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Shadowy - Episode 0

Teil 4

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Hallo, hier ist nun der Vierte von sechs Teilen von 'Shadowy Episode 0'. Wie immer gilt, über ein paar Kommentare würde ich mich freuen. Denn manchmal ist eine Reaktion, egal ob positiv oder negativ besser als überhaupt keine.

Mail an: mike@shadowy.de

20 - Radio Ga Ga

'Labor 23',Mo 10.09 bis So 16.09.2035

6. Woche 'Brunnerschulung'

Mehr als eine Woche waren jetzt seit den 'Enthüllungen' über Julians Herkunft vergangen. Unser Zusammenhalt war dadurch aber nur noch größer geworden. Wir wollten hier raus, nun aber auch, um mit den Leuten 'abzurechnen', die glaubten, so mit dem Leben anderer umgehen zu können. Diese Leute durften einfach nicht damit durchkommen.

Am Montag kam Tom dann von der 'Behandlung' zurück und klagte über starke Kopfschmerzen. Auch sonst ging es ihm offensichtlich nicht gut. Julian konnte aber keine gesundheitlichen Veränderungen bei ihm feststellen. Nur seine Signatur, also sein ganz persönlicher psionischer Fingerabdruck, hatte sich verändert. Dies war, wie wir ja inzwischen wussten, ein deutliches Anzeichen dafür, dass sich bei ihm eine neue Fähigkeit manifestierte.

Tom konnte uns einfach nicht so recht beschreiben, was los war, er hörte scheinbar Geräusche auf telepathischer Basis, die wir nicht hörten. Er konnte sich aber auch nicht gegen diese Geräusche abschirmen, gegen uns jedoch schon. Als ich mich bei ihm 'einklinkte', erinnerte mich das, was ich da hörte, sofort an Vaters alten Kurzwellensender im Scanmodus.

Das 'Einklinken' war auch so etwas, was wir erst vor einigen Wochen entdeckt hatten, wir konnten uns bei einem anderen telepathisch in das Bewusstsein 'einklinken' und sahen dann, was er sah, und hörten, was er hörte, aber natürlich nur, wenn der das wollte.

Tom gelang es mit unserer Hilfe, die PSI-Energiezufuhr zu dem für diese Wahrnehmung zuständigen Bereich in seinem Gehirn, zu unterbrechen. Es war im Prinzip dasselbe Vorgehen wie bei Lukas, als er anfangs nicht mehr aus der 'Phase' kam. Für jede unserer Fähigkeiten war scheinbar ein Bereich im Gehirn zuständig, der durch 'die Maschine' oder deren 'modulierte Energie' aktiviert wurde.

Wir konnten die PSI-Energie, die in unserem Gehirn strömte, kontrollieren; wenn wir also die Zufuhr zu einem Bereich abstellten, dann ruhte eben diese Fähigkeit. Bei der Telekinese und meiner Destruktion sammelte ich bewusst PSI-Energie und leitete sie über den entsprechenden Gehirnsektor gegen das Ziel. Dabei übernahm dann dieser Sektor scheinbar eine Filterfunktion. Er modulierte die PSI-Energie so um, dass sie die gewünschte Wirkung hatte. Dies war bisher unser PSI-Model, mit dem wir bis jetzt eigentlich alle aufgetretenen Phänomene erklären konnten.

Doch jetzt war bei Tom wieder etwas Neues aufgetreten, das wir mit diesem Model nicht so recht erklären konnten. Denn nach einigen Versuchen stellten sich diese Geräusche tatsächlich als Funksendungen heraus! Doch wie passte der Empfang von elektromagnetischen Wellen der Standard-Physik mit unserem PSI-System zusammen? Die Paraphysik hatte eigentlich nur wenig mit der 4-Dimensionalen Standard-Physik zu tun. Natürlich gab es Berührungspunkte. Wenn ich mit Telekinese einen Gegenstand bewegte, war das sowohl ein physikalisches, als auch ein paraphysikalisches Ereignis. Doch bisher waren nur immer Festkörper davon betroffen. Selbst wenn Lukas in 'Phase' ging, dann war eben er selbst der Festkörper. Und bei der Telepathie war es reine Paraphysik.

Doch sowenig wir wussten 'wie', so sicher waren wir doch, 'dass' Tom Funkwellen empfangen konnte. Anfangs schien uns das nicht so sonderlich spektakulär, interessant war es zwar schon, doch ob es uns bei unserer Flucht helfen konnte?

Nachdem er die Radio-Kraft abstellen konnte, hörten auch bald darauf seine Kopfschmerzen auf. Aber so ganz glücklich war Tom damit auch nicht. Wir übten noch weiter und warteten auf Lukas, der schließlich gegen 14 Uhr aus seiner 'Behandlung' kam. Bei ihm hatte sich nichts verändert, außer das seine Telekinese jetzt immer besser wurde. Inzwischen 'spielten' wir mit 24 cm Stahlkugeln, die immerhin schon ein Gewicht von 50 kg hatten.

Auch der Dienstag verlief dann für mich und Julian ohne besondere Vorkommnisse, wir hatten beide die 'Behandlung' ohne Probleme überstanden. Nach meiner 'Behandlung' sprach ich Dr. Brunner noch auf Tom an und schilderte ihm, was wir bis jetzt herausgefunden hatten. Er zeigte sich erfreut, dass wir ihn von uns aus ansprachen und schlug vor, dass Tom und ich am Mittwoch in das Physiklabor kommen sollten.

