch so will. Ich bin so unsicher mit dem, was ich eigentlich will. Ich will nicht, dass wir das auch gleich mit Stephen besprechen. Das soll erst mal unser Ding bleiben. Ich brauche noch mehr Zeit. Kannst du das verstehen? Ich weiß, dass du jetzt von mir eine andere Antwort möchtest, aber ich kann es noch nicht.“

Lukas saß nun auf dem Sessel mir gegenüber und ich konnte Enttäuschung erkennen. Er wollte stark sein und sagte: „Du bekommst alle Zeit der Welt von mir, ich werde auf deine Entscheidung warten. Aber ich liebe dich Mick. Ich hoffe, ich habe dich nicht verletzt mit diesem Kuss, aber ich habe es nicht mehr ausgehalten. Du hast es mir ja selber gesagt, ich soll mich nicht länger verstellen.“ Nun war es aber vorbei mit seiner Stärke, Tränen liefen über sein Gesicht. Ich musste mich auch sehr beherrschen, denn gleich würde Stephen kommen und wie sah das denn aus, Lukas verheultes Gesicht, war ja noch zu erklären, aber bei mir? Ich musste jetzt das hier in den Griff bekommen.

„Lukas, du hast mich nicht damit verletzt, ich habe nur damit nicht gerechnet, dass es so viel für dich bedeutet. Deshalb muss ich erst noch etwas mit mir ins Reine kommen. Bitte verhalte dich genauso weiter. Wenn es mir zu viel wird, verspreche ich dir es zu sagen. Ist das ok für dich? Es tut mir leid, mehr kann ich noch nicht verkraften.“

Lukas sah mich mit seinen schönen Augen an: „Ich versuche es Mick, aber habe ich das richtig verstanden, du lehnst mich nicht ab, sondern du willst noch deine Gefühle klarer bekommen?“

„Ja, genau so ist es, Lukas. Es ist noch zu viel für mich. Ich habe darüber noch keine Klarheit, ob ich auch schwul bin wie du und deine Gefühle so erwidern kann, wie du es dir wünschst.“

„Mick, ich weiß nicht, wie lange ich das hinbekomme, dir diese Zeit zu geben, aber ich will alles dafür tun. Versprich mir aber, mir zu sagen, wenn ich dir zu nahe komme. Ich will unsere Freundschaft nicht verlieren, auf gar keinen Fall.“

Ich bat ihn nun, sich zu mir aufs Sofa zu setzen. Er setzte sich direkt neben mich und ich nahm ihn ganz fest in den Arm und sagte: „Lukas, danke für dein Verständnis. Ich mag dich wirklich sehr. Bitte habe noch etwas Geduld mit mir.“ Damit war das jetzt erst mal für heute geklärt. Aber ich wusste, da kam eine Menge auf mich zu. Es stand erst mal Stephen an und das Thema mit Lukas, was zu klären war. Es klopfte und Lukas war noch schnell ins Bad gehuscht.

„Herein.“ Die Tür öffnete sich und Stephen und Moni kamen herein. Sie zögerten etwas, weil Lukas ja nicht im Zimmer war.

„Lukas nicht da? Ich hoffe es ist alles in Ordnung?“

„Ja schon alles ok soweit, er ist noch grad im Bad sich etwas frisch machen“, erklärte ich den beiden und bat sie, sich zu setzen.

„Möchtet ihr etwas trinken?“

„Nein danke Mick, ich nicht“, meinte Moni. „Du vielleicht, Stephen?“ Stephen schüttelte den Kopf und so warteten wir nun auf Lukas.

Als Lukas nun hinzukam, schauten Stephen und Moni ihn an. Er wich ihren Blicken aus und ich merkte, wie angespannt Lukas war. Er musste im Moment wirklich viel bewältigen. Und ich als sein Freund, konnte ihm nicht das geben, was er jetzt gerne von mir haben wollte. Das war für mich alles andere als angenehm grade.

„Stephen, ich möchte mich entschuldigen, dass ich vorhin so ausgerastet bin, aber ich habe mich von euch einfach immer wieder provoziert gefühlt. Eure Anspielungen waren einfach zu heftig für mich, weil es gibt da nämlich eine Sache ..., ich meine, bitte versprecht mir, dass das hier unter uns bleibt.“ Lukas wartete nun auf eine Reaktion von Stephen und Moni.

„Wir versprechen dir, wir werden alles, was du uns hier heute sagst, vertraulich behandeln und sind sehr froh darüber, dass du uns ins Vertrauen ziehen willst“, sagte nun Moni und Stephen nickte zustimmend.

Lukas fuhr nun den Satz fort: „Also gut Leute, ja es stimmt. Ich bin schwul und ihr habt mir damit eben sehr weh getan, als ihr diese Sprüche gemacht habt. Ich hatte Angst, ihr würdet mich nun nicht mehr als Freund akzeptieren.“ Dann versagte seine Stimme erneut und Tränen liefen wieder aus seinen Augen. Ich sah es Stephen und Moni an, sie waren sehr beeindruckt von Lukas Worten. Ich wollte Lukas nun nicht damit alleine lassen, nahm ihn in den Arm und streichelte ihm den Kopf.

„Es ist alles gut, Lukas, ich bin bei dir und ich bin stolz auf dich, dass du es ihnen gesagt hast.“

Stephen holte nun tief Luft und war einen Moment sprachlos. „Lukas, ich bin dir wirklich sehr dankbar für dieses Vertrauen. Ich spreche jetzt nur für mich, Moni soll dir das selber sagen, wie sie das sieht. Ich habe es nicht geahnt bis zu dem Moment, wo du in der Dusche ausgerastet und weggelaufen bist. Da hat es erst bei mir Klick gemacht. Ich habe da erst gemerkt, dass wir dich sehr verletzt haben mit den Späßen. Aber wir hatten doch keine Ahnung, dass es wirklich so ist, dass du schwul bist. Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich niemals solche Scherze gemacht. Es tut mir wirklich leid und ich möchte, das wir weiterhin genauso gute Freunde bleiben, wie vorher.“ Dann stand er auf, ging auf uns zu und umarmte uns beide sehr herzlich und Lukas beruhigte sich nun recht schnell.

Nun setzte sich Stephen wieder neben Moni und sie begann mit den Worten: „Ich kann nur noch ergänzen, dass es mir genauso leidtut und ich dich immer noch sehr mag. Die anderen Mädchen werden nun wohl sich nach den anderen Jungs umsehen müssen.“ Dabei lächelte sie sehr vielsagend mich an.

„Lukas möchte, dass sein „Outing“ erst mal nur uns drei betrifft. Bitte seid also vorsichtig, was ihr in Zukunft in der Schule oder anderswo darüber sagt.“ Sie nickten und dann standen sie auf und wollten wieder gehen. Lukas drehte sich nun zu ihnen hin und sagte: „Vielen dank euch beiden, ich bin glücklich euer Freund sein zu dürfen.“ Damit verabschiedeten sich die beiden und wünschten uns noch einen schönen Abend.

Ich ließ mich nun aufs Sofa fallen und mein Kopf schmerzte doch ganz schön. Es ist alles etwas viel auf einmal. Und Papa auch nicht greifbar. Niemand den ich um Rat fragen konnte. Aber was sollte Lukas sagen? Er hatte keine Eltern mehr, die er fragen konnte. Sicher, wir hätten Herrn Sturm unseren Vertrauenslehrer um Rat bitten können.

Ich musste nun zuerst selbst wissen, was ich wollte.

„Lukas, ich muss unbedingt an die frische Luft. Mir tut der Schädel weh. Ich hoffe die Luft hilft mir da etwas.“ Dann nahm ich meine Jacke und wollte hinausgehen. Er sah mich etwas zweifelnd an und sagte: „Soll ich mitkommen oder möchtest du lieber allein sein?“

„Ehrlich gesagt möchte ich einen Moment allein sein. Ich hoffe du verstehst das.“

„Klar, ich werde auch erst mal für mich etwas machen. Sollen wir nachher noch etwas weggehen? Ich finde wir sollten uns für den Tag etwas belohnen.“ Nanu, dachte ich. Lukas hat seinen Humor wieder. Es ging also wieder aufwärts.

„Ich denke drüber nach. Wenn ich wieder da bin, reden wir da noch mal drüber, ok?“ Dann ging ich hinaus und machte mich auf den Weg in den großen Garten.

Ich spazierte nun durch die Abendsonne und ging meinen Gedanken nach. Sollte ich vielleicht doch mit Papa telefonieren? Aber was sollte ich ihm erzählen? Dass Lukas sich geoutet hat und er mir gesagt hatte, dass er mich liebt? Papa würde mich doch sofort fragen, wie ich damit umgehe und ob ich auch für ihn das empfinde. Das würde mir ja nicht helfen, weil ich es ja nicht wusste, was ich nun fühlte. Ich würde jetzt erst mal alles auf mich zukommen lassen. Ich nahm mir vor, meinen Gefühlen nachgehen zu wollen. Wenn ich Lukas Gefühle erwidern könnte, dann war es so. Lukas hatte ich doch auch gesagt, er soll seinen Gefühlen folgen. Er hatte es uns doch auch gesagt und mir, dass er mich liebte. Jetzt lag es an mir. Ich merkte, dass ich eigentlich gar nicht so abgeneigt war, Lukas Gefühle zu erwidern. Ich empfand große Sympathie für ihn. Ich hatte auch ein Kribbeln gespürt, wenn er mich umarmte oder auch die beiden Küsse waren nicht unangenehm, im Gegenteil, der letzte war sogar sehr intensiv. Ich wusste aber eigentlich nicht, was Liebe oder verliebt sein ist. Wie fühlt sich das an? Vielleicht sollte ich genau das mal versuchen herauszufinden. Wen konnte ich dazu fragen? Papa schon, aber nicht am Telefon. Aber wann würden wir uns das nächste Mal sehen? Vielleicht Stephen? Er war ja grade in Moni frisch verliebt, und er kannte Lukas und mich. Ich musste ihm ja nicht gleich sagen, um wen es sich bei mir handelte. Je länger ich nachdachte, desto klarer wurde mir das. Ich werde morgen Stephen bitten sich mit mir zu treffen und ihn genau dazu befragen. Mit diesem Entschluss ging ich zurück. Plötzlich klingelte mein Handy. Ich schaute aufs Display, Papa! Oh je, ausgerechnet jetzt. Naja ich ging ans Handy und begrüßte ihn: „Hallo Papa, welch eine Überraschung. Du hast doch vorhin erst mit Leif gesprochen.“

„Hallo mein Sohn - ja, aber ich wollte dich auch mal wieder persönlich sprechen. Wie geht es dir und was machst du grade so?“

„Ach, mir geht es soweit gut, bin grade im Garten unseres Internats und sitze in der Abendsonne. Ich hatte einige anstrengende Gespräche in den letzten Tagen. Ich wollte erst mal meine Gedanken sortieren. Sagst du ja immer, dass ich das machen soll, wenn etwas viel auf einmal passiert.“ Ich lachte kurz dabei.

„Sag mal, muss ich mir Sorgen machen? Hast du Probleme? Du hörst dich wirklich etwas nachdenklich an.“

„Nein Papa, du musst dir keine Sorgen machen, aber es stimmt schon, ich habe wirklich über einiges nachgedacht. Ich hatte dir ja von Lukas und seinen Problemen erzählt. Das beschäftigt mich halt schon, wenn mein bester Freund traurig ist und mich um Rat fragt. Außerdem möchte auch Leif immer wieder etwas von mir. Aber momentan geht’s richtig gut mit Leif. Nachdem wir uns ausgesprochen haben und sogar Tennis gespielt haben, geht es deutlich besser.“

„Na das ist doch wirklich sehr schön. Die beiden, Tommy und Leif kommen ja nach Spa. Hast du ja sicherlich schon von Leif gehört, dass es nun wirklich alles klappt. Was für ein Problem mit Lukas hast du denn? Möchtest du mir davon erzählen?“

„Nein Papa, das ist noch nicht soweit, Lukas möchte das nicht.“

„Verstehe ich, aber ich habe da noch eine Sache Mick. Leif hatte neulich so eine Andeutung gemacht, als er sich über dich beschwert hatte, dass du nie mehr Zeit für ihn hast. Er meinte du würdest nur von Lukas erzählen und dass er dich brauchen würde, weil seine Eltern bei dem Unfall ums Leben gekommen waren. Ich habe mir darüber Gedanken gemacht und ich möchte dich etwas fragen. Hast du vielleicht eine Freundin und du möchtest das vor Leif verbergen? Wenn dem so ist, sage es mir bitte, denn ich kann dann mit ihm hier darüber reden. Aber ich habe auch Verständnis dafür, wenn du mir noch nichts dazu sagen möchtest.“

Verdammt, jetzt wurde es doch noch unangenehm. Was sollte ich sagen? „Nein Papa, ich habe kein Mädchen kennengelernt. Alles in Ordnung hier.“ Also mit der Freundin stimmte ja auch, ich sollte jetzt besser nicht sagen, dass ich vielleicht einen Jungen als Freund haben würde.

„Nun gut Mick, nur für alle Fälle, egal was mal sein sollte, du kannst immer mit mir reden. Ich möchte, dass du weißt, wie wichtig ihr beide mir seid. Wenn du mal in Schwierigkeiten bist, bitte ruf mich an. Ich werde immer für dich da sein.“ Damit beendeten wir unser Gespräch. Er wollte sich noch mal vor Spa bei mir melden.

Ich ging nun weiter Richtung Haus zurück. Ich wollte gerade das Handy in die Jacke stecken, als es erneut klingelte. Auf dem Display stand „Tim - Handy“.

„Hallo? Hier Mick.“

„Hi Mick, hier ist Tim. Ich wollte fragen ob ihr Lust habt, heute Abend mit Manuel und mir ins Billard Café zu kommen?“

„Oh, das ist mal was Nettes heute. Ja, ich hätte schon Lust. Aber ob Lukas auch mitkommt, weiß ich noch nicht. Ich frage ihn aber gleich. Ich schreibe dir gleich, wenn ich mit ihm gesprochen habe. Um welche Uhrzeit hattet ihr eigentlich gedacht?“

„So um sechs vielleicht? Ich dachte vielleicht wir gehen dann erst zum Italiener essen und dann rüber Billard spielen. Was meinst du?“

„Cool, gute Idee. Ich frage Lukas gleich und melde mich dann. Bis gleich.“

„Bis gleich“

Ich ging nun zügig Richtung Zimmer. Lukas lag auf seinem Bett und hatte seine Kopfhörer im Ohr. Er nahm sie aus dem Ohr und setzte sich direkt auf.

„Hi Mick, wieder da? Was machen deine Kopfschmerzen?“

„Ja ist schon besser, Tim hat mich gerade angerufen und gefragt, ob wir heute um sechs mit ihnen zum Italiener essen gehen und anschließend ins Billard Café. Kommst du mit? Ich hätte wohl Lust.“

„Klar, grundsätzlich ja, aber momentan habe ich etwas wenig Geld, um auch noch essen zu gehen. Billard ist ok, aber vorher Essen gehen ist für mich nicht drin. Aber du kannst ja allein mit ihnen essen gehen und ich komme dann zum Spielen nach.“

„Nein, ich möchte, dass du mit kommst zum Essen. Ich finde, wir haben uns das heute verdient. Ich möchte dich einladen dann. Und keinen Widerspruch, wäre sinnlos“, grinste ich ihn an.

Lukas bekam ein Lächeln auf sein Gesicht. Seit langer Zeit mal wieder sein so tolles Lächeln. „Mensch Mick, das muss jetzt aber nicht sein. Wenn eigentlich hier jemand eingeladen wird, solltest du das von mir sein. Soviel wie du für mich schon getan hast.“

„Ich sagte doch keine Widerrede. Also du kommst jetzt mit, klar!“ Er kam auf mich zu, umarmte mich und sagte dann: „Also gut, ich freue mich wirklich, aber du weißt, dass du das nicht musst.“

„Ich weiß, aber ich will.“ Ich zwinkerte ihm zu und dann machten wir uns fertig. Ich wollte nämlich doch noch was anderes anziehen und Lukas sah das genauso. Nach einer halben Stunde waren wir frisch geduscht und umgezogen. Es war jetzt Viertel vor sechs und wir machten uns auf den Weg.

Auf dem Weg nach draußen begegnete uns Tommy. Er grüßte freundlich und fragte: „Hi ihr beiden, wo wollt ihr denn hin? So schick gestylt, irgendwas Besonderes?“

Wir mussten lachen. Lukas schien den Schalk im Nacken zu haben und meinte: „Ja, was Besonderes heute. Mick hat mich zum Essen eingeladen beim Italiener. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen.“

Tommy bekam den Mund gar nicht mehr zu und war sprachlos. Nach einigen Sekunden fand er seine Sprache wieder, grinste wieder und meinte dann vielsagend: „Na dann mal guten Appetit und bleibt anständig.“

Ich bekam ein fettes Grinsen ins Gesicht. Der Junge ist ja mit seinen 13 Jahren ganz schön frech. Lukas blieb erstaunlich locker: „Hey, wir sind immer anständig, wir wollen nur die Pizzen vernaschen, sonst nichts.“ Dabei lachte er Tommy offen an.

Tommy daraufhin mit einem zweifelnden Unterton: „Na ob das wohl stimmt - nur die Pizzen vernaschen - so wie ihr aufgebrezelt seid, wollt ihr was anderes vernaschen.“

Mir fiel bei diesem Text echt fast die Kinnlade runter. Der kleine Tommy mit so einem Spruch, hallo, was soll das denn bitte? Aber der nun folgende Spruch von Lukas trieb das Ganze noch auf die Spitze:

„Na pass auf, dass wir dich nicht als Vorspeise gleich hier vernaschen.“ Dabei versuchte er total ernst zu bleiben. Tommy erschrak und bekam ganz große Augen, ich wurde wohl im Gesicht sowas von blass und wäre am liebsten im Boden versunken. Was sollte denn diese Aktion?

Nach ein paar Sekunden Stille, begann Lukas laut zu lachen und zeigte auf unsere Gesichter.

„Ihr seht so komisch aus, wie geil ist das denn. Damit habt ihr wohl nicht gerechnet, so einen Spruch von mir zu bekommen.“

Ich hatte mich gerade wieder gefangen und erwiderte: „Nein, wirklich nicht. Du bist echt verrückt. Tommy, ich hoffe du nimmst uns das nicht übel. Ich kann mich nur für Lukas entschuldigen. Bitte nimm das nicht persönlich.“

„Quatsch Mick, aber einen Moment dachte ich echt, was soll das denn jetzt. Aber ich bin ja selber schuld. Ich habe ja damit angefangen. Also dann viel Spaß euch beiden“

Tommy wollte schon gehen, aber ich hielt ihn noch fest: „Tommy, bist du sicher, dass du nicht sauer bist jetzt? Lukas ist echt zu weit gegangen, wie ich finde.“

„Nein Mick, passt schon, aber ich weiß nicht, wie Leif das aufgefasst hätte, wenn er das mitbekommen hätte.“

Lukas war mittlerweile schon aus dem Eingang des Hauses heraus, ich stand noch mit Tommy in der Halle. „Wie meinst du das? Tommy, wieso hätte Leif damit vielleicht ein Problem?“

Tommy überlegte einen Moment, sagte dann aber: „Na ja, weißt du Mick, Leif ist unheimlich eifersüchtig auf Lukas. Neulich meinte er sogar mal so zum Spaß, du würdest mit ihm zusammen sein wie mit ner Freundin. So wie du dich um ihn kümmerst und immer von ihm erzählst.“

Ich erschrak fürchterlich. Ich konnte kaum noch sprechen, aber ich konnte ja so nicht weggehen.

„Hat er das echt so gesagt? Wann hat er das gesagt? Ich sollte dann vielleicht mal mit ihm sprechen.“

„Nein Mick, mach dir keine Sorgen, er hatte es - glaube ich - nicht ernst gemeint, aber das ist auch schon einige Zeit her. Seit ihr Tennis spielen gewesen seid, ist es sowieso wieder viel besser geworden. Er redet nun wieder viel freundlicher von dir.“

Ich war nun etwas beruhigt, bedankte mich bei Tommy für die Offenheit und ging dann hinter Lukas her. Aber ich wollte Lukas dafür noch erst mal richtig die Leviten lesen. Tommy ist gerade dreizehn geworden und diese Anspielungen können auch ganz anders aufgenommen werden.

„Mick, wo bleibst du denn? Wir kommen zu spät.“ Ich lief nun hinter Lukas her und hatte ihn schnell eingeholt. Entsprechend sauer war ich noch. „Sag mal tickst du noch ganz edel. Wie kannst du Tommy so einen Spruch geben? Von wegen vernaschen, der Junge ist gerade dreizehn geworden. Wenn der Leif das erzählt, dann habe ich ein unangenehmes Gespräch mit meinem Vater. Darauf kannst du Gift nehmen. Leif hat eh schon so das Gefühl, dass du für mich was Besonderes bist.“

Lukas schaute mich etwas fragend an als er meinte: „Oh man Mick, ich habe Spaß gemacht, und woher weißt du das mit Leif?“

„Hat mir Tommy grade noch erzählt. Mann, wenn der jetzt echt denkt, wir beide würden zusammen sein, dann können wir uns auf was gefasst machen. Da habe ich echt noch keinen Bock drauf.“

„Mick, es tut mir leid, aber das konnte ich doch nicht wissen. Ich werde bei den beiden in Zukunft vorsichtiger sein. Bitte sei jetzt nicht so sauer auf mich. Ich wollte dich nicht bloßstellen.“

Mittlerweile waren wir weiter gegangen und ich schwieg nun. Lukas wurde nun auch sehr still, er merkte wohl, dass ich das alles überhaupt nicht toll fand. Kurz bevor wir zum Italiener kamen, sprach er mich nochmal an: „Bist du jetzt sauer auf mich? Ich wollte das echt nicht. Bitte Mick, ich wollte nur einen Spaß machen.“

„Ja schon gut, aber sei bitte etwas vorsichtiger in Zukunft bei den beiden. So und nun lass uns einen schönen Abend mit Tim und Manuel machen, die stehen nämlich schon da und warten auf uns.“

Ich nahm nun Lukas noch kurz in den Arm, um das Ganze damit abzuschließen, er war jetzt auch wieder etwas fröhlicher und wir gingen auf die beiden Jungs zu und begrüßten sie dann mit einem lauten „Hallo ihr zwei. Wartet ihr schon länger? Wir wurden etwas aufgehalten, tut uns leid.“

„Hi Mick, hi Lukas, nein - alles nicht schlimm. Wir stehen erst ein paar Minuten hier. Wollen wir rein gehen?“ Wir nickten und dann traten wir in die Pizzeria ein. Es war noch nicht viel los und wir konnten uns aussuchen, wo wir sitzen wollten.

