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Innocent

Teil 6

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 43 – David

Fassungslos starrte ich ihn an.

Das konnte doch nicht wirklich sein Ernst sein! Was dachte er denn von mir? Wieso fing er so plötzlich an, an meinen Gefühlen zu zweifeln? Schlimmer noch, wieso zweifelte er an uns?

Ich biss mir auf die Lippen und versuchte noch einmal mir die Erklärung für seinen Verdacht zu verdeutlichen. Doch so sehr ich mich auch bemühte, seine Behauptungen waren haltlos, sie hatten nichts Wahres, was irgendeinen Gedanken meinerseits beschreiben würde. Das, was er glaubte, entsprach einfach nicht der Wahrheit.

Ich hatte ihn nie als Vaterersatz gesehen. Andy war schon immer etwas komplett anderes für mich gewesen. Und Vater? Nein, das war einer der wenigen Bezeichnungen, die wirklich nicht auf ihn passten, zumindest nicht im Bezug zu mir.

Wäre ich mir nicht so komplett sicher, hätte ich mich sicherlich jetzt schon längst wieder in meinen Gedanken verloren, ob er denn wenigstens teilweise Recht hatte, aber nein, ich musste darüber wirklich nicht nachdenken. Ich wusste es einfach. Ich wusste, dass er kein Vater für mich war. Ich wusste, dass ich ihn als meinen festen Freund liebte, egal wie abwegig er das wohl im Moment sehen musste.

Es tat weh, dass er so etwas in Frage stellte, was für mich die ganze Zeit über eigentlich so klar gewesen war. Er musste doch gemerkt haben, dass unsere Küsse oder Berührungen nichts mit Vater/Sohn Verhältnis zu tun haben konnten. Zugegeben, ich war oftmals schüchtern, aber trotz allem waren diese Momente sehr innig gewesen und ja, auch sexuell. Ich dachte an das häufig auftretende Kribbeln, wann immer er mich in so vielen Nächten berührte und daran, wie oft mir bisher dieses verhaltene Stöhnen entflohen war, was ihm gezeigt hatte, wie wunderschön er das alles tat.

Gerade jetzt daran zu denken, war zusätzlich wie ein Tritt in den Magen und als ich bemerkte, wie Andy offenbar weiterhin auf seiner Meinung beharrte, konnte ich nichts anderes tun, als den Kopf zu schütteln.

„Ich glaube das nicht“, murmelte ich mit deutlich hörbarer Enttäuschung in der Stimme. „Ich glaube das einfach nicht!“

„David…“, versuchte er mich zu beruhigen.

Aber nein, ich wollte mich nicht beruhigen! Andy sollte merken, dass ich das nicht auf die leichte Schulter nahm und dass es mir verdammt wehtat, was er da von mir dachte. „Ich versteh nicht, was das soll“, fing ich wieder an und unterbrach ihn somit. „Wie kommst du darauf, so etwas zu denken? Ausgerechnet jetzt nach all der Vertrautheit zwischen uns.“

Wieder setzte er zum Reden an, doch ein weiteres Mal ließ ich ihn nicht zu Wort kommen, sondern erhob mich mit einer Mischung aus Enttäuschung und leiser Wut. „Weißt du was? Mir kommt das gerade eher so vor, als würdest du einen Grund suchen, der dieses Verhalten zwischen uns entschuldigt. Kann es sein, dass du ein Problem damit hast?“

Jetzt war es Andy, der große Augen bekam und ebenfalls aufstand. Er hob beschwichtigend die Hand. „David, bitte… du denkst gerade total falsch von mir. Überleg dir doch mal genau, ob ich nicht doch mit meiner Vermutung Recht haben könnte.“

Ich lachte unecht auf. „Musst du eigentlich immer noch eins drauf setzen?“

Mit diesem Vorwurf ließ Andy seine Hand wieder sinken und das erste Mal schien er wirklich seine Theorie zu hinterfragen. Aber tat er das tatsächlich? Oder hoffte ich nur darauf, so wie ich immer naiv auf etwas hoffte? Für einen kurzen Moment ärgerte ich mich über mich selbst, wieso ich Probleme generell auf die unkomplizierte Weise lösen wollte und einfach dem anderen vertraute, derjenige würde schon das Richtige tun. Dass dies nicht klappte, zeigte mir die jetzige Situation nur zu gut.

Irgendwie musste ich selbst etwas tun, ich musste die Sache selbst in die Hand nehmen, wenn ich nicht wollte, dass Andy für immer in diesem Irrglauben blieb.

Trotz allem überforderte mich dieser Druck, was dazu führte, dass gegen meinen Willen die ersten Tränen über meine Wangen liefen.

Andy kam einen Schritt näher zu mir und wollte einen Arm um mich legen, doch ich wich zurück und starrte ihn erneut kopfschüttelnd an. „Das tut verdammt weh, wenn du das denkst!“, wimmerte ich. „Kapierst du nicht, dass ich keinen Vater will, ich will dich, verdammt! Dich als Andy! Weil… weil ich dich liebe!“

Meine Worte wurden immer lauter und die letzten drei Worte umso deutlicher. Etwas, was ich mich niemals getraut hätte zu sagen war nun so einfach über meine Lippen gekommen. Ich war selbst etwas geschockt von diesem unkontrollierbaren Liebesgeständnis, doch irgendwie sogar ein bisschen stolz.

Andy sagte immer noch nichts, sodass ich, nachdem ich kurz über meine feuchten Wangen gestrichen hatte, tief Luft holte.

„Ist…ist das so abwegig? Kannst du nicht begreifen, dass ich dich einfach liebe?“

Und dann schwiegen wir beide. Es machte mich wahnsinnig, dass Andy nichts auf meine Frage erwiderte, doch andererseits wollte ich gar nicht wissen, was er dachte. Ich hatte gerade nur noch Angst davor, noch weitere Geheimnisse zu erfahren, die er vielleicht über mich dachte und die niemals der Wahrheit entsprechen würden.

Und so nahm ich hastig das benutzte Geschirr vom Tisch und verschwand damit eilig in der anliegenden Küche, damit ich seinen Blick nicht mehr ertragen musste. Doch sobald ich aus seinem Sichtfeld war, begann ich erneut zu schluchzen. Eine panische Angst machte sich in mir breit, dass der Traum zwischen Andy und mir plötzlich einfach zerplatzte wie eine Seifenblase. Dass jetzt einfach alles vorbei war. Schluss. Aus.

Diese Worte klangen derart grauenvoll, sodass es mir eiskalt den Rücken runter lief und meinen Tränenstrom nicht unbedingt versiegen ließ.

„David… wir müssen… los“, holte mich eine Stimme schließlich aus meinen Gedanken zurück und als ich mich umdrehte, sah ich Andy im Türrahmen stehen, starr zu Boden blickend, als würde er keinesfalls in meine Augen sehen können.

Wieder war ich enttäuscht von ihm. Er stellte sich selbst immer als mein Beschützer dar, versprach mir, immer für mich da zu sein, aber gerade eben fühlte er sich so weit weg an, egal wie wenige Meter uns trennten.

Doch anstatt meinen Wunsch nachzugehen, ihm einfach in die Arme zu fallen und alles zu vergessen, nickte ich nur und folgte ihm schweigend, nahm im vorbei laufen meine Schultasche und machte mir schmerzlich bewusst, dass es noch nie einen Tag zuvor gegeben hatte, an dem Andy und ich seine Wohnung verließen, ohne uns noch einmal innig zu küssen, bevor wir wieder auf gezwungene Distanz gehen mussten. Jetzt war das anders. Jetzt lief ich wie ein kleines Kind, das etwas angestellt hatte, hinter ihm her und fühlte mich richtig in die Rolle hinein versetzt, die Andy mir versuchte anzudichten.

Die fiesen Gedanken überhäuften sich, als ich mich noch dazu fragen musste, ob Andy das wirklich so sah oder ob er einfach nur einen Grund suchte, aus der Sache wieder raus zu kommen. Vielleicht wollte er nicht mehr? Vielleicht war ihm das zu gefährlich geworden? Oder aber er hatte schlicht und ergreifend gemerkt, dass seine Gefühle zu mir nicht das waren, was er zuerst gedacht hatte.

Konnte das wirklich möglich sein? Fast schon verzweifelt wagte ich einen kurzen Blick zu Andy, nachdem wir beide in seinem Auto Platz genommen hatten und er sich schweigend in den Verkehr eingereiht hatte. Nein, ich konnte mich doch nicht die ganze Zeit über getäuscht haben? Oder war ihm seine Überlegung etwa über Nacht gekommen? Wären all diese Fragen und Vermutungen nicht so fürchterlich quälend, hätte ich es sicherlich geschafft, wenigstens einmal in meinem Leben einigermaßen stark zu bleiben, aber ich schaffte es einfach nicht. Und so schluchze ich wieder leise vor mich hin. Ich wollte nicht weinen, es zeigte so große Schwäche und Hilfsbedürftigkeit, die ich Andy im Moment wirklich nicht unter die Nase reiben wollte.

Deshalb endete das Ganze damit, dass ich die gesamte Fahrt über auf meine Unterlippe biss, um mein Weinen nicht allzu deutlich zu machen, jedoch hätte ich mir das auch sparen können, denn Andys verstohlene Blicke zeigten mir, dass er sehr wohl bemerkte, wie es in mir aussah.

Kurz bevor wir an unserem Ziel angekommen waren, hörte ich ihn schließlich tief durch atmen. „David…“, fing er an.

Doch bevor er weiter hätte reden können, bedeutete ich ihm mit einem Abwinken still zu sein. Nein, ich wollte jetzt einfach nicht mit ihm reden, wollte mich weder trösten noch besänftigen lassen. Ich wollte gerade einfach nur in Ruhe nachdenken.

Diesen Entschluss verdeutlichte ich schließlich darin, dass ich, als Andy den Wagen zum Stehen gebracht hatte, wortlos die Türe öffnete, Ausstieg und ohne ihn ein letztes Mal anzuschauen, die Beifahrertüre wieder zu stieß und davon lief.

Kapitel 44 – Andy

Stumm blickte ich der zierlichen Gestalt nach, die sich mit jedem Schritt weiter und weiter von mir entfernte. Ich wollte meinen Blick abwenden, wollte wieder losfahren, doch es war einfach unmöglich. Genau wusste ich nicht, was mich dazu gebracht hatte zu verstehen, was ich David mit dieser Unterstellung angetan hatte. Wahrscheinlich war es die Tatsache gewesen, dass ihn die Vorstellung, ich könne so etwas denken, wahrhaftig zum Weinen gebracht hatte.

David hatte eigentlich gar nicht viel gesagt, was mich verstehen hatte lassen, dass ich tatsächlich falsch von ihm gedacht hatte, aber die einfachen Worte, dass er mich liebte, und seine Tränen hatten zu deutlich gezeigt, dass ich ihm wirklich verdammt weh getan hatte, als dass ich an meiner Vermutung hätte festhalten können. Ich konnte mir denken, dass es ihm nicht leicht gefallen war, mir all das zu sagen, was er mir da im Streit an den Kopf geworfen hatte. Immerhin war er in gewisser Weise dieser 15jährige, schüchterne Junge und ich hätte mir nie träumen lassen, dass er mir ins Gesicht sagte, dass er mich liebte und zwar bevor ich es getan hätte.