Tom war da weniger erfreut, als ich es ihm sagte. Er konnte nicht verstehen, dass ich Dr. Brunner so viel Vertrauen entgegen brachte. Ich verließ mich bei Dr. Brunner aber einfach auf mein Gefühl. Wenn das alles, was er bis jetzt getan hatte, nur ein Trick gewesen wäre, um uns zur Mitarbeit zu bewegen, dann ging er ein verdammt großes Risiko ein, nicht zuletzt auch ein persönliches.

Telekinetisch war jeder von uns in der Lage ihm auf einen Schlag alle Knochen zu brechen, ohne dass er auch nur zu einer Gegenreaktion fähig gewesen wäre. Trotzdem traf er uns immer wieder persönlich und teilweise sogar alleine. Und was ich mit meiner Destruktion aus dem Hauptlabor machen konnte, darüber mochte ich erst gar nicht nachdenken.

Deshalb war ich überzeugt, dass wir nur ein geringes Risiko eingingen, wenn wir ihm auch weiterhin, in den Grenzen unseres 'Paktes', vertrauten. Informationen wie die, dass Oberst Stefan Schmidt in Wirklichkeit mein Onkel war, und den kurzen Kontakt zu Frank, behielten wir jedoch für uns. Nachdem ich die Anderen an meinen Überlegungen teilhaben ließ, beruhigte sich Tom wieder etwas, aber so richtig traute er der Sache immer noch nicht.

Am Mittwochmorgen gingen Tom und ich in das Labor, wieder führte uns eine S2-Einheit, und diesmal war Dr. Brunner wirklich alleine. Der noch zusätzlich anwesende Messroboter zählte ja nicht wirklich.

Die Tests, die Dr. Brunner vorbereitet hatte, waren eigentlich ganz interessant, und schon bald hatte sich herausgestellt, dass Tom über einen breiten elektromagnetischen Frequenzbereich empfangen konnte. Sein Gehirn, oder was auch immer für den Empfang zuständig war, nahm aber nicht diese Wellen wahr, sondern es dekodierte auch die übertragenen Informationen.

Dies war eigentlich noch viel verblüffender, als die Tatsache des Empfangs selbst. Andererseits passierte so etwas Ähnliches bei der Telepathie ja auch, es war egal in welcher Sprache gedacht wurde. Doch so weit ging das Dekodieren bei Tom dann doch nicht. Bei einem russischen Sender verstand Tom nur russisch, oder verstand es eben nicht.

Das alles funktionierte aber nur bei Sprach und Bildnachrichten, ja auch übertragene Bilder konnte er nach einigen Versuchen empfangen. Mit Datenübertragungen von Computern konnte er nichts anfangen. Da das Ganze für ihn relativ äquivalent zur Telepathie war, ging Dr. Brunner danach zu Versuchen über, bei denen Tom senden sollte. Nach einigen Anläufen und mit viel Anstrengung gelang es Tom tatsächlich, seine Stimme aus dem Empfänger erklingen zu lassen.

Dr. Brunner hatte zu diesem Zeitpunkt Tom schon über fünf Stunden in Bearbeitung, und ihm kamen immer neue Ideen, was Tom unbedingt noch probieren sollte. Aus Toms anfänglicher Zurückhaltung, die zwischenzeitlich mal in Begeisterung übergewechselt war, war inzwischen leichter Frust geworden. Tom wurde unkonzentriert, reagierte genervt und wollte endlich seine Ruhe haben. Doch Dr. Brunner schien das alles nicht zu bemerken. Der war einfach hellauf begeistert und jetzt wirklich nur noch 100% Wissenschaftler. Wenn eine Horde 'Mark 13' das Labor gestürmt hätte, dann wäre von ihm sicherlich auch nur ein Spruch in der Art 'Stört meine Kreise nicht' gekommen.

Als Dr. Brunner noch einen Versuch forderte, in dem er nun den Frequenzbereich anmessen wollte, verlor Tom die Geduld und 'sendete' einen geballte Ladung, die das gesamte Meßsystem in einen Haufen Schrott verwandelte. Doch Dr. Brunner zog nur etwas erstaunt die Augenbrauen hoch, und sagte mit frostiger Stimme: »Das hättest du aber jetzt nicht tun sollen!« Total irritiert über Dr. Brunner sah ich ihn einigermaßen entsetzt an und ging wohl unbewußt in eine Abwehrhaltung über, um Tom beizustehen. Auch Tom war kurz zurückgeschreckt und stand nun angespannt und abwehrbereit da.

Plötzlich lachte Dr. Brunner schallend los: »Ihr seit wirklich einmalig, ein Satz und ihr seit kampfbereit!« Etwas misstrauisch sah ich ihn an, überdachte die Situation und musste dann auch grinsen, während ich mich wieder entspannte.

Dr. Brunners Blick schweifte von Tom, der noch immer leicht angespannt war, zu mir: »Über natürliche Mutanten sagt man 'Niemand sei so leicht zu beleidigen, wie ein Mutant' ich denke, in dieser Hinsicht entwickelt ihr euch prächtig!« Das war jetzt wohl Ironie pur.