„Habt ihr was dagegen, wenn wir unseren Tisch nehmen, den wir sonst immer haben?“ fragte uns Tim.

„Nein, kein Problem, seid ihr also häufiger hier?“

„Ja Lukas, eigentlich immer zweimal die Woche - immer wenn wir zum Billard gehen, essen wir vorher hier.“ Ich sah die beiden erstaunt an. „Zweimal die Woche spielt ihr hier? Dann seid ihr ja richtige „Profis“, da können wir absolut nicht mithalten.“

„Ach Blödsinn, wir wissen ja was ihr könnt, außerdem haben wir immer freitags hier von 18-20 Uhr Mannschaftstraining vom Verein.“

„Es gibt einen richtigen Billard-Verein hier? Das ist ja cool.“ Ich war echt überrascht, aber ich war nun interessiert an dieser Sache. Das wollte ich schon lange mal machen. Richtig in einem Verein und vielleicht sogar in einer Mannschaft spielen. Nebenbei hatten wir die Speisekarten bekommen und der Kellner kam nun an den Tisch, um die Bestellung aufzunehmen.

„Ja Mick“, sagte nun Manuel, „hier gibt es einen guten Verein. Wir spielen hier auch beide in einer Mannschaft. Und wir haben auch einen echt guten Trainer hier. Habt ihr nicht Lust freitags mal vorbeizukommen und mit uns zu trainieren? Das wäre bestimmt lustig. Wir suchen immer neue Spieler für uns. Und so schlecht seid ihr ja nun wirklich nicht.“ Dabei lächelte er vielsagend mit einem schelmischen Blick.

Lukas sah weniger begeistert aus. Ich konnte mir auch denken warum. Er sah sich nicht so gut und wollte aber nicht außen vor sein. Deshalb wollte ich ihn dazu bewegen mitzukommen. „Lukas was meinst du dazu, ich hätte echt große Lust da mal hinzugehen.“

„Ich weiß nicht, ich bin doch viel schlechter als ihr. Außerdem was würde das denn kosten? Also Jahresbeitrag und Training?“

Ich hatte es geahnt, es ging Lukas auch um die Kosten. Er hatte eben nicht so die Möglichkeiten wie ich. Er war durch ein Stipendium auf unser Internat gekommen. Durch den Unfall seiner Eltern hatte die Internatsstiftung ihn in das Förderprogramm genommen. Er hatte sehr gute Noten. Deshalb wurde er gefördert.

Tim erklärte uns nun die Bedingungen: „ Also Schüler oder AZUBIS zahlen nur 50 Franken im Jahr und unser Mannschaftstraining mit Coach kostet für jeden 5 Franken pro Freitag. Allerdings dürfen Mannschaftsspieler im Billard Café in der Woche bis 21 Uhr kostenlos spielen. Von daher wäre das vermutlich viel günstiger für euch, als wenn ihr einmal die Woche so kommt und den Tisch immer bezahlen müsst.“

Das fand ich nun sehr interessant und auch Lukas sah wieder etwas freundlicher aus. Mittlerweile kam unser Essen und wir machten uns über unsere Pizza her.

„Also Leute, ich würde gerne am Freitag mal vorbei kommen und mir das mal ansehen. Lukas wie ist das mit dir?“

„Ok Mick, ich komme mal mit, aber ich glaube nicht, dass ich gut genug bin, um in einer Mannschaft zu spielen.“

Nun meldete sich Manuel: „Das lass doch mal unseren Coach entscheiden, du hast immer viel gefragt beim letzten Mal und das schnell umsetzen können. Ich glaube nämlich, dass wir zusammen viel Spaß haben werden. Und das soll eigentlich das Wichtigste sein, für mich jedenfalls. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich mit Tim hier spielen kann und unsere Mannschaft ist echt ein netter Haufen.“

„Wie alt sind die Leute denn so freitags hier?“ Wollte ich nun wissen.

„Unterschiedlich, also Tim und ihr seid sicher eher die jüngeren. Nur André ist noch jünger glaube ich. Der ist erst 14, aber dafür richtig gut. Die meisten sind so 18-25 Jahre etwa.“

Mittlerweile hatten wir unsere Pizza gegessen und ich wollte nun Spielen. „Was meint ihr, sollen wir zum Spielen gehen?“

„Ja gute Idee Mick, lasst uns bezahlen und dann rüber gehen.“ Er ließ den Ober kommen und bat um die Rechnung. Lukas sah mich nun an und es war ihm etwas unangenehm, als ich dem Kellner sagte ich würde Lukas und meins zusammen bezahlen. Tim bemerkte das und sah etwas bewundernd zu mir. Ich glaube er hatte bemerkt, dass Lukas nicht so ohne weiteres Geld zur Verfügung hatte. Als wir unsere Jacken anzogen und hinaus gingen, sprach Tim Lukas direkt darauf an: „Sag mal unterstützen deine Eltern dich eigentlich nicht, wenn du etwas machen möchtest? Musst du das von deinem Taschengeld bezahlen, wenn du in einem Verein bist?“

Oh je, ich hoffte nun, Lukas würde jetzt nicht Probleme bekommen. Das Thema Eltern ist ganz problematisch, aber Tim konnte es ja nicht wissen. Deshalb übernahm ich nun das Wort: „Tim, lass uns das mal später klären. Ich würde jetzt gerne spielen.“ Lukas sah mich dankbar an, ich hatte wohl Recht damit, dass er auf das Thema gar keine Lust hatte.

Tim stutzte etwas, aber ich gab ihm mit meinen Augen ein Zeichen. Er verstand Gott sei Dank und sagte nichts darauf. Wir gingen nun an unsere beiden Tische. Lukas und ich suchte uns jeweils ein Queue aus. Tim und Manuel hatten natürlich bereits eigene Spielgeräte.

„Wer soll zuerst gegen wen spielen?“, fragte Manuel.

„Lass uns mal spielen“, sagte Tim zu mir und wir gingen an den Tisch. Lukas und Manuel spielten an dem anderen Tisch. Tim baute die Kugeln auf und ich nahm etwas Kreide für die Spitze. Unsere Stühle hatten wir nun zwischen die Tische gestellt, so dass man auf beide Tische von dort gut sehen konnte. Die Bedienung brachte uns die Getränke. Manuel hatte sich dieses Mal ein Bier bestellt. Lukas und ich tranken diesmal ein Malzbier. Tim eine Cola.

Ich hatte im ersten Spiel gegen Tim nicht den Hauch einer Chance. So waren wir recht schnell fertig und konnten bei den anderen beiden noch etwas zusehen. Allerdings blieb ich mit Tim an unserem Tisch stehen. Er sollte mir doch den einen oder anderen Ball zeigen. Außerdem wollte ich ihm noch die Sache mit Lukas Eltern erklären. Tim baute nun einige Kugeln frei auf dem Tisch auf und erklärte mir nun, wie ich das zu lösen hätte. Manuel und Lukas spielten noch ihr Spiel, wobei auch Manuel Lukas wirklich immer wieder geduldig einige Techniken zeigte. Die beiden waren richtig nett. Ich wollte gerne mehr von den beiden wissen. Wir sollten uns mal einfach nur so unterhalten. Aber gut, das würde sicher noch kommen. Wir kannten uns ja noch nicht lange. Nun waren Manuel und Lukas auch fertig. Lukas musste mal zur Toilette.

„Mick, warum hast du vorhin meine Frage nach Lukas Eltern abgebrochen?“ Tim stellte diese zu erwartende Frage.

„Danke, dass du sie jetzt erst stellst. Also gut, es ist so. Lukas hat keine Eltern mehr. Sie sind vor einigen Wochen bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Und das macht ihm noch schwer zu schaffen. Ich wollte nicht, dass er hier eventuell mit dem Thema nicht klarkommt. Deshalb habe ich das vorhin nicht weiter geführt. Seid mir bitte nicht böse. Er hat im Moment nicht viele Leute, die ihn unterstützen.“

Die Betroffenheit von Tim und Manuel war deutlich spürbar. „Mann, das ist ja heftig. Das tut mir echt leid, wenn ich das gewusst hätte“, sagte Tim nun.

„Schon gut, deshalb sage ich es euch ja jetzt. Es ist für Lukas im Moment wirklich eine schwere Zeit. Er ist erst seit kurzer Zeit hier, er ist auf mein Zimmer gekommen, und seit dem haben wir uns sehr gut angefreundet. Aber manchmal kommen seine Erinnerungen halt hoch und er ist sehr traurig.“

„Mensch Mick, da hat er aber echt Glück mit dir einen so tollen Zimmerkollegen und Freund bekommen zu haben. Du magst ihn sehr, oder? Sei mir nicht böse, aber mir ist schon beim letzten Mal aufgefallen, wie nahe du ihm stehst und wie sehr er dir vertraut.“ Manuel sah mich dabei sehr freundlich an.

„Ja, ich mag ihn als Freund wirklich sehr. Aber es ist nicht immer einfach für mich. Manchmal muss ich ihn echt nur trösten. Das tut schon weh, wenn ich denke, wie gut es uns eigentlich geht und er nun nicht einfach mal seine Eltern besuchen kann oder sie ihn.“

Tim bemerkte: „Ich mag euch beide auch sehr, irgendwie war mir schon beim letzten Mal das aufgefallen, wie ihr euch verhaltet. Gerade du hast schon viel für ihn getan. Das merke ich. Lukas sieht immer wieder zu dir auf. Du musst etwas ganz Besonderes für ihn sein.“

Ich wurde wohl etwas rot bei diesem Lob.

„Das muss dir nicht peinlich sein, ich denke du bedeutest ihm sehr viel. Er ist oft sehr unsicher und traut sich nicht viel zu, oder?“, meinte nun Manuel. „Auch beim Billard sieht er sich immer viel schlechter, als er eigentlich ist.“

Alles klar - dachte ich so für mich. Tolle Jungs die beiden. Jetzt kam Lukas zurück und wir wechselten nun das Thema. Lukas wollte nun mit Tim spielen und ich spielte entsprechend mit Manuel.

„Sag mal Mick, ist das nicht manchmal schwierig, einen so berühmten Vater zu haben? Ich meine, du verhältst dich echt völlig normal, wenn ich es nicht genau wüsste, würde ich nicht auf die Idee kommen, dass du Marcs Sohn bist.“

„Nein eigentlich nicht, ich bin so wie ich bin. Und ich bin sehr froh, dass Papa uns aus der Öffentlichkeit so komplett raushält. Für meinen kleinen Bruder wäre das sonst echt sehr schwer. Er ist erst 13 und noch lange nicht so selbstständig. So kennt ihn aber nicht jeder und er hat genau wie ich alles normale Freunde.“

„Darf ich mal was Persönliches fragen?“ Manuell wurde ganz vorsichtig mit dieser Frage.

„Klar, was möchtest du wissen?“

„Hast du eigentlich keine Freundin? Ich habe dich bisher immer nur mit Lukas oder Stephen gesehen. Du müsstest doch bestimmt ständig die Mädels um dich rum haben, so gut wie du aussiehst. Dein berühmter Vater tut sicher das Seinige auch dazu bei, da stehen die Mädels doch immer drauf.“

Ich musste nun lachen und gab ihm die Antwort direkt: „Nein, ich habe keine Freundin, ich habe auch noch nie eine Freundin gehabt. Es war mir bislang auch nicht wichtig. Echte Freundschaften sind mir eigentlich viel wichtiger.“

„Danke für die offene Antwort. Das betrifft wohl die Freundschaft zu Lukas auch ganz besonders oder?“

„Ja das stimmt, wie siehts denn bei dir aus mit Freundin und Beziehung?“

„Ne, im Moment keine Freundin. Hatte mal mit 15 eine kurze Beziehung, aber das war nichts für mich. Jetzt geht es mir so ungefähr wie dir. Tim ist für mich mein bester Freund und wir verstehen uns echt klasse.“

Nun waren wir etwas vom Spiel weggekommen, aber mir gefiel es immer besser mit den beiden zusammen zu sein. Sie waren mir schon sehr vertraut geworden.

„Habt ihr eigentlich noch Geschwister?“, fragte ich nun Manuel.

„Ja, Tim hat noch einen Bruder, der ist etwa so alt wie dein Bruder. Nico ist 14. Ich habe eine ältere Schwester, die ist aber schon verheiratet und lebt in Deutschland.“

Nun bemerkten wir, dass Tim Lukas gerade einige Techniken erklärte. Dabei stand er ganz dicht hinter Lukas und führte seine Hand auf dem Tisch. Lukas war sehr unsicher, das konnte ich spüren. Er hatte Angst einen Fehler zu machen. Tim ließ ihn aber nicht los, und Lukas machte genau was er sagte. Es klappte sehr gut und Lukas strahlte übers ganze Gesicht. Tim klatschte ihn kurz ab und dann sagte er: „Siehst du, du kannst ne ganze Menge, du musst es dir nur zutrauen.“

Was für ein Satz, dachte ich so für mich. Den wollte ich mir für Lukas merken. Lukas kam nun zu mir rüber und meinte: „Ich würde jetzt gerne mal zwei gegen zwei spielen. Was meint ihr?“

„Klar, gerne“, sagte Manuel. „Ich bringe nur grade schon mal die Kugeln für den zweiten Tisch weg.“

Lukas stand nun neben mir und ich sah, wie er sich freute. Er legte mir den Arm um die Schulter und sagte ganz leise zu mir: „ Mick, vielen Dank, dass du mir vorhin so mit meinen Eltern geholfen hast. Ich habe es bemerkt, als du sofort das Thema gewechselt hast.“ Er sah mich nun ganz fest an, ich bekam das Gefühl, er würde mir am liebsten einen Kuss geben. Hoffentlich nicht jetzt, dachte ich so. Aber er streichelte mir nur über den Rücken. Das fühlte sich aber auch sehr schön an. Ich erwiderte das, in dem ich meine Hand durch seine Haare wuschelte und sagte: „Gerne Lukas, keine Ursache. Ich habe es mir schon gedacht, dass dir das noch sehr unangenehm ist.“

Tim beobachtete uns aber genau und lächelte dabei vielsagend. Das verwirrte mich grade etwas. Ich nutzte die Gelegenheit, um Tim auch mal nach einer Freundin zu fragen.

Er wurde etwas verlegen, sagte aber: „ Nein, auch keine Freundin. Bislang fehlt mir die aber auch gar nicht. Ähnlich wie bei dir Mick, mir sind Freunde wie Manuel und ihr beide, weit wichtiger.“

Ich staunte nun, er hatte also doch vorhin etwas von dem Gespräch mit Manuel mitbekommen. Als Manuel nun zurückkam, baute Tim schon die Kugeln auf und Manuel streichelte ihm unauffällig über den Rücken. Lukas bemerkte das und schaute zu mir.

„So ihr beiden, jetzt wollen wir mal sehen, was ihr wirklich könnt“, sagte ich etwas provozierend zu Tim und Manuel. „Spielt bitte jetzt richtig. Wir wollen mal sehen, wie gut ihr wirklich seid.“

Lukas verdrehte die Augen und sagte: „Man - Mick, ich wollte nicht abgeschlachtet werden. Die spielen uns doch in einer Telefonzelle schwindelig, wenn sie wollen.“

Bei diesem Spruch mussten beide sofort richtig laut lachen. Sie schienen den noch nicht zu kennen. Jedenfalls fing Tim an zu prusten und zu husten, so dass Manuel ihm auf den Rücken klopfen musste.

„Der war gut“, japste Tim. Er ging auf Lukas zu und sagte: „Dafür werden wir euch jetzt fertigmachen.“ Er grinste aber dabei bis über beide Ohren und Manuel stand nun hinter ihm und legte einen Arm um seine Schulter. „Komm, keine falschen Versprechungen. Nicht dass wir gleich von den beiden vernascht werden, weil wir den Mund zu voll genommen haben.“

Ich staunte nun immer mehr. Die beiden gingen immer mehr auf Kontakt und waren sehr vertraut miteinander. Sie fühlten sich anscheinend immer sicherer. Hatten sie uns bisher etwas verschwiegen? Ich wusste nicht, wie ich das auffassen sollte.

Aber ich hatte keine Zeit, weiter darüber nachzudenken, denn das Spiel begann und die beiden fingen wirklich an, ernst zu machen. Nach wenigen Minuten hatten sie nur noch eine farbige Kugel auf dem Tisch. Sie verstanden sich nahezu blind. Ich spürte immer mehr, dass die Beiden sehr enge Freunde sein mussten - war vielleicht sogar noch mehr zwischen ihnen?

Lukas und ich kamen nun aber auch an den Tisch und Lukas war dran. Er traute sich mal wieder nicht den Ball so zu spielen, wie ich es erklärt hatte. Ich ging also zu ihm hin, nahm seine Stoßhand mit meiner Hand an den Queue und dann spielte ich mit ihm diesen Ball zusammen. Es klappte und er schaute mich glücklich an. „Mick, warum machst du das nicht immer so, dann hätten wir eine Chance.“ „Nein, das wäre unfair. Wir wollen ja auf reguläre Art gewinnen.“ Dabei mussten Tim und Manuel wieder lachen. „Wir können ja gleich mal ein ganzes Spiel so spielen. Jeder Stoß muss jeweils gemeinsam gemacht werden.“ Kicherte Tim leise zu uns. Manuel grinste uns auch an und ich fand die Idee echt lustig. „Klar, das ist wirklich eine coole Idee.“ Lukas wurde etwas rot dabei, aber er wollte jetzt kein Spielverderber sein. Ich war mir sicher, Lukas war das bestimmt sehr recht. Ich wusste ja wie er tickte. Und so fiel es auch gar nicht auf, dass er mich berühren würde. Mal sehen, wie ich das finden würde.

Es kam also so, wir spielten nun unser letztes Spiel mit der Regel, jeder Stoß musste mit dem Partner gemeinsam gespielt werden. Das hatte zur Folge, dass Lukas und ich immer sehr dicht beieinander am Tisch standen und wir uns an den Händen oder auch mit dem Körper berührten. Ich fand das sehr lustig und ich musste immer wieder lachen über komische Situationen. Allerdings hatten wie natürlich gar keine Übung damit. Einmal kam es dann zu einer besonderen Situation. Lukas stand hinter mir und griff mit der rechten Hand meinen Queue. Mit der linken Hand lag er auf meiner Hand, die auf dem Tisch lag. So kam es dazu, dass Lukas ganz eng an mir stand. Sein Becken war also direkt an meinem Gesäß. Ich spürte seinen warmen Köper an meinem. Ich fand das sehr angenehm und Lukas muss das wohl auch sehr gefallen haben, denn ich konnte plötzlich fühlen, dass sich bei Lukas etwas in der Hose bewegte. Er bekam richtig eine harte Latte und versuchte das nun vor mir zu verbergen. Ich wollte aber den Stoß nun durchführen. Er wurde immer nervöser, bis ich leise flüsterte: „Lukas, keine Panik. Lass es einfach geschehen. Muss dir nicht peinlich sein.“

Er entspannte sich nun etwas und wir konnten den Stoß gut spielen. Nach dem wir uns gelöst hatten, waren nun unsere beiden Freunde dran. Ich glaubte fast, sie hätten etwas gemerkt eben. Sie standen nun in einer ähnlichen Position. Plötzlich sagte Tim zu Manuel, der hinter ihm stand: „Meinst du nicht, wir sollten es den beiden nicht langsam sagen? Ich glaube sie haben damit kein Problem.“

Ich dachte, ich hätte mich verhört, aber dann trennten sich beide und brachen den Stoß ab. Ich stand nun direkt vor den beiden und schaute wohl etwas verblüfft.

Jetzt nahm Manuel Tims Hand und sagte dann zu uns beiden: „Lukas und Mick, wir möchten uns bei euch entschuldigen, dass wir euch so lange etwas vorgespielt haben. Tim wollte aber erst sicher sein, dass ihr damit keine Probleme haben würdet. Tim und ich sind schwul und wir lieben uns. Ich hoffe ihr seid uns nicht böse, aber Tim hat schon mal mit unserem „Outing“ schlechte Erfahrungen gemacht. Wir wollen euch als Freunde behalten. Wir mögen euch sehr und würden hoffen, dass ihr jetzt nicht in Panik verfallt.“ Dann nahm er Tim in die Arme und gab ihm einen tollen Kuss auf den Mund.

Lukas war total sprachlos und er wurde knallrot im Gesicht. Ich war überrascht, freute mich aber über das Vertrauen der beiden. „Also Manuel, ich habe es schon bemerkt, ihr seid immer mehr auf Kontakt gegangen. Ihr habt uns wohl ausgetestet, wie wir reagieren würden. Ich mag euch deshalb genauso gerne wie vorher. Wer weiß eigentlich schon von eurer Liebe?“

„Bei mir ist es die ganze Familie, die Billardmannschaft und ihr beide. In der Schule weiß es keiner“, gab Tim Auskunft.

„In meinem Freundeskreis wissen es eigentlich alle, Eltern schon ganz lange und in der Firma weiß es mein Ausbilder.“

„Gab es Probleme bei euch? Tim hatte ja wohl schlechte Erfahrungen gemacht“, fragte ich nun.

„Also die eine Situation war blöd, aber viel schwieriger war mein kleiner Bruder. Er kam damit erst gar nicht zurecht. Zumal er uns auch mal in meinem Zimmer überraschte, als Manuel bei mir übernachtete. Er kam spät abends halt noch in mein Zimmer und Manuel lag gerade mit mir im Bett.“

Lukas daraufhin: „Ja aber da ist doch nichts bei, wenn früher mein bester Freund bei mir geschlafen hatte, schliefen wir auch immer in meinem Bett gemeinsam.“

„Sicher, aber ihr seid bestimmt nicht nackt gewesen und habt beide ne Latte gehabt.“ Dabei mussten wir einfach nur noch lachen. Ich stellte mir das gerade mal so bei uns vor. Lukas und ich nackt im Bett und Leif käme rein. Auweh. Das würde Ärger geben.

