zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

The race is on

Eine etwas andere Perspektive eines "Coming out"

Teil 2

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Inhaltsverzeichnis

Marc, Leif und Tommy, der Wink mit dem Zaunpfahl

Ich war mir nun sehr sicher, Mick wollte Leif Zeit geben, sich damit auseinandersetzen zu können. Er sah es also so ähnlich wie ich. Leif konnte sich noch nicht so spontan mit derartigen Dingen anfreunden. Außerdem hatte ich noch nicht mit Leif über die aktuelle Situation bei ihm gesprochen. Wie weit war Leif bereits mit seiner Pubertät? Ich war nun auf dem Weg zu Leif und Tommys Zimmer, als mir auf der Treppe Herr Storm begegnete. Er war der „Vertrauenslehrer“ von Lukas und Mick. Er sprach mit freundlich an: „Hallo Herr Steevens, ich bin sehr überrascht, Sie hier zu treffen. Mick hatte es gar nicht erwähnt, dass sie herkommen würden. Wir hatten nämlich vor ein paar Tagen ein längeres Gespräch mit ihm und Lukas. Hat er Ihnen davon erzählt?“

„Hallo Herr Storm, ja er hatte mir davon berichtet. Es ging um die Thematik Lukas und der Tod seiner Eltern und das Thema Alkohol. Richtig?“

„Ja genau, finde ich schön, dass er sich ihnen da anvertraut. Ich denke Mick ist eine ganz besondere Person für Lukas. Haben sie mittlerweile Lukas kennengelernt?“

„Ja, ich mag den Lukas auch sehr. Die beiden passen gut aufeinander auf.“ Mehr wollte ich nicht dazu sagen. Das war Aufgabe der Jungs.

Herr Storm berichtete kurz noch, dass Lukas nun eine Therapie mit einem Psychologen machen würde, dann verabschiedeten wir uns und ich ging nun weiter bis zu Leifs Tür. Ich klopfte an und nach dem „Herein“ betrat ich das Zimmer.

„Hallo Jungs, alles gut bei euch?“

Leif war etwas überrascht, dass ich so früh schon da war, Tommy freute sich sichtlich.

„Hallo Papa, schon da? Ist es schon so spät?“

„Nein, wir haben noch etwas Zeit. Ich dachte einfach ich komme mal bei euch vorbei. Mick und Lukas wollten sich noch frisch machen“, log ich etwas.

„Herr Steevens, ich freue mich schon richtig auf das Wochenende in Spa, hoffentlich ist das für Sie nicht zu stressig mit uns beiden.“

Ich musste nun schmunzeln. Der Junge war richtig niedlich. Ich konnte spüren, wie er einerseits total aufgeregt war und andererseits unsicher, wie er sich mir gegenüber verhalten sollte.

„Tommy, das lass mal meine Sorge sein, ich habe euch das versprochen und Versprechen werden eingehalten. Wenn es zu heftig wäre, würde ich es nicht machen. Deshalb kommt ihr ja auch schon nach Spa und nicht nach Le Mans - Leif, was anderes, ich würde gerne mit dir grade was besprechen. Hast du Zeit mit mir mal in den Garten zu gehen?“ Tommy bot sofort an, dass wir im Zimmer bleiben können und er rausgehen würde. Das lehnte ich kategorisch ab: „Tommy, es ist dein Zimmer, wenn ich hier herkomme und mit Leif etwas klären möchte, dann bleibst du selbstverständlich hier und wir gehen woanders hin. Es wird auch nicht so lange dauern, weil ich glaube, dass wir uns dann mit dir auch noch unterhalten werden.“

Leif war nun etwas verunsichert: „Papa, haben wir was angestellt? Oder was ist los?“

„Nein, Leif, keine Sorge. Komm lass uns mal gehen, wir haben nicht ewig Zeit, wir wollen mit den anderen ja noch weg.“ Leif zog sich nun seine Jacke über und wir gingen nach unten. Als wir draußen im Garten waren, wurden wir von einigen anderen Schülern kurz beobachtet aber nach einigen Minuten waren wir ungestört.

„Leif, ich möchte dich fragen, wie du momentan die Situation mit Mick und Lukas und dir ansiehst.“

„Papa, ich finde Mick macht immer noch sehr viel mit Lukas aber seit dem wir beide Tennis gespielt und darüber gesprochen haben, gibt er sich Mühe für mich da zu sein. Aber irgendwie glaube ich immer noch, Lukas ist ihm wichtiger als ich. Finde ich manchmal etwas blöd, immerhin sind wir Brüder.“

„Leif, ich verstehe das, aber ich habe da jetzt etwas, das wird es für dich vielleicht etwas klarer machen. Hast du schon mal daran gedacht, dass Mick vielleicht jemand anderen kennengelernt und er sich verliebt hat. Deshalb ist er oft unterwegs und hat so wenig Zeit für dich.“

Leif war nun etwas irritiert und verstand den Zusammenhang nicht so wirklich: „Was hat das denn mit Lukas zu tun. Ich meine, er sagt immer, dass er mit Lukas was macht und dass Lukas ihn mehr braucht im Moment, weil er Probleme mit dem Tod seiner Eltern hat. Oder sagt er mir nicht die Wahrheit?“

Oha, jetzt musste ich aufpassen, das wäre fatal, wenn Leif es als lügen ansehen würde, dass Mick ihm noch nicht die Wahrheit gesagt hatte.

„Leif, also bevor ich jetzt dir das genau erkläre, eine Frage vorab - würdest du Tommy als deinen Freund in einem Problem allein lassen? Oder hast du Geheimnisse vor ihm? Beziehungsweise gehe ich davon aus, dass du eher mit Tommy zum Beispiel über Sexualität redest als mit Mick, oder nicht?“

Jetzt wurde er rot und es war sichtbar peinlich für ihn: „Papa, was soll das? Ja ich rede mit Tommy auch darüber, aber so wirklich habe ich noch kein Interesse an Mädchen, wenn du das meinst. Und mit Mick würde ich da jetzt bestimmt nicht drüber reden.“

„Siehst du, ich finde es auch gut, wenn du mit Tommy darüber redest, es muss dir nicht unangenehm sein jetzt. Das soll auch nicht das Thema jetzt sein, vielleicht später mal. Aber wenn Mick eben ein paar Probleme mit seinen Gefühlen hat und lieber mit Lukas darüber reden will, dann kann er das ja schlecht dir so direkt sagen. Vor allem wenn es Lukas direkt betrifft.“

Jetzt war er völlig perplex. Er überlegte einen Moment, dann: „Papa, wie meinst du das? Lukas ist direkt betroffen, sind beide in dasselbe Mädchen verliebt oder wie? Er wird ja schließlich nicht Gefühle für Lukas haben. Lukas ist ja auch ein Junge.“

Das wollte ich jetzt nutzen und diese Steilvorlage verwandeln: „Leif, und was wäre, wenn genau das so wäre? Wenn Mick und Lukas sich ineinander verliebt hätten und beide erst mal damit klarkommen müssen, dass sie eben auf Jungs stehen und nicht auf Mädchen.“

Jetzt fiel Leif die Kinnlade runter und er stand mit offenem Mund da. Er wusste einen Moment nicht, was er jetzt sagen sollte, dann: „Ist Mick etwa schwul? Und Lukas auch? Und beide mögen sich? Und du weißt es auch schon?“ Er war sehr erschrocken und verunsichert.

„Ja, Leif - Mick ist schwul und Lukas auch. Und sie haben sich ineinander verliebt und sie haben es mir gesagt. Ich freue mich darüber, dass beide glücklich sind. Ich hoffe und wünsche mir, dass du damit auch keine Probleme hast. Mick wünscht sich sehr, dass du weiterhin zu ihm stehst, wie er das mit dir tun wird. Er hat nur Angst, dass du es nicht verstehst und deshalb haben sie sich nicht getraut es dir zu sagen.“

„Und Tommy? Ich kann das doch nicht Tommy verheimlichen.“

„Nein, sollst du ja auch nicht. Sie werden es euch beiden sagen, aber Mick wollte, dass ich zuerst mit dir spreche und dass du es von mir erfährst, er hatte Angst, dass du vielleicht nachher damit nicht klarkommst. Wir wissen ja nicht, wie weit du mit deiner Pubertät schon bist und informiert bist über Homosexualität.“

„Papa, ist das wirklich wahr? Die beiden sind ein Paar und Mick hatte Angst ich würde damit Probleme haben? Er hat sich um mich gesorgt und deshalb nichts gesagt? Papa, ich muss das jetzt erst mal verarbeiten.“ Er ging nun ein paar Schritte in den Garten und ich merkte dass ihm einiges durch den Kopf ging. Er kam nun zu mir zurück und sah mich an.

„Papa, wie soll ich mich jetzt verhalten? Weil ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll?“

„Am besten so normal wie bisher. Er ist immer noch dein Bruder, der für dich da sein wird, wenn du ihn brauchst. Und Lukas genauso. Er mag dich auch sehr, er würde dir genauso helfen wie Mick, wenn es notwendig wäre. Du musst keine Angst haben. Für mich ist das etwas ganz Normales und ich werde für beide immer da sein, genau wie ich das für dich bin.“

Leif war sprachlos aber ich hatte das Gefühl, er war nicht so negativ eingestellt. Er brauchte noch Zeit, das zu begreifen. Ich schlug jetzt also vor: „Leif, lass es einfach erst mal sacken. Versuche dich gleich so normal wie möglich den beiden gegenüber zu verhalten. Wenn du etwas wissen willst von ihnen, frag sie direkt. Oder frage mich. Ich hoffe, wir können dir alle Angst und Unsicherheit nehmen, indem wir da sind, wenn du uns brauchst. Aber ich möchte dich bitten, Mick auch so zu unterstützen, wie die beiden es jetzt brauchen werden. Ich denke sie werden euch heute beim Essen das noch genauer erzählen. Bitte Leif, sie brauchen dich jetzt als Freund.“

„Papa, ich glaube ich versteh, was du meinst, aber ich muss darüber noch mal nachdenken. Ich habe aber jetzt schon eine Frage: Darf ich Tommy etwas sagen oder sagst du ihm gleich noch was?“

„Wie du möchtest, wenn du es selbst möchtest, ist das ok für mich. Aber wenn ich ihm etwas sagen soll, dann mache ich das selbstverständlich mit dir zusammen.“

Leif wollte, dass ich mit ihm gemeinsam mit Tommy reden sollte. So gingen wir zurück ins Zimmer und Tommy war schon fertig angezogen, wir hatten nicht mehr so viel Zeit, deshalb schrieb ich Mick eine Nachricht, dass wir uns etwas verspäten würden.

„So, da sind wir wieder“, sagte ich zu Tommy, als wir das Zimmer betraten. „Tommy, zieh bitte noch mal die Jacke aus. Wir haben da noch eine Sache zu klären. Du brauchst keine Angst haben, es geht nicht direkt um dich. Es geht um Mick und Leif.“ Tommy sah etwas komisch aus im Gesicht aber er blieb relativ ruhig.

Jetzt fing Leif an zu sprechen: „Tommy, Papa hat mir grade den Grund erzählt, warum Mick in letzter Zeit so wenig Zeit für mich hat. Und ich finde, du solltest das auch wissen.“

„Lass mich raten - Leif, er ist verliebt und hat ne Freundin.“ Dabei grinste er vielsagend.

„Tommy wie kommst du denn darauf“, fragte ich etwas gespielt neugierig.

„Naja Herr Steevens, ich habe Mick in letzter Zeit häufiger in etwas komischen Situationen gesehen. Er hatte sogar zweimal Tränen im Gesicht, und es ging ihm nicht gut. Er wollte es mir aber auch nicht sagen, was er für Sorgen hatte. Ich habe es also vermutet, dass er Liebeskummer haben könnte.“ Dabei bekam Tommy eine leichte Röte ins Gesicht. Es war ihm doch nicht ganz so lieb, das Thema.

„Also Tommy, gar nicht schlecht gedacht, ja er ist verliebt, er hat deshalb auch immer weniger Zeit für euch, aber er hat keine Freundin.“

„Wie soll ich das jetzt verstehen. Er macht mit der Person, in die er verliebt ist, viel aber er hat keine Freundin? Will sie nichts von Mick? Oder ist er etwa hinter Moni her, die Freundin von Stephen? Und jetzt hat er Stress mit Steven.“

„Nein Tommy, es ist etwas anders. Bitte, das, was wir dir jetzt erzählen, muss hier unter uns bleiben. Das soll auf gar keinen Fall in der Schule rumgehen. Ist das klar?“

„Oha, ich bekomme es langsam mit der Angst zu tun, Herr Steevens, hat Mick etwas angestellt?“

„Nein, er ist mit Lukas zusammen, die beiden sind schwul und lieben sich. Das ist eigentlich alles.“

Tommy zögerte einen Moment und dann fing er laut zu lachen an. Er lachte und grinste uns an. Wir waren jetzt etwas verwundert und Leif wurde sauer: „Tommy machst du dich jetzt lustig über die beiden oder was soll das jetzt?“

„Nein Leif, ganz bestimmt nicht. Ich lache nur, weil, ich habe es geahnt. So wie Lukas und Mick immer zusammen waren. Gerade die letzten Tage war es schon besonders auffällig. Und heute, als der Unfall von Lukas war und Mick derart durch den Wind war, da habe ich es eigentlich schon gewusst. Also ich habe damit gar kein Problem. Ich mag sie beide sehr gerne und ich habe auch mit Lukas schon mal über sowas geredet. Ich habe ihn mal etwas gefragt zum Thema Selbstbefriedigung. Ich kann mit beiden sehr gut reden. Ich hoffe, Herr Steevens, sie haben nichts dagegen, wenn ich das so offen sage.“ Leif wurde erst blass dann rot: „Tommy, das hätte ich dir nicht zugetraut. Mit mir redest du nicht über sowas. Bin ich nicht dein bester Freund?“

„Doch Leif, wir sind wirklich sehr gute Freunde, aber ich hatte immer das Gefühl, dass dieses Thema für dich noch nicht so interessant war, bisher. Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen.“

Leif wurde jetzt rot und war ganz verlegen. Es war ihm peinlich. Ich wollte das jetzt auch nicht vertiefen, dafür würde dann später noch Zeit genug sein.

„Tommy, dann bin ich beruhigt, dass du das so positiv aufnimmst. Wenn du aber mal Fragen hast, dann geh zu den beiden oder komm zu mir. Und bitte denkt daran, es ist noch ein Geheimnis. Nur ihr beide und zwei von ihren Freunden wissen es bisher. Das sollen die beiden bitte auch selbst entscheiden, wem sie es wann sagen. Ich denke, sie werden auch heute Abend mit euch noch sprechen. So - jetzt müssen wir aber los. Ich habe nämlich Hunger.“

„Herr Steevens, was denken Sie denn dazu? Unterstützen sie die beiden denn? Lukas hat ja keine Eltern mehr, mit denen er so etwas klären könnte.“

„Ich stehe voll hinter den beiden, und ich mag Lukas auch sehr. Ich werde dazu heute Abend noch etwas sagen, warte also bitte einen Moment noch. Lasst uns jetzt aber endlich los. Die beiden werden sonst sauer, weil sie wieder auf uns warten müssen.“

Wir trafen wenige Minuten später auf dem Parkplatz an meinem Auto ein. Natürlich waren Mick und Lukas schon da.

„Hallo ihr drei, wir dachten es sollte pünktlich losgehen“, frotzelte Mick direkt.

„Los einsteigen und Mund halten“, gab ich nicht ernst gemeint zurück. Wir fuhren nun gemeinsam in Richtung des speziellen Restaurants. Ich spürte eine gewisse Spannung im Auto. Keiner wusste so recht, wie er sich verhalten sollte. Also fragte ich erst mal die beiden „Großen“ ob sie noch etwas Neues zu berichten hätten und da fiel Lukas ein, dass er vor einigen Tagen mal etwas von einem Sichtungslehrgang im Tennis gelesen hatte. Das wäre doch vielleicht was für Leif, meinte er. Das sei auch nicht so weit weg gewesen. Ich bedankte mich für die Information und so verging die Fahrtzeit recht schnell. Vom Parkplatz gingen Mick und Lukas als letzte los. Vorne waren Tommy und Leif und ich in der Mitte. Tommy hielt uns die Tür auf und so gingen wir hinein. Ich ging an die Theke und teilte mit, dass wir einen Tisch für fünf Personen reserviert hatten. Eine junge Service-Kraft begleitete uns an den Tisch. Wir zogen unsere Jacken aus und setzten uns an den Tisch. Lukas und Mick auf der einen Seite nebeneinander, gegenüber Tommy und Leif nebeneinander und ich an der Stirnseite des Tisches. „Papa, warum ist eigentlich schon alles hier so vorbereitet. Hast du irgendwas vorbestellt?“, fragte nun Leif.

„Ja ich habe bereits das Essen festgelegt. Es wird heute ein typisches Schweizer Essen geben. Wir bekommen zwei verschiedene Fondue, ein Käse- und ein Fleischfondue. Der Nachtisch wird dann eine Überraschung. Ich hoffe wir werden gemeinsam Spaß haben.“

Lukas war total begeistert. Er hatte noch nie ein Fleischfondue gegessen. Meine Jungs kannten das schon. Tommy hatte noch nie ein Fondue gegessen. Er war entsprechend unsicher.

Ich ließ das aber Leif für ihn erklären und auch Mick war sehr nett, wie er das erklärte. Wir fingen also mit dem Essen an und der Vorteil des Fondue ist einfach die lockere Runde und so kamen auch recht schnell Gespräche auf. Vor allem sprachen auch Mick und Lukas sehr viel mit Leif und Tommy. Es war eine lockere und gelöste Stimmung. Nun fasste sich Leif ein Herz und bat um etwas Ruhe: „Mick, ich möchte dich etwas fragen, stimmt es, dass du in Lukas verliebt bist?“

Nun waren alle Augen auf die beiden „Großen“ Jungs gerichtet. Mick zögerte mit der Antwort und da sprang Lukas nun ein: „Leif, sorry wenn ich jetzt mal antworte für Mick. Ich möchte für uns beide sprechen und ja es stimmt, Lukas und ich lieben uns sehr. Wir haben beide erkannt, dass wir schwul sind. Wir würden uns sehr wünschen, dass wir weiterhin so gute Freunde sind wie bisher.“

Jetzt hatte sich Mick auch wieder gefangen und ergänzte: „Ja, ihr beiden, es stimmt. Das war auch der Grund, Tommy, warum ich in letzter Zeit manchmal etwas komisch zu dir war. Oder, dass es mir nicht so gut ging. Ich hoffe sehr, dass wir weiterhin so gute Freunde sind und dass du - Leif, jetzt nicht auf Distanz zu deinem großen Bruder gehst. Ich liebe dich immer noch genauso wie vorher.“

Mick sah nun sehr angespannt in das Gesicht seines kleinen Bruders. Der hingegen stand nun auf, ging um den Tisch herum und umarmte seinen großen Bruder wirklich ganz herzlich. Er sagte: „Mick, ich habe es vorhin nicht geglaubt, als Papa es mir gesagt hat. Jetzt freue ich mich, dass du glücklich bist. Ich möchte aber darum bitten, dich fragen zu dürfen, wenn ich etwas dazu wissen will.“ Dann ging er zu Lukas und nahm ihn genauso herzlich in den Arm wie Mick. Lukas war sichtlich gerührt. Damit hatte er nicht gerechnet.

Nun meldete sich Tommy zu Wort: „Mick und Lukas, ich habe es heute zum ersten Mal geahnt, als das mit Lukas passiert ist. Aber ich freue mich auch sehr für euch. Ich weiß schon, dass Homosexualität etwas Normales ist und man sich das nicht aussuchen kann. Aber ich weiß noch nicht so viel darüber. Kann ich irgendwann mal zu euch kommen und euch dazu Fragen stellen?“

„Na klar. Immer doch. Ich bin so froh, dass es für euch kein Problem ist. Leif, das gilt auch für dich, wenn du Fragen hast, komm bitte einfach zu uns. Wir werden versuchen alle zu beantworten.“

Jetzt waren unsere beiden Fondue mittlerweile aufgegessen und der Nachtisch stand an.

„Jungs, es gibt jetzt noch eine Überraschung. Ich habe zum Nachtisch ein Schokoladen-Fondue bestellt. Damit unser süßes Liebespaar auch noch was zum Spielen bekommt. Jetzt habe ich aber noch ein paar Dinge, die ich euch sagen möchte. Zuerst mal zu dir Tommy, ich habe es bereits Lukas gesagt und ich möchte es nun auch dir sagen. Ich heiße Marc und wir sollten uns duzen. Vor allem bei dem Rennwochenende geht das sonst gar nicht. Außerdem sehen wir uns in Zukunft nun vermutlich häufiger.“ Tommy war sichtlich überrascht aber er war stolz, dass er mich nun mit Marc ansprechen durfte.

„Ich habe aber auch noch zu dir etwas zu sagen, Lukas. Ich möchte dich hiermit offiziell als Familienmitglied der Familie Steevens begrüßen. Da deine Eltern ja leider nicht bei uns sein können, möchte ich nun etwas sagen, das weiß selbst Mick noch nicht. Du wirst ja erst 17 und ich habe mit deinem Vertrauenslehrer Herrn Storm gesprochen, ich möchte dir anbieten, dich offiziell zu adoptieren. Dann hast du wieder, bis du volljährig bist, eine richtige, eigene Familie und ich darf dich als Erziehungsberechtigter offiziell vertreten. Du musst das nicht jetzt beantworten. Ich wollte es dir aber jetzt sagen. Ich bin glücklich mit dir als möglichen Schwiegersohn.“

Lukas war nun so überwältigt, dass ihm die Tränen nur so über das Gesicht liefen. Mick war ebenfalls für einen Moment sprachlos. Dann sagte er: „Papa, ist das dein Ernst? Lukas würde sozusagen mein Stiefbruder werden?“

„Ja das ist richtig Mick.“ Jetzt stand er auf und umarmte mich. Ich war der Meinung er sollte sich jetzt erst mal um seinen Freund kümmern. Das tat er auch und gab Lukas einen tollen Kuss und nahm seine Hand. Er streichelte ihm über den Kopf, Leif und Tommy waren ganz ergriffen von diesem Bild.

„Also Lukas und Mick, denkt mal in Ruhe darüber nach und dann reden wir da noch mal drüber.“

„Mick, wollt ihr vielleicht einen Moment nach draußen gehen. Dann kann sich Lukas wieder etwas beruhigen.“ Mick und Lukas standen auf und gingen nach draußen.

Leif und Tommy sahen den beiden nach und ich merkte, wie sie nachdachten über das gerade passierte. Leif sah mich fragend an: „Papa, ich bin jetzt total überrascht aber irgendwie finde ich das toll. Du würdest Lukas bestimmt eine große Hilfe geben. Wie bist du denn darauf gekommen?“

„Also gut, passt auf ihr beiden. Ich hatte es ja eben erwähnt, dass ich Herrn Storm getroffen hatte. Herr Steyrer wollte gerne, dass ich mich mit ihm mal unterhalte. Lukas fängt ja jetzt seine Therapie an, um mit dem Tod seiner Eltern besser umgehen zu können. Und Herr Storm hat mir berichtet, wie sehr Lukas seine Eltern als Berater und Bezugspersonen fehlen. Mick hat ja viel für ihn getan, aber sowohl Herr Steyrer als auch Herr Storm sind der Meinung, dass das für Mick und Lukas auf Dauer nicht gut gehen wird. Bevor Herr Steyrer jemanden vom Jugendamt als Betreuer für Lukas organisiert, hatte er mich gefragt, da Mick ja so wichtig für Lukas sei. Dass die beiden nun ein Paar geworden sind, war ja weder für Herrn Steyrer noch für Herrn Storm erkennbar, hat mich in meiner Entscheidung nur bestärkt. Ich mag Lukas sehr und finde, er braucht jemanden, dem er vertrauen kann. Ich hoffe, er kann dem Vater seines Freundes am ehesten vertrauen, weil Mick mir auch vertraut. Es tut mir leid Leif, dass ich dich nicht vorher gefragt habe, aber ich wollte das jetzt heute für Lukas klarlegen. Er soll sich das in Ruhe überlegen und mit Mick besprechen. Herr Storm ist ebenfalls informiert. Er wird mit den beiden noch ein Gespräch machen, wenn wir drei in Spa sein werden. Wenn du Fragen hast, dann können wir jederzeit darüber reden. Es wird sich für dich nichts ändern, nur dass Lukas mein dritter Sohn sein wird.“

Leif war sich unsicher, er hatte einen Gedanken im Kopf, der ihn sichtlich bewegte. „Papa, ich finde diese Idee toll. Also ich habe damit überhaupt kein Problem. Ich habe aber eine Frage zu der Situation. Ich dachte, dass es verboten sei unter Geschwistern eine Beziehung zu haben. Also eine intime Beziehung. Wenn Lukas nun Micks Stiefbruder wird, wie geht dann das mit den beiden weiter?“

Mittlerweile waren Mick und Lukas wieder zurückgekommen und saßen wieder am Tisch. Lukas hielt niedlich die Hand von Mick und Tommy sah das. Er musste sichtbar sich zurückhalten nicht zu lachen.

„Also Leif, und für euch auch - Mick und Lukas - Lukas ist nicht Micks leiblicher Bruder, also ist er mit Mick nicht verwandt. Von daher gibt es da keine Probleme. Sie dürfen also ihre Beziehung ganz normal führen.“

Mittlerweile wollte ich jetzt eigentlich zum Billard fahren, denn bowlen war mit dem lädierten Fuß von Lukas nicht zu machen aber Lukas wollte unbedingt uns noch etwas mitteilen.

„Marc, ich weiß im Moment noch nicht so richtig was ich sagen soll, aber ich war schon ganz lange nicht mehr so glücklich wie heute. Erst dieser tolle Abend mit euch, wo ihr alle uns unterstützen wollt in unserer Liebe - dabei fasste er Micks Hand deutlich fester - und jetzt dein Angebot zu eurer Familie gehören zu dürfen. Ich bin einfach nur überglücklich. Ich habe eben mit Mick draußen gesprochen und ich möchte das nochmal nachfragen, weil ich habe das noch nicht richtig begriffen, heißt das, ich wäre sozusagen dann dein Sohn, also Stiefsohn? Und ich müsste auch wie Mick das tun, was du mir sagst?“ Dabei huschte aber ein fettes grinsen über sein Gesicht, also meinte er das wohl nicht ganz so ernst. Ich sah ihn aber todernst an und erwiderte: „Ja genau Lukas, dass würde das bedeuten. Du musst dich daran gewöhnen, nicht mehr alles allein entscheiden zu dürfen, solange du noch nicht volljährig bist. Frag mal meine beiden Jungs wie hart das ist, mich als Vater zu haben. Ich verbiete ihnen ja auch jeglichen Spaß und unschickliche Beziehungen ja sowieso.“

Jetzt war alles zu spät, Leif und Tommy lachten richtig laut los und ich schloss mich ihnen an. Lukas war jetzt sprachlos. Mit dieser Reaktion hatte er nicht gerechnet. Mick hingegen sah richtig ärgerlich aus. Er muss das wohl falsch verstanden haben. Jedenfalls stand er jetzt auf und ging einfach nach draußen. Wir sahen uns alle sprachlos an und wussten überhaupt nicht, was jetzt los war.

„Lukas, was ist jetzt los? Was hat Mick denn jetzt?“, wollte ich wissen. Lukas sah mich genauso ratlos an wie die anderen beiden.

„Lukas, geh bitte hinter ihm her und sieh nach was er hat. Ich glaube es ist besser, wenn du gehst. Wenn es Probleme gibt, komm bitte sofort zurück. Dann helfe ich dir natürlich.“ Lukas ging sofort los und wir blieben recht besorgt zurück.

Tommy standen Tränen der Angst im Gesicht. Er wollte mir was sagen, aber er konnte nicht richtig reden. „Marc, habe ich was falsch gemacht über deinen Spaß zu lachen? Ich fand das so lustig, wie du das gesagt hast, ich musste lachen. Hoffentlich glaubt er nicht wir hätten ihn ausgelacht.“

„Tommy, mach dir keine Sorgen. Du hast nichts falsch gemacht. Ich habe auch keine Ahnung, was er nun hat. Hoffentlich bekommt Lukas das heraus. Leif hast du eine Ahnung, was Mick für ein Problem hat?“ Leif schüttelte nur sprachlos den Kopf.

Plötzlich vibrierte mein Handy, eine Nachricht von Lukas - Marc komm bitte auf den Parkplatz, ich brauche deine Hilfe - ich war jetzt richtig in Sorge. Ich sagte Leif und Tommy sie sollten auf mich hier warten. Ich lief sofort nach draußen. Schon von weitem konnte ich sehen, das Lukas bei Mick stand und er ihn umarmte und Mick weinte wohl heftig. Ich ging auf die beiden zu und Lukas sah mich ratlos an. Mick weinte ganz heftig und wollte sich überhaupt nicht beruhigen. Ich ging nun zu ihm hin, nahm in die Arme und Lukas ging einen Schritt zur Seite.

„Mick, was hast du? Bitte beruhige dich wieder. Niemand wollte dir weh tun. Sag mir, was ist passiert.“ Er fing nun an zu stottern und dann begann er zu erzählen. „Papa, ich konnte einfach nicht mehr. Dieser Spruch war zu viel. Ich habe gedacht, du machst dich lustig über uns. Ich musste einfach weg.“

Ich war völlig erschrocken: „Mick, bitte verzeih mir. Das wollte ich auf keinen Fall. Alle anderen haben den Spaß verstanden. Es tut mir so leid. Ich glaube, du hast einfach zu viel erlebt in den letzten Tagen. Komm bitte wieder mit zu uns. Wir werden euch unterstützen in allem.“

Ich hatte wohl die Lage völlig falsch beurteilt. Mick war also noch sehr damit beschäftigt, seine Gefühle zu sortieren. Es war einfach zu viel Emotion im Spiel. Er fühlte sich angegriffen von uns. Ich hatte gedacht, wir hätten jetzt alles offen geklärt und die beiden würden merken, wie wir zu ihnen standen. Mick konnte das wohl noch nicht so ohne weiteres.

„Lukas, danke, dass du Bescheid gesagt hast, lasst uns wieder rein gehen. Mick, kommst du mit uns mit?“ Mick hatte sich nun etwas beruhigt und es war ihm sichtlich unangenehm, so heftig reagiert zu haben.

„Papa, es tut mir leid, ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Es ist einfach zu viel passiert in den letzten Tagen. Ich möchte einfach nur mit Lukas zusammen sein ohne Angst.“

„Mick, alles ist in Ordnung. Ich verstehe dich, aber du musst mir versprechen in Zukunft, sag mir das doch, wenn du noch etwas mehr Zeit brauchst, das zu verarbeiten. Niemand von uns will euch etwas Böses oder sich auf eure Kosten amüsieren. Das ist kompletter Blödsinn.“ Ich nahm ihn jetzt noch mal in den Arm und er schmiegte sich ganz dicht an mich. So eng haben wir schon lange nicht mehr gekuschelt. Dann ließ ich den beiden noch einen Moment um allein zu sein. Ich würde jetzt bezahlen und dann die beiden anderen Jungs holen, damit wir zum Billard können.