Etwas zerknirscht, und auch mehr als nur ein wenig ärgerlich, fixierte ich ihn: »Es heißt aber auch 'Wer mit dem Rücken zur Wand steht, schlägt gern um sich!' und wir stehen mit dem Rücken zur Wand – oder wie sehen Sie das?«

Er lachte wieder, diesmal aber nicht mehr so fröhlich, und wurde auch sogleich wieder ernst. »OK – Da hast du Recht! Aber aus der Sicht deines ungeduldigen Freundes war es wirklich ein Fehler. Jetzt müssen wir wirklich noch ein paar Sachen checken.«

»Keinen einzigen Test mehr!« Toms Stimme klang nicht nur eisig, ich glaubte sogar die Kälte körperlich zu fühlen.

Dr. Brunner sah mich Hilfe suchend an: »Aber es ist wirklich wichtig für euch! Wenn das, was Tom da gerade gemacht hat, das ist, wofür ich es halte, dann kann er jeden Roboter ausschalten, der ihm über den Weg läuft. Und das solltet ihr jetzt wissen und nicht erst in ein paar Tagen!«

Ich sah Dr. Brunner zweifelnd an: »Sie meinen eine Art von EMP?«

»Ich vermute mal, dass es so etwas in der Art war. Wenn ich auch keine Ahnung habe, wie das gehen soll. Das müsst ihr herausbekommen.« Dr. Brunners Blick pendelte zwischen mir und Tom, der sich inzwischen wieder etwas beruhigt hatte.

»Ich habe aber einfach keine Lust mehr, ich kann mich kaum noch konzentrieren.«

»He Tom, da hat Dr. Brunner aber Recht, das ist wirklich verdammt wichtig – wenn du wirklich eine Art von gerichtetem EMP abstrahlen kannst, dann können schon zwei von uns die Robotern vernichten!« Tom wurde nachdenklich, ihm war natürlich klar, was es bedeuten konnte, aber andererseits spürte ich auch seine Müdigkeit.

Schließlich konnte ich ihn dazu überreden, erst einmal mit mir ein paar Entspannungs- und Atemübungen zu machen. Dr. Brunner wollte für einen letzten Versuch den Messroboter 'opfern'. Ich stellte mich hinter Tom, der sich fest an mich lehnte und legte ihm meine Hände auf die Schultern. Ich spürte, wie er immer ruhiger wurde.

»He, das fühlt sich an wie das Reiki von Julian!«, sagte Tom plötzlich und riss mich aus meinen Gedanken. Doch Dr. Brunner tat so, als habe er nichts gehört, also wusste er auch von Julians Heilkräften. Tom erfasste in dem Moment, als er es sagte, dass er es nicht hätte sagen sollen, doch jetzt war es egal. Hatte ich jetzt Reiki-Kräfte? Das hätte Julian doch sicher bemerkt.

Ohne weiter darauf einzugehen, begann ich mit Tom den letzten Versuch vorzubereiten. Telepathisch hatte ich ihn schon die ganze Zeit überwacht und so wusste ich, was er machte und dass er jetzt wirklich sehr ausgelaugt war.

»Schließe deine Augen, beginne jetzt mit der Atemübung!« Tom entspannte sich sichtlich.

»Konzentriere dich jetzt auf den inneren Energiefluss, sammle die Energie.«, sogar ich spürte, wie die Energie sich staute.

»Öffne die Augen und fixiere das Ziel, wenn du soweit bist – lasse die Energie frei.«

Ein scheußliches Quietschen und Kreischen erklang von dem Robot, der, sich um seine Achse drehend, herumtobte. Er schoss förmlich, alle seine Werkzeuge bewegend, auf uns zu.

Dr. Brunner sprang zur Seite und brachte sich in Sicherheit. Mit einem kurzen Impuls, ich hatte nicht einmal bemerkt, dass ich mich konzentrierte, zerfiel der Robot in einer Staubwolke. Kalter Schweiß stand mir auf der Stirn und ich war jetzt auch sehr ausgelaugt.

Diese Blitzaktion hatte mich sehr viel Kraft gekostet. Und ich ärgerte mich darüber, dass ich nicht mit so etwas gerechnet hatte, schließlich war Tom wirklich am Ende seiner – ja seiner was? Körperlich war er noch fit, mental eigentlich auch, nur seine PSI-Kräfte waren aufgebraucht.

Doch Dr. Brunner, der freute sich und war hoch zufrieden. »Verdammt schnelle Reaktion Mike, aber das hat dich auch sichtlich angestrengt. Du musst noch besser werden.«

Kannte der Kerl denn überhaupt keine Rücksicht?

»Bei Tom war es ein Teilerfolg, ich denke aber, du hast den Zentralprozessor erwischt! Bei einem 'Mark 13' wären wir aber jetzt Geschichte.« Der Mann hatte eine unglaubliche Gabe, uns zu motivieren. Tom hat doch erst vor ein paar Minuten entdeckt, dass er so was überhaupt kann!

Dr. Brunner lächelte uns jetzt an, »Ich weiß, ihr findet das ungerecht, aber ihr habt nur noch höchstens 47 Tage Zeit. Bis dahin müsst ihr es perfekt beherrschen!« Im Prinzip hatte er zwar Recht, aber wir wollten es jetzt einfach nicht hören. Da er das wohl auch einsah, gab er Tom noch eine EMP-Messeinrichtung mit, und wir gingen wieder auf unsere Ebene. Nicht nur Tom, der die ganze Zeit über nichts mehr gesagt hatte, sondern auch ich brauchte jetzt erstmal etwas Ruhe.