Lukas wurde sowas von rot im Gesicht. Er fragte aber dennoch: „Und was ist dann passiert? Wie lange ist das denn her?“

Tim zögerte etwas, aber Manuel nickte ihm zu, deshalb erzählte er uns das Ganze: „Nico bekam voll den Anfall, da war er noch 13 und hatte noch keinen echten Plan über solche Dinge. Er lief dann aus meinem Zimmer und knallte seine Zimmertür zu. Ich zog mir was an und ging dann hinter ihm her. Meine Eltern wussten schon Bescheid zu der Zeit. Ich wollte nun mit ihm reden, aber er warf mich sofort aus seinem Zimmer. Ich war echt total fertig. Wir waren wirklich gute Freunde als Brüder bis dahin, deshalb hatte ich auch nicht mit dieser Reaktion gerechnet. Es hat noch mehrere Tage gedauert, bis er mit mir reden wollte. Unsere Eltern haben mir dabei sehr geholfen. Sie haben mir immer wieder gesagt, dass ich mir keine Sorgen machen sollte. Nico würde noch etwas Zeit brauchen, aber er mochte Manuel auch sehr. Manuel hatte mit ihm Nachhilfe gemacht und sie verstanden sich gut. Er hatte Manuel auch schon gefragt, wie das mit Selbstbefriedigung geht und so weiter. Und dann sah er, dass Manuel sich mit seinem Bruder im Bett vergnügte. Das war zu viel für ihn. Einige Tage später kam er dann nach der Schule in mein Zimmer und wollte mit mir reden. Ich war nun sehr gespannt. Er fragte mich dann, ob ich Manuel lieben würde, und ob ich auch schon mit ihm geschlafen hätte. Ob ich richtig schwul sei. Ich habe es ihm alles erklärt und das er mir als Bruder aber auch ganz wichtig wäre. Er sagte dann zu mir, er würde jetzt verstehen, warum das so war, und von daher waren wir wieder wie vorher miteinander.“

Manuel erzählte dann noch: „Ein paar Tage später, als wir bei der Nachhilfe saßen, fragte mich Nico danach, wie ich denn das für mich gemerkt hätte, mehr auf Jungs zu stehen. Ich habe ihm dann von meinen ersten Erlebnissen mit Selbstbefriedigung und meinen Phantasien erzählt. Dass halt dabei eben kaum Mädchen eine Rolle gespielt haben. Er war in dem Moment damit zufrieden, aber heute kommt er halt immer wieder mal mit Fragen zu dem Thema.

Über so viel Offenheit war ich echt verblüfft. Lukas bekam seinen Mund gar nicht wieder zu. Ich fand es echt cool, wie die beiden mit uns umgingen.

Jetzt wurde es aber auch Zeit die Kugeln wegzubringen, denn wir wollten lieber noch ein wenig quatschen. Wir setzten uns vorne in den Bereich mit der Theke. Mittlerweile war es schon kurz vor 22 Uhr und wie mussten ja eigentlich um halb elf im Internat sein. Aber es gab immer auch die Möglichkeit, bei der Nachtwache anzurufen und Bescheid zu sagen, dass man später kommen würde. Wenn man morgens nicht unpünktlich in der Schule war, gab das auch keine Probleme. Also rief ich unsere Nachtwache an und wir vereinbarten, dass sie uns um elf ins Haus lassen würde.

Wir redeten noch weiter über dieses Thema und Lukas hörte immer aufmerksam jedes Wort, was die beiden so erzählten. Dann fragte er plötzlich Tim: „Wie ist das heute mit Nico. Ist er auch schwul oder hetero? Und redet er mit euch weiterhin über das Thema Sexualität?“

„Ich glaube, er weiß es noch nicht so genau. Er ist ja auch erst 14 und ja wir reden auch über Sexualität. Er hat mir schon erzählt, dass er mit seinem besten Freund sich ab und zu mal einen zusammen wichst. Aber er guckt sich wohl auch hetero Bilder und Filme mal an. Habe jedenfalls mal welche auf seinem PC gefunden.“ Dabei grinste er breit.

Lukas und ich kamen echt aus dem Staunen nicht mehr raus. Ich hatte niemals so offen über das Thema geredet. Aber ich hatte jetzt das Gefühl, mit den beiden würde ich das können. So vertraut fühlte sich das für mich an. Lukas saß nun neben mir und flüsterte mir etwas ins Ohr: „Mick, ich frage mich grade, ob ich ihnen es sagen soll, dass ich auch schwul bin?“ Ich sah ihn total verblüfft an. Aber das sollte er selbst entscheiden. Er entschied sich doch fürs Schweigen.

Wir mussten nun aber los, wir verabschiedeten uns mit einer sehr engen Umarmung. Wir sagten zu, dass wir am Freitag zum Training kommen würden und vereinbarten, dass wir uns mal bei einem von ihnen abends treffen wollten. Dann gingen wir zurück ins Internat und die beiden gingen Arm in Arm nach Hause zu Tim.

Lukas und ich gingen ein Stück bereits wortlos nebeneinander, als Lukas plötzlich meinte: „Ich beneide die beiden. Ich würde auch gerne einen Freund haben, mit dem ich so offen sein könnte.“

„Ja, ich finde das auch wirklich toll, wie die uns vertrauen. Lukas, was ist los?“ Ich merkte, wie nachdenklich er war. Dann sagte er zu mir: „Mick, ich würde auch gerne mal meinen Arm um dich legen. Hättest du da was gegen?“

Ich zögerte, aber ich schüttelte wortlos den Kopf. Dann spürte ich plötzlich, wie er einen Arm um mich legte und seinen Kopf auf meine Schulter legte. Ich konnte seinen Atem an meinem Hals spüren. So ein Gefühl habe ich noch nie zuvor gespürt. Es war total intensiv. Leider kamen wir nun in die Nähe vom Internat und wir hatten beide keine Lust entdeckt zu werden. Deshalb beendeten wir das und gingen die letzten hundert Meter wieder normal. Die Tür war nun verschlossen und ich rief bei der Nachtwache an, dass sie uns bitte hereinlassen möge. Das klappte auch ohne Probleme. Wir gingen wortlos aufs Zimmer.

Ich denke, wir dachten beide über diesen tollen Abend mit unseren neuen Freunden nach. Ich hatte einige schöne Gefühle auch mit Lukas erlebt. Ich wollte aber noch nicht weiter darüber reden. Aber eigentlich spürte ich, was ich wollte. Nur ich brauchte noch mehr Zeit. Das war jetzt zu viel Input heute.

Lukas erging es wohl ebenso. Er zog sich direkt seine Schlafsachen an und kroch ins Bett. Ich tat es ihm gleich und wir beide schliefen recht glücklich ein.

Marc: Dienstagnachmittag noch in Silverstone

Nun stand ich am Flughafen mit meiner Tasche und hatte noch 15 Minuten bis zum Boarding. Ich saß in der VIP-Lounge unserer Fluggesellschaft und genoss noch eine Tasse Tee. Der einzige wirkliche Vorteil hier war, keine Autogrammjäger. Ich hatte meine Ruhe. Ich flog heute Business-Class in die Schweiz zu meinen Jungs. Den Abend wollte ich noch allein verbringen. Ich wollte noch einige Dinge vorbereiten vor Ort. Vom Flughafen hatte ich noch ungefähr eine Stunde Autofahrt in den Ort vor mir. Allerdings war es ja dieses Mal so, dass meine Jungs und auch die Internatsleitung nichts von meinem Besuch wissen. Ich wollte Leif und Mick überraschen und mir vor Ort einen Überblick der veränderten Situation machen.

Nun kam eine nette Dame der Fluggesellschaft und bat mich ihr zu folgen. Es ging nun Richtung Gate und ich durfte in die Maschine einsteigen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich die Flugbegleiter oder Cockpitbesatzungen auf mich reagieren. Einige behandeln mich wie einen „Außerirdischen“ andere so normal, wie jeden anderen. Ich bevorzugte immer letztere Variante. Diesmal war ich mit einer Crew unterwegs, die wohl auch letztere Art bevorzugte. Eine Begleiterin fragte mich lediglich, ob ich mit meinem Platz zufrieden sei. Ich saß nun in der Maschine und wir würden in ca. zwanzig Minuten losfliegen. Ich nahm nun meinen Laptop aus meinem Handgepäck und schaute in meine Mails hinein. Nur die üblichen Dinge, nichts was jetzt dringend bearbeitet werden müsste. Nur die Bestätigung der Leihwagenfirma war interessant. Mein Arbeitgeber hatte mir eigentlich eine große S 8 Limousine bereitstellen lassen. Das sollte mir die Fahrt vom Flughafen recht komfortabel machen. Vor allem sollte sie genug Platz bieten für den Fall, dass ich mit den Jungs und Freunden etwas unternehmen würde. Da stand nun, dass diese Limousine nicht zur Verfügung stand. Nun gab es einen RS 6 Avant. Auch eine nette Motorisierung - Mick und Leif würden es sicher begrüßen. Sie standen doch eher auf die sportlichen Fortbewegungsmittel. Ich war mittlerweile den komfortablen Varianten zugeneigt. Sportlich ging es ja schon auf der Strecke zu. Und in der Schweiz gab es ja eh überall Tempobeschränkungen. Aber der RS 6 würde sicher ausreichend für alle Bedürfnisse sein.

Ich überlegte, ob ich heute schon von unterwegs die Internatsleitung informieren sollte, dass ich morgen Vormittag beim Chef einen Termin haben möchte zu einem Gespräch. Denn so spontan ohne Anmeldung würde das bestimmt nicht so einfach sein, aber andererseits wollte ich auf jeden Fall vermeiden, dass die Jungs vorher informiert seien. Ich entschied mich, nach dem Start von meinem Handy aus die Internatsleitung anzurufen. Vielleicht hatte ich ja Glück und Dr. Steyrer - der Leiter, würde Zeit für ein kurzes Telefonat haben.

Nun kamen die obligatorischen Sicherheitshinweise und dann hieß es auch anschnallen und warten, bis wir die Freigabe für den Start bekamen. Der Flug würde nur gut eine Stunde dauern. Nun hörte man die Turbinen anlaufen und wir rollten los. Ein paar Minuten später waren wir problemlos in der Luft. Als die Anschnallsymbole erloschen, fragte ich eine der Flugbegleiterinnen, ob bereits das Telefonieren wieder erlaubt sei. Sie gab kurz darauf die Zustimmung und ich wählte nun die Nummer vom Sekretariat des Internats. Dort meldete sich unsere Frau Schnyder. Sie war schon fast zehn Jahre dort und wir kannten uns schon recht gut.

„Schulsekretariat Frau Schnyder, guten Tag.“

„Schönen guten Tag Frau Schnyder, hier spricht Marc Steevens, ich hätte gerne den Chef, Herrn Dr. Steyrer gesprochen.“

„Herr Steevens, sie habe ich nun überhaupt nicht am Telefon erwartet, wie geht es ihnen? Gibt es einen besonderen Grund für ihren Anruf?“

„Danke der Nachfrage, es geht mir gut und ja ich habe einen besonderen Grund den Dr. Steyrer sprechen zu wollen. Allerdings zur Beruhigung, es ist nichts Schlimmes passiert.“

„Einen Moment bitte, ich frage ihn grade, ob er Zeit für Sie hat.“ Sie drückte diese „Please hold the line“-Melodie rein und ich wartete einige Sekunden. Dann hörte ich die Stimme des Direktors. „Steyrer, guten Tag.“

„Guten Tag Herr Steyrer, Marc Steevens.“

„Hallo Herr Steevens, sie überraschen mich jetzt aber etwas. Was verschafft mir das Vergnügen?“, er war, wie ich ihn in Erinnerung hatte, immer gute Laune und war auch bei den Schülern recht beliebt. Deshalb ließen wir den förmlichen Doktor auch weg in der Anrede.

„Herr Steyrer, ich habe ein Attentat auf Sie vor. Ich sitze bereits im Flieger in die Schweiz. Ich plane heute Abend noch im Ort anzukommen und würde sie gerne morgen Vormittag um ein Gespräch bitten. Nichts Gravierendes, aber ich habe gemerkt, dass ich meine Jungs häufiger besuchen sollte und Leif hat wohl im Moment etwas Schwierigkeiten.“

„Oh, sie sind schon unterwegs? Da haben mir ihre beiden Jungs gar nichts von gesagt, dass sie uns besuchen wollen. Lassen sie uns mal schauen. Ja morgen um halb zwölf vielleicht, ginge das bei Ihnen?“

„Halb zwölf bei Ihnen im Büro im Internat, ich werde pünktlich dort sein. Und entschuldigen sie bitte, die Jungs konnten nichts sagen, sie wissen nämlich noch nichts von ihrem Glück. Ich komme als Überraschung. Deshalb bitte ich sie auch, ihnen nichts zu verraten. Ich möchte morgen nach der Schule einfach da stehen und sie in Empfang nehmen.“

Der Direktor musste lachen und sagte: „Herr Steevens, ich finde das eine wirklich gute Idee. Leif hatte schon einige Male angemerkt, dass er sie hier etwas vermissen würde. Von mir erfahren sie nichts. Ich werde auch Frau Schnyder bitten, bis morgen zu schweigen. Eine schöne Anreise noch und dann bis morgen Herr Steevens.“

„Vielen Dank für ihre Unterstützung und dann bis morgen, Herr Steyrer.“ Das hatte ja schon mal perfekt geklappt. Ich bat den Service, mir einen Tee zu bringen. Dann überlegte ich mir, wie ich denn mit den Jungs eigentlich umgehen will und was ich erreichen will. Vor allem musste ich mir mit den Jungs gemeinsam überlegen, wie ich das in Zukunft machen wollte. Ich wollte definitiv mehr Zeit mit den Jungs verbringen. Mick hatte noch zwei Jahre Schule hier. Leif ja noch einiges länger. Mit Mick müsste ich eh bald sprechen über seine Zukunftspläne nach dem Abitur.

Mit Mick wollte ich auf jeden Fall ein paar Dinge allein ohne Leif machen. Ich hatte das Gefühl, er würde mir dann sicher mehr erzählen. Vielleicht würde er mir ja auch Lukas mal vorstellen und ich würde mehr über seine Situation erfahren. Wenn Mick sich so gut mit ihm verstand, wie Leif immer sagte, wollte ich für Lukas auch als Ansprechpartner zur Verfügung stehen. Ich konnte ihm die Eltern nicht ersetzen, aber er hatte ja wohl gar keine Unterstützung zurzeit. Ich wusste noch, dass es im Ort ein schönes Billard Café gab. Das wäre sicher eine gute Möglichkeit mit den beiden einen lockeren Abend zu verbringen und sich kennenzulernen. Mit Mick hatte ich schon früher Billard gespielt, er hatte sogar Talent dafür, wie ich fand.

Leif war schon schwieriger. Er war einfach noch zu jung und steckte wohl mitten in der Pubertät. Er hatte wohl einige Schwierigkeiten mit der neuen Situation. Mick war nun nicht mehr ständig für ihn da. Er hatte sich einen eigenen Freundeskreis aufgebaut und wurde selbständig. Also war er auch häufiger unterwegs. Das gefiel Leif überhaupt nicht. Mick meinte ja sogar, er wäre schon sauer, wenn er mit Lukas mal abends ins Kino gehen würde. Ich denke, ich musste mit Leif wohl auch mal ein sogenanntes „Männer“-Gespräch führen. Denn seine Gefühlswelt schien grade etwas aus dem Gleichgewicht zu gehen. Aber das wollte ich vielleicht besser machen, wenn ich die beiden Jungs in Spa hatte. Da wäre es vielleicht nicht so nahe beim Internat. Ich denke auch, Tommy würde das vielleicht mal gut tun. Naja, jetzt ging es schon in den Landeanflug und ich verstaute meinen Laptop und schaltete das Handy aus. Die Symbole für das Anschnallen gingen erneut an und der Kapitän meldete sich, dass wir in Kürze aufsetzen würden, und bedankte sich für den Flug. Fünfzehn Minuten später war ich bereits auf dem Weg aus der Maschine. Ich ging Richtung Informationsschalter, um mir die Autoschlüssel und Papiere abzuholen. Hier in der Schweiz lief alles etwas gemächlicher, aber die Leute waren sehr freundlich und bis auf wenige Ausnahmen waren alle Autogrammwünsche immer sehr nett und von daher auch für mich gerne zu erfüllen.

Die Dame an der Information gab mir die Papiere und Schlüssel und erklärte mir den Standort in der Tiefgarage von dem Fahrzeug. Ich bedankte mich und machte mich mit meiner Tasche auf den Weg. Ich fand das Auto auf Anhieb und war sehr zufrieden. Das Auto war wie erwartet vollgetankt und perfekt vorbereitet. Ich wurde wiedermal nicht enttäuscht und dann schaltete ich das Navigationsgerät ein und gab die Adresse von meinem Ziel ein. Ich fuhr schon mal aus der Tiefgarage und das Gerät konnte nun das GPS-Signal aufnehmen und berechnete nun den Weg. In einer guten Stunde würde ich am Ziel sein. Das Wetter war wirklich schön und die Abendsonne hüllte die Landschaft in ein warmes Licht. Ich fuhr mittlerweile auf der Autobahn und hatte mir etwas schöne Musik angemacht und das Auto lief fast lautlos über die Straße. Eine Geschwindigkeit von 120km/h war für diese Rakete einfach wie Stadtverkehr.

Ich war nun schon in Reichweite des Zieles gekommen und rief nun meine Hauswirtin an, um meine Ankunft anzukündigen. Sie erwartete mich bereits und hatte schon die Heizung angestellt. Ich war wirklich froh, dass die Frau sich um das Haus und unser Wohlbefinden kümmerte. Sie mochte auch meine Jungs immer. Sie hatte immer einen netten Spruch auf Lager und die Jungs kannten sie auch schon einige Jahre. Ich genoss es immer wieder, hier etwas Normalität zu haben. Kein großes Hotel und viele Leute. Hier konnte ich Privatmensch sein. Die Kinder waren auch in ihrer gewohnten Umgebung. Das half doch sehr, wenn wir mal Probleme zu regeln hatten. Ich bog nun in die Straße ein und fuhr auf die Einfahrt zum Haus. Es brannte bereits Licht in der Küche und ich ging davon aus, dass Frau Weiner - die Vermieterin - bereits für mich eine Kleinigkeit zu essen vorbereitet hatte. Sie brauchte das eigentlich nicht machen, aber sie freute sich immer, wenn ich mal die Jungs besuchen kam. Sie schimpfte auch mit mir, weil ich viel zu selten hier war. Sie hatte ja recht damit, aber es ging auch nicht immer so, wie ich das wollte. Vor allem war sie gar nicht davon begeistert, dass ich seit 2011 wieder auf der Rennstrecke war. Ich stieg nun aus dem Auto aus und ging Richtung Haustür. Frau Weiner hatte mich natürlich schon gesehen und öffnete mir bereits die Tür. Wir begrüßten uns wirklich sehr herzlich. Sie bat mich herein, und wie ich schon vermutet hatte, es duftete nach frischen Waffeln und Kaffee. Wir gingen in die Küche und sie erzählte mir alles Wichtige und dann tranken wir noch gemeinsam einen Kaffee und aßen eine Waffel. Sie verabschiedete sich dann und ich war nun allein.

Ich brachte erst mal meine Tasche ins Schlafzimmer und ging duschen. Heute Abend wollte ich ein wenig durch den Ort gehen und mich umsehen, was sich so verändert hatte. Auf jeden Fall hoffte ich, dass der kleine Italiener neben dem Billard Café noch existierte. Da ging ich eigentlich immer mit den Jungs hin. Manchmal waren sie auch ohne mich dort, wie mir Mick mal erzählt hatte. Es war mittlerweile früher Abend geworden und ich zog mir schnell ein paar sportliche Sachen an und nahm meine Jacke und ging aus dem Haus in Richtung Zentrum, wo der Italiener lag. Dort hatte ich eigentlich immer in Ruhe essen können ohne belästigt zu werden. Der Besitzer war auch begeisterter Motorsportanhänger und ich hatte ja mal für einen italienischen Hersteller in der Formel 1 einige Titel gewonnen. Das war bei ihm immer noch im Gedächtnis.

Ich bog um die Ecke und stand vor dem kleinen Restaurant. Es sah immer noch so aus wie ich es in Erinnerung hatte. Nebenan war auch noch das Billard Café. Sah also gut aus für meine Pläne mit Mick und Lukas.

Ich ging nun also in die Pizzeria hinein und stand direkt vor der Theke, wo der Chef am Zapfhahn stand. Ich begrüßte ihn mit einem: „Bongiorno!“ und grinste ihn an. Er stutzte und sah mich an, dann fing er an zu lachen und sagte: „Hallo Marc, was für eine Überraschung. Ich habe dich schon lange nicht mehr hier gesehen.“

„Ja stimmt. Deshalb bin ich auch spontan mal hergekommen. Komme grade aus England und bin sozusagen auf der Durchreise nach Spa. Ich habe Hunger mitgebracht, hast du für mich einen Tisch etwas dezent am Rand. Du weißt ja ...“

Er nickte und gab mir mit der Hand ein Zeichen ihm zu folgen. Er ging vor und gab mir einen Tisch, von wo ich aus auch die Straße im Blick hatte, aber eben nicht von jedem sofort erkannt wurde. Er hatte seiner Bedienung ein Zeichen gegeben, dass er einen Moment mit mir am Tisch sitzen würde und sie bitte die Theke übernehmen möchte.

„Marc, ich freu mich wirklich, dich mal wieder hier zu begrüßen. Sag mal, Mick hat mir gestern gar nichts von deinem Besuch gesagt. Er war nämlich mit drei Freunden hier zum Essen. Er hatte sogar einen der Freunde zum Essen eingeladen. Aber von dir hat er nichts erzählt.“

„Du“, sagte ich, „ich bin auch sozusagen als Überraschungsgast hier. Die Jungs wissen von nichts. Ich will sie morgen nach der Schule überraschen. Ich war in letzter Zeit so selten hier. Leif hat sich immer wieder beschwert und auch Mick scheint momentan etwas Probleme zu haben. Du sagtest er war gestern mit seinen Freunden hier? Erzähl mal bitte etwas davon.“

„Ach Marc, Mick ist seit einiger Zeit häufiger hier. Er spielt in letzter Zeit auch nebenan Billard. Ich glaube sein Freund, Lukas heißt er glaube ich, scheint für ihn etwas Besonderes zu sein. Er kümmert sich immer um ihn. Sie sind eigentlich immer zusammen hier. Manchmal sind andere Freunde dabei, aber oft nur die beiden. Sie kommen nicht immer zum Essen, oft trinken sie nur einen Cappuccino oder einen Latte. In letzter Zeit war Mick oft hier. Allerdings hatte ich das Gefühl, gerade in den letzten Tagen, dass er etwas bedrückt war. Aber er redet ja nicht so viel über sich. Weißt du ja. Er kümmert sich eigentlich immer lieber um die Anderen. Sag mal, was möchtest du eigentlich essen?“

„Ach ja, da war ja noch was. Ich würde wie immer gerne eine Calzone mit Zwiebeln und ein schönes italienisches Wasser dazu trinken.“ Er schrieb das auf einen Zettel, stand auf Richtung Theke und gab ihn der Bedienung. Mit dem Wasser in der Hand kehrte er nun an den Tisch zurück.