Ich ging wieder hinein und ließ mir die Rechnung an der Theke geben. Ich gab den Jungs ein Zeichen, dass sie zu mir kommen sollten. Ich bezahlte also und dann erklärte ich beiden kurz, was passiert war, und bat sie Mick erst mal in Ruhe zu lassen. Beide hatten dafür Verständnis und versprachen sich zurückzuhalten. Wir verließen das Restaurant und gingen Richtung Auto. Dort standen Lukas und Mick und warteten Arm in Arm auf uns. Sie hatten sich gerade noch ganz innig geküsst, aber als sie uns bemerkten, lösten sie sich voneinander. Für mich ein deutliches Zeichen, wie unsicher sie sich noch fühlten im Beisein von uns. Also da musste ich noch etwas dran arbeiten. Sie sollten sich nicht vor uns verstecken müssen. Das war also noch eine Aufgabe für mich. Ich streichelte Mick nun über den Kopf und dann stiegen wir ein.

„So Jungs, ich hoffe es hat euch bisher gut geschmeckt und wir können nun wieder mit viel Spaß noch ne ruhige Kugel spielen. Lukas, bowlen ist noch nicht gut für deinen Fuß, deshalb denke ich, wir fahren Billard spielen, oder?“

Lukas nickte und Mick reagierte nun: „Leif und Tommy, es tut mir leid, ich war zu empfindlich. Ihr habt nichts falsch gemacht. Es ist noch alles so neu für mich. Ich will aber lernen mit euch offen zu sein.“ Ich sah, wie Lukas dabei Micks Hand hielt und er ihn ganz liebevoll im Arm hielt. Leif saß vorne und konnte das nicht sehen. Aber Tommy spürte die Angst von Mick. Er machte eine tolle Bemerkung: „Mick - ich finde, ihr beide seid ein wirklich tolles Paar. Wenn du das noch nicht so locker siehst, dann müssen wir uns entschuldigen und nicht du. Aber ich möchte, dass du weißt, lebt eure Liebe offen in unserem Beisein. Hör auf dich zu verstecken. Also wenn du Lukas küssen möchtest oder ihr euch umarmen wollt, macht das bitte. Wir finden das schön, wenn ihr euch so lieb habt.“

Was für eine Aussage, dachte ich, der Junge ist dreizehn! Ich hätte ihn dafür umarmen können. Tommy saß ja direkt neben Mick und jetzt konnte ich im Rückspiegel sehen, wie Mick Tommy umarmte und Tommy ihm ein Küsschen auf die Wange gab. Wow! Der Junge war toll. Mick war ebenso verwundert aber er strahlte richtig über so viel Verständnis.

„Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen. Tommy hat absolut recht. So und jetzt wird wieder Spaß gehabt!“

Wir fuhren auf dem direkten Weg zum Billard Café. Die ersten Spiele waren recht verkrampft, aber irgendwann löste sich das Ganze auf und die Jungs begannen immer lockerer sich zu unterhalten. Manchmal kamen sogar kleine Anspielungen auf Lukas und Micks Beziehung. Allerdings kamen sie dann von ihnen selbst. Zwischendurch hatte Lukas immer wieder Mick mal umarmt oder ihn gestreichelt. Allerdings hatten sie sich nicht getraut, sich offen zu küssen. Tommy war einmal mehr derjenige, der das bemerkte und der sich darum kümmern wollte. Lukas und Mick waren gerade Getränke bestellen gegangen und das nahm Tommy zur Gelegenheit.

„Marc, ist dir auch schon aufgefallen, dass sie sich den ganzen Abend hier noch nicht einmal geküsst haben? Lukas hat es mit umarmen und streicheln belassen. Obwohl er gerne mehr möchte. Oder siehst du das anders?“

Leif wurde jetzt knallrot und wollte protestieren, dass wir doch uns da raushalten sollten. Wir haben ja vorhin erst gesehen, was passiert wäre. Ich sah das anders.

„Ja Tommy, ich denke du hast recht. Ich weiß aber auch nicht, wie wir ihnen das erleichtern können. Hast du eine Idee?“

Tommy bekam ein richtiges Grinsen in sein Gesicht. Er sah Leif an und meinte dann: „Leif, ich habe eine Idee, aber du musst da mitspielen. Wie wäre es denn, wenn wir es ihnen einfach vormachen würden. Also wie das mit dem Küssen in der Öffentlichkeit geht.“

Leif bekam nun etwas Panik und fragte: „Was hast du denn vor? Ich sehe doch schon, dass du irgendwas Verrücktes vorhast. Also ich höre.“

„Najaaa, ich wollte einfach bei einer guten Situation dich umarmen und dir einen richtigen Kuss geben. Aber nur wenn du damit einverstanden bist.“

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen, fand diese Idee aber richtig gut. Leif war ängstlich, er wusste nicht, was er sagen sollte. Deshalb gab ich meine Unterstützung dafür: „Leif, du musst dir nichts dabei denken, wir wissen ja alle, dass es nur Spaß ist. Und ich werde es den Jungs dann auch sagen, dass wir uns das absichtlich ausgedacht haben. Also komm, mach den Spaß mit.“

Leif war jetzt einverstanden und wir waren jetzt alle sehr gespannt, wie das wohl bei Mick ankommen würde. Die beiden kamen nun auch wieder zurück mit einem Tablett voller Getränke. Drei Cola, ein Alster und ein großes Bier. Ich sah etwas verwundert auf das Tablett.

Lukas bemerkte meinen skeptischen Blick: „Marc, stört dich das, wenn ich mir zur Feier des Tages ein Bier bestellt habe? Ich hatte da jetzt mal Lust drauf.“

„Nein, stören tut es mich nicht, du bist ja alt genug dafür, aber ich würde es gut finden, wenn du das nicht zur Gewohnheit werden lässt. Denn ich glaube, da gab es eine Begebenheit in der Vergangenheit, die nicht gut gelaufen war oder irre ich mich da?“

„Man Marc, das ist doch was ganz anderes gewesen. Ich habe da einen Fehler gemacht, bitte glaube mir, ich trinke nicht viel Alkohol. Frag doch Mick, ob wir viel trinken.“

„Ist schon gut, Lukas. Ich bin halt selber jemand der keinen Alkohol trinkt und finde, dass du mit 16 das nicht zur Gewohnheit werden lassen solltest.“

Dann war das Thema beendet und wir widmeten uns wieder unserem Spiel zu. Es dauerte auch nicht lange, dass Lukas wieder hinter Mick stand und ihm mit der Hand über den Rücken fuhr. Ich konnte förmlich spüren, wie Lukas sich nicht traute, weiter zu gehen. Er wollte Mick nicht bedrängen. Jetzt war Leif am Tisch und er hatte noch die letzte Kugel zu spielen. Tommy sagte zu ihm: „Leif, wenn du diesen Ball lochst, haben wir so gut wie gewonnen. Also los, hau ihn rein.“ Leif spielte den Ball und er fiel ins Loch. Nun musste Tommy nur noch die Schwarze versenken. Aber bevor er an den Tisch ging, kam er von der Seite auf Leif zu, er jubelte über den versenkten Ball und dann umarmte er Leif und gab ihm einen Kuss auf den Mund. Erst ganz vorsichtig und Leif war das erst unangenehm aber dann entspannte er sich und Tommy ließ es richtig krachen. Was für ein Kuss!

Mick und Lukas sahen mit großen Augen zu und beide wurden knallrot. Ich musste laut lachen und lobte die beiden: „Hey, das ist ja mal ein Kuss. So wird das gemacht, Mick. Hör endlich auf dich für eure Gefühle zu schämen. Ich möchte jetzt auch einen Kuss von euch sehen. Wenn die beiden Kleinen das können, dann solltet ihr das doch wohl mit Links können, oder?“

Das war nun zu viel für Lukas. Er nahm Mick in den Arm und küsste ihn so liebevoll, dass Mick sich ihm öffnen musste. Nachdem sie sich wieder getrennt hatten, sagte Tommy: „Na also, es geht doch. Warum denn nicht gleich so?“

Mick sah noch etwas verunsichert zu mir, aber ich zwinkerte ihm aufmunternd zu. Leif fand es auch schön und nun sagte Mick zu uns: „Leute, was war das denn eben? Leif bist du auch mit Tommy zusammen oder was sollte das eben?“

„Nein“, sagte ich nun, „aber wir konnten es nicht mehr mit ansehen, wie Lukas versuchte dich zu einem Kuss zu bewegen. Da hatte Tommy die lustige Idee, es euch einmal vorzumachen, wie das in der Öffentlichkeit geht. Und wie wir sehen, der Plan ist aufgegangen.“ Dabei grinste ich ihn an. Mick verstand nun was wir wollten. „Ok, ok, ich gebe es ja zu. Ich konnte mich nicht überwinden es offen zu tun. Es ist jetzt aber gut mit den Anspielungen. Wir brauchen keinen Anschauungsunterricht zum Thema Küssen.“ Dabei musste er aber auch lachen. Leif sah das natürlich anders: „Ach ja, und warum klappt das erst, nachdem wir euch gezeigt haben, wie man das macht? Außerdem könnte ich mich daran gewöhnen, das macht nämlich Spaß.“

Jetzt lachten wir alle laut durcheinander und Tommy wurde ganz verlegen, cool wie er war, meinte er nun: „Kein Problem Leif, wenn du willst, jederzeit wieder.“ Jetzt bekam Leif aber doch ein ungutes Gefühl. „Ne ne, lass mal lieber. Nicht dass das jemand sieht und wir morgen als neues Pärchen gelten.“

Jedenfalls war nun der Bann gebrochen und Mick konnte es jetzt auch locker sehen. Wir haben noch ein oder zwei Spiele gemacht, dann mussten wir leider schon zurück. Wir hatten uns extra die Erlaubnis geholt, mit den beiden „kleinen“ bis halb elf unterwegs sein zu dürfen. Denn sonst müssen sie schon um neun wieder im Internat sein. Es war eine gelöste Stimmung und ich brachte die Vier nun zurück.

Angekommen beim Internat, stiegen fünf gut gelaunte Personen aus. Mick und Lukas standen Arm im Licht der Laterne und sahen sich den Sternenhimmel an. Ich stand mit Tommy und Leif etwas abseits und wir ließen die beiden einen Moment in Ruhe. Lukas drehte sich um dann sagte er einen sehr schönen Satz: „Vielen Dank für diesen tollen Abend und ich bin froh solche Freunde zu haben. Marc, ich habe dir noch nicht auf dein Angebot geantwortet. Ich habe es noch nicht so richtig begriffen. Sei mir bitte nicht böse, ich brauche noch etwas Zeit mir darüber klar zu werden.“

„Lukas, keine Sorge, lass dir alle Zeit, die du brauchst. So eine Entscheidung trifft man nicht spontan. Versprich mir aber, wenn du Fragen hast, komm bitte zu mir.“

„Ja das mache ich und noch mal vielen, vielen Dank dafür.“ Mick hatte ihn im Arm und dann verabschiedeten sie sich bis morgen und gingen Richtung Eingang, Leif und Tommy standen noch bei mir und wir sprachen noch ein paar Worte über das, was bei ihnen morgen anstand. Ich erzählte ihnen, dass ich morgen mit den anderen vier unterwegs sein würde und wir uns morgen wohl nicht sehen würden. Die beiden waren nun ein wenig enttäuscht, aber ich erklärte ihnen, dass wir ja am Wochenende gemeinsam nach Spa fahren würden und dann dort einige Tage für uns haben würden. Ich wollte mich jetzt auch von ihnen verabschieden, da spürte ich bei Leif noch etwas Unruhe. Er hatte noch was auf dem Herzen, das konnte ich spüren. Tommy wurde schon ungeduldig.

„Tommy, kannst ruhig schon vorgehen, ich möchte mit Papa noch kurz reden, ok?“

„Alles klar, ich geh dann mal und euch dann morgen einen schönen Tag, Marc.“ Danach drehte er sich um und ging ebenfalls zum Eingang.

„So, was hast du noch auf dem Herzen?“

Leif wurde nun richtig verlegen und druckste ein wenig rum. Ich ging auf ihn zu und legte einen Arm auf seine Schulter: „Hey, was ist denn los? Was bedrückt dich denn?“

„Also, nun, ...“ er zögerte, „weißt du Papa, als Tommy mich vorhin geküsst hat, das war ein komisches Gefühl, erst war es unangenehm, aber als er mich dann auch umarmte und er mich einfach richtig drückte, habe ich plötzlich keine Angst mehr gehabt. Es wurde richtig schön. Es kribbelte im Bauch und ich hätte am liebsten noch länger mit Tommy so gestanden. Ist das normal, Papa?“

Ich ahnte worauf er hinaus wollte: „Ja Leif, das ist normal, du bist mit Tommy ja auch sehr eng befreundet. Ihr seid vertraut miteinander. Mach dir keine Gedanken darüber, Tommy hat es auch sehr gefallen, das konnte ich sehen. Also was macht dir dabei Kummer?“

„Ich weiß nicht, bin ich jetzt auch schwul? Ich meine, ich möchte im Moment kein Mädchen küssen aber mit Tommy fand ich das echt sehr schön. Ich habe Angst davor, schwul zu sein.“

„Ach Leif, mach dir nicht so viele Gedanken dazu, du bist erst dreizehn und da sind diese Gefühle zu deinem besten Freund gar nicht so ungewöhnlich. Das hat aber erst mal gar nichts mit schwul oder hetero zu tun. Es zeigt einfach nur, dass dir Tommy als Freund wichtig ist und ihr euch vertraut. Ich denke, du solltest es so machen, wie du es möchtest. Wenn du mit Tommy darüber reden möchtest oder ihr das noch mal machen wollt, tut es einfach. Es ist nichts Verbotenes oder hat mit Homosexualität zu tun. Und falls es dich beruhigt, falls du irgendwann mal doch merken solltest, dass du wirklich lieber nur mit Jungs zusammen bist, dann ist es eben so. Deshalb bist du für mich genauso wichtig wie jetzt. Aber für Jungs in deinem Alter ist das durchaus normal, dass du mit den Mädchen noch nichts anfangen möchtest und Tommy für dich viel mehr bedeutet.“

„Danke Papa, sagst du Mick bitte nichts davon, es ist mir unangenehm.“

„Klar, es muss dir nicht unangenehm sein, aber ich verstehe dich da. Das bleibt unter uns. Versprochen!“ Jetzt umarmten wir uns zum Abschied und dann ging er doch wieder lächelnd ins Haus. Ich sah ihm noch einen Moment nach und dann stieg ich ins Auto und fuhr nach Hause.

Als ich im Wohnzimmer saß, mit einer heißen Tasse Tee in der Hand, ging mir der heutige Tag noch einmal durch den Kopf. Alles in allem ist der Tag richtig gut gelaufen. Mick hatte sich „geoutet“ und Leif war damit sehr gut klargekommen. Lukas mochte ich auch sehr gern. Ich würde ihn sogar adoptieren wollen, wenn er das wollte und Leif fing an, mit mir offen auch über sehr persönliche Dinge zu reden. Allerdings spürte ich bei Leif noch eine sehr ereignisreiche Zeit auf mich zu kommen. Ich dachte, dass Thema Pubertät und Gefühle würde mich noch häufiger beschäftigen bei Leif. Ich ging nun noch mal den morgigen Tag im Kopf durch und stellte mir für halb neun den Wecker. Ich wollte in den Betrieb von Manuel und ihn für den Nachmittag frei bekommen. Ich hatte insofern Glück, das dieser Betrieb, derselbe Hersteller war, für den ich auch fuhr. Das sollte vielleicht da etwas helfen. Ich startete meinen Laptop und checkte meine Mails. Da waren auch die Bestätigungen für morgen. Die Autos und der Termin wurden bestätigt. Wir sollten um halb drei an der Strecke sein. Das würde auf jeden Fall klappen. Schlimmstenfalls ohne Manuel.

Am nächsten Morgen fuhr ich nach einem kurzen Frühstück zum Autohaus, in dem Manuel seine Ausbildung machte. Ich hatte mir extra eine Team Jacke genommen und fuhr nun auf den Hof dieses Betriebes. Es war ein recht großes Autohaus mit einer separaten Reparaturannahme und einem Autohaus daneben. Ich überlegte, wo ich zuerst hingehen sollte. In den Verkaufsbereich, wo ich vermutlich den Geschäftsführer treffen könnte, oder in den Werkstattbereich, wo ich mit Manuel und seinem Ausbilder reden könnte. Ich entschied mich erst mal für die Geschäftsleitung.

Also stieg ich aus dem Auto aus, zog mir die Jacke an und ging auf das große Eingangsportal zu. Ich ging zur Anmeldung und dort saß eine junge Dame, die mich freundlich begrüßte. Sie sah mich etwas prüfend an, erkannte die Jacke und überlegte wohl, ob sie mich kennen würde. Denn sie musterte mich ausgiebig. Ich stand also vor dem Tresen und fragte: „Guten Morgen, ich habe ein Anliegen, dass ich wohl am besten mit dem zuständigen Mitarbeiter besprechen möchte. Es geht um einen Auszubildenden in ihrer Werkstatt.“

Die Dame stutzte einen Moment aber dann folgte: „Einen Moment bitte, sagen sie mir bitte ihren Namen und um welchen Auszubildenden es geht.“ Ich stellte mich vor und ich gab ihr den Namen von Manuel. Sie telefonierte kurz mit jemandem und dann sagte sie freundlich: „Herr Steevens, der Chef kommt gleich zu ihnen, darf ich ihnen vielleicht einen Kaffee anbieten?“

„Oh, sehr gerne, das ist wirklich sehr nett von ihnen.“

„Bitte nehmen sie doch in der Sitzecke Platz, es wird noch einen kleinen Moment dauern. Sie dürfen sich auch gerne etwas umsehen, wenn sie möchten.“

Ich nickte und ging dann in die Sitzecke. Dort nahm ich mir ein Magazin, das unser Hersteller herausgab, um Kunden über die neuesten Entwicklungen zu informieren. Dort las ich unter anderem eine Vorschau auf unsere Sportwagen Saison. Es wurde das Team auf einem großen Foto vorgestellt. Dann kam ein Mann in einem sportlichen Anzug auf mich zu. Ich schätzte ihn auf Mitte dreißig. Er sah mich etwas ungläubig an: „Guten Morgen Herr Steevens, entschuldigen sie bitte die Wartezeit, aber es ist schon eine große Überraschung so prominenten Besuch hier zu haben. Was können wir für sie tun?“ Ich erläuterte ihm mein Anliegen und erklärte ihm, was ich vorhatte.

„Herr Steevens, eigentlich ist so etwas nicht so einfach möglich. Wenn Sie uns etwas früher informiert hätten, wäre das gar kein Problem. Ich muss mit dem Ausbilder reden, ob Manuel in wichtige Arbeitsprozesse eingebunden ist. Warten Sie doch bitte einen Augenblick. Vielleicht haben wir ja Glück.“ Ich bedankte mich für seine Unterstützung und er nahm sein Handy und telefonierte kurz. Dann beendete er das Gespräch und wandte sich wieder an mich. „So Herr Steevens, ich nehme mal an sie wollten den Manuel überraschen, ich habe den Meister gebeten ihm noch nichts zu sagen und sie fahren am besten mit ihrem Auto in die Werkstatt. Der Meister weiß Bescheid und wird sie in Empfang nehmen. Ich habe aber auch noch eine Bitte, bevor sie wieder fahren, möchte ich ein Foto hier mit ihnen machen. Ist das in Ordnung für sie?“

„Ja sicher, erst mal vielen Dank für ihre Hilfe. Bis gleich dann.“ Ich ging nun zu meinem Auto und fuhr vor das Tor der Fahrzeugannahme. Ich hatte zwar keine Reparatur, aber ich hatte doch eine Kleinigkeit, die sie vielleicht lösen konnten. Denn die Innenbeleuchtung hinten war nicht mehr ganz in Ordnung. Ich denke es war die kleine Birne zu wechseln. Das wäre ein guter Vorwand um das Ganze hier zu regeln.

Ich stieg aus und der Meister kam auch schon durch das Tor zu mir. Er begrüßte mich freundlich und wir sprachen kurz über das kleine Problem und den Sachverhalt. Er sagte, ich sollte das Auto in die Halle fahren und er würde dann Manuel bitten, das zu reparieren. Also stieg ich wieder ein, fuhr durch das große Hallentor und stellte es an dem vorgesehenen Platz ab. Ich blieb noch sitzen, bis ich Manuel mit dem Meister kommen sah. Ich öffnete die Tür und stieg aus.

Manuel hatte mich noch nicht erkannt, denn ich stand noch mit dem Rücken zu ihm und der Meister ließ sich von mir das Problem erklären und zeigen. Dann drehten wir uns zu Manuel und er erschrak sichtlich. „Hallo Manuel, schön dich wieder zu treffen. Ich habe ein kleines Problem mit meinem Auto, würdest du das bitte in Ordnung bringen?“

„Herr Steevens, ich bin etwas überrascht, also damit habe ich nicht gerechnet. Ja natürlich mache ich das schnell. Ich hole nur gerade das passende Leuchtmittel.“ Er ging wieder nach hinten, ich klärte den weiteren Verlauf mit dem Meister, dass Manuel heute mittags freimachen würde. Der Meister verabschiedete sich und da kam Manuel auch schon wieder. Er ging sofort an die Arbeit, baute die Abdeckung der Lampe ab und tauschte schnell die Birnen aus.

„So Herr Steevens, jetzt ist wieder alles in Ordnung.“ Wir waren mittlerweile alleine am Fahrzeug und da spürte ich seine Neugier.

„Manuel, vielen Dank für die schnelle Hilfe. Ich bin aber auch aus einem anderen Grund hier.“ Jetzt wurde er richtig nervös: „Lassen Sie mich raten, es geht um gestern und um Micks Geschichte. Habe ich mich gestern vielleicht falsch verhalten, als ich so direkt zu Ihnen war?“

„Nein Manuel, du hast dich korrekt verhalten und ich bin dir sehr dankbar, dass du es so direkt gesagt hattest. Pass auf, ich habe eine Überraschung für dich. Du bist hier heute ab ein Uhr mittags freigestellt. Sei bitte mit sportlich bequemen Sachen am Treffpunkt. Ich hole dich dort ab. Wir werden heute mit den anderen drei einen schönen Männernachmittag machen. Ach ja und vergiss deinen Führerschein bitte nicht.“

Manuel war sichtlich sprachlos, er brauchte einen kleinen Moment, um zu begreifen, was ich wollte. „Herr Steevens, ich freue mich sehr über diese Überraschung, nehme aber an, Sie wollen mir noch nicht verraten, was sie vorhaben.“

„Sehr richtig, Manuel.“

„Aber sagen sie mir bitte, haben sie schon mit Mick gesprochen?“ Er war sichtlich angespannt nun.

„Ja, ich habe mit ihm und Lukas gesprochen. Mach dir keine Sorgen, es ist alles geklärt. Und ich habe keine Probleme damit, dass Lukas wohl mein Schwiegersohn wird.“ Dabei zwinkerte ich ihm zu und er bekam ein echtes Lächeln ins Gesicht. Ich gab ihm meine Hand und dann sagte ich noch zu ihm, er möge doch bitte das Auto noch auf den Hof fahren und dann rüber zu seinem Geschäftsführer kommen, wegen des Fotos. Er nickte und dann stieg er in mein Auto ein und ich ging zu Fuß in den Autohausbereich. Die Mitarbeiter beobachten mich alle sehr genau, aber niemand traute sich mich anzusprechen. Es schien so, als ob der Chef mittlerweile allen Mitarbeitern Bescheid gesagt hatte. Jedenfalls machten wir mit Manuel und der Geschäftsleitung noch ein Foto und dann bedankte ich mich für die Unterstützung und fuhr wieder vom Hof.

Ich hatte also alle vier Jungs nun an Bord. Jetzt konnte der Nachmittag kommen. Ich war sehr gespannt, wie Tim und Manuel wohl damit umgehen würden. Mick und Lukas durften ja noch nicht fahren. Ich hatte aber geplant, sie auf der Rennstrecke mal an das Steuer zu lassen. Sie sollten es ausprobieren dürfen.

Marc: Mit den vier „großen“ Jungs beim Männernachmittag

Pünktlich um eins war ich am Internat und holte Mick und Lukas ab. Sie waren ein wenig aufgeregt, weil sie ja keine Ahnung hatten, was ich geplant hatte.

„Hallo ihr zwei. Na, wie war euer Tag heute so? Alles gut gelaufen in der Schule?“

„Ja Papa, wirklich ein guter Tag bisher. Ich fühle mich richtig gut. Vor allem mit Lukas an meiner Seite.“ Er wollte Lukas direkt umarmen aber Lukas wehrte es im Beginn schon ab mit den Worten: „Nein Mick, nicht jetzt und hier. Wenn uns jemand sieht, gibt das Stress. Warte damit bis wir hier weg sind.“

Mick bemerkte Lukas Angst und nahm sich zurück. „Ja, du hast Recht, danke. Ich hatte da jetzt nicht dran gedacht.“

Ich fand es sehr bedauerlich, dass die beiden noch nicht soweit waren, ihre Liebe auch öffentlich im Internat zu zeigen. Aber ich hatte dafür vollstes Verständnis. Diesen zusätzlichen Stress mussten sie sich nicht antun. Wir stiegen nun schnell wieder ein und holten als ersten Tim von der Schule ab. Lukas kannte den Weg und so waren wir in wenigen Minuten vor Tims Schule. Ich wollte meinen Jungs eigentlich etwas Zeit zum Kuscheln im Auto gönnen und selbst Tim vor der Schule in Empfang nehmen, aber Lukas war der Meinung, das wäre nicht klug. Wenn man mich erkannt hätte, wäre unser Zeitplan sicherlich aus dem Ruder gelaufen. Von daher wartete Lukas vor der Schule auf Tim. Er kam dann auch recht zügig aus dem Eingang der Schule hinaus. Er begrüßte Lukas herzlich und dann kamen sie direkt zu unserem Auto.

„Hallo Herr Steevens, hi Mick, alles in Ordnung bei euch?“ Mick lächelte ihn an: „Hi Tim, ja alles gut bei uns.“

Tim stieg vorne ein und Lukas setzte sich zu Mick nach hinten. Damit keine Missverständnisse aufkamen, klärte ich Tim direkt über den Sachstand auf. Er war sichtlich erleichtert: „Mick, ich bin wirklich froh, dass ihr das aus der Welt geschafft habt. Deine Angst war wohl nicht so begründet, oder?“ Dabei musste er kräftig lachen. Mick gab die Antwort auf seine Art, er küsste Lukas erst mal heftig auf den Mund.

Jetzt waren wir kurz vor Manuels Wohnung und ich merkte, dass Tim jetzt etwas unruhiger wurde. Als wir in Manuels Straße einbogen, stand er schon an der Straße. Wir hielten kurz an, damit er einsteigen konnte. Wir hatten nicht mehr so viel Zeit, deshalb fuhr ich recht zügig durch die Stadt, um möglichst bald aus der Stadt zu kommen. Jetzt stieg doch die Spannung bei den Jungs spürbar an. Mick konnte als Erster nicht mehr abwarten: „Papa, wo fahren wir eigentlich hin? Ich kenne mich hier gar nicht mehr aus. Du tust so geheimnisvoll. Müssen wir uns auf was Verrücktes gefasst machen?“

„Tja liebe Leute, da werdet ihr noch ungefähr zehn Minuten Geduld haben müssen.“

Mittlerweile hatte aber Tim eine Ahnung, wo es hingehen würde: „Hey Manuel, weißt du auch wo wir sind? Ich glaube wir fahren dahin, wo wir in der Fahrschule auch mal waren. Die kleine Rennstrecke mit dem Sicherheitszentrum. Deshalb sollten wir auch unseren Führerschein mitnehmen.“

Lukas war nun ganz aufgeregt: „Marc, stimmt das etwa? Wir fahren auf eine Rennstrecke?“

Ich wollte sie nun nicht länger warten lassen: „Ja Jungs, Tim hat Recht. Wir fahren zu der Rennstrecke. Und ich habe dort für euch einiges vorbereitet. Lasst euch überraschen.“

Jetzt bogen wir ab auf die Einfahrt zu dem Gelände. An der Einfahrt standen eine Schranke und ein Häuschen für die Anmeldung. Wir stellten das Auto an die Seite und gingen zusammen Richtung Anmeldung. Wir wurden bereits erwartet, denn unser Instruktor nahm uns direkt in Empfang. Nachdem die Formalitäten und die Führerscheine geprüft wurden, gingen wir in den Innenbereich der Anlage.

Wir wurden über eine Treppe in ein Gebäude geführt, wo sich Schulungsräume befanden. Dort fand die offizielle Begrüßung statt. Den Jungs wurde die Strecke erklärt und an welche Regeln sie sich zu halten hatten. Nach ungefähr dreißig Minuten Unterweisung und Streckenerklärung gingen wir hinunter in den Boxenbereich. Dort standen die beiden Fahrzeuge, die uns zur Verfügung standen. Es waren zwei R8 V10 Spyder. Allerdings waren diese noch unter Planen gut versteckt. Die Jungs sollten nicht zu nervös werden. Jetzt standen wir also in der Box, drei Instruktoren, vier Jungs und ich. Dazu noch ein Techniker unseres Herstellers. Mick und Lukas staunten nicht schlecht über den Aufwand. Bei Tim und Manuel machte sich langsam etwas Panik breit, denn sie konnten wohl erkennen, dass die Fahrzeuge recht breit und flach seien. Jetzt wurde Tim unruhig und er kam zu mir und fragte: „Herr Steevens, sind Sie sich sicher, dass wir hier selber fahren sollen? Ich meine, wir sind doch noch Anfänger.“

Ich musste lachen: „Genau deshalb machen wir das ja. Ihr sollt ja was lernen und nicht auf Zeitenjagd gehen. Wir wollen nur etwas Spaß haben. Und Manuel, komm doch bitte auch mal hierher, ich will euch jetzt erst mal zeigen, welche Geräte wir denn hier bewegen werden. Aber bevor wir jetzt anfangen, möchte ich noch darum bitten, dass wir uns duzen. Also ich bin Marc für euch. Wir werden vermutlich in Zukunft häufiger miteinander zu tun haben.“ Ich gab den beiden die Hand und sie waren doch sehr erstaunt darüber.

Jetzt standen wir direkt an den beiden abgedeckten Fahrzeugen. Einer der Instruktoren und ich nahmen nun die Plane in die Hand und zogen sie vom Wagen weg. Jetzt staunten Tim und Manuel erst recht. Tim wurde richtig aufgeregt: „Oh Mann, damit sollen wir fahren. Ich habe noch nie mehr als meine 75 PS mit dem Golf meiner Mutter bewegt. Marc, ist das nicht etwas heftig für uns?“

Manuel hingegen freute sich wie ein kleines Kind: „Wow, wie geil ist das denn? Wir dürfen wirklich damit um die Strecke fahren und du wirst uns zeigen, wie das geht? Ich fasse es nicht.“

„Ja Jungs, ich habe gedacht, dass würde euch wohl Spaß machen. Aber ihr müsst wissen, ihr fahrt erst mal nur in Begleitung, entweder von mir oder von einem der Instruktoren. Für Mick und Lukas noch zur Info. Ihr beide dürft ebenfalls mit mir ein paar Dinge selber fahren. Ich habe dafür extra eine Erlaubnis besorgt. Das heißt, ihr dürft heute das erste Mal selbst hinter das Steuer.“

Jetzt waren auch die beiden einfach sprachlos. Lukas und Mick kamen auf mich zu, umarmten mich und strahlten mich an. „Marc, meinst du das ernst? Wir dürfen wirklich mit diesem Geschoss selber fahren?“ Lukas war sichtlich beeindruckt über diese Möglichkeit.