Den Rest des Tages verbrachten wir, und damit meine ich wir alle, im Fitnesscenter. Wo wir uns erstmal ein wenig erholten und abreagierten. Abends in unserem Zimmer sprach ich noch einmal mit Tom und Julian über das Reiki. Julian der anfangs, wie ich auch, etwas skeptisch war, testete mich noch einmal und meinte nun, dass es stimmen könnte.

Ich hätte da eine 'gewisse' Ausstrahlung. Danach bemerkte er noch als er meinen Körper genauer untersuchte, dass dieser sich verändern würde. Langsamer als bei ihm damals, als er das Reiki von Ralf bekam, aber jetzt wo er es suchte, da konnte er es spüren.

War das jetzt eine Folge der 'Behandlung' oder hatte Julian mir das Reiki unbeabsichtigt und unbemerkt 'verliehen'? Jetzt wusste ich jedenfalls, dass ich auch noch das Reiki trainieren musste. Langsam wurde es mir wirklich zuviel.

21 - After the Fire the fire still burns

'Labor 23',Freitag 14.09.2035

Bis Freitag verlief dann wieder alles normal, wenn man in unserer Situation überhaupt noch von 'normal' sprechen konnte. Julian führte mich telepathisch in das Reiki ein und Lukas und Tom stellten sich für meine Reiki-Experimente zur Verfügung. Hier die Nase korrigieren, da einen Leberfleck entfernen, langsam kam ich mir wie ein Schönheitschirurg vor. Aber was tut man nicht alles für seine Freunde.

Julian kam von seiner 'Behandlung' zurück, als ich gehen musste, ein kurzer Gegencheck ergab, dass sich seine Signatur geändert hatte! Da war also wieder etwas im Busch. »He sei Vorsichtig – nicht das uns die Hütte noch vorzeitig um die Ohren fliegt.«, sagte ich noch im Scherz...

Als ich nach ca. drei Stunden zurückkam, erwartete mich Julian wie üblich am Aufzug. Ein kurzer Check bestätigte auch mein Gefühl, dass sich bei mir nichts Wesentliches verändert hatte. Kaum beendet, grinste mich Julian verschmitzt an: »Also die Hütte ist uns nicht um die Ohren geflogen, aber...«

Doch anstatt weiter zu erzählen, zog er mich den Gang entlang in den PSI-Raum. Auf dem Tisch stand ein Behälter mit Wasser, den ich mir ansehen sollte. Na und? Eine Glasschüssel aus der Küche mit ca. vier Liter Wasser. »Pass jetzt mal auf!«, Julian war neben mich getreten und konzentrierte sich einen Augenblick. Innerhalb weniger Sekunden kochte das Wasser.

»Besser als jeder Expresskocher, ein Job in der Küche ist dir sicher!«, scherzte ich ein wenig verunsichert.

»Das war jetzt nicht besonders anstrengend! Angefangen hat es mit den Tischtennisbällen, ich habe versucht, sie so wie du, zu desintegrieren, doch anstatt in Staub zu zerfallen, verwandelten sie sich in diese hässlichen, stinkenden Kunststofffladen.«, dabei zeigte er auf einige Flecken am Boden, die ich bis jetzt noch nicht bemerkt hatte und grinste schon wieder.

»Ich kann auch einfach die Luft innerhalb eines kleinen Bereiches aufheizen, bis jetzt auf über 450°C.« Dabei zeigte er auf einige seltsame Metall-Skulpturen, die bei näherem Hinsehen aus Blei oder Zinn bestanden.

Tom fügte erklärend hinzu: »Das waren Bleikugeln, ich habe sie nur telekinetisch gehalten, während Julian die Luft in dem Bereich aufheizte. Danach habe ich das flüssige Blei, zur Abkühlung, in das Wasser fließen lassen. Dabei sind dann diese Figuren entstanden.«

»Wir haben noch nicht einmal Silvester.«, murmelte ich. Denn zu Silvester hatten wir zuhause immer Bleigießen gemacht, und dann die Figuren analysiert.

Während ich mir die 'Skulpturen' genauer ansah, wollte ich von Julian erfahren: »Und wie geht das, hast du eine Ahnung wie du den Thermo-Effekt erzeugst?«

»Wir vermuten, dass es eine Art hochfrequentes telekinetisches Feld ist, das ich erzeuge. Ähnlich der Mikrowelle, die Wasser zum Schwingen bringt und somit aufheizt, bringt scheinbar meine telekinetische Kraft die Moleküle oder Atome in dem Zielgebiet zum Schwingen. Die Hitze ist das Produkt dieser Schwingung.«, erklärte Julian fast schon wissenschaftlich.

»Es scheint sich dabei immer um ein kugelförmiges Feld zu handeln, es ist also kein direkter Strahl, der von mir ausgeht, sondern im Zielgebiet entsteht ein Feld und alles was sich darin befindet, wird erhitzt. Tom und Lukas konnten, während ich so einen 'Hotspot' erzeugt und stabil gehalten habe, beliebige Gegenstände einbringen. Sie konnten diese durch das Feld durchfliegen lassen, ohne dass sie einen größeren Widerstand bemerkten. Die Zone war einfach heiße Luft.«, ergänzte Julian seine Erklärungen.