Ich hatte ihm schwer Unrecht getan und ich verfluchte mich dafür, dass diese Erkenntnis so lange gebraucht hatte. Ich hätte ihn verdammt noch mal in der Küche in den Arm nehmen und mich entschuldigen sollen! Ich hätte ihn bevor wir gegangen waren aufhalten und, selbst wenn wir deshalb zu spät gekommen wären, erklären sollen, dass es mir Leid tat und ich einfach nicht genug darüber nachgedacht hatte, was solch eine Behauptung mit ihm anstellen würde.

„Oh Mann“, flüsterte ich, als David um die nächste Straßenecke verschwunden war, und ich mich daran machte nun tatsächlich zum Lehrerparkplatz zu fahren. Nachdem ich dort meinen Wagen geparkt hatte, machte ich mich direkt auf den Weg zu meinem ersten Klassenzimmer, weil David und ich bereits ein wenig spät dran gewesen waren und ich keine Zeit mehr hatte, noch ins Lehrerzimmer zu gehen. Dabei fiel mir auf, dass ich ausgerechnet meine eigene Klasse in der ersten Stunde hatte und ich wusste nicht, ob ich mich darüber freuen oder ärgern sollte. Auf eine merkwürdige Art und Weise war ich froh darüber, weil ich ein wenig Angst hatte, dass David irgendwelchen Mist baute und nicht in den Unterricht ging. So würde ich das wenigstens mitbekommen.

Das Klassenzimmer war schon relativ gefüllt, als ich ankam, und gerade hinter mir drangen die letzten Schüler ins Zimmer, während es auch schon klingelte. Ich ging zum Pult und stellte meine Tasche ab, merkte als ich danach meinen Blick hob, dass diese bestimmte Bank in der letzten Reihe leer war. Besorgt versuchte ich mich damit zu beruhigen, dass David sicher die Zeit nicht mehr gereicht hatte, pünktlich hier her zu kommen, immerhin war ich ja bestimmt schneller und er würde jeden Moment noch kommen. Er würde mit Sicherheit noch kommen.

„Guten Morgen“, begrüßte ich meine Klasse und versuchte mich zu einem Lächeln zu zwingen, damit sie nicht sofort bemerkten, dass es mir gerade nun wirklich nicht sonderlich gut ging.

„Morgen“, kam größtenteils gemurmelt zurück und ich stellte meine altbekannte Anfangsfrage, ob jemand seine Hausaufgaben vergessen hatte. Nachdem ich die wenigen aufgeschrieben und ermahnt hatte, ließ ich Richard seine Interpretation des Gedichts aus der letzten Stunde vorlesen, weil ich mir sicher war, dass ich nicht ganz fähig war, dem zu folgen, und er einfach alles gut machte, also brauchte ich mir keine Sorgen machen, ihn verbessern zu müssen. Ich wollte mich schon beruhigt aufs Pult setzen, als ich sah, dass Richard mich breit angrinste, angedeutet den Kopf schüttelte und dann begann vorzulesen, wobei ich selbstverständlich rein gar nichts mitbekam.

Als er gerade dabei war, die Reimart zu beschreiben, öffnete sich die Klassenzimmertür und während sich alle Köpfe zu ihr drehten, starrte ich als einziger im Raum weiterhin an die Wand am anderen Ende des Zimmers. Ich wollte ihn ansehen, ich wollte ihn anlächeln, wollte ihm zeigen, dass es mir Leid tat, aber ich befürchtete, dass ich auf ihn zu rennen und ihn in meine Arme nehmen würde, wenn ich ihn ansah. Also blieb mir nichts anderes, als auf seinen Rücken zu starren, als er an mir vorbei gelaufen war und sich auf den Weg zu seinem Platz in der letzten Reihe machte.

„Richard, mach weiter“, sprach ich nur und war für einen Moment selbst überrascht, wie wahnsinnig schwach meine Stimme sich anhörte. Mir war klar, dass es weder okay war, dass sie alle merkten, wie abgelenkt ich war, noch dass sie alle mitbekamen, dass ich David für sein zu spät kommen nicht schalt, geschweige denn, dass die gesamte Klasse mit ansehen konnte, dass ich den zu spät kommenden Schüler mit den rot geweinten Augen mit einem Ausdruck, als würde ich selbst jeden Moment in Tränen ausbrechen, anblickte. Aber es ging nicht anders.

Ich bereute so wahnsinnig, was ich getan hatte, und hätte alles dafür gegeben, die Zeit zurück zu drehen und einfach vorher darüber nachgedacht zu haben, dass ich ihn mit dieser Behauptung, wenn sie nicht stimmte, wahnsinnig verletzte. Es war scheußlich, dass wir zusammen in einem Raum waren, uns eigentlich so nah waren, aber ich trotzdem keinerlei Möglichkeit hatte, ihm all das zu sagen.

Als Richard seinen Vortrag beendet hatte, fertigte ich ihn mit einem typischen „sehr gut“ ab und versuchte sein Grinsen daraufhin zu ignorieren. Es dauerte einen kleinen Moment, bis ich mich wieder daran erinnern konnte, was ich für die Stunde geplant hatte, und begann dann mit der Klasse an einem weiteren Gedicht zu arbeiten. Ich gab mir alle Mühe mit meinen Gedanken beim Unterricht zu bleiben, aber das war einfach nicht möglich, wenn ich, wie so oft in den letzten gut drei Wochen den Jungen in der letzten Reihe sah. Es war so schwer ihn leiden zu sehen.

Ich quälte mich durch die Stunde, wurde ständig von meinen Schülern zurück in die Realität geholt und war unsagbar froh, als es endlich vorbei war. Es ging nicht mehr. Ich hielt es nicht aus, den Rest des Tages genauso zu verbringen. Ich musste mit David reden. Ich konnte einfach nicht anders. Also ließ ich mir ein wenig Zeit, als ich meine Sachen zusammenpackte und nahm dann meine Tasche. Als ich meinen Blick danach wieder hob, merkte ich, dass zwei Augen auf mir ruhten und ich hielt für einen kleinen Moment Blickkontakt mit David. Sein Gesicht sah unbewegt aus, aber seine Augen zeugten noch jetzt davon, dass er hemmungslos geweint hatte.

„David, kannst du bitte einen Moment mit vor die Tür kommen?“, sprach ich mit hoffentlich fester Stimme, ohne meinen Blick abzuwenden. Auch wenn ich es fast selbst nicht glauben konnte, sah ich eine Welle von Erleichterung durch seine Gesichtszüge gleiten, als er meine Worte vernahm. Quälte ihn das hier genau wie mich? Hatte er mir wenigstens soweit verziehen, dass er wieder mit sich reden lassen wollte?

Auf dem Gang waren nur noch wenige Schüler zu sehen und ich hoffte angestrengt darauf, dass auch sie sich schnellstens aus dem Staub machen würden, als David hinter mir aus dem Zimmer trat und die Tür schloss. Stumm standen wir einen Moment lang voreinander, sahen uns beide nicht an, sondern warteten, dass wir alleine sein würden. Nach einigen Augenblicken schlossen sich die letzten Türen und der Flur war jedenfalls für einige Zeit leer. Sofort wandte ich meinen Blick zu David.

Wie schon zuvor, sahen wir uns in die Augen und noch bevor einer von uns etwas sagen konnte, fielen wir uns gegenseitig in die Arme. Ich hatte ihn nicht in meine Arme gezogen, er hatte mich nicht umarmt, wir waren uns verzweifelt und gleichzeitig froh, den anderen für einen Moment wieder zu haben, in die Arme gefallen. Fest drückte ich ihn an meinen Körper und fühlte mich unendlich gut dabei, dass wir es beide, beide nicht aushalten konnten, uns zu streiten.

„Es tut mir Leid, Honey“, flüsterte ich und versuchte mit all meiner Kraft meine Tränen zurück zu halten. Zu meiner Überraschung hörte ich David ganz leise auflachen und spürte, wie er sich noch ein wenig fester an mich drückte. Es tat so gut zu merken, dass er anscheinend für diesen kurzen Augenblick all das vergessen hatte, was an diesem Tag bereits vorgefallen war. Auch wenn ich mir sicher war, dass er mir das nicht verziehen hatte, es war einfach nur gut zu wissen, dass wir das wieder hinkriegen würden.

Wortlos lösten wir uns nach relativ kurzer Zeit wieder voneinander, weil die Gefahr viel zu groß war, dass man uns doch noch erwischte. Mit einem glücklichen Lächeln blickte ich ihn an und nahm dabei meine Hände wieder von seinen Hüften. David erwiderte dieses Lächeln und ließ langsam, sichtbar widerwillig seine Hände von meinen Schultern gleiten und strich dabei, als wollte er unterstreichen, dass er mich nicht loslassen wollte, mit einer seiner Hände meinen Arm entlang.

Ich lächelte wenn das noch möglich war noch ein Stückchen glücklicher bei dieser Geste und wandte mich langsam von ihm ab, auch wenn alles in mir danach schrie ihn festzuhalten.

Und plötzlich sah ich in die Augen Kevins.

Kapitel 45 – David

Mein Herz setzte einen Schlag aus, als ich sah, dass Mr. Hoffmann Andy und mich beobachtete, wie wir uns durchaus vertraut ansahen. Sofort ließ ich meine Hände rasch von seinen Armen gleiten und starrte abwechselnd von einem Lehrer zum anderen.

Mr. Hoffmann blickte Andy stumm an, was mein Herz bis zum Hals schlagen ließ. Eine unbändige Frage machte sich in mir breit. Wie viel hatte er gesehen?

Ich spürte ebenfalls wie Andy immer mehr den Mut verlor. Zu gerne hätte ich seine Hand genommen, doch mir war durchaus bewusst, dass es das nicht unbedingt besser machen würde.

Es schien mir wie endlose Sekunden, doch plötzlich hörte ich, wie Mr. Hoffmann leise durch atmete. „Musst du noch lange mit David reden?“, wollte er schließlich von Andy wissen. Seine Stimme klang wie immer freundlich und dass er etwas lächelte, ließ mich augenblicklich sehr viel besser fühlen.

„Nein, nein“, erwiderte Andy sofort und kratzte sich nervös an der Stirn. „Wir haben nur kurz über seinen Aufsatz geredet. Es gab einige Unklarheiten, aber ich denke, das ist jetzt geklärt, oder David?“

Ich nickte, vielleicht sogar ein wenig zu heftig, jedoch war ich einfach nur froh, wenn wir aus dieser misslichen Situation endlich auskommen würden.

„Dann muss ich dich bitten ins Klassenzimmer zu kommen.“ Mr. Hoffmann schwenkte einen Stapel Papiere in seiner einen Hand und setzte ein gespielt teuflisches Grinsen auf. „Deine Mathematik Kenntnisse aus der letzten Stunde würden mich in diesem kleinen Test nämlich wahnsinnig interessieren.“

Ich musste mich zusammenreißen, um nicht erleichtert auf zu lachen, denn zu zeigen, dass ich wahnsinnig froh war, wäre auf seine Ankündigung eines Tests sicherlich ziemlich unangebracht. Dennoch konnte ich mir ein Lächeln nicht verkneifen und dankte Gott, dass Mr. Hoffmann nicht ausgerechnet dann gekommen war, als Andy und ich uns innig umarmt hatten. Zu erklären, wieso wir das taten, wäre sicherlich um einiges komplizierter gewesen, als die ebenfalls recht lahme Erklärung, Andy hätte mir etwas zu einem angeblichen Aufsatz erklärt.

Ich sah ihn noch einmal lächelnd an, was er zögerlich erwiderte, bevor ich mit Mr. Hoffmann zurück ins Klassenzimmer ging, um mich einem kleinen Todesurteil zu stellen. Denn ich hatte ehrlich gesagt so gut wie keine Ahnung, was wir letzte Stunde in Mathe gemacht hatten. Ich sollte meine Gedanken an Andy etwas zurückschrauben, zumindest während Unterrichtsstunden, in denen ich mich ohnehin etwas schwer tat.

Andererseits war mir sofort klar, dass ich das nicht tun würde. Ich wollte an ihn denken, Tag und Nacht und ja, auch während dem Mathe- oder Chemie- oder Spanischunterricht.

„So, dann bin ich mal gespannt, wie gut ihr letzte Stunde aufgepasst habt“, begrüßte Mr. Hoffmann die Klasse und ein allgemeines Aufstöhnen ging durch den Raum, als er ankündigte, dass seine wunderbaren trigonometrischen Aufgaben Teil des Tests waren.


„Und er hat nichts mehr gesagt?“ Andys Gesichtszüge entspannten sich, als ich seine Frage mit einem Kopfschütteln beantwortete und er setzte sich tief seufzend auf die Couch. „Offenbar haben wir wirklich noch einmal Glück gehabt.“

Wir sahen uns einen Moment schweigend an, bis Andy mich anlächelte und eine Hand nach mir ausstreckte. „Komm her, David.“

Glücklich über seine Geste ließ ich mich zu ihm ziehen und vergrub mein Gesicht in sein Poloshirt. Über die ganze Aufregung mit Mr. Hoffmann hatten wir beide völlig vergessen, was heute Morgen vorgefallen war. Unser Streit.

Gehörte so etwas wirklich zu einer Beziehung dazu? Und wenn ja, waren solche Streitgründe normal? Waren es nicht eher die kleineren Dinge, über die sich Paare stritten? Wieso musste es bei uns so etwas Wichtiges sein?

„Hey, ich will nicht, dass du immer noch darüber nachdenkst“, flüsterte Andy und strich mir über den Rücken.

Ich seufzte leise und nickte. „Glaubst du mir jetzt wenigstens, dass ich dich nicht als Vaterersatz sehe?“

„Ja, mein Gott ja!“ Andy küsste mich auf die Stirn und schüttelte den Kopf. „Es war verdammt dumm, so etwas zu denken. Und wenn das der Grund gewesen wäre, wieso wir uns voneinander entfernt hätten, so hätte ich mir das niemals verziehen. Ich will nie wieder eine Unterrichtsstunde in deiner Klasse halten müssen und wissen, dass du kurz zuvor noch wegen mir geweint hast.“

„Du darfst nicht allzu viel darauf geben. Ich bin eine Heulsuse“, murmelte ich und ein weiteres Mal verfluchte ich diese Eigenschaft an mir, dass ich wirklich wegen jeder Kleinigkeit los heulen musste.

„Das bist du nicht“, widersprach Andy und seine Stimme klang dabei noch sanfter. Er strich mir weiter über den Rücken, was wunderbar einlullend wirkte, sodass ich zu meiner eigenen Verwunderung immer weniger und weniger an die unheilvollen Momente von heute Morgen zurück dachte und stattdessen zuließ, dass ich immer schläfriger wurde.

„Wir müssen aufpassen, wie wir uns innerhalb der Schule verhalten“, meinte Andy, was mich leicht nicken ließ.

„David, ich bitte dich darum, ebenfalls auf zu passen.“ Sein sehr ernster Tonfall holte mich aus meinem leichten Dämmerzustand wieder in die Wirklichkeit zurück und ich sah Andy an. Seine Augen starrten mich fast schon flehend an, was mich ein wenig irritierte.

„Natürlich werde ich aufpassen“, erwiderte ich. „Denkst du, mir liegt etwas daran, dass jeder von uns erfährt?“

„Es geht nicht nur darum, dass sie es herausfinden.“ Andy wandte kurz den Blick von mir ab und atmete tief durch. „Würde das zwischen uns raus kommen, würde ich…ich würde vor Gericht kommen und womöglich verurteilt werden.“

Seine harte Aussage traf mich und für einen Moment war ich wie vor den Kopf gestoßen. War die Strafe für einen Lehrer, der mit seinem Schüler zusammen war, wirklich dermaßen hoch?

„Sie können dich doch nicht so hart für etwas bestrafen, was ich ebenso will wie du es willst.“ Ich sah Andy fragend an, der kurz lächelte, jedoch gleich wieder ernst wurde.

„Honey, ich… ich denke, ich muss dir etwas erzählen.“ Er räusperte sich und schien sich schwer zu tun, die richtigen Worte zu finden.

Aus irgendeinem Grund wurde mir mit einem Male schmerzlich bewusst, dass das, was er mir nun sagen wollte, schwer für ihn werden würde. Vorsichtig glitt ich also von seinem Schoß und setzte mich neben ihn. „Was ist los, Andy?“, fragte ich vorsichtig. „Was willst du mir sagen?“

„Du darfst das nicht falsch verstehen.“ Er strich mir liebevoll über die Wange. „Meine Vergangenheit sieht bei weitem nicht so rosig aus, wie du es vielleicht glaubst und ich habe mit noch niemandem darüber gesprochen. Aber ich denke, du hast ein Recht darauf.“

Seine Worte klangen für mich immer komplizierter, doch anstatt weiter dumm zu fragen, wartete ich darauf, dass er weiter reden würde. Tausend Gedanken kamen in mir auf, was es denn nur sein konnte, was Andy plötzlich so durcheinander brachte.

„Ich möchte dir von… Scott erzählen“, fing Andy nach einer Weile des Schweigens an. Es fiel ihm deutlich schwer, diesen Namen auszusprechen und alles in mir sträubte sich, ihn wissbegierig zu fragen, wer dieser Scott denn war.

Doch Andy begann zu erzählen. Er fing an von einer Geschichte, wie ich sie bisher nur aus Büchern kennen sollte. Eine Geschichte über eine wunderschön geglaubte Liebe, die jedoch zerplatzte wie eine Seifenblase.

So formulierte er es.

Mein Herz wurde schwerer bei jedem Wort, das er über seine Beziehung zu diesem Scott verlor. Er hatte Andy also das Herz gebrochen.

Ich wusste nicht, wie lange Andy erzählte, als er jedoch endete und ich seine traurigen Augen sah, wollte ich ihn einfach nur in die Arme schließen. Doch zu viele Fragen waren in meinem Kopf, die ich so gerne beantwortet haben wollte. Doch durfte ich ihn fragen? Durfte ich frech etwas aus ihm heraus kitzeln, was Andy vielleicht sogar bewusst weggelassen hatte?

Unsicher darüber sah ich ihn an und atmete aus. „Ich ähm… woher kanntest du diesen Scott? Wie hat er es geschafft, dir das Herz zu brechen?“

Andy senkte den Blick und drückte kurz meine Hand. Es fiel ihm deutlich schwer, die Antwort auf meine Frage zu finden, doch bevor ich ihm sagen konnte, dass er nicht zu antworten brauchte, hatte er schon angefangen.

„Er war mein Schüler, David.“ Andy sah mich schmerzlich an. „Er war mein Schüler.“

Kapitel 46 – Andy

Ich sah, wie die Überraschung über diese Neuigkeit Davids Gesichtszüge entgleisen ließ. Ein leises Seufzen quälte sich über meine Lippen und ich senkte meinen Blick ein wenig und hielt seine Hand fester in meiner. In gewisser Weise bereute ich bereits, dass ich mich entschieden hatte, die Möglichkeit zu nutzen und ihm von Scott zu erzählen. Natürlich, es würde David die Sache einfacher machen, er würde vielleicht hin und wieder besser verstehen können, wie ich mich verhielt. Aber es tat weh. Es tat schlicht und ergreifend weh daran zu denken, es tat weh zu sehen, wie ihn die Tatsache, dass er nicht der erste Schüler war, mit dem ich eine Beziehung einging, verletzte.

„Ich... Ich könnte mir vorstellen, dass du mehr darüber wissen möchtest. Soll ich dir die ganze Geschichte erzählen?“, bot ich ihm mit leiser Stimme an, als ich merkte, dass David vor Schreck seine Sprache verloren hatte.

„Scott war 17 als all das passiert ist. Wie du weißt gebe ich auch hier Gitarren- und Klavierunterricht und an meiner alten Schule leitete ich mit einer Kollegin gemeinsam die Bigband der Oberstufe. Scott war ein sehr begabter Pianist, ich bewunderte ihn sehr für sein Können und ja, ich... ich habe mich damals sehr in ihn verliebt. Ich begleitete die Gruppe auf eine Art Freizeit, bei der wir ein Treffen mit einem berühmten Jazzkünstler hatten, Scott war auf dieser Fahrt ebenfalls dabei. Eines Nachmittags klopfte er an der Tür meines Zimmers und mitten während diesem inhaltslosen Gespräch hat er mich dann geküsst“, erzählte ich ruhig und leise, nachdem David stumm und verhalten auf meine Frage genickt hatte. Es war komisch darüber zu sprechen.

„Ich hatte keine Ahnung gehabt, was ich davon halten sollte, erwiderte seinen Kuss allerdings, weil ich in dem Moment natürlich sehr glücklich war. Wir fuhren zurück nach hause, zwischen Scott und mir passierte allerdings nichts mehr und ich war völlig verwirrt, was ich von der ganzen Sache halten sollte. Ich schrieb ihm einen Brief, gestand ihm meine Gefühle und er antwortete, indem er eines Tages nach einer meiner Unterrichtsstunden im Klassenzimmer blieb und mich ein weiteres Mal küsste“, sprach ich weiter und streichelte zaghaft über Davids Hand.

„Wir waren glücklich, eigentlich. Es gab natürlich hin und wieder Probleme, einmal wollte Scott zum Beispiel mit mir schlafen, wir waren allerdings gerade erst zwei Wochen zusammen und mir war das einfach zu viel gewesen. Wir sprachen eine Woche nicht miteinander und nachdem ich ihm einen Brief geschrieben hatte, in dem stand dass ich ihn liebte, haben wir uns wieder vertragen und dann eben drei Wochen nachdem wir zusammen gekommen waren miteinander geschlafen. Aber alles in allem waren wir glücklich miteinander, ich habe Scott wirklich sehr geliebt“, gab ich zu, auch wenn es mir noch heute schwer fiel, das so zu formulieren, nach allem, was geschehen war.

„Wie... Wie hat er dir... dein Herz gebrochen?“, hörte ich leise Davids Stimme und blickte zu ihm. Ich wusste nicht recht, wie ich seinen Blick auffassen sollte. Es fiel mir schwer ihm all das zu sagen, ich hatte so schreckliche Angst davor, dass er sich als einer von vielen sehen würde. Ich senkte meinen Blick und zog ihn in meine Arme. David schien für einen Moment zu erschrecken, ließ sich dann aber gegen mich sinken und nahm eine meiner Hände in seine und streichelte ruhig über meinen Handrücken.

„An einem Samstagabend fuhren Scott und ich gemeinsam in meine Wohnung. Wir hatten uns ein paar Tage nicht gesehen, hatten uns schrecklich vermisst und hatten die Finger nicht voneinander lassen können. Ein paar Mitschüler von ihm hatten uns dabei gesehen, wie ich ihn vor der Tür zu meiner Wohnung geküsst hatte. Für mich brach eine Welt zusammen, als ich das erfuhr. Viel Zeit mich mit dieser Neuigkeit anzufreunden ließ man mir damals nicht. Ich wurde am Tag danach in Untersuchungshaft gesteckt“, erklärte ich und merkte, wie meine Stimme ein wenig schwacher wurde. David warf mir einen fragenden Blick zu und ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter.

„Scott behauptete, dass ich ihn sexuell missbraucht hätte“, flüsterte ich mit geschlossenen Augen und seufzte leise.

„Was?!“, rief David erschrocken und als ich meine Augen wieder öffnete, sah ich, wie er mich nun wirklich geschockt anblickte.

„Er hatte wohl Angst davor von der Schule zu fliegen oder Ähnliches. Ich war ein paar Tage im Knast, danach hat mein Anwalt eine Durchsuchung von Scotts Zimmer durchgebracht und die Briefe, von denen ich dir erzählt habe, wurden gefunden. Er musste zugeben, dass er sich freiwillig darauf eingelassen hat, in den Briefen war ziemlich deutlich zu erkennen, dass er auf mich zugekommen ist am Anfang und nicht ich auf ihn. Letztendlich wurde ich nur wegen Sexualkontakt mit einem Schutzbefohlenen verurteilt und musste dafür meine gesamten Ersparnisse opfern um die Geldstrafe und meinen Anwalt zu bezahlen. Zu meinem großen Glück hat mein Anwalt außerdem einen Präzedenzfall aus Reno gefunden, deshalb darf ich sogar wieder unterrichten, seitdem ich meinen Heimatstaat verlassen habe. Allerdings wandere ich so ziemlich direkt in den Knast, wenn ich mich noch einmal erwischen lasse“, beendete ich meine Erzählung und atmete einmal tief durch. Ich hatte das erste Mal seit den Verhörungen wieder darüber gesprochen, hatte das alles zum ersten Mal in meinem Leben freiwillig jemandem erzählt.

In gewisser Weise war ich froh, dass es endlich draußen war. David wusste, weshalb ich mich manchmal scheinbar grundlos merkwürdig verhielt und ich war mir außerdem beim erzählen darüber bewusst geworden, dass diese ganze Sache endgültig abgeschlossen war. Ich hatte endlich gelernt es Scott übel zu nehmen, dass er mich so missbraucht hatte und dass vielleicht all seine Erwiderungen auf meine Gefühle nur Lügen gewesen waren. Ich sehnte mich nicht mehr danach von ihm zu hören, dass er mich ebenfalls geliebt hatte. Es war mir egal geworden. Ich hatte David.

„Ich hoffe, dass du mir nicht böse bist, dass ich dir bisher nicht davon erzählt habe“, meinte ich leise.

„Nein, ich... ich glaube, ich kann verstehen, dass es... dir nicht leicht fällt, darüber zu reden“, sprach er etwas stockend, als musste er darauf achten, die richtigen Worte zu finden. Ich seufzte leise und setzte mich in die Ecke zwischen Arm- und Rückenlehne der Couch, zog David zwischen meine Beine und ließ ihn sich an meinen Oberkörper lehnen. Er liebte diese Position.

„War Scott... War es einfacher mit ihm? Einfacher als mit mir?“, fragte er leise und blickte mich von unten her an. Ich schloss meine Augen für einen kurzen Moment und musste mir auf die Unterlippe beißen, als ich bestimmend meinen Kopf schüttelte. Zärtlich strich ich ihm über seine Wange.

„Nein, das war es nicht. Es war einfach vollkommen anders mit ihm, verstehst du?“, meinte ich, doch er schüttelte nach einem kurzen Moment ehrlich seinen Kopf.

„Scott war... dominant. Anders kann ich es nicht beschreiben. Er war das nicht nur im Bett, er war es in seiner ganzen Art. Er war fordernd, er hat den Ton in unserer Beziehung angegeben. Ich war zwar älter als er, neun Jahre, aber trotzdem war er derjenige, der mich mehr oder weniger dazu gedrängt hat mit ihm zu schlafen, trotzdem war er derjenige, der überhaupt auf mich zugekommen ist. Im Nachhinein gebe ich zu, dass ich mich von ihm zu vielem zwingen ließ, weil ich ihm die Welt zu Füßen legte. Mit dir ist das alles anders, David. Bei dir brauche ich mir keine Gedanken machen, dass wir mit unserer Beziehung vielleicht langsamer sind, als du es willst. Bei dir muss ich mich nicht zu jemandem machen, der ich nicht bin, dich darf ich in den Arm nehmen und festhalten, dich darf ich beschützen“, erklärte ich und zögerte einen Moment bis ich weiter sprach.

„Und vor allen Dingen bin ich mir deiner Gefühle zu mir sicher. Wäre ich nicht so wahnsinnig blind gewesen, wären mir Scotts Lügen viel früher aufgefallen. Du hast mit seinem Spruch heute Morgen, ob vielleicht ich es sei, der ein Problem mit uns hat, wahrscheinlich mehr Recht gehabt, als du denkst. Ich vermute, dass meine Sorgen, dass mir so etwas wie mit Scott noch einmal passiert, meinen Sinn für die Realität genommen haben. Wahrscheinlich habe ich unterbewusst nach irgendetwas gesucht, weshalb du mich wieder verlassen könntest und als mir diese hirnrissige Idee kam, hat sie mich nicht mehr losgelassen. Deine Gefühle kamen mir so ehrlich vor, dass ich mir irgendeine Erklärung für sie suchen musste, aber ich denke, ich habe mittlerweile verstanden, dass deine Gefühle für mich tatsächlich ehrlich sind. Es tut mir Leid, dass ich dir das vorgeworfen habe“, vollendete ich meinen Monolog leise und streichelte durch seine Haare. Es tat gut ihm eine Erklärung dafür liefern zu können, weshalb ich ihm derart misstraut hatte.

Langsam richtete David sich ein wenig auf und blickte mich einige Momente lang stumm an, bis sich ein leises, liebevolles Lächeln auf seinen Lippen bildete. „Ich könnte dich niemals auf irgendeine Weise hintergehen, ich könnte uns niemals so verraten.“

Kapitel 47 – David

Andy und ich sahen uns tief in die Augen. Ich spürte, dass ihm meine Worte sehr viel bedeuteten. Aber das, was ich ihm da sagte, war nur selbstverständlich und ehrlich gemeint. Immerhin konnte ich mir vorstellen, was für eine Überwindung es ihn gekostet haben musste, mir davon zu erzählen. Natürlich war ich geschockt. Natürlich war in mir kurzzeitig die Frage aufgekommen, ob ich für Scott in Andys Leben eingetreten war, doch diese durchaus widerlichen Vermutungen hatten sich ausgeblendet, je mehr er mir erzählte und erklärte. Seine ruhige Stimme, die doch von Zeit zu Zeit etwas zitterte, bewirkte, dass ich mir sofort wieder meiner Sache sicher sein konnte. Und endlich wusste ich auch, was das heute Morgen gewesen war. Wieso er derart seltsam von meinen Gefühlen geredet hatte. Doch ich verstand ihn jetzt. Ich wusste, wovor er Angst hatte und was er auf alle Fälle vermeiden wollte.

Denselben Fehler noch einmal machen zu müssen.

Ich liebte Andy dafür, dass er es mir anvertraut hatte. Es zeigte mir auf, wie sehr wir uns bereits vertrauten.

„David, ich…danke! Danke, danke.“ Andy nahm mein Gesicht in seine Hände und verteilte sanfte Küsse auf meinem Gesicht.

„Hey, wofür bedankst du dich denn?“ Ich lachte leise und strahlte ihn an.

„Dafür, dass du einfach da bist.“ Er lächelte mich an und drückte mich fest an sich, bevor er mir einen leisen Satz ins Ohr flüsterte. „Und dafür, dass du nicht Scott bist.“

Ein warmes Kribbeln machte sich in mir breit und ich erwiderte seine Umarmung, glücklich darüber, dass alles wieder gut zwischen uns war, noch besser, der dunkle Schatten über uns war verschwunden, jetzt da Andy mir das erzählt hatte, was ihn die ganze Zeit über offenbar gequält hatte. Es fühlte sich gut an, nach diesem Geständnis in seinen Armen zu liegen und zu wissen, dass ich in diesem Moment sehr weit davon entfernt war, ihm jemals so sehr wehtun zu können, so wie das dieser Scott bei ihm geschafft hatte. Was war das nur für ein Mensch? Es reizte mich sicherlich nicht, ihn persönlich kennen zu lernen, aus Andys Worten konnte ich mir jedoch ein ziemlich gutes Bild von dieser Person machen. Es sah so aus, als wäre Scott jemand, der immer alles bekam, was er wollte. Negative Erfahrungen kannte er nicht, ebenso wenig das Gefühl, wenn etwas nicht so passierte, wie es für ihn am Besten wäre.

Ich versuchte die Gedanken an ihn abzuschalten, denn je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr verabscheute ich ihn, was er Andy nur mit diesem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs angetan hatte. Hätte man diese Briefe nicht gefunden, fernab davon, wie erniedrigend das in diesem Moment für Andy gewesen sein musste, als jeder von seiner kleinen, zerbrochenen Gefühlswelt erfahren hatte, so wäre er wahrscheinlich unschuldig ins Gefängnis gekommen. Dieser Gedanke ließ meinen Magen unangenehm zusammenziehen und mit einem weiteren Male war ich froh, dass wir jetzt zusammen waren. Dass wir jetzt hier sitzen konnten und uns gegenseitig in den Armen hielten.

Der Moment fühlte sich dadurch noch wertvoller an, als er das ohnehin schon war und ja, ab jetzt würde ich mich zusammenreißen. Ich würde Andy keinesfalls in Schwierigkeiten bringen, durch unkontrollierbare Gefühlsausbrüche so wie das heute nach seiner Englischstunde der Fall gewesen war. Sicherlich würde das sehr schwer werden, gerade jetzt, da wir uns so nahe waren wie noch nie zuvor, aber es war notwendig. Es war wichtig für ihn, für mich, für uns beide.

Die Gewissheit, er würde im Gefängnis wegen mir sitzen, wäre unerträglich. Wie hätte dieser Scott nur mit einem derart schlechten Gewissen leben können, Andy alleine für ein paar Tage in eine derart fürchterliche Situation gebracht zu haben? Es war unbegreiflich für mich. Einfach nur unbegreiflich.

Andy strich mir sanft über den Rücken, so als wüsste er, was ich dachte und als würde er mich trösten wollen.

„Ich liebe dich, David“, flüsterte er dann in die angenehme Stille hinein.

Ein unglaubliches Gefühl machte sich in mir breit und langsam löste ich mich aus seiner Umarmung. Ich spürte, wie alles in mir verrückt spielte, ich spürte, wie das Bedürfnis in mir auf kam, die gesamte Welt zu umarmen…und ich spürte, wie sehr seine Aussage auf Gegenseitigkeit beruhte.

„Ich liebe dich auch, Andy“, erwiderte ich und lächelte, bevor er mich an sich drückte und mich liebevoll küsste.

Es durfte nicht aufhören, es durfte einfach nie wieder aufhören, so wunderbar zu sein. Es war so verrückt, was wir da teilten, und so schön.

Andys Hände strichen zärtlich über meinen Rücken, während unsere Lippen miteinander verschmolzen. Ein leichter Schauer durchlief mich, je länger ich seine Hände auf meinem Körper spürte und ein immer größer werdendes Verlangen machte sich in mir breit, seine Hände nicht nur durch den Stoff meines Shirts zu spüren, sondern direkt auf meiner Haut. Ich dachte nicht wirklich darüber nach, als ich meinen Wunsch in die Wirklichkeit umsetzte, seine Hand in meine nahm und sie vorsichtig unter mein T-Shirt schob. Es schien zuerst so, als wäre Andy etwas erschrocken, was ich da tat, doch sein Zögern dauerte nur Sekunden. Etwas sicherer legte er seine Hand auf meine Taille und strich sanft über meine Haut.

Wieder durchliefen mich Schauer, intensiver diesmal.

Ich hatte meine Hände in Andys Nacken vergraben, was er mit einem leisen Seufzen kommentierte und während sich unser Kuss immer länger hinzog, fühlten sich Andys Berührungen immer schöner an. Seine vorsichtigen Zärtlichkeiten wurden bestimmender und seine Hände waren längst nicht mehr nur an meiner Taille. Sie glitten zu meinem Rücken, zogen mein T-Shirt etwas höher und schienen jedes nur erdenkliche Stückchen Haut erreichen zu wollen. Die Schauer, die bisher eher verspielter und neugieriger Natur gewesen waren, entwickelten sich zu anderen Emotionen und so spürte ich, wie mein Körper förmlich kochte, als seine Finger sich langsam meiner Brust widmeten. Hätte ich meine Augen nicht schon geschlossen, so hätte ich es spätestens jetzt genießerisch getan. Es fühlte sich unglaublich an, was er da tat. Vollkommen neu und wahnsinnig anregend.

Und plötzlich spürte ich, wie seine Finger ganz zaghaft meine Brustwarzen berührten. Ein leises Stöhnen entfloh mir und verlor sich in unserem Kuss, den Andy auf meine Reaktion hin unterbrach. Erst jetzt spürte ich, wie meine Atmung deutlich zugenommen hatte und wie sich mein Brustkorb schwerer hob und senkte. Was tat er da nur mit mir? Hatte er auch nur den Hauch einer Ahnung, wie wunderbar sich das anfühlte?

„Ist das okay, was ich da tue?“, fragte Andy leise.

Es war etwas seltsam, ihn jetzt reden zu hören. Der Moment war viel zu innig, als dass man ihn mit Worten hätte unterbrechen sollen. Doch ich verstand auch ihn. Er wollte sich sicher sein, ob er das tun dürfte. Aber ja, natürlich durfte er das tun. Er sollte das tun!

„Ja, natürlich.“ Meine Stimme klang seltsam, ich konnte es nicht genau beschreiben, jedoch hatte sie eine gänzlich andere Tonlage angenommen, als ich es selbst von mir gewohnt war.

Andy lächelte, als er bemerkte, wie er mich verzaubert hatte und dann drückte er mich sanft in die Couch zurück. „Entspann dich, Honey. Und sag mir Bescheid, wenn du nicht weiter willst, ja?“

Ich konnte nur nicken, denn erst jetzt wurde mir so richtig klar, was es genau war, was mich in eine derartige Ausnahmesituation versetzte. Und als ich mich das erste Mal darauf konzentrierte, was mein Unterleib für eine Sprache sprach, hatte ich keine Ahnung, ob mir das nun peinlich sein sollte oder nicht. Aber wieso eigentlich? War es nicht verständlich, dass mich Andys Berührungen erregten und dass ich mich mit jedem weiteren Kontakt seiner unglaublichen Hände einfach nur gut fühlte?

Ich sah Andy tief in die Augen, als er mir langsam das T-Shirt wieder höher schob und es mir schließlich vorsichtig auszog. Sein Blick wirkte noch immer etwas unsicher, ob er auch wirklich so weit gehen durfte, jedoch hatte ich keine Ahnung, was ich gegen all das sagen sollte. Nein, das sollte nicht aufhören. Bei dem Gedanken, wie es nun weitergehen würde, fühlte sich mein Kopf benebelt an und machte mir ein richtiges Denken fast unmöglich. Natürlich war ich nervös und unsicher aber auf der anderen Seite auch extrem neugierig und angetan von der Vorstellung, wie es sich wohl anfühlte, Andys Hände auch noch an ganz anderen Stellen zu spüren.

Ich biss mir leicht auf die Unterlippe, als Andy sich über mich beugte und mit seinen Lippen zärtlich meinen Hals berührte und ihn begann zu küssen. Während er das tat, wanderten seine Hände ein weiteres Mal über meinen Oberkörper und kamen schließlich dort an, wo wir noch gerade eben aufgehört hatten. Und wieder strich er über meine Brustwarzen, was eine Wärme in mir auslöste, von der ich diesmal ganz genau wusste, wo sie ihren Ursprung hatte.

Diese Hitze kam direkt aus meiner Hose und ich…ja ich wollte noch mehr davon spüren.

Kapitel 48 – Andy

Ich hatte es ihm gesagt! Endlich! Vielleicht hatte ich nur darauf gewartet, dass David endlich alles erfuhr, dass er endlich wusste, wer ich wirklich war. Ich hatte bisher nie wirklich über meine Lippen gebracht, dass ich ihn liebte, selbst das in dieser Weise zu denken, hatte ich mir bisher nicht recht erlauben wollen, auch nachdem er mir bereits gesagt hatte, dass er mich liebte.

Doch nun? David wusste von Scott, er wusste von meinen Ängsten, wieder so fallen gelassen zu werden, er kannte all diese Unsicherheiten und trotzdem blieb er an meiner Seite. Irgendetwas in mir hatte mir einfach gesagt, dass genau jetzt der Moment war, ihm zu sagen, wie ich für ihn fühlte. Es war wunderschön zu hören, dass er mich liebte, David klang so wahnsinnig überzeugt von seinen Worten, wahrscheinlich noch einmal um einige Nuancen überzeugter als ich selbst.

Neben diesem Geständnis hatte die zwischen uns herrschende Nähe auch zu gewissen anderen Dingen geführt. Es fühlte sich richtig an, ihn gerade jetzt so zu berühren, auch wenn meine Unsicherheit nicht ganz verschwunden war. Aber... David war so wunder, wunderschön! Ich konnte nicht mehr lang an mich halten und nachdem ich mich nun wirklich überzeugt hatte, dass er nein sagen würde, sobald es ihm zuviel wurde, entledigte ich ihn zärtlich seines Oberteils.

Nur vorsichtig streichelte ich seine Brust und berührte sanft seine Brustwarzen mit meinen Fingerspitzen. Er fühlte sich so zerbrechlich an... Ich wusste, dass er keinesfalls tatsächlich so schwach war, dass er in Wahrheit doch recht widerstandsfähig war. Aber er wirkte so zierlich, zerbrechlich und so wahnsinnig unschuldig, wie er völlig überwältigt auf meine Berührungen reagierte. Seine blasse Haut fühlte sich immer heißer an unter meinen Händen und Lippen, und sein Brustkorb hob und senkte sich mittlerweile recht unregelmäßig. David schien den Empfindungen seines Körpers ziemlich ausgeliefert zu sein, er wirkte noch tausendmal unschuldiger in seinem Unwissen darüber, mit den Reaktionen seines Körpers auf mich umzugehen.

Ich ließ mich vorsichtig mit gespreizten Beinen auf seinen Oberschenkeln nieder, während ich mir langsam einen Weg von seinem Hals, über sein Schlüsselbein, bis auf seine Brust bahnte. Ich hatte bereits gemerkt, dass David erregt war, ich hatte es gemerkt noch bevor ich ihn gefragt hatte, ob er mit all dem einverstanden war. Aus genau diesem Grund hatte ich mich nämlich versichert, ich hatte ihn nicht merken lassen wollen, dass es mich selbst ebenso erregte, ihn zu berühren, wenn ich nicht wirklich sicher war, dass das hier ein wenig weiter gehen würde. Nun jedoch war es in Ordnung, dass David bestimmt spürte, dass ich erregt war.

Seine Hände legten sich ein wenig zögernd auf meine Oberschenkel und dadurch, dass sich seine Finger hin und wieder auf dem Stoff meiner Jeans an- und entspannten, konnte ich ziemlich genau merken, was ihm besonders gut gefiel. Ich neckte ihn ein wenig, indem ich meine Handflächen auf seine Seiten legte und mit meinen Lippen immer wieder in die Nähe seiner Brustwarzen kam, sie jedoch nie berührte. Als er einige Male enttäuscht geseufzt hatte, entschloss ich mich, fortzufahren, und begann sanft seine Brustwarzen zu küssen. David entwich ein hörbar gedämpftes Stöhnen, als ich zaghaft meine Zunge mit seiner linken Brustwarze spielen ließ.

Ich warf einen Blick in sein Gesicht und merkte, wie dieser Anblick einen Schauer über meinen Rücken laufen und diesen in meinem Schritt enden ließ. Er hatte seine Augen geschlossen, seine Stirn war ein ganz klein wenig in Falten gezogen und er biss sich auf seine Unterlippe, anscheinend um sich davon abzuhalten, zu laut zu werden. Ich fand keine Worte dafür, wie er aussah. All meine Gedanken, die ich noch formulieren konnte, waren bei diesem Anblick alles andere als unschuldig.

Langsam richtete ich mich wieder ein wenig auf und beugte mich zu seinem Gesicht und drückte zärtlich meine Lippen auf seine. David erschrak im ersten Moment über diese plötzliche Berührung, erwiderte meinen Kuss aber schnell wieder.

„Du musst dich nicht zurückhalten. Hier ist niemand im Gebäude, den es kümmern würde, und ich will nicht, dass du dich hierbei zurückhalten musst“, flüsterte ich und streichelte dabei über seine Wange.

David öffnete langsam seine Augen und sah mich an. Sein Blick schien ein wenig glasig, verträumt und ich konnte mich nicht davon abhalten zu lächeln.

„Ich will hören, ob dir das hier gefällt“, hauchte ich und küsste ihn ein weiteres Mal. In Wahrheit kümmerte es mich nicht unbedingt, ob er nun bei solchen Dingen still war oder nicht, aber ich wollte nicht, dass er sich darauf konzentrierte nicht zu stöhnen, weil es ihm peinlich war. Er sollte es genießen, sich dabei keine Gedanken über irgendwelche anderen Dinge machen müssen.

Er schenkte mir sein wunderschönes, strahlendes Lächeln und schloss seine Augen, bäumte seinen Oberkörper ein klein wenig auf, als ich, ohne meinen Blick von seinem Gesicht zu wenden, seine Brustwarzen mit meinen Fingerspitzen ein wenig umkreiste. Ich verzog meine Lippen ebenfalls zu einem kleinen Lächeln und beugte mich dann herab um meine Finger ein weiteres Mal durch meine Lippen zu ersetzen. David seufzte leise auf und entspannte sich unter mir. Vorsichtig brachte ich ihn dazu, ein wenig zur Seite zu rutschen und legte mich dann zaghaft neben ihn.

Eine meiner Hände vergrub ich sanft in seinen Haaren und ließ die andere, während ich ihn auf den Mund küsste, seine Brust herab wandern, über seinen Bauch, bis zum Bund seiner Jeans. Ruhig öffnete ich seinen Gürtel, sowie seine Hose und ließ dann langsam meine Hand zwischen die Stoffschichten seiner Boxershorts und seiner Jeans gleiten.

„Oh... Gott“, stöhnte David leise in meinen Mund und krallte dabei seine Finger in den Stoff meines Oberteils. Seine Atmung wurde immer schwerer, als ich meine Hand in seiner Jeans zärtlich bewegte, darauf bedacht nicht zu schnell zu werden. Immerhin war das hier das erste Mal, dass er mit jemandem intim war und ich wollte nicht, dass es so bald schon wieder endete.

Langsam entspannte er seine Finger wieder, ließ seine Hand allerdings an meinem Oberkörper ruhen und begann ein wenig über meine Brust zu streichen, fand nach einigen Augenblicken meine linke Brustwarze und streichelte sie durch den Stoff meines Poloshirts. Ich zog meine Hand wieder aus Davids Jeans, griff nach seiner Hand und drückte einen sanften Kuss auf seinen Handrücken, richtete mich dann wieder ein wenig auf. Etwas umständlich, bedingt durch die Größe der Couch, entledigte ich David seiner Hose, warf sie achtlos auf den Boden neben uns.

Mit einem beruhigenden Lächeln ließ ich mich wieder neben ihm auf die Polster nieder, hielt für einige Augenblicke lang stetigen Blickkontakt mit ihm. Ich beobachtete sein Gesicht ganz genau, während ich mit meiner Hand über seinen Bauch streichelte, um sie danach langsam unter den Bund seiner Boxershorts gleiten zu lassen. David begann mein Lächeln zu erwidern und hob seine Hüften ein ganz kleines Stück, um mir zu erleichtern, seine Boxershorts ein Stück hinab zu schieben. Ich zog sie ihm nicht komplett aus, um ihn nicht Gefahr laufen zu lassen, sich entblößt vor zukommen, wenn er im krassen Gegensatz zu mir keinerlei Kleidung mehr am Körper hatte.

Sanft drückte ich meine Lippen auf seine, wurde von David allerdings sofort in einen nun wirklich sehr leidenschaftlichen Kuss verwickelt. Meine rechte Hand legte sich wieder in seinen Schritt und machte damit weiter, ihn mit jeder auf und ab Bewegung näher an seinen Höhepunkt zu bringen. Es schien ihm schwerer zu fallen, seine Atmung unter Kontrolle zu halten, also löste ich unseren Kuss, lehnte allerdings meine Stirn sanft gegen seine Schläfe und ließ ihn so meinen Atem sanft über seine Wange streichelnd fühlen. Leise stöhnte David und krallte ein weiteres Mal seine Hand im Stoff meines Poloshirts fest, sichtbar überwältigt von seinen Eindrücken.

„Andy... Oh mein... Oh mein Gott“, keuchte er leise und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge, als ich meinen Kopf ein klein wenig hob. Ich lächelte unwillkürlich und lehnte meinen Kopf gegen seinen. Dabei allerdings bewegte ich mich ein klein wenig und mein Schritt streifte Davids Oberschenkel. Verdammt! Ihn so zu berühren verlieh dem Wort „erregend“ völlig neue Dimensionen. Ich fühlte mich, als brachte es mich näher an einen explosionsartigen Höhepunkt, ihn zu verwöhnen, als es die Zärtlichkeiten eines anderen für mich je geschafft hatten.

Kapitel 49 – David

Es schien mir schier unerträglich, Andy weiterhin so zu spüren. Unerträglich schön! Mein Unterleib bebte, während mein restlicher Körper voll und ganz angespannt war. Jedes Fleckchen Haut glühte und schien auf diese Empfindungen zu reagieren.

Mir war klar, dass ich das keinesfalls mehr lange aushalten würde. Es war unglaublich, das alles zu fühlen, diese Nähe und diese heißen Schauer verbunden mit dem Gefühl einer starken Vollkommenheit. Ich hatte mir das bis zu diesem Zeitpunkt nie vorstellen können, wenn ich andere darüber hatte reden hören. Jetzt wusste ich es. Und ich war mir fast sicher, dass ich es mit keinem anderen so schön erfahren hätte, wie mit Andy – dass auch andere es lange nicht so schön erfahren hatten, wie ich es nun tat.

Ich spürte, wie das Kribbeln immer und immer stärker wurde und in einem Moment, in dem ich glaubte, es würde nicht weiter gehen, ich würde einfach platzen, steigerte sich das Gefühl zu einem nicht enden wollenden Höhepunkt. Heißes Blut schoss durch meine Venen, mein Unterleib kochte und ich stöhnte laut auf.

Für einen Moment schien ich in dieser Empfindung verloren, sie nahm mich vollkommen ein. Alles andere war nicht mehr real. Alles, bis auf Andy und mich. Ich klammerte mich fest an ihn und atmete tief ein und aus, bis ich spürte, wie das unglaubliche Kribbeln langsam nachließ und wie ich selbst zurück schwebte.

Seufzend öffnete ich die Augen und sah Andy durch einen benebelten Blick vor mir. Er lächelte und strich mir über die Wange.

Langsam erwiderte ich sein Lächeln und ließ ihn mir viele kleine Küsse auf meinem Gesicht verteilen, was sich nach dieser Leidenschaft unheimlich gut anfühlte. Wie ein süßer Nachtisch.

„Andy…ich…das…“ Ich fand keine Worte, die hätten beschreiben können, was ich fühlte. Es schien keinen Ausdruck zu geben. Absolut keinen.

Doch er schien verstanden zu haben. „Sag nichts, Honey. Genieße den Moment einfach noch ein bisschen.“

Seinen Ratschlag befolgend, schloss ich erneut die Augen, während sich Andy halb neben mich legte und ich seinen warmen Atem in meiner Halsbeuge spüren konnte.

Selten hatte ich mich so wohl gefühlt, so unheimlich gut. Seit ich hier bei ihm war, war ein Tag auf den nächsten gefolgt, der wieder und wieder an Schönheit übertroffen wurde. Ich hatte keine Ahnung, wo das alles hinführen sollte.

Langsam sah ich wieder zu ihm, versank förmlich in seinen großen, braunen Augen. Etwas erschöpft seufzte ich auf und legte meinen Kopf an sein Schlüsselbein. Seine Hände fuhren gemächlich über meine nackte Haut, was sich unglaublich beruhigend und gleichzeitig aufregend anfühlte. Ich liebte seine Hände. Sie waren so zart und hätte er noch eine ganze Weile so weitergemacht, war ich mir sicher, dass er alleine damit wieder mein Verlangen geweckt hätte.

Meine eigenen Hände zitterten ein wenig, als ich vorsichtig über den Stoff seines Poloshirts strich. Er war angezogen. Ich war fast nackt. Ein klein wenig erschrak ich bei diesem Gedanken und hielt in meiner Bewegung inne. Einen Moment fühlte es sich extrem seltsam an und ich spürte, wie meine Wangen warm wurden.

„Alles in Ordnung?“, flüsterte Andy.

Ich schluckte und begann gleichzeitig zu lächeln. „Nein…nein. Eigentlich nicht. Nur du…und ich…du bist…“

Ich fand keine Worte dafür, dass er bekleidet war, während ich so völlig entblößt in seinen Armen lag. Mittlerweile wusste ich nicht einmal mehr, ob mir das wirklich unangenehm sein sollte.

„…Ach nein, es ist schon okay.“

Und während ich so in meinen Gedanken vertieft war, bemerkte ich zunächst gar nicht, wie Andy anfing unruhig zu werden. Ich hörte ihn tief durch atmen und als er sich schließlich etwas aufrichtete, blickte ich ihn verwirrt an.

„Alles in Ordnung?“, fragte ich diesmal.

Er erwiderte meinen Blick und lächelte verlegen. „Ja…ja…natürlich. Du…Honey, ich muss mal ins Bad glaub ich.“

Seine Aussage ließ mich ihn noch verwirrter anstarren. Die Bitte aufzustehen kam plötzlich. Gefiel es ihm nicht mehr? Ich wandte meine Augen von ihm ab und während er komplett aufstehen wollte, kam mir mit einem Mal in den Sinn, was genau er meinte.

Oh Gott!

Ich hatte ihn vollkommen vergessen. Ihn und seine Gefühle. Ihn und seine Erregung. Ja, seine Befriedigung. Mein gesamter Kopf fühlte sich plötzlich heiß an, als ich Andys Handgelenk wie im Affekt festhielt.

„W…warte“, war alles, was ich heraus brachte.

Er hielt in seiner Bewegung inne. „Ja?“

Ich konnte mir nicht helfen, es war mir schrecklich peinlich. Nicht nur, dass ich vergessen hatte, was er wohl bei all den Berührungen empfunden hatte, nein, ich würde das…tun. Aber wie ich das tun sollte, wie ich mich anstellen würde, ob es ihm gefallen würde, all das machte mir Angst.

Wir sahen uns stumm an; ich kaute nervös auf meiner Unterlippe herum und ganz zögerlich strich ich ihm über die Wange. Es entlockte ihm ein Lächeln, etwas, woran ich merkte, dass er meine Zärtlichkeiten genießen wollte. Wieder begannen meine Hände zu zittern, als ich mit meinem Finger weiter zu seinem Hals wanderte und ihm über den Rand seines Shirts fuhr.

Ich wollte so gerne etwas sagen, irgendetwas, um mich zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. Die Stille war unglaublich fordernd.

Vielleicht würde ich das doch nicht schaffen. Ich fuhr zaghaft mit den Berührungen an seinem Hals fort. Er legte den Kopf ein wenig in den Nacken und atmete tief durch.

Es war unbeschreiblich, dass er das wegen mir tat.

„Komm her, David“, hauchte er, legte eine Hand in meinen Nacken und küsste mich. Ich schloss genießerisch die Augen und spürte gleichzeitig wie erregt er war. Es löste ein Kribbeln in mir aus und ließ mich schließlich den Mut fassen, eine Hand unter sein Poloshirt gleiten zu lassen. Er keuchte leise in unseren Kuss, als ich ihm scheinbar völlig zufällig über eine Brustwarze strich. Langsam fing es mir an Spaß zu machen, seine Reaktionen zu testen.

Seine Haut war warm und so wunderbar weich.

In unserem Kuss sanken wir beide auf die Couch zurück. Diesmal lag er an meiner Stelle, ich ein wenig über ihn gebeugt. Sein Atem schlug mir ins Gesicht, als ich sein Shirt ein wenig nach oben schob. Je mehr Zeit verging, desto klarer wurde mir, dass es nicht dabei bleiben konnte. Und eigentlich wollte ich das doch. Ich wollte ihm genau dieselben Gefühle bescheren, wie er sie mir beschert hatte, wäre da nur nicht diese Blockade in mir gewesen.

Ich schaffte es nicht, mich bis zu seiner Hose vor zuarbeiten. Überfordert hielt ich inne und startete einen erneuten Versuch, doch wieder schreckte ich zurück.

Andy schien zu merken, dass irgendetwas nicht stimmte und suchte wieder meinen Blick, den ich diesmal nur widerwillig erwiderte. Ich kam mir schrecklich dumm vor.

Ich setzte zum Reden an, wollte eine Erklärung stammeln, stoppte mich jedoch selbst und brachte nur ein Seufzen hervor. Meine Hand lag nun ruhig auf Andys Oberkörper. Keinen Zentimeter schaffte ich es weiter nach unten, was mich selbst richtig ärgerte. Ich verabscheute diese Verklemmtheit.

Wir schwiegen beide weiterhin, jedoch spürte ich nach einer kurzen Weile wie sich Andys Hand auf meine legte. Wieder durchfuhr mich ein Kribbeln.

Ich war Andy so völlig nahe, unsere Nasenspitzen berührten sich fast, was mich unheimlich dazu drängte, ihn wieder zu küssen. Aber der Moment, in dem unsere Hände aufeinander lagen war schon intensiv genug.

„Darf ich…?“, hauchte er. Seine Stimme gerade jetzt zu hören, hatte etwas Seltsames.

Ich wusste sofort, was er meinte und zaghaft nickte ich. Mein Herz klopfte immer schneller, als er meine Hand schließlich seinen Oberkörper entlang fahren ließ und sie ein ganzes Stück näher an seinen Hosenbund brachte. Er hielt kurz inne und sah mich fragend an.

Ob er das auch wirklich durfte. Aber ja, er durfte das. Ich wollte es doch genauso sehr wie er es wollte.

Mit diesem Gedanken brachte ich meinen ganzen Mut auf, den ich hatte, entließ seine Hand und legte meine eigene vorsichtig zwischen seine Beine. Der Stoff seiner Jeans war scheinbar alles, was mich noch von meinem wirklichen Ziel trennte.

Kapitel 50 – Andy

Um ehrlich zu sein wunderte es mich, dass es nur so wenig Hilfe meinerseits gebraucht hatte und David so bald die Initiative ergriffen hatte. Außerdem freute es mich. Und überwältigte mich gleichzeitig.

Es war einfach unbeschreiblich, was da gerade vor sich ging. Es hatte mich schon mehr als nur aus der Fassung gebracht, dass ich tatsächlich die Möglichkeit gehabt hatte, David diese Zärtlichkeiten entgegen zu bringen. Im Grunde genommen hatte ich kaum einen ernsthaften Gedanken daran verschwendet, dass er sie erwidern wollen würde. Immerhin hatte er so was nie getan und es musste ihn schon völlig durcheinander bringen, was ich ihn für Gefühle hatte empfinden lassen. Aber dass er nun offenbar den Wunsch verspürte mich eben diese Dinge auch fühlen zu lassen, war unglaublich.

Es war für mich nicht merkwürdig gewesen, ihm ein wenig zu helfen, im Gegenteil, es hätte mich verwundert, wenn er von sich aus den Mut gefunden hätte, weiter zu gehen, als er es bisher getan hatte. Aber nun lag seine bloße Hand in meinem Schritt und – Oh Himmel, wenn all das vorher schon erregend gewesen sein sollte, dann wusste ich tatsächlich nicht, was das hier war.

Langsam, nur ganz, ganz langsam bewegte er erst seine Finger und dann offenbar noch viel zögernder seine gesamte Hand. Unter normalen Umständen hätte ich wahrscheinlich über seine Unwissenheit und Unschuld gelächelt und mir gedacht, wie unheimlich süß er war, aber gerade zählte für mich nichts anderes mehr als diese kleine Bewegung. Noch konnte ich mich davon abhalten laut meine Begeisterung kund zu tun, weil ich ihn nicht verunsichern wollte, aber ich merkte bereits, dass mir das, wenn es so weiterging, auf gar keinen Fall weiterhin gelingen würde.

Während ich mir also auf meine Unterlippe biss, schien David diesen ersten Schritt zu vollenden und blickte dann zu mir auf, um wahrscheinlich herauszufinden, ob er bisher alles richtig gemacht hatte. Ich wollte mich an einem beruhigenden Lächeln versuchen, doch gerade als ich meine Lippen etwas geöffnet hatte, verstärkte David den Druck seiner Hand und nahm mir damit meine Selbstbeherrschung. Meinen Lippen entwich ein kehliges Stöhnen und sofort schlossen sich meine Augen.

Oh mein Gott! Ich kam mir vor, als hatten wir unsere Rollen getauscht und ich war nun derjenige, der noch nie mit einem anderen Menschen intim gewesen war. Meine Reaktionen auf Davids Verhalten kamen mir so unbekannt vor und ich hatte das Gefühl, dass das nicht nur daran lag, dass mein letzter sexueller Kontakt schon einige Zeit her war. Jedoch schien das ganze sehr zu Davids Gunsten zu sein, da er anscheinend mein Stöhnen als positiv wertete und mit einem etwas frechen und deutlichen selbstsicheren Lächeln die Bewegungen seiner Hand fortsetzte.

Allerdings konnte ich mich daran kaum gewöhnen, da ich schon wenig später bemerkte, wie er wieder etwas nach oben wanderte. Ein zweites Mal überrascht, dass er auch hierbei keinen weiteren Anstoß brauchte, spürte ich, wie er sich an meinem Gürtel zu schaffen machte. Problemlos öffnete er die Gürtelschnalle, ebenso wie den Knopf meiner Jeans und fuhr dann mit seinen Fingern wieder etwas tiefer, um meinen Reißverschluss zu öffnen. Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer in meiner Brust, als Davids Hand wieder nach oben fuhr, und ich konnte sehen, wie seine Fingerspitzen bereits den Bund meiner Boxershorts berührten, als ich meine Augen öffnete.

Meine Auf- und Erregung stieg ins Unermessliche, als sich seine Hand anscheinend mittlerweile nicht mehr aus Unsicherheit, sondern um mich zu weiter anzustacheln, Stück für Stück weiter südlich und diesmal unter Jeans und auch Boxershorts bewegte. Eine Welle von ebenso neuen, wie einfach unbeschreiblichen Gefühlen durchfuhr mich, als Davids kühle Finger das deutlichste Zeichen meiner Erregung berührten. Selbstverständlich musste ich meinen Gefühlen Ausdruck verleihen und keuchte laut auf, da ich es mir wenigstens noch verkneifen konnte, aufzustöhnen.

Wie automatisch vergruben sich meine Finger in den verwuschelten Haaren an seinem Hinterkopf und heimlich krallten sich auch die meiner zweiten Hand in den Polstern der Couch unter uns. Offenbar brachte das den vorher noch so unschuldigen Jungen neben mir auf neue Ideen und schon fanden sich seine Lippen auf meinen wieder. Meine Atmung ging mittlerweile mehr als nur ungewöhnlich schwer und so hatte ich meinen Mund bereits geöffnet gehabt, was David selbstverständlich sofort nutzte und mich in einen überwältigend leidenschaftlichen Kuss verwickelte.

Das alles führte zu einer völligen Überforderung meiner Sinne, Davids Hand in meinem Schritt, die da Dinge mit mir anstellte, an die ich mir in Beziehung auf David nicht einmal zu denken gewagt hatte, seine Lippen auf meinen, seine Zunge, die meine in einer so ungewohnte erotischen Art umspielte. Meine Selbstbeherrschung war flöten gegangen, ich konnte nicht mehr anders als laut in unseren Kuss zu stöhnen, was David jedoch keineswegs daran störte mich weiter zu küssen. Er hatte sich im Laufe der letzten Minuten – jedenfalls nahm ich an, dass es Minuten und nicht wie in meiner Empfindung nur Sekunden gewesen waren – so sehr verändert, er hatte eine solche Selbstsicherheit gewonnen und ich konnte gar nicht anders, als das unglaublich begehrenswert zu finden. Diese Seite an ihm war mir völlig neu, aber sie gefiel mir definitiv.

Ich ließ mich in seinen Händen vollkommen fallen und spürte, wie David langsam seinen Kopf gegen meinen sinken ließ, sodass ich leicht seinen Atem über mein Ohr streichelnd fühlen konnte, was eine Gänsehaut über meinen gesamten Körper jagte. Im selben Moment erhöhte er, wie schon zuvor durch meine Jeans gebremst, den Druck seiner Finger und ich kniff meine Augen zusammen.

Von da an ging plötzlich alles ganz schnell, trotzdem erlebte es ein Teil von mir wie in Zeitlupe. David bewegte mit einem Mal seinen Körper wieder näher zu meinem, sodass seine Hüfte gegen meine Seite presste und ich fühlte deutlich, dass es ihn ebenso wenig kalt ließ, wie es mich zuvor kalt gelassen hatte. So löste diese Kollision unserer Körper auch ekstatische Gefühle in ihm aus, was ihn dazu veranlasste, in einer unsagbar erotischen und gleichzeitig leidenschaftlichen Art zu stöhnen. Seine Lippen waren nur wenige Zentimeter von meinem Ohr entfernt und ich spürte, während ich ihn hörte, seinen Atem heiß auf meiner Haut.

Das gab mir endgültig den Rest. Mit einem noch ein wenig lauteren, aber nicht minder leidenschaftlicheren Stöhnen erreichte nun auch ich meinen Höhepunkt. Die Hand an Davids Hinterkopf presste ich ihn fester an mich und es kostete mich den allerletzten kleinen Rest meiner Selbstbeherrschung, meine Hüften nicht aufzubäumen. Ich war mir sicher, dass ich so ein Gefühl noch niemals erlebt hatte.

So richtig nahm ich gar nicht wahr, wie in den Minuten danach die Zeit verging. Wir lagen einfach nur beide schwer atmend nebeneinander und ich versuchte angestrengt die durch meinen Kopf hüpfenden Gedanken und Emotionen zu ordnen. Es kam mir ein wenig so vor, als ob mich diese Geschehnisse mehr mitgenommen hatten als David. Immerhin hatte ich nun wirklich in meinem Leben schon oft Sex gehabt und trotzdem hatte David es mit diesen doch recht harmlosen Berührungen geschafft meine sexuellen Empfindungen auf ein vollkommen neues Level zu erheben.

„Alles in Ordnung?“, holte Davids etwas raue Stimme mich wieder aus meinen Überlegungen. Er hob seinen Kopf ein wenig an, stütze ihn mit seinem Arm ab und blickte in mein Gesicht. Sofort breitete sich in unsere beiden Gesichter ein amüsiertes Lächeln aus, da wir uns sehr bewusst waren, dass wir die Sorge umeinander an diesem Tag wahrscheinlich fast schon ein wenig übertrieben.

„Ja, ich bin nur gerade noch ein wenig durch den Wind von all dem“, erklärte ich und begann dabei mit meinen Fingern seinen Nacken zu streicheln. Davids Lächeln wurde daraufhin noch etwas breiter.

„Ja, ich glaube, ich bin das auch“, meinte er und kuschelte sich wieder an meinen Körper und legte seinen Kopf an meine Schulter.

Kapitel 51 – David

Es gab wohl eine Menge Worte, wie ich die Zeit bei Andy hätte beschreiben können. Unglaublich, wunderbar, atemberaubend… Ich konnte mich kaum festlegen, wie ich es nun sah. Aufregend oder beruhigend, geheimnisvoll oder behütend. Eines wusste ich jedoch.

Es war die schönste Zeit meines Lebens.

Gut und gerne drei Wochen waren nun seit meinem Einzug zu Andy vergangen und immer noch gab es Momente, in denen mir nicht ganz klar war, was da überhaupt zwischen uns passierte.

Alles hatte so schlicht angefangen. Er, der neue Lehrer an meiner Schule. Meine Probleme, in denen er eigentlich nicht vor zukommen hatte. Und doch hatte uns all das unweigerlich zusammengeführt, was mir jetzt diese tolle Zeit mit ihm ermöglichte.

Je länger ich darüber nachdachte, desto logischer und desto schöner wurden diese Vorstellungen über uns als Paar.

Es war sicherlich nicht leicht, wir mussten aufpassen, dass es niemand mitbekam; aber gerade das machte es so aufregend. Und irgendwie gefiel es mir sogar sehr.

Es war Montagmorgen kurz vor Schulbeginn. Ein Blick auf meinen Stundenplan verriet mir, dass ich in der ersten Stunde Englisch hatte. Eine Tatsache, die mir seit wenigen Tagen ungeheures Bauchkribbeln bereitete. Es war ein seltsam schönes, aber dennoch leicht befremdliches Gefühl, Andy als Lehrer zu haben; ihn praktisch vier Stunden die Woche aus einer ganz anderen Sicht zu sehen. Mir war klar, dass es für ihn schwerer war, als für mich. Auf ihn waren alle Augenpaare dieser Klasse gerichtet; alles, was er tat, wurde gesehen. Dementsprechend unnahbar musste er sich mir gegenüber verhalten.

Ein wehmütiges Gefühl verspürte ich jedes Mal, wenn seine Augen kurz an mir hafteten und sich dann wieder, so als würde er rein gar nichts für mich empfinden, von mir abwendeten. In solchen Momenten dachte ich weiter, träumte von den schönen Nachmittagen, Abenden und ja, auch Nächten, die wir fernab von der Schule nur für uns hatten.

Seufzend ließ ich mich in meinem Stuhl zurück sinken und starrte vor mich hin. Den Lärm der anderen um mich herum nahm ich kaum wahr. Ich war in den Erinnerungen an den heutigen Morgen versunken.

Dachte daran, wie ich aufgewacht war und von dem frischen Duft nach Kaffee und Brötchen in Andys Wohnzimmer gelockt wurde. Dachte an seine Umarmung, an seinen sanften guten Morgen Kuss und an seine gespielt tadelnde Stimme, ich müsse unbedingt etwas essen, bevor ich zur Schule gehen würde.

Die Gedanken daran zauberten mir sogleich ein Lächeln auf das Gesicht, das ich nur schwer zügeln konnte.

Wieder fiel mein Blick auf die Uhr. Fünf vor Acht.

„Hey, was strahlst du denn so?“ Eine Stimme riss mich aus meinen Fantasien und kaum merklich zusammen zuckend, sah ich auf.

Zwei blaue Augen blickten mich neugierig an und ich grinste. „Ach, hat keinen bestimmten Grund, Richard.“

Mein Gegenüber machte ein beleidigtes Gesicht, was mich kurz auflachen ließ.

Richard war ein recht guter Freund von mir, den ich schon, seit ich hier auf diese Schule ging, kannte. Früher waren wir um einiges mehr befreundet gewesen, als wir das jetzt waren. Manchmal bedauerte ich dies ein wenig, aber sowohl er als auch ich hatten uns wohl in einigen Bereichen einfach in unterschiedliche Richtungen entwickelt.

Möglich, dass das gerade jetzt von Vorteil war. Richard hatte meinen Vater gekannt; er war so ziemlich der Einzige gewesen, der neben der Schule auch mein anderes Leben mitverfolgen konnte. Ich war mir sehr sicher, dass er die Probleme mit meinem Vater mitbekommen hätte, wären wir jetzt noch so eng befreundet, wie wir das noch vor gut einem Jahr gewesen waren. Er sollte das nicht erfahren. Genauso wenig wie meine Gefühle zu Andy.

Ich spürte deutlich, dass ich anders war, als die meisten aus meiner Klasse. Ich war zwar niemals wirklich ein Außenseiter gewesen, aber richtig dazu gehört hatte ich auch nie. Und gerade jetzt war ich um einiges von den anderen entfernt, wie ich es selten zuvor gewesen war.

Aber das war nicht schlimm. Mit den Gedanken an Andy war vieles nicht mehr schlimm.

„Hast du diesen Freitag schon etwas vor?“, fragte mich Richard und lehnte sich gegen meinen Tisch. Er strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Eine süße Angewohnheit, über die ich mich früher gerne mal aus Spaß lustig gemacht hatte. Und auch wenn ihn das immer mächtig gestört hatte, hatte er seine halblangen Haare niemals abgeschnitten, sodass er noch heute eher wie ein unschuldiges Kind wirkte. Gut ausgesehen hatte er schon immer.

„Diesen Freitag?“ Ich sah ihn verwundert an.

Er nickte. „Ja, Jamie, Evelyn und noch ein paar wollten am Freitagabend weggehen und wir wollten dich fragen, ob du auch mitkommen willst.“

Ich lächelte unsicher. „Ich…ich weiß noch nicht…“

„Hey!“ Richard lachte. „Jetzt tu nicht so, als würdest du immer keine Zeit haben! Ich fände es sehr schön, wenn wir mal wieder was zusammen machen könnten.“

„Du hast ja Recht“, stimmte ich Kleinlaut zu, musste jedoch sogleich an Andy denken. Würde er es gut finden, wenn ich Richards Angebot annehmen würde?

Wäre es überhaupt eine gute Idee? Was, wenn Richard mich abholen wollen würde? Er hatte immerhin keine Ahnung, dass ich nicht mehr zuhause wohnte.

Es würde vielleicht kompliziert werden, nicht zuletzt, da Andys Wohnung in einer völlig anderen Richtung lag, als das Haus von meinem Dad und mir.

„David?“ Er sah mich fragend an, lachte dann aber wieder. „Also irgendwie bist du heute nicht so ganz anwesend, kann das sein?“

„Doch, doch.“ Ich bemühte mich um einen gleichgültigen Blick hinsichtlich meiner Gedanken, die in meinem Kopf wie wild arbeiteten und biss mir auf die Unterlippe, als ich bemerkte, dass Andy zur Türe hereingekommen war.

Richard schien das weniger zu interessieren und auch die anderen stellten ihre Gespräche eher schleppend und durchaus widerwillig ein.

„Also? Was ist jetzt?“, flüsterte Richard und erhob sich langsam, als das allgemeine Gemurmel dann doch weitgehend verstummt war.

Ich sah nervös zu ihm und zuckte mit den Schultern. „Ich denk mal drüber nach, okay?“

Richard nickte, ging dann zu seinem Platz und ich atmete tief durch, während ich zu Andy nach vorne blickte.

Er sah mich kurz an, so als hätte er den Gesprächsfetzen zwischen Richard und mir nicht ganz verstanden und räusperte sich schließlich.

„So, einen guten Morgen wünsche ich euch!“, meinte er dann und ich musste lächeln, als ich glaubte, er würde einen Moment länger in meine Richtung sehen, als zu den anderen.

„Ich hoffe, ihr hattet alle ein schönes Wochenende. Wir müssen gleich mit der Hausaufgabenverbesserung beginnen, wie ihr ja wisst, steht unsere erste Schulaufgabe an und es gibt noch ein wenig Nachholbedarf.“ Er lächelte.

Unweigerlich musste auch ich Lächeln. Ich war fasziniert von seiner Art, wie er sprach, wie er schaute und gelegentlich gestikulierte.

All diese Eindrücke sog ich förmlich in mir auf und hatte oftmals Mühe, Andy auch inhaltlich komplett zu folgen.

Doch jetzt beschäftigte mich nicht nur er alleine, auch Richards Einladung kam mir noch einmal in den Sinn. Ich war mir fast sicher, dass ich ihm absagen würde. Das Risiko, er würde herausfinden, dass bei mir zuhause etwas gehörig nicht stimmte, war viel zu groß und dazu kam die Tatsache, dass ich einen wertvollen Freitag mit Andy opfern müsste; einer der Abende, an denen wir nicht an Schule zu denken hatten.

So etwas war immer sehr angenehm und missen wollte ich keinen einzigen dieser Tage.

Wieder sah ich zu Andy, der gegen sein Pult lehnte und in unserer Lektüre herumblätterte. Englischstunden vergingen mittlerweile unglaublich schnell; viel zu schnell für meinen Geschmack. Und alle anderen Stunden wiederum zogen sich hin wie Kaugummi.

So würde es auch heute wieder ablaufen.

Aber gerade jetzt…ich musste lächeln, als Andy ein weiteres Mal kurz zu mir aufblickte… genoss ich jede Sekunde.

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