„Du sagtest er sei in letzter Zeit etwas bedrückt gewesen, wie hast du das gemerkt?“

„Naja, pass auf, am Wochenende war folgende Situation. Sein Freund, der Lukas, kam alleine hier rein und war sehr aufgewühlt. Ich war der Meinung, dass er sogar geweint hatte. Er setzte sich ganz hinten an die Wand und wollte nur einen Cappuccino. Etwa nach einer Viertelstunde ging er wieder, nach nebenan. Plötzlich konnte ich Mick heran laufen sehen. Er ging dann nebenan hinein und nach ein paar Minuten kamen beide wieder hinaus. Allerdings sah Mick sehr besorgt aus. Und sein Freund kämpfte mit den Tränen, das konnte ich noch erkennen.“

Ich hörte sehr genau zu und machte mir so meine Gedanken. Hatte es mit Lukas Eltern zu tun, oder hatten sich die beiden vielleicht gestritten? Ich war sehr froh hier ein paar Informationen zu bekommen.

„Und gestern waren Mick und Lukas mit zwei anderen Jungs hier zum Essen. Die beiden anderen Jungs sind auch häufiger hier. Ganz nette Jungs, die spielen hier auch im Verein Billard und kommen regelmäßig zum Essen her. Die dürften aber etwas älter sein. Wenn du Glück hast, kommen die beiden gleich noch her. Die kommen immer Dienstag und Freitag zum Essen. Und gestern waren die Vier halt hier. Mick hat Lukas sogar zum Essen eingeladen. Beim Rausgehen hatte er ihn sogar kurz in den Arm genommen. Es sah fast so aus, als ob sie sich wieder versöhnt hätten. Ich fand das total niedlich vom Mick.“

„Ist ja alles sehr interessant, was du so alles mitbekommst“, ich grinste ihn an, „der Lukas scheint ja wirklich ein ganz besonderer Freund zu sein. Ich muss ihn unbedingt mal kennenlernen. Aber ich freue mich auch darüber, dass Mick nun häufiger rausgeht und sich mit Freunden trifft. Leif findet das zwar gar nicht gut, weil Mick nun sich nicht mehr um ihn kümmert, wie bisher, aber da muss er durch. Mick ist nicht sein Aufpasser.“

Mittlerweile war auch meine Pizza gekommen und er ließ mich nun in Ruhe essen. Er wollte mir aber Bescheid sagen, wenn diese beiden Jungs von gestern kommen würden.

Mick: Dienstagvormittag in der Schule

Meine Güte - dachte ich so - geht der Tag heute gar nicht vorbei. Ich saß im Unterricht und neben mir war der Platz leer. Lukas war seit zwei Stunden nicht mehr beim Unterricht. Herr Sturm hatte ihn in der zweiten Stunde abgeholt. Hoffentlich war da nichts passiert. Er konnte mir nicht mehr sagen, weshalb er mit Herrn Sturm mitgehen sollte. Ich war zu dem Zeitpunkt grade am Kiosk gewesen, um mir etwas Süßes zu holen. Ich hoffte allerdings, dass es vielleicht um die Therapie gehen würde, die Lukas ja machen wollte. Wir hatten allerdings nicht mehr viel darüber gesprochen. Mittlerweile ging es auf die Mittagspause zu und unser Englischlehrer teilte uns mit, dass wir in der nächsten Woche einen Test schreiben würden. Ich sollte bitte Lukas das mitteilen. Ich würde das ganz sicher nicht vergessen, aber im Moment gingen meine Gedanken mit mir Achterbahn fahren. Ich hatte gestern mit Lukas, Manuel und Tim einen tollen Abend gehabt und heute Morgen hatte sich Lukas etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er war extra früher aufgestanden und hatte meinen Wecker ausgestellt und mich ganz vertraulich, persönlich geweckt. Er hatte meine Wangen gestreichelt und mich ganz liebevoll geweckt. Ich war echt gerührt. Und da ist mir klar geworden, was Lukas mittlerweile für mich fühlte. Ich sagte ihm, dass er seine Gefühle nicht verstecken sollte, wenn wir allein waren. Das würde mir sicher helfen, meine Gefühle für ihn zu überprüfen. Ich hätte das vermutlich so nicht sagen sollen, denn er gab mir dann einen ganz zärtlichen Kuss. Es kamen ihm dabei die Tränen, weil er Angst hatte, ich würde das nicht wollen. Ich nahm ihn in die Arme und habe ihm dann gesagt, ich würde für ihn auch sehr starke Gefühle haben. Das war zu viel für seine Nerven. Er fing hemmungslos an zu weinen, am frühen Morgen. Er gestand mir, wie sehr er sich verliebt hatte. Mein Gott - so früh am Morgen, so schwere Sachen. Dabei hatte er mir ja nur eine Freude machen wollen. Ich hatte es wohl verbockt. Und ich hatte nicht mal Gelegenheit mich zu entschuldigen. Wie ätzend! Ich bekam jedenfalls immer mehr Klarheit. Ja, ich mochte ihn sehr und ich wollte ihn nicht mehr länger quälen. Aber wie soll ich ihm das sagen? Ich wollte es ihm besonders schön machen, ich wollte ihm sagen, dass ich mir mehr mit ihm wünschen würde, als nur sein bester Freund sein. Ich wollte ihn auch genauso wie Tim und Manuel einfach mal küssen und streicheln, wenn ich Lust dazu hatte. Überhaupt - Tim und Manuel hatten mir gestern die Augen geöffnet. Ich war ebenfalls in Lukas verliebt. Ich war mir nur nicht so sicher, wie die anderen damit umgehen würden. Was würde Leif sagen, wenn er erfährt, dass sein großer Bruder schwul ist? Wie würde Tommy damit umgehen? Und wie sollte ich das - bitte schön - meinem Vater erklären. Ich wollte ihm das nicht am Telefon sagen. Das musste ich ihm persönlich sagen, aber wie? Die Einzigen, bei denen ich mir sicher war, dass sie mich verstehen, waren Stephen und Moni, und Tim und Manuel. - Tim und Manuel - sie würden doch heute Abend wieder beim Italiener sein zum Essen, vor dem Billard. Ich musste sie unbedingt fragen, wie ich das mit Lukas am besten machen soll. Endlich klingelte es zur Mittagspause.

Ich lief sofort aus dem Haus und setzte mich auf eine Bank im Garten. Ich schrieb Tim eine Nachricht, ob und wann sie sich heute Abend treffen würden. Manuel war ja arbeiten, den wollte ich nicht während der Arbeit belästigen. Hoffentlich würde Tim bald antworten. Ich war dermaßen aufgeregt gerade, ich konnte es gar nicht so richtig begreifen. Ob das wohl an meinen Gefühlen für Lukas lag? Es vibrierte und ich bekam von Tim eine kurze Antwort - Hi Mick, ja wie treffen uns wie immer beim Italiener zum Essen. Allerdings heute erst um halb sieben. Warum? Gibt es ein Problem? -

Was sollte ich ihm jetzt schreiben? Ich entschied mich für - hi Tim, ich brauche euren Rat. Es geht um Lukas. Ich weiß nicht, wie ich mich verhalten soll. Ich brauche eure Hilfe -

Tim schrieb sofort zurück - klar, komm um halb sieben zum Italiener, wir warten auf dich. Ich werde Manuel Bescheid sagen -

Ich war so nervös, aber ich schrieb noch zurück - Danke Tim, ich bin etwas verwirrt seit gestern. Bitte seid mir nicht böse -

Tim - quatsch, mach dir keine Gedanken, du hast eh noch so viel Gut bei uns und Lukas, wenn wir dir helfen können, tun wir das sehr gerne -

Das war jetzt auch für mich zu viel des Guten. Mir liefen Tränen über das Gesicht. Plötzlich bemerkte ich, dass ich nicht mehr allein war. Vor mir stand jemand in der Sonne. Ich erschrak. Es war Tommy, er hatte mich gesehen und wollte mir wohl Hallo sagen. Jetzt bemerkte er meine Tränen. Er zögerte, aber er lief nicht weg oder machte sich lustig. Er sprach ganz leise: „Mick, geht es dir nicht gut? Tut dir etwas weh?“ Er setzte sich zu mir auf die Bank. „Mick, soll ich Hilfe holen?“

Ich schüttelte den Kopf und versuchte mich zu fangen. Tommy blieb ganz ruhig sitzen und er legte mir seine Hand auf den Oberschenkel und wieder sprach er ganz leise: „Willst du mir sagen, was du hast oder soll ich Lukas holen?“

Um Gottes Willen - nicht Lukas, dachte ich. „Nein Tommy, danke dir, aber es geht schon wieder. Mach dir keine Sorgen. Bitte sag Leif nichts davon, ok?“

Er nickte und versprach mir zu schweigen. Als ich mich beruhigt hatte, stand er auf und ging wieder in seinen Unterricht. Ich hatte Tommy wohl völlig unterschätzt. Er hatte mich weinen sehen und war einfach bei mir geblieben. Er hat nicht einmal einen blöden Spruch gemacht. Ich fand das toll. Jetzt musste ich aber zusehen, dass ich wieder zurück in den Unterricht kam. Eigentlich konnte ich so nicht zurückgehen. Alle hätten sofort gesehen, dass ich geweint hatte. Würde ich mich jetzt aber erst frisch machen, käme ich zu spät in den Unterricht. Ich entschied mich direkt in den Unterricht zu gehen.

Ich stand vor unserem Klassenraum und atmete noch mal tief durch. Dann ging ich hinein. Unsere Lehrerin war noch nicht da. Ich ging auf meinen Platz und setzte mich schnell hin. Was war das - Lukas war auch wieder da. Er sah mich an und ich konnte sehen, wie erschrocken er mich ansah. Er sagte aber nichts. Er ließ mich erst mal in Ruhe. Unsere Lehrerin betrat den Raum und sie begann sofort mit dem Unterricht. Ich versuchte mich zu konzentrieren, aber es war ganz schwer jetzt für mich. Lukas saß neben mir und wurde immer unruhiger. Er spürte genau, dass es mir nicht gut ging. Er legte mir ganz vorsichtig seine Hand auf meinen Oberschenkel unter dem Tisch, er flüsterte mir zu: „Lukas, was ist passiert? Kann ich dir helfen? Willst du nicht besser rausgehen?“

Ich schüttelte den Kopf. Versuchte mich zusammen zu reißen und erwiderte leise: „Danke, aber geht schon wieder. Erkläre ich dir später was passiert ist.“ Er nickte nun, folgte dem Unterricht, ließ aber seine Hand bei mir liegen und blickte zwischendurch immer wieder zu mir herüber. Er machte sich große Sorgen. Das konnte ich in seinen Augen ablesen. Nach ungefähr zehn Minuten hatte ich meine Gefühle wieder einigermaßen im Griff. Ich nahm nun auch wieder am Unterricht teil und Lukas entspannte sich auch wieder sehr schnell.

Endlich war der Unterricht zu Ende. Ich packte meine Sachen zusammen, Lukas und ich verließen zusammen den Unterrichtsraum. Ich wollte noch nicht mit Lukas reden, er merkte das auch und ließ mich gewähren. Wir gingen in unser Zimmer, als er die Tür zu gemacht hatte, konnte er sich nicht mehr beherrschen: „Mick, was ist passiert? So habe ich dich ja noch nie erlebt, ist irgendwas passiert?“

Ich setzte mich nun auf unser Sofa und seufzte tief. Er nahm neben mir Platz und wollte mich nur trösten. Er nahm mich in den Arm und streichelte mir durchs Gesicht und flüsterte mir zu: „Mick, wenn du erzählen möchtest, ich werde dir zuhören, aber wenn du noch nicht reden möchtest, verstehe ich das.“ Er sah mich an und merkte, ich konnte noch nicht mit ihm reden. Er blieb einfach ruhig sitzen und schwieg. Er hielt meine Hand fest und wir saßen so bestimmt einige Minuten nebeneinander auf dem Sofa. Er wollte nicht länger schweigen, er begann zu erzählen: „Mick, ich weiß jetzt nicht, was bei dir passiert ist, aber ich muss dir von Herrn Sturm berichten. Vielleicht hilft es dir ja auf andere Gedanken zu kommen. Er hat einen Psychologen für mich gefunden, der mir helfen soll, den Verlust meiner Eltern aufzuarbeiten. Der Psychologe ist richtig nett. Er hat mich auch nach meinen Freunden gefragt und ich habe ihm von dir erzählt. Dass du immer für mich da warst, wenn es mir schlecht ging. Er meinte, ich sollte dich fragen, ob du einverstanden wärst, wenn er dich kennenlernen möchte, aber wenn ich dich jetzt so sehe, ist das wohl nicht so wichtig jetzt.“

„Lukas, ich werde dir immer helfen, und klar werde ich deinen Psychologen kennenlernen wollen. Ich habe heute nur einfach etwas zu viel erlebt. Es fing heute Morgen schon an. So wie du mich geweckt hattest und dann als du einfach verschwunden warst. Ich habe mir Sorgen gemacht. Ich weiß nicht Lukas, ich komme im Moment mit meiner Gefühlswelt nicht klar. Bitte habe noch etwas Geduld mit mir. Ich bin noch nicht soweit es aufzuklären.“

Er nahm meine Hand und sagte: „ Mick, du musst dich nicht entschuldigen. Ich liebe dich und ich werde dich nicht bedrängen, aber versprich mir, du kommst zu mir, wenn du mich brauchst.“

Ich musste schwer schlucken, wie er das sagte: „Danke Lukas, ich weiß das sehr zu schätzen und es tut mir leid, dass ich dir heute Morgen nicht so gezeigt habe, wie sehr ich mich gefreut habe.“

Er nickte nun und ich sagte noch: „Lukas, du musst zum Training und meinetwegen solltest du nicht zu spät kommen. Ich bin heute Abend erst spät wieder da. Ich habe noch etwas zu erledigen im Ort. Ich will für Leif etwas machen“, log ich ihn etwas an. Ich wollte ihm nicht sagen, dass ich Tim und Manuel treffen wollte.

„Lukas, ich gehe nur zum Training, wenn du mir versprichst, mir Bescheid zu sagen, wenn du mich brauchst. Ich will dich nicht allein lassen, wenn es dir so schlecht geht.“

„Ja, ist Ordnung, ich verspreche es dir. Lass uns heute Abend noch mal reden, ok?“

Damit gab er sich zufrieden und verließ mit seiner Tennistasche das Zimmer. Ich beschloss nun erst mal unter die Dusche zu gehen. Ich brauchte etwas Erfrischung. Meine Güte, warum musste Liebe so schwer sein, dachte ich so für mich.

Ich würde es Lukas heute Abend sagen, dass ich ihn auch liebe und das ich mit ihm zusammen sein möchte. Hoffentlich würden Tim und Manuel mir noch sagen, wie ich das am besten machen soll und wie ich das meinem Vater sagen sollte. Ich kam aus der Dusche und zog mir nur eine Boxer an und ein T-Shirt. Ich hatte noch etwas Zeit und legte mich noch etwas hin. Ich brauchte jetzt etwas Ruhe.

Meine Gedanke gingen immer wieder zu Lukas und was ich für ihn fühlte. Gestern beim Billard, heute Morgen als er mich so zärtlich und liebevoll geweckt hatte. Es war einfach nur schön. Die zärtlichen Berührungen. Die Gefühle dabei zu spüren, es war wirklich schön mit Lukas zusammen zu sein. Ich war nur sehr traurig, dass ich es ihm immer noch nicht sagen konnte, dass ich genauso empfand wie er. Aber wie würden die anderen damit umgehen? Was würde Leif machen? Und wie sollte ich das mit Papa besprechen, er war doch nie hier. Und bis zum Sommer wollte ich auf keinen Fall damit warten. Ich dachte noch mal an gestern, als Lukas hinter mir stand bei dem Spiel jeden Stoß gemeinsam zu machen. Er bekam einen steifen, ich merkte es und er wurde total nervös. Am liebsten hätte ich ihn da umarmt und ihn geküsst. Ich war zu feige gewesen. Aber jetzt blieben diese Gedanken bei mir nicht ohne Reaktion. Ich spürte, wie das Blut in meinen Penis schoss. Er wurde so schnell hart wie schon lange nicht mehr. Ich bekam eine unheimliche Lust und ich stellte mir Lukas vor, wie er neben mir liegen würde und wir uns streichelten. Meine Phantasie spielte mir einen Streich. Ich musste mir mit der Hand in die Hose gehen. Ich spürte schon die feuchten Lusttropfen in der Hand. Ich musste mir jetzt den Druck nehmen. Ich war sowas von geil gerade. Aber ich wollte noch mehr an Lukas denken, und ich zwang mich zu einer Pause, aber es half nicht viel. Der Lustsaft lief immer mehr in die Hose. Ich umfasste meinen Schwanz und dann ging es sehr schnell, ich explodierte förmlich. Vier, fünf heftige Schübe spritzen mir in die Hose. Ich hatte nicht mal mehr die Boxer ausziehen können, so geil war ich. Ich erschrak über diesen heftigen Abschuss, aber ich war nun sehr entspannt. Ich schlief sogar etwas ein. Nach einer halben Stunde wurde ich wieder wach. Allerdings hatte ich nun noch immer meine etwas versaute Boxer an. Ich musste wohl erneut duschen. Aber ich fühlte mich gut.

Ich suchte mir aus meinem Schrank erneut frische Unterwäsche und legte mir die anderen Sachen passend zurecht. Dann ging ich duschen und steckte meine Unterhose in die Wäsche. Ich hatte nun noch etwa eine Viertelstunde, bis ich mich auf den Weg zu Tim und Manuel machen musste. Ich wünschte mir, dass sie mir helfen könnten, wie ich das alles hinbekommen soll.

Marc: In der Pizzeria im Ort

Mittlerweile hatte ich meine Calzone aufgegessen und saß nun noch etwas nachdenklich an meinem Tisch. Salvatori - der Wirt - kam wieder an meinen Tisch und er fragte mich, ob ich noch etwas wünsche.

„Ja, ich hätte gerne noch einen Cappuccino - ohne Zucker. Sag mal wann kommen die Jungs denn immer so dienstags?“

„Meistens so gegen 18h. Manchmal auch etwas später. Aber wie gesagt normalerweise kommen immer nur die beiden älteren zum Essen vorher.“

Es war mittlerweile Viertel nach sechs und ich beschloss, noch etwas zu warten. Ich wollte mir ein Bild von den Jungs machen, mit denen sich mein Mick in letzter Zeit so traf. Ich bekam meinen Cappuccino und in diesem Moment betraten zwei Jungs die Pizzeria. Ich schätzte sie so auf 18-20 Jahre. Sie grüßten den Wirt und gingen dann zielstrebig auf einen Tisch zu. Sie setzten sich und gaben sich einen zärtlichen Kuss. Ich sah zu Salvatori und er nickte mir zu. Das waren also die beiden Jungs von gestern. Nun gut, sie konnten mich an meinem Tisch nicht erkennen. Sie redeten recht lebhaft miteinander. Fast schon etwas aufgeregt. Ich konnte nicht alles verstehen, aber so Wortfetzen, wie - warum wollte er unbedingt mit uns reden - und - er war sehr aufgeregt. Also es schien so zu sein, dass sie auf jemanden warteten. Und jetzt verstand ich noch – Lukas -. Also eines war klar, die beiden waren jedenfalls schwul und sie waren wohl offensichtlich ein Paar.

Ich beobachtete die beiden Jungen, sie machten einen netten Eindruck. Der eine dürfte wohl etwas jünger sein. Ich wollte schon gerade aufstehen und bezahlen, um dann nach nebenan zugehen, um mir anzusehen, wie es dort nun aussah, da sah ich, wie ein weiterer Junge mit einer sportlichen Jacke hereinkam. Er ging direkt auf den Tisch der beiden zu. Ich konnte sein Gesicht noch nicht erkennen, aber ich glaubte meinen Augen nicht zu trauen. Ich hatte fast das Gefühl, das könnte mein Mick sein. Und dann stand er an dem Tisch im Licht. Die beiden Jungs standen auf und sie umarmten sich zur Begrüßung. Ich hatte Recht, es war Mick. Und er sah recht niedergeschlagen aus. Er setzte sich an den Tisch und die beiden anderen lehnten sich zurück und ließen Mick erzählen. Ich fand das gerade sehr spannend und ich hoffte mich würde jetzt niemand erkennen. Salvatori kam an meinen Tisch und war ganz aufgeregt. Er hatte natürlich Mick erkannt und wollte mir sagen, dass nun auch Mick da war. Warum ich nicht zu den Jungs hinübergehen würde, sie wären bestimmt sehr überrascht. Ich erklärte ihm, dass ich auf keinen Fall jetzt aufstehen würde. Ich wollte erst abwarten, was passieren würde. Und fragte ihn, ob er etwas mitbekommen habe, worüber sich die Drei denn unterhalten würden. Mick sähe doch sehr aufgeregt aus. Es schien so zu sein, dass er ihnen etwas mitteilen wollte und sie um Rat fragte. Salvatori ging unauffällig durch sein Restaurant und begab sich an den Tisch der Jungs. Er fragte, ob sie noch einen Wunsch hätten und Mick bestellte irgendwas. Dann ging er wieder an die Theke und runzelte die Stirn. Mit einem Mal sah ich, wie Mick sich verkrampfte und am Tisch festhielt. Es ging ihm offensichtlich gar nicht gut in diesem Moment. Ich wurde jetzt doch sehr unruhig und überlegte, ob ich nicht doch aufstehen sollte. Plötzlich stand der jüngere der beiden auf und setzte sich neben Mick. Er nahm ihn in den Arm und tröstete ihn. Es sah so aus, als würde Mick weinen. Ich war erschrocken.

Mick: Treffen mit Manuel und Tim

Also ich war nun auf dem Weg zu Tim und Manuel in die Pizzeria. Ich war jetzt sehr aufgeregt. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das jetzt erklären sollte. Ich hatte mich entschieden, Lukas zu sagen, dass ich genauso für ihn Gefühle hatte, wie er für mich und das ich akzeptieren würde, schwul zu sein. Aber wie erklärt man das seinem Vater und seinem Bruder am besten? Jedenfalls ging ich jetzt hinein und sah die beiden schon an ihrem Tisch sitzen. Ich ging auf sie zu und begrüßte sie.

„Hallo Mick, schön dich zu sehen“, sagte Tim und stand auf. Er umarmte mich zur Begrüßung und Manuel folgte ihm direkt. Das war doch echt mal ne schöne Begrüßung. So konnte ich etwas Unsicherheit abbauen. Dann setzten wir uns wieder hin. Ich war aber immer noch sehr aufgewühlt und ich begann nun zu erzählen: „Also ich habe ein echtes Problem, ich meine, ihr habt uns ja gestern gesagt, dass ihr schwul seid und ein Paar. Aber was ihr nicht wissen konntet, Lukas hat mir vor einigen Tagen ebenfalls gestanden, dass er schwul ist. Er hat mir gesagt, dass er mich liebt und er mit mir zusammen sein möchte. Für mich war das echt ein Schock. Ich meine, ich mochte ihn wirklich sehr und ich hatte keine Probleme damit, dass er schwul ist, aber ich wusste es nicht, ob ich ihn auch so lieben könnte wie er mich. Also … naja ... Also ob ich auch schwul bin. Ich habe echt in den letzten Tagen immer wieder gezweifelt, und mich nicht entscheiden können. Aber heute Morgen hat mich Lukas total lieb geweckt, er hatte sich echt große Mühe gegeben, mir seine Liebe zu zeigen. Ich hatte ihm gesagt, er solle seine Gefühle nicht verstecken, wenn wir allein wären. Ich wollte mich prüfen, ob ich das dann erwidern könnte. Jedenfalls war der Tag heute, derart heftig, dass ich mir eingestehen muss - ja, ich liebe Lukas.“ Ich wartete nun auf die Reaktion der beiden. Aber erst mal passierte nichts. Dann hörte ich Manuels Stimme: „Mick, gratuliere. Wir haben gestern schon auf dem Heimweg darüber gesprochen, dass dich Lukas immer wieder so angesehen hatte. Ich habe zu Tim noch gesagt, ich glaube Lukas möchte von dir mehr, als nur dein bester Freund sein. Und du hast gestern auch viel mehr zugelassen, als beim ersten Abend. Also dass du jetzt sehr aufgeregt bist, ist mir schon klar, aber was für ein Problem hast du denn jetzt, dass du unbedingt mit uns reden wolltest. Also bislang ist doch alles toll.“

Jetzt wurde mir etwas mulmig zumute. Wie sollte ich das jetzt erklären. Also gut - half ja nichts - ich begann damit: „Naja wisst ihr, es ist so. Lukas habe ich es noch nicht sagen können, dass ich ihn auch liebe und mit ihm gemeinsam durch die Zukunft gehen möchte. Das bekomme ich auch noch hin, glaube ich, aber was ist meinem Bruder und vor allem mit meinem Vater. Ich kann doch nicht einfach ihm am Telefon sagen“ - mir versagte jetzt fast die Stimme und mir kamen die Tränen - „Papa ich habe mich verliebt und zwar in Lukas. Ich bin schwul. Das kann ich so nicht machen. Er ist doch so selten hier, ich will ihm das aber persönlich sagen“ - schluchzte ich leise. Nun war ich am Ende mit den Nerven. Ich zitterte und wusste mir nicht mehr zu helfen. Nun stand Tim auf und setzte sich neben mich. Er nahm mich in den Arm und ich fühlte, seine Nähe tat mir gut. Jetzt sprach er ganz ruhig zu mir: „Mick, ich verstehe wie du dich jetzt fühlst. Wir sind beide sehr froh, dass du uns vertraust. Ich finde du solltest dich nicht zu sehr ängstigen. Leif ist sicher ein Problem, aber das werden wir zusammen hinbekommen. Ich weiß ja, wie das bei Nico und mir war. Da werden wir uns gemeinsam heranmachen. Was deinen Vater betrifft, das wird schwierig werden, weil er ja, wie du sagst, ganz selten hier ist. Eigentlich während der Saison gar nicht. Aber kannst du nicht einfach mit Tommy und Leif nach Spa fahren? Dann hättest du die Möglichkeit mit ihm zu reden. Und vielleicht auch mit Leif das noch mal gemeinsam zu klären. Mit der Hilfe deines Vaters. Wie denkst du denn, wird dein Vater darauf reagieren?“

Ich war nun etwas beruhigt. Ich hatte das Gefühl, er versteht mich einfach nur.

„Ich weiß es nicht, ich denke er wird daraus kein Drama machen, aber ich weiß es nicht. Ich will aber nicht, dass er davon von anderen erfährt und ich will nicht länger heimlich mit Lukas zusammen sein. Ich will mich nicht verstecken müssen.“

Nun meldete sich Manuel dazu: „Ja, das finde ich auch ganz wichtig, das ihr euch nicht verstecken wollt. In der Schule ist das noch mal wieder was anderes, aber hier und in eurer Freizeit solltet ihr offen schwul sein können. Ich habe mit Tim ja auch die gleichen Regeln. Jeder der es hören soll, wird von uns eine klare Aussage bekommen. Wir verleugnen uns nicht.“

Diese Zustimmung und die Ermunterung taten mir gut. Ich war ihnen so dankbar dafür. Aber was ich nun mit meinem Vater machen sollte, wussten wir immer noch nicht. Tim meinte nur: „Mick, ich würde an deiner Stelle, auf jeden Fall deinen Vater anrufen. Frage ihn doch, ob er nicht herkommen kann. Es wäre dir sehr wichtig. Du hättest ihm etwas zu sagen und du bräuchtest ihn dafür persönlich hier. Meinst du nicht, er würde für dich herkommen?“

Ich wusste es nicht. Ich hatte noch nie so ein Problem, dass er dafür extra herkommen müsste. Es war mir so unangenehm. „Ich denke er würde mich am Telefon ausfragen, worum geht es denn und so weiter. Ich will aber nicht am Telefon mit ihm darüber reden.“

Jetzt saßen wir also an dem Tisch und Tim und Manuel wollte ja noch Billard spielen. Ich hatte nun schon eine halbe Stunde ihre Zeit in Anspruch genommen.

„Sagt mal wolltet ihr nicht noch Billard spielen? Ich klaue euch doch eure Zeit hier.“

„Spinnst du? Das ist ja wohl viel wichtiger als Billard spielen. Mick, ich denke du solltest deinen Vater anrufen und ihn herbitten.“ Ich nickte und wollte gerade aufstehen. Da merkte ich, wie eine Person an unseren Tisch herantrat. Tim und ich konnten noch nicht erkennen, wer das war, weil wir mit dem Rücken zu ihm saßen, aber Manuel musste ihn erkannt haben, denn er hatte sich so dermaßen erschrocken, als er die Person erkannte. Er war kreidebleich geworden.

Marc: In der Pizzeria mit Mick und den beiden anderen Jungs

Also ich war mir sicher, Mick ging es gar nicht gut. Er saß da am Tisch und weinte. Der jüngere der beiden nahm ihn in den Arm und tröstete ihn. Nach einigen Minuten beruhigte sich Mick wieder und sie redeten weiter. Jetzt wollte ich nicht länger warten. Ich war mir sicher, hier war meine Hilfe gefragt, egal ob ich dann morgen die Überraschung vergessen konnte. Das hier war deutlich wichtiger. Ich stand nun auf und ging auf den Tisch der drei Jungs zu. Mick und der eine Junge saßen mit dem Rücken zu mir und der ältere sah mich an. Er erschrak fürchterlich, als er mich erkannte.

Ich stand also am Tisch und der andere Junge stotterte: „Ich glaube es nicht …, Mick - ich glaube wir haben da ein Problem. Dreht euch mal um, sonst glaubt ihr mir das eh nicht.“

Ich wartete noch einen Moment, weil Mick sich nicht traute, sich umzudrehen.

Nun wollte ich aber das Ganze auflösen und sagte: „Hallo, die drei Herrschaften. Ich möchte gerne an eurer Unterhaltung teilnehmen. Darf ich fragen, wer ihr beide seid? Meinen Sohn kenne ich ja schon.“ In diesem Moment drehte sich Mick schlagartig um, weil er meine Stimme erkannte, sprang auf und fiel mir um den Hals. „Papa, das kann doch gar nicht sein. Das glaube ich nicht. Du bist hier?“

Ich hielt meinen Jungen ganz fest und umarmte ihn. Er fing richtig an zu weinen und wollte sich gar nicht beruhigen. Erst als ich ihm zuflüsterte: „Mick, beruhige dich, wird alles wieder gut. Komm, setzen wir uns wieder an den Tisch zu den Jungs.“

Er wurde jetzt wieder ruhiger, wir setzten uns an den Tisch zurück und nun waren alle drei erst mal sprachlos.

„Sag mal Mick, kannst du mir deine beiden Freunde nicht mal vorstellen? Sie scheinen ja nicht der deutschen Sprache mächtig zu sein.“ Lachte ich etwas zynisch.

Nun war es Mick, der zuerst die Sprache wieder fand: „Also das da drüben ist Manuel und hier neben mir ist Tim. Wir haben uns vor einigen Tagen hier beim Billard kennengelernt.“ Ich gab beiden die Hand und Mick stellte mich ebenfalls mit den Worten vor: „Tim, Manuel, das ist mein Vater Marc Steevens.“

„So nach dem nun die Formalitäten geklärt sind, schlage ich vor, ihr erzählt mir mal, was hier Sache ist. Mick ich mache mir Sorgen. Du kommst hier her, und nach einigen Minuten brichst du in Tränen aus. Was ist passiert?“

„Oh, das ist eine lange Geschichte, Papa. Ich weiß nur nicht, ob ich das so alles alleine erzählen kann, weil da fehlt noch eine wichtige Person.“

„Lass mich raten, es geht um den Lukas. Stimmts?“ Jetzt mussten Tim und Manuel lachen. Ich schmunzelte ebenfalls und Mick schaute mich ganz überrascht an.

„Woher weißt du das, Papa? Du kennst doch noch gar nicht das Problem.“

„Ach Mick, ich bin doch nicht blöd. Du hast mir in letzter Zeit immer von Lukas erzählt, geschrieben und was weiß ich nicht noch alles. Also da kann ich mal davon ausgehen, dass es hier wohl um diesen Lukas gehen muss.“ Ich war nun aber auch gespannt, was mir die anderen Jungs zu erzählen hatten. Deshalb wandte ich mich an Tim: „Sag mal, du hast eben Mick sehr nett in den Arm genommen. Ich gehe davon aus, dass er dir etwas sehr Persönliches gesagt hatte. Ich möchte euch nicht zu nahe treten, aber ich sitze hier schon einige Zeit und wollte mir eigentlich nur ansehen, was ich mit den beiden Jungs hier so alles machen kann. Jedenfalls habe ich euch beide vorhin schon gesehen wir ihr hier reingekommen seid. Ihr habt euch direkt geküsst. Also nehme ich mal an, ihr beide seid ein Paar. Deshalb denke ich mal, Tim - du bist nicht an Mick interessiert. Aber was hast du mit Mick zu tun, dass du ihn so in den Arm nehmen kannst?“

Ich sah, wie Tim rot wurde und Mick war es nicht weniger peinlich. Mick versuchte Tim zu helfen, in dem er sagte: „ Papa, lass mal. Tim wollte mich nur trösten, weil ich heute echt einfach nicht mit Lukas und einigen Dingen klargekommen bin. Er hat mit der Sache gar nichts zu tun. Ich habe die beiden nur gebeten, sich mit mir zu unterhalten.“

„Mick, ich habe doch gar kein Problem mit den beiden. Und ich finde es schön, wenn Freunde da sind, wenn es jemandem schlecht geht. Ich habe mich sehr gefreut, als ich sah, wie nett er dich in den Arm nahm. Aber was ist mit dir? Was für ein Problem hast du, das du mich nicht fragen willst? Ich meine, ich bin leider oft weit weg, aber du hast mich doch sonst auch per Mail oder Telefon um Rat gefragt. Warum jetzt nicht? Bin ich vielleicht das Problem?“

Jetzt meldete sich Tim wieder: „Herr Steevens, ich weiß, dass Micks Problem sehr persönlich ist, und ich glaube es wäre besser, wenn sie das mit ihm alleine besprechen würden. Seien sie uns bitte nicht böse, aber ja, es stimmt, sie sind ein Teil seines Problems.“

Mick wäre jetzt am liebsten weggelaufen, so blass wurde er. Ich war auch sehr überrascht über diese offenen Worte.

Mick sprach nur: „Tim, spinnst du? Wie redest du mit meinem Papa? Wie …“ Ich unterbrach Mick nun: „Mick, es ist gut. Er hat recht. Ich denke, er kennt die Lage, weil du es ihnen erzählt hast. Und ja, er hat auch recht, wenn ich ein Teil deines Problems bin, dann sollten wir beide das klären. Und das sollten wir nicht hier tun. Tim und Manuel, ich möchte mich erst mal heute bei euch bedanken, dass ihr für Mick da gewesen seid und ich würde mich freuen, wenn wir uns in den nächsten Tagen hier oder woanders wieder treffen. Ich finde euch nämlich sehr nett und freue mich, dass mein Sohn so nette und verantwortungsvolle Freunde hat. Ich möchte euch nicht länger aufhalten heute Abend. Ich kann euch versprechen, ich werde Mick helfen, wo ich nur kann. Und wenn ich etwas mit seinem Problem zu tun habe, dann werde ich das ändern. Das verspreche ich euch.“ Jetzt war Mick den Tränen nahe. Ich nahm ihn in den Arm und sagte zu ihm: „Mick, ich bin euretwegen hier, ich bleibe noch einige Tage, bevor ich mit Leif und Tommy von hier nach Spa fahre. Also wir haben genug Zeit füreinander. Ich bin den Jungs nicht böse. Im Gegenteil, also bleib ruhig, wir beide machen uns jetzt mal auf den Weg und deine Freunde ebenfalls. Ok?“

Also Tim und Manuel standen jetzt auf und wollten noch ihr Essen bezahlen und sich verabschieden. Da sagte ich zu ihnen: „Also das Bezahlen übernehme ich und hat Mick eure Telefonnummern damit wir uns die Tage noch mal unter etwas schöneren Umständen treffen können. Und ach, bevor ich es vergesse, seid ihr offen geoutet oder muss ich irgendwo vorsichtig sein?“

Die Jungs waren nun etwas irritiert und Manuel gab mir die Antwort: „Ja, Mick hat unsere Nummer und wir sind in unseren Familien geoutet. Hier beim Billard auch und Lukas weiß auch Bescheid. Herr Steevens, vielen Dank, dass sie so nett zu uns sind. Wir hoffen, sie werden mit Mick das Problem lösen können. Wir würden uns wirklich freuen, wenn wir uns vielleicht dann auch mit Lukas zusammen treffen könnten. Wir wünschen ihnen noch einen schönen Abend.“ Dann gingen beide auf Mick zu und umarmten ihn ganz herzlich. Danach verließen sie das Lokal. Ich ging nun bei Salvatori zum Bezahlen und Mick schickte ich schon mal nach draußen.

Mick wartete vor der Tür und schaute mich fassungslos an. Ich war jetzt ganz sicher, ich hatte die richtige Entscheidung getroffen herzukommen und auch bereits heute Abend die Katze aus dem Sack zu lassen und mich zu den Jungs zu gesellen.

„Mick, warum schaust du so? Ich wollte euch eigentlich morgen nach der Schule überraschen und euch dann mitteilen, dass ich nun noch ein paar Tage hierbleibe und dann am Samstag schon mit Tommy und Leif nach Spa fahre. Also was hast du? Freust du dich gar nicht, dass ich hier bin?“

„Papa, ich bin so froh, dass du hier bist. Aber ich kann es einfach noch nicht glauben. Du kommst einfach so hierher, ohne etwas zu sagen. Auch Leif hat nichts gewusst? Keiner hat irgendwas gewusst? Wie geht das bei der Schulleitung?“

„So viele Fragen auf einmal? Nun ja, also deinen Direx habe ich heute Morgen aus dem Flugzeug angerufen, das ich morgen herkommen werde. Ich habe ihm aber gesagt, dass er euch nichts sagen soll. Ich habe übrigens morgen Vormittag einen Termin um halb zwölf bei eurem Direx. Ich möchte mir mal berichten lassen, was hier so Sache ist. Sag mal, wann musst du eigentlich zurück sein? Immer noch um halb elf?“

„Ja, immer noch um halb elf. Aber ich würde gerne mit Lukas noch sprechen. Was hast du jetzt vor?“

„Ich denke, ich begleite dich jetzt erst mal nach Hause, dann sehen wir weiter. Ich denke Lukas wird auch da sein oder?“

„Ja, ich glaube schon, dass er wieder zurück ist vom Training. Ähm, Papa, bleibst du dann noch länger? Weil ich möchte Lukas noch unbedingt etwas mitteilen. Wenn möglich alleine.“

Mir schwante nun etwas, ich wollte es ihm natürlich nicht verbauen, aber ich wollte mit ihm gemeinsam zurückgehen und auch erst mal Lukas kennenlernen. Er sollte doch noch die Gelegenheit haben, mir etwas zu erzählen.

„Mick, ich verstehe das, aber ich möchte dich erst mal zurückbegleiten. Vielleicht kannst du mir ja etwas erzählen über dein Problem. Dann möchte ich Lukas kennenlernen und danach werde ich mich für heute dann verabschieden. Dann kannst du Lukas noch alleine sprechen. Ist das ok?“ Ich hatte das Gefühl, Micks Problem war nicht Lukas alleine. Es ging um etwas anderes und da kam ich ins Spiel. Warum sollte Mick sich ausgerechnet Tim und Manuel aussuchen als Gesprächspartner. Sie waren schwul, und ich hatte langsam das Gefühl, dass mein Mick auch in die Richtung ging und Lukas diese Person sein würde. Ich dachte nämlich, er wollte es Lukas heute sagen, dass er sich in ihn verguckt hatte. Und nun war sein großes Problem, wie sagt er es Lukas und wie sollte er es mir sagen. Vor allem mir, weil ich ja eigentlich immer weg war. Deshalb auch diese Andeutungen von Tim.

Mittlerweile waren wir schon einige Minuten gegangen, als Mick mich fragte: „Papa, was hast du gedacht als Tim mich umarmt hat vorhin, als es mir nicht gut ging? Du wusstest doch da schon, dass sie schwul sind.“

Ich überlegte, was konnte ich dazu jetzt sagen. „Ich fand es schön, es war zu sehen, wie sehr du ihm wichtig warst. Es war eine herzliche Umarmung. Sehr vertraut. Ich glaube mit den beiden Jungs hast du tolle Freunde gefunden. Aber Mick, warum bist du ausgerechnet zu den beiden gegangen? Wenn es mit Lukas und mir zu tun hat?“

„Ich weiß nicht ... Papa, es ist also nicht so einfach jetzt. Können wir das nicht auf morgen verschieben? Ich möchte erst mit Lukas nochmal sprechen, bevor ich dir dann das erklären kann.“

„Gut, ich kann damit bis morgen warten. Aber wenn du jetzt mir noch etwas erzählen willst, bevor wir mit Lukas zusammen kommen, dann tu das bitte jetzt.“

„Papa, danke, dass du hergekommen bist, ich freue mich wirklich unglaublich und ich hoffe du bist jetzt nicht enttäuscht, dass ich noch nicht darüber reden möchte. Es ist alles noch so neu für mich.“

Seine Stimme wurde jetzt wieder sehr leise. Ich spürte seine Angst und Unsicherheit. Ich nahm ihn in den Arm und wir gingen erst mal wortlos einige Schritte weiter Richtung Internat. Dann sagte ich zu ihm, als er sich etwas in meinem Arm entspannt hatte: „Mick, ich glaube ich habe eine Ahnung, was du für eine Sorge hast. Ich möchte, dass du weißt, ich stehe immer hinter dir. Du wirst die richtige Entscheidung treffen. Rede mit Lukas und sage ihm die Wahrheit. Ich glaube, er hat es verdient, dass du ihm die Wahrheit sagst. Und ich bin nicht enttäuscht, dass du erst mit ihm reden willst. Ich finde das genau richtig. Also ich komme jetzt noch kurz mit hoch, du stellst mir Lukas vor und dann verschwinde ich erst mal bis morgen wieder. Ok, Großer?“

Mick war sichtlich erleichtert und meinte: „Danke Papa, so machen wir das.“

Wir kamen nun zum Internat und ich war gespannt, was nun passieren würde. Ich hatte Lukas ja noch nie persönlich gesehen. Nur von den Erzählungen her. Also ging ich hinter Mick die Treppe hinauf und dann standen wir vor der Tür. Mick öffnete und sagte: „Hallo Lukas, nicht erschrecken, ich habe Besuch mitgebracht.“ Mick ging nun in das Zimmer hinein und Lukas lag auf dem Sofa nur mit einer Trainingsjacke und kurzer Hose. Er schien auch grade erst wiedergekommen zu sein. Lukas sprang auf und es war ihm sichtlich unangenehm, so auf dem Sofa gelegen zu haben. Er hatte aber wohl noch nicht realisiert, wer hier zu Besuch war.

„Hallo Lukas, schön dich kennenzulernen.“ Sagte ich freundlich zu ihm und streckte ihm die Hand entgegen. Er war sichtlich verwirrt. Er hatte Probleme zu begreifen, dass ich - Micks Vater - einfach so hier in ihrem Zimmer stand. Dann fing er sich wieder und gab mir die Hand. „Herr Steevens, ich bin etwas überrascht. Mick hatte nichts davon gesagt, dass sie zu Besuch kommen wollten.“

Ich lachte: „Richtig Lukas, er konnte auch nichts sagen, er wusste es nämlich bis etwa vor einer Stunde auch noch nicht. Ich freue mich dich endlich kennenzulernen. Mick hat mir schon so viel von dir erzählt und geschrieben. Jetzt treffen wir uns endlich auch mal persönlich. Wie geht es dir?“

„Eigentlich ganz gut, ich bin nur grade etwas verwirrt und auch unpassend angezogen. Tut mir leid, aber ich komme grade vom Training und war noch nicht duschen.“

Jetzt konnte ich deutlich seine Verlegenheit erkennen. Ich merkte auch bei Mick eine gewisse Spannung. Ich wollte jetzt nicht länger den beiden im Weg stehen. Mick wollte unbedingt noch mit Lukas etwas besprechen und ich konnte spüren, dass Lukas auch mit Mick reden wollte. Es lag eine gewisse Spannung in der Luft.

„So Jungs, ich habe auch einen langen Reisetag hinter mir und ich werde mich jetzt auf den Weg nach Hause machen. Ich möchte gerne mit euch die nächsten Tage etwas unternehmen. Also macht euch mal Gedanken. Und Mick, Leif weiß noch nicht, dass ich hier bin. Also sag ihm bitte erst morgen davon. Es ist schon zu spät. Ach ja, morgen Abend gehen wir zusammen schön irgendwo essen. Also Lukas, wir sehen uns spätestens dann morgen Abend zum Essen. Und noch etwas, nenn mich bitte Marc. Ich denke wir werden uns in Zukunft häufiger begegnen.“ Dabei zwinkerte ich ihm zu und er bekam große Augen, als ich ihm das sagte.

„ Ähh, ja in Ordnung. Marc, soll ich dann morgen Abend mitkommen zum Essen?“

„Ja natürlich, Leif und Tommy sollen ja auch mitkommen. Mick, regelst du das schon mal morgen früh mit den beiden bitte.“

„Ja, mache ich dann.“ Ich verabschiedete mich von Lukas und Mick kam noch mit auf den Flur. Er nahm mich in den Arm und sagte noch: „ Papa, ich liebe dich. Danke für heute Abend und dafür, dass ich jetzt mit Lukas noch sprechen kann.“

„Mach was draus, ich drücke dir die Daumen, und ich möchte morgen von euch was Schönes hören. Also versau es nicht.“ Ich zwinkerte ihm zu und er staunte nur noch. Ging dann aber wieder in sein Zimmer und ich die Treppe hinunter nach draußen.

Ich hoffte, ich hatte recht mit meiner Vermutung. Morgen würde ich meinen Großen mit Lukas zusammen erleben. Ich war mir recht sicher, nur wer hier wen zuerst angemacht hatte, das würde ich wohl erst von den beiden erfahren. Aber ich war mir jetzt sicher. Mick war sich sicher geworden heute Abend. Er hatte es akzeptiert. Er war schwul und er war in Lukas verliebt. Hoffentlich war Lukas das auch. Sonst würde es wohl ein Problem geben. Aber so wie Tim ja vorhin andeutete, war Lukas ja nicht das eigentliche Problem, sondern ich war das Problem. Ich vermutete nun, dass Mick bereits wusste, dass Lukas auch schwul war und er ihn genauso mochte. Ich denke es wird Micks Problem sein, wie er es mir beibringen könnte, dass er schwul sei und Lukas sein Freund. Jedenfalls war Tims Reaktion für Mick der entscheidende Moment geworden. Tim hatte ihm zu dem Entschluss verholfen zu akzeptieren, dass es so war.

Mittlerweile war ich auf halbem Wege nach Hause und freute mich auch in mein Bett zu kommen. Morgen würde ein neuer und spannender Tag kommen.

Mick und Lukas im Zimmer

Nachdem nun mein Vater gegangen war und ich mich von der Überraschung erholt hatte, saßen wir nebeneinander auf dem Sofa. Lukas sah nicht sehr glücklich aus. Ich war unglaublich nervös jetzt: „Lukas, ich habe es echt nicht gewusst, dass er heute herkommen würde. Du hast eben echt etwas verpasst.“ Ich erzählte ihm nun das, was im Restaurant passiert war. Lukas schmunzelte, schimpfte aber auch: „Boah Mick, als du eben reinkamst und Besuch angekündigt hattest, hatte ich mir fast in die Hosen gemacht. Ich dachte du hattest nen Lehrer im Schlepptau. Dass du deinen Papa mitbringen würdest, hatte ich doch im Traum nicht erwartet. Aber wieso warst du beim Italiener und dann mit Tim und Manuel?“

Jetzt wurde es ernst, ich musste das erklären, denn ich hatte ja gesagt, ich müsste für Leif etwas besorgen. Also schluckte ich einmal: „Lukas, ich habe dir nicht die Wahrheit gesagt, ich war mit Tim und Manuel verabredet. Ich war so durcheinander nach dem Tag, dass ich dachte, sie könnten mir helfen. Lukas, tut mir leid, ich wollte einfach sicher sein mit dem was ich dir jetzt sagen will.“ Er sah mich fragend an. Ich fuhr fort: „Lukas, ich bin mir jetzt ganz sicher und ich hoffe du hast deine Meinung nicht geändert, ich liebe dich auch, und ich will dein Freund sein. Ich bin auch schwul wie du.“ Lukas sah mich fassungslos an. Er umarmte und küsste mich. Endlich, dachte ich nur. „Mick, wie schön ist das denn? Endlich darf ich dich offen umarmen und mit dir kuscheln.“

Genau das taten wir jetzt auch. Wir kuschelten uns aneinander. Lukas bemerkte noch, dass er ja noch nicht geduscht hatte. Er ging also duschen. Ich zog mich bis auf T-Shirt und die Boxer aus und ging schon mal in mein Bett. Ich war so aufgeregt. Ich hatte nun meinen Lukas als meinen ersten richtigen Freund. Was würde jetzt wohl noch passieren. Nein, richtigen Sex auf keinen Fall. Das war für mich klar, aber alles andere, wer weiß.

Lukas kam wenige Minuten später aus der Dusche. Nur mit seiner Boxer bekleidet. „Mick, was wirst du morgen deinem Papa erzählen?“

Ich sah ihn fragend an: „Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Vorhin, als wir auf dem Weg waren, hat er Andeutungen gemacht. Ich glaube er ahnt etwas, aber ob ich mich wirklich traue es ihm einfach zu sagen, dass wir schwul und zusammen sind? Ich habe keine Ahnung, ob ich das schaffe. Und was kommt danach? Wie wird Leif damit umgehen und die anderen hier? Ich will eigentlich erst mal nur mit dir zusammen sein. Wir müssen uns aber der Sache stellen. Er wird es nicht akzeptieren, dass ich ihm nichts erzähle - zumal ich es ihm ja persönlich sagen wollte.

Lukas war mittlerweile zu seinem Bett gegangen und legte sich in sein Bett. Ich war enttäuscht. Ich hatte gehofft wir würden noch etwas kuscheln. Er traute sich wohl nicht in der Situation. Ich wollte aber nun wissen, wie zu der Sache steht. „Würdest du morgen bei dem Gespräch mit meinem Vater dabei sein, wenn ich dich darum bitte?“

Lukas schwieg dazu, er seufzte dann: „Mick, ich weiß nicht, ob das gut ist. Klar, wenn du das wirklich möchtest, unterstütze ich dich. Ich weiß nicht, wie dein Vater damit umgeht. Er könnte es als Vertrauensbruch finden. Dass du also ihm nicht vertraust und Angst vor ihm hast. Vielleicht wäre besser, wenn du erst mal mit allein redest.“

Ich war nun wirklich traurig, aber Lukas hatte auch irgendwie Recht. Was wäre, wenn Papa es so sehen würde. Dann wäre Papa bestimmt enttäuscht von mir. Er hatte ja auch schon diese Andeutung gemacht. Mir ging es grade echt schlecht mit diesen Gedanken. Ich musste heftig schlucken und meine Tränen unterdrücken. Lukas spürte das wohl: „Mick, was ist los? Was hast du gerade?“

Ich konnte nicht mehr anders, ich war einfach überfordert mit meinen Gefühlen und Ängsten. Ich konnte die Tränen nicht mehr zurückhalten. Lukas schien sehr überrascht zu sein und sprang aus dem Bett und sagte: „ Mick, verdammt, sag doch, dass es dir nicht gut geht. Wie kann ich dir jetzt helfen?“

Ich schluchzte und dann war es vorbei. Ich brach völlig in Tränen aus und Lukas stand sprachlos vor meinem Bett. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er setzte sich nun auf mein Bett und seine Hand legte sich auf mein Gesicht. Seine Hand fühlte sich warm und weich an. Er streichelte mein Gesicht und dann nahm ich seine Hand in meine und ich hielt sie einfach fest. Ich wollte jetzt, dass wir zusammen sind und er mich festhielt.

„Lukas, kommst du zu mir ins Bett? Ich brauche dich jetzt.“ Flüsterte ich. Er zögerte und war unsicher. Er hatte wohl Angst entdeckt zu werden, wenn jemand uns hören würde. Es war ja schon Nachtruhe mittlerweile. Dann legte er sich zu mir ins Bett und kuschelte sich an mich. Er legte einen Arm um mich und wir schmiegten uns aneinander. Lukas atmete tief und sagte: „Mick, ich liebe dich und ich werde dich nicht hängen lassen. Ich habe mir das so gewünscht, dass wir zusammen kommen.“ Dann kam er mit seinem Gesicht immer näher an meinen Mund. Ich konnte seinen warmen Atem spüren. Plötzlich fühlte ich seine Lippen auf meinen. Es war wunderschön. Lukas drückte sich an mich und meine Angst war plötzlich einem unbeschreiblichen Gefühl gewichen. Ich legte meine Arme um seinen Hals und wir drehten uns auf den Rücken. Er lag nun auf meinem Bauch und küsste mich immer stärker. Wir streichelten uns gegenseitig über den Körper. Diese Berührungen waren der Wahnsinn. Lukas trug nur seine Boxer und ich nur noch ein T-Shirt und die Boxer. Ich konnte spüren, wie Lukas immer erregter wurde. Sein Penis drückte sich an meinen und ich war nicht minder erregt. Für einen kurzen Moment löste sich Lukas von mir. Er sah mir in die Augen.

„Mick, ich habe sowas noch nie gemacht. Bitte sag mir, wenn es unangenehm ist für dich.“

„Es ist wunderschön dich zu spüren und lass uns weitermachen.“ Dann küsste er mich wieder und sein harter Penis drückte sich immer fester an meinen Unterleib. Wir waren beide äußerst erregt und ich merkte, dass es schon richtig feucht in meiner Hose wurde.

Lukas fing nun an zu zittern und er verkrampfte sich. Er versuchte sich gegen seinen drohenden Höhepunkt zu wehren, aber es war zu spät. Er bäumte sich noch mal auf und dann spürte ich seinen Samen spritzen. Er kam gewaltig und meine Hose war auch sehr schnell nass von diesem Abschuss. Er sackte nun zusammen und wusste nicht, was er tun soll. Ich spürte, dass es ihm unangenehm war, dass er es nicht kontrollieren konnte. Ich hielt ihn ganz fest und war immer noch heftig erregt.

„Mick, ich … es tut mir leid. Ich habe es nicht mehr ausgehalten.“ Ich musste fast lachen, aber ich sagte nur: „Shhh, alles ist gut. Aber ich will auch spritzen, hilf mir dabei bitte.“ Er sah mir mit großen Augen ins Gesicht. Unsere Hosen waren beide schon total versaut aber ich wollte es jetzt auch haben. Ich drehte mich auf die Seite und nahm seine Hand, führte sie direkt an mein steifes Glied. Als er mich berührte, bekam ich ein Gefühl wie noch nie zuvor. Es kribbelte überall und ich stöhnte leise auf. Er hatte etwas gezögert, weil ja alles schon voll nass war. Aber streichelte mich nun dort weiter und ich explodierte mit einer Ladung Sperma. Ich spritzte in seine Hand und er wichste einfach weiter, bis nichts mehr kam. Dann lagen wir völlig entspannt in meinem Bett und ich gab ihm einen langen Kuss.

„Mann war das geil, ich glaube das war das Schönste, was ich bisher erlebt habe“, sagte ich zu ihm und er gab mir nur einen Kuss. „Ja, Mick. Ich fand es total schön mit dir. Es war mein erster Abschuss nicht alleine. Tut mir echt leid, dass ich es nicht länger ausgehalten habe. War es für dich jetzt auch noch schön?“

„Wunderschön, Lukas - ich will mehr davon. Hoffentlich war das nicht unser letztes Mal.“ Dabei grinste ich ihn an und er sagte: „Wir sollten unsere Hosen jetzt aber ausziehen und uns frische Sachen anziehen. Sonst könnte es morgen peinlich werden.“ Ich musste einfach lachen. Was mein Lukas alles für Gedanken hatte. Aber er hatte ja recht. Also aus dem Bett und Klamotten wechseln, und dann aber mal schlafen. Sonst würde es morgen früh echt hart werden. So machten wir es aus. Nur dass heute noch jeder wieder in seinem Bett schlief. Es war uns noch zu neu und riskant entdeckt zu werden. Ich schlief jedenfalls völlig glücklich ein und ich glaube Lukas ging es nicht viel anders.

Am nächsten Morgen im Internat

Also diesen Abend werde ich wohl nie vergessen. Ich lag mittlerweile wach in meinem Bett und war noch total überwältigt. Lukas und ich hatten unseren ersten echten Sex gemeinsam erlebt. Ich war total glücklich darüber, aber was würde mich heute erwarten. Ich war schon vor dem Wecker wach und das hatte sicher einen Grund. Ich war unruhig, würde ich meinem Vater es so sagen können und würde er mich unterstützen? Am meisten Angst hatte ich vor Leifs Reaktion. Ich konnte es überhaupt nicht einschätzen, wie er damit umgehen würde. Ich hatte noch nicht einmal Gewissheit, ob er schon ein Interesse an diesen Dingen hatte. Wie weit er so Bescheid wusste über dieses Thema. Ich hatte mit ihm nie ein Gespräch darüber. Ich hatte es ihm zwar gesagt, wenn er Fragen zum Thema Sexualität hätte, könnte er immer zu mir kommen. Hat er aber bislang nie gemacht.

Jetzt erst klingelte unser Wecker und ich stand nun aus dem Bett auf. Lukas war grade erst im Begriff wach zu werden. Ich ging also schnell ins Bad für die Morgentoilette. Zum Duschen hatte ich heute Morgen keine Lust. Ich war also schnell wieder draußen und ging an meinen Schrank, um mir Sachen zum Anziehen zu nehmen. Lukas quälte sich müde aus dem Bett und sah mich erstaunt an.

„Sag mal, bist du krank? Schon fertig mit Bad und schon anziehen. Ich bin grade mal dabei wach zu werden.“

Ich musste lachen, dann drehte ich mich um, sah ihm in die Augen und ich spürte schon wieder das kribbeln. „Ich konnte es halt nicht erwarten mit dir zusammen zu sein.“

Er lächelte müde und wollte an mir vorbei ins Bad, aber ich hielt ihn am Arm fest. Er stutzte, aber ließ mich gewähren und ich gab ihm wortlos einen zärtlichen Kuss. Er zögerte erst, aber dann ließ er sich in meine Arme fallen und wir küssten uns sehr intensiv weiter. Ich konnte spüren, wie sich wieder in seiner Boxer etwas regte. Es war ihm peinlich, als er sagte: „Nicht Mick, sonst komme ich nicht zum Duschen und zu spät zum Frühstück. Lass uns das auf später verschieben.“

Etwas enttäuscht ließ ich ihn ins Bad. Ich machte mich nun endgültig fertig und packte meine Schultasche schon mal fertig. Ich stellte das Radio an und leise Musik erklang in unserem Raum. Lukas war nach wenigen Minuten fertig im Bad und kam mit frischen Sachen in unser Zimmer. Ich saß mittlerweile fertig im Sessel und wartete, dass wir gemeinsam zum Frühstück gingen. Lukas kam zu mir und beugte sich zu mir hinunter. Er streichelte meinen Nacken und gab mir ein Küsschen auf den Hals. Ich bekam sofort eine Gänsehaut am ganzen Körper. Lukas lächelte mich an und fragte mich dann: „Mick, ich möchte noch nicht, dass wir uns außerhalb des Zimmers im Internat als Paar zeigen. Ich habe Angst davor. Ist das ok für dich?“

„Ja - es geht mir genauso. Sei beruhigt. Wir verhalten uns erst mal so wie immer.“ Wir gingen aus dem Zimmer, ich schloss die Tür ab und wir waren recht zügig im Frühstücksraum. Dort herrschte reges Treiben, gerade von den jüngeren Schülern. Die älteren waren doch morgens eher etwas ruhiger. Wir setzten uns zu Stephen und Moni an den Tisch mit unserem Frühstück. Stephen schaute uns neugierig an. „Guten Morgen ihr beiden, Mick du siehst so nachdenklich aus. Hast du schlecht geschlafen?“

Wenn der wüsste, dachte ich für mich: „Nein, ich habe sogar sehr gut geschlafen, nur zu kurz.“ Er lachte nun laut und Moni grinste mich an. „Und du Lukas, auch zu kurz geschlafen?“

„Ich schlafe immer zu kurz in der Woche wenn Schule ist, solltest du doch wissen“, erwiderte Lukas lustig.

Ich sah mittlerweile auch Leif und Tommy mit seiner Clique am Tisch sitzen. Ich hatte ja noch die Aufgabe, ihm zu sagen, dass Papa hier sei. Und das wir heute Abend zusammen weg wollten. Er sollte Tommy mitbringen und ich Lukas. Hoffentlich konnte ich vorher noch mit Papa reden. Aber jetzt musste ich erst mal Leif informieren. Ich wartete, bis Leif aufstand und mit Tommy Richtung Klassentrakt gehen wollte. Ich sagte Lukas, dass ich mit Leif gerade sprechen müsste und gleich zurück kommen würde. Ich fing die beiden noch vor Verlassen des Frühstücksraumes ab. „Leif warte mal bitte. Ich habe eine wichtige Information für dich von Papa.“ Er blieb stehen und meinte: „Morgen Mick, von Papa? Hast du mit ihm telefoniert? Ist was passiert, oder hat er für Spa wieder abgesagt?“

„Nein weder noch. Ich denke du weißt, dass wenn er Spa absagen würde, dann hätte er das mit dir besprochen und nicht mit mir. Ich habe auch nicht mit ihm telefoniert. Er lässt dir ausrichten, du sollst dir mit Tommy heute Abend nichts vornehmen.“ Ich wollte ihn noch etwas zappeln lassen.

„Wie soll ich das denn verstehen? Du hast nicht telefoniert aber ich soll mir mit Tommy heute Abend nichts vornehmen, was ist das denn jetzt?“

„Tja Leif, vielleicht gibt es ja etwas, was du noch nicht weißt. Also setz dich besser mal hin.“ Jetzt wollte ich ihm einen Schrecken einjagen, indem ich einen ganz ernsten Tonfall wählte. Leif schaute nun verängstigt zu mir und Tommy neben ihm ebenfalls.

„Mick, soll ich so lange weggehen?“, fragte Tommy jetzt. Ich musste mich so zusammen nehmen, um nicht zu lachen. Sagte aber ganz ernst: „Nein, bleib ruhig hier, es betrifft dich ja auch. Also gut Jungs, haltet euch jetzt fest.“

Leif stutzte immer mehr: „Mick, was soll das jetzt, kannst du nicht einfach mal sagen was los ist?“

„Ja kann ich, ich habe gestern Abend jemanden im Ort in der Pizzeria getroffen und der hatte mir das für euch gesagt.“

„Ja ne ist klar - du verarscht uns doch wieder.“

„Nein, kein Witz. Papa ist hier und will heute mit uns essen gehen.“

„Spinnst du Mick, bist du betrunken? Papa ist bestimmt nicht hier. Er ist noch in England.“

„Nein, er ist gestern hier angekommen und hat heute Morgen einen Termin mit unserem Direx. Frag Lukas, er hat auch mit ihm gesprochen. Er war sogar gestern noch mit mir hier im Internat, du hast da aber schon geschlafen, nehme ich an. Es war schon recht spät.“

Leif war nun vollkommen geschockt und Tommy sah nicht viel besser aus. Also erinnerte ich die beiden, dass sie heute Abend Zeit haben sollten mit uns essen zu gehen. Leif sagte das zu, aber er konnte es immer noch nicht richtig glauben.

Lukas hatte auf mich gewartet und jetzt gingen wir in unseren Klassenraum. Nun war also unser erster Schultag nach unserem Zusammensein - was mir Unbehagen machte. Wie sollte ich mich den ganzen Tag Lukas gegenüber körperlich fernhalten. Ich wollte doch jetzt schon ihn umarmen oder mal einen schnellen Kuss geben. Wir sitzen ja auch nebeneinander, das macht es nicht besser. Lukas sah meine Enttäuschung und er kam mit seinem Kopf nahe zu mir: „Mick, das wird schon. Nach der Schule können wir wieder so, wie wir möchten.“ Dann legte er seine Hand gut geschützt vom Tisch auf meinen Oberschenkel. Das war einfach nur gut. Es war immerhin ein bisschen Kontakt.

Wir sahen uns dabei immer wieder an. Hoffentlich merkte das von den anderen keiner. Das wäre jetzt echt ganz furchtbar. Die ersten Unterrichtseinheiten liefen nur so vor sich hin. Immer wieder gingen meine Gedanken an den letzten Abend mit dem tollen Ende in meinem Bett mit Lukas. Es war nun mittlerweile kurz nach elf und Papa würde gleich bei unsrem Direx sitzen und sich berichten lassen. Hoffentlich würden es nicht so viele mitbekommen, dass Papa hier ist. Lukas sah es mir an, dass ich mit den Gedanken woanders war. Er stieß mich in die Seite und ich wurde aus meinen Träumen gerissen.

Er flüsterte: „Hey, was hast du? Denkst du an deinen Vater, oder etwa an uns?“

„Beides, Lukas ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ich habe einfach Schiss vor der Zukunft.“ Jetzt hatte unser Physiklehrer unser Flüstern bemerkt und er räusperte sich: „Wenn die Herren ihre private Unterhaltung beenden würden, könntet ihr auch dem Thema folgen. Mick, erkläre mir und deinen Kollegen hier doch einmal den Begriff Leistung in der Physik.“

Ich zuckte zusammen und musste nun nach vorne um der Klasse einen kleinen Vortrag zu der Frage halten - großes Kino, dachte ich. Glücklicherweise konnte ich Physik recht gut. Aber ich war gedanklich nicht auf der Höhe. Aber ich bekam es einigermaßen hin und mein Lehrer war auch zufrieden. Ich ging wieder auf meinen Platz und Lukas sah mich wieder mit seinen wunderschönen Augen an. Ich war sofort elektrisiert von seinem Blick. Ich realisierte, wie schwer es werden würde, hier unsere Beziehung auf längere Sicht geheim zu halten. Hoffentlich würde diese Situation nicht für immer andauern.

In der zweiten großen Pause saßen Lukas, Moni und ich auf einer Bank in der Sonne auf dem Hof. Stephen war noch nicht da. Wir unterhielten uns über alles Mögliche, plötzlich kam Stephen angelaufen und schaute mich an. „Mick, ich glaube ich habe eben ein Gespenst gesehen. Halte mich nicht für verrückt, aber …“ Ich unterbrach ihn und sagte ganz ruhig: „Ich weiß, Papa ist hier und war grade beim Chef.“

„Was, du weißt, dass er hier ist und sitzt hier ganz ruhig auf der Bank. Warum bist du nicht bei ihm, er ist so selten hier, da könntest du dich doch vom Unterricht befreien lassen.“

„Ja könnte ich, aber will ich nicht. Außerdem wusste ich bis gestern Abend nicht, dass er hier herkommt. Er bleibt bis zum Freitagabend. Also genug Zeit um was zu unternehmen.“

„Wie cool, ich freu mich wirklich für euch, dass er gekommen ist.“ Jetzt sah ich auch Tommy und Leif zu uns kommen. Tommy war sehr aufgeregt und sprudelte förmlich über: „Mick, ich habe deinen Vater wirklich gerade gesehen. Du hast uns ja wirklich nicht angeschwindelt. Wir haben eben sogar ein paar Worte gesprochen. Wir wollen heute Abend um 18 Uhr zusammen los. Er möchte, dass wir um sechs bei ihm sind. Dann würden wir klären, wo es hingeht.“

Lukas und ich schauten uns an, ich antwortete: „Alles ok Tommy, wir werden um sechs dort sein. Du siehst bitte zu, dass ihr pünktlich seid. Ist ja nicht so eure Stärke sonst.“

Leif protestierte sofort lautstark. Aber Lukas konterte sofort: „Leif, Mick hat recht. Ihr seid nie pünktlich. Schlimmer als die Mädchen, die sich immer noch fertig machen müssen und dann zu spät kommen.“

Jetzt hatte er Moni gegen sich aufgebracht: „Was soll das denn heißen? Ich bin immer pünktlich, also keine generellen Urteile hier.“

„Schon gut, schon gut, aber ist doch wahr. Tommy macht immer so lange rum mit seinen Haaren, fehlt nur noch, dass er sich schminkt.“ Da mussten wir alle laut lachen. Tommy fand es aber nicht so lustig.

Wir mussten nun los Richtung Sporthalle. Wir hatten zum Schluss heute eine Sporteinheit. Ich freute mich immer wieder auf Sport. Vor allem, weil wir noch immer Badminton als Thema hatten. Unser Sportlehrer hatte einen Plan aufgestellt, so dass immer auf einem Feld ein Match gespielt wurde und wir so ausspielen konnten, wer von uns der beste Spieler sein würde.

Eigentlich würde es eh Moni sein, sie war einfach die beste Spielerin von uns. Das war also ein Anreiz für mich, ich wollte versuchen so gut wie möglich zu spielen, um vielleicht doch mal gegen sie zu gewinnen. Also wir zogen uns um, dann gingen Lukas und ich in die Halle und spielten uns warm. Ich fühlte mich einfach nur glücklich. Ich konnte zwar hier nicht mit Lukas offen zeigen, was ich für ihn empfand, aber zu wissen, dass er genauso empfand für mich war eine Erlösung für meine Gefühlswelt. Wir waren allerdings jetzt mit Badminton beschäftig, und ich war jetzt dran mit dem ersten Match. Ich sollte gegen Timo spielen. Das sollte eigentlich kein Problem werden. Timo war nicht die Sportskanone, aber ich hatte beim Tennis schon gelernt, unterschätze niemals einen Gegner. Deshalb wollte ich konzentriert das Spiel beginnen.

Lukas spielte derweil mit den anderen einige Übungen. Ich hatte meinen ersten Satz gegen Timo schon gewonnen. Unser Lehrer schaute bei uns nicht so wirklich zu, deshalb begann Timo im 2. Satz mit einigen unschönen Tricks. Er fing an Bälle einfach auszugeben. Oder eben mit anderen Tricks sich einen Vorteil zu verschaffen. Das brachte mich richtig in Rage und ich wollte mir das nicht gefallen lassen: „Hey Timo, du kannst wohl nicht verlieren, was soll dieses Bescheißen?“ Timo reagiert nur mit hämischem Lachen und ich geriet richtig in Fahrt. Jetzt wollte ich ihm erst recht zeigen, wer hier der Herr auf dem Platz ist. Ich spielte mit ihm Katz und Maus. Ließ ihn laufen und laufen. Er bekam immer weniger Punkte und wurde wütend, weil er kein Mittel mehr wusste. Er verlor den zweiten Satz haushoch. Typisch für ihn, verweigerte er mir den Handschlag nach dem Spiel. Mir war das einfach zu blöd und ich ignorierte ihn einfach.

Unser Lehrer aber hatte das auch nicht mitbekommen, und so hatte das keine Konsequenzen für ihn. Er ging direkt vom Feld, denn wer mit dem Match fertig war, konnte Feierabend machen. Ich wollte aber auf Lukas warten. Also ging ich noch etwas zuschauen bei ihm. Er war heute auch gut drauf und sein Schweiß lief ihm übers Gesicht. Ich fand, das sah einfach geil aus. Ich freute mich schon auf die Dusche mit ihm auf unserem Zimmer. Wir würden es bestimmt genießen. Dieser Gedanke blieb aber auch leider nicht so ohne Folgen. Es kam Bewegung in meine Hose und ich dachte nur so - Mist, schnell an was anderes denken. Wenn das einer merkt, ich bekomme ne Latte, wenn ich Lukas zusehe. Das ging ja mal gar nicht. Also sah ich schnell bei Moni vorbei, das half mir mich abzuregen.

Lukas allerdings rief mir zu: „Hey Mick, ist das so langweilig mir zuzusehen, dass du lieber bei unserer Vorzeige-Spielerin gucken musst.“

Das war natürlich eine gelungene Vorlage für Timo. Er stichelte direkt gegen mich: „ Mick muss ja schauen, wie das bei den Mädels so geht. Für dich ist da halt kein Platz, Lukas. Spiel lieber noch mit Lego, die Mädchen sind für uns Männer da.“

Das war heftig, aber die anderen fanden es lustig und machten nun auf Lukas Kosten ihre Scherze. Ich wurde richtig sauer, Stephen merkte das und wollte mich ablenken. Er meinte, es lohnt sich nicht, mit den Deppen zu diskutieren. Recht hatte er ja, aber es tat mir weh, wie sie auf Lukas rumhackten. Dann machte Timo noch eine Bemerkung: „Lukas, geh doch heulen zu deinen Eltern. Ich brauche keinen der mir immer sagt, tu das und tu dies.“ Dabei machte er noch ein fieses Grinsen. Irgendwie war jetzt bei Lukas die Fassung und Konzentration weg. Er passte nicht auf und knickte böse mit dem Fuß um. Sein Schrei, „Ahhh…“ ging deutlich vernehmbar durch die Halle. Dann stürzte er nach vorne und fiel mit dem Kopf gegen den Netzpfosten. Er sackte benommen neben dem Pfosten zusammen.

Ich bekam eine furchtbare Wut auf Timo und gleichzeitig hatte ich Angst, Lukas hätte sich schwer verletzt. Es sah aus, als hätte er das Bewusstsein verloren. Er lag regungslos am Boden. Timo lachte sich tot und machte dumme Bemerkungen: „Ohh, ist er gefallen, der kleine Junge. Na Mick, willst du nicht den Doktor für ihn spielen?“

Ich kochte innerlich und musste mich so beherrschen. Jetzt war aber Lukas wichtiger, ich lief zu ihm hin und dabei kam mir ein „Lukas!“ etwas zu laut aus dem Mund. Ich kniete nun neben ihm und sah, dass er sogar leicht am Kopf blutete. Unser Lehrer war mittlerweile auch hinzugekommen und schaute nach Lukas. Ich wurde jetzt richtig ängstlich, denn Lukas rührte sich nicht und lag bewegungslos am Boden. Am liebsten hätte ich jetzt seinen Kopf gehalten und ihn gestreichelt. Ich hätte losheulen können. Timo gab immer noch keine Ruhe. „Ohhh, der kleine Lukas hat Aua und der große Mick ist bei ihm. Haha wie komisch.“

Ich drehte jetzt echt ab, sprang auf und ging Timo an den Hals: „Machst du noch einen Mucks, dann haue ich dich um, du Arschloch!“ Ich stand nun zehn Zentimeter vor seinem Gesicht und war außer mir vor Wut. Timo merkte wohl doch noch, dass ich jetzt keinerlei Texte mehr dulden würde. Er zog schweigend von dannen. Stephen kam zu mir und war total verwundert über meine Reaktion: „Mick – Mensch - bleib doch ruhig. Das ist das kleine Arschloch doch nicht wert. Komm, kümmern wir uns um Lukas.“ Dann nahm er mich beim Arm und ich beugte mich zu Lukas. Mittlerweile stöhnte er leise und unser Lehrer hatte ihn auf die Arme genommen und ihn in den Ruheraum neben der Halle getragen. Ich lief nun ebenfalls in diesen Raum hinterher. Mir standen die Tränen in den Augen. Thomas, unser Schüler-Sanitäter war schon bei ihm. Ich wollte jetzt natürlich bei Lukas bleiben, aber der Lehrer schickte mich raus. Das wollte ich nicht verstehen. Stephen kam zu mir und beruhigte mich: „Mick, beruhige dich, Thomas ist doch als Sanitäter ausgebildet. Er wird Lukas schon richtig behandeln.“

Ich war jetzt richtig fertig und Stephen war darüber doch etwas überrascht. Er ging hinter mir her, ich hatte mich mittlerweile draußen vor der Halle auf einen Stein gesetzt. Ich war in großer Sorge, und immer noch dermaßen wütend auf Timo, dass ich nicht wusste, ob meine Tränen vor Sorge oder Wut kamen. Ich kämpfte mit meinen Gefühlen, als sich plötzlich jemand neben mich setzte. Ich hatte es noch gar nicht realisiert, es war Moni. Sie blieb einfach sitzen und nahm mich in den Arm. Das tat irgendwie gut. „Mick, was ist los mit dir? Also Timo ist echt ein Arschloch, aber da kümmern wir uns später drum. Der Text über Lukas Eltern wird ihm noch leidtun, aber du bist nicht so traurig deswegen, du bist in Sorge um Lukas, stimmts?“ Ich konnte jetzt nicht anders, ich nickte und mir liefen die Tränen nun richtig über die Wangen.

„Ich glaube Thomas meinte eben, es wäre wohl nicht so schlimm. Lukas war eben wieder wach und Thomas bringt ihn hoch aufs Zimmer“, erklärte uns Stephen, der sich zu uns gestellt hatte. Ich sah zu ihm hoch und nickte dankbar. Er sah, dass es mir nicht gut ging und ließ mich mit Moni allein.

„Mick, willst du nicht schon mal hoch gehen? Ich glaube du gehst nicht wieder in die Halle in den Unterricht. Ich werde Stephen bitten, dass er eure Sachen zusammenpackt und dann zu euch hoch bringt. Ich glaube da wird wohl jeder für Verständnis haben, wenn du jetzt nicht mehr in den Unterricht gehst. Ich werde das hier regeln.“

Dankbar für ihre Hilfe, nahm ich sie kurz in den Arm und schlich dann langsam Richtung unser Zimmer. Ich musste nun durch die Eingangshalle, da lief mir Tommy über den Weg. Er sah mich an: „Mick, was ist denn mit dir passiert? Wie siehst du denn aus?“ Ich konnte nicht viel sagen, meine Stimme versagte. Tommy war nun richtig besorgt, kam zurück und blieb bei mir stehen. „Soll ich dich grade mit hoch begleiten?“ Irgendwie war mir das etwas peinlich, aber auch ein schönes Gefühl, das der Kleine sich um mich kümmern wollte. Wir gingen nun langsam die Treppe hoch und ich war in Gedanken schon bei Lukas. Tommy meinte dann, als wir vor unserem Zimmer standen, dass er nun weiter müsste. Ich bedankte mich bei ihm und ging dann in unser Zimmer hinein. Dort war Thomas noch damit beschäftigt, Lukas mit einem Eisbeutel den Kopf zu kühlen. Er sah zu mir und ich sah, dass Lukas einen Verband um seinen Fuß hatte, in dem eine Kühlkompresse eingewickelt war. Lukas war scheinbar wieder voll bei Bewusstsein, denn er schaute mich verwundert an. Thomas sah meinen Zustand und fragte mich besorgt: „ Mick, alles in Ordnung mit dir? Was ist denn mit dir passiert?“ Ich wollte jetzt nicht noch eine Diskussion anstellen, deshalb redete ich mich mit „Timo hat mich derart aufgeregt, als er den Spruch über Lukas Eltern gemacht hatte, dass ich mich fast mit ihm geprügelt hätte und dann wusste ich ja auch noch nicht, wie es Lukas geht.“ raus.

Thomas sah mich etwas ungläubig an, sagte aber nichts dazu. Lediglich: „Mick - ich möchte, dass Lukas jetzt erst mal nicht rum läuft und er sich wieder erholen kann. Bleibst du bitte bei ihm in der Nähe. Ich denke es ist alles glimpflich ausgegangen. Sollte ihm wider Erwarten noch schlecht werden, dann bitte melde dich umgehend im Sekretariat. Dann hat er vielleicht doch eine Gehirnerschütterung und sollte ins Krankenhaus.“ Ich versprach ihm, es genau so zu tun. Thomas verließ daraufhin unser Zimmer, Lukas bedankte sich noch mal bei ihm und dann waren wir allein.

Ich setzte mich zu Lukas auf sein Bett und nahm ihn endlich in den Arm. Er gab mir einen Kuss und dann sagte er zu mir: „Mick, ist alles in Ordnung, du siehst ja furchtbar aus. Hoffentlich nicht meinetwegen.“

„Doch“, erwiderte ich. „Timo dieses Arschloch hat sich derart über dich lustig gemacht, da habe ich ihm fast eine rein gehauen. Wenn Stephen mich nicht zurückgehalten hätte, wäre das für Timo böse ausgegangen. So ein Mistkerl.“

„Mann, das lohnt doch echt nicht. Komm her, gib mir einen Kuss und lass uns an was Schönes denken. Vielleicht gehst du schon mal duschen. Ich kann ja grade schlecht aufstehen, ich dusche dann später, wenn es mir wieder besser geht.“ Ich gab ihm den gewünschten Kuss sehr gerne und ging dann mit frischen Sachen unter dem Arm in die Dusche.

So konnte ich nicht mitbekommen, wie es an der Tür klopfte und Leif hereinkam. Leif saß auf dem Sofa, als ich aus der Dusche kam. Ich war etwas überrascht, als ich ihn da sitzen sah.

„Hallo Leif, was treibt dich denn her?“

„Hi Mick, Tommy hat mir berichtet, dass er dich getroffen hatte und mir gesagt, es ginge dir gar nicht gut. Da bin ich dann mal vorbeigekommen, um zu sehen, was los ist.“

Ich war echt positiv überrascht. Leif war gekommen, weil er sich Sorgen um mich gemacht hatte. Ich berichtete ihm also kurz, was passiert war und das wir nun wohl alles wieder unter Kontrolle hatten. Leider war er damit nicht so ganz zufrieden, denn er fragte mich plötzlich: „Sag mal, Stephen hat mich eben noch gefragt, ob ich wüsste, warum du vorhin so hysterisch warst, als Lukas am Boden lag.“ Mir wurde es nun ein wenig mulmig. Lukas sah mich ebenfalls hilflos an. Was sollte ich nun zu Leif sagen?

„Nun ja, ich habe mich schon sehr erschrocken, als Lukas zusammensackte. Ich hatte Angst es könnte was Schlimmes passiert sein, er war ja auch kurz bewusstlos.“

„Ich weiß aber auch, dass Tommy dich vor einigen Tagen mal auf der Bank sitzend getroffen hatte, da warst du auch durcheinander und hast sogar geweint. Mick, was war da denn los?“

„Leif, ich will da jetzt nicht drüber reden. Lass uns das an einem anderen Tag bereden.“ Jetzt wurde es unangenehm. Ich musste ihn jetzt ablenken oder noch besser dazu bewegen wieder zu gehen. Aber wie? Plötzlich klopft es: „Herein“, die Tür ging auf und nun war auch noch Tommy gekommen. Toll - irgendwie war jetzt bei uns allgemeines Treffen. Tommy war aber nur auf der Suche nach Leif, er wollte mit ihm in den Ort, um einige Dinge für die Schule zu kaufen. Das war für uns jetzt natürlich Klasse. Kurze Zeit später waren wir wieder allein.

„Lukas, wie sieht es denn mit deinen Schmerzen aus? Kannst du dich aufsetzen?“ Ich setzte mich nun an die Bettkante von Lukas und legte meinen Arm unter seine Schultern und half ihm sich hinzusetzen. Wir saßen nun nebeneinander auf seinem Bett. Lukas atmete tief durch und es schien, als ob es ihm besser ging.

„Mick, ich glaube es geht wieder ganz gut. Hoffentlich kann ich heute Abend einigermaßen laufen. Ich will auf jeden Fall mit deinem Vater mit zum Essen. Das wäre echt scheiße, wenn das nicht gehen würde.“

„Du, wenn es nicht geht, geht es nicht. Ich gehe dann aber auch nicht mit, wenn du nicht mit kannst, bleibe ich auf jeden Fall hier bei dir.“

„Spinnst du? Dein Vater würde das doch nie so akzeptieren. Der würde doch sofort ahnen, was mit uns los ist. Du gehst auf jeden Fall mit, ist das klar!“

Ich wollte jetzt nicht mit Lukas über ungelegte Eier reden, deshalb ließ ich das so stehen und nickte nur zustimmend.

„Mick, ich würde mich jetzt gerne duschen, ich rieche etwas streng“, grinste er mich an. „Außerdem möchte ich dich bitten, mir beim Ausziehen zu helfen. Ich schaffe das wohl nicht so alleine mit der Bandage.“

„So so, der Herr benötigt eine Ausziehhilfe“, ich lachte böse und Lukas wollte mich nun am liebsten auf den Mond schießen.

„Ich möchte nur duschen, nicht mehr. Wer weiß was du schon wieder im Kopf hast“, redete Lukas auf mich ein. Ich winkte beschwichtigend ab und dann half ich ihm aufstehen. Dann zog ich ihm seine Sportsachen aus und er hatte nur noch seiner Boxershort an. Ich führte ihn abstützend ins Bad und dort zog er seine Boxer runter und wollte sich unter die Dusche stellen. Mit dem bandagierten Fuß war das gar nicht so einfach. Er durfte ja nicht nass werden. Das war aber nun gar nicht so einfach auf einem Bein. Also ich zog mich nun auch mit aus und stellte mich neben ihn unter die Dusche um ihn festzuhalten. Das hatte leider zur Folge, dass sich bei uns beiden eine deutliche Erregung bemerkbar machte. Wir mussten beide grinsen.

Lukas bat mich, ihm das Duschgel zu geben und ihm den Rücken einzuseifen und ihm die Haare zu waschen. Das tat ich natürlich sehr gern. Dabei wurde Lukas Versteifung aber so stark, dass ich etwas lachen musste. Ich stand nun direkt hinter ihm in der Dusche und hielt ihn fest. Meine Arme lagen um seine Brust gelegt und mein Penis meldete sich nun auch sehr deutlich zu Wort. Lukas hatte es bemerkt und nun passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.

„Mick, bitte seif meine Schamhaare auch ein“, und er schaute mich dabei nicht an, aber in seiner Stimme war deutliche Lust auf eine Spezialbehandlung zu hören.

„Willst du wirklich, dass ich das mache?“ Es war mir klar, dass ich dann nicht mehr meine Hand von seinem Rohr fernhalten könnte.

„Ja ich will deine Hand da jetzt spüren, bitte Mick, ich habe Bock.“ Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich seifte ihn ein und dann ging meine Hand Richtung seines harten Schaftes. Mein Schaft wurde auch mega hart und ich spürte bei Lukas ein Beben durch seinen Körper gehen. Er stöhnte leise: „Mick, ich will es bitte, wichs ihn mir hier. Ich halte es nicht mehr aus.“

Daraufhin brachen alle Dämme. Ich wichste ihn ganz vorsichtig und streichelte ihm über die Brust. Seine Lust schien förmlich zu explodieren. Innerhalb weniger Bewegungen schoss sein Saft aus der Spitze und spritzte bis an die Wand. Er zitterte und stöhnte nur: „Boah, war das geil. Jetzt kommst du zum Zug, Großer.“ Er legte seine Hand um meinen stahlharten Schwanz und begann mich ganz langsam zu wichsen. Ich war schon vorher so erregt, das ein oder zwei Bewegungen ausreichten, um mich zum Schuss zu bringen. Es war einfach nur schön mit ihm. Wir stellten das Wasser ab und trockneten uns dann ab. Ich brachte ihn zu seinem Bett und wir zogen uns dann gemeinsam an. Ich musste ihm etwas behilflich sein, aber sonst ging es schon wieder recht gut. Er konnte schon wieder leicht auftreten. Also es gab wieder etwas Hoffnung für heute Abend.

Lukas ging es wieder besser, wir hatten uns wieder gefangen und jetzt konnte ich langsam wieder klar denken. Da stand noch einiges an heute. Vor allem das Gespräch mit Papa. Und dann abends die Sache mit den anderen. Ich war mal gespannt, was uns da so erwartete. Ich hatte so ein merkwürdiges Gefühl. Ich glaubte, dass sich Papa irgendwas ausgedacht hatte. Naja, schauen wir mal. Nachdem ich mich bei Lukas vergewissert hatte, dass es ihm soweit gut ging, wollte ich nun mal sehen, was Papa so gemacht hatte und ob er heute Nachmittag Zeit für mich allein hatte.

Marc: mittlerweile wieder zu Hause

So, ich hatte heute einen bislang recht ruhigen Tag. Das Gespräch mit Herrn Steyrer heute Morgen war sehr aufschlussreich. Er erzählte mir, wie Lukas zu Mick aufs Zimmer gekommen war und dass Lukas immer noch große Schwierigkeiten hatte mit dem Verlust seiner Eltern. Mick war aber derjenige, der von Beginn an sich um Lukas gekümmert hatte und Lukas hier den Start deutlich vereinfacht hatte. Mick wurde von Herrn Steyrer wirklich gelobt, er hätte immer für Lukas Zeit gehabt und ihm viel erklärt. Schon nach wenigen Tagen war Lukas hier integriert und er hatte auch schon Anschluss gefunden. Mick schien hier sehr viel Verantwortung übernommen zu haben. Jedenfalls hatte er immer für Lukas Partei genommen. So kannte ich ihn auch. Meine Sorge war eher immer, dass er selbst dabei zu kurz kam.

Allerdings kam Herr Steyrer zum Schluss unseres Gespräches noch auf ein Problemthema zu sprechen. Er meinte die Rivalität zwischen Leif und Mick. Seiner Meinung nach war Leif gerade in letzter Zeit sehr eifersüchtig auf Lukas. Er hatte ihm viel Zeit weggenommen, die Mick sonst immer für Leif hatte. Außerdem war ihm berichtet worden, dass Leif in letzter Zeit in den naturwissenschaftlichen Fächer, Mathe, Physik und Technik etwas größere Probleme hatte. In Mathe war es sogar so schlecht, dass Herr Steyrer vorschlug, für Leif eine Nachhilfe zu organisieren. Das würde ich auf jeden Fall mit den Jungs besprechen. Am liebsten wäre es mir, die Jungs würden das untereinander regeln. Also vielleicht könnte einer von den großen Jungs Leif unter die Arme greifen. Werde ich später mal mit Leif klären, wie er das sieht. Mick hatte ja grade mit ihm erst was in Mathe gemacht. Leif fand das ja ganz gut.

Für heute Abend hatte ich mir überlegt, erst mit allen gemeinsam essen zu gehen und dann zusammen entweder bowlen oder Billard spielen. Ich hatte jedenfalls ein tolles Restaurant gefunden. Dort wurde echtes Schweizer Fondue angeboten. Das war doch mal was Besonderes. Ich hatte bereits dort ein Käse und ein Fleisch Fondue für uns vorbestellt. Wir waren ja jetzt fünf Personen. Es gab eine schöne Vorspeise und für alle zum Nachtisch ein Schokoladenfondue. Das würde bestimmt lustig werden.

Weniger lustig würde allerdings das Gespräch mit Mick werden. Ich hatte ja eine Vorahnung, vor allem nach dem Erlebnis gestern Abend. Diese Freundschaft mit Lukas war mehr als eine normale gute Freundschaft. Jedenfalls war sie das mittlerweile geworden. Allerdings blieb mir nichts anderes übrig als zu warten und zu hoffen, dass Mick den Mut haben würde, sich mir anzuvertrauen. Das hatte mir auch mehr zu schaffen gemacht, als ich zugeben wollte. Mick hatte sich eher Tim und Manuel anvertraut, als mit mir zu sprechen. Und es musste ihm schwer zu schaffen machen, denn Mick ist nicht derjenige, der schnell zu Tränen neigt. Also das war für mich echt heftig gestern. Ich wollte aber den beiden Jungs gestern nicht unrecht tun. Sie hatten sich ja wirklich toll um Mick gekümmert.

Ich hatte mir auch für die beiden etwas überlegt. Ich wollte mit Lukas, Mick, Tim und Manuel hier in der Nähe auf eine kleine Rennstrecke gehen und dort mit ihnen etwas Spaß haben. Tim und Manuel hatten ja bereits einen Führerschein und Mick würde demnächst seinen Führerschein mit 17 machen. Damit es auch richtig Spaß machen würde, hatte ich jemanden von unserem Team gebeten, uns die passenden Spielgeräte zu besorgen. Es sollte also ein richtiger Männernachmittag werden. Das würde den Jungs bestimmt Spaß machen, mal mit etwas mehr Dampf unter dem Hintern den Grenzbereich unter meiner Anleitung kennenzulernen. Dafür gab es dort ein Fahrsicherheitszentrum, wo auch das richtige Bremsen und Ausweichen zu lernen möglich war. Ein erfahrener Instruktor sollte uns dabei helfen. Erst sollten die Jungs dort etwas lernen und dann gab es noch etwas Spaß hinterdrein. Was die Jungs allerdings nicht ahnen würden, war, dass ich für Tim und Manuel für einen Tag danach den R8 V 10 Spyder aus dem Training organisiert hatte. Sie sollten damit das erlernte auf der Straße in etwas Spaß umwandeln. Ich war sehr gespannt auf ihre Gesichter.

Jetzt hatte ich also alles organisiert. Ich hatte sogar Herrn Steyrer davon überzeugt, Lukas und Mick bereits um 13 Uhr vom Unterricht zu befreien. Mick würde ich gleich bitten, Tim und Manuel zu bitten morgen Nachmittag ab 14 Uhr Zeit zu haben. Tim sollte sicher kein so großes Problem sein, er ging ja auch noch zur Schule. Manuel war allerdings schon in der Ausbildung zum KFZ-Mechatroniker. Mick sollte gleich mal herausfinden, in welchem Betrieb Manuel arbeitete. Dann würde ich nämlich mich dorthin begeben und morgen früh versuchen Manuel schon ab 13 Uhr frei zu bekommen. Hatte ja schließlich auch was mit seinem Beruf zu tun.

Ich hatte mir gerade einen schönen Tee gemacht und mich etwas auf dem Sofa im Wohnzimmer lang gemacht, da klingelte mein Handy. Ich stand also wieder auf und ging zum Tisch. Ich konnte erkennen, dass es Mick war.

„Hallo mein Sohn, wie war dein Tag und was verschafft mir die Ehre?“

„Hallo Papa, ich habe einen ereignisreichen Tag bisher gehabt. Aber das erzähle ich dir besser später. Jedenfalls kann es sein, dass Lukas heute Abend nicht so gut zu Fuß sein wird. Er hatte einen Sportunfall heute. Sein Fuß ist noch geschwollen.“

„Oha, das ist nicht schön, musste er damit zum Arzt?“

„Nein, bisher nicht. Aber er ist auch auf den Kopf gefallen dabei. Er hat eine kleine Platzwunde davongetragen.“

„Ok, aber bei dir ist alles in Ordnung?“

„Ja Papa, alles soweit für heute Abend ok. Sag mal, können wir uns vorher noch treffen? Ich habe da ein Anliegen, das würde ich gerne vorher noch mit dir bereden. Geht das vielleicht?“

„Natürlich, ich hatte es dir ja gestern schon gesagt, ich habe einige Tage nur für euch Zeit. Soll ich dich mit dem Auto abholen im Internat?“

„Das wäre natürlich toll. Aber ich kann auch in den Ort kommen.“

„Wann soll ich dich denn abholen? Und wie kommen dann heute Abend die anderen zum Essen?“

„Sagen wir in einer halben Stunde hier im Internat und vielleicht könntest du ja dann alle hier einladen heute Abend nach unserem Gespräch?“ Mick hatte das Letzte eher sehr fragend geäußert.

„Mick, hört sich gut an, was du da vorschlägst. Ich denke so werden wir das machen. Lukas kann ja auch nicht so gut laufen. Ich habe noch eine Bitte, könntest du mal herausfinden in welchem Betrieb Manuel seine Ausbildung macht hier im Ort.“

Etwas verwundert sagte Mick aber zu das zu tun und dann legten wir auf. Ich hatte jetzt also noch etwas Zeit den Tee in Ruhe zu trinken.

Nach einigen Minuten zog ich mir nun meine Schuhe an, nahm meine Jacke vom Haken und verließ das Haus. Ich verschloss die Tür und ging zum Auto. Es war mit dem Wagen nicht mehr als zehn Minuten. Aber ich musste noch tanken vorher. Ich fuhr durch den Ort auf der Hauptstraße und kam dann an die Tankstelle. Dort stellte ich den Wagen an der Zapfsäule ab, tankte voll und ging Richtung Kasse zum Bezahlen. Als ich den Shop betrat, waren zwei Jugendliche vor mir an der Kasse. Sie waren mit ihren Motorrädern unterwegs. Einer bezahlte noch, als der andere sich zu mir umdrehte und schon gehen wollte. Er sah mich an und war nun etwas irritiert. Etwas ungläubig ging er erst an mir vorbei, dann kam sein Freund hinter ihm her und sie gingen nach draußen. Ich bezahlte meine Rechnung und ging ebenfalls hinaus. Die Jungs standen an ihren Maschinen, die hinter meinem Wagen standen. Ich ging also auf mein Auto zu, da kam der kleinere der beiden auf mich zu: „Entschuldigen Sie, Sie sind doch Marc Steevens, oder?“

Ich gab ihm ein höfliches „Ja“. Er war nun sichtlich nervös, aber er fragte sehr nett nach einem Autogramm und sein Freund ebenfalls. Dann bat er mich noch, für seinen kleinen Bruder eine kleine Widmung zu schreiben. Dem kam ich sehr gerne nach. Dann stieg ich ein und führ Richtung Internat. Als ich die Einfahrt hineinfuhr, stand Mick bereits dort und wartete auf mich. Ich hielt an und er stieg zu mir ins Auto. Wir umarmten uns kurz zur Begrüßung.

„Wo willst du denn mit mir hin zum Reden?“ fragte ich ihn.

„Keine Ahnung, irgendwo wo wir ungestört sind.“

„Dann lass uns doch am besten zu mir fahren. Da ist es schön warm und gemütlich und wir haben unsere Ruhe.“ Mick war einverstanden und ich fuhr los. Nun erzählte er mir erst mal die Geschichte mit Lukas. Dann wollte er mir noch etwas über eine Auseinandersetzung mit einem Timo erzählen, aber irgendwie merkte ich jetzt schon, das hatte mit dem eigentlichen Thema zu tun.

„Mick, erzähl mir bitte was hatte dieser Timo denn zu dir oder Lukas gesagt, dass du so ausgetickt bist. Das ist doch gar nicht so deine Art.“

„Papa, er hatte sich über uns lustig gemacht und ich hatte echt Angst um Lukas. Da ist mir einfach der Kragen geplatzt. Außerdem hatte er vorher schon mich immer beim Sport beleidigt und betrogen beim Spielen.“

Mick war jetzt immer noch sehr erbost über dieses Verhalten, ich merkte das an seiner Stimme. Ich spürte förmlich, dass dieser Vorfall doch heftiger war, als er bisher zugegeben hatte. Wir waren mittlerweile bei mir angekommen und stiegen aus dem Auto aus. Mick sagte noch: „Papa, was ist das für ein Modell, der hat doch mehr als ein normaler Avant unter der Haube.“ Er grinste dabei etwas schelmisch.

„Ja du hast recht, ein RS6 ist das, also ein bisschen mehr Dampf als die Serie.“

Wir gingen nun ins Wohnzimmer und ich fragte Mick, ob er auch einen Tee möchte oder lieber was Kaltes. Er entschied sich für Tee. Dann fiel ihm noch ein, dass er den Betrieb von Manuel gefunden hatte. Allerdings wollte er natürlich noch wissen, wozu ich das denn brauchen würde. Das konnte ich ihm ja noch nicht sagen. Er verstand aber, dass ich das noch erklären würde.

Nun saßen wir beide auf dem Sofa im Wohnzimmer nebeneinander, als ich merkte, wie nachdenklich er nun wurde. Ich wartete nun gespannt auf das was er nun erzählen würde.

Mit leicht unsicherer Stimme fing er an zu erzählen: „Papa, ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll, aber ich habe da etwas, was mich sehr belastet. Es ist ..., also es hat mit Lukas zu tun und es tut mir leid, aber ich kann es nicht ändern.“ Er war jetzt sehr angespannt und ich fühlte förmlich, wie seine Hände zitterten. „Oh Mann, Papa, ich … es fällt mir so schwer das auszusprechen.“

Ich hatte Mitleid mit dem Jungen und nahm ihn jetzt in den Arm, da standen ihm schon Tränen in den Augen. „Papa, ich hoffe du bist jetzt nicht enttäuscht von mir oder gar sauer, aber ich habe mich verliebt ...“, kurze Pause, dann, „in Lukas. Wir sind beide schwul.“ Da brach es aus ihm heraus. Er warf sich in meine Arme und weinte. Es muss ihn eine ungeheure Überwindung gekostet haben. Ich hielt ihn nur erst mal fest und streichelte ihm über den Kopf. Dann, nach einigen Minuten, drückte ich ihn etwas weg und sagte: „Mick, schau mir in die Augen. Warum sollte ich denn enttäuscht sein? Weil du es mir noch nicht früher gesagt hast, dass du schwul bist? Oder das du mir das nie geschrieben hast? Ich meine, ich freue mich wirklich, dass ihr beide euch gefunden habt und glücklich seid. Bist du dir denn sicher, dass du schwul bist und ihn auch liebst?“

„Ja Papa, absolut, mittlerweile bin ich mir absolut sicher. Ich habe es auch vorhin wieder gemerkt als Timo sich über uns lustig gemacht hatte. Das war ein unglaubliches Gefühl ihn beschützen zu müssen und am liebsten hätte ich seinen Kopf in die Arme genommen und ihn geküsst, als er da lag. Papa, hast du damit ein Problem, dass ich Lukas liebe?“

Jetzt sah er mich unheimlich erwartungsfroh an und seine Spannung stieg vermutlich in enorme Höhen. Ich hatte also recht mit meiner Vermutung. Ich musste jetzt aber genau überlegen, wie ich ihm sagen konnte, dass es für mich genauso bleiben würde wie vorher.

„Mick, ich freue mich wirklich für euch, ich habe dir ja gestern schon gesagt, dass ich immer hinter dir stehen werde, egal was da kommt. Ich finde der Lukas ist ein netter Junge, er hat schon viel erlebt, der Verlust seiner Eltern ist sicher eine Katastrophe für ihn. Aber was Herr Steyrer heute Morgen über dich erzählt hat, wie du dich um ihn immer gekümmert hast, hat mich stolz gemacht. Das war der Mick, wie ich ihn kenne und liebe. Also Großer, ich bin stolz auf dich und das du es mir gesagt hast.“ Jetzt drückte ich ihn ganz fest an mich und er weinte nun vor Erleichterung. Ich ließ ihn sich erst mal beruhigen. Dann fragte ich ihn noch ein paar Dinge zu Lukas und er erzählte mir von seinen Gefühlen, wie stark sie sind und das er sowas noch nie vorher gespürt hatte. Ich war wirklich glücklich mit den beiden. Er hätte sich wahrlich was Schlechteres aussuchen können.

„Mick, sag mal, seit wann weißt du denn, dass du schwul bist und wer von euren Freunden weiß es schon, dass ihr zusammen seid. Nicht, dass ich mich versehentlich verplaudere.“

„Also eigentlich richtig stehen kann ich erst seit einigen Tagen dazu, dass ich schwul bin, aber ich habe noch nie irgendwie Interesse für Mädchen gezeigt. Ich habe mir aber auch nie Gedanken dazu gemacht. Es war für mich normal.“

Es war so, wie ich es erahnte, Mick hatte mit der Zeit seine Gefühle für Lukas entdeckt. Er berichtete mir nun von der Situation, wo Lukas ihm gestanden hatte, dass er sich in Mick verliebt hatte und Mick das noch nicht für sich annehmen konnte. Das muss schon schwer gewesen sein für Lukas, nicht zu wissen, ob diese Liebe erwidert würde. Umso beeindruckter war ich von Lukas, er hatte Mick einfach die Zeit gegeben, um sich sicher zu werden, was er wollte.

„Mick, ich glaube der Lukas ist ein toller Junge und ich möchte, dass du weißt, ich werde euch beide unterstützen, wo ich kann. Wenn du möchtest, werde ich Lukas nachher sagen, dass er immer zu mir kommen kann, wenn er Probleme hat. Für mich gehört er ab sofort zu unserer Familie.“ Dann nahm ich Mick nochmal ganz liebevoll in den Arm und er sagte mir diesen schönen Satz: „ Papa, vielen Dank für deine Hilfe. Ich bin so froh dich als Vater zu haben. Ich liebe Lukas wirklich und ich möchte mit ihm zusammen glücklich werden.“

„Mick, wer weiß denn nun schon von der Situation. Es könnte ja durchaus auch Leute geben, die es nicht so gut mit euch meinen. Gerade hier im Internat.“

„Also wissen tun es wirklich nur Tim und Manuel, weil ich es ihnen gestern gesagt habe. Eigentlich möchte ich es Leif auch sagen, aber ich habe gar keine Ahnung, wie er das finden könnte. Tommy glaube ich, ahnt sogar schon etwas. Stephen und Moni möchten wir es auch sagen, der Rest kann warten.“

„Alles klar! Ja mit Leif könnte es wirklich ein Problem werden, er steckt grade selbst mitten in der Pubertät und wird mit sich selbst genug zu tun haben. Ich denke wir sollten damit so normal umgehen, wie es geht. Vielleicht sollten wir auch gar nicht mit ihm reden, sondern ihr verhaltet euch so offen, wie ihr wollt. Er wird es schon merken dann.“

„Meinst du nicht, wir sollten mit ihm und Tommy reden?“

„Ich denke, das solltet ihr nach Situation entscheiden. Ich unterstütze euch jedenfalls, egal wie ihr das machen wollt. Vielleicht ergibt sich ja nachher eine gute Situation. Da sind wir ja mehr oder weniger unter uns.“

„Alles klar, danke Papa. Ich bin so froh, dass es nun raus ist. Ich will mich nicht vor dir verstecken müssen.“

„Mick, ich weiß, das war kein einfacher Schritt, aber du hast alles richtig gemacht. Geh diesen Weg weiter!“

Er nickte und sein Lächeln sagte mehr als tausend Worte. Mick war glücklich, es mir gesagt zu haben.

„Ich habe da jetzt noch etwas, Mick für morgen Nachmittag habe ich etwas für euch vorbereitet. Lukas und du, ihr seid ab 13 Uhr vom Unterricht befreit. Das habe ich mit Herrn Steyrer noch geklärt. Du musst jetzt aber noch Tim anrufen und ihm sagen, dass wir ihn um 14 Uhr abholen und mit ihm einen Ausflug machen. Zu Manuel werde ich morgen früh in den Betrieb fahren und fragen, ob sein Chef ihn für den Nachmittag freistellen kann. Ihr vier und ich werden einen schönen Männernachmittag machen.“

„Ich werde Tim grade anrufen, warte grade.“ Dann nahm er sein Handy und rief bei Tim an. Tim war sehr überrascht, aber wollte dabei sein.

Mittlerweile war die Zeit doch schon fortgeschritten und wir entschlossen uns, schon zurückzufahren, ich wollte mir Lukas noch mal ansehen, wie es ihm geht und ob es okay ist, dass er mitkommt. Außerdem wollte ich ihm sagen, dass ich froh bin, dass er der Freund meines Sohnes ist und ab jetzt für mich voll zur Familie Steevens gehört.

Wir stiegen nach kurzer Fahrt am Internat aus dem Auto und gingen die Treppe zu ihrem Zimmer hoch. Mick öffnete die Tür und wir traten ein. Lukas war natürlich noch nicht fertig und hatte auch nicht mit uns gerechnet. Es war ja noch etwas Zeit. Jedenfalls lag er nur mit T-Shirt und Boxer auf dem Bett. Mick ging direkt auf ihn zu, umarmte ihn und gab ihm einen heftigen Kuss. Lukas war total überrascht und wurde knallrot.

„Mick, was soll das? Was soll dein Vater jetzt denken? Oder hast du es ihm wirklich erzählt?“

Ich wollte es aufklären: „Lukas, ja Mick hat mir erzählt, dass er dich liebt und ihr schwul seid. Ich möchte dir jetzt auch etwas mitteilen. Ich freue mich für euch sehr. Ich möchte dir sagen, du gehörst ab sofort für mich zu unserer Familie. Wenn du Sorgen oder Fragen hast, kannst du mich immer anrufen oder ansprechen. Ich gebe dir später noch eine Handynummer, die haben nur Leif und Mick bisher. Aber wenn mal mit Mick was sein sollte oder du etwas Dringendes hast, dann bin ich da immer erreichbar für dich.“ Ich setzte mich jetzt zu ihm auf das Bett, umarmte Lukas und dann streichelte ich ihm über den Kopf. Dabei spürte ich doch eine ziemliche Beule.

„Lukas, du hast da aber eine große Beule. Tut das noch weh?“

Er war nun etwas verlegen auch durch die Umarmung, aber er sagte: „Nein es geht schon, nur der Fuß tut noch etwas weh.“

Ich sah mir den Fuß auch noch an und dann erklärte ich Lukas auch noch die Sache mit Morgen. Leif und Tommy sollten das gar nicht so genau mitbekommen.

Marc, Lukas, Mick, Tommy und Leif auf dem Weg zum Abendessen

Jetzt war es also raus. Mick hatte es mir gesagt, dass Lukas sein Freund ist und sie sich lieben. Heute Abend wollte ich mit den Vieren gemütlich Fondue essen gehen. Ich war gespannt wie Mick und Lukas sich wohl verhalten werden, wenn Leif und Tommy dabei sind. Ich persönlich würde es gut finden, sie würden beiden offen gegenübertreten und sich nicht weiter verstellen. Früher oder später müssen sich Leif und Tommy damit beschäftigen. Sicher für die beiden, insbesondere für Leif, könnte es problematisch werden, wenn es Leute gibt, die ihm vorwerfen, er hätte einen schwulen Bruder, eine Schwuchtel. Dafür sollte ich ihm genug Selbstvertrauen geben, damit er damit umgehen lernt. Hoffentlich würde er Mick unterstützen. Sonst würden wir jetzt ein großes Problem bekommen. Ich hatte nun wirklich eine Entscheidung zu treffen. Sollte ich Leif auf diese Situation vorbereiten? Oder sollte ich das allein Mick und Lukas überlassen?

Wir saßen jetzt noch bei Mick und Lukas im Zimmer und ich wollte das noch ansprechen:

„Sagt mal ihr beiden, wie soll denn heute Abend das mit Leif und Tommy gehen? Soll ich vorher mal mit den beiden reden und sie schon etwas vorbereiten, oder wollte ihr heute noch gar nicht da ran? Ich finde die Gelegenheit ist günstig, weil wir ja ohne andere Personen zusammen sind. Wie seht ihr das?“

Lukas und Mick sahen sich kurz an, dann sagte Lukas: „Also ich für meinen Teil würde heute Abend reinen Tisch mit den beiden machen, auch wenn das vielleicht zu Stress führt. Ich denke nur, wir werden weiterhin am meisten miteinander zu tun haben. Da sollte es keine großen Geheimnisse geben. Allerdings richte ich mich da nach Mick, es ist schließlich sein Bruder, um den es geht.“

„Lukas, ich finde deine Haltung völlig in Ordnung. Unterstütze ich erst mal so.“ Nun sah ich zu Mick und spürte, für ihn war das noch lange nicht so einfach.

„Leute ich weiß nicht, ob das so einfach geht. Leif ist manchmal echt komisch in letzter Zeit. Was ist, wenn er heute Abend austickt, wegläuft oder sonst was passiert? Ich habe da echt Schiss vor.“

„Ok Mick, verstehe ich auch. Also was meint ihr denn nun? Soll ich mit Leif mal vorher reden, oder sollen Mick und ich rüber gehen zu den Beiden?“

„Ganz ehrlich, ich finde wir sollten uns gleich einfach normal verhalten und sie werden es dann merken. Wenn einer der beiden ein Problem damit hat, werden wir es ja sehen.“

Diese Meinung von Lukas fand ich nicht gut. Dafür sah ich Leif nicht alt genug. Ich war der Meinung ihn vorher etwas vorzuwarnen. Und ich hatte mich entschieden, dass würde ich auch machen wollen. Hoffentlich konnte ich die beiden noch davon überzeugen.

Mick widersprach Lukas: „Nein, ich kenne Leif besser, er kann sich nicht so spontan damit auseinandersetzen. Ich wäre dafür entweder geht Papa jetzt zu den beiden oder wir lassen das heute noch geheim und Lukas und ich sind heute noch normale Freunde.“

Das war doch ne deutliche Ansage, Lukas war erstaunt, aber gab nach und bestand dann aber auf die erste Variante. Er wollte nicht länger verstecken spielen.

„Also gut, Jungs ich gehe dann mal zu den beiden rüber. Ich habe jetzt noch eine Viertelstunde Zeit, bevor wir los wollten. Schlage vor, wir treffen uns gleich am Auto. Kann vielleicht etwas länger dauern bei den Beiden.“ Dann stand ich auf und ging aus der Tür.

Lesemodus deaktivieren (?)