»Heizt du jetzt die Luft an, oder einfach alles, was sich innerhalb dieses 'Kugelfelds' befindet?«, wollte ich es nun genauer wissen.

»Ich projiziere scheinbar ein Kugelfeld, und egal was sich darin befindet, wird aufgeheizt. Nur bei Luft geht es am einfachsten. Wenn ich eine Bleikugel direkt aufheize, dann kostet mich das etwas mehr Kraft.«

Lukas, der von hinten an mich herangetreten war, umfasste mich an der Hüfte und stütze sein Kinn auf meiner Schuler ab: »Wäre doch mal interessant, wenn du so eine Skulptur desintegrierst. Julian müsste sie ja dann wieder einschmelzen können. Sollte doch möglich sein. – Oder?«, schnurrte er schon regelrecht. Leicht irritiert schaute ich ihm in die grünen Augen, nein er hatte noch keine geschlitzten Pupillen.

Tom, der das bemerkt hatte, lachte nur und meinte: »He das ist mein Kater, such dir was anderes zum schmusen.« Also hatte nicht nur ich den Eindruck, dass Lukas langsam zur Katze – äh – zum Kater mutierte. Aber da Dr. Brunner nichts von Gen-Experimenten erzählt hatte, war das wohl einfach nur Lukas ganz persönliche Note. So wie sich ja auch Julian weiter entwickelte, nur ging es bei ihm, wenigstens nach meinem Eindruck, in Richtung eines Elben. Vielleicht auch nur, weil ich diese Wesen schon immer am Faszinierendsten fand.

»Was ist jetzt? Ist so was möglich?«, riss mich Lukas aus meinen Gedanken.

»Probieren wir es doch einfach.«, murmelte ich, noch immer ein wenig in Gedanken.

»Tu es oder tu es nicht. Es gibt kein Versuchen!«, feixte Tom mit seltsam verstellter Stimme.

Und so tat ich es – und es war möglich. So hatte ich jetzt endlich die Möglichkeit, größere Massen auf einen Schlag zu desintegrieren, ohne dass Dr. Brunner in die Verlegenheit kam, ständig Nachschub zu beschaffen. Es könnte ja jemandem auffallen, wenn bei uns der Bedarf an Stahlkugeln plötzlich so anstieg.

Das dazu benötigte Blei beschafften wir uns aus einem der Trainingsgeräte. Lukas entwickelte mit der Zeit eine ungeheuerliche Fertigkeit, das von Julian geschmolzene Blei in neue Form zu bringen. Manche der Figuren waren dabei aber nicht unbedingt jugendfrei. Dabei konnte ich beruhigt feststellen, dass nicht nur ich so schwanzfixiert war.

Interessant war im Zusammenhang mit der Thermokinese, wie groß die Wirkungszone sein konnte. Diese Frage betraf allerdings auch Toms EMP und meine Desintegration. Bis jetzt hatte ich mir darüber nie Gedanken gemacht. Aber als Julian von dem Kugelfeld sprach, war mir etwas eingefallen, was ich in der Aufregung vergessen hatte. Der Platz, auf dem der 'Mark 13' im Physiklabor stand, wies nach dessen Vernichtung eine Senke auf. Wahrscheinlich war also mein Desintegrationsfeld ebenfalls kugelförmig.

Dies könnte von Nachteil sein, wenn der zu vernichtende Gegenstand eben von dieser Form stark abweicht. Es bestand die Gefahr zu viel, oder zu wenig zu vernichten, als eigentlich beabsichtigt. Auch das war ein Problem, um das wir uns noch kümmern mussten.

Mit der Zeit konnte ich es aber in den Griff bekommen. Wie Lukas, der seine Kleidung schließlich auch mit in 'Phase' nehmen konnte, musste auch ich mich dazu stärker konzentrieren. Ich benötigte mehr Zeit, konnte dann aber sogar Formen aus einer Metallplatte herausbilden. Doch wenn es schnell gehen musste, oder ich überrascht wurde, dann entstand wieder das Kugelfeld.

Bei Julian war auch noch nicht klar, wie groß der maximale thermische Effekt sein konnte. Aber dafür, dass er die Fähigkeit erst heute 'bekommen' hatte, war er sehr weit gekommen. Das lag aber wohl auch an der Nähe seiner neuen Kraft, der Thermokinese, zur Telekinese die er ja schon länger beherrschte.


'Labor 23',Mo 17.09 bis So 23.09.2035

7. Woche 'Brunnerschulung'

Am Wochenende und im Laufe der Woche, der 7. Woche mit der 'Dr. Brunner-Schulung', geschah dann auch nichts Ungewöhnliches mehr. Wir beherrschten unsere Fähigkeiten immer besser.

Lukas konnte inzwischen zwei von uns mit in 'Phase' nehmen, wobei wir selbst eigentlich keinen Unterschied spürten, nur, dass wir plötzlich durch Wände gehen konnten. Sobald er uns aber los ließ, fielen wir wieder zurück. Er selbst musste es für sich bewusst steuern. Hatte ich schon erwähnt, dass wir dabei unsere Kleidung nicht mehr verloren?

Faszinierend war dabei auch die Vorstellung, dass es Lukas wahrscheinlich möglich sein würde, in 'Phase', eine Waffe abzufeuern, und das Projektil das Ziel wirklich treffen würde, da es aus der 'Phase' zurückfiel, sobald es Lukas Einflussbereich verließ. Als Killer hatte er also glänzende Karriereaussichten, wir anderen aber wahrscheinlich auch.

Mir gelang es inzwischen, innerhalb von wenigen Sekunden zwei Ziele nacheinander zu zerstören. Tom, der geradezu besessen an seiner EMP-Fähigkeit arbeitete, steigerte seine Leistung mit jedem Tag. Das Senden und Empfangen von Nachrichten war ihm im Moment nicht wichtig. Er wollte Roboter bekämpfen, wobei er seine Telekinese, wie wir alle, natürlich nicht vernachlässigte. Dies war 'unsere' Basisfähigkeit, auf der wir die anderen aufbauten.

Ein Ereignis ließ mich dann aber doch wieder etwas an Julians Thermokinese-Erklärung zweifeln. Er konnte den großen Whirlpool mit über 600 Litern Wasser innerhalb von 10 Sekunden von 18°C zum Kochen bringen. Dies war an sich schon mehr als nur erstaunlich. Was mir aber zu denken gab, war die Energie, die er dabei aufwendete. Beziehungsweise die 'Energie-Leistung', die er erbrachte.

Nach kurzem Rechnen ermittelte ich eine Leistung, die in der Größenordnung von ca. 20.600 kW lag. Da verlor sogar Lukas für einen Moment, zugegeben einen sehr kurzen Moment, das Grinsen. Woher bloß kam diese ungeheure Energie, fragte ich mich immer wieder. Denn dagegen waren unsere telekinetischen Energieleistungen geradezu minimal!

Wenn ich es inzwischen schaffte, eine Stahlkugel mit einer Masse von 100 kg innerhalb von 1 Sekunde um 2 Meter anzuheben, entsprach das gerade einmal einer Leistung von 2 kW! Und ich war nach so einer Anstrengung für einige Minuten zu nichts mehr fähig. Was auch immer Julian da machte, alleine aufgrund der Leistung konnte seine Thermokinese nicht auf derselben Art von Telekinese basieren. Wenn es überhaupt etwas mit Telekinese zu tun hatte, denn beim reinen Heben schaffte Julian auch nicht mehr als wir.

Meine Desintegrator-Leistung und Toms EMP-Impuls konnten wir hingegen überhaupt nicht einschätzen, da wir keinerlei Informationen fanden, wie viel Energie so etwas in der Regel benötigt. Wobei Tom sowieso wieder ein Sonderfall war. Seine elektromagnetischen Fähigkeiten konnte ich überhaupt nicht in mein Model der PSI-Kräfte einordnen.

Lukas meinte daraufhin fast schon traurig: »Gegen eure Energieleistung bin ich ja, mit meiner Telekinese, ein ganz kleines Licht.«

»Das Licht, das doppelt so hell brennt, brennt eben nur halb so lange!«, war Toms ganzer Kommentar dazu.

Ich wünschte, er hätte damit nicht Recht, denn wir brauchten all unsere Kräfte, und das über einen längeren Zeitraum, wenn wir hier herauskommen wollten. Leider trat aber der von Tom beschriebene Effekt ein. Die Notvernichtung des Messroboters hatte mich sehr viel Energie 'gekostet'. Hätte ich ihn mit Telekinese an die Wand geschleudert, wäre das wesentlich 'billiger' gewesen.

{:-:}

Dr. Brunner meldete sich ab und zu bei uns, kontrollierte wie wir weiterkamen und brachte gelegentlich neues Material, mit dem wir üben konnten. Beim 'normalen' Training hatte ich inzwischen mein Kung Fu wieder aufgenommen, und konnte nach und nach auch Tom, Lukas und Julian zum Mitmachen bewegen. Anfangs wollten sie doch tatsächlich nur zuschauen! So war ich gerade wieder dabei, meine Schlagtechnik mit Tom zu üben, als der den Schlag plötzlich mit Telekinese abblockte.

Daraus entwickelte sich im weiteren Training eine völlig neue Art, zu kämpfen. Wir begannen, unsere Schläge und Tritte mit Telekinese zu verstärken und uns dabei gleichfalls selbst zu schützen. Die Wirkung war gigantisch! Mit scheinbar bloßer Faust konnten wir eine ca. 16 cm dicke Betonwand durchschlagen. Mit der Zeit entwickelten wir diese Form der Telekinese immer weiter und brauchten uns nicht einmal mehr sonderlich darauf konzentrieren.

So wurde das System der telekinetisch unterstützten Kraft, von Lukas nur noch 'ForceFight' genannt, immer weiter ausgebaut. Es gab einen regelrechten Wettlauf um neue Ideen. Denn jetzt ,da wir das System der 'Inneren Telekinese' entdeckt hatten, schienen die Möglichkeiten ungeheuer vielfältig zu sein.

Wir konnten dann auch Brunner davon überzeugen, dass die Videoüberwachung in unserem Fitnesscenter abgeschaltet wurde. Denn wie hätte man einem zufälligen Beobachter einen 3 Meter Hochsprung aus dem Stand erklären sollen?

So etwas war aber inzwischen für uns kein Problem mehr. Denn die Kombination aus Muskelkraft und Telekinese ermöglichte nicht nur einen 'ForcePunch' oder einen 'ForceKick', unter dem jedes normale Trainigsmaterial zerbarst. Sondern eben auch einen 'ForceJump' von über 3 Metern Höhe. Gerade Lukas war auf diesem Gebiet äußerst innovativ und unser 'Ghost-Cat' mutierte dann zum 'Karate-Tiger'.

Wenn jedoch Lukas gegen Julian kämpfte, dann konnten Tom und ich nur noch neidisch staunen. Während Lukas sich wirklich katzenhaft elegant bewegte und geradezu akrobatische Leistungen vollbrachte, waren Julians elegante Bewegungen von bestechender Schlichtheit und Effizienz. Blitzschnelles Kontern und elegantes, geradezu spielerisches, Ausweichen, waren seine Stärken. Für uns war es ein wirklicher Genuss, ihnen zuzusehen, während sie sich nichts schenkten.

Auch mein Reiki entwickelte sich unter Julians Anleitung immer besser, wobei immer wieder spöttische Bemerkungen von Tom und Lukas kamen, wie groß 'er' denn noch werden sollte. Dabei hatte ich wirklich nicht die Absicht 'ihn' weiter wachsen zu lassen. Auch Julian bestätigte, dass dies wohl eher unterbewusst gesteuert werde, und sich mit der Zeit regeln würde. Ansonsten war es aber natürlich nur der blanke Neid, das versuchte ich mir wenigstens einzureden.

Dafür freute ich mich aber über die anderen körperlichen Entwicklungen ungemein. Ich war bisher eigentlich mit meinem Körper sehr zufrieden gewesen. Erst jetzt mit den Veränderungen bemerkte ich, was mir alles unterbewusst wohl doch nicht gefallen hatte. Denn gerade diese unbewussten 'Störfaktoren' wurden nun durch das Reiki beseitigt.

22 – Breakthrough

'Labor 23',Mo 24.09 bis So 30.09.2035

8. Woche 'Brunnerschulung'

Die letzte Septemberwoche begann, wie die vorletzte aufhörte – ereignislos. War das jetzt unser Glück oder Pech? Im Training zeigten sich weitere Fortschritte, wobei dies aber immer mehr die Anwendung und den Umgang mit unseren Kräften betraf.

Wir hatten inzwischen die Masse, die wir telekinetisch bewegen konnten, auf über 500 kg hochgeschraubt. Dies entsprach nun einer Stahlkugel von etwa 50 Zentimeter Durchmesser. Lukas hatte sogar die 700 Kg Marke überschritten, da er sich jetzt voll auf Telekinese und seine Ghost-Fähigkeit konzentrierte. Auch sonst kamen wir wirklich gut voran und hatten immer mehr die Hoffnung, dass wir hier wirklich herauskommen konnten.

Als ich am Dienstag von meiner 'Behandlung' zurückkam, hatte ich leichte Kopfschmerzen und verspürte ständig ein leichtes Pochen. Julian, der mich wie immer beim Fahrstuhl erwartete und liebevoll in den Arm nahm, spürte natürlich sofort, dass es mir nicht so gut ging.

Dass die Kopfschmerzen keine 'natürliche' Ursache haben konnten, war klar. Meine immer stärker werdenden Reiki-Kräfte hätten es verhindert. Aber da solche unangenehmen Begleiterscheinungen immer mal wieder nach einer 'Behandlung' vorkamen, maßen wir dem keine besondere Bedeutung zu. Zumal auch Julian bestätigte, dass bei mir sonst alles in Ordnung sei.

Wir trainierten noch ein wenig im PSI-Raum und entschlossen uns danach, noch ein wenig zu schwimmen, um schließlich recht früh ins Bett zu gehen. Wir alle hatten mal wieder Lust, so richtig zusammen zu kuscheln, 'Gruppen-Knuddeln', wie Lukas das spöttisch nannte. Die letzten Wochen waren doch sehr anstrengend gewesen.

Nach einer wirklich erfüllten Nacht mit Julian, Tom und Lukas, wir hatten wirklich kaum etwas ausgelassen, wachte ich durch ein pochendes Gefühl im Hinterkopf auf. »»Mike hörst du mich?«« drang eine vertraute Stimme in mein Bewusstsein und ich grummelte, noch total verschlafen: »Ja – was ist denn?«

Doch es kam wieder nur die Frage: »»Hallo Mike – kannst du mich hören?«« Noch immer sehr verschlafen streifte mein Blick die Uhr – Shit es war 4 Uhr 45 - morgens!

Einen etwas bösen Blick zu Lukas, der vermeintliche Quelle der Störung werfend, grummelte ich etwas lauter: »Ja Lukas – ich hör dich! – Mensch was soll der Scheiß?«

Im gleichen Moment, als Lukas sich zu mir drehte und verständnislos anblickte, war der Ruf zum dritten Mal zu hören. Diesmal lauter als zuvor, wenn man von Lautstärke bei telepathischen Mitteilungen überhaupt sprechen kann. Er kam eben stärker an: »»Hallo Mike Torben, kannst du mich empfangen, ich spüre dich doch!««

Innerhalb der nächsten Sekunde war ich hellwach! Ich konzentrierte mich auf die einkommende Schwingung, glich mich ihr an und sendete zurück: »»Pascal? -- Pascal bist du das?««

»»Wow – Du kommst aber stark rüber!««, hörte ich eine amüsierte Stimme, und wusste sofort, dass es nicht Pascal war. Diese telepathische Stimme kannte ich, deshalb hatte ich sie auch zuerst Lukas zugeordnet.

»»Frank? – He Frank, bist du das?««

Ein telepathisches Gelächter kam bei mir an »»Ja klar Mann! Oder wie viele Telepathen kennst du denn sonst noch?«« Da scheint sich ja jemand mächtig über mich zu amüsieren. Aber das war mir jetzt wirklich egal, wir hatten Kontakt zu jemandem außerhalb des Labors bekommen. Unseren 'ersten Kontakt' unter vernünftigen Bedingungen.

Inzwischen waren Julian und Tom von Lukas geweckt worden und hatten sich bei mir 'eingeklinkt'. Ich reichte ihnen die Hände und wir bauten einen telepathischen Block auf. Mit jetzt wesentlich mehr 'Sendeleistung' beantwortete ich auf Franks Frage.

»»Also wenn man von Tom, Lukas, Julian und Pascal absieht nur dich. Übrigens wir haben jetzt einen PSI-Block gebildet. Ich denke wir müssten jetzt noch besser bei dir ankommen.««

»»Cool Mann! He ihr kommt hier wirklich super heftig rein. Hallo übrigens an die Neuen.«« Man konnte es zwar nicht sehen, aber ich wusste einfach, dass er jetzt grinste.

»»Wie hast du mich gefunden? Und auch gleich noch Danke!««

»»Wieso Danke?««

»»Na, dass du überhaupt gesucht hast!««

»»Ach komm hör auf – trotzdem gern geschehen. Du hast es mir aber auch nicht gerade leicht gemacht, und meine Beliebtheit hat es auch nicht gerade gefördert.««

»»Wieso? – Was meinst du mit 'nicht leicht gemacht'?««

»»Na, ich war schon dreimal kurz davor, dich richtig einzupeilen, und plötzlich war deine Signatur schon wieder verschoben. Zum Glück war die Veränderung nur geringfügig, aber es hat gereicht. Stell dir ein vollbesetztes Stadion vor, das in absoluter Finsternis liegt. Dann nimm eine Taschenlampe und such nach einer Person, von der du nur eine ungefähre Beschreibung hast. So erging es mir, als ich dich suchte.««

»»Sorry Frank, aber ich denke, du wirst uns glauben, dass das nicht so ganz freiwillig passiert.««

»»Ich habe noch nie gehört, dass so was überhaupt passiert. Eine Signatur ist eine Art von psionischer Fingerabdruck und sollte sich nie ändern.««

Ich überging das jetzt einfach mal und fragte weiter: »»Und was war das mit deiner Beliebtheit?««

»»Darüber können wir später mal reden. Es war jetzt nur wichtig, dass ich euch gefunden habe. Ein 'Onkel' von dir und seine 'Freunde' gingen mir da in letzter Zeit sehr auf die Nerven. Mann, hätte ich das gewusst, wie nervend die Typen sein können, dann hätte ich wohl nie zu denen Kontakt aufgenommen.««

»»Frank, äh – Du wirst es nicht so recht glauben, aber wenn du von Stefan redest, der ist wirklich mein Onkel.««

Fast eine Minute war Stille »»Scheiße! OK – jetzt verstehe ich natürlich, dass er so hartnäckig war. Aber? – Wer zum Henker entführt schon den Neffen eines Obersten der Abwehr. Das ist doch jetzt hoffentlich nicht so ein Spionageding?««

»» Frank! Egal was noch passiert! – Bitte versprich mir eines! Du musst ihm unbedingt sagen, dass die Darwinianer dahinter stecken. Bitte, auch wenn wir es nicht schaffen sollten, er muss es wissen.««

»»Die Darwinianer?««, er sprach das Wort mit so viel Hass aus, ich hätte nie gedacht, das Emotionen über Telepathie so klar rüber kommen können.

»»Ja, es sind die Darwinianer, Projektleiter ist ein Prof. von Stein. Sie wollen hier Telepathen 'produzieren'. Wir kennen nicht den Grund, aber wie du bemerkst, waren sie erfolgreich.««

»»Hm, – sind da noch mehr von euch? Etwas störte mich bei der Suche schon die ganze Zeit. Ich kam nie so richtig zu dir durch, ich spürte dich, aber da waren Störquellen.««

»»So weit wir informiert sind, sind wir vier zur Zeit die Einzigen. Aber vielleicht senden die Maschinen, die sie für die Transmutation benutzen, so eine Störstrahlung aus.««

»»Mann, ich kann es immer noch kaum glauben. Hätten sich nicht wirklich so ein paar Gestalten von der Abwehr, schon drei Stunden nach meiner Nachricht an Pascal, bei mir gemeldet, ich hätte es wirklich für einen verdammt schlechten Scherz gehalten. Übrigens Pascal ist irgendwo in Afrika unterwegs und soll erst in ein oder zwei Wochen hier auftauchen.««

»»Das haben wir auch schon gehört. Ein Dr. Brunner hilