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Disappointment

Teil 4

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 10

Leise seufzend ließ ich mich auf die Bank in der Küche fallen und lehnte gähnend meinen Kopf gegen die Wand. Es war unser letzter Morgen, am Vorabend war das allerletzte Konzert gewesen und nun waren wir auf dem Weg nach Hause. Ich wusste nicht, weshalb ich so missgelaunt war, denn eigentlich war diese Tour wirklich nicht die schönste meines Lebens gewesen. Genauer gesagt hätte ich eigentlich froh sein müssen, dass sie vorbei war, nach allem, was passiert war. Mit geschlossenen Augen ließ ich alle Ereignisse der letzten Wochen Revue passieren, es war so wenig Positives dabei, dass es richtig lächerlich erschien, dass ich jetzt nicht froh war, dass es vorbei war. Ein leises Murmeln drang an meine Ohren und ich öffnete meine Augen, konnte aber niemanden vor mir sehen.

Ich beugte mich etwas vor und blickte in den Gang zu den Schlafkabinen. Die anderen Fünf schliefen noch, das Murmeln war höchstwahrscheinlich von Adam gekommen, der neuerdings nachts vor sich hin grummelte, was das Zeug hält. Adam... Er war der Grund für all das. Er war der Grund, weshalb ich lieber noch mein ganzes restliches Leben weitertouren wollte. Die Angst, die ich teilweise wirklich schlimm gespürt hatte, war zwar mittlerweile von mir gewichen, aber jedes Mal, wenn er mir nahe war, schaltete sich eine Art Hebel in meinem Kopf um und sagte mir, ich solle mich jetzt unwohl fühlen. Das einzig Schöne in den letzten fast drei Monaten waren die paar Tage, in denen mein Verstand nicht in der Lage gewesen war, mir die Momente mit Adam zu zerstören. Es war so toll gewesen, ihm so nahe zu sein.

Natürlich fühlte es sich im Nachhinein komisch an, vor allem, weil er sofort, nachdem es mir wieder besser ging, von mir gewichen war. Ich verstand sein Verhalten nicht ganz, aber so ging es mir in letzter Zeit oft, sogar bei mir selbst. Ein weiteres leises Seufzen und ein trauriger Blick in Richtung Adams Kabine. Ich wusste nicht, was mich in nächster Zeit erwarten sollte. Schließlich würden Adam und ich noch mehr allein sein als in den letzten Wochen. Meine Angst hatte ich eigentlich nur in den Griff kriegen können, weil ich mir so gut wie immer sagen konnte, dass die anderen Jungs da waren und ich in ihrer Gegenwart sicher war. Sollte das jetzt alles von vorne anfangen, wenn wir wieder mehr allein sein würden? Ich wusste es nicht, ich hatte keine Ahnung, was in naher Zukunft passieren würde.

Noch am selben Abend würden wir ankommen und weitere Konzerte oder gar die nächste Tour waren noch weit entfernt. Unsere Fans erwarteten neue Musik, zwar war unser letztes Album noch relativ frisch, aber in nicht allzu ferner Zeit würden sie nach etwas Neuem von uns verlangen. Das bedeutete also wieder viele Stunden im Tonstudio zu verbringen und vor allem bedeutete das sehr viel Arbeit und somit auch Ablenkung. Darauf jedenfalls freute ich mich, ich mochte diese Arbeit mit neuen Songs, Aufnahmen, Überarbeitungen, Text & Melodie miteinander verbinden... Es würde bestimmt toll werden und ich freute mich auf die Ablenkung, die damit verbunden sein würde. Und ob ich nun mit Adam zuhause oder im Tonstudio war, machte ja auch keinen allzu großen Unterschied mehr.

„Hey, Pat“, kam ein nicht gerade lautes Gähnen nach einiger Zeit aus Richtung Kabinen und ich beugte mich etwas vor, um zu sehen, wer außer mir schon wach war. Ben stand in Shorts und T-Shirt in der Tür und gähnte gerade ausgiebig. „Morgen“, antwortete ich nur, trank einen Schluck Kaffee und deutete auf die volle Kaffeekanne in der Maschine, als ich Bens gierigen Blick bemerkte. Wenig später ließ er sich mir gegenüber auf die Bank fallen und strich sich gähnend mit den Händen übers Gesicht. Ich lächelte und war mir mit einem Mal sicher, dass ich das ganz bestimmt vermissen würde, 24 Stunden am Tag mit den Jungs zu verbringen war eben doch etwas anderes, als sie dreimal die Woche zu treffen.

„Na, gut geschlafen?“, fragte Ben verschlafen blinzelnd und mit einem etwas dümmlichen Grinsen. „Ja, ganz gut, heute Nacht schlafe ich wieder in meinem eigenen Bett“, lächelte ich und strich mit den Fingern den Rand meiner Tasse entlang. „Freust du dich denn auf zuhause?“, fragte er und schlang beide Hände um seine Kaffeetasse. „Na klar, in den eigenen vier Wänden zu schlafen ist doch was anderes als in Hotelzimmern, aber ich werd das Tourfeeling vermissen“, meinte ich leise. „So geht’s mir auch, so ganz alleine zu wohnen ist bestimmt wieder schrecklich seltsam, nach den zwei Monaten mit euch. Aber damit hast du ja kein Problem, du hast ja wenigstens Adam!“, entgegnete Ben und ich nickte darauf nur. Ob das nun momentan wirklich solch ein Vorteil war, wie er meinte, war mir nicht so ganz klar.

„Denkst du, du wirst die Tour auch irgendwie positiv in Erinnerung behalten?“, fragte Ben leise, nachdem wir einige Zeit geschwiegen hatten. Ich hob meinen Blick und sah ihn etwas verwundert an. „Ich dachte nur, weil doch ziemlich viel passiert ist, du warst krank und das mi... ach, einfach alles, es ist irgendwie alles ein bisschen schief gelaufen diesmal“, erklärte er und spielte mit seiner leeren Kaffeetasse herum. Hatten auch die Jungs gemerkt, dass ich diese Tour eigentlich mehr mit negativen Gefühlen verband? Merkte man es mir so an, dass die letzten Wochen nicht so unwichtig waren, wie ich es versuchte aussehen zu lassen?

„So schlimm war das doch gar nicht“, meinte ich nur und zuckte mit den Achseln. Es war seltsam, aber mein Körper und mein Mund hörten neuerdings nicht mehr auf meinen Verstand und hatten eine Art Eigenleben entwickelt. Es war weit mehr als schlimm gewesen. Ben sah mich nur mit hochgezogenen Augenbrauen an, schwieg jedoch. Ich fühlte mich ausgesprochen unwohl, ich wusste, dass er wusste, dass ich gelogen hatte. Die Jungs nahmen es mir scheinbar nicht übel und solange ich mich nicht wieder in solche „Gefahr“ brachte, machte es ihnen nicht sehr viel aus, wenn ich auf solche Fragen nicht ehrlich antwortete.

Jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass sie mich deshalb nicht irgendwie ansprechen wollten. Gedanken machten sie sich bestimmt trotzdem und allein das zu wissen, machte mich schon halb wahnsinnig. Über all diesen Gedanken war ich das erste Mal wirklich froh, dass die Tour zuende war. Ich brauchte dringend etwas Ruhe, vor allem Ruhe davor, dauernd irgendwelche Schuldgefühle mit mir herum zu tragen. Noch ein paar Stunden sollte es dauern und schon hätte ich Ruhe. Zwar würde Adam noch da sein, aber ich hatte mir schon vorgenommen, die nächsten Tage einfach in meinem Zimmer zu bleiben und mich auszuruhen.

Die letzten Stunden zogen sich teilweise hin wie Kaugummi, waren aber schrecklich schnell vorbei, als wir gegen zehn Uhr abends in unserer Heimatstadt ankamen. Fliegen wollten wir nicht, solange es sich nicht um mehrtägige Fahrten handelte. Um von einem Ort zum anderen zu kommen, nahmen wir meist den Bus. Jedenfalls kam es mir vor als hätte die Heimfahrt nur zehn Minuten gedauert, als wir aus dem Bus in den Regen traten. Die Straßen waren nass, scheinbar regnete es mal wieder seit Stunden, außerdem war es dunkel und die im Licht der Laternen sichtbaren Regentropfen ließen eine sehr seltsame Atmosphäre entstehen.

„Das war’s wohl, was?“, sprach Jason leise, seine Stimme vermischte sich mit den Geräuschen des Regens und klang irgendwie rau. „Ja, das war’s fürs erste“, meinte Adam nickend und zündete sich erst einmal eine Zigarette an. Ich genoss diesen Moment sehr und wandte mein Gesicht ’gen Himmel. Es fühlte sich toll an, wie die Regentropfen auf mein Gesicht fielen. Wir machten alle Sechs keine Anstalten, sofort nach Hause zu wollen und standen stumm für einige Zeit im Regen. Es fühlte sich wirklich schrecklich seltsam an, aber irgendwie war es toll zu spüren, dass wir alle die Anderen nicht gehen lassen wollten.

„Jungs? Euer Gepäck weicht durch, wenn wir es rausstellen und wir müssen den Bus langsam mal los werden“, rief Harry uns nach einiger Zeit zu und bekam ein kollektives Nicken von uns allen. Es war eine komische Abschiedsszene, dabei würden wir uns doch in ein paar Tagen wieder sehen! „Macht’s gut Leute“, sprach Adam verhalten und schnippte seine Kippe auf die durchnässte Straße. Er sah umwerfend aus mit diesen nassen Haaren, als er die Zigarette wegwarf und seinen Kopf kurz schüttelte, um die Haare von der Stirn zu kriegen.

„Ja, ihr auch“, entgegneten die anderen Vier uns und Adam und ich nickten noch einmal. Es war merkwürdig, da waren wir nun berühmt, aber standen hier alleine im Regen und niemand erwartete uns, auch die Anderen hatten keine Freundinnen. „Ich hab euch Taxis gerufen, mit dem Gepäck solltet ihr nicht durch den Regen“, rief Harry uns noch zu, als wir unsere Taschen entgegen nahmen, worauf Adam und ich uns bei ihm bedankten und uns von ihm verabschiedeten. Vorne an der Kreuzung hielt nach kurzer Zeit schon ein Taxi und Adam und ich stiegen wortlos ein, scheinbar wusste der Fahrer, wo es hin ging.

Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen die Kopfstütze und seufzte tonlos. Das war es nun. Die Tour war vorbei. Ich mochte diese melancholische Stimmung, die durch den Regen noch verstärkt wurde, auch wenn meine Gedanken an die Tour nicht wirklich positiv waren. Es war eben doch toll, dafür lebten wir nun einmal; das war im Grunde genommen unser Leben, Menschen mit unserer Musik glücklich zu machen und uns ihnen zu präsentieren. In mir kam der Gedanke auf, ob mich das auch glücklich machte, doch ich verwarf ihn schnell wieder. Natürlich machte es mich glücklich, Musik zu machen war eben mein Leben.

Gähnend stand ich hinter Adam, als er die Wohnungstür öffnete und merkte, wie meine Arme langsam schwer wurden, unter dem Gewicht meines Gepäcks. Außerdem war ich totmüde, nur noch schnell ausziehen und ab ins Bett. Als wir hintereinander unsere Wohnung betraten und ich einmal tief Luft holte, bekam ich schon wieder ein seltsames Gefühl, aber es fühlte sich gar nicht mal schlecht an. Wir waren zu Hause und ich war froh darüber. „Auch so müde?“, fragte Adam lächelnd, als ich noch einmal gähnend, meine Taschen auf den Boden fallen ließ, um erst einmal meine Jacke auszuziehen. Ich lächelte nur nickend zurück.

„Dann gute Nacht, Pat, ich bin auch tot müde. Schlaf gut!“, meinte er und blinzelte mir kurz zu. Ich lächelte noch einmal, griff mir meine Taschen und setzte mich in Bewegung in Richtung meines Zimmers. Dort angekommen ließ ich mich erschöpft auf mein Bett fallen und atmete noch einmal tief durch. Ich kam nicht einmal mehr dazu mich umzuziehen, sondern kippte regelrecht in voller Montur zur Seite und war fast augenblicklich eingeschlafen. Es war schon kurz vor zwei Uhr mittags, als ich wieder wach wurde. Gähnend setzte ich mich auf, merkte, dass ich noch meine Klamotten vom Vortag anhatte und ließ mich wieder zurück aufs Bett fallen. Es tat so gut, einfach liegen bleiben zu können, niemand drängte mich.

Nach einer Viertelstunde stand ich trotzdem auf und machte mich erst einmal mit frischen Klamotten auf in Richtung Badezimmer. Ich drehte den Schlüssel in der Tür drei Mal herum, ich wusste nicht, ob Adam wach war, aber ich wusste, dass wir allein waren und es war seltsam, es war wirklich seltsam. Ich duschte erst einmal ausgiebig, zog mir danach frische Shorts und ein T-Shirt an, warf meine getragenen Klamotten in mein Zimmer und machte mich auf den Weg in die Küche, um zu Frühstücken, oder besser, Mittag zu essen. Der Tisch war ungedeckt, allerdings lagen noch Brötchen auf der Theke und es war noch Kaffee da.

Adam war wohl früher aufgestanden und hatte sich jetzt schon wieder in sein Zimmer verdrückt. Man konnte nicht behaupten, dass ich sehr traurig darüber war, ich wollte ein bisschen allein sein, nicht direkt wegen Adam, ich wollte viel mehr ganz simpel meine Ruhe haben, vor jedem. Ganz in Ruhe durchforstete ich die Küche, musste mich am Ende jedoch mit Erdnussbutter und Brötchen zufrieden geben, weil unsere Essensvorräte noch ziemlich beschränkt waren und Erdnussbutter das Einzige war, was wir wirklich immer in großen Vorräten zuhause hatten. Mit dem Essen setzte ich mich ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher an.

Bis halb fünf genoss ich die Ruhe vor dem Fernseher völlig allein, doch dann hörte ich ein leises Klopfen gegen den Türrahmen und drehte mich um. Adam hatte mich wohl nicht erschrecken wollen und stand nun etwas verlegen lächelnd in der Tür, ging langsam auf mich zu und setzte sich in den Sessel, der schräg neben der Couch stand. „Na, gut geschlafen?“, fragte er lächelnd und ich stellte den Fernseher etwas leiser. Es war ja auch recht unrealistisch gewesen, dass ich den ganzen Tag lang völlig allein hätte verbringen können, wo er ja schließlich auch hier wohnte, also war ich nur ein ganz kleines bisschen verärgert.

„Klar und vor allem lange“, meinte ich grinsend und stellte meine Füße wieder auf die Kante vom Glastisch. Einige Zeit blickten wir schweigend beide auf den Fernseher, der gerade die äußerst niveaulose, aber dafür sehr belustigende „Jerry Springer“ Show zeigte. „Sag mal, was hast du denn heute Abend vor?“, fragte Adam irgendwann und ich schrak kurz auf, da ich ihn regelrecht vergessen hatte. Ich zuckte nur mit den Achseln und sah ihn fragend an. „Ich dachte mir, wir könnten vielleicht... irgendwas unternehmen. Ich weiß nicht“, meinte er leise und hob auch nur seine Schultern. Na, da hatte er mich ja mal wieder in eine super Situation gebracht.

Ich hatte wirklich keinerlei Lust irgendetwas zu unternehmen, völlig egal mit wem und was. Allerdings war es schon selten, dass Adam so etwas überhaupt vorschlug, er ging eigentlich sehr gern weg, aber mir das vorzuschlagen, tat er nur sehr selten und ich wollte sein Angebot wirklich nicht ablehnen. Schließlich freute ich mich ja auch ein bisschen darüber, dass er mich das fragte, aber ich wollte nun mal einfach etwas meine Ruhe haben, nach den letzten Wochen. Außerdem lief „etwas unternehmen“ oftmals darauf hinaus, in irgendeinen Club zu gehen und, auch wenn es immer nur Ausnahmen waren und der Gedanke daran nicht nötig gewesen wäre, es konnte trotzdem sein, dass er etwas trinken würde.

„Entschuldige, aber mir ist wirklich nicht danach. Ich will mich eigentlich erst einmal etwas ausruhen, ein bisschen genießen, nicht mehr so völlig in der Öffentlichkeit zu stehen und jede Sekunde von Menschen umringt zu sein. Ein andermal, in Ordnung?“, meinte ich nach etwas Überlegen und sah ihn an. Man konnte sagen, dass seine Gesichtszüge entgleisten, Adam sah wahnsinnig enttäuscht aus. Ich war daran mir das auszureden, warum sollte er schließlich enttäuscht sein, er konnte ja auch mit einem der Anderen weggehen, aber sein Blick war zu eindeutig. „Klar, kein Problem“, sprach er leise und lächelte gekünstelt.

Mir war es postwendend schrecklich unangenehm, dass ich sein Angebot abgelehnt hatte, aber ich durfte doch wohl selbst entscheiden, ob ich weggehen wollte oder nicht und musste das nicht davon abhängig machen, ob er enttäuscht war, wenn ich das nicht wollte! Trotzdem tat es mir leid, ich hasste es, an Adam irgendeine negative Gefühlsregung zu sehen, ganz egal ob er verärgert, traurig oder wütend war. „Du kannst doch einen von den Anderen fragen, Marc oder Brain kommen sicher mit!“, ermutigte ich ihn, da ich eben doch ein schlechtes Gewissen spürte, ihm den Abend zu versauen. Adam zuckte nur mit den Achseln. „Mal sehen“, sagte er leise und wandte seinen Blick wieder zum Fernseher.

Warum war er so enttäuscht, weil ich nichts mit ihm unternehmen wollte? Es war doch völlig normal, dass ich etwas Ruhe wollte, nach den letzten Wochen und mit Marc hätte er außerdem sicher viel mehr anfangen können. Man konnte zwar nicht sagen, dass ich schlechte Laune hatte, aber mit Marc, der leidenschaftlich gerne in irgendwelche Clubs ging, hätte er wirklich viel mehr anfangen können! Adam blieb noch einige Minuten im Wohnzimmer sitzen und starrte auf den Fernseher, bis er aufstand und das Zimmer verließ. Ich stellte den Fernseher einen Moment auf stumm und hörte, dass er schnurstracks in sein Zimmer gegangen war. Das Telefon lag wie immer hier im Wohnzimmer.

Gegen elf verschwand auch ich in meinem Zimmer, Adam hatte seins den ganzen Abend lang nicht verlassen, also hatte ich auch im Wohnzimmer meine Ruhe gehabt und hatte deshalb einen Film nach dem anderen angesehen. Es war kein Licht in Adams Zimmer, als ich aus dem Bad trat und auf mein Zimmer zusteuerte. Eigentlich war es eine Seltenheit, dass er vor mir schlafen ging, aber vielleicht hatten ihn die letzten Wochen ja genauso geschlaucht. Nur warum hatte er dann weggehen wollen? Langsam wurde mir diese Sache unheimlich, also redete ich mir ganz schnell ein, dass ich mir das alles einbildete, schließlich hatte ich nicht vor, schon wieder über jedes noch so kleine Wort von ihm nachzudenken.

Die nächsten Tage liefen exakt so, wie ich sie mir vorgestellt hatte. Ich schlief jeden Tag bis mindestens elf Uhr, verließ unsere Wohnung in den ersten vier Tagen gar nicht und auch danach nur, um Einkaufen zu gehen und tat im Großen und Ganzen eigentlich gar nichts. Adam hatte in etwa den selben Tagesplan und ich machte mir natürlich Gedanken darüber, auch wenn ich mir das eigentlich selbst untersagt hatte. Wirklich gar nichts zu tun war für uns beide ungewöhnlich, für ihn aber noch viel mehr als für mich. Natürlich kam in mir der Gedanke auf, dass er nur wegen mir nichts unternahm, alleine wegzugehen war schließlich nicht so das Wahre, aber er hätte jawohl noch andere Freunde als nur mich gehabt.

Trotzdem hatte es ja sein können, dass er mich nicht alleine lassen wollte, aber allein der Gedanke daran war abwegig. Ich wusste ehrlich nicht mehr so recht, was ich überhaupt noch denken sollte. Adam verhielt sich schrecklich seltsam und ich gewöhnte mich langsam wieder daran, mit ihm allein zu sein. Anfangs war ich auch etwas vor ihm weggelaufen und hatte mich deshalb in meinem Zimmer verkrochen, doch es begann, mir nichts mehr auszumachen, denn Adam hielt selbst einen gewissen Abstand zu mir. Das war das Schlimmste, einerseits wollte er gar nichts ohne mich machen, andererseits ging er mir scheinbar aus dem Weg.

Eigentlich hatte ich ihn ja darauf ansprechen wollen, aber ich hatte mich nicht getraut. Es war mir nämlich immer noch etwas unangenehm, wenn ich mit ihm über irgendetwas auch nur annähernd „Intimes“ sprach. Und auch jegliche Art von Gefühlen zählte dazu, ich wollte einfach nicht mit ihm über so etwas reden. Meine Laune sank von Tag zu Tag, weil Adam mir solches Kopfzerbrechen bereitete. Ich hoffte stark, dass sich das alles wieder einrenken würde, aber es sah einfach nicht danach aus. Vielleicht änderte sich aber auch alles wieder, wenn wir wieder mehr Zeit im Studio und bei den Jungs verbrachten, dachte ich mir oft.

Mittlerweile waren zwei Wochen vergangen und Adam und ich konnten fast wieder normal miteinander umgehen. Fast normal. Ich traute mich nicht mehr nur in Boxershorts durch die Wohnung zu rennen, oder ihn in irgendeiner Weise anzufassen, ohne dass ich sofort erschauderte und Adam behandelte mich noch immer ziemlich seltsam. Er war früher immer unheimlich locker gewesen, hatte mich auch hin und wieder wegen irgendetwas auf den Arm genommen, oder sich einfach mal, nicht ganz ernst gemeint, über mich lustig gemacht. Nur all das hatte aufgehört, er behandelte mich unheimlich zuvorkommend, schrecklich nett, versuchte es mir aus irgendeinem Grund immer recht zu machen.

Ich kam damit natürlich kein bisschen zurecht, schließlich war ich bisher immer derjenige gewesen, der ihm alles recht machen wollte, und nun machten wir uns damit gegenseitig das Leben schwer. Manchmal kam mir der Gedanke, dass es einen ganz bestimmten Grund für sein Verhalten gab, aber das konnte ich mir einfach nicht vorstellen. Adam konnte sich nicht in mich verliebt haben, der Gedanke war einfach nur wahnsinnig abwegig, ich kannte ihn schließlich, wenn er verliebt war. Er wurde dann immer zu einem wahnsinnigen Macho und ging stetig auf diejenige zu, schüchtern war er in solchen Situationen nie.

„Pat? Kommst du? Du weißt doch, wir treffen uns heute bei Jason“, erinnerte Adam mich, nachdem er an der Tür geklopft und auf mein „Ja“ hin die Tür geöffnet hatte. „Klar, bin sofort fertig“, meinte ich nur, er schloss die Tür augenblicklich wieder und ich quälte mich von meinem Bett hoch. Seufzend blickte ich auf die geschlossene Tür, ich hoffte sehr, dass Adam wieder normal werden würde, wenn er wieder mehr gefordert war. „Können wir?“, fragte ich leise, nachdem ich meine Schuhe angezogen hatte und Adam gerade wieder aus seinem Zimmer trat. Anstatt mir zu antworten nickte er nur und ich richtete mich wieder auf.

„Pat?“, hörte ich ihn plötzlich ganz leise sagen und sah, dass er langsam auf mich zu trat. Ein seltsames Gefühl fuhr durch jede Faser meines Körpers, eine Art Mischung aus Angst, Erwarten und Hoffnung. „Ja?“, brachte ich nur leise heraus und sah ihn erwartend an. Was wollte er nur? Adam blickte mich mit seinen großen Augen an, sein Blick stieß sich direkt durch meine Augen hindurch in mein Herz, er guckte mich so seltsam an, so entschuldigend. „Ach Pat...“, flüsterte er nur noch, senkte seinen Blick und legte ganz plötzlich beide Arme um mich. Ich erschrak natürlich bis in die Knochen und blieb einfach nur starr stehen.

Langsam, ganz langsam kam ich wieder zur Besinnung und legte vorsichtig meine Arme auf seinen Rücken, woraufhin Adam sich nur noch etwas fester an mich drückte. Diese plötzliche Nähe war schrecklich merkwürdig, erst redeten wir zwei Wochen kaum, fassten uns wenn möglich in keinster Weise an und nun umarmte er mich plötzlich? Ich wurde langsam daraus nicht mehr schlau und musste außerdem meine Gedanken verdrängen, er könnte irgendetwas vorhaben. Er war noch immer mein bester Freund, egal was passiert war, ich musste ihm einfach vertrauen!

„Danke“, flüsterte er dann kaum hörbar und löste sich wieder von mir. Etwas verlegen blickte er mich an und beugte sich dann schnell hinab, um seine Schuhe anzuziehen. „Komm, sonst kommen wir zu spät zu Jason“, meinte er leise, als er fertig war und ich nickte nur. Was hatte diese Umarmung zu bedeuten? Was wollte Adam damit bezwecken? Vielleicht wollte er mir ja einfach nur einmal wieder nah sein? Unsinn, ich musste fast lachen über meine Gedanken, Adam würde ja wohl kaum meine Nähe suchen, auch auf freundschaftlicher Basis war es von ihm nicht zu erwarten, dass er mir nah sein wollte. Wir waren uns geistig nah gewesen, körperlich allerdings in den letzten Jahren nicht sehr, es war eben normal zwischen uns.

„Du denkst schon wieder zu viel nach“, lächelte Adam mich auf den Weg zum Auto an und ich hob meinen Blick sofort. Etwas in der Art hatte er wirklich schon sehr lange nicht mehr verlauten lassen. Irgendetwas musste in Adam passiert sein, darüber war ich mir mittlerweile klar geworden, irgendetwas hatte sich geändert, sehr geändert.

Kapitel 11

„Hey Jungs! Freut mich, euch mal wieder zu sehen!“, begrüßte uns Jason und, während Adam nur lächelnd seine Schuhe abstreifte und ins Wohnzimmer schlenderte, umarmte Jason mich kurz und sah mich ausgesprochen fragend an. „Wie geht’s dir?“, fragte er dann leise und ich zuckte mit dem Schultern. „Alles okay. Und bei dir?“, fragte ich zurück und folgte Jason in die Küche. „Auch. Ich habe mich nur etwas gewundert, weil ihr beide euch so lang nicht gemeldet habt. Dachte schon, es wäre irgendetwas passiert“, meinte Jason und suchte eine Flasche Cola aus dem Schrank. „Nein, wir haben beide nur etwas Ruhe gebraucht“, erklärte ich und er nickte.

„Ich freue mich trotzdem, euch wieder zu sehen. Du siehst gut aus. Also, du weißt, was ich meine. Im Gegensatz zu direkt nach der Tour, als du... Ach, du weißt, was ich meine“, stotterte Jason und lächelte etwas verlegen, doch ich nickte nur und lächelte auch. Klar, wusste ich was er meinte, ich hatte wieder ein klitzekleines bisschen Farbe im Gesicht und keine dunklen Ringe mehr um die Augen, sah alles in allem irgendwie wieder lebendig aus. „Komm, die anderen warten auf ihre Cola“, meinte Jason dann grinsend und deutete aufs Wohnzimmer. Wir liefen zu den Jungs herüber und alle begrüßten mich sofort lautstark.

Ben stand sogar extra auf und umarmte mich kurz, während die Anderen mich nur mit einem Handschlag willkommen hießen. Seit der ganzen Sache während der Tour kam ich mir etwas vor wie das „Sorgenkind“ der Band, schließlich kümmerten sich alle sehr darum, dass es mir gut ging. Allerdings kam es mir auch so vor, als hätte uns das Ganze noch enger zusammengeschweißt, was für mich sehr makaber war. Aber über all das wollte ich eigentlich gar nicht mehr nachdenken, schließlich war es vorbei. „Sagt mal, was haltet ihr eigentlich von einer Europatour?“, fragte Brain irgendwann und wir verstummten alle erst einmal.

Ich war ehrlich nicht begeistert von dem Vorschlag, wir waren doch gerade erst von der letzten Tour zurückgekommen! „Natürlich nicht sofort, irgendwann in den nächsten Monaten. Vielleicht für vier, fünf Wochen, nur durch die größeren Städte“, setzte Brain noch dazu, doch ich war noch immer nicht begeistert. Aber ich war etwas wütend auf mich selbst, weil ich nur aus Angst nicht wollte. Ich ging schließlich gerne auf Tour, aber die Erinnerung an das letzte Mal machte einfach alles zunichte. „Kann mal jemand von euch seine Meinung dazu sagen?“, fragte Brain dann, nachdem wir alle erst einmal kollektiv geschwiegen hatten.

„Der Vorschlag kommt von Bob, richtig?“, meinte Jason aber nur und Brain nickte. „Ich hätte nichts dagegen, wir hatten bisher zwei Wochen frei und ich fände es eindeutig ziemlich gut, wenn wir mindestens noch anderthalb Monate Zeit hätten. Vom Zeitpunkt her würde es dann ja auch gut passen. Bob meinte ja, wir sollten etwa einen Monat nach der Tour noch eine Single aus dem letzten Album auskoppeln und kurz nach einer neuen Single sind die Konzerte immer ziemlich erfolgreich“, erklärte Jason dann noch und wir stimmten ihm eigentlich alle zu. Recht hatte er damit ja schon, nur normal sagte Bob uns früher Bescheid, wenn er so was plante.

„Und ihr? Wäre das euch zu viel Stress?“, fragte Brain und blickte erst Adam, Ben und Marc an, bis sein Blick auf mir ruhen blieb. „Ich fände es okay, anderthalb Monate will ich aber mindestens noch frei haben“, erklärte ich und die anderen Drei nickten bestätigend. Ich wusste gar nicht richtig, was ich da sagte. Ich hatte Angst, ich hatte eindeutig Angst, aber es stand zu viel auf dem Spiel, ich konnte jawohl die Band nicht im Stich lassen! Außerdem hatten Adam und ich die letzten beiden Wochen einigermaßen problemlos gemeistert, also würde ja wohl eine weitere Tour, während der ja alle Anderen wieder permanent anwesend sein würden, kein Problem werden. „Kann ich Bob also zusagen?“, fragte Brain abschließend, blickte uns wieder einen nach dem anderen an und bekam ein kollektives Nicken.

„Schön“, meinte er darauf nur noch und wir legten die ernsthafteren Diskussionen erst einmal beiseite und widmeten uns der Frage, ob nun Playstation oder X-Box besser wäre. Ich grinste heimlich, während Jason sich über Grafikunterschiede ereiferte und Marc sofort mit dem Argument, die Grafik wäre doch völlig hinfällig, konterte. Über solche Themen konnten sie sich bis zum Erbrechen streiten, nur wenn es um etwas Ernstes ging, gab es kaum Meinungsverschiedenheiten. Bei der Tourfrage zum Beispiel. Ich wollte mich zwar nicht dagegen aussprechen, hätte aber die Meinung bekräftigt, hätte sich jemand gegen die Tour geweigert. Aber eigentlich war es ja egal, was waren schon vier, fünf Wochen? Ich würde es überleben und außerdem waren ja noch anderthalb Monate Zeit bis dahin.

Es war etwa kurz vor acht Uhr abends, als Adam und ich uns als letzte von Jason verabschiedeten. Der Tag war wahnsinnig schön gewesen, ich liebte diese Jungs einfach, es gab wirklich niemand anderen, der mir so sehr am Herzen lag wie die Fünf. Natürlich hatten wir nicht den gesamten Tag damit verbracht, über Vorzüge und Nachteile von X-Box und Playstation zu diskutieren, Brain und Jason hatten nämlich einige wirklich wahnsinnig tolle Samples parat und wir waren wie immer total enthusiastisch daran gegangen ein paar Grundlagen für Songs daraus zu machen. Ganze zwei „Lieder“ waren dabei herausgekommen.

„Wie wäre es mit McDonalds?“, fragte Adam lächelnd, während wir zum Auto liefen und ich nickte zustimmend. Seine Stimmung war wahnsinnig gut und auch ich hatte gute Laune wie schon lang nicht mehr. Diese Ablenkung nach den letzten zwei Wochen Schweigen hatte wohl vor allem Adam gut getan. Auf Grund einer viel zu langen Schlange am Autoschalter, entschlossen wir uns, schnell hineinzugehen, um zu bestellen, und nahmen dann die beiden Papiertüten mit nach Hause. Dort ließen wir uns auf Adams Vorschlag hin, auf dem Balkon nieder und breiteten im Schein der untergehenden Sonne unser Fastfood vor uns aus, was so gar nicht zueinander passen wollte, aber lustig wirkte.

„Guten Appetit“, meinte Adam lächelnd und biss in seinen Big Mac, was ich ganz ehrlich wirklich hinreißend fand. Er sah ein bisschen aus wie der kleine Junge aus der McDonalds Werbung, der immer wieder mit großen Augen einen Burger zu essen versuchte, der höher war als er seinen kleinen Mund öffnen konnte. Natürlich hatte Adam das Problem nicht, aber seine Augen strahlten genauso. Ich mochte es, wenn er so aufblühte. In den letzten beiden Wochen kam ich mir immer viel stärker vor als er, wo es doch die ganze Zeit vorher exakt umgekehrt gewesen war. Doch jetzt, wo er wieder grinste, war er derjenige, der stark und wieder völlig selbstsicher wirkte. Ich fühlte mich wohler und unwohler zugleich.

In den letzten beiden Wochen hatte ich kaum Angst vor ihm gehabt, schließlich kam ich mir so ein kleines bisschen überlegen vor, aber nun? Nun war er wieder der Stärkere von uns beiden. Aber es war ein gutes Gefühl, dass er nicht mehr so traurig aussah. Wir verschlangen unser Essen und blieben noch etwas auf dem Balkon sitzen, blickten über die Stadt und schwiegen größtenteils, nur war es im Gegensatz zu den vielen Malen in den letzten zwei Wochen kein unangenehmes Schweigen. Irgendwann, meine Armbanduhr meinte es wäre dreiviertel zehn gewesen, stand er auf und erschien wenig später wieder im Türrahmen, und zwar mit einer Flasche Bier in der Hand, die mir einen Schauer über den Rücken jagte.

„Willst du auch eins?“, fragte er und deutete auf die Flasche. Ich merkte, dass ich nervös wurde. Ich erlebte Adam seit der ganzen Sache jetzt das erste Mal wieder mit Alkohol in der Hand. „Äh, nein... Ich... bin etwas müde, ich gehe wohl besser... äh, schlafen“, stotterte ich und erhob mich. Adams Blick schien etwas enttäuscht zu sein, als ich ihm kurz ins Gesicht sah. „Oh, achso“, meinte er nur, nickte kurz und setzte die Flaschenöffnung an seine Lippen. „Na, dann schlaf gut, Pat. Bis morgen“, setzte er noch dazu und ich nickte ein klein wenig hektisch.

In meinem Zimmer verfluchte ich mich wieder für mein Verhalten. Eine Flasche Bier? Er würde ja nicht nach einer Flasche Bier gleich so betrunken sein, dass er nicht mehr wusste, was er tat! Warum war ich nicht einfach geblieben? Ich hätte nach der zweiten oder dritten Flasche immer noch aufstehen und gehen können. Ich hätte sitzen bleiben und die schöne Stimmung, den schönen Abend genießen können, aber nein, Mr. Sway musste ja wieder Panik kriegen! Ich war wirklich genervt von mir selbst, weil ich Adam noch immer als eine Art Bedrohung ansah, obwohl es doch wirklich keinerlei Anlass mehr dafür gab.

Seufzend zog ich mir mein Shirt über den Kopf, entledigte mich meiner restlichen Klamotten und ließ mich, nach einem kurzen Abstecher ins Bad, auf meinem Bett nieder. Ich gähnte und merkte, dass ich doch etwas müde war und weil mir nicht viel einfiel außer mir weiter Vorwürfe zu machen, entschied ich mich tatsächlich schlafen zu gehen. Nur Einschlafen stellte wiederum ein Problem dabei dar, denn mein Kopf ordnete doch noch einige Zeit Vorwürfe an und ich konnte und konnte einfach nicht einschlafen. Gegen elf blickte ich das letzte mal auf die Uhr, bevor ich wenige Zeit später doch noch einzuschlafen schien. Doch das war ganz, ganz schnell vorbei, als ich um 23:17 Uhr vom Aufgehen meiner Zimmertür geweckt wurde.

Ich war hell wach und tief erschrocken, sodass ich meine Augen fest geschlossen hielt, als ich Adams Schritte, die meinem Bett scheinbar immer näher kamen, und sein leises Atmen hörte. „Paty?“, flüsterte er ganz leise und in mir drehte sich alles um. Ich glaubte, jeden Moment anzufangen zu zittern, oder zu heulen, weil ich wusste, dass es gut sein konnte, dass er noch mehr getrunken hatte und dieses „Paty“ exakt wie an diesem verhängnisvollen Abend klang. Panik stieg in mir auf und ich versuchte, so gut ich konnte ruhig zu atmen und meine Augen geschlossen zu halten. „Hey Paty, schläfst du?“, flüsterte er weiter und ich spürte seine Fingerspitzen leicht über meine Wange streichen. Er zitterte.

„He, Paty, schläfst du wirklich?“, murmelte er und strich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Ich spürte, wie er mit seinen Fingerspitzen über meine Schläfen, Wangen und meinen Hals herab strich und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem Körper aus. Warum berührte er mich so? Er klang so gar nicht betrunken und er roch weder nach Bier, noch nach irgendwelchem anderen Alkohol. Scheinbar deutete er meine Gänsehaut nicht richtig, nämlich, dass ich das gerade hautnah mitbekam, sondern dachte wohl, ich schlief wirklich tief und fest. Seine Finger fuhren währenddessen weiter über meine Schulter, ich hatte kein Shirt an, die Bettdecke war herabgerutscht.

Die Matratze sackte neben mir etwas tiefer, scheinbar hatte Adam sich auf die Bettkante gesetzt. Ich musste mich sehr zusammenreißen, nicht zu heulen, ich hatte so schreckliche Angst, er würde das jetzt alles noch einmal tun. Aber dabei schien er doch überhaupt nicht getrunken zu haben! Langsam streichelte seine Hand über meine Schulter, fuhr leicht über meinen Oberarm und strich wieder hinauf zu meinem Hals. Es war so unheimlich, diese Berührungen waren nicht anders zu deuten als dass er alles wiederholen würde, aber ich hatte bisher immer geglaubt, es hätte wirklich nur am Alkohol gelegen.

Doch Adam hatte nicht getrunken, dazu war er zu ruhig und er hörte sich nicht betrunken an. Seine Finger lösten sich wieder von meiner Haut und fuhren Sekunden später durch meine Haare. Immer wieder ließ er seine Finger durch meine Haare gleiten, strich sanft über meine Stirn. Weshalb sollte er so sanft sein, wenn er mir weh tun wollte? Aber weshalb sollte er mich sonst gerade so anfassen? Als er seine Hand wieder wegnahm, glaubte ich kurz, er würde gehen, wurde aber vom Gegenteil überzeugt, als er plötzlich seine Hand auf meine Brust legte. Ich zuckte innerlich zusammen, versuchte aber weiterhin mich schlafend zu stellen.

Diese Berührung war nicht anders zu deuten. Er wollte es wieder, er musste Zähne geputzt haben oder etwas in der Art, weshalb ich nicht merkte, dass er betrunken war. Er wollte mir hier, in unserem Zuhause, nach so vielen Wochen wieder das Selbe antun. Seine Hand blieb auf meiner Brust liegen, er bewegte allerdings immer wieder seinen Daumen auf und ab und strich somit immer wieder über eine meiner Brustwarzen. Ich merkte, wie mir mit jedem Male schlechter wurde. Ich musste mich schrecklich zusammenreißen, nicht zu heulen, meine Angst war so riesig und ich klammerte mich an den Gedanken, er würde es sich vielleicht anders überlegen, wenn er merkte, dass ich tief und fest schlief.

„Okay“, hörte ich Adam dann plötzlich flüstern und in mir zog sich alles zusammen. Okay? Ich merkte, dass er aufgestanden sein musste und seine Hand löste sich von meiner Brust. Hatte er es sich vielleicht wirklich anders überlegt? Unerwartet spürte ich eine seiner Hände wieder auf meiner Brust. Ganz langsam strich er über meinen Brustkorb, meinen Bauch und ließ seine Finger noch langsamer direkt über dem Bund meiner Boxershorts entlang fahren. Ich kämpfte mit den Tränen und merkte, dass ich bald verlieren würde. Ich hatte so schreckliche Angst und wollte am liebsten aufspringen und aus der Wohnung rennen, doch ich war wie gelähmt, ich konnte mich keinen Millimeter bewegen.

„Schlaf gut“, flüsterte er nur noch und ich hörte Schritte und wenig später das Herunterdrücken der Türklinke. Er hatte es sich anders überlegt. Er ließ mich danach jetzt einfach in Ruhe und ging? Er ließ mich in Ruhe und ich drehte mich reflexartig zur Seite, zog meine Beine etwas an und begann hemmungslos zu heulen. Die Tränen kamen wie automatisch, ich blinzelte immer wieder und schaffte es erst nach einigen Momenten, hinauf zur Tür zu blicken. Sie war geschlossen und Adam gegangen. Weshalb war er hier gewesen? Hatte er wirklich vorgehabt, das noch einmal zu tun? Hatte er sein Vorhaben nur über den Haufen geworfen, weil ich schlief? Aber weshalb hatte er mich so angefasst? Weshalb hatte er sich damit zufrieden gegeben? Er wirkte doch gar nicht betrunken, warum verdammt hatte er das gemacht?

Ich traute mich nicht, meine Augen zu schließen. Die Angst vor Adam verfolgte mich bis in meine Träume, als ich es irgendwann nicht mehr schaffte die Augen offen zu halten. Es war wie als wäre das alles gestern geschehen, so genau sah ich alles vor mir in meinem Traum. Das Hotelzimmer, Adams seltsames Lächeln, einfach alles. Mein Bett war klitschnass am nächsten Morgen, völlig nassgeschwitzt und ich glaubte im ersten Moment, dass alles nur ein Traum gewesen war. Doch es war kein Traum gewesen und ich bekam postwendend wieder solche Angst davor, was sein würde, wenn ich Adam das nächste Mal begegnete.

Und diesmal waren wir allein. Ich wusste noch immer nicht, ob ich nun glauben sollte, er hätte getrunken gehabt, oder nicht. Er hatte nicht betrunken gewirkt, aber außer dem Einfluss von Alkohol gab es für Adam keinen Anlass mich so anzufassen. Sehr lang rang ich mit mir, ob ich aufstehen, oder für immer in meinem Bett bleiben sollte. Nur irgendwann siegte mein Verstand, der mir sagte, dass es unmöglich war, vor ihm wegzulaufen, also stand ich mit sehr weichen Knien auf. Mit frischen Klamotten im Arm öffnete ich tonlos meine Zimmertür und rannte, sehr bedacht darauf, ja kein Geräusch zu machen, zum Badezimmer.

Erleichtert ausatmend drehte ich den Schlüssel zweimal herum und ließ meine Klamotten auf den Boden fallen. Ich wollte meine Begegnung mit Adam so lang wie möglich herauszögern und ihm erstrecht nicht nur in Boxershorts gegenüberstehen. Mit etwas ruhigerem Atmen entkleidete ich mich vollständig und trat in die Duschkabine. Noch immer rangen meine Gedanken miteinander, ob er betrunken gewesen war, oder nicht. Wahrscheinlich würde ich das erst herausfinden, wenn ich ihm das nächste Mal begegnete. Ich hatte Angst, schreckliche Angst davor. Würde er so tun als wäre nichts gewesen? Würde er etwas dazu sagen?

Ich konnte nicht mal annähernd voraussagen, wie er sich verhalten würde. Welches Verhalten von ihm ich mir wünschte, konnte ich allerdings auch nicht recht sagen. Ich war vor allen Dingen froh darüber, dass er es sich – betrunken oder nicht – wieder anders überlegt hatte. Nach fast zwanzig Minuten zog ich mich an und schluckte noch einmal schwer, bevor ich die Tür aufschloss. War Adam jetzt wach? Ich wusste es nicht, ich wusste nicht einmal, wie spät es überhaupt war. Doch ich fand ihn weder in der Küche, noch im Wohnzimmer und seine Zimmertür war verschlossen, dahinter war es still. Scheinbar schlief er noch.

Es war kurz vor zehn Uhr morgens und es war nicht ungewöhnlich, dass er noch schlief. Ich war froh darüber und doch war ich es nicht. Begegnen musste ich ihm so oder so und ich hielt die immerwiederkehrende Frage „Betrunken oder nicht“ nicht mehr aus. Man sah es ihm an, wenn er über den Durst getrunken hatte, zwar kam es selten vor, dass er einen richtigen Kater hatte, aber etwas geschwollene, rote Augen und völlige Unkonzentriertheit waren eindeutige die Zeichen dafür, dass er es übertrieben hatte. Beim letzten Mal hatte ich darauf nicht geachtet. War das allerdings ein Wunder? Ich war schließlich mit Heulen beschäftigt gewesen.

„Morgen“, schreckte eine sehr leise, nuschelnde Stimme mich aus meinen Gedanken. Ich zuckte zusammen und merkte, wie sich eine Gänsehaut über meinen Körper ausbreitete. Ich musste aufblickten, ich musste ihn ansehen, aber irgendetwas in mir verhinderte es fortwendend. „Mor-gen“, murmelte ich kaum hörbar und schluckte wieder schwer. Adam hatte sich mir gegenüber an den Tisch gesetzt und ich hatte ihn angesehen. Seine Augen waren regelrecht blutunterlaufen, er blinzelte die ganze Zeit und blickte völlig abwesend ins Nichts. Ein weiterer Schauer lief über meinen Rücken. So wie er aussah, musste er am letzten Abend getrunken haben.

Ich senkte meinen Blick auf den Tisch. War ich erleichtert, dass er nur wegen des Alkohols in mein Zimmer gekommen war? Ich war nicht erleichtert, ich hatte Angst, Angst vor ihm. All die Gefühle, die ich mittlerweile in den letzten Wochen regelrecht begraben hatte, die ganze Panik, die ich anfangs bei seinem Anblick bekommen hatte, war wieder da. Warum hatte er das nur getan? Die Frage begann wieder auf meinem imaginären Bildschirm zu leuchten und wie auf Kommando kam die Erinnerung an die Schmerzen zurück und es fühlte sich an, als spürte ich den ganzen Schmerz von neuem. Warum hatte er das nur gemacht?

Die folgenden Wochen vergingen wie im Fluge und doch schleppend wie Jahrzehnte. Ich brachte es nicht fertig Adam in die Augen zu sehen und auch er verhielt sich so merkwürdig, dass ich vermutete, er wusste noch, was er getan hatte. Jedenfalls war ich mir ziemlich sicher, dass er sich über mein Verhalten wunderte, schließlich wusste er doch gar nicht, dass ich das alles sehr wohl mitbekommen hatte. Wir verbrachten viel Zeit im Studio, arbeiteten an alten wie an neuen Songs. Ich hatte zwar einige Texte, die ich ihnen hätte zeigen können, doch ich traute es mich einfach nicht. Ich war doch froh, dass sie sich keine Sorgen mehr machten.

Dass das Datum der Veröffentlichung unserer nächsten Single erst zwei Wochen vorher bekannt gegeben worden war, ließ uns noch etwas in die Schlagzeilen steigen und die knapp einen Monat vor dem ersten Konzert angekündigte Tour, tat das Übrige. Man sprach über uns, erwartete die Tour und die Single mit großer Freude. Die Interviewtermine häuften sich proportional zur Zeit, die verging. Wir waren alle begeistert, jedenfalls ließen wir es so aussehen. Ich wusste, dass Jason und Ben darüber gesprochen hatten, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, und ich bekam natürlich postwendend mein altbekanntes schlechtes Gewissen.

Es war eine abgedroschene Situation gewesen, bei ähnlichen waren schon einige Geheimnisse in der Band herausgekommen. Ich war mich Einsingen, die beiden hatten nicht gemerkt, dass der Lautsprecher noch an gewesen war und so hatte ich ihr gesamtes Gespräch mit angehört. Jason fand es seltsam, dass ich mich nicht mehr neben Adam setzen wollte und scheinbar auch sehr darauf bedacht gewesen war, keinem von ihnen zu nahe zu kommen. Natürlich fand ich es schrecklich, dass sie darüber redeten und vor allem, dass sie es überhaupt bemerkt hatten. Deswegen fürchtete ich mich auch etwas vor der Tour, wenn es erst einmal soweit war, konnten sie noch viel mehr auf mein Verhalten achten.

Allerdings konnte ich kaum die ganze Tour absagen, schließlich standen wir ja wegen genau dieser Aktion mit der kurzfristig angesetzten Tour so im Rampenlicht. Und außerdem würde ich dann während mehrerer Wochen kaum mit Adam allein sein und das entkräftete meine Bedenken völlig. Ein bisschen begann ich mich auch ehrlich darauf zu freuen, mittlerweile waren es ja nur noch drei Tage, gut, zweieinhalb. Wir hatten gerade ein Treffen mit Bob und dem Rest des Teams gehabt, die zwei letzten Tage vor der Tour hatten wir immer frei, um noch etwas Zeit mit Familie und Freunden zu verbringen und uns gebührend zu verabschieden.

„Pat? Wartest du noch einen Moment?“, schreckte Bob mich aus meinen Gedanken und ich nickte etwas verwirrt. Ich mochte ihn eigentlich, aber wir hatten nie über die Ereignisse auf der letzten Tour gesprochen, auch wenn er eigentlich immer gesagt hatte, er würde mich dafür an irgendeinem anderen Tag zur Sau machen. Er hatte es nie getan und mir war so als hatte er das auch nie ernsthaft vorgehabt. Die anderen verließen den Raum schon mal und ließen Bob und mich somit allein. Adam meinte nur noch leise, er würde draußen auf mich warten. Als er die Tür geschlossen hatte, stand Bob auf und trat ans Fenster.

„Machen wir es kurz, in Ordnung?“, begann er und sah mich an, wartete scheinbar auf eine Reaktion von mir. Ich nickte leicht. „Ihr Jungs seid mir ans Herz gewachsen und ihr seid mir alle sehr wichtig. Ich weiß nicht, was während der letzten Tour geschehen ist und auch Jason wollte oder konnte mir nichts dazu sagen, ich denke, er weiß es selber nicht. Ich hab noch nie einen von euch so gesehen wie dich während diesen Wochen und ich habe nicht vergessen, dass ich eigentlich noch deshalb mit dir reden wollte. Jason hat mir damals gesagt, ich solle das verschieben, irgendwann anders machen und diesen Blick von ihm werde ich niemals vergessen.“

Ich war starr vor Schreck. Meine Ahnung, er hätte es nicht vergessen, hatte sich als richtig herausgestellt. Aber scheinbar hätte sich mein schlechtes Gewissen nicht nur auf die Jungs aus der Band ausbreiten sollen, Bob hatte sich scheinbar ebenso viele Sorgen gemacht. Und natürlich bekam ich dieses schlechte Gewissen auch. „Ich will dir keine Standpauke halten, nur zwei Dinge: Ich bin froh, dass es dir besser geht und ich will, dass du mit uns redest. Egal, was es ist, du weißt, dass du sowohl zu deiner Band, als auch zu mir kommen kannst, okay?“, meinte er, sah mich wieder an und legte seine Hand auf meine Schulter. Ich konnte nur noch nicken und sah zu Boden.

Kapitel 12

Und da waren wir wieder, standen zu Sechst im Tourbus und starrten aus dem Küchenfenster. Es war nur der kurze Weg vom Flughafen zum Hotel. Man hatte die Tatsache, dass sowohl der Bus als auch wir zum Hotel gebracht werden mussten, verbunden und uns somit für die zwanzig Minuten in den Tourbus gesteckt. Wir waren in London, es war neun Uhr abends und wir waren alle völlig kaputt vom Fliegen. Mit müden Augen blickten wir uns im gedimmten Licht des Busses an und stießen mit Cola Dosen auf eine erfolgreiche und glückliche Tour an. Es war genau wie beim letzten Mal, nur das „glückliche“ war neu.

„Jungs? Kommt ihr? Und wartet bitte noch einen Moment in der Lobby“, erschallte Bobs Stimme von der Tür aus und wir nickten alle müde. Mit unserem Gepäck beladen ging es in die Lobby, wo wir noch einen Moment auf Bob und Don, einen unserer Mitarbeiter aus der Organisation, warteten. „Also, heute Abend habt ihr natürlich frei und morgen steht eine Pressekonferenz euren Tourstart betreffend an. Wir treffen uns um elf hier in der Lobby, okay? Danach will noch ein Magazin mit euch reden und ein paar Fotos machen und dann habt ihr frei“, erklärte er und wir nickten. Wir waren alle schon viel zu müde, um noch zu widersprechen.

„Okay und jetzt geht schlafen, sonst müssen wir euch noch hoch tragen“, lächelte er und deutete Richtung Fahrstuhl. Wir machten uns auf und bekamen von Don noch unsere Schlüsselkarten in die Hand gedrückt. Ich weigerte mich nicht dagegen, dass Adam zu mir ins Zimmer sollte, ich wollte einfach nur schlafen, egal, wer mit mir in ein Zimmer sollte. Kraftlos ließ ich meine Taschen neben dem großen Schrank fallen und suchte mir schnell Klamotten zum Schlafen heraus. Nach fünf Minuten im Bad stolperte ich in Shorts und T-Shirt zurück ins Zimmer. Wenigstens gab es keine Doppelbetten, sondern einzelne, getrennt durch etwa drei Meter.

Adam lag bereits auf seinem, hatte es gerade mal geschafft seine Jacke und Schuhe auszuziehen und lag völlig fertig da. Ich beachtete ihn kaum, machte das Licht aus und kroch gähnend unter meine Decke. Am nächsten Morgen erschrak ich trotz meiner vortägigen Gleichgültigkeit, als ich Adam nur mit einem Handtuch um den Hüften vor seiner Tasche knien sah. Ich schluckte etwas und merkte mal wieder, dass dieser Zwiespalt zum Zerreißen schmerzte. Ich fand ihn so hinreißend, wie er da mit nassen Haaren und vereinzelten Wassertropfen auf seinem Rücken am Boden kniete, spürte allerdings eine gewisse Panik, die seine kaum vorhandene Kleidung auslöste. Es tat weh, ihn nicht nur wunderbar finden zu können.

„Äh, guten Morgen“, meinte Adam leise und etwas verlegend lächelnd, als er sich umgedreht hatte und bemerkte, dass ich wach war. „Ich hab frische Klamotten vergessen“, lächelte er noch verlegener und ich merkte, dass ich rot wurde, weil ich ihn so anstarrte. Adam ging zurück ins Bad und ich drehte mich auf den Bauch und zog mir meine Bettdecke über den Kopf. Warum konnte denn nicht endlich alles irgendwie gut werden? Ich wollte notfalls auch wieder der unglücklich verliebte, in Erinnerungen schwelgende, Adam vergötternde Pat sein, aber endlich nicht mehr diese Angst und diesen Zwiespalt spüren.

Plötzlich spürte ich durch die Decke eine Hand auf meinem Rücken liegen und zuckte zusammen. „Na, will Pat mal wie...“, begann Jason zu sprechen, brach aber abrupt ab und zog seine Hand weg, als ich zusammenzuckte. Erschrocken, weil ich mich so getäuscht hatte und diese Hand nicht Adam gehört hatte, drehte ich mich herum und schlug die Bettdecke zurück. „Oh, sorry, ich bin nur erschrocken, war ganz in Gedanken“, lächelte ich Jason etwas nervös an, weil dieser mich mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte. Ich senkte meinen Blick, während ich aus dem Bett kletterte und biss mir auf die Unterlippe. Jason musste es doch einfach seltsam finden, dass ich so reagierte, er meinte doch eh, ich benähme mich merkwürdig.

Adam verließ in diesem Moment das Bad und ich machte mich auf, von Jasons Blicken verfolgt, so schnell wie möglich frische Klamotten herauszusuchen und ins Bad zu kommen. Dort ließ ich meine Sachen erst einmal fallen und ließ mich auf den Boden sinken. Es war doch eigentlich kein Weltuntergang, dass ich etwas erschrocken war, weil er mir plötzlich die Hand auf den Rücken gelegt hatte. Solange man nicht wusste, dass ich eigentlich erschrocken war, weil ich dachte, es wäre Adam gewesen, war das doch überhaupt nicht auffällig. Ich beruhigte mich langsam wieder und begann mich fertig zu machen, in anderthalb Stunden begann die Pressekonferenz und wir wollten sicher vorher noch Frühstücken gehen.

Als ich wieder zurück ins Zimmer kam, warteten Jason und Adam bereits beide grinsend auf mich und ich war erst einmal erleichtert, dass Jason sich scheinbar nichts bei der ganzen Sache dachte und auch meine Lippen verzogen sich zu einem Grinsen. „Na endlich, dann können wir ja essen gehen“, meinte Adam und griff nach einer der beiden Keycards auf dem Tisch vor der Couch. Wir gingen nach draußen auf den Gang, wo auch die anderen Drei plus Bob und Don zu uns stießen und zu Acht machten wir uns auf den Weg nach unten ins hoteleigene Restaurant. Bob erklärte während des Frühstücks noch einmal, was während der Pressekonferenz angesprochen werden würde und erwähnte, ich solle mich auf ein, zwei blöde Fragen gefasst machen.

Was er damit meinte, erfuhr ich erst, als es soweit war. Irgendein Kerl von einem Radiosender fragte blöd grinsend, ob es zu erwarten sei, dass wir die Tour mal wieder für ein paar Tage unterbrechen würden. Allerdings ließ man mich gar nicht erst antworten, denn Ben ergriff das Worte und meinte, wenn dieser Kerl nicht aufhörte, mich solch einen Müll zu fragen, würde eine kleine Unterbrechung nötig sein, bis wir ihn, Ben, wieder aus der Untersuchungshaft geholt hätten. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen und Bob forderte sowohl die Presse, als auch uns zur Sachlichkeit auf. Die übernächste Frage zielte schon wieder auf das selbe Thema, ob es sich denn um irgendetwas ernstes bei meiner „Krankheit“ handelte.

Allerdings kam die Frage von einer jungen Reporterin und war nicht als Provokation gemeint, also erklärte ich ganz ruhig, dass es nur zu viel Stress gewesen war und ich kerngesund war. Ich grinste noch, um die Sache überzeugender zu machen und Bob kündigte die letzte Frage an. Adam antwortete auf die Frage noch kurz und danach verabschiedeten wir uns wieder. Das Interview mit dem Magazin ging recht schnell, das Fotos machen beanspruchte allerdings einige Zeit, da wir alle keine Lust mehr hatten, uns zu konzentrieren und die Reporter viel zu nett waren, um uns zu sagen, wir sollten uns zusammenreißen.

Ich fand es nur nicht so toll, dass die Assistentin des Fotographen, die zu entscheiden hatte, wie wir fotografiert werden sollten, wollte, dass Adam und ich ein paar Aufnahmen zusammen machen sollten. Letztendlich saßen wir dann nur nebeneinander auf einem der Sofas in der Lobby, mit den Füßen auf dem kleinen Glastisch vor uns. Die Truppe bedankte sich groß und breit bei uns und wir waren froh, endlich frei zu haben. Marc und Ben wollten unbedingt in die Stadt, sie waren völlig fasziniert von Europa und eben insbesondere von London. Also entschlossen wir uns alle Sechs, die Stadt unsicher zu machen.

Adam zog es natürlich wie immer in die Einkaufspassagen und wir ergaben uns freiwillig und folgten ihm. Er war so hinreißend, wenn ich vergessen konnte, was geschehen war. Ich war wütend auf ihn, ich hatte ihn schon wieder viel öfter bewundern können in den letzten Wochen, doch dann war diese Sache in dieser einen Nacht geschehen und meine Gedanken spielten wieder verrückt. Scheinbar reichte es nicht, dass er mir das überhaupt angetan hatte, nein, ich musste auch noch immer wieder daran erinnert werden. Leise seufzend ging ich neben Jason her und vergrub meine Hände in den Hosentaschen. Adam konnte doch nichts dafür, nur wenn er getrunken hatte, schien er sich plötzlich körperlich für mich zu interessieren.

Ein trauriges Lächeln huschte über meine Lippen, so lange hatte ich mir gewünscht, dass er sich für mich interessierte und ich wünschte es mir noch immer. Nur nicht körperlich und nicht, nur wenn er betrunken war. Ich schüttelte meinen Kopf etwas, ich musste meine Gedanken wieder aus meinem Kopf verbannen, sonst fing noch irgendjemand an, es seltsam zu finden, wenn ich viel nachdachte. „Jungs, da ist ein Irish Pub!“, rief Marc dann irgendwann und wir blieben vor dem besagten Pub stehen, sahen ihn fragend an, was er uns damit sagen wollte. „Na, ich dachte, wir wären in England und nicht in Irland“, grinste er und lachte über seinen Witz. „Sehr lustig. Allerdings könnten wir dem Pub mal einen Besuch abstatten“, meinte Adam daraufhin.

Ich schluckte und hoffte stark, dass die anderen darauf nicht eingehen würden. „Es ist grade mal sechs Uhr, Adam, und wenn, dann sollten wir vorher erst einmal was Essen gehen“, lachte Jason nur und Adam verschränkte beleidigt seine Arme vor der Brust. Er sah so unglaublich niedlich aus und ich begann instinktiv zu lächeln. „Okay, gehen wir Fast Food Fressen und dann suchen wir uns irgendeinen Pub oder Club“, meinte Adam und der Rest der Band stimmte zu. Ich auch, allerdings nur zum ersten Teil seines Vorschlags. Ich wollte eigentlich alles andere als in irgendeinen Club gehen. Mit diesen Jungs war so etwas immer mit Alkohol verbunden und ich hatte mittlerweile panische Angst vor Betrunkenen oder Angetrunkenen.

Anstelle von „Fast Food Fressen“ suchten wir uns irgendein kleines Seitenstraßenrestaurant und bestellten so viel Pizza, dass wir letzten Endes nicht einmal mehr genug Platz auf dem Tisch hatten, was die Kellner mit der Zeit in den Wahnsinn trieb. Wir allerdings kümmerten uns eher weniger darum und diese zwei Stunden, die wir dort drin verbrachten, waren so unbekümmert, dass ich glaubte zu träumen. Adam klaute sich die ganze Zeit irgendwelche Stückchen von meiner Pizza und steckte sie sich mit einem breiten Grinsen in den Mund. Ich kam mir vor wie auf der Highschool, das tat er nämlich schon damals immer, wenn wir nach dem Football mit der Mannschaft Pizza Essen waren.

Blöderweise beharrten die Jungs darauf, noch nicht zurück ins Hotel zu gehen und ich spielte mit dem Gedanken, allein zum Hotel zu gehen. Allerdings lief mir allein bei dem Gedanken ein Schauer über den Rücken. Adam und ich schliefen in einem Zimmer, ich würde vor Angst keine ruhige Minute haben und wenn er dann auch noch wirklich etwas getrunken haben würde... Also schloss ich mich ihnen doch an und wir machten uns auf den Weg zu dem Irish Pub, der dann jedoch nicht geöffnet hatte, weshalb auch immer. Nach einem kurzen Hoffen meinerseits, dass sie es aufgeben würden, entschieden sie sich dann dafür etwas anderes zu suchen und nach zwanzig Minuten hatten wir einen Underground Club gefunden.

Es war dunkel, es gab Bar und Tanzfläche und einigermaßen ruhige Sitzecken, genau das Richtige für uns und mein Unmut verschwand etwas. Vielleicht würde er ja gar nichts trinken wollen. Die erste Runde bestand aus Bier und ich redete mir in Gedanken gut zu, dass jawohl kein erwachsener Mann, der gerade gegessen hatte, nach einem Bier auch nur annähernd betrunken sein würde. „Auf unsere Tour und ein paar unvergessliche Wochen in Europa!“, rief Brain und wir erholen alle unsere Flaschen. Mit einem breiten Grinsen in all unseren Gesichtern machten wir uns nachdem wir die zweite Runde eröffnet hatten, auf den Weg zur Tanzfläche.

Es gelang mir, meine Gedanken auszustellen und ich tanzte einfach. Ignorierte es, dass ich Adams Gesicht im Blitzlicht immer wieder auftauchen sah und ignorierte auch alles andere. Ich wollte meine Ruhe vor all dem und endlich mal wieder etwas frei sein – Spaß haben. Nach einiger Zeit spürte ich plötzlich jemanden hinter mir und warf einen Blick hinter mich. Ich erkannte Ben, der von hinten beide Hände an meine Hüften legte und sich etwas gegen meinen Rücken drängte. Ich war zwar irritiert, aber ich musste zugeben, dass das Gefühl so mit jemandem zu tanzen eindeutig ziemlich geil war, egal wer es war.

Später versammelten wir uns nacheinander langsam wieder an unserem Tisch und grinsten uns etwas entkräftet an. „Ich hatte ganz vergessen, dass Paty schwul ist“, meinte Jason dann plötzlich und hob seine Bierflasche an seine Lippen. Ich riss meine Augen auf und starrte ihn an. Okay, sie hatten das noch nie als etwas Anderes angesehen als wenn ich auf Frauen scharf gewesen wäre, aber es ganz zu vergessen? „Aber da hab ich dir mit meiner Tanzeinlage ja wieder auf die Sprünge geholfen, was?“, grinste Ben und schlug mit seiner Hand leicht auf Jasons Schulter. „Dass du allerdings scharf auf Kerle bist, ist mir eindeutig neu, soll ich lieber das Zimmer wechseln?“, grinste Jason zurück und Ben begann zu lachen.

„Ich bin nicht scharf auf Kerle, nur scharf darauf, mit Paty zu tanzen“, rief er dann lächelnd und zwinkerte mir kurz zu. Es war seltsam. Sehr seltsam. Ich hatte solche Situationen bisher eher selten erlebt, vor allem, da Ben das ernst zu meinen schien, jedenfalls das mit dem Tanzen. „Nun lasst ihn doch mal in Ruhe, wir wissen alle, dass Paty geil tanzen kann“, fiel dann auch noch Adam in das Gespräch ein und ich hätte mich fast an meinem Bier verschluckt. Adam hatte gesagt, dass ich geil tanzen könne? Mir wurde ganz schwindlig, so ein Kompliment hatte ich von ihm noch nie gehört. Außerdem hieß das, dass er mich beobachtet hatte.

„Ich geh mal was ordentliches zu trinken holen“, rief Brain dann nach kurzem Schweigen und ich war nahe daran, ihn aufzuhalten. Es war so schön gewesen bisher, das durfte alles nicht kaputt gehen, weil die Jungs unbedingt trinken wollten! Allerdings fehlte mir der Mut, ihn zurück zu halten und so kam er nach einigen Minuten mit Jägermeister zurück. Mir wurde schon beim Gedanken an die Wirkung von diesem Zeug schlecht, trotzdem hoffte ich noch darauf, dass sich Adam aus irgendeinem Grund zurückhalten würde. Bei den anderen Jungs war es mir mehr oder weniger egal, ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass irgendeiner von ihnen, so etwas tun würde. Außerdem würde ich mich sicher besser wehren können, wenn nicht gerade meine größte Liebe mir so etwas antat.

Ich trank nicht mehr mit, zwei Flaschen Bier hatten mir gereicht, ich hatte ewig keinen Alkohol mehr angerührt. Der Rest meiner Band allerdings kippte das Zeug wie Wasser und mir wurde immer schlechter, je debiler das Grinsen in ihren Gesichtern wurde. Trotzdem versuchte ich, das erst einmal wieder nicht mehr zu beachten, schließlich wollte ich genauso meinen Spaß haben. „Tanzen?“, brüllte Ben nach einiger Zeit über unseren Tisch und wir erhoben uns alle grinsend und mit gewisser Lautstärke. Schon auf dem Weg zur Tanzfläche spürte ich zwei Hände an meinen Hüften und warf nur einen kurzen Blick zur Kontrolle nach hinten, denn natürlich war ich etwas erschrocken und hatte zuerst mit Adam gerechnet.

Die Musik ging mittlerweile mehr in Richtung R&B und ich spürte, wie sich Ben etwas mehr an mich drückte, schließlich war auch sein Alkoholspiegel nicht mehr bei Null. Ich fühlte seine Brust an meinem Rücken und fühlte sogar durch unsere Shirts seine Muskeln. Nicht zu bestreiten, das war sehr angenehm. Ich hatte keine Angst vor ihm, Ben war viel zu harmlos, vor allem, wenn er betrunken war. Die Erfahrung, dass er unbedingt mit Brain kuscheln wollte, als wir uns einmal zuhause in einem Club betrunken hatten, sagte mir, dass ich nichts zu befürchten hatte. Und so tanzten wir noch einige Lieder und bekamen hin und wieder ein, zwei grinsende Gesichter von den Anderen aus unserer Band zu sehen.

Die Musik wurde noch etwas schneller und ich sah, dass wir mittlerweile nicht mehr die Einzigen waren, die „Dirty Dancing“ vom Feinsten zeigten. Plötzlich änderte sich der Druck an meinem Rücken, doch ich beachtete es nicht weiter. Die beiden Hände an meinem Körper zogen meine Hüfte etwas mehr nach hinten, sodass ich Bens Körper noch stärker an meinem spürte und plötzlich merkte ich, wie diese Hände etwas tiefer und näher zueinander rutschten. Erschrocken von dieser Berührung drehte ich mich hastig um und glaubte nicht, was oder besser, wen ich da sah. Das war nicht Ben, dessen Hände gerade meinen Körper berührt hatten. Das war Adam.

Ich wusste nicht, was ich tun sollte und stand einfach nur bewegungslos vor ihm. Mein Kopf war leer und ich starrte ihn einfach nur an. Dann plötzlich lief mir ein Schauer über den Rücken und eine regelrechte Flut von Gedanken brach über mich herein. Adam musste mittlerweile betrunken sein, Adam hatte mich angefasst, Adam sah mich mit dem selben, gierigen Blick an wie damals. Völlig überfordert verschwand ich, ohne dass er es merkte, durch die Menge und stolperte zu unserem Tisch. Ich merkte, dass mein Atem unnatürlich schnell ging und ich leicht zitterte. Die Jägermeister Flasche war leer. Ich wusste nicht, was ich tun sollte, es fühlte sich alles so irreal an, als wäre das gerade gar nicht passiert.

Adam sah allerdings alles andere als irreal aus, als er aus Richtung Tanzfläche langsam auf den Tisch zusteuerte. Die blinde Panik brach über mich herein und ich stürzte ohne nachzudenken in Richtung Toiletten. Verwirrt blickte ich mich vor der Tür um, sah Adam zwar nicht, drückte die Tür aber trotzdem auf und schloss mich in einer der Kabinen ein. Ich war ratlos und konnte kaum realisieren, was eigentlich los war. Wie in einem Film sah ich mich selbst auf der Tanzfläche, sah Adams Körper direkt an meinen gepresst, sah seine Hände an meinen Hüften liegen. Mir wurde schlecht und die richtig Angst überkam mich erst in diesem Moment. Wie sollte ich aus dieser Situation herauskommen, ohne, dass jemand alles erfuhr?

Allerdings würde Adam doch bestimmt nicht versuchen, mich in irgendeiner Weise anzufassen, wenn die Jungs dabei sein würden? Also musste ich es einfach nur schaffen, zu den Jungs zu kommen, die mittlerweile bestimmt wieder an unserem Tisch saßen. Zögernd schloss ich die Kabine wieder auf und trat langsam vor den großen Spiegel über den Waschbecken. Ich war ganz blass, kein Wunder, solche Angst wie ich gerade hatte, meine Knie waren schon ganz weich. Noch immer langsam ging ich auf die Tür zu und trat in den Vorraum. Noch bevor ich in dem relativ dunklen Bereich irgendetwas genauer erkennen konnte, spürte ich, dass mich jemand an den Schultern festhielt und gegen die Wand neben der Toilettentür presste. Adams Gesicht war dicht vor meinem und da war es wieder, dieses gierige Grinsen.

Ich spürte, wie er seinen Körper gegen meinen lehnte und seine Hüften gegen meine presste. Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von meinem entfernt und ich fühlte seinen warmen Atem gegen mein Gesicht schlagen. Ich zitterte vor Angst und brachte nur kaum hörbar seinen Namen heraus. Ich wollte mich aus seinem Griff entziehen, doch er krallte seine Finger nur noch stärker in meine Schultern und beugte seinen Kopf etwas zu meinem Ohr hin. „Paty...“, hauchte er leise und mir lief eine Gänsehaut über den gesamten Körper, ich war starr vor Angst. Es war alles wie damals, seine Stimme, sein Geruch, seine Berührungen.

Wieder war sein Gesicht nur wenig von meinem entfernt und er beugte sich noch näher. Der Druck auf meine Schultern verstärkte sich, mittlerweile drückte er mich schon schmerzhaft fest gegen die Wand. Ich glaubte, er würde mich küssen wollen, doch anstelle seiner Lippen, spürte ich seine Zunge über meine Lippen fahren und ich drückte mich freiwillig noch fester gegen die Wand, doch ich konnte nicht vor ihm zurückweichen. „Du schmeckst gut, Paty“, flüsterte er und lehnte sich vorher wieder etwas zu meinem Ohr. Noch während ich über seinen Worten erzitterte, spürte ich plötzlich erst seine Lippen auf meinem Hals liegen und dann seine Zunge langsam über meine Haut fahren. Ich schluckte schwer.

Tränen bildeten sich in meinen Augen und ich merkte, dass ich sie kaum mehr zurückhalten konnte, als er eine Hand von meiner Schulter löste und sie nach unten wandern ließ, mit ihr über meine Brust strich. Ich schaffte es, mich aus meiner Starre zu lösen und trat zur Seite, da er mich nicht mehr so stark festhielt. Adam knallte dadurch gegen die Wand und noch bevor ich verschwinden konnte, hatte er mein Handgelenk gepackt und mich mit voller Kraft zurück gegen die Wand geschleudert. Mit vor Wut funkelnden Augen trat er wieder vor mich und winkelte in ungeahnter Geschwindigkeit sein Knie an, sodass er mich damit mit voller Wucht in die Weichteile traf. Ich krümmte mich vor Schmerz zusammen und hörte plötzlich eine mir sehr bekannte Stimme Adams Namen rufen.

Ich richtete mich etwas auf, um mich zu überzeugen, dass ich mich nicht irrte. Ich irrte mich nicht, da stand Jason und Adam war einige Schritte von mir abgerückt. „Wir haben dich schon gesucht, Adam!“, rief Jason, der mich scheinbar noch gar nicht richtig gesehen hatte. „Yo, ich geh mal zu den Anderen“, meinte Adam und war Gott sei Dank auch schon verschwunden. Ich atmete auf, erzitterte jedoch noch im selben Moment und merkte, dass meine Beine fast nachgaben. Adam hatte es schon wieder getan und wäre Jason nicht gekommen, hätte er mich höchstwahrscheinlich in eine dieser Toilettenkabinen gezogen und mich ein zweites Mal vergewaltigt. Bei diesem Gedanken gaben meine Beine nun endgültig nach und ich sackte auf den Boden. „Pat?“, hörte ich dann plötzlich Jason erschrocken rufen.

„Oh Fuck, Pat!“, wiederholte er und kniete sich vor mich. Ich schluchzte leise und strich mir die Tränen aus dem Gesicht, allerdings konnte ich es kaum verhindern, dass ich weiterhin heulte. Verdammt, Adam wollte mir das schon wieder antun! Ich zuckte zusammen, als Jason mir eine Hand auf die Schulter legte und schluchzte noch einmal leise, als er mit einer Hand meinen Kopf hoch zog, damit ich ihn ansehen musste. Jason schien nicht sehr betrunken, allerdings hatte Adam jawohl auch bestimmt die zweite Hälfte der Jägermeister Flasche alleine getrunken. Adam... Warum zur Hölle hatte er das noch einmal versuchen müssen? Reichte es denn nicht, dass ich das einmal durchmachen musste?

„Paty! Pat, was ist los, verdammt?“, redete Jason auf mich ein und schüttelte mich leicht an den Schultern. Ich schluchzte allerdings nur wieder und blinzelte ein paar Mal. Jason hatte nicht mitbekommen, was hier gelaufen war. Jason hatte es nicht mitbekommen? Ich konnte doch nicht jetzt plötzlich alles erzählen! In mir leuchtete der Gedanke auf, dass ich mich zusammenreißen musste. „Es... ist in Ordnung“, stotterte ich leise und wich Jasons durchbohrenden Blicken aus. „A-A-Adam hat mir aus-ausversehen die Tür gegen den Kopf ge-geschlagen und d-das tat to-total weh“, stotterte ich weiter und merkte, was ich für einen Blödsinn redete. Jason antwortete nicht, sondern zog mich vorsichtig hoch. „Wir gehen jetzt, Pat“, meinte er leise und legte mir einen Arm um die Schultern. Die anderen Jungs saßen am Tisch, auch Adam. Ich schluchzte wieder, als ich ihn sah, Jason merkte das natürlich.

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