„Ja Lukas, genau das. Es wird schon klappen, ich sitze ja neben euch. Wenn ihr das macht was ich euch sage, wird das schon gut gehen. Keine Sorge. Allerdings das schnelle Fahren überlasst ihr bitte uns Profis. Ok?“

Jetzt wurden unsere Instruktoren auf dem Testgelände verteilt und ich sollte mit einem R8 und Tim auf die Strecke und Manuel mit einem der Instruktoren. Das hieß aber, Mick und Lukas mussten an der Box bleiben. Das gefiel mir nicht. Ich nahm mir den Streckenchef an die Seite und schlug was anderes vor. Ich wollte mit meinem RS6 zumindest die Streckeneinführung fahren. Da konnten die Jungs ja mitfahren und wir würden ja eh recht langsam fahren. Wir einigten uns darauf, der RS6 würde die Streckenvorstellung mitfahren und dann auf dem Sicherheitsparcours von Mick und Lukas bewegt werden mit einem Instruktor an der Seite. So konnten wir alle parallel fahren. Mick und Lukas sollten erst mal nur Fahrübungen auf dem Fahrsicherheitsgelände machen. Später würde ich mit ihnen einige schnelle Runden im R 8 fahren. Damit Lukas auch mal eine Vorstellung bekommt, was eigentlich sicheres Schnellfahren ist.

Also holte ich jetzt mein Auto vom Parkplatz und fuhr es auf die Strecke. Die beiden R8 wurden mittlerweile auch aufgewärmt und dann standen drei schnelle Autos bereit, um sich auf die Strecke zu machen. Ich stieg in den R8 um und Tim bei mir ein. Manuel in den anderen R8 und mein Mick mit Lukas in den RS6. Dort fuhr jeweils einer der Instruktoren. Wir drehten erst mal vier langsame Runden und bekamen die Strecke erklärt. Nach weiteren fünf schnelleren Runden steuerten wir wieder die Boxen an.

Mick und Lukas sollten jetzt rüber auf das Sicherheitsgelände fahren und dort unter Anleitung einige Fahrsicherheitsübungen lernen.

Ich wollte nun mit Tim hinter dem Steuer einige Runden auf der Strecke fahren und Manuel im anderen Spyder. Dann gab es eine Manöverkritik und wir wollten dann entscheiden, ob sie einige Runden auch schneller fahren durften. Über Funk bekamen die Jungs an einigen Stellen der Strecke genaue Anweisungen und Korrekturen. Tim stieg nun ein, ließ sich von mir die richtige Sitzposition erklären, denn er saß viel zu weit weg vom Lenkrad. Ich spürte wie nervös er war, deshalb legte ich ihm die Hand auf die Schulter und sagte: „Tim, keine Sorge. Mach nur das, was wir sagen und alles wird viel Spaß machen. Du musst keine Angst haben. Es ist nur ein Auto.“

Tim daraufhin: „Ja Marc, aber ein verdammt starkes und sehr teures Auto. Ich will nichts kaputt machen.“

„Keine Sorge, du machst das schon. Wenn ich das Gefühl habe, du bist zu schnell, werde ich es dir sagen. Also vertrau mir einfach. Du kannst das.“ Man konnte förmlich sehen, wie er sich freute auf das kommende Erlebnis. Also schnallten wir uns an und Tim fuhr los. Manuel hinter uns her. Tim bekam sehr schnell die Bedienung der Schaltung mit den Schaltwippen in den Griff und er wurde immer sicherer. Er hatte ein gutes Händchen für das Auto. Ich gab immer wieder Hinweise für die Linie und er wurde immer zügiger in der Fahrweise. Auf der Geraden sollte er nun mal richtig Vollgas geben und die fast 600 PS mal frei lassen. Er gab Gas und erschrak über die gewaltige Kraft des Motors. Aber ein Strahlen in seinem Gesicht, zeigte mir, wie glücklich er war. Manuel folgte uns immer in ausreichendem Abstand. Über Funk konnte ich hören, dass unsere Jungs sich sehr ordentlich anstellten und keine schweren Fehler machten oder gar leichtsinnig waren. Nach zehn gefahrenen Runden sollten wir die Boxen wieder anfahren. Wir rollten in die Box und Tim parkte das Auto vor der Box. Er stellte den Motor ab und wir stiegen aus. Nachdem Manuel mit seinem Instruktor ebenfalls ausgestiegen war, baten wir die Jungs uns einen Moment allein zu lassen. Manuel und Tim gingen nach oben in den Schulungsraum. Dort würden wir gleich das weitere Vorgehen erklären.

Mick und Lukas waren ebenfalls gut unterwegs und ich hörte über Funk, dass ihre Instruktoren sehr zufrieden waren. Sie hatten ja noch nie selbst in einem richtigen Auto hinter dem Steuer gesessen. Vor allem für Lukas war das völlig neu.

Jetzt war erst mal Besprechung angesagt. Ich ging mit den Instruktoren zur Manöverkritik in einen Nebenraum. Dort wurde mir berichtet und wir waren uns einig, dass Tim und Manuel einige Runden allein fahren sollten, um sehen zu können, ob sie weiterhin so besonnen fahren würden und sich von Runde zu Runde steigern. Ich würde in der Zeit mit Lukas und Mick im RS6 einige Runden fahren. Ich wollte ihnen zeigen, was denn so mit diesem Auto zu machen ist. Sie sollten dann zum Schluss jeder einige Runden selbst fahren dürfen. Das wollte ich aber erst kurz vorher sagen.

Als wir die Treppe zum Besprechungsraum hoch gingen, hörten wir die Vier sehr lebhaft erzählen. Sie waren sehr aufgedreht und freuten sich wie die kleinen Kinder. Wir öffneten die Tür und traten ein. Es wurde sofort still. Ich musste innerlich lachen. Vier erwachsene Jungs, oder fast erwachsene, saßen nun nebeneinander und starrten gespannt auf das, was nun kommen würde. Tim und Manuel saßen nebeneinander und hatten ihre Arme um die Schultern gelegt. Lukas und Mick saßen Hand in Hand neben ihnen. Ein niedliches Bild. Ich konnte in ihren Gesichtern erkennen, wie glücklich sie waren. Jetzt gab es Lob und Kritik und dann bekamen sie ihre neuen Aufgaben. Tim und Manuel waren ungläubig darüber, dass sie nun ohne Begleitung fahren sollten.

Auf dem Weg wieder zu den Autos kam Tim zu mir: „Marc, ich weiß gar nicht, wie wir das jemals zurückgeben können. Das ist so geil hier. Vielen, vielen Dank dafür.“

Manuel kam nun hinzu und umarmte mich freudestrahlend: „Ja Tim hat Recht. Es ist unfassbar, was ich hier schon gelernt habe. Und jetzt noch einige Runde alleine fahren. Toll!“

„Es freut mich, dass es euch gefällt. Mick, wie sieht das bei euch aus? Klappt das mit dem Fahren?“

„Ja geht so Papa, ist doch nicht so einfach, wie es aussieht aber es macht richtig Spaß. Lukas ist aber auch nicht ungeschickt. Er hat ja sowas vorher noch nie gemacht.“

Lukas wurde nun etwas rot, denn ich hatte von dem Instruktor gehört, dass er wohl zweimal fast einen Unfall gemacht hätte, weil er eben nicht entschlossen genug gebremst hatte.

„Naja, wisst ihr, auch richtiges Bremsen will gelernt sein. Ich denke wir werden nun mal versuchen, ob wir nicht mit dem Kombi hinter den beiden Jungs herfahren können.“ Dabei konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Lukas realisierte, was ich vorhatte, und fragte nach: „Marc, müssen wir jetzt Angst haben? Ich meine, wenn du richtig schnell fahren willst, wird es doch gefährlich oder nicht?“

„Nein Lukas, keine Angst. Ich fahre nur so schnell, wie ihr es möchtet. Wenn es zu schnell wird, sag bitte Bescheid. Das muss dir nicht peinlich sein. Aber ich denke wir sollten mal schauen was so geht.“

Da wir nun etwas zügiger fahren würden, sagte ich für alle die Helmpflicht an. Wir verteilten uns nun auf die Autos. Tim und Manuel jeweils in einem R8 und Lukas, Mick und ich am Steuer des RS6. Ich ging noch mal zu Tim und Manuel und sagte ihnen, sie sollten nicht versuchen über ihren Verhältnissen fahren. Dann fuhren sie los. Ich ging zu meinem Auto, stieg ein, schnallte mich selbstverständlich an und los ging es.

Ich fuhr erst mal nur normal zügig. Die Jungs sollten sich an die Geschwindigkeit gewöhnen. Lukas saß vorne und Mick auf der Rückbank. Mick kannte das ja schon und war das besser gewohnt. Nach drei zügigen Runden waren die beiden Jungs im R8 nur noch 100 Meter voraus. Ich nahm jetzt den Boost-Knopf in Betrieb. Damit konnte ich kurzfristig mehr Ladedruck abrufen. Ich fuhr nun wirklich richtig schnell und das Auto bewegte sich im Grenzbereich. Manchmal kam es zu leichten Drifts. Mick grinste von einem Ohr zum anderen, Lukas war etwas still geworden. Jetzt fuhr ich direkt hinter Manuel und wollte ihn beim Anbremsen überholen. Da er aber wohl nicht in den Rückspiegel geschaut hatte, musste ich den Vorgang abbrechen. Es war nicht gefährlich, aber ich merkte, dass Lukas sich richtig festkrallte. Ich sah zu ihm hinüber und er sah nur starr nach vorne. Ich merkte, es war ihm nicht so geheuer, wenn das Auto quer um die Kurve kam. Ich nahm etwas Speed raus und fragte: „Hey Lukas, alles in Ordnung bei dir? Du siehst so blass aus?“

Lukas nickte, aber sagte auch: „Ich hätte nie gedacht, dass man mit einem Kombi so schnell fahren kann. Ich bin das überhaupt nicht gewohnt.“

„Soll ich langsamer fahren? Du musst es sagen, wenn es dir zu heftig wird.“ Ich sah Mick enttäuschtes Gesicht im Rückspiegel. Er mochte immer schon gerne schnell fahren, aber hier wollte ich auf Lukas Rücksicht nehmen.

Mick wollte natürlich, dass ich so schnell fahren würde, wie es das Auto zuließ, deshalb redete er auf Lukas ein: „Lukas, Papa weiß was er tut. Du musst ihm vertrauen. Wir können noch eine ganze Ecke schneller fahren. Ich spüre das. Komm, sei nicht so ängstlich.“

Lukas war es aber gar nicht geheuer, dennoch wollte er Mick gegenüber nicht als feige gelten. Ich fragte extra noch mal bei Lukas nach, ob es in Ordnung wäre, wenn ich jetzt noch mal ein paar Runden richtig schnell fahren würde. Er nickte jetzt. Mick grinste schon.

Nun ließ ich den Kombi die volle Leistung ausspielen und fuhr teilweise über 270 Kilometer pro Stunde. In kürzester Zeit hatte ich Manuel überholt und war nun schon sehr knapp hinter Tim. Allerdings Tim fuhr wirklich gar nicht schlecht. Er war für einen Anfänger ganz schön schnell unterwegs. Ich konnte nicht so ohne weiteres überholen. Ich wollte ja auch kein Risiko eingehen. Tim fuhr nun immer schneller vor mir her. Ich konnte sehen, dass er über seinen Verhältnissen fuhr. Seine Linie war nicht mehr sauber. Ich nahm Gas raus, um keinen Unfall zu provozieren. Als Tim merkte, ich würde es nicht mehr versuchen ihn zu überholen, fuhr er auch wieder langsamer. Mir wurde das jetzt aber zu gefährlich, ich ließ Tim über Funk mitteilen, er sollte an die Box fahren. Ich folgte ihm in sicherem Abstand.

Das würde gleich erst mal eine Ansage von mir geben. Ich war sauer auf Tim. Ich hatte es extra angesagt. Niemand soll ein überhöhtes Risiko eingehen. Lukas und Mick merkten es mir auch an.

„Papa, du bist jetzt sauer auf Tim, oder? Er war viel zu schnell unterwegs und hätte zweimal fast das Auto verloren.“

„Ja, gut beobachtet, Mick. Das ist einfach zu gefährlich. Wenn er bei der Geschwindigkeit abfliegt, wird das weh tun. Das darf nicht passieren sowas. Warum versucht er mit mir zu konkurrieren?“

Mittlerweile stand Tim nun direkt vor mir in der Boxengasse. Einer der Instruktoren stand an seiner Fahrertür und gab ihm Anweisungen. Ich löste meinen Sicherheitsgurt und stieg aus. Ich sagte Lukas und Mick, sie mögen bitte sitzen bleiben. Manuel fuhr weiterhin seine Runden. Ich ging auf den Instruktor zu und er berichtete mir, dass Manuel richtig konstante Zeiten fuhr. Nicht super schnell, aber sehr gleichmäßig. Ich sagte ihm, er soll Manuel anfunken und ihm sagen, er soll versuchen etwas mutiger in der dritten Kurve beim Bremsen zu sein. Dann würde er mindestens eine halbe Sekunde schneller sein pro Runde. Jetzt wollte ich noch wissen, was er zu Tim gesagt hatte. Er grinste mich an und sagte nur: „Nicht viel, nur dass er sich auf einen Elfmeter von dir einstellen soll.“ Dann zwinkerte er mir zu und ging weg. Ich stand nun vor der Fahrertür seines R8 und Tim saß etwas unsicher in seinem Sitz.

„Tim“, sagte ich, „steig bitte aus. Das ist mir entschieden zu gefährlich wie du versuchst mit mir zu konkurrieren. Ich möchte nicht, dass du dir weh tust. Wenn du in der Kurve neun bei über 200 Kilometern pro Stunde abfliegst, wird das nicht nur sehr teuer, sondern auch sehr weh tun. Für dich ist erst mal Schluss mit fahren.“

Er sah mich enttäuscht an und sehr traurig stieg er aus dem Auto aus. Ich konnte sehen, dass es ihm sehr unangenehm war. Er konnte in der Situation aber noch nicht zugeben, hier einen schweren Fehler gemacht zu haben. Er ging sehr niedergeschlagen in die Box zurück.

Mick und Lukas waren nun doch ausgestiegen und sahen mich fragend an: „Marc, hast du ihn jetzt bestraft? Oder weshalb musste er aussteigen?“, fragte Lukas nun.

„Nein, ich habe verhindert, dass er sich wehtut. Er sieht das jetzt vermutlich als Strafe an, aber ich trage die Verantwortung. Deshalb soll er sich jetzt erst mal beruhigen. Lukas, gehst du bitte zu ihm und kümmerst dich etwas um ihn. Ich würde jetzt gerne mit Mick noch ein paar richtige Runden mit dem R8 fahren.“

„Ja mache ich, aber Marc kannst du echt noch schneller fahren als eben?“

Ich musste lächeln und gab ihm als Antwort: „Lukas, ich denke mit dem R8 kann ich eine ganze Ecke schneller fahren. Vermutlich drei Sekunden pro Runde.“

Lukas wurde blass und sagte: „Ok, es ist wirklich besser, wenn du das nur mit Mick machst, aber ich möchte Mick in einem Stück wieder haben. Nicht dass ich nachher ihn in Einzelteilen zusammen suchen muss.“

Ich musste einfach laut lachen. Stieg in den R8 und fuhr mit Mick los. Wir ließen das Auto förmlich um den Kurs fliegen und Mick strahlte über das ganze Gesicht. Er gab mir immer den Daumen hoch, als Zeichen, dass ich weitermachen sollte. Manuel fuhr wirklich eine sehr saubere Linie, war sehr aufmerksam, als er bemerkte, dass wir nun viel schneller waren als er. Er fuhr mit sehr viel Übersicht rechtzeitig an die Seite, so dass wir nicht großartig behindert wurden. Ich war wirklich sehr angetan von ihm. Das musste ich ihm auch hinterher noch unbedingt sagen, dachte ich so für mich. Wir waren jetzt richtig schnell und ich kam mit ungefähr 230 auf Kurve neun zu, bremste kurz an und wollte einlenken, als es plötzlich ein sehr komisches Geräusch gab. Das Lenkrad schlug böse aus und ich geriet von der Strecke. Bevor ich auch nur eine Sekunde denken konnte, sah ich den Reifenstapel auf uns zukommen. Verdammt, das würde böse werden. Ich konnte durch einen Reflex den Frontalaufprall verhindern, allerdings traf ich den Stapel nun vorne links und wir bekamen dadurch eine heftige Rotation. Wir drehten uns drei- oder viermal um die eigene Achse, das Auto drohte einmal fast sich zu überschlagen und Mick schrie kurz auf. Wenige Sekunden später kamen wir dann in einer großen Staubwolke neben der Strecke zum Stehen. Ich sah zuerst zu Mick, ob er sich weh getan hatte. Mick saß regungslos in seinem Sitz.

„Mick, sag was. Bist du ok?“ Ich war einen Moment richtig besorgt. Denn der erste Aufprall war nicht ohne gewesen. Dann stöhnte Mick kurz auf und zeigte mir den Daumen. Das war eine Erlösung für mich. Ich schnallte mich ab und öffnete die Tür. Mittlerweile war Manuel ebenfalls bei uns angekommen und lief auf unser Auto zu. Er hatte richtig Panik in den Augen. Er rief: „Marc, um Himmels Willen, seid ihr in Ordnung? Was ist mit Mick? Was ist passiert?“

Ich musste mich erst mal sortieren und kümmerte mich um Mick. Er war mittlerweile ausgestiegen und sah aber sehr blass aus. Ich ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm.

„Mick, ist alles ok bei dir? Tut dir etwas weh?“ Ich war richtig besorgt. Mick gab mir aber zu verstehen, dass er sich wohl nicht ernsthaft wehgetan hatte. Manuel stand mit Tränen in den Augen neben uns. Er zitterte am ganzen Körper. Er hatte den ganzen Unfall beobachtet direkt hinter uns. Ich sah ihn an und er war kreidebleich im Gesicht.

„Manuel, geht’s dir gut? Du siehst aber nicht gut aus“, versuchte ich etwas locker seine Angst zu nehmen. Ich hatte Mick noch im Arm und ich setzte ihn erst mal ins Gras. Dann bat ich Manuel, den anderen R8 herzufahren und Mick mit zur Box zu nehmen. Ich wollte mit den anderen Instruktoren das Auto begutachten und versuchen herauszufinden, was eigentlich diesen Unfall ausgelöst hatte. Mick wollte aber noch nicht mitfahren. Er wollte noch bei mir bleiben. Mittlerweile waren zwei Sicherungsfahrzeuge mit den Instruktoren angekommen. Sie kümmerten sich um uns, insbesondere um Mick. Jetzt hatte ich erstmals Gelegenheit mir das Auto anzusehen. Auf einen Blick war das ein glatter Totalschaden. Der Vorderwagen war vollkommen zerstört und vorne rechts fehlte die komplette Radaufhängung. Das wunderte mich jetzt aber doch sehr. Denn der Aufprall war vorne links.

Nach einigen Minuten kam mein RS6 zu uns gefahren. Ich sah, dass alle beiden Jungs mit im Auto saßen und vor allem Lukas sah sehr mitgenommen aus. Als das Auto hielt, sprang Lukas schon heraus und lief auf Mick zu. Er umarmte ihn und gab ihm einen Kuss. Er war total aufgelöst, es liefen ihm die Tränen aus dem Gesicht. Tim stand noch etwas abseits am Auto und Manuel stand neben mir. Er fragte mich leise: „Marc, ist euch etwas passiert? Wie geht es Mick? Ich glaube Lukas ist total wütend auf dich. Er hatte eben dermaßen über dich geschimpft.“

„Danke Manuel, ich denke wir sind alle in Ordnung. Soso, Lukas ist sauer auf mich. Nun ja, was soll ich jetzt sagen. Lassen wir die beiden einfach mal einen Moment in Ruhe.“

Ich sah jetzt, wie Lukas mit Mick im Arm, wortlos von dem Geschehen wegging. Er würdigte mich keines Blickes mehr. Mick sah mich noch an, wollte aber mit Lukas jetzt nicht streiten.

Mittlerweile hatten wir die Lage sortiert. Die Instruktoren hatten die fehlende Radaufhängung exakt an der Stelle gefunden, wo ich das seltsame Geräusch gehört hatte. Es schien also ein klarer Materialfehler die Ursache gewesen zu sein. Wir konnten von Glück sagen, dass dieser Unfall mit mir am Steuer passiert war und nicht mit Tim am Steuer. Tim hatte jetzt auch den Mut gehabt, zu uns zu kommen. Er stand ängstlich neben Manuel.

„Marc, du hast uns aber einen Schrecken eingejagt. Jetzt wird mir erst bewusst, wie heftig das gewesen sein muss. Ich muss mich bei dir entschuldigen und mich bedanken, dass du vorhin bei mir die Notbremse gezogen hast. Es tut mir wirklich leid, dass ich mich nicht an deine Anweisungen gehalten habe.“ Ich sah ihn an und ging auf ihn zu. Nahm ihn in den Arm und sagte: „Tim, es ist in Ordnung. Schön, dass du so einsichtig bist. Ich wollte dich nicht bestrafen oder fertigmachen. Ich wollte einfach verhindern, dass du dir wehtust. Stell dir vor, das wäre mit dir am Steuer passiert.“

Tim wurde sehr nachdenklich und ich konnte sehen, wie sehr ihm das naheging.

„Marc, kann das eine Folge meiner Fahrweise gewesen sein? Ich mache mir Vorwürfe.“

„Nein Tim, ich denke nicht. Das muss das Auto aushalten. Ich finde es nur sehr schade, dass Lukas mich hier so abgestraft hat, indem er mit Mick einfach weggegangen ist. Darüber werde ich wohl noch mal reden müssen. Meint er vielleicht, ich würde das Leben meines Sohnes leichtfertig aufs Spiel setzen oder was sollte das jetzt?“

„Marc, ich glaube nicht, dass er in der Situation überhaupt nachgedacht hat. Mick sah auch nicht gerade glücklich aus, wie Lukas mit ihm weggehen wollte. Ich glaube Lukas hatte einfach große Angst. Mick wird sicherlich mit ihm reden, dass er sich nicht gut verhalten hat.“

„Ich will das schwer hoffen. Er hat wohl vergessen, dass Mick immer noch mein Sohn ist. Er kann noch so sehr mit ihm liiert sein, aber das geht mir zu weit.“ Ich war mittlerweile richtig wütend auf Lukas. Also hier war eigentlich nichts mehr zu tun für mich. Das Auto wurde abtransportiert und ich ging mit Tim in Richtung Auto. Manuel sah mich fragend an: „Marc, wo willst du hin? Wer fährt sonst den R8 zurück?“

„Wieso? Du bist doch auch mit dem Auto hergefahren also setz dich rein und fahr ihn zurück. Ich fahre mit dem RS6 mit.“

„Marc, ich möchte, dass du zurückfährst. Ich bin noch etwas zittrig.“

„Ok, meinetwegen. Tim du fährst dann den RS6, ich komme mit Manuel dann zurück.“ Ich ging also mit Manuel zum R8, aber ich wollte, dass Manuel fährt. Er hatte ja nichts falsch gemacht und er sollte jetzt nicht mit einem schlechten Gefühl hier wegfahren.

„Manuel, du fährst. Ich vertraue dir. Du bist so gut vorhin gefahren. Also mach schon.“ Er schien dankbar für mein Lob zu sein. Er stieg auf der Fahrerseite ein und wir fuhren zur Box zurück.

„Weißt du Manuel, nach so einer Situation ist es wichtig, sofort wieder ans Steuer zu kommen. Du hast dir doch gar nichts vorzuwerfen. Hast alles richtig gemacht, warum sollte ich dir nicht zutrauen, dass du weiterhin dieses Auto beherrschen kannst.“

Manuel war sichtlich erleichtert und auch ein wenig stolz mit mir als Beifahrer zurückfahren zu dürfen. Wenige Minuten später waren wir wieder an der Box. Wir stiegen beide aus und holten uns jeder erst mal eine Flasche Wasser. Dann sprach ich mit den Technikern und sie versprachen mir, auch den noch heilen Wagen genau zu untersuchen. Schließlich sollten den ja Tim und Manuel für den Rest der Woche behalten dürfen. Ich wollte sie damit ein wenig entschädigen, dass unser Männernachmittag so ein plötzliches Ende genommen hatte. Eigentlich sollten sie nur morgen den Wagen noch haben.

Jetzt kam auch Tim mit meinem Auto an und ich wollte jetzt langsam mal wissen, wo denn Mick und Lukas abgeblieben waren. Wie man uns mitteilte, waren die beiden zu Fuß um die Strecke unterwegs zurück zur Box. Das gefiel mir jetzt überhaupt nicht. Ich wollte, dass Mick hier bei mir in der Nähe war. Ich winkte mir Tim heran.

„Tim ich möchte, dass du losfährst und die beiden einsammelst und herbringst. Ich will keine Diskussion. Sie steigen bei dir ein und du kommst mit ihnen hier her. Es ist besser, wenn du das machst. Ich glaube, ich bin noch zu wütend auf Lukas. Ich muss mich erst etwas abreagieren.“

Tim sah nicht besonders glücklich aus, diesen Auftrag ausführen zu sollen. Er stieg aber ein und fuhr los.

Ich stand nun im hinteren Teil der Box und Manuel kam auf mich zu.

„Was wirst du jetzt machen, wenn Lukas gleich kommt. Ich habe das Gefühl, du bist sehr wütend auf Lukas.“

„Ja, bin ich auch. Weißt du, es ist gar nicht, dass er einfach mit Mick weggeht, sondern was wäre denn, wenn Mick jetzt plötzlich schlecht wird. Ich will, dass Mick nach dem Aufprall in meiner Nähe ist. Dass Lukas bei ihm sein möchte und er auch sauer ist, kann ich noch verstehen, aber so wortlos zu gehen ohne mit mir zu sprechen geht absolut gar nicht.“ Manuel konnte meine Verärgerung nachvollziehen, wollte aber nicht, dass ich Lukas jetzt zerreißen würde.

„Weißt du, ich habe eben noch daran gedacht, dass Lukas vielleicht auch die Gedanken an den Unfall seiner Eltern bekommen hat. Er also deshalb so heftig reagiert hat. Vielleicht gibst du ihm erst eine Chance mit dir zu reden, wenn sie gleich kommen.“

„Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Das ist ein guter Gedanke. Dann sollte ich ihm tatsächlich erst mal Gelegenheit geben mit mir zu sprechen, bevor ich ihn mir vornehme. Ich werde also einen Moment warten, wie er reagiert.“

Ich wartete nun auf Tim, dass er mit den beiden zurückkommen würde. Ich hatte mich jetzt ein wenig abseits gestellt und sah, wie die drei nun aus dem Auto stiegen. Ich konnte sehen, wie sich Mick nach mir umsah, mich aber nicht sehen konnte. Lukas sah sehr traurig und ängstlich aus. Mick sprach jetzt einen der Techniker an, der zeigt in meine Richtung und Mick kam zu mir. Er sagte nichts, als er zu mir kam. Er wusste wohl, dass ich ziemlich sauer auf Lukas war.

Nach einem kleinen Moment fragte er mich: „Papa, ich weiß, dass du sauer auf mich und Lukas bist. Ich hätte nicht mit ihm mitgehen dürfen. Es ist mir aber erst klargeworden, als wir schon weg waren. Lukas geht es jetzt richtig schlecht. Er hat Angst, dir zu begegnen. Tim hat uns schon vorgewarnt und er weiß, dass er richtig Mist gemacht hat. Er hat eben schon richtig geweint, weil er sich dir gegenüber so schlecht benommen hat. Er hat mir aber auch gesagt, dass er an seine Eltern gedacht hat bei dem Unfall und er nicht wieder jemanden verlieren will, den er liebt.“

Ich sah Mick sprachlos an und spürte, dass Mick es ehrlich so meinte. Ich sollte jetzt besser nicht mit Lukas schimpfen, sondern die Situation mit ihm klären.

„Soll ich jetzt zu ihm gehen oder willst du erst mit ihm reden und ihn zu mir bringen? Wir sollten das besprechen, was bei ihm los ist und warum ich das so unmöglich gefunden habe. Was wäre denn, wenn dir unterwegs schlecht geworden wäre. Das geht so einfach nicht, Mick.“

„Ja ich weiß, du hast ja auch recht. Das hat Lukas aber überhaupt nicht bedacht. Bitte sei etwas nachsichtig. Ich glaube nicht, dass er jetzt schon den Mut hat, zu dir zu kommen. Ich gehe mal besser zu ihm und bringe ihn mit.“ So ging Mick nun, um Lukas zu holen.

Ich konnte sogar ein wenig mit Lukas mitfühlen. Tim hatte mir einen guten Hinweis gegeben. Ich überlegte kurz, wie ich mit Lukas umgehen wollte. Jetzt kamen Tim und Manuel zusammen auf mich zu und wollten mit mir sprechen.

„Na ihr zwei, wie gehts euch jetzt? Den ersten Schock verdaut?“

Manuel: „Ja Marc, ich denke schon. Ich möchte mich nochmal bei dir bedanken, dass du Tim vorhin geschützt hast, als er es übertrieben hatte. Wir haben eben darüber gesprochen, was wohl passiert wäre, wenn dieser Unfall mit Tim passiert wäre. Du hast ja noch den Frontalaufprall verhindert. Das wäre sonst wohl böse ausgegangen.“ Tim stand neben ihm, umarmte ihn und sah mich erleichtert an.

„So ihr beiden, bevor Mick und Lukas hier gleich auftauchen, möchte ich euch noch etwas mit auf den Weg geben. Ich möchte, dass ihr beide den schönen R8 bis Sonntag mitnehmt und euch damit ein paar schöne Tage macht. Fahrt aber bitte vorsichtig. Ich werde wohl mit Lukas und Mick hier gleich noch ein paar Dinge zu regeln haben. Ich habe die Techniker gebeten, sich das Fahrwerk noch mal ganz genau anzusehen. Ich komme jetzt grade mit zum Auto. Ihr fahrt dann am besten nach Hause und ich oder Mick melden sich bei euch. Wir sollten vor dem Wochenende noch mal ne ruhige Kugel schieben und zusammen essen gehen.“

Tim sah mich etwas erstaunt an: „Meinst du das ernst? Wir dürfen dieses sensationelle Auto für ein paar Tage fahren? Damit sogar zur Arbeit oder zur Schule fahren. Wie geil ist das denn!“ Dann kamen beide auf mich zu und umarmten mich.

Wir standen jetzt bei dem Auto und ich gab Manuel den Schlüssel. Sie bedankten sich nochmal ganz herzlich und fuhren nach Hause. Ich hatte ein gutes Gefühl bei den beiden. Es waren wirklich nette und tolle Jungs. Ich freute mich wirklich, dass Mick sie als Freunde kennengelernt hatte. Mir gingen nun aber ganz andere Gedanken durch den Kopf. Sollte ich wirklich weiter so oft von den Jungs weg sein? Ich spürte, wie wichtig es momentan für beide war, mit mir reden zu können und gemeinsam Zeit zu verbringen. Außerdem waren diese Tage hier bis jetzt für mich einfach nur schön mit den Jungs. So nahe war ich ihnen schon lange nicht mehr. Auch die Begegnungen mit ihren Freunden gaben mir viel.

Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, weil Mick mit Lukas im Arm um die Ecke kam. Mick schob nun Lukas vor und er stand mir nun gegenüber. Ich konnte an seinen roten Augen erkennen, dass er geweint haben musste. Mick blieb zwar in seiner Nähe, hatte aber zwei Schritte zur Seite gemacht. Lukas sah hilfesuchend zu ihm. Er wollte, dass Mick ihm beistehen würde.

„Mick, ich glaube es ist besser, wenn du uns einen Moment allein lässt. Ich denke, wir werden auch gleich aufbrechen Richtung Internat. Suchst du bitte schon mal unsere Sachen und Helme zusammen und bringst sie zum Auto.“

Lukas fand das überhaupt nicht gut, hatte aber nicht den Mut mir jetzt zu widersprechen. Ich drehte mich nun Lukas zu: „So mein Freund, ich glaube wir beide müssen mal miteinander reden. Komm, lass uns mal ein paar Schritte von den anderen hier weggehen.“ Er folgte mir schweigend, ich spürte seine Angst, ich drehte mich kurz zu ihm um und gab ihm zu verstehen, er möge neben mir gehen. „Weißt du, ich bin vorhin richtig wütend auf dich gewesen. Ich habe gerade einen schweren Unfall mit meinem Mick überstanden und will mich um meinen Sohn kümmern, dann kommst du und gehst wortlos mit ihm weg. Ich bin sein Vater und du bist sein Freund, aber in dieser Situation hast du glaube ich nicht das Recht einfach so, ohne mit mir zu reden, wegzugehen. Ich weiß nicht, was du dir dabei gedacht hast. Ich möchte dir jetzt klar sagen, das geht so nicht! Ich erwarte, dass sowas in Zukunft nicht wieder passiert. Was hättest du denn machen können, wenn Mick nach einigen Minuten plötzlich schlecht geworden wäre. Ihr seid auf freier Strecke unterwegs, kein Funkgerät, kein Handy dabei, ich wollte, dass Mick in meiner Nähe bleibt, damit ich das unter Kontrolle habe. Ich glaube, dass ich etwas mehr Erfahrung mit derartigen Situationen habe als du. Auch wenn du sein Freund bist, in dieser Situation bin ich derjenige, der für ihn die Verantwortung trägt und nicht du! Glaubst du, ich bringe mit Absicht meinen Sohn in Gefahr?“

Lukas ging die ganze Zeit schweigend neben mir her. Er kämpfte mit sich, das war deutlich spürbar. Als ich fertig war, atmete er tief ein und wollte mir etwas darauf antworten. Mit zittriger Stimme versuchte er etwas zu sagen: „Ich wollte ..., also ... ach ist ja eh egal. Du verstehst das nicht.“ Dann schwieg er. Ich sah, wie sehr er mit den Tränen kämpfte.

„Was verstehe ich nicht? Du musst mir schon eine Chance geben es zu verstehen. Erkläre es mir bitte, weshalb das so passiert ist.“

Er versuchte sich zu sammeln und es mir zu erklären, aber er war zu aufgewühlt und seine Angst war zu groß. Er bekam kein Wort heraus. Jetzt liefen die Tränen und er wollte sich umdrehen. Ich hielt ihn fest und sah im direkt in die Augen: „Lukas, sag mir bitte. Warum kannst du mir jetzt nicht sagen was los war? Du musst dich nicht verstecken. Du musst es mir erklären, bitte.“

Ich wollte, dass er lernt, seinen Standpunkt zu vertreten. Er sollte etwas lernen bei dieser Situation. Nur jetzt war er nur dabei sich Vorwürfe zu machen und Angst zu haben. Er schluckte und versuchte einen neuen Anlauf.

„Ich wollte doch gar nicht, dass du sauer wirst. Ich habe nur so eine Angst gehabt. Ich hatte einfach nur Mick für mich haben wollen. Ich wollte ihn festhalten, ihn nicht auch noch verlieren. Nicht wieder durch einen Unfall.“ Dann brach er zusammen und ging in die Hocke. Er konnte sich nicht mehr beherrschen und weinte. Er hatte seine Hände vor das Gesicht genommen. Ich kniete mich ebenfalls hin und legte meine Arme um ihn. Ich zog ihn wieder hoch und ich umarmte ihn ganz fest. Dabei streichelte ich ihm über den Kopf.

„Marc, es tut mir leid. Ich habe nicht nachgedacht und einfach nur Panik gehabt.“ schluchzte er. Er war völlig aufgelöst. Ich hielt ihn ganz fest in meinen Armen und ließ ihn nicht los. Er sollte spüren, dass ich dennoch bei ihm war und er nicht allein war.

„Lukas beruhige dich etwas. Ich verstehe dich schon, aber meinst du nicht, ich habe dieselbe Angst um Mick gehabt? Ich habe mich genauso erschrocken wie ihr alle. Ich habe als Rennfahrer nur andere Reflexe, um Schlimmeres zu verhindern. Ich gehe damit anders um. Meine Gefühle für Mick sind aber genauso stark, wie die deinen. Ich hätte es sogar verstanden, wenn du mich angeschrien hättest oder mir Vorwürfe in der Situation gemacht hättest. Nur einfach wortlos weggehen, das war das Schlechteste was ging.“ Er sah mich jetzt an und ich glaube, er war einfach überrascht, dass ich das so gesagt hatte.

„Marc, es tut mir leid. Ich möchte, dass du mir verzeihst. Ich liebe Mick und ich will ihn nicht wieder hergeben müssen. Ich habe so eine Angst gehabt, dass ihm etwas passiert ist. Ich werde versuchen es in Zukunft anders zu machen.“

„Du musst viel mehr mit uns reden. Angst ist doch etwas Normales. Aber Angst, mit der man allein ist, ist viel schlimmer als Angst, die ich mit jemandem teilen kann. Ich wollte dir nicht verbieten mit Mick allein zu sein, ich wollte nur, dass er in meiner Nähe bleibt. Hättest du nur einen Moment mit mir gesprochen, hätte ich es dir erklärt. Lukas, versprich mir in Zukunft keine solchen Alleingänge mehr.“ Dann nahm ich ihn wieder sehr liebevoll in den Arm und er kuschelte sich an mich.

„Marc, darf ich weiter Micks Freund bleiben? Ich habe Angst, dass ich jetzt nicht mehr vertrauenswürdig für dich bin.“ Dabei fing er zu zittern an und seine Gefühle wurden zu stark für ihn. Ich nahm ihn ganz fest in den Arm und streichelte ihn. Ich wollte, dass er spürt, wie sehr ich ihn mochte. Er sollte keine Angst mehr haben müssen.

„Lukas, es ändert sich für mich gar nichts. Du hast einen Fehler gemacht. Na und? Du hast dich doch der Situation gestellt. Obwohl du so große Angst hast. Ich will dir nur sagen, dass du das bitte in Zukunft anders machst. Sage es mir, wenn du Angst hast. Auch vorhin im Auto, du hast dich von Mick verleiten lassen, nicht zu sagen, wie groß deine Angst im Auto war. Das werde ich mit Mick auch noch besprechen. Das fand ich von ihm richtig beschissen. Er musste doch wissen, wie du dich vielleicht fühlen würdest. Du musst aber für dich Verantwortung übernehmen und mir sagen, wenn etwas nicht geht oder du Angst vor etwas hast. Ich habe dir angeboten, für dich dein Vater zu werden. Hast du das vergessen? Ich liebe dich genauso, wie ich Mick liebe und ich will, dass du glücklich wirst mit ihm. Dafür musst du mir vertrauen, genau, wie ich dir vertraue. Sonst könnte ich nicht zulassen, dass du mit ihm zusammen bist.“

Er hatte mir sehr aufmerksam zugehört und ich spürte, wie er sich an mich schmiegte. Er wollte etwas sagen, aber es war noch zu emotional für ihn. Ich hielt ihn im Arm und ließ ihn einfach nur neben mir gehen und spüren, dass ich weiter für ihn da bin. Nach einigen Momenten hatte er sich soweit gefangen: „Marc, ich bin so froh, dass alles gut gegangen ist und sich niemand verletzt hat. Ich habe auch Angst um dich gehabt. Auch wenn ich es noch nicht dir gesagt habe, aber ich möchte dich auch nicht verlieren. Ich würde so gerne ein guter Stiefsohn für dich sein. Du sollst auch stolz auf mich sein dürfen.“ Dabei sah er mich mit seinen großen Augen an. Ich war echt sprachlos und tief beeindruckt von diesen Worten. Ich drückte ihn jetzt ganz eng an mich und gab ihm einen kleinen Kuss auf die Wange. So wie ich das mit Mick auch machen würde. Mittlerweile waren wir wieder zurückgekommen und Mick sah noch genau diesen kleinen Kuss. Er strahlte mich an. Er hatte verstanden, welche Bedeutung das hatte. Er kam sofort zu uns und ich gab ihm seinen Lukas in die Arme.

„Ihr habt noch zehn Minuten, dann fahren wir nach Hause.“ Er nickte und sie gingen zusammen einige Schritte weg.

Mir kamen nun Tim und Manuel in den Sinn. Ich wollte ihnen kurz mitteilen, wie sich das hier entwickelt hatte. Ich nahm mein Handy und wollte sie gerade anrufen. Da sah ich die SMS von Tim.

- Hallo Marc, wir wollten uns noch mal für den tollen Nachmittag mit euch bedanken. Du weißt gar nicht, was es für uns bedeutet, dich kennengelernt zu haben. Mick kann stolz auf dich sein. Ich hoffe du bist mit Lukas nicht zu streng. Er ist ein toller Freund für Mick. Mick liebt ihn wirklich sehr. Bitte melde dich mal, wenn du mit Lukas gesprochen hast, viele Grüße Tim und Manuel -

Ich war echt erfreut über diese Reaktion. Ich rief sie kurz an und erklärte ihnen die Situation. Damit waren beide erst mal beruhigt. Wir vereinbarten zu telefonieren, um noch mal gemeinsam abends wegzugehen.

Mittlerweile waren Mick und Lukas auch wieder bei mir und wir gingen nun zum Auto und machten uns auf den Heimweg.

„Also Jungs, ich weiß ja nicht, wie es euch geht aber ich habe dennoch viel Spaß gehabt. Ich habe jetzt aber Hunger. Was meint ihr, einen Stop einlegen und mal nen gesunden Burger und Pommes essen?“

Was für eine Frage, hätte ich mir sparen können. Mick war sofort dabei und Lukas war noch etwas still. Wir fuhren also auf den Parkplatz des örtlichen Burger-Restaurants. Was mich nur wunderte, war, dass Lukas nun offen bei Mick im Arm ging. Kein Verstecken mehr. Ich wollte es ihnen nicht sagen, vielleicht hatten sie sich ja darauf geeinigt, ab jetzt ihre Beziehung offen zu zeigen.

Wir gingen hinein und bestellten uns etwas zu essen. Erst jetzt löste sich Lukas von Mick um sein Tablett nehmen zu können. Wir gingen an einen Tisch und dann fand Lukas auch wieder den Mut mir etwas zu sagen: „Marc, vielen Dank für den schönen Tag. Ich habe in den letzten Tagen so viel erlebt und gelernt. Wie sollen wir das je wieder gutmachen können.“

„Indem ihr einfach aus den gemachten Erfahrungen etwas lernt. Ich bin froh drei solche Söhne zu haben.“

Jetzt sah mich Mick mit ganz großen Augen an: „Heißt das, Lukas wird wirklich mein Stiefbruder?“

„Von mir aus ja, Lukas was meinst du?“

„Ja, Mick ich möchte, dass Marc mein Stiefvater wird.“ Jetzt war Mick überwältigt. Er nahm erst mich in den Arm und dann gab er seinem Lukas ganz offen einen liebevollen Kuss. Ich glaube, die beiden hatten es gar nicht mehr realisiert, wo wir jetzt waren und dass viele Menschen um uns herum waren. Ich fand es schön.

Nun gönnten wir uns unser „gesundes“ Abendessen und nach kurzem Schweigen beim Essen fand Mick als Erster seine Sprache wieder: „Wann willst du eigentlich mit Leif und Tommy los Richtung Spa? Und fliegt ihr oder fahrt ihr mit dem Auto?“

„Ich denke, wir machen uns am Freitagnachmittag auf den Weg. Dann sind wir abends im Hotel und können das Wochenende voll für uns nutzen. Ab Donnerstag geht ja dann das Rennwochenende los. Wir haben am Mittwoch noch einen Testtag. Also haben wir ein paar Tage dann für uns. Ich will am Samstag mit den beiden an einem Kart Rennen teilnehmen. Ich habe uns bereits angemeldet. Aber Jungs, versprecht mir bitte, den beiden noch nichts zu sagen. Das soll eine Überraschung werden. Denn Tom kommt auch zu dem Rennen mit seinem Sohn. Das wird bestimmt lustig. Tommy findet Tom ja total cool. Er will ja auch unbedingt mal ein Autogramm von ihm.“

„Heißt das, Tom kommt extra früher nach Spa? Das finde ich ja stark.“

„Ja stimmt. Das war seine Idee. Er hat mir auch den Tipp gegeben, mehr Zeit mit euch gemeinsam zu verbringen. Er war derjenige, der mir klar gemacht hatte, spontan hierher zu kommen.“

Das wunderte nun doch beide etwas. Lukas wollte mehr über Tom wissen. Ich berichtete etwas von ihm und die beiden fanden ihn wohl echt nett. Allerdings fiel Lukas jetzt noch etwas ein: „Wie kommt ihr denn zum Flughafen? Du musst doch das Auto noch zurückbringen. Oder gibst du das einfach da ab?“

„Mal sehen. Vielleicht kann uns ja Tim oder Manuel hinbringen. Ich finde die beiden übrigens wirklich super nett. Wisst ihr eigentlich, wie lange die beiden schon zusammen sind?“

„Nein keine Ahnung. Ist das wichtig?“ fragte mich Mick.

„Nicht wirklich aber ihr solltet den beiden noch mal dafür danken, dass sie sich so um euch gekümmert haben. Vielleicht geht ihr mal zusammen essen. Ladet sie doch einfach mal ein.“

„Eine gute Idee, aber im Moment habe ich dafür einfach kein Geld. Ich habe noch immer nicht Zugriff auf das Geld meiner Eltern. Das Jugendamt macht da immer noch Theater.“ Lukas war das spürbar unangenehm und er wirkte auch etwas niedergeschlagen.

„Wie bitte? Das ist doch jetzt schon ein paar Monate her. Meine Güte, das macht die Situation für dich wirklich schwierig. Soll ich mich da mal einmischen? Ich werde das mal im Rahmen der Adoption anmerken bei meinem Anwalt. Halte mich bitte auf dem Laufenden, Lukas. Bekommst du denn jetzt gar kein Geld oder Taschengeld?“

Das Thema war Lukas sichtlich unangenehm. Deshalb antwortete Mick mir: „Lukas bekommt nur Geld für die Schulsachen. So lange die rechtliche Sache nicht geklärt ist, hat er nicht mal Taschengeld.“

„Wie bitte?“, das schockierte mich förmlich, „du hast nicht mal Geld, um für dich mal ein Eis zu kaufen oder so? Das geht ja gar nicht. Ich werde mir dazu etwas überlegen. Wir sprechen da morgen noch mal drüber.“

Mittlerweile war es doch schon recht spät geworden und es war ein ereignisreicher Tag gewesen. Mick und Lukas wollten es nicht sagen, aber ich spürte, dass beide gerne noch etwas Zeit füreinander haben wollten. Wir fuhren also nun Richtung Internat zurück und jetzt waren beide wieder so normal Freunde nach außen wie sonst. Ich hoffte, sie hatten vorhin nicht unerwünschte Beobachter. Das würde dann noch interessant werden. Ich ging noch kurz mit hoch und erklärte Lukas noch, dass ich bereits morgen hier mit Herrn Steyrer wegen der Adoption reden wollte und Kontakt mit dem zuständigen Jugendamt aufnehmen werde. Als wir in ihrem Zimmer waren, nahm Lukas Mick ganz zärtlich in den Arm und sie küssten sich sehr herzlich. Ich musste innerlich einfach nur lachen. Die beiden waren einfach zu niedlich. Ich hatte aber noch ein Thema auf dem Plan, dass ich unbedingt mit ihnen noch klären wollte. Deshalb unterbrach ich ihren Kuss, in dem ich mich räusperte und sagte: „Jungs, ich unterbreche euch ja nur ungern, aber ich muss da noch etwas mit euch bereden. Würdet ihr bitte mal euch hinsetzen.“

Sie sahen mich nun doch etwas irritiert an, Mick wollte wissen: „Nanu, ist noch was passiert, du wirst so ernst Papa.“

„Ja, ist mir halt wichtig. Ihr seid ja jetzt schon fest zusammen oder?“

Die Jungs sahen sich erstaunt an und sagten gleichzeitig: „Ja, auf jeden Fall“

Ich lachte: „Schön, wie sieht das mit Schutz beim Sex aus? Habt ihr Kondome hier? Und wie ist das mit einem HIV-Test, Lukas? Mick hat bereits zwei machen lassen müssen, wegen der Blutuntersuchungen. Darf ich das Ergebnis sagen, Mick?“

„Klar Papa, aber ich kann es auch sagen, beide negativ. Und zu dem Thema Kondome möchte ich für mich sagen, ich möchte mir damit noch Zeit lassen. Ich bin noch nicht soweit, um richtig mit Lukas zu schlafen. Lukas, wie siehst du das?“

Lukas wurde richtig rot, es war ihm peinlich. Er zögerte richtig. Deshalb nahm ich etwas den Druck aus der Situation: „Lukas, das muss dir nicht unangenehm sein. Du merkst ja, Mick und ich reden da schon immer ganz offen über das Thema Sexualität und alles was dazugehört.“

„Ähm, ja, also ich bin etwas überrascht. Ich habe darüber noch gar nicht nachgedacht aber ich sehe das auch so wie Mick. Ich würde mir gerne noch etwas Zeit lassen damit. Deshalb habe ich auch noch keine Kondome besorgt.“

„Ok, ich möchte aber, dass ihr für alle Fälle sicher seid. Hier ist eine kleine Packung für euch. Steckt sie euch so ein, dass ihr sie immer dabei habt. Ich möchte ein gutes Gefühl haben, wenn ich nicht mehr bei euch bin. Lasst euch soviel Zeit wie ihr wollt. Genießt einfach eure Zeit zusammen.“

Jetzt wurde es nochmal richtig emotional. Lukas kam auf mich zu und umarmte mich ganz herzlich: „Marc, ich finde dich echt cool. Vielen Dank für diesen verrückten Tag. Ich bin heute so glücklich, wie schon ganz lange nicht mehr.“

Ich zwinkerte ihm zu und dann verabschiedete ich mich bis morgen und ließ den beiden nun noch ein bisschen Zeit, um über den Tag zu reden oder vielleicht noch etwas anderes zu machen. Das überließ ich ihnen. Ich wollte jetzt auch erstmal nach Hause und dann meinen Plan für morgen erstellen. Ich hatte mich auf 16 Uhr mit den Jungs zum Tennis verabredet.

Mick: Am nächsten Morgen in der Schule

Leider war dieser Tag gestern doch nicht so spurlos an mir vorbei gegangen. Ich spürte jeden Muskel im Rücken und der Schulter. Der Hals und Nacken schmerzte bei jeder Bewegung. Ich musste feststellen, dass der Aufprall wohl doch stärker war, als ich gedacht hatte. Wenigstens konnten wir noch richtig gut schlafen. Lukas und ich waren so müde, das wir gestern nicht mal mehr groß geredet hatten. Ich war nach wenigen Minuten eingeschlafen und hatte, bis der Wecker klingelte, durchgeschlafen.

Lukas ging das nicht anders, nur dass er heute sicherlich keine Schmerzen hatte. Ich versuchte mich so normal wie möglich zu bewegen, er sollte das nicht so merken. Er würde sich sonst wieder nur aufregen, dass Papa eben viel zu schnell gefahren war. Das war natürlich Blödsinn, es war ein technischer Defekt und kein Fahrfehler.

Jedenfalls gingen wir nun Richtung Klassenraum und auf dem Flur begegneten uns Stephen und Moni. Wir begrüßten uns herzlich. Stephen merkte aber sofort, dass ich Schmerzen hatte. Er hatte mir wie immer auf die Schulter gehauen zur Begrüßung, dabei zuckte ich merklich zusammen.

„Hey Mick, was ist los? Alter Mann oder wie?“, dabei lachte er mich grinsend an.

„Na klar, wenn man auf die 18 zugeht ist man schon alt und verrostet“, gab ich als ironische Antwort zurück.

„Was ist passiert?“ wollte Stephen jetzt wissen und Moni stand nun auch direkt neben uns. Lukas sah mich etwas fragend an, ich hatte es ihm ja noch nicht erzählt.

„Nichts Ernstes, habe wohl falsch gelegen und Zug bekommen. Jetzt tut mir halt der Rücken, Hals und Schulter weh. Wer den Schaden hat, braucht halt nicht für den Spott zu sorgen.“ War meine flapsige Antwort. Lukas hingegen wurde jetzt doch aufmerksam. Er wollte etwas dazu sagen, ich gab ihm mit einer Geste zu verstehen, dass er besser den Mund halten sollte. Das tat er dann auch.

Ich ging nun mit Lukas in unsere Klasse. Allerdings war das einfacher gesagt als getan. Ich kam mir vor, wie ein alter Mann mit siebzig Jahren. Bei jeder Bewegung zuckte ich zusammen. Ich hatte gar nicht gewusst, an welchen Stellen ich überall Muskeln hatte. Wenn das nicht besser werden würde, konnte ich das Tennis heute Nachmittag vergessen. Papa würde sich bestimmt lustig machen über seinen verweichlichten Sohn. Es tat aber echt weh, verdammt. Außerdem bekam ich nun auch noch Kopfschmerzen. Entsprechend gereizt war ich auch.

Lukas saß neben mir und schaute während des Unterrichtes immer wieder zu mir rüber. Er hatte gemerkt, dass irgendwas nicht in Ordnung war.

„Mick, geht’s dir nicht gut?“, flüsterte er irgendwann in der zweiten Stunde zu mir.

„Geht schon, habe etwas Kopfschmerzen und kann mich nicht richtig bewegen“, gab ich ihm als Erklärung. Ich schleppte mich so durch den Unterricht und in der Mittagspause gingen wir nun in die Mensa. Stephen, Moni und Tommy saßen schon an einem Tisch. Also gesellten Lukas und ich uns dazu. Leif stand noch an der Ausgabe und würde wohl auch gleich zu uns kommen.

Stephen fragte uns natürlich nach den gestrigen Erlebnissen und wir berichteten von den gemachten Erfahrungen und wie das mit Tim und Manuel gelaufen war. Den Unfall hatten wir natürlich nicht erwähnt. Jetzt kam Leif zu uns an den Tisch und er schaute uns etwas komisch an. Ich spürte, dass bei ihm irgendetwas nicht richtig war. Tommy saß neben Lukas und auch er schaute uns nun etwas fragend an. Moni bemerkte Leifs fragenden Blick. Sie sprach Leif direkt darauf an: „Leif, du siehst so aus, als wären Mick und Lukas heute Gespenster oder so.“ Danach mussten wir alle dermaßen lachen, dass ich vergaß, wie sehr Lachen mich schmerzte. Allerdings, Leif war gar nicht nach Lachen zumute. Das merkte ich deutlich.

„Leute, hört auf. Ich glaube Leif und Tommy haben ein echtes Problem, so wie die aussehen“, warf Stephen ein. Ich wusste, dass er Recht hatte. Also wollte ich von Leif wissen was los ist: „Was ist passiert, du siehst wirklich besorgt aus?“

„Wenn ihr wüsstet, was wir heute Morgen schon alles gehört haben, dann würde euch das Lachen noch vergehen.“ Jetzt wurde ich aber sehr nachdenklich. Was war denn da passiert?

„Leif, könntest du uns bitte aufklären was los ist? Hat euch jemand belästigt oder was ist los?“

„Nein, aber zwei aus unserer Klasse haben euch gestern bei Burger gesehen und allen in unserer Klasse erzählt, dass ihr wohl schwul sein müsst. Sie haben euch gesehen, wie ihr euch geküsst habt.“

Bitte? Wie geht denn das? Wir waren doch immer so vorsichtig. Ich konnte es nicht glauben. Lukas geriet völlig in Panik und wollte sofort flüchten. Stephen hielt ihn fest. Ich fauchte ihn an: „Lukas, du bleibst hier. Wenn es so ist, dann ist es eben so. Wir müssen uns wohl zu blöd angestellt haben, nach der ganzen Aufregung.“ Stephen schaute uns total überrascht an, sagte aber nichts. Moni hingegen lächelte mich an und legte mir ihre Hand auf meine Schulter und sagte zu uns: „Leute, bleibt ganz ruhig. Ich habe es mir schon gedacht. Und bei uns wurde darüber auch schon spekuliert, aber ich finde das total schön, wenn ihr beide euch einig seid. Lukas wusste nicht, was er sagen sollte, er war leichenblass geworden. Ich war auch entsetzt aber irgendwie musste ich mich nur über uns selber ärgern. Wir waren unvorsichtig gewesen. Tommy sah uns das Entsetzen an, aber er hatte schon sein typisches Grinsen im Gesicht: „Mick, nur damit ihr das wisst, jeder der damit ein Problem hat, dass ihr schwul seid und euch liebt, wird das hier nicht leicht haben. In unserer Klasse wurde das heute Morgen klar besprochen. Der größte Teil der Klasse war ganz klar auf eurer Seite. Und wir ja sowieso. Früher oder später wäre es eh rausgekommen. Und warum wollt ihr eure Gefühle leugnen. Es ist doch heute einfach normal, wenn sich zwei Jungen lieben.“

Ich war total sprachlos. Diese Sätze von einem dreizehnjährigen Jungen, das tat so unglaublich gut. Am liebsten hätte ich ihn dafür sofort umarmt. Das wollte ich ihm aber hier nicht antun. Wer weiß, was dann die anderen auch über ihn denken würden. Allerdings hatte ich mir unser „Coming out“ in der Schule hier anders gewünscht. Aber ich fürchtete, jetzt war das Ganze nicht mehr zu verhindern. Mittlerweile war die Pause zu Ende und wir gingen alle wieder in den Unterricht zurück. Lukas und ich sprachen nicht miteinander, aber ich merkte, wie ängstlich Lukas war. Hoffentlich würde er jetzt keine Panik bekommen. Da begegnete uns Herr Sturm, unser Vertrauenslehrer. Es sah fast so aus, als hätte er auf uns gewartet. Er kam auf uns zu und meinte: „Hallo Mick, hallo Lukas, alles in Ordnung bei euch?“ Lukas war immer noch völlig blass und sagte nichts. Ich begrüßte ihn freundlich und meinte: „Naja, ich glaube wir sollten mit ihnen mal was klären. Haben Sie vielleicht einen Moment Zeit?“

„Sicher Mick, ich freue mich, dass du jetzt nicht weglaufen willst. Ich denke wir wissen, um was es geht. Kommt, lasst uns ins Besprechungszimmer gehen.“ So gingen wir nicht in den Klassenraum zurück, sondern folgten Herrn Sturm. Er sagte uns nebenbei, dass wir uns nicht sorgen sollten. Er hatte unserem Lehrer bereits gesagt, dass er mit uns etwas zu besprechen hatte. André hatte er gebeten, unsere Schultaschen zu uns aufs Zimmer zu bringen. Ich war wirklich überrascht. Herr Sturm schloss das Zimmer auf und wir gingen hinein. Ich sah, dass Lukas mit den Tränen zu kämpfen hatte. Ich nahm seine Hand und dann umarmte ich ihn. Er weinte jetzt ziemlich hemmungslos. Herr Sturm ließ uns einen Moment, damit ich Lukas wieder beruhigen konnte. Es dauerte einige Minuten, aber Herr Sturm ließ uns die Zeit und wartete geduldig.

„Lukas, bitte setz dich doch auch hin“, forderte Herr Sturm ihn auf. Er wollte sich erst in den Sessel setzen. Ich zog ihn zu mir aufs Sofa. Ich legte meinen Arm um ihn und gab ihm zu verstehen, dass ich nicht mehr verstecken spielen wollte.

Ich begann also nun das Gespräch: „Es scheint sich ja schnell herumgesprochen zu haben. Ich bin schon erstaunt, wie schnell sich das hier verbreitet hat. Allerdings möchte ich auch sagen, dass es stimmt. Lukas und ich sind schwul und wir lieben uns. Wir wollten das eigentlich in der Schule noch nicht bekannt machen aber jetzt scheint es wohl raus zu sein. Da macht es wohl keinen Sinn es noch zu leugnen.“

Herr Sturm wunderte sich über meine klaren Worte: „Mick und Lukas, ich freue mich für euch. Es wird hier schon alles soweit gut gehen. Aus meiner Sicht sind die meisten Schüler hier sehr tolerant eingestellt und werden euch eher unterstützen. Leider wird es auch einige Problemfälle geben. Timo habt ihr ja schon erlebt. Es wurde mir schon berichtet, was er für ein Theater gemacht hat. Allerdings durfte er sich bereits einen Termin beim Direx abholen. Der hatte übrigens heute Morgen davon gehört und wollte euch eigentlich noch vor dem Unterricht abfangen. Aber er hatte euch nicht erwischt. Deshalb hatte er dann Leif wohl im Unterricht informiert und es dort in der Klasse besprochen. Ihr seht also, alles kein Drama. Ich würde einfach vorschlagen, geht es offensiv an. Zeigt euch so, wie ihr es fühlt. Wenn dann jemand damit ein Problem hat, wird es schnell unangenehm für ihn werden, weil die anderen damit umzugehen wissen. Es wird jetzt erst mal viel darüber geredet werden. Schließlich werdet ihr das erste schwule Paar hier sein, aber je normaler ihr das regelt, desto mehr weitere wird es geben. Ich kenne noch drei weitere schwule Paare hier, ich hoffe sie werden jetzt ermutigt sich auch zu outen.“

Wir waren richtig geplättet von diesen Worten. Lukas wusste immer noch nicht, wie ihm geschah. Ich fand zuerst die Sprache wieder: „Herr Sturm, ich spreche jetzt mal für uns beide. Lukas hat noch etwas Schwierigkeiten sich mit dieser neuen Lage anzufreunden, aber ich finde, dass wir es genauso machen sollten. Verstecken ist vorbei. Wer damit nicht klar kommt, hat Pech gehabt. Ich stehe zu meinem Freund und ich liebe ihn.“ Dann drehte ich mich zu Lukas und gab ihm einen innigen Kuss und Herr Sturm sah mit einem Lächeln zu.

„Wer wusste eigentlich schon vorher Bescheid?“, fragte er nun.

Jetzt hatte auch Lukas wieder etwas Mut gefasst: „Also Micks Vater, Leif, Tommy, zwei weitere Freunde von uns und Stephen wusste, dass ich schwul bin. Von der Beziehung zu Mick noch nichts.“

„Also dein Vater weiß Bescheid - Mick?“

„Ja, und er unterstützt uns absolut, deshalb bin ich jetzt auch sogar etwas froh, dass es raus ist. Gott sei Dank ist er zurzeit auch hier. Er will übrigens Lukas adoptieren und von daher bekommt Lukas wieder einen Vater, der ihn unterstützen wird.“

Diese Aussage nahm Herr Sturm mit einem freudigen Gesicht entgegen: „Lukas, das freut mich wirklich. Herr Steevens ist wirklich ein toller Mensch. Ich habe bereits einige Gespräche mit ihm gehabt und finde, er wird sich genauso um dich kümmern, wie um seine beiden leiblichen Söhne.“

„Ja Herr Sturm, da haben sie Recht. Ich mag ihn auch sehr. Er hat mir schon viel geholfen über den Verlust meiner Eltern hinwegzukommen. Auch dass er uns unterstützt, dass wir uns lieben, finde ich super schön. Aber ich habe dennoch jetzt Angst, dass wir hier nicht akzeptiert werden.“

„Keine Sorge Lukas, du solltest deinem Freund vertrauen. Mick hat Recht, seid offen und ihr werdet zum größten Teil Unterstützung bekommen. So und jetzt geht nach draußen und zeigt euch der Welt. Ich finde ihr passt wirklich gut zusammen. Ich mag euch beide wirklich.“

Er gab uns beiden jeweils die Hand und was ich besonders gut fand, er umarmte uns beide mit den Worten: „Jungs, keine Angst, ihr habt mehr Freunde, als ihr glaubt.“

Dann gingen wir hinaus und waren erst mal sprachlos. Wir überlegten, was jetzt zu tun sei. Es war mittlerweile halb drei und wir hatten uns ja für vier Uhr mit Papa zum Tennis verabredet. Leif sollte auch mitspielen. Hoffentlich würde er nicht zu sehr unter dieser Sache leiden. Ich musste ihm das noch unbedingt sagen. Wenn er Probleme wegen uns bekommen würde, sollte er sofort zu uns kommen. Das war unsere Baustelle und nicht seine. Ich nahm das Handy und rief Leif an. Nach einigem Klingeln hörte ich seine Stimme: „Hallo Mick, wie geht es euch jetzt?“

„Hi Leif, also mir geht es mittlerweile gut, was diese Sache betrifft. Lukas sieht noch etwas zweifelnd aus, aber ich denke Herr Sturm hat uns eben viel Mut gemacht. Wo bist du grade?“

„Ich bin mit Tommy und zwei anderen Freunden Eis essen. Ich komme dann nachher um vier zum Tennis. Oder gibt es noch was Wichtiges?“

„Ich würde es schön finden, wenn du vorher noch mit uns reden könntest. Ich habe da etwas, was du wissen solltest.“

„Soll ich sofort kommen?“

„Nein, es reicht, wenn du um 15 Uhr vielleicht bei uns sein könntest.“

„Ja ist in Ordnung, bei euch um 15 Uhr, geht klar.“

„Tschüss und danke!“

Lukas sah mich noch immer sehr traurig an. Er hatte es noch nicht wirklich akzeptiert. Ich musste mir etwas einfallen lassen. Zuerst wollte ich mit ihm einen Moment allein sein. Ich nahm ihn also bei der Hand und wir gingen dann zu unserem Zimmer. Auf dem Weg dorthin begegneten uns einige aus unserer Jahrgangsstufe, einige schauten nur neugierig, einige nickten uns freundlich zu, und es gab auch offene Zustimmung. Nico zum Beispiel stellte sich uns in den Weg und meinte: „Wartet bitte mal einen Moment.“

„Was ist? Willst du Probleme machen?“, fauchte ihn Lukas an. Mir war das etwas peinlich, denn wenn Nico Stress machen wollte, hätte er uns nicht so angesprochen.

„Man Lukas, bleib locker. Ich will euch nichts Böses.“

„Sorry, Nico. Lukas ist noch etwas geschockt von dieser neuen Lage. Was möchtest du denn von uns?“

„Schon ok, Mick. Kann ich irgendwo auch verstehen. Ist echt blöd gelaufen für euch. Aber ich will euch sagen, wenn Timo euch erneut anmacht oder einer seiner Deppen, dann möchte ich das wissen. Und zwar sofort! Ist das klar? Wir haben eben in unserer Klasse, als ihr weg wart, darüber gesprochen. Es ist für uns klar, euch zu unterstützen. Ihr seid genauso unsere Freunde wie bisher. Und ich persönlich möchte, dass ihr eure Gefühle zeigen sollt. Ich finde es lächerlich, wie er sich hier aufführt. Wir werden ihm das dann beibringen, wie er sich zu verhalten hat. Kommt, lasst euch umarmen. Wir halten zu euch und das wird unsere Freundschaft nicht zerstören.“ Er kam auf uns zu und umarmte uns ganz offen, für alle sichtbar. Plötzlich gab es sogar Pfiffe und Applaus auf dem Flur. Ich war geplättet und Lukas konnte sogar wieder etwas lächeln. Das war für mich das Zeichen, ich nahm meinen Lukas und küsste ihn intensiv auf dem Flur, vor allen Leuten. Es brach immer mehr Jubel aus. Wir gingen dann weiter zu unserem Zimmer und ich fühlte mich plötzlich viel besser als heute Mittag. Auch Lukas war deutlich entspannter.

„Mick, was war das denn jetzt? Ich glaube ich träume wohl.“ Er warf sich in meine Arme und wir fielen auf sein Bett. Dort kuschelten wir uns aneinander. Ich war so froh.

„Lukas, wir haben echt tolle Freunde hier, oder? Wir müssen uns mal bedanken bei ihnen. Wie geil ist das hier alles. Ich hätte das nie für möglich gehalten. Jetzt hoffe ich nur, dass es für Leif genauso gut gehen wird.“

„Ja Mick, ich hatte echt Schiss vorhin. Mir war richtig schlecht. Damit habe ich echt überhaupt nicht gerechnet.“

Allerdings spürte ich jetzt auch wieder meine Schmerzen überall. Die ganze Aufregung hatte es geschafft, dass ich nicht mehr daran denken musste.

„Mick, was hast du eigentlich für Schmerzen den ganzen Tag schon? Und erzähl mir keine Märchen mehr. Ich will wissen was los ist.“

Jetzt musste ich wohl zugeben, dass der Unfall gestern schlimmer war, als ich zugeben wollte. Ich erklärte ihm meine Probleme und er war richtig sauer auf mich.

„Wieso verheimlichst du mir das? Dein Vater hat es mir doch gestern extra noch gesagt. Er meinte, dass du heute erst die Schmerzen bekommen würdest. Wenn es so wäre, sollte ich dich mit dieser Salbe massieren. Ich dachte wir sind Freunde und haben keine Geheimnisse mehr.“

Ich wurde nun etwas rot, er hatte ja irgendwo recht, aber ich wollte ihn nicht beunruhigen. Aber eine kleine Massage würde ich jetzt sicher nicht ablehnen. Schon gar nicht, wenn mein Herzblatt das machen würde.

„Schon gut, schon gut, ich bekenne mich im Sinne der Anklage für schuldig. Würdest du mir bitte verzeihen?“

„Ausnahmsweise“, lachte er mich an und dann sagte er nur noch: „Ausziehen, ich will dich jetzt mal verarzten.“

Ich tat wie er befohlen. Allerdings wollte ich meine Jeans noch anlassen, weil Leif ja noch kommen wollte. Lukas sagte aber nur: „Los die Jeans auch ausziehen. Ich komme doch sonst nicht an den tiefen Rücken.“ Also zog ich nun die Jeans auch aus und lag nun nur mit Socken und Boxershort auf dem Bauch auf Lukas Bett.

Lukas nahm nun etwas von der Salbe in seine Hände und verteilte die Salbe sehr angenehm auf meinem Rücken. Jetzt fing er an mit kreisenden Bewegungen meinen Rücken und Hals zu massieren. Es tat unheimlich gut. Ich ließ ihn nun einfach machen. Es war total schön. Jetzt begann er meinen Hals und Nacken zu kneten. Ich genoss jede seiner Berührungen. Er gab sich richtig Mühe und ich konnte fühlen, wie die Spannungen aus meinem Nacken heraus gingen. Leider gab es jetzt an anderer Stelle eine deutliche Anspannung. Ich lag aber Gott sei Dank auf dem Bauch. So konnte er das nicht sehen.

Plötzlich klopfte es und Leif kam herein. Er sah mich auf dem Bett liegen nur mit den wenigen Klamotten. Ich stand spontan auf, dachte aber nun gar nicht mehr an meine „Anspannung“ in der Hose. Leif bemerkte es natürlich sofort und wurde knallrot. Lukas lachte sich halb tot, als er meine Erregung sah. Ich wäre am liebsten im Boden versunken.

„Hallo Leif, schön dass du da bist. Lukas hat mich gerade etwas massiert. Ich habe noch Schmerzen von gestern.“

Leif sah mich verwundert an: „Wieso gestern? Ihr wart doch mit Papa auf der Rennstrecke. Wieso hast du jetzt Schmerzen?“ Verdammt, ich hatte vergessen, dass er von dem Crash ja gar nichts wissen sollte.

„Habe ich etwas verpasst? Und Lukas scheint ja eine gute Hand zu haben, wenn ich so sehe, wie das aussieht.“ Dabei zeigte er auf meine Boxershorts mit der deutlichen Beule.

Jetzt wurde ich rot. „Nein Leif, es ist nicht das, was du jetzt denkst. Aber es stimmt, es tat sehr gut seine Hände zu spüren, aber er hat nur meinen Nacken und Rücken massiert.“ Jetzt wollte ich das nicht weiter diskutieren und lenkte schnell auf das eigentliche Thema.

„Leif, weshalb wir dich sprechen wollten. Ich möchte, dass du uns bitte sofort Bescheid gibst, wenn dich irgendjemand blöd wegen uns anmacht. Das ist nicht deine Baustelle, sondern unsere. Wir wollen nicht, dass du Probleme bekommst, nur weil wir schwul sind.“

„Danke aber ich hoffe das wird nicht nötig werden. Bis auf ein paar Holzköpfe wird das keine Probleme geben. Ich werde euch dann bescheid sagen, sollte es Stress geben. Aber jetzt will ich wissen, was gestern passiert ist? Und erzähl mir keine Märchen, ich werde Papa sonst eh gleich fragen.“

Ich war mir nicht sicher, aber Papa würde vermutlich auch nichts von dem Unfall erzählen. Er wollte Leif genauso wenig davon erzählen, wie ich ihm. Was sollte ich jetzt machen? Ich entschloss mich erst mal zu schweigen.

„Es ist gar nichts passiert, ich habe nur etwas Zug bekommen und nun einige Verspannungen im Rücken und Hals.“ Er sah mich komisch an und ich spürte, er glaubte mir kein Wort. Allerdings schwieg er dazu.

„Mick, kannst du denn gleich mit uns spielen? Ich möchte nämlich nicht, dass du dich dann vielleicht gar nicht mehr bewegen kannst.“ Dabei hatte er ein derart fieses Grinsen im Gesicht, dass ich genau wusste, er machte sich lustig über mich.

„Für dich wird es auf jeden Fall noch reichen. Und außerdem wird mich mein Freund dann auch auf dem Platz vertreten. Er kann sich nämlich gut bewegen.“

Diese Frotzeleien gingen noch ein wenig weiter, bis Lukas uns unterbrach: „Hey, ihr beiden. Wir müssen langsam mal los. Ich will nicht zu spät kommen. Marc wartet nicht gerne.“

Das stimmte allerdings. Papa mochte es überhaupt nicht, wenn jemand unpünktlich war. Also schnappten wir uns unsere Tennistaschen und marschierten Richtung Tennisplätze.

Marc: Am nächsten Morgen in seinem Quartier

Ich saß beim Frühstück im Wintergarten und genoss die Morgensonne. Ich ließ mir den gestrigen Nachmittag noch mal durch den Kopf gehen. Wir hatten wirklich viel Spaß gehabt auf der Strecke mit den schönen Autos. Allerdings ließ mich der Crash doch noch nicht völlig los. Ich hatte erlebt, wie Lukas fast vor Angst gestorben wäre. Ich machte mir Vorwürfe. Mir wurde bewusst, dass ich mit Lukas vorher mehr über seine Eltern und den Unfall hätte reden sollen. Dieser Unfall zum Schluss musste für ihn ein Alptraum gewesen sein. Selbst Mick hatte mit dieser Reaktion nicht gerechnet. Heute Morgen wollte ich die Adoption von Lukas vorantreiben. Ich hatte meinen Rechtsbeistand gebeten, sich um die Behörden zu kümmern. Was ich jetzt noch hier vor Ort tun musste, war einige Unterlagen vom Internat einholen, und ein Gespräch mit Direktor Steyrer führen. Ich brauchte von ihm eine Beurteilung, dass die Schule mit meinem Vorhaben einverstanden war und Lukas dort weiterhin bleiben konnte. Dann sollte der Sache nichts mehr im Wege stehen.

Ich wollte nun noch vorher zur Bank und Lukas einen festen monatlichen Betrag zuweisen. Genau wie ich das mit Mick und Leif tat. Er sollte die gleichen finanziellen Spielräume wie Mick bekommen. Das sollte heute auch noch gemacht werden. Ich war gestern doch sehr verärgert über seine Lage. Diese Behörden schienen sich ja nicht besonders toll um ihn zu kümmern. Er brauchte auch einen Rechtsbeistand. Ein 17-jähriger Junge sollte sich nicht mit diesen Dingen eigenverantwortlich rumschlagen müssen.

Wenn ich heute Nachmittag mit den Jungs zum Tennis fahren würde, sollte alles geregelt sein und ich wollte Lukas das ganze Paket dann präsentieren. Er sollte sich wieder nur auf seine Schule konzentrieren müssen. Alles andere sollte ihn nicht mehr belasten. Auch die Erbschaftsangelegenheiten würden von meinem Anwalt endlich geregelt werden.

Als Erstes wollte ich um zehn Uhr bei der Bank die finanziellen Dinge regeln. Danach hatte ich um elf Uhr einen Termin im Internat mit Herrn Steyrer. Zum Mittagessen wollte ich bei Manuel in der Firma vorbei schauen und mich erkundigen, ob er mit dem Spyder heile angekommen war. Tim und Manuel waren für Mick und Lukas wichtige Freunde und Bezugspersonen. Ich wollte auch mal die Eltern der beiden kennenlernen. Ich fand das gehörte mit dazu, dass sich die Eltern der Freunde auch kennen lernen sollten.

Ich hatte allerdings noch keinen Plan, wie ich das zeitlich alles auf die Reihe bringen sollte. Dafür sollte mir Manuel helfen. Er sollte sich um eine Möglichkeit kümmern, das mit seinen Eltern und Tims Familie zu regeln.

Jetzt ging es aber erst mal zur Bank. Also alle Unterlagen zusammen genommen, rein ins Auto und los gings. Nachdem ich der netten Kundenbetreuerin alle notwendigen Unterlagen mitgebracht hatte, war das Ganze recht zügig erledigt. Lukas sollte jetzt nur noch in ein paar Tagen seine Kontokarte abholen müssen.

Ich verließ um kurz nach halb elf die Bank und machte mich jetzt auf den Weg ins Internat zu Herrn Steyrer. Ich mochte den Direktor irgendwie. Er hatte nicht dieses sonst so typische Verhalten eines Direktors. Er versuchte wirklich immer eine Lösung im Sinne der Kinder zu finden. Das gefiel mir. Ich bog nun auf den Parkplatz ein und stellte den Motor ab. Ich machte mich direkt auf den Weg ins Sekretariat. In der Halle begegneten mir einige Schüler. Ich schätzte sie auf etwas älter als Leif. Sie schauten mich sehr genau an und tuschelten miteinander. Ich bewertete das nicht als etwas Besonderes. Erst als mich einige Lehrer auch sehr seltsam ansahen, bekam ich ein komisches Gefühl. Da waren nämlich auch Lehrer dabei, die ich schon kannte, weil sie Mick unterrichteten. Sie begrüßten mich zwar, aber waren auch sehr darauf bedacht mich nicht in ein Gespräch zu verwickeln. Das fand ich doch etwas seltsam. Mittlerweile stand ich vor der Tür des Sekretariats und klopfte. Ich trat ein und wurde mit einem freundlichen „Grüezi“ begrüßt.

„Herr Steevens, sie sind aber recht früh dran heute. Der Herr Direktor ist grade noch in einem Gespräch mit einem der Lehrer. Möchten sie vielleicht einen Kaffee?“

„Danke, sehr gern“, antwortete ich. Die nette Dame machte sich auf den Weg mir eine Tasse und ein paar Kekse zu holen. Als sie wiederkam, meinte sie etwas sorgenvoll: „Herr Steevens, es gibt heute hier einige Dinge, die etwas Unruhe gebracht haben. Sie sollten sich auf einige unangenehme Dinge einstellen. Ihr Sohn hat hier heute für große Aufregung gesorgt.“

Jetzt wurde mir doch etwas unwohl. Was war passiert? Ich hatte eine Ahnung, aber ich konnte es mir eigentlich nicht vorstellen, denn Mick und Lukas wollten das ja noch nicht offen machen, dass sie ein Paar seien. Nun kam Herr Steyrer etwas gehetzt ins Zimmer. Er sah mich an und meinte: „Hallo Herr Steevens, schön das Sie schon da sind. Dann lassen sie uns doch mal gleich rüber ins Büro gehen. Es hat sich nämlich schon einiges ereignet und ich möchte sie darüber informieren.“

Ich bekam leicht feuchte Hände. War hier irgendwas Größeres passiert? Ich ging jetzt hinter Herrn Steyrer in sein Büro. Er schloss hinter sich die Tür und ich nahm an seinem Schreibtisch Platz.

„Herr Steevens, bevor wir uns über ihr Anliegen der Adoption vom Lukas unterhalten, muss ich Ihnen mitteilen, dass es heute Morgen zu großer Aufregung gekommen ist. Ihr Sohn und Lukas sind wohl gestern in einer etwas prekären Situation von einigen Schülern aus der achten Klasse gesehen worden. Das hat heute Morgen zu heftigen Diskussionen und Hektik gesorgt.“ Dabei sah er mich mit etwas unsicherem Blick an.

„Herr Steyrer, ich wäre ihnen dankbar, wenn sie mir einfach erklären, was passiert ist. Es scheint ja ein mittleres Geheimnis zu sein.“

„Nun ja, sie wissen ja, dass die beiden ein besonderes freundschaftliches Verhältnis haben und Mick sich immer um Lukas gekümmert hat. Aber gestern wurden sie dabei beobachtet wie Mick und Lukas sich in einem Schnellrestaurant geküsst haben.“

Ich musste jetzt einfach nur lachen. Als hätte ich es gestern schon geahnt, dieser Kuss dort war keine gute Idee. Ok, jetzt war es nun raus, was hier heute für Unruhe sorgte.

„Herr Steyrer, ich hoffe an diesem Internat wird Homosexualität als etwas Normales angesehen und ich muss mir keine Sorgen machen, dass die Jungs hier nicht normal weiter zur Schule gehen können.“

„Sie wussten bereits über den Sachverhalt Bescheid?“, fragte mich Herr Steyrer etwas erstaunt.

„Ja, die beiden hatten es mir bereits gesagt und ich habe damit überhaupt keine Schwierigkeiten. Sie wollten es allerdings noch nicht in der Schule bekannt machen, weil insbesondere Lukas damit Probleme hatte. Ich habe das respektiert und deshalb nichts weiter unternommen. Die beiden sollen selbst entscheiden, wem sie von ihrer Beziehung erzählen und wem nicht. Von daher hoffe ich jetzt auch auf Unterstützung von ihnen als Schulleiter.“

„Herr Steevens, ich bin nicht erstaunt über Ihre Reaktion und Haltung. Ich habe es nicht anders erwartet bei Ihnen. Ich kann sie beruhigen, wir werden die beiden Jungs so gut es geht unterstützen und hoffentlich wird es hier bald zum Alltag werden. Sie sind nämlich sicherlich nicht die einzigen Jungs, die homosexuell sind.“

„Wie haben die Schüler darauf reagiert? Ich denke, es waren nicht alle so offen eingestellt.“

„Also ich war auch sehr besorgt heute Morgen, aber es hat eine riesige Sympathie für die beiden gegeben. Sie sind sehr beliebt bei vielen Schülern, insbesondere bei den jüngeren Jahrgängen, weil sie beide sich immer für die Schwächeren eingesetzt haben. Sie genießen hier große Anerkennung. Ich glaube die wenigen Schüler, die ein Problem damit haben, werden sehr schnell lernen müssen, dass sie hier in der klaren Minderheit sind und es nicht akzeptiert wird, wenn Homosexualität hier zum Problem würde. Deshalb gehe ich davon aus, dass Sie Ihr Vorhaben, den Lukas zu adoptieren, durchführen werden.“

„Ja absolut, das wird meine Haltung nicht im Geringsten verändern. Ich habe bereits meinem Anwalt eine Vollmacht gegeben, die Adoption mit dem Jugendamt abzustimmen und heute Morgen habe ich bereits auch bei der Bank für den Lukas einige finanzielle Dinge geregelt. Jetzt brauche ich nur noch ihre Unterstützung, um alle Unterlagen einreichen zu können.“

„Herr Steevens, ich bin wirklich sehr glücklich über ihr Engagement für den Lukas. Ich bin mir sicher, er wird ihnen ein genauso guter Stiefsohn werden, wie Ihre beiden anderen Jungs. Von mir werden Sie alle Unterlagen bekommen und ich werde Sie selbstverständlich voll unterstützen.“

Er gab mir nun einen großen Umschlag mit den nötigen Unterlagen. Als ich mich schon verabschieden wollte, sprach er mich noch auf ein Anliegen an.

„Herr Steevens, ich habe noch eine persönliche Bitte an Sie. Am Schuljahresende im Sommer werden Lukas und Mick ja in die Oberstufe kommen und damit ihre Mittlere Reife bekommen. Ich weiß, dass es gerade für Lukas sehr wichtig wäre, wenn sie an dieser Feier teilnehmen würden als sein Stiefvater. Bitte versuchen sie sich dort die Zeit zu nehmen. Ich habe ihnen die Termine und das Programm mit in den Umschlag getan.“

Ich war wirklich überrascht über so viel Unterstützung und ich spürte auch bei mir so etwas wie Bestätigung, dass meine bald drei Jungs hier richtig waren.

„Herr Steyrer, ich werde versuchen es möglich zu machen an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Mick hatte es mir bereits schon gesagt, dass er sich das sehr wünschen würde. Also ich versuche es auf jeden Fall.“ Damit verabschiedete ich mich von Herrn Steyrer und verließ das Büro.

Mit einem leichten Lächeln verließ ich das Schulgebäude. Ich hatte also Recht behalten mit meinem Gefühl gestern beim Essen. Wie das Leben eben so spielt. Allerdings hoffte ich nun, dass es für sie heute nicht zu stressig war. Das was der Direktor mir erzählt hatte, hörte sich ja ganz positiv an. Jetzt stand noch mein Besuch bei Manuel an. Also machte ich mich auf den Weg zum Autohaus, wo Manuel arbeitete. Ich überlegte allerdings jetzt erst mal, ob ich Mick eine Nachricht schreiben sollte, dass ich bereits Bescheid wusste und dass Herr Steyrer sie unterstützen würde. Ich verwarf diesen Gedanken aber wieder. Sie sollten mir das selbst erzählen, wie es ihnen ergangen ist.

Nach wenigen Minuten hatte ich das Autohaus erreicht. Ich sah den R8 nicht auf dem Hof stehen. Das verwunderte mich nun etwas. Hoffentlich war nichts passiert. Also aussteigen und hineingehen war nun der Plan. Ich ging auf die Werkstatthalle mit der Reparaturannahme zu, am Tresen wurde ich freundlich begrüßt: „Guten Tag Herr Steevens, was können wir für sie tun?“

„Hallo, ich möchte eigentlich zum Manuel. Ich wollte mich mit ihm kurz unterhalten, wenn das möglich ist. Ist er im Hause? Weil das Auto steht nicht auf dem Hof.“ Jetzt musste der Meister lachen. Er hatte sichtlich Spaß an der Geschichte. „Herr Steevens, als Manuel heute Morgen mit dem R8 ankam, war er so nervös und aufgeregt, dass bloß nichts mit dem Wagen passiert. Da haben wir ihm erlaubt, das Auto hinten in die Halle der Werkstatt zu stellen. Sie hätten es sehen müssen, wie Manuel gestrahlt hat. Da haben sie ihm wirklich eine große Freude gemacht. Er hat auch von dem Tag berichtet. Das muss für ihn ein tolles Erlebnis gewesen sein.“

„Ja, wir hatten wirklich einen sehr schönen Tag. Hat er auch von dem Ende erzählt?“

„Nein, er hat uns nur erklärt, wie er zu dem Auto gekommen ist. Ist noch etwas vorgefallen gestern?“

„Nun ja, ich habe bei Tempo 230 den anderen R8 vollkommen zerlegt, als die vordere Radaufhängung gebrochen war. Das war für alle ein wenig heftig.“ Der Meister sah mich mit großen Augen an, dann sagte er: „Ach du Scheiße ... der Unfallwagen, der vorhin hier hergebracht wurde, ist ihr Wagen von gestern. Jetzt verstehe ich auch, warum der Wagen sichergestellt wurde. Das Auto soll so wie es ist ins Werk befördert werden und untersucht werden.“

„Besser ist das vielleicht. Aber zurück zu meiner Anfangsfrage, ist Manuel im Hause?“

„Ja sicher, er arbeitet an der Bühne drei heute. Gehen sie doch einfach zu ihm. Wenn was sein sollte, kommen sie bitte einfach zu mir.“

„Vielen Dank, ich geh dann mal“, damit drehte ich mich um und ging Richtung Werkstatthalle. Alle Hebebühnen waren nummeriert und ich konnte Manuel unter einer Limousine stehen sehen. Er stand dort und schraubte an dem Wagen herum. Er hatte noch nicht bemerkt, dass ich direkt an dem Wagen stand und ihn bei der Arbeit beobachtete. Ich wusste ja nicht viel bisher von den beiden. Nur das, was sie entweder mir schon erzählt hatten oder was Mick mir von ihnen erzählt hatte.

„Hallo Manuel, alles gut gelaufen auf der Rückfahrt gestern?“

Er zuckte förmlich zusammen, als er meine Stimme hörte: „Marc, was machst du denn hier? Du hast mich jetzt aber erschreckt.“ Dann kam er unter dem Wagen hervor und gab mir seinen Unterarm, weil er ja dreckige Hände hatte.

„Ich wollte sichergehen, dass wenigstens ein R8 heile sein Ziel erreicht. Habt ihr eine schöne Rückfahrt gehabt?“

„Ja absolut. Was für ein geiles Auto. Wir sind die ganze Strecke offen gefahren. Einfach toll. Und heute Morgen hier in der Firma haben sie auch alle etwas komisch geschaut. Der Lehrling kommt mit so einer Rakete zur Arbeit.“ Dabei mussten wir beide lachen.

„Ja, das kann ich mir vorstellen. Morgen hat Tim dann das Auto oder wie?“

„Ja genau, wir wechseln uns ab, er hat mich nur gebeten, dass er morgen seinen Bruder abholen kann. Der flippt aus, wenn Tim ihn damit vom Training abholt. Nico weiß nämlich noch von nichts.“

„Ok Manuel, ich habe heute Morgen schon einige Dinge für Lukas geregelt und ich habe die Bitte, dass wir beide uns mal unterhalten würden. Wann hast du denn Mittagspause? Ich würde gerne mit dir Essen gehen irgendwo.“

„Hmm, in einer halben Stunde habe ich Mittag. Allerdings nur 45 Minuten. Das könnte eng werden um Essen zu gehen.“

„Alles klar, ich kläre das mal eben mit deinem Meister. Ich komme gleich wieder, dann sprechen wir da noch mal drüber“, damit ging ich zurück zum Meister und erklärte ihm was ich vorhatte und er gab sein Ok. Wir hatten nun ausnahmsweise 90 Minuten Zeit. Ich kehrte zu Manuel zurück: „So, wir haben 90 Minuten Zeit zum Essen. Hast du einen Wunsch, wo wir hinfahren sollen?“

Er sah mich freudig an und dann schlug er vor, zu einem sehr schönen bulgarischen Restaurant zu fahren. Ich war einverstanden und wir verabredeten uns in einer halben Stunde hier auf dem Parkplatz. Ich würde ihn abholen, weil er mit seinen Arbeitssachen nicht so gerne den R8 benutzen wollte. Und zum Duschen reichte die Zeit nicht. Ich verabschiedete und bedankte mich bei seinem Meister und dann fuhr ich noch schnell ein paar Sachen einkaufen.

Um kurz vor halb eins bog ich auf den Parkplatz des Autohauses ein, Manuel stand schon wartend vor der Werkstatt. Neben ihm stand ein weiterer Mechaniker. Ich fuhr direkt zu den Beiden hin und Manuel kam zu mir an das Seitenfenster. Ich öffnete es und Manuel fragte mich, ob ich seinem Azubi Kollegen vielleicht ein Autogramm geben würde. Es war ihm etwas unangenehm und er entschuldigte sich fast für diese Bitte. Selbstverständlich erfüllte ich diese Bitte. Ich stieg also kurz aus, ging auf den Kollegen zu und gab ihm das gewünschte Autogramm auf das Poloshirt. Ich schätzte ihn auf höchstens 17 Jahre.

„Vielen Dank Herr Steevens, ich wollte es wirklich nicht glauben, als Manuel mir von Ihnen erzählte.“ Dabei sah er mich sehr schüchtern an.

„Wie heißt du denn? Und machst du hier auch eine Ausbildung?“, wollte ich nun von ihm wissen.

„Ich heiße Rene Scheider und mache hier auch eine Ausbildung wie Manuel. Nur bin ich noch im ersten Lehrjahr.“ Dabei machte er einen sehr unsicheren Eindruck. Irgendwie hatte ich das Gefühl, diese Begegnung hatte nicht zufällig stattgefunden. Manuel gab Rene einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter und verabschiedete sich für den Moment von René: „Na, ich sagte doch, Marc ist völlig normal wie alle anderen auch. Also wir sehen uns dann gleich wieder. Ich fahre jetzt erst mal essen.“ Dann stieg er in mein Auto ein. Ich verabschiedete mich ebenfalls von René.

Im Auto begann ich direkt mit Manuel ein Gespräch, wir hatten ja nicht so viel Zeit.

„Sag mal, wie läuft denn so deine Lehre? Du müsstest doch bald fertig sein oder nicht?“

„Ja Marc, das stimmt. Ich bin im letzten Jahr. Also in vier Wochen etwa werde ich fertig sein. Ich habe noch meine Abschlussprüfungen und dann bin ich fertig, hoffentlich.“

„Wieso hoffentlich? Gibt es daran Zweifel? Du machst nicht den Eindruck, dass es bei dir Probleme geben könnte.“

Nun lächelte er mich an: „Nein alles im grünen Bereich. Allerdings wird es wohl so sein, dass ich hier nicht weiter bleiben kann. Leider.“

„Das ist schade. Ich hatte den Eindruck, du bist hier ein gern gesehener Mitarbeiter. Dein Meister schien dich zu mögen. Woran liegt es denn dann, dass du nicht übernommen wirst?“ Mittlerweile waren wir an dem Restaurant angekommen. Manuel ging vor und er steuerte direkt auf einen Tisch im hinteren Teil zu. Es schien so, dass er hier auch schon häufiger war. Nachdem wir uns gesetzt, die Karten bekommen hatten und Getränke bestellt hatten, fuhr Manuel fort: „Ja Marc, ich fühle mich hier auch wirklich sehr wohl. Und mein Meister würde mich auch gerne behalten, aber der Besitzer wird im Sommer wechseln, weil der jetzige in Rente geht. Der neue Eigentümer wird aber aus seinem anderen Autohaus einen Azubi übernehmen und mit hierher bringen.“ Dabei spürte ich seine Enttäuschung darüber sehr deutlich.

„Hast du schon eine neue Stelle irgendwo in Aussicht?“

„Nein, noch nicht wirklich. Ich meine diese Ausbildung hier war schon sehr auf die Marke ausgerichtet. Und hier gibt es keine weitere Werkstatt des Herstellers. Ich müsste also in einen anderen Ort gehen. Das will ich aber im Moment eigentlich nicht. Ich will mit Tim nicht nur am Wochenende zusammen sein können.“

„Das verstehe ich irgendwo, aber du musst auch deine Zukunft denken. Ihr seid beide noch sehr jung. Wie sieht das denn mit deiner Familie aus? Erzähl doch mal ein bisschen von dir.“

„Also ich lebe hier bei meiner Mutter. Mein Vater ist vor drei Jahren abgehauen, als ich ihnen sagte, dass ich schwul bin. Er wollte das nicht akzeptieren und da hat meine Mutter gesagt, dass er sich eine andere Wohnung suchen sollte. Meine Mutter stand voll hinter mir und ich bin wirklich froh darüber.“ Ich spürte eine gewisse Anspannung bei Manuel, er war jetzt überhaupt nicht mehr der lockere Junge, so wie ich ihn bisher immer gesehen hatte.

„Was macht deine Mutter? Hat sie einen Job hier? Ich möchte nicht zu neugierig sein aber ich würde gerne euch besser kennenlernen. Ich möchte wissen, welche Freunde meine Söhne haben. Auch die Eltern würde ich gerne kennen lernen. Ich habe halt leider nur viel zu wenig Zeit für diese wichtigen Dinge.“

„Ja, das kann ich verstehen. Meine Mutter will auch immer wissen, wo ich bin und was ich mache. Sie wollte mir auch erst nicht glauben, dass du einfach so mit uns weggehen würdest. Von dem gestrigen Tag ganz zu schweigen. Sie hat es erst geglaubt, als Tim ihr das bestätigt hatte und als ich gestern mit dem R8 nach Hause gekommen bin.“ Dabei musste er lachen.

„Ich würde eure Familien gerne kennenlernen. Da ihr für meine Jungs sehr wichtige Freunde geworden seid, sollten wir uns auch besser kennenlernen. Ich möchte dich deshalb bitten, mal zu schauen, ob wir nicht am Donnerstag mal gemeinsam einen Abend zum Kennenlernen machen können. Ich bringe meine Jungs mit und du sorgst dafür, dass deine Mutter und Tims Familie auch Zeit haben. Ich habe leider nur bis Donnerstag hier Zeit. Ich fliege am Freitag mit Leif und Tommy ja nach Spa. Danach werde ich wohl erst einige Zeit nicht hier sein können.“

Manuel war jetzt ehrlich überrascht: „Marc, das wäre echt toll. Tims Eltern würden sich bestimmt freuen. Sie haben schon oft nach euch gefragt. Also nach dir. Mick und Lukas kennen sie ja zumindest schon etwas mehr von unseren Erzählungen. Ich werde das versuchen mit Donnerstag. Tims Bruder wird aber wohl dem Herztod nahe sein, wenn er das erfährt. Er ist ein totaler Motorsportfan. Er ist auch voll neidisch auf Tim gewesen wegen gestern. Deshalb wollte Tim ihn ja auch morgen mit dem Auto abholen, um ihm eine Freude zu machen.“

Wir bekamen nun unser Essen und ich bestellte noch einmal Getränke nach. Ich fand Manuel wirklich sehr sympathisch.

„Wie lange bist du eigentlich schon mit Tim zusammen?“

„Kennen tun wir uns schon länger, so etwa drei Jahre, aber zusammen sind wir erst seit einem dreiviertel Jahr. Aber ich bin seit dem sehr glücklich, ich möchte ihn nicht mehr missen.“ Jetzt wurde er plötzlich sehr ernst: „Ich bin so froh, dass Mick so ein Glück mit dir hat. Ich habe mir immer gewünscht, mein Vater wäre auch so mit meinem Schwulsein umgegangen. Ich habe immerhin Tims Vater, der mir manchmal hilft. Auch mein Meister hat sich sehr um mich gekümmert. Er ist auch sehr traurig, dass ich nicht übernommen werde.“

„Ich glaube es dir gerne, dass du keine einfachen Zeiten gehabt hast. Lukas geht es ja auch nicht so toll. Seine Situation hat mich jedenfalls sehr betroffen gemacht. Haben die beiden eigentlich erzählt, dass ich Lukas adoptieren werde?“

„Nein, so genau haben sie das noch nicht erwähnt. Das ist ja richtig klasse. Ich freue mich für Lukas. Ich mag sie beide sehr. Du hast mit Mick einen echt coolen Sohn. Er ist immer für Lukas da. Er hilft ihm immer wo er kann. Auch Lukas weiß, was er mit Mick als Freund hat. Hoffentlich wird ihre Beziehung im Internat nicht so negativ gesehen. Davor haben sie beide nämlich große Angst.“

Nun war der Zeitpunkt gekommen, ich berichtete ausführlich über die Geschehnisse im Internat von heute und Manuel war erst sehr besorgt aber als ich fertig war konnte er doch ein wenig lachen über diese Geschichte.

„Sag mal Manuel, könntest du dir vorstellen, mit anderen Fahrzeugen zu arbeiten? Also nicht in der klassischen Werkstatt, sondern auch mal unterwegs zu sein? Ich meine du hast keine Verpflichtungen außer deiner Beziehung zu Tim.“ Er sah mich nun etwas verwundert an.

„Wie meinst du das? Ich will eigentlich nicht von Tim so lange getrennt sein. Er geht ja hier noch einige Zeit zur Schule.“

„Also was ich genau meine, kann ich dir noch nicht sagen. Aber sieh es als grundsätzliche Frage.“

„Ja, grundsätzlich kann ich mir vieles vorstellen. Denn ich werde ja eh hier nicht arbeiten können. Also von daher, warum nicht.“

„Sehr gut, ich werde dich ansprechen, sobald ich da etwas mehr zu sagen kann. Du kümmerst dich um das Treffen am Donnerstag? Wo sollen wir uns denn dann am besten Treffen? Da Tim wohl die größte Familie hat, wäre es am besten, wir würden uns bei Tim treffen, oder?“

„Ich kläre das ab, kann ich dich heute Abend anrufen?“

„Ja sehr gerne. Es würde mich wirklich freuen, wenn das klappt.“

Manuel war wirklich ein netter junger Mann, der sich schon sehr erwachsen zeigte. Ich spürte aber auch eine gewisse Verletzlichkeit. Die Geschichte mit seinem Vater machte ihm zu schaffen. Auch dass Mick, mit mir als „Promi-Vater“, es nicht immer einfach hatte, verstand er absolut. Diese Unterstützung von ihm für Mick war mir überhaupt nicht selbstverständlich. Ich wollte ihm etwas Unterstützung zukommen lassen. Er hatte ja bei meinem Arbeitgeber gelernt, ich werde mal fragen, ob wir ihn nicht für eine Saison als Mechaniker mitnehmen können. Dann hätte er auf jeden Fall ein Jahr einen festen Job und er könnte viel Erfahrung sammeln und Tim und er wären nur für ein Jahr getrennt. Tim wäre dann auch mit der Schule fertig und sie könnten dann freier planen. Leider war unsere Zeit nun schon vorbei und er musste wieder zur Arbeit zurück. Ich gab dem Kellner ein Zeichen, dass wir bezahlen wollten. Manuel griff zu seiner Jacke und holte seine Brieftasche heraus.

„Manuel, du willst doch hier nicht im Ernst jetzt etwas bezahlen? Du bist selbstverständlich mein Gast. Also lass deine Brieftasche in der Jacke.“ Dann nahm ich die Rechnung, bezahlte und wir gingen zum Auto. Manuel bedankte sich sehr für die Einladung. Auf dem Weg zurück zur Werkstatt gingen mir einige Gedanken durch den Kopf. Ich spürte, wie sehr ich unter Zeitdruck stand. Ich hatte nur wieder ein paar Tage hier, um die Sachen zu regeln, die andere Eltern in Ruhe regeln konnten. Das Kennenlernen der Freunde und deren Eltern der eigenen Kinder, das Regeln wichtiger Angelegenheiten musste auch immer unter Zeitdruck stattfinden. Ich machte mir meine Gedanken. War es das wirklich wert, nur für meinen Egoismus wieder Rennen zu fahren, meine Kinder das ausbaden zu lassen? Ich war sehr nachdenklich geworden.

Manuel merkte das sofort: „Marc, was hast du grade? Worüber denkst du nach?“

„Ach nichts Besonderes. Ich glaube nur, ich muss für mich mal einiges klären. Ich habe immer gedacht, meine Jungs wären damit wirklich glücklich, dass ich wieder aktiv Rennen fahre. Sie haben es mir ja auch damals so gesagt, aber ich spüre, dass ich da wohl sehr egoistisch bin. Ich muss mehr Zeit haben für meine Jungs. Das ist mir in den letzten Tagen sehr deutlich geworden.“

Manuel sah mich erstaunt an, sagte aber nicht viel dazu, nur: „Marc, eines weiß ich genau, Mick wäre nicht glücklich, wenn du nicht glücklich wärest. Also ich finde das toll, wie du trotz der wenigen Zeit, dich um die beiden, nein, die Drei kümmerst. Für Lukas wird sich ein Traum erfüllen, wenn er dich als Stiefvater bekommt.“ Damit verabschiedeten wir uns und Manuel stieg nun aus dem Auto, um wieder zur Arbeit zu gehen. Wir waren leider nun nicht ganz pünktlich zurück. Das hieß für mich, ich sollte auf jeden Fall dem Meister Bescheid sagen, nicht dass Manuel dafür Stress bekommen würde. Ich ging also noch kurz zum Meister: „Mahlzeit, Entschuldigung, dass es ein paar Minuten später geworden ist. Es war meine Schuld, dass Manuel nicht pünktlich wieder zurück ist.“ Der Meister sah mich erstaunt an: „Herr Steevens, kein Problem. Manuel ist immer ein vorbildlicher Azubi. Deshalb ist das kein Problem. Aber wenn sie schon noch mal hier sind, hat er Ihnen von seiner Situation hier berichtet?“

„Ja, er sagte, dass er nicht übernommen würde und dass er sehr traurig darüber ist. Er hat hier sehr gerne gearbeitet. Insbesondere von Ihnen als Meister hat er eine sehr hohe Meinung.“

„Sie haben doch sicher viele Verbindungen, vielleicht können Sie ja mal schauen, ob es für Manuel irgendwo einen interessanten Job gibt.“

„Darauf können Sie sich verlassen. Ich habe auch schon eine Idee im Kopf. Würden Sie mir von Manuel ein Zeugnis mitgeben? Ich würde das gerne jemandem zeigen.“

„Ja natürlich, mache ich fertig. Bis wann brauchen sie das?“

„Am besten bis Donnerstagabend.“

„Alles klar, kommen sie am Donnerstag und holen Sie es sich ab bei mir.“ Ich gab dem Meister die Hand und fuhr nach Hause um meine Tennissachen zu holen.

Marc: Mick, Lukas und Leif auf dem Tennisplatz

Als ich mit meiner Tennistasche über der Schulter auf den Platz kam, konnte ich die drei Jungs schon sehen. Sie hatten bereits im T-Feld begonnen sich einzuschlagen. Ich stellte meine Tasche neben die Bank auf dem Platz und begrüßte die Jungs.

„Hallo zusammen. Wie war euer Tag heute? Alles im grünen Bereich?“ Sie schauten mich an und grinsten. „Ja Papa, mittlerweile ist wieder alles gut“, sagte Mick zu mir. Ich wusste ja schon im Wesentlichen Bescheid aber ich wollte mir das von ihnen noch mal genau berichten lassen. Also erzählten sie mir ihre Version der Ereignisse. Zwischendurch spürte ich noch einige Male eine Unsicherheit bei Lukas. Nachdem sie fertig mit dem Berichten waren, spielten wir wirklich Tennis. Leif war wirklich richtig gut geworden und ich musste immer wieder staunen, was er alles gelernt hatte, seit dem letzten Mal mit ihm. Was mir allerdings auffiel, war, dass Lukas auffällig viel lief, während Mick sich eher zurückhielt. Außerdem hatte ich das Gefühl Mick würde bewusst seine Schläge nicht durchziehen. Nach einigen weiteren Spielen saßen wir nun auf der Bank.

„Mensch Leute, dass macht echt Spaß mal wieder zu spielen. Ich sollte das häufiger machen. Auch mit euch gemeinsam was zu machen finde ich so schön.“ Ich war wirklich glücklich mit meinen Jungs auf dem Platz zu spielen. Allerdings konnte ich auch spüren, dass Mick sich nicht so wohl fühlte. Irgendetwas war nicht in Ordnung. Es schien mir fast so, als hätte er Schmerzen. Er atmete deutlich schwerer als sonst. Ich sah Lukas an und er wusste was ich sagen wollte.

„Mick, was ist los mit dir? Hast du Probleme? Du wolltest mir doch Bescheid sagen, wenn es zu schlimm wird.“ Diese Aussage von Lukas irritierte mich jetzt aber.

„Mick, was ist los? Warum weiß ich von diesen Problemen nichts?“

Jetzt sah Mick böse zu Lukas. Er wollte nicht, dass ich davon erfahre.

„Lasst uns weiterspielen“, forderte Mick uns jetzt sogar auf.

„Nein, erst wenn ich weiß, was los ist bei dir.“ Ich blieb also einfach an der Bank stehen. Leif sah mich auch etwas erstaunt an.

„Also gut, ich habe von gestern noch einige Probleme mit dem Rücken und dem Hals. Die Muskeln schmerzen doch mehr als ich gedacht habe“, erklärte Mick nun.

„Und warum atmest du so schwer, hast du vielleicht auch noch Schmerzen in der Brust?“ wollte ich nun noch wissen. Mick sah mich etwas verschämt an und nickte nur.

„Man Lukas, hatte ich nicht gestern gesagt, du sollst mir Bescheid sagen, falls Mick heute Schmerzen bekommen sollte? Wieso erfahre ich davon nichts?“ Ich war nun etwas ungehalten.

Lukas war das richtig unangenehm und er wollte sich entschuldigen, da fiel ihm Mick ins Wort: „Lukas du hältst dich da raus! Papa, ich habe es Lukas verboten etwas zu sagen. Ich wollte nicht, dass meinetwegen das Tennis ausfällt. Leif hat sich da so drauf gefreut. Und so schlimm ist es auch nicht. Ich werde es überleben, wenn ich nicht zu jedem Ball laufe.“

Jetzt wäre ich am liebsten geplatzt: „Mick, ich habe das doch nicht umsonst zu Lukas gesagt. Der Aufprall gestern war schon recht heftig. Bei der Geschwindigkeit werden mehrere g an negativer Beschleunigung freigesetzt. Das wird weh tun. Und ich will nicht, dass du riskierst, dass da noch mehr kaputt geht. Damit ist das Spielen heute für dich erledigt. Und keine Diskussion darüber bitte.“ Allerdings wurde Leif nun auch etwas unruhig: „Papa, was ist gestern passiert. Ich habe vorhin schon sowas gehört. Ich dachte es wäre eine Verkühlung bei Mick, wie er sagte. Aber was ist denn nun da passiert?“

Ich sah ihn etwas ratlos an, aber jetzt half nichts mehr, ich würde es ihm wohl erklären müssen. Also erzählte ich Leif genau, was gestern passiert war. Leif wurde richtig blass und er fing an sich richtig Sorgen zu machen. Ich wollte das aber nicht zu groß aufbauschen. Deshalb sollte Leif jetzt wieder auf den Platz gehen. Ich blieb erst mal mit Mick auf der Bank sitzen und nun spielten Lukas und Leif weiter. Mick saß etwas niedergeschlagen neben mir. Ich legte einen Arm um seine Schulter und begann ein Gespräch mit ihm: „Hör mal, warum ist das wohl so, dass bei uns im Rennen nach so einem Crash jeder Pilot ins Medical Centre muss? Es war mir klar, dass dir das heute noch mehr weh tun wird als gestern. Also sei nicht sauer, sondern sei froh dass nicht mehr kaputt gegangen ist.“

„Ja Papa, du hast ja Recht, aber Leif wollte so gerne mit dir spielen. Ich wollte nicht der Spielverderber sein.“

„Also wenn hier einer daran Schuld hat, bin ich das. Du jedenfalls ganz bestimmt nicht.“ Mick beruhigte sich wieder und ich schickte ihn schon mal unter die Dusche. Ich ging nun mit Leif noch ein paar Spiele machen. Lukas saß währenddessen nun auf der Bank und sah uns zu. Wir spielten ungefähr noch fünfzehn Minuten, aber dann sollte es auch genug sein. Ich schickte Lukas auch schon mal zu Mick unter die Dusche. Leif und ich zogen noch den Platz ab, nahmen unsere Taschen und gingen ebenfalls zu den Duschen. Als wir in die Umkleide kamen, stand Mick schon fertig dort. Ich sagte ihm, er sollte uns schon mal was zu trinken bestellen und sich mit Lukas an einen Tisch setzen.

Wenige Minuten später saßen wir nun alle im Clubraum am Tisch und hatten jeder was zu trinken vor sich stehen. Mick war immer noch etwas geknickt und er entschuldigte sich bei Leif noch mal. Das ging mir jetzt zu weit: „Mick, es ist gut jetzt. Du kannst nichts dafür. Ich denke wir haben auch so noch viel Spaß gehabt. Lukas du wirst bitte heute Abend Mick noch mal massieren.“

Lukas nickte nun und nahm Mick zärtlich in den Arm und Leif grinste plötzlich:

„Na was das wohl wird. Wenn das auch so ne Massage wie vorhin wird, kann ich mir vorstellen was dabei herauskommt.“

Mick und Lukas wurden nun beide rot. Ich konnte mir ungefähr vorstellen, was gemeint war.

„So Jungs, nun will ich mal einige Dinge noch ansprechen. Ich möchte, dass ihr wisst, ich werde euch voll unterstützen. Wenn es hier zu Problemen in der Schule kommen sollte oder es sogar Lehrer gibt, die euch jetzt schikanieren, dann will das sofort wissen. Egal wo ich grade bin. Das habe ich auch mit eurem Direktor so besprochen. Ihr habt von der Leitung hier volle Unterstützung. Also geht es positiv an. Ich freue mich jedenfalls sehr über diese Entwicklung.“ Damit wollte ich den Jungs Mut machen, es nicht länger zu verheimlichen.

Lukas und Mick sahen mich wirklich dankbar an und Mick wechselte nun sehr geschickt das Thema: „Papa, wir versprechen dir, dass wir uns alle Mühe geben werden, unsere Liebe zu leben.“ Danach brachen wir alle in lautes Gelächter aus. Selbst Lukas konnte sich jetzt kaum noch auf dem Stuhl halten. Nachdem wir uns etwas beruhigt hatten, sprach Leif das Thema Wochenende an:

„Papa, Thommy hat mich vorhin noch mal gefragt, wie deine Planungen nun für Spa aussehen. Er müsste seine Eltern informieren.“

„Ja Leif, ich habe mittlerweile alles fertig organisiert. Wir fliegen am Freitagmittag hier los und ihr bleibt dann sozusagen eine Woche mit mir in Spa. Ihr fliegt dann am Montag nach dem Rennen zurück. Wir haben sozusagen bis Dienstag freie Zeit. Dann habe ich einen Testtag am Mittwoch und ab Donnerstag gehen die Vorbereitungen für das Rennen los. Also ihr müsst für gut eine Woche Sachen mitnehmen. Vor allem auch sportliche Sachen nicht vergessen. Tom kommt mit seinem Sohn am Samstag auch schon dazu, so dass ihr euch kennenlernen könnt. Mika ist ja etwas jünger als ihr. Ich denke er ist jetzt elf.“

„Wenn wir fliegen, wie ist das dann dort. Wir haben dann ja kein Auto um irgendwo hinzufahren. Wird das nicht langweilig dort?“, wollte Leif nun wissen.

„Also Leif, wenn wir irgendwohin fahren wollen, werden wir garantiert genug Fahrzeuge zur Verfügung haben. Dafür wird gesorgt sein. Mach dir darüber keine Gedanken.“

„Marc, ich möchte dich was fragen“, unterbrach jetzt Lukas mein Gespräch mit Leif. „ich weiß, das ist vielleicht jetzt etwas unpassend aber hast du schon eine Idee wie das mit dem Angebot von dir weitergeht, mich zu adoptieren.“ Ich spürte, wie unangenehm ihm das jetzt war, er wollte aber nun nicht länger alles allein entscheiden müssen.

„Gute Frage Lukas, ich habe bereits alles dafür notwendige in die Wege geleitet. Herr Steyrer hat mir heute Morgen noch eine Beurteilung gegeben. Ich habe meine Anwälte gebeten, das nun schnellstmöglich amtlich zu machen. Du wirst also bald unseren Namen annehmen und ich werde dein Stiefvater sein. Desweiteren habe ich einen Fachanwalt damit beauftragt, deine Interessen gegenüber dem Jugendamt zu vertreten, was deine finanziellen Dinge betrifft. Das kann ja nicht sein, dass du immer noch keinen Zugriff auf das Geld deiner Eltern hast.“

Lukas bekam jetzt große Augen: „Heißt dass, ich werde dann wirklich Lukas Steevens heißen und ich darf dich dann auch mal zu Hause besuchen mit Mick und Leif?“

„Nein Lukas, das darfst du dann nicht. Du darfst mich nicht besuchen. Das will ich nicht.“

Jetzt waren Leif und Lukas total verwundert und wussten gar nicht mehr, was sie sagen sollten. Mick sah mich an und wusste sofort, was ich damit meinte: „Genau, sehe ich auch so. Lukas, besuchen ist nicht mehr dann.“ Lukas war nun total irritiert, er wurde sogar etwas blass.

„Man Lukas, überlege doch mal“, sagte ich nun, „ich möchte nicht, dass du mich besuchst, ich will, dass du nach Hause kommst. Du gehörst dann zur Familie.“ Ich stand jetzt auf und umarmte ihn herzlich. Es tat ihm sichtlich gut. Leif musste nun auch schmunzeln, sagte aber auch etwas vorwurfsvoll: „Man Papa, jetzt hast du aber auch mir echt einen Schrecken eingejagt.“

Mick und ich mussten lachen, Mick gab Lukas nun auch einen schönen Kuss und Lukas entspannte sich sichtlich wieder.

„Lukas, da ist noch eine Sache, Mick sagte mir ja, dass du zurzeit nicht mal ein geregeltes Taschengeld hast. Ist das korrekt?“

„Ja, Marc das stimmt leider. Ich kann ja immer noch nicht auf das Vermögen meiner Eltern zugreifen und das Jugendamt kümmert sich nicht wirklich darum. Ich habe aber auch keinen Plan, was ich dagegen machen könnte.“

„Das wird sich ja jetzt ändern. Ich habe dir hier eine Vollmacht aufsetzen lassen, die müsstest du mir noch unterschreiben. Solange ich noch nicht offiziell dein Vater bin, kann ich dann deine rechtlichen Interessen vertreten und meine Anwälte werde das für dich regeln.“ Ich legte ihm das Schriftstück auf den Tisch. Er las es etwas verwundert durch und bat mich um einen Kugelschreiber. Nachdem er es unterschrieben hatte, sagte er: „Ich bin jetzt wirklich etwas überrascht. Das hätte ich nicht gedacht, dass du schon so viel hier für mich geregelt hast. Vielen Dank.“

„Das ist noch nicht alles, Lukas. Ich war heute Morgen bei der Bank und habe für dich ein Konto eingerichtet. Da werde ich dir jeden Monat ab sofort den gleichen Betrag zuweisen, den Mick auch bekommt. Damit hast du eigenes Geld zur Verfügung und kannst auch mal Mick einladen. Das kann ja nicht sein, wenn du immer nur betteln musst, um überhaupt mal etwas machen zu können. Wenn sonst irgendwelche Dinge anstehen, sag mir bitte Bescheid. Ich werde mich dann darum kümmern. Deine eigene Kontokarte bekommst du in den nächsten Tagen. Allerdings kannst du schon ab sofort über das Geld verfügen. Du musst nur zum Bankschalter gehen. Den Automaten kannst du ja erst mit der Karte und deiner PIN benutzen. Um das jetzt noch mal ganz klar zu sagen für euch hier. Für mich bist du ab sofort mein Stiefsohn und für Leif und Mick ein Bruder. Mit allen Rechten und Pflichten.“

Es trat eine gewisse Stille am Tisch ein. Leif und Mick waren sichtlich erstaunt und Lukas richtig bewegt. Er konnte wirklich nicht mehr viel dazu sagen.

„Marc, ich weiß nicht was ich jetzt sagen soll ... aber vielen Dank.“

Mick war jetzt aufgestanden und umarmte mich: „Papa, danke. Ich bin so glücklich grade.“

Dann schlug ich vor, heute Abend gemeinsam zu essen. Ich war der Meinung, das sollte einen familiären Rahmen haben. Nur wir vier zusammen. Es waren alle einverstanden. Da klingelte plötzlich mein Handy. Ich meldete mich: „Steevens“. Es war Manuel.

„Hallo Marc, ich wollte nur sagen, Tim ist einverstanden und seine Eltern auch. Sie freuen sich, dass du diese Idee hast. Wir sollen morgen Abend um 19 Uhr bei Tim sein. Tims Mutter wird etwas zu essen vorbereiten. Meine Mutter wird auch kommen.“

„Ja sehr schön, vielen Dank für dein Bemühen, wir werden um 19 Uhr dort sein. Bis morgen dann, tschüss.“

Sechs Augenpaare sahen mich nun fragend an. Ich erläuterte ihnen meinen Plan und insbesondere Mick war davon sehr angetan.

„Papa, ich finde das ist eine absolut coole Idee.“

Leif schaute nun etwas traurig und er sagte etwas niedergeschlagen: „Schade, dass du immer nur so selten hier bist. Kannst du nicht häufiger mit uns so viel Zeit verbringen und schöne Sachen machen.“ Diese Aussage machte mir deutlich, dass ich ernsthaft über die Zukunft nachdenken musste. Meine Söhne hatten ein Recht darauf, ihren Vater genau wie andere Familien regelmäßig um sich zu haben. Da würde ich wohl noch schwer dran zu arbeiten haben.

„So Jungs, ich schlage vor ihr geht die Taschen wegbringen und euch umziehen. Ich fahre grade nach Hause und dann hole ich euch um halb sieben zum Essen ab.“ Damit standen wir vom Tisch auf und ich machte mich auf den Weg nach Hause.

Als ich nach dem Auspacken meiner Tennistasche wieder Richtung Internat unterwegs war, überlegte ich mir heute Abend etwas Besonderes als Lokalität zu wählen. Es gab einen besonderen Anlass, da sollte ein besonderes Restaurant genau richtig sein. Ich hatte den Züricher Hof im Kopf. Das war ein exzellentes Lokal mit einem Sternekoch als Küchenchef. Ich hatte nur leider keine Zeit gehabt, einen Tisch zu reservieren. Also telefonierte ich unterwegs, um zu fragen ob noch ein Tisch für vier Personen frei sei. Glücklicherweise hatte kurz zuvor jemand seine Reservierung abgesagt. Also war das geklärt. Jetzt würde es allerdings ein kleines Problem geben. Dort wurde es nicht gerne gesehen, in Jeans und T-Shirt zu speisen. Also fuhr ich erst mal zu den Jungs. Ich würde dann anschließend noch mal bei mir vorbei fahren und mich umziehen.

Ich parkte den Wagen und ging direkt zu Micks Zimmer. Ich klopfte und Mick öffnete mir die Tür. Lukas lag entspannt auf dem Bett.

„Jungs, es gibt ein kleines Problem, ihr müsst euch noch mal umziehen. Stoffhose und Hemd mit Pullover oder Jackett ist angesagt für heute Abend. Ich gehe jetzt grad schnell Leif informieren. In der Zeit könnt ihr euch umziehen.“

Lukas sah mich entgeistert an: „Marc, ist das jetzt Spaß oder was soll das?“

„Nein, das ist mein voller Ernst. Heute ist ein besonderer Tag und ich werde das entsprechend mit euch feiern.“ Damit verließ ich das Zimmer und machte mich auf den Weg zu Leif. Auf dem Weg dorthin sprach mich ein Junge im selben Alter wie Mick an.

„Entschuldigung, sie sind doch Micks Vater oder nicht? Ich bin Stephen, ein guter Freund von Mick und Lukas.“ Ich blieb nun stehen und mir fiel ein, dass Mick von Stephen schon mal gesprochen hatte. „Ja der bin ich. Was kann ich denn für dich tun?“

„Ich möchte ihnen nur etwas mitteilen. Sie haben wirklich mit Mick einen tollen Sohn und ich möchte Sie bitten, ihn auch weiterhin zu unterstützen. Denn er hat große Angst, dass Sie ihn jetzt vielleicht nicht mehr unterstützen, seit dem bekannt ist, dass er mit Lukas zusammen ist. Ich mag die beiden sehr, ich wünsche mir, dass es beiden gut geht.“

Ich war nun wirklich sehr überrascht, hier direkt auf diese Geschichte angesprochen zu werden. Ich spürte, dass Stephen es wirklich ehrlich meinte, deshalb gab ich ihm eine offene Antwort: „Also Stephen, ich freue mich erst mal, dass mein Sohn hier so viele echte Freunde hat, die sich Sorgen um ihn machen. Ich kann dich beruhigen. Ich bin über alles informiert und ich stehe weiterhin voll hinter meinen Söhnen. Ich mag den Lukas übrigens auch sehr gern. Also mach dir keine Gedanken. Seid weiterhin für die beiden als Freunde da und sie werden euch dankbar dafür sein.“ Stephen war sichtlich erleichtert strahlte mich an. „Er hat also mit Ihnen alles besprochen. Ich bin wirklich froh das beide nichts zu befürchten haben.“ Damit verabschiedete er sich und ich setzte meinen Weg zu Leif fort. Ich klopfte an seinem Zimmer an und gab dieselbe Weisung wie bei Lukas und Mick. Leif schaute etwas überrascht aber er zog sich direkt um und kam gleich mit mir mit.

Wenige Minuten später saßen wir alle im Auto und machten uns auf den Weg. Die Jungs schwiegen gespannt. Als wir dann vor dem „Züricher Hof“ parkten, war Lukas doch sehr beeindruckt. Mick stand neben ihm um legte seinen Arm um ihn und ich sagte: „Jungs, heute wird ein schöner Tag mit einem tollen Abendessen zu Ende gehen. Ich freue mich drei tolle Söhne zu haben und möchte sagen, dass ich stolz auf euch bin.“

Die Jungs waren etwas sprachlos und deshalb schickte ich sie an, endlich hineinzugehen. Wir wurden sehr freundlich begrüßt und ein Kellner begleitete uns an den Tisch. Unsere Jacken wurden uns abgenommen und wir bekamen die Karten. Ich bat den Kellner uns einen Aperitif zu bringen. Für Leif gab es natürlich keinen alkoholischen Drink. Es wurde ein wirklich tolles Ereignis. Für die Jungs war es das erste Mal in einem derartigen Ambiente zu speisen. Wir besprachen auch den morgigen Tag, der ja abends mit dem Kennenlernen der Familien von Tim und Manuel ein wichtiges Ereignis beinhaltete. Nachdem wir es uns richtig gut gehen ließen, bezahlte ich die Rechnung und Lukas war es ein wenig unangenehm. Wir gingen gemeinsam zum Auto. Mick hatte Lukas fest im Arm und Leif ging eng an mich gekuschelt.

„Marc“, sprach Lukas mich nun an, „es war wunderschön, dieser Abend und ich bin wirklich so glücklich Mick als Freund und euch als Familie zu haben, aber ich fühle mich ein wenig unwohl. Ich würde mir so einen Abend niemals leisten können und ich kann nicht mal auch nur einen kleinen Beitrag dazu leisten. Das macht mir ein schlechtes Gewissen.“

Ich hatte es befürchtet, dass er solche Gedanken hatte. Ich drehte mich zu ihm um und schaute ihm in das Gesicht: „Lukas, das war heute ein besonderer Tag für mich. Ich werde mir die Freiheit nehmen, mit euch gemeinsam diesen Tag zu genießen. Du sollst dir über diese Dinge bitte keine Gedanken machen. Wenn ich das so entscheide, dann mache ich das gerne. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ich manchmal sehr eigensinnig sein kann. Aber ich möchte dir sagen, ich bin sehr glücklich, dass Mick dich als seinen Freund gefunden hat und ich dich in unsere Familie aufnehmen darf. Ich habe dir schon gestern gesagt, du gehörst ab sofort zur Familie, du bist mein Stiefsohn, also für meine Kinder werde ich immer da sein. Ich finde aber auch gut, dass du dir Gedanken machst und es nicht als selbstverständlich ansiehst. Und jetzt genießt den Abend mit dem tollen Sternenhimmel.“ Ich ging nun auf ihn zu und wir gingen nun zu viert Arm in Arm zum Auto und schauten uns dabei diesen tollen Himmel an. Lukas stand direkt neben mir und er wurde sehr nachdenklich: „Marc, ich habe mal eine Frage. Kennst du dich mit den Sternbildern am Himmel aus? Ich habe mich immer schon für Astronomie interessiert und ich gehe oft allein abends nur zum Sterne gucken.“

„Ja Lukas, ein wenig kenne ich mich auch damit aus. Ich mache es leider nur noch viel zu selten, mir den Sternenhimmel anzusehen.“

„Dann zeig mir doch bitte ein bisschen was am Himmel. Ich möchte auch etwas davon verstehen.“ Meldete sich nun Leif zu Wort. So erklärte Lukas uns einige Bilder am Himmel. Er wusste wirklich viel darüber. Auch wann welches Bild wo zu finden sei. Es wurden noch sehr schöne dreißig Minuten in der Dunkelheit. Dann stiegen wir ins Auto und ich brachte meine Jungs zurück. Mick und Lukas wollten hinten sitzen. Leif bekam wieder sein schelmisches Grinsen und stieg vorne ein. Während der Fahrt wurde nicht viel geredet. Leif erzählte noch ein bisschen aus der Schule und von Thommy. Ich konnte im Rückspiegel sehen, wie Mick und Lukas sich aneinander kuschelten und sich vorsichtig und zärtlich küssten. Es war für mich schön zu sehen, wie sie sich ihren Gefühlen nun auch offen hingeben konnten. Mit einem Satz: Ich war einfach sehr glücklich darüber, derartige Kinder zu haben. Ich hielt den Wagen direkt vor dem Internat und die Jungs stiegen aus und wir verabschiedeten uns bis morgen.

Mick und Lukas im Internat

Ich ging mit Lukas im Arm nach diesem fantastischen Abend die Treppe zu unserem Zimmer hoch. Es war schon recht spät und wir waren allein im Treppenhaus. Als wir das Zimmer betraten, musste ich mich aus der Umarmung von Lukas trennen. Wir zogen als Erstes unsere etwas unbequeme Kleidung aus. Jeder hing seine Sachen ordentlich in den Schrank und wir stellten nun etwas amüsierst fest, dass wir beide nur noch unsere Boxershorts anhatten. Irgendwie fand ich das sehr anregend, obwohl ich schon recht müde war. Lukas sah einfach mit seiner unbehaarten Haut zu niedlich aus. Ich legte mich nun in mein Bett und ließ Lukas entscheiden, ob er zu mir ins Bett kommen oder in seinem Bett schlafen wollte. Ich spürte, dass er zögerte. Er ging zu seinem Bett und legte sich hinein. Ich löschte das Licht und wünschte eine gute Nacht. Nach einem kurzen Moment des Schweigens hörte ich Lukas leise sprechen: „Sag mal Mick, ich fand diesen Tag heute einfach so heftig. Was haben wir in den letzten Tagen und vor allem heute alles erlebt? Ich bin mir nicht sicher, ob das ein Traum ist oder wir das wirklich erleben.“

„Stimmt, geht mir genauso. Aber je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer werde ich, dass es real ist.“

„Ich fühle mich so glücklich wie schon ganz lange nicht mehr. Was für ein Glück Du hast, so einen Vater zu haben. Ich hätte nie geglaubt, dass wir derart unterstützt werden. Wenn das so weitergeht, können wir wohl glücklich werden. Mick, ich liebe dich wirklich.“

„Lukas, ich muss dir widersprechen, es ist nicht mehr nur mein Vater, Marc ist mittlerweile auch dein Vater. Das musst du dir merken. Ich habe jetzt einen gleichaltrigen Bruder. Ich bin mal gespannt, wie das dann so hier aufgenommen wird.“

„Ja Mick, du hast ja recht, aber für mich ist es doch noch so ungewohnt. Vorhin habe ich sogar an meine Eltern gedacht. Ob sie damit wohl einverstanden wären, dass ich nun eine neue Familie habe.“

Ich spürte nun eine starke Melancholie in seiner Stimme. Was sollte ich ihm dazu sagen?

„Ich denke, sie wären sehr glücklich. Einfach schon, weil du wieder lachen kannst und so fröhlich bist. Sie werden dir bestimmt zusehen und sich für dich freuen.“ Ich hörte Lukas nun tief seufzen und er schwieg. Ich ließ es so stehen und schwieg nun ebenfalls. Nach wenigen Minuten hörte ich erneut seine leise Stimme:

„Mick, bist du noch wach?“

„Ja, was gibt’s noch?“

„Ich möchte nicht allein einschlafen. Ich vermisse deine Berührungen.“

„Ich auch, kommst du zu mir?“

„Ich würde ja gerne, aber was ist morgen früh, wenn jemand merkt, dass wir in einem Bett geschlafen haben.“

„Ist mir ehrlich gesagt mittlerweile egal. Es weiß doch eh bald jeder, dass wir zusammen sind. Warum sollen wir dann nicht in einem Bett schlafen.“

Jetzt stand Lukas wortlos auf, kam zu meinem Bett, ich hob meine Decke an und er legte sich wortlos zu mir ins Bett. Wir kuschelten uns aneinander und Lukas gab mir einen zärtlichen Kuss. Dann flüsterte er mir ins Ohr: „Mick, ich bewundere dich. Ich kann einfach noch nicht so locker sein wie du. Ich möchte aber mit dir zusammen sein, so oft es geht.“

„Ich auch, Lukas, ich liebe dich. Ich will dich nicht mehr hergeben. Und morgen werden wir aufhören uns zu verstecken. Es kann jeder wissen, dass wir uns lieben. Und jetzt lass uns schlafen.“

„Danke“

Dann gab mir Lukas noch ein paar sehr schöne Streicheleinheiten und wir schliefen glücklich zusammen ein.

Ich wachte um kurz nach halb sieben auf, noch immer lagen wir ganz eng zusammen in meinem Bett. Lukas schlief noch tief und fest. Ich fühlte eine Nähe zu Lukas, die einfach nur schön war. Ich ließ meine Hände über seine Brust streichen und legte mein Kinn von hinten auf seine Schulter. Ich spürte leider nun auch eine deutliche Reaktion in meiner Hüftregion. Instinktiv wich ich etwas zurück. Was würde Lukas wohl denken, wenn er so geweckt würde.

In diesem Moment ging Lukas mit seinem Körper diese Zentimeter nach hinten, wieder ganz eng an mich heran. Er flüsterte: „Mach weiter, ich will dich so nahe spüren.“

Es war mir wirklich etwas unangenehm und ich versuchte eine Position zu finden, wo er meine Erektion nicht so spüren würde. Lukas kam mir zuvor. Er dreht sich mit dem Gesicht nun zu mir. Gab mir einen Kuss und flüsterte:

„Es muss dir nicht unangenehm sein. Meiner ist genauso hart wie deiner.“ Dann nahm er meine Hand und führte sie direkt an diese Stelle. Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Er tat es bei mir genauso und nach einigen Minuten lagen wir entspannt in unseren Armen.

Leider waren unsere Boxer nun nicht mehr in so einem vorzeigbaren Zustand. Ich beschloss nun aufzustehen und duschen zu gehen. Allerdings war dieses Erlebnis einfach nur wunderschön.

„Mick, ich könnte mich an diese Art des Weckens gewöhnen.“ Dabei schaute er mich vielsagend an. Ich war etwas peinlich berührt, aber eigentlich musste ich ihm recht geben. Wir gingen nun gemeinsam unter die Dusche und zum Frühstück. Ich hatte mir heute ganz fest vorgenommen, keinerlei Versteckspiel mehr zu machen. Also ging ich mit Lukas - Hand in Hand - in den Frühstücksraum. Lukas fühlte sich doch deutlich angespannter an, als ich das erwartet hatte. Ich nahm seine Hand in einen etwas festeren Griff und er folgte mir. Ich hatte das Gefühl alle Augen waren auf uns gerichtet. Aber niemand gab einen Kommentar ab. Im Gegenteil, wir wurden von allen, die uns begegneten, freundlich begrüßt. Wir setzten uns an unseren Stammtisch, Stephen und Moni waren schon da. Wir wünschten uns einen guten Morgen und alles war wie immer. Nun kamen noch Thommy und Leif hinzu. Sie setzten sich mit ihren Tabletts zu uns und wir redeten über den kommenden Schultag. Es sollte ja der Letzte vor den Ferien sein. Moni schaute uns etwas fragend an, ich reagierte aber nicht darauf, sondern nahm meinen Lukas einfach in den Arm und wir gaben uns einen Kuss. Leif war das etwas unangenehm.

„Hey, könnt ihre nicht damit warten, bis wir mit Frühstücken fertig sind?“, war sein flapsiger Kommentar.

Ich schaute ihn etwas blöd an. Lukas musste lachen und Stephen fand es auch lustig.

„Ok ok, ich reiße mich zusammen“, meinte ich dann auch lächelnd. Thommy musste auch nur grinsen und zeigte mir den Daumen hoch. Nach einigen Minuten gemeinsamen Essens gingen wir jeweils in die Klassenräume zum Unterricht. Heute würde eh nicht mehr viel passieren. Als ich mit Lukas im Arm unseren Klassenraum betrat, wurden wir freundlich begrüßt. Nico und André kamen zu uns an den Tisch.

„Hallo ihr zwei“, begann Nico, „wie ich sehe, habt ihr es begriffen: Gefühle gehören nicht versteckt. Es spielt keine Rolle, ob man einen Jungen oder ein Mädchen liebt, Hauptsache man kann überhaupt jemanden lieben.“

„Danke, Nico. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie gut es tut solche Freunde zu haben wie hier. Jetzt können wir nur hoffen, dass so Typen wie Timo nicht zu viel Terror machen.“

Der gesamte Unterricht verlief völlig normal. Wir hatten heute nur bis zwölf Uhr Unterricht und dann begannen die Ferien. Insofern war auch reges Treiben im ganzen Gebäude, die meisten Schüler packten ihre Koffer, um nach Hause zu fahren. Normalerweise würde ich ja auch nach Hause zu meinem bzw. unserem Vater fahren. Diesmal sollte es ja anders werden. Ich plante mit Lukas einige Tage hier zu bleiben. Leif und Thommy waren ja mit in Spa und heute Abend würden wir ja bei Tims Eltern sein. Wir würden mit Sicherheit viel mit Tim und Manuel machen.

Jedenfalls saßen Lukas und ich noch etwas in der Sonne auf dem Hof. Leif und Thommy kamen nach einigen Minuten auch zu uns. Sie hatten schon ihre Taschen für die Reise nach Spa gepackt. Leif würde ja heute Abend noch mit zu Tim kommen. Leif war etwas traurig, wie ich bemerkte.

„Hey Leif, was ist denn los. Du siehst etwas unglücklich aus.“

„Ach Mick, ich finde es etwas blöd. Heute Abend muss Thommy ja noch mal ganz allein hier bleiben. Wir sind ja bei Tim. Alle unsere Freunde sind dann schon weg und er wäre hier ziemlich alleine.“

Diesen Einwand konnte ich verstehen. Lukas, der sich eng an mich gekuschelt hatte, sah mich an und meinte dann: „Mensch Leif, gut dass du das noch mal ansprichst. Ich glaube da hat Marc gar nicht drüber nachgedacht, dass hier ja kaum noch jemand ist. Ruf doch Marc an und frag ihn, ob Thommy nicht auch mitkommen kann.“

„Meinst du ich kann das einfach so machen? Was ist mit Tim?“ Jetzt meldete ich mich dazu: „Ich werde Tim gleich mal anrufen. Also ich sehe das nicht so als Problem. Denke das Thommy mitkommt. Ich fände das auch sehr blöd, dass du hier den Abend allein sein würdest.“ Ich holte mein Handy raus und wählte Tims Nummer. Allerdings ging nur seine Mailbox an. Da meinte Thommy: „Hey Mick, der hat bestimmt noch Schule. Eigentlich gibt es ja erst morgen Ferien. Nur wir haben ja schon früher frei.“ Ich bedankte mich für diese Bemerkung und versprach aber es später noch mal zu versuchen. Leif bat ich bei Papa anzurufen und ihm das zu erklären.

Wir blieben erst noch einige Zeit in der Sonne sitzen. Wir unterhielten uns noch ein wenig über alltägliche Dinge. Da meldete sich mein Handy. Ich sah auf das Display. Es war Tim.

„Hi Tim, schön dass du dich meldest. Ich hatte dich angerufen.“

„Hallo Mick, ja ich habe deine Nummer gesehen aber ich war noch im Unterricht. Also, was gibt’s?“

„Folgendes: Wir kommen ja heute Abend alle zu euch. Nur Leif meinte eben, dass hier ja schon heute Ferien begonnen haben und die meisten Schüler schon nach Hause fahren. Dann wäre Tommy hier heute Abend ziemlich alleine. Weil er fährt ja morgen mit Marc und Leif nach Spa. Ich möchte fragen, ob er vielleicht mitkommen kann heute Abend, ich finde es etwas blöd, wenn er hier ganz alleine wäre.“

„Ihr habt es gut, wir bekommen erst morgen Ferien. Ist doch klar, er soll mitkommen. Er gehört ja eh so gut wie zur Familie.“

„Super, danke dir. Hoffentlich haben deine Eltern nichts dagegen.“

„Quatsch, das ist kein Problem. Freut sich Nico. Hat er noch jemanden in seinem Alter.“

„Gut, dann sehen wir uns nachher. Ach wie läufts denn mit dem Auto? Heute ist ja geiles Wetter um offen zu fahren.“

„Ja, ich werde auch gleich losfahren, das muss ich ja nutzen. Heute Nachmittag hole ich dann Nico damit vom Training ab. Wir werden sicher noch ne Runde drehen dann. Wir sind aber rechtzeitig zurück.“

„Alles klar, viel Spaß und bis später dann“, damit legte ich auf.

„Also Tommy, du kannst heute Abend mitkommen. Tim meinte, Nico hätte dann noch jemanden in seinem Alter da.“

Marc: Donnerstagnachmittags

Nachdem ich heute ausnahmsweise mal lange geschlafen und sehr spät sowie ausgiebig gefrühstückt hatte, saß ich nun in der schönen warmen Mittagssonne auf der Terrasse. Ich ließ meine Gedanken schweifen. Was war eigentlich alles seit Dienstag passiert? Ich hatte derart viele neue Eindrücke bekommen, dass es mir schon fast anormal vorkam. Ich hatte mit meinen Jungs so viel erlebt, dass ich mir immer klarer wurde, das hatte mir richtig gefehlt. Ich spürte, mir fehlten meine Jungs doch viel mehr als ich mir jemals zugestanden hatte. Ich musste mir darüber Gedanken machen und überlegen, wie ich in Zukunft damit umgehen wollte.

Für heute standen noch zwei wichtige Termine an. Zum Einen der Termin das Zeugnis von Manuel abzuholen und zum Anderen der Termin bei Tim. Ich wollte mich unbedingt mit Tims Eltern und Manuels Mutter über das Thema Homosexualität unterhalten. Welche Erfahrungen hatten sie bereits gemacht und welche Fehler. Ich war mir sicher, ich wollte auch Tim und Manuel unterstützen. Schließlich waren sie wichtige Freunde meiner Söhne.

Insbesondere Manuel brauchte etwas mehr Hilfe. Er hatte leider nicht so viel Glück mit seinem Vater, der hatte ihn abserviert als herauskam, dass er schwul war. Seine Mutter stand hinter ihm, hatte dafür sogar ihre Ehe aufgegeben. Davor hatte ich großen Respekt.

Wenn ich in Spa sein würde, wollte ich mit Wolfgang mal sprechen. Manuel hatte tolle Noten und war bereits sehr selbständig. Ich wusste, dass unser Team noch junge gute Mechaniker suchte. Vielleicht könnte es eine Alternative sein. Tim würde ja noch einige Zeit zur Schule gehen und Manuel musste sich eh eine andere Arbeitsstelle suchen. Und wenn er mit uns reisen würde, wäre er in meiner Nähe und darüber hinaus hätte ich sicher immer gute Möglichkeiten seinen Tim auch mal herzuholen zu den Rennen.

Jedenfalls hatte ich für mich entschieden, ich wollte häufiger zu den Jungs fahren. Auch wenn es deutlich stressiger für mich würde. Außerdem hatte ich die Idee, Micks Wunsch, dass Lukas mit ihm nach Austin kommen würde, zu erfüllen. Das wäre in den Sommerferien gewesen und von daher kein Problem. Außerdem war danach eine Rennpause. Wir könnten dann etwas Urlaub in den Staaten machen. Dafür würde ich auch Leif dann in die USA holen.

Ich holte mir nun meinen Laptop, um die Termine mal zu sortieren. Austin würde am 20. August sein. Die Ferien würden noch bis 5. September gehen. Das würde uns noch einen schönen Amerika-Urlaub bescheren. So könnte das gehen.

Mittlerweile war die Sonne schon recht weit um das Haus herum gewandert und die Terrasse lag wieder im Schatten. Es wurde recht frisch. Jetzt räumte ich dann doch alles zusammen, nahm meine Jacke und brach Richtung Manuels Betrieb auf. Ich wollte das Zeugnis abholen. Ebenfalls hatte ich eben beim Checken meiner Mails eine Information der Bank, dass bereits die Karte für Lukas abholbereit war. Das wollte ich dann auch auf dem Weg erledigen. Ich rief auf dem Weg zu Manuels Meister bei Wolfgang an. Ich wollte mich kurz über den Stand der Dinge erkundigen. Dabei sprach ich ebenfalls meine Idee mit Manuel an. Wolfgang bat um eine Kopie der Zeugnisse und eine Beurteilung. Er wollte das dann prüfen und sich melden. Am besten würden wir das an dem Mittwoch vor Spa besprechen bei dem Testtag.

Ich fuhr nun beim Autohaus auf den Parkplatz. Ich ging direkt in die Werkstatt und Manuels Meister stand am Empfang und begrüßte mich sehr freundlich:

„Guten Tag Herr Steevens. Ich habe bereits alles vorbereitet. Können Sie mir denn schon etwas über ihre Idee verraten?“

„Ja, ich denke darüber nach, Manuel bei uns im Rennteam unterzubringen. Dort könnte er viele Erfahrungen sammeln und mit sehr guten Ingenieuren arbeiten. Vielleicht bekommt er so auch neue Kontakte. Er hat ja noch keine Familie und Verpflichtungen. Außerdem habe ich so auch öfter mal die Möglichkeit seinen Freund einzuladen. So sind sie nicht ständig getrennt. Denn Manuel müsste ja seinen Wohnort wechseln, wenn er einen anderen Job annähme.“

„Diese Idee ist toll. Ich weiß, dass er ein toller Mechaniker ist. Er hat auch immer eigene Ideen bei schwierigen Problemen. Also ich glaube, das würde ihm gut gefallen.“

„Ich habe mit meinem Teamchef schon kurz telefoniert. Ich werde das in der nächsten Woche in Spa vor Ort mit dem Team besprechen. Wir suchen immer junge und motivierte Leute, die in unser Team auch menschlich passen. Das wäre bei Manuel sicherlich der Fall.“

Der Meister gab mir den Umschlag mit den Papieren und versprach weiterhin nichts zu verraten. Ich wollte Manuel keine falschen Hoffnungen machen.

Auf dem Rückweg fuhr ich noch bei der Bank vorbei, holte Lukas Karte ab und dann wollte ich irgendwo einen Kaffee trinken oder ein Eis essen. Ich hatte jetzt noch etwas Zeit und dabei fiel mir ein, ich musste mir jetzt auch mal Gedanken machen über die Unterbringung von Lukas bei mir zu Hause. Also in Deutschland. Das Haus war natürlich groß genug für ihn einen eigenen Bereich einzurichten. Aber ich überlegte, ob es nicht sinnvoller wäre, das komplette Untergeschoss für Mick und Lukas als Appartement umzubauen. Sie würden dann einen eigenen abgeschlossenen Wohnbereich erhalten. Leif könnte dann das Dachgeschoss für sich bekommen und ich würde das Erdgeschoss weiter nutzen. Meinen Fitnessbereich aus dem Untergeschoss wollte ich dann auf einen Raum begrenzen. In absehbarer Zeit wollte ich meine aktive Laufbahn beenden und dann benötige ich nicht mehr so viel Platz dafür. Eine andere Alternative wäre, ich suchte mir in der Nähe zum Internat ein schönes Haus und würde meinen Wohnsitz dorthin verlegen. Dann bräuchten die Jungs nicht die Schule wechseln, wenn ich meine Karriere beenden würde. Wir würden dann viel näher zusammen sein. Sie könnten bei mir jedes Wochenende wohnen und weiter im Internat zur Schule gehen. So hätten wir mehr Zeit füreinander. Ich beschloss einen Makler damit zu beauftragen, mir einige Vorschläge dazu zu machen. Den Jungs wollte ich noch nichts davon erzählen. Erst wenn ein passendes Objekt oder eine Entscheidung bei mir in eine Richtung gefallen wäre, wollte ich sie einbeziehen. Ich rief meine Managerin an und besprach das mit ihr. Sie bekam von mir die nötigen Informationen und sie wollte sich um einen Termin mit einem örtlichen Makler kümmern. Ich bekam immer mehr den Gedanken meine aktive Fahrerlaufbahn nach dieser Saison zu beenden. Dass was ich in diesen Tagen bisher erlebt und gefühlt habe, ließ mir eigentlich gar keine andere Wahl.

Marc: Abends mit allen zusammen bei Tims Familie

Nachdem ich alle Jungs, einschließlich Tommy, abgeholt hatte, fuhren wir nun zu Tim. Tommy war sehr froh, nicht allein im Internat bleiben zu müssen. Mick saß vorne neben mir und wir unterhielten uns über Manuel.

„Papa, Tim hat mir gesagt, dass Manuel wohl von hier weggehen muss, um sich einen anderen Arbeitsplatz suchen zu müssen. Das ist für Tim wohl ein echtes Problem. Er hat Angst, dass das für ihre Beziehung zu einem Problem wird. Er muss ja hier noch ein Jahr zur Schule gehen.“

„Ja, ich weiß bereits davon. Manuel hat mir das auch erzählt und das er sehr traurig darüber ist. Er war sehr gerne hier. Auch sein Meister ist darüber sehr enttäuscht.“

Lukas wurde nun aufmerksam und fragte nach: „Aber wenn doch alle zufrieden sind mit ihm und er auch bleiben möchte, warum wird er dennoch nicht übernommen?“

Ich erklärte: „Das Problem ist, dass der jetzige Besitzer des Betriebes in Ruhestand geht und das Autohaus und die Werkstatt einen anderen Eigentümer bekommen hat. Dieser neue Chef bringt einen Teil seiner Leute mit. Deshalb ist für Manuel kein Platz mehr. Aber Manuel hat sehr gute Noten und eine wirklich gute Bewertung seines Meisters bekommen. Ich denke, er wird eine gute Chance haben, eine andere Stelle zu finden.“

Mittlerweile waren wir kurz vor Eintreffen bei Tim. Tommy wollte noch kurz wissen, ob wir morgen eigentlich fliegen oder mit dem Auto fahren würden. Ich erklärte ihm, dass wir fliegen. Dann fiel ihm noch etwas anderes ein: „Marc, ich habe noch eine Frage. Leif hat gestern seinen Helm und seinen Rennanzug eingepackt. Er wollte mir aber nicht sagen warum. Weißt du, wofür er das alles braucht? Er fährt doch nicht mit bei euch, oder?“

Jetzt mussten wir alle richtig lachen. „Nein, natürlich fährt er nicht bei uns mit. Das wäre ja auch wirklich keine gute Idee. Ich glaube Wolfgang wäre nicht begeistert.“

Das fand Leif jetzt aber nicht so nett: „Papa, so schlecht fahre ich doch gar nicht im Kart. Und überhaupt, vielleicht werde ich ja mal dein Nachfolger.“

Ich konnte allerdings sehen, dass er das nicht wirklich ernst gemeint hatte. Lukas war hingegen verdächtig still geworden während der Fahrt zu Tim. Er schaute die ganze Zeit aus dem Fenster und war in Gedanken. Ich fuhr nun in die Straße zu Tims Haus. Wir konnten direkt vor dem Haus parken. Mick nahm sich gleich seinen Lukas und sie umarmten sich erst mal. Tommy und Leif standen daneben und gingen schon mal Richtung Haus.

„Lukas“, wollte ich nun wissen, „was ist los? Du bist so nachdenklich. Geht’s dir nicht so gut?“

„Ach Marc, ich bin einfach unsicher. Ich bin das erste Mal seit Monaten wieder bei anderen Leuten zu Hause. Hier werden wir mit Tims Eltern und Manuels Mutter zusammentreffen. Irgendwie beneide ich sie wegen ihrer Familie. Ich wünsche mir auch ab und zu nach Hause fahren zu können in eine eigene Familie. Das erinnert mich einfach immer wieder an meine Eltern und wie sehr sie mir fehlen.“

Mick bekam das natürlich auch mit und er warf sofort ein: „Lukas, du hast doch jetzt auch wieder eine Familie. Wir sind deine Familie. Hast du das schon wieder vergessen?“

„Mick“, sagte ich nun, „ich kann ihn verstehen. Es ist einfach noch zu frisch das Ganze. Du kannst nicht einfach sagen, so - jetzt seid ihr meine neue Familie. Das braucht einfach Zeit. Lukas, ich möchte dir nur sagen, wann immer du solche Gedanken hast. Rede darüber. Ich habe für dich immer ein offenes Ohr. Gerade heute Abend solltest du versuchen, dich mit Tims Eltern und auch Manuels Mutter zu unterhalten. Sie können dir vielleicht auch mal mit einem Gespräch helfen, wenn ich nicht da bin. Dafür sind die Eltern der Freunde doch da. Ich habe das Gefühl, wir werden hier eine schöne Gemeinschaft herstellen können. Und bevor ich das vergesse, hier habe ich noch deine Bankkarte. Deine PIN bekommst du mit der Post zugestellt.“

„Danke Marc, ja es ist einfach so, ich habe es einfach noch nicht so richtig annehmen können, dass ihr nun meine neue Familie seid und ich irgendwann vielleicht mal bei euch wohnen werde.“

Jetzt wollte ich aber erst mal bei Tim klingeln und einen schönen Abend mit den Jungs machen. Leif klingelte und es dauerte auch nicht lange, da öffnete uns ein blonder Junge. Etwa in Leifs Alter. Ich nahm an, das musste Tims kleiner Bruder sein. Die Jungs begrüßten sich erst mal sehr locker. Sie kannten sich ja auch noch nicht. Aber das war für den Jungen noch kein Problem. Ich stand nun noch etwas hinter den Jungs. Tims Bruder war nun sehr verlegen, er hatte sichtlich Probleme, wie er mich ansprechen sollte. Ich nahm ihm das ab, in dem ich sagte:

„Hallo, du bist Nico, nehme ich an. Tims Bruder. Ich bin Marc Steevens. Der Vater von Mick, Lukas und Leif.“ Ich gab ihm die Hand und er war wirklich sehr verlegen.

„Guten Abend Herr Steevens. Bitte kommt doch rein. Wir gehen am besten erst mal in den Garten. Die anderen sind nämlich da schon alle beisammen.“ Er ging nun vor und ich spürte seine Unsicherheit. Ich wusste ja von Tim schon, dass er ein absoluter Motorsportverrückter war. Wir gingen über einen Flur durch das wirklich sehr schöne Wohnzimmer in den Garten. Dort standen bereits einige Personen vor einem großen Schwenkgrill. Tim war bereits dabei einige Steaks auf den Grill zu legen. Manuel hatte uns nun bemerkt und kam direkt auf uns zu. Er begrüßte Mick und Lukas mit einer herzlichen Umarmung. Leif und Tommy wurden von Mick vorgestellt. Manuel begrüßte mich ebenfalls mit einer kleinen Umarmung. Er nahm uns mit an den Grill, wo Tim sich sichtbar freute, dass wir alle beisammen waren:

„Hallo ihr alle. Ich freue mich wirklich, dass wir uns nun alle mal richtig kennenlernen. Ich stelle euch mal eben meine Familie vor. Nico habt ihr ja schon kennengelernt und das da drüben sind meine Eltern.“ Er zeigte nun auf einen Mann in meinem Alter mit sehr sportlicher Figur und dunkel blonden Haaren. Seine Mutter war auch sehr sportlich gekleidet und nicht geschminkt. Das machte sie mir gleich sehr sympathisch. Sie standen mit einer etwas kleineren Frau am Gartenteich. Tim begleitete mich dorthin und stellte mich kurz vor.

„Marc, hast du was dagegen, wenn ich mich wieder um den Grill kümmere. Ich nehme an ihr wollt ja auch was essen.“ Er grinste mich dabei an und dann verschwand er wieder Richtung Grill. Tims Eltern machten wirklich einen sehr netten Eindruck. Wir sprachen einige belanglose Sätze und dann sah ich, dass Nico mit Leif und Tommy auf uns zu kam.

Tims Vater warnte mich vor: „Herr Steevens, sie müssen sich heute Abend wohl darauf einstellen, dass Nico sie belagern wird. Er ist ein absoluter Motorsportverrückter. Als Tim ihn heute vom Training mit dem Spyder abgeholt hat, war er total aus dem Häuschen.“ Ich musste etwas lächeln, bislang machte Nico eher den Eindruck, dass er sehr schüchtern war. Jetzt kamen die Drei zu mir und Leif fragte: „Papa, ist das ok, wenn wir mit Nico mal in sein Zimmer gehen. Irgendwie ist das hier für uns langweilig.“ Dabei stand Nico neben ihm und sah mich an, als ob ich ein „Außerirdischer“ sei.

„Ja sicher. Aber zum Essen möchte ich, dass ihr wieder bei uns seid.“

Tims Vater sagte dazu noch: „Ich schicke dann Manuel hoch, wenn ihr zum Essen kommen sollt.“ Dann verschwanden die Drei im Haus. Die vier großen Jungs standen alle gemeinsam am Grill. Mick hatte Lukas im Arm und Manuel half Tim beim Grillen. Sie unterhielten sich. Jetzt sprach mich Tims Mutter an: „Herr Steevens, ich finde es wirklich sehr schön, dass Sie diese Idee des Kennenlernens hatten. Tim hat schon einiges von ihnen erzählt. Insbesondere Nico konnte sich das überhaupt nicht vorstellen, dass ein so berühmter Rennfahrer einfach so hier herkommen würde. Ich bin übrigens sehr froh, dass Sie mit der Homosexualität ihres Sohnes keine Schwierigkeiten haben. Denn für Manuel ist das ja nicht so schön gelaufen.“

„Ja, Manuel hat mir bereits davon erzählt. Mick hatte aber auch große Angst, es mir zu sagen. Erst hatte er Probleme die Gefühle von Lukas zu erwidern und dann war die Angst, ob ich ihn weiter unterstützen würde. Er hatte in diesen Tagen wirklich schwer zu kämpfen. Wenn ich mir dann vorstelle, wie es Manuel ergangen ist“, ich sah nun zu Manuels Mutter, „ich habe übrigens ganz großen Respekt vor Ihnen als Mutter. Seinetwegen ihren Mann zu verlassen und voll hinter ihm zu stehen, ganz stark.“

Manuels Mutter erzählte dann von dieser Zeit und wie sich Tim und Manuel kennengelernt hatten. Auch dass Manuel heute noch unter dem Verlust des Vaters leidet. Sie erzählte mir, wie begeistert Manuel von mir berichtet hat, als wir uns da in der Pizzeria kennengelernt haben. Und der Nachmittag auf der Rennstrecke war für die Jungs wohl ein absolutes Highlight. Auch Tims Eltern schwärmten mir vor, wie Tim davon erzählt hatte. Das einzige Problem wäre halt Nico gewesen. Er war nämlich total eifersüchtig geworden. Sein großer Bruder würde mit seinem Idol befreundet sein und er hätte keine Möglichkeit mich auch mal zu treffen. Dabei musste ich einfach nur schmunzeln.

„Warum spricht Nico denn nicht mit mir?“, wollte ich nun wissen. Denn bisher war er mir immer aus dem Weg gegangen oder hatte kein Wort mit mir geredet.

Tims Mutter erklärte mir daraufhin: „Wissen Sie Herr Steevens, Nico ist noch lange nicht so selbstbewusst, wie er immer scheint. Er hat nicht viele Freunde und zieht sich oft zurück. Manuel ist für ihn eine ganz wichtige Person geworden. Nico hatte große Probleme mit Tims Homosexualität. Er wollte das erst nicht verstehen. Er war dann total eifersüchtig auf Manuel, weil er ihm seinen Bruder sozusagen wegnahm.“

Das kam mir seltsam bekannt vor. Ich musste da an Leif denken. Wir unterhielten uns nun wirklich sehr offen über unsere Jungs und die damit gemachten Erfahrungen. Ich war wirklich sehr angetan von diesen Gesprächen. Ich spürte, dass diese Eltern wirklich voll hinter ihren Kindern standen. Mittlerweile kam Tim auf uns zu. Er sagte uns, dass wir in zehn Minuten essen könnten. Das Fleisch und die Würstchen waren bald fertig. Tims Mutter hatte verschiedene Salate gemacht und ein kleines Büffet aufgebaut. Ich wollte nun mal mit zu den Jungs gehen.

„Tim, hast du den Grill im Griff? Nicht, dass jetzt alles anbrennt.“ Dabei zwinkerte ich ihm zu.

„Nein Marc, ich habe Mick gebeten den Grill zu übernehmen. Das wird wohl klappen für einen Moment. Manuel habe ich schon hoch geschickt zu Nico.“

Wir gingen nun zum Grill zurück. Dabei sprach mich Tim auf Nico an: „Marc, ich habe eine Bitte. Es geht um Nico. Du bist sein großes Vorbild. Als er erfahren hat, dass du heute wirklich herkommen würdest, ist er fast ausgeflippt. Nur jetzt traut er sich nicht, dich anzusprechen. Er würde so gerne sich auch mal ein Rennen ansehen oder nur mal mit dir eine Runde im Auto fahren. Vielleicht kannst du ja nachher mit dem Spyder mit ihm ne Runde fahren. Er hat sich in letzter Zeit wirklich gut entwickelt und macht kaum noch Stress. Ich würde ihm gerne eine Freude machen.“

„Tim, alles kein Problem. Aber ich denke, er sollte mich selbst ansprechen. Ich beiße doch nicht. Er soll einfach auf mich zukommen. Dann werden wir einfach mal etwas reden. Aber du sagtest, er macht kaum noch Stress, was meinst du damit?“

„Ach Marc, in der Schule und überall ist er mit seiner großen Klappe angeeckt. Er wollte immer im Mittelpunkt stehen und dann, als Manuel immer mehr mein Freund wurde, wurde es richtig schlimm. Er war so eifersüchtig. Die Geschichte kennst du ja schon, aber es war doch schon richtig heftig. Ich war für ihn immer sehr wichtig aber Manuel war mir dann irgendwann wichtiger. Ich liebe Nico sehr aber ich habe nicht so viel Zeit mehr für ihn und ich denke, was ihm fehlt, sind richtige Freunde in seinem Alter. Deshalb fand ich auch die Idee Tommy mitzubringen so klasse. Ich habe die Hoffnung, die beiden geben Nico eine Chance. Er hat sich schon viel kaputtgemacht durch sein Verhalten. Wenn er eigene Freunde hätte und auch mal begreifen würde, was man für eine richtige Freundschaft tun muss, dann würde es meinen Eltern sicher viel besser gehen.“

„Denkst du, dass er mittlerweile verstanden hat, dass er durch sein Verhalten so viele Freunde verloren hat?“

„Ja, ich glaube schon. Als ich ihm von Lukas und Mick erzählt habe und dass Lukas seine Eltern verloren hat, da war er sehr nachdenklich. Es hat ihn wirklich betroffen gemacht. Er kam abends, bevor er schlafen ging, in mein Zimmer und er hat mich nach Leif gefragt. Er wollte wissen, ob ich wüsste, wie er sich verhalten würde, als er erfahren hat, dass Mick schwul ist. Ich glaube, dass er sich oft einsam fühlt. Er ist neidisch, wie Leif und Tommy miteinander umgehen. Gerade auch mit der Situation, dass Mick und Lukas schwul sind, beide unterstützen Mick und Lukas und gehen offen damit um. Das ist toll. Er hat schon lange nicht mehr so eine Freundschaft zu jemanden.“

Ich war sehr überrascht, dass mir Tim das über seinen kleinen Bruder erzählte. Irgendwie passte das überhaupt nicht zu dem, was ich sonst über Nico wusste.

„Sag ihm einfach, er soll mich einfach ganz normal ansprechen. Er soll das aber selber machen. Es hilft ihm nicht, wenn ich auf ihn zu gehe. Was ich ganz klar sagen kann, ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn sich die Drei anfreunden würden. Altersmäßig passt das ja auch sehr gut. Ich denke, Leif mag Nico. Und Tommy dürfte da auch kein Problem haben. Lass uns doch mal abwarten, wie das gleich so wird.“

„Danke Marc, ich werde es ihm sagen. Hoffentlich gibt das mit Leif und Tommy heute kein Stress.“

Mick stand mit uns nun am Grill und er hatte wirklich alles gut im Griff. Das Fleisch sah gut aus und wir konnten dann wohl essen. Mick und Tim legten nun alles auf zwei große Platten und Lukas und Tim trugen sie auf die Terrasse. Es war dort bereits gedeckt worden und wir setzten uns nun zu Tims Eltern und Manuels Mutter. Tims Vater fragte mich, ob ich vielleicht ein Bier möchte oder ein Glas Wein. Ich verneinte, ich trinke ja keinen Alkohol.

„Na Jungs, was wollt ihr denn trinken?“, fragte Tims Vater nun die großen Jungs.

Tim wollte auch ein Bier und Mick und Lukas sahen mich fragend an.

„Papa, dürfen wir auch ein Bier trinken oder stört dich das?“

„Jungs, ihr seid alt genug, um selber zu entscheiden, was ihr trinken wollt. Für Lukas nur der Hinweis, du brauchst dich nicht mehr zu rechtfertigen. Ich weiß, dass du wenig Alkohol trinkst. Also das passt schon so.“

Jetzt kamen auch die anderen vier zu uns an den Tisch. Manuel gab Tim einen Kuss und setzte sich zu uns an den Tisch. Die drei „Kleinen“ waren sehr lebhaft in einem Gespräch verwickelt. Ich bekam nicht ganz mit, um was es ging, aber ich konnte sehen, dass Nico leuchtende Augen hatte. Es schien so, dass sie sich gut verstehen würden.

Wir begannen nun mit dem Essen und es entstanden kleine Gesprächsrunden. Nur mit einem Mal sprach mich Tommy an: „Marc, Nico will uns nicht glauben, dass wir dich alle duzen dürfen und wir auch schon zusammen essen waren. Er hat übrigens ganz viele Fotos von dir und weiß fast alles von deinem Auto und der Technik.“

Ich konnte nun sehen, wie peinlich Nico das war. Er wurde richtig rot.

„Er hat übrigens auch ein ganz tolles Modell von dem Rennwagen aus dem letzten Jahr gebaut. Das musst du dir gleich mal ansehen“, meinte jetzt noch Leif.

Ich sah sie etwas erstaunt an und meinte dazu: „Ein Modell? Nicht schlecht. Ich komme nach dem Essen mal mit hoch. Das sehe ich mir an. Ich hoffe, das ist ok für dich Nico?“

Nico sah mich total angespannt an, er sagte nur ganz leise: „Kein Problem Herr Steevens, ich glaube aber so toll ist das gar nicht geworden.“

Jetzt mischte sich Tim mit ein: „Doch Nico, das ist wirklich gut geworden. Marc sollte sich das ansehen. Außerdem könnt ihr euch ja mal über das kommende Wochenende unterhalten.“

Tommy erklärte nun auch: „Ja wir haben es ihm schon gesagt, dass wir mitfahren dürfen nach Spa. Nico ist total neidisch auf uns. Aber wir verstehen uns echt gut. Oder Nico?“ Nico nickte nur. Wir aßen nun noch eine Zeit lang die wirklich sehr leckeren Salate und das von den Jungs toll gegrillte Fleisch. Tim erzählte von seinen Erlebnissen mit dem Spyder heute und wir mussten doch lachen, als er erzählte, wie er Nico damit überraschte.

Mittlerweile hatte ich mich mit Tims Eltern und Manuels Mutter auch auf das Du geeinigt. Ich fand es war eine wirklich gelungene Aktion hier. Ich hatte für mich beschlossen, das würde ich gerne wiederholen. Vielleicht dann ja mal bei uns zu Hause. Tims Vater arbeitete in einer Agentur, die auch unter anderem eine Immobilienabteilung hatte. Ich hatte mit ihm einige unverbindliche Ideen ausgetauscht. Er versprach mir, sich dort mal zu erkundigen und mir einen Termin mit einem Fachmann zu machen. Wer weiß, vielleicht würde ich ja bald auch in die Schweiz ziehen. Das sollten meine Jungs aber noch nicht mitbekommen.

Die „Kleinen“ wollten nun wieder nach oben in Nicos Zimmer. Ich glaubte sie wollten an der Playstation spielen. Ich sagte Nico zu, ich würde so in zehn Minuten dann mal raufkommen und mir das Modell mal ansehen. Ich widmete mich nun Manuels Mutter zu. Ich wollte ein paar Informationen haben, wie sie mit der Situation umgeht, dass Manuel sich einen anderen Arbeitsplatz suchen musste. Wenn sie ein Problem hätte, dass er vielleicht weiter wegziehen würde, dann wäre es sicher auch schwierig ihn bei uns unterzubringen, ohne dass es zu Problemen kommen würde.

Nach einigen Minuten standen Mick, Lukas, Tim und Manuel auf. Sie wollten in den Keller gehen und dort ein wenig Kickern. Ich sagte ihnen, dass ich auch gleich noch dazu kommen würde. Vorher wollte ich aber zu Nico und mir das Modell ansehen. Ich ließ mir erklären, wo sein Zimmer war. Tims Eltern wollten schon mal etwas aufräumen. Ich wollte mithelfen aber Tims Mutter meinte nur, ich solle mal bei Nico vorbeischauen. Das würde ihm bestimmt gefallen. Also machte ich mich auf den Weg nach oben. Ich stand kurze Zeit später vor seinem Zimmer. Ich konnte ihre Stimmen schon auf dem Flur hören. Tommy redete auf Nico ein, er soll mich doch endlich mal ansprechen. Ich könnte ja schließlich nicht wissen, was er von mir möchte. Außerdem meinte Leif zu ihm, dass es ihm hier echt gut gefällt. Er würde gerne häufiger wiederkommen. Nico freute sich hörbar. Es schien wirklich so zu sein, dass er mich etwas fragen wollte, aber sich nicht traut. Ich klopfte also nun an und betrat das Zimmer.

„Hallo Papa, wir haben gerade über das Wochenende gesprochen. Du musst dir mal das Auto ansehen, was Nico gebaut hat.“

„Wo steht das denn Nico, zeig es mir doch bitte mal.“ Nico stand nun auf und ging zu einem Regal. Dann konnte ich es auch erkennen. Es war wirklich sehr schön. Es war im Maßstab 1:8 und damit sicher sehr teuer gewesen. Nico nahm es sehr behutsam in die Hand und gab es mir. Er stand nun direkt vor mir. Ich sah es mir sehr genau an. Er hatte es wirklich ganz hervorragend gebaut.

„Hast du das alleine gebaut?“, fragte ich ihn nun.

„Ja, Herr Steevens. Ich habe es vor einem Jahr zu Weihnachten bekommen. Ich habe sehr lange daran gebaut. Ich hoffe es gefällt ihnen. Ich denke es ist das Auto aus Le Mans.“

Es war eine komische Situation. Leif und Tommy sahen mich an und Nico sah ganz schüchtern auf den Boden. Ich hatte nun dieses Modell in der Hand und war wirklich beeindruckt. Es war sehr schön.

„Also Nico, ich finde es sehr schön. Du hast Talent dafür. Willst du mir nicht ein bisschen von dir erzählen. Bisher bist du mir ja leider immer aus dem Weg gegangen.“ Jetzt wurde er noch verlegener.

Er begann aber zu berichten. Ich fragte, ob ich mich zu ihnen setzen dürfte. Nun erzählte mir Nico von seinem Hobby. Er war ein Motorsportexperte. Was er alles wusste. Das war schon beeindruckend. Aber er war immer noch sehr ängstlich. Immer wenn er mich direkt ansprechen musste, bekam er Probleme mit seiner Stimme. Er hatte richtige Hemmungen. Ich versuchte ihm soweit wie möglich die Angst zu nehmen, nach einigen Minuten kam ich dann auf das Thema mit dem Spyder zu sprechen. Ich fragte ihn, ob es ihm denn Spaß gemacht hätte mit Tim vom Training zurückzufahren. Da bekam er leuchtende Augen. Er war total glücklich. Er bemerkte nur, dass es leider nur eine sehr kurze Fahrt war. Das nahm ich zum Anlass, ihn zu einer Runde offen fahren einzuladen. Er schaute mich völlig überrascht an: „Meinen Sie das ernst, Sie wollen wirklich mit mir eine Runde damit fahren?“

„Ja aber nur unter einer Bedingung. Du hörst endlich auf mich zu siezen. Alle anderen sind schon beim „Du“. Nur du nicht. Das änderst du jetzt aber.“

Er strahlte mich an und war total aus dem Häuschen. Er lief sofort runter und ich schaute Leif und Tommy an. Sie grinsten mich an.

Dann gingen wir drei auch aus dem Zimmer und nach unten in den Garten. Dort kam mir Nico schon mit dem Schlüssel in der Hand entgegen. Ich nahm den Schlüssel und sagte den Eltern kurz Bescheid. Dann gingen Nico und ich zum Spyder. Leif und Tommy gingen zu den anderen Jungs in den Keller.

Ich öffnete nun das Verdeck und ein über das ganze Gesicht strahlender Nico saß erwartungsvoll neben mir. Wir fuhren ungefähr eine gute halbe Stunde über Landstraßen und er fing sogar an ein paar Fragen zur Technik unseres Rennwagens zu stellen. Ich gab ihm sofern ich das konnte Antworten. Er taute richtig auf. Dann wollte ich von ihm etwas wissen:

„Nico, wie hast du dich mit Leif und Tommy verstanden heute Abend? Kommt ihr klar miteinander?“ Er strahlte mich an und sagte: „Ja, Tommy ist echt total cool. Wir haben uns wirklich schon etwas angefreundet. Tommy habe ich alles fragen könne. Und Leif ist auch sehr nett. Aber eine Frage habe ich mich noch nicht getraut zu stellen.“ Da wurde er wieder sehr still. Ich merkte, dass ihn etwas bedrückte.

„Was für eine Frage denn, Nico? Eine Frage an mich oder an Leif?“ Er zögerte.

„An euch beide. Also Leif wollte ich fragen, ob er mit dem schwul sein von Mick klar kommt oder ob er das schlimm findet. Und dich wollte ich fragen, ob Leif und Tommy mich noch mal besuchen dürfen. Weil ich mag beide sehr.“

„Warum hast du dich nicht getraut das zu fragen? Weil du selber damals Probleme hattest mit Tims Homosexualität klarzukommen? Du wolltest Leif nicht bedrängen oder weshalb?“

Er nickte beschämt. Es war echt niedlich, wie er jetzt neben mir saß. Er schaute mich an und ich legte ihm nun meinen Arm auf seine Schulter und sagte zu ihm: „Nico, jetzt pass mal gut auf bitte. Also wenn du Antworten auf deine Fragen haben willst, dann musst du deine Fragen auch stellen. Was Leif betrifft, frag ihn. Er wird dir eine Antwort geben. Du musst davor keine Angst haben. Beide gehen damit sehr offen um. Gerade Tommy dürfte damit gar keine Probleme haben. Was die Frage an mich betrifft. Ich würde es begrüßen, wenn ihr euch anfreunden würdet. Ich finde dich nämlich genau wie Tim sehr nett. Also wenn die beiden wiederkommen möchten, ich habe damit keine Probleme. Also regel das mit den beiden.“

Wir fuhren nun zurück und ich stellte das Auto wieder in die Garage zurück. Er stand nun auf dem Weg und sah mich an. Ich ging auf ihn zu, da sagte er: „Marc, vielen Dank für diese Fahrt. Und danke, dass ich mich mit Leif und Tommy anfreunden darf.“ Ich nahm ihn in den Arm und wir gingen nun Arm in Arm in den Garten zurück. Als wir auf der Terrasse ankamen, lief er direkt Richtung Keller. Er hatte ein echtes Lächeln im Gesicht.

Sein Vater sah mich an und er wusste, was passiert war. Er kam auf mich zu und sagte: „Marc, was hast du gemacht? So ein Strahlen in Nicos Gesicht haben wir schon lange nicht mehr gesehen.“

Ich erzählte von den Dingen und dann saß ich mit den Eltern und Manuels Mutter noch einige Zeit im Garten. Die Jungs waren im Keller und ich fühlte mich wirklich sehr wohl dort. Ich bekam ganz viele Informationen über die Erfahrungen, die alle bereits gemacht hatten. Irgendwann kam Tommy dann zu uns in den Garten. Er hatte sichtlich ein Anliegen.

„Hallo Tommy, was liegt an? Habt ihr Spaß im Keller?“

„Ja Marc, das macht voll Spaß zu Kickern. Aber wir wollen, dass ihr auch mal mit uns spielt. Eltern gegen Kinder. Und ich habe da noch eine Sache.“

„Na schieß los, was hast du auf dem Programm?“

„Nun ja, Leif und ich haben uns mit Nico angefreundet. Wir finden ihn richtig nett. Er hat uns auch viel aus der Schule erzählt und er war vorhin auch sehr traurig, als er uns erzählt hat, dass er eigentlich kaum noch Freunde hat. Auch warum das so gekommen ist. Es ist ihm sehr schwer gefallen zuzugeben, dass er oft Mist gemacht hatte. Aber ich finde er sollte eine Chance haben.“

„Tommy, was möchtest du? Du hast doch was im Kopf.“

„Ja, also ... ich weiß das klingt jetzt etwas unverschämt und Leif hat sich auch nicht getraut dich zu fragen.“ Ich unterbrach ihn: „Was soll das denn jetzt. Leif schickt dich vor?“

„Ja, er meinte, das wäre vielleicht besser, wenn ich dich das fragen würde.“

Mittlerweile waren auch Tims Eltern genauso gespannt wie ich. Ich wurde jetzt langsam etwas ärgerlich: „So Tommy, jetzt machs nicht so spannend. Was liegt an?“

„Wir würden es toll finden, wenn wir Nico mit nach Spa nehmen könnten. Er kann uns viel erklären, wenn du im Auto bist oder keine Zeit hast. Außerdem mögen wir ihn mittlerweile sehr.“

Ich staunte nun nicht schlecht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Auch Nicos Eltern waren sehr überrascht. „Tommy, ich spreche mit seinen Eltern und ich komme gleich mit ihnen runter. Dann reden wir darüber. Ok? Weiß Nico, dass ihr gefragt habt?“

„Nein, wir wollten erst dich fragen.“ Ich schickte ihn nun wieder in den Keller. Ich beriet mich kurz mit den Eltern. Sie würden sich sehr für Nico freuen. Sie meinten auch, dass Nico keine Probleme machen würde. Also stimmte ich zu. Ich würde Nico mitnehmen nach Spa.

Jetzt mussten wir also in den Keller und gegen die Kids kickern. Da würden wir uns sicher nur blamieren, aber so ist das eben. Kinder wollen auch ihren Spaß. Also gingen jetzt auch alle „Alten“ zusammen in den Keller. Die Mütter gingen schon vor. Tims Vater hielt mich noch einen Moment zurück. Er wollte mir noch etwas sagen: „Also wie auch immer das jetzt gekommen ist. Ich bin sehr glücklich, dass Leif und Tommy unserem Nico eine Chance geben. Wenn es aber zu viel für dich wird, musst du es sagen. Nicht dass das Ärger gibt.“

„Nein, nein das geht schon. Tommy hat ja nicht unrecht. Nico weiß viel über die Regeln und die Abläufe, er kann also wirklich erklären, was gerade passiert. Ich werde ja nicht immer bei den Jungs sein können. Aber es ist noch ein weiterer Junge dabei. Der Sohn von Tom, das ist ein Teamkollege von mir. Also sind die dann zu viert. Ich denke, wir machen es so, dass Tommy mit Nico zusammen ein Hotelzimmer hat und Leif und Mika. Denn Mika und Nico kennen sich ja noch gar nicht. Außerdem ist Mika erst elf. Ach ja, am Samstag findet dort ein Kartrennen statt. Ich habe uns dafür bereits angemeldet. Darf Nico da mitfahren? Oder ist das zu gefährlich für ihn?“

„Nein, das geht schon in Ordnung, aber sag mal was wird das denn kosten, der Flug, das Hotel und die Verpflegung?“

„Also der Flug wird nichts kosten. Ich habe genug Bonus Meilen zur Verfügung. Das Hotel organisiert mein Team. Da muss ich erst noch genau fragen. Verpflegung bekommen sie über das Team bzw. im Hotel. Also wenn überhaupt, dann etwas Taschengeld und vielleicht einen Teil vom Hotel.“

Der Vater war nun beruhigt und wir kamen nun in das Geschehen hinein. Es war bereits richtig was los im Kicker-Raum. Es spielten jetzt Mick und Lukas gegen Tim und Manuel. Als wir hinzukamen, sah mich Leif etwas fragend an. Ich war etwas angesäuert, weil er Tommy vorgeschickt hatte. Aber nun gut. So wild war das auch nicht. Nico saß mit Tommy auf dem Sofa in der Ecke und die anderen standen um den Kicker herum. Wir spielten noch zwei Stunden im Keller und ich habe nur einmal gewonnen. Also die Kids waren definitiv besser als ich im Kicker. Mittlerweile war es schon recht spät geworden und Nico und Tim hatten ja noch einen Tag Schule. Manuel musste arbeiten. Also beschlossen wir um halb zehn Schluss für heute zu machen. Allerdings waren noch zwei Dinge zu klären. Nico sollte ja mit nach Spa, das musste ich ihm noch sagen und ich wollte auf jeden Fall Tims Eltern noch mal danke sagen für diesen spontanen, schönen Abend.

„Also Leute, bevor wir uns auf den Heimweg machen, möchte ich noch etwas mitteilen.“ Alle waren nun doch etwas überrascht. Nur Tommy und Leif wussten ja, was noch anstand. Ich sagte jetzt also weiter: „Ich habe heute einen tollen Abend mit euch gehabt und möchte mich an dieser Stelle mal bei Tims Familie bedanken, dass wir so kurzfristig hier zusammen gekommen sind. Ich denke wir werden hoffentlich in Zukunft häufiger zusammen kommen. Für Nico habe ich noch eine Sache. Nico kommst du mal eben nach vorne.“ Nico hatte sich schon fast auf sein Zimmer verabschiedet und kam jetzt etwas unsicher nach vorne.

„Nico, keine Sorge, ist nichts Schlimmes. Tommy war vorhin bei uns oben und hatte mich um einen Gefallen gebeten. Er war der Meinung, dass ihr euch angefreundet habt und das du ziemlich viel Ahnung vom Motorsport hast.“Jetzt wurde er sogar etwas rot. „Willst du morgen Nachmittag mit uns nach Spa fliegen? Du kannst mit uns eine Woche in Belgien verbringen, Leif und Tommy würden sich freuen.“

Nico war total überrascht und auch überwältigt. Er sah fragend seine Eltern an, und als die nickten, brach er in Jubel aus. Tim kam auf mich zu und umarmte mich. Er freute sich wirklich für seinen kleinen Bruder: „Marc, das ist klasse. Ich freue mich unheimlich. Nico wird sich bestimmt ordentlich benehmen. Das wird ein tolles Erlebnis für ihn sein.“

„Ist schon in Ordnung Tim. Ich denke, das war ja auch der Zweck unseres Besuches. Neue Freundschaften zu vertiefen. Also ihr macht euch hier eine schöne Woche und wir holen Nico morgen dann nach der Schule hier ab.“

Damit verabschiedeten wir uns von den anderen und fuhren Richtung Internat. Nico, Tim und Manuel standen noch einen Moment draußen und winkten uns hinterher. Im Auto war gute Stimmung. Leif war ganz aufgedreht und erzählte von den Dingen, die sie mit Nico gemacht hatten. Mick und Lukas saßen eng aneinander gekuschelt auf der Rückbank und schwiegen. Tommy saß vorne und wollte wissen: „Marc, waren wir vorhin zu unverschämt mit der Bitte? Ich meine, Nico ist echt nett. Er hat halt schon viel Mist gemacht und merkt erst jetzt, dass Freunde eben sehr wichtig sind. Ich mag ihn einfach. Ich kann Manuel verstehen, warum er Nico auch so mag.“

„Ja Tommy, das sehe ich auch so. Er ist sehr ängstlich im Moment. Ich denke, er hat auch von seinen Eltern und von Tim einige Ansagen bekommen in den letzten Monaten. Also ich mag ihn auch. Vorhin bei unserer Ausfahrt habe ich ihn zum ersten Mal glücklich lächeln gesehen. Das war echt schön. Ich glaube wir haben heute neue Freunde gefunden. Auch Manuels Mutter ist sehr nett.“

Jetzt meldete sich Lukas von hinten: „Sag mal Marc, kannst du nicht vielleicht Manuel bei der Jobsuche etwas behilflich sein? Er hat uns vorhin erzählt, dass er nicht so gut Texte schreiben kann. Es fällt ihm schwer Bewerbungen zu schreiben.“

„Lukas, ich mache euch einen Vorschlag. Ihr unterstützt ihn bei den Bewerbungen und ich schaue mich mal um, ob ich nicht was Passendes machen kann für ihn. Wie wäre das?“

„Super, da bin ich dabei, und du Mick?“

„Klar, mache ich mit.“

„Mal was anderes“, wollte ich nun wissen, „was habt ihr denn jetzt so vor in der Woche wo wir unterwegs sind? Ich hoffe mal nicht nur im Bett liegen“, sagte ich mit einem süffisanten Grinsen im Gesicht. Mick wurde rot und Lukas schaute vorsichtshalber weg.

Mick war es der als Erster antwortete: „Auf jeden Fall lange schlafen und viel Tennis spielen. Ich spiele mit Lukas ein Turnier hier in der Nähe. Unser Trainer wird uns begleiten und auch den Fahrdienst übernehmen.“

„Cool, das finde ich gut. Haltet mich auf dem Laufenden bitte. Spielt ihr auch Doppel?“

„Ja, wir wollen auch mal wieder Doppel spielen. Aber eher zum Spaß und um Spielpraxis zu bekommen.“ Wir waren mittlerweile am Internat angekommen und ich stieg noch mit den Jungs aus. Wir verabschiedeten uns alle mit einer innigen Umarmung. Lukas gab ich noch mit auf den Weg sich mit Herrn Storm und dem Direx zu besprechen, wegen der Adoption und der Namensänderung. Dann gingen die vier Jungs hinein und ich fuhr nach Hause. Morgen gings mit Leif, Tommy und Nico nach Spa. Mal sehen was dabei so passierte.

Lesemodus deaktivieren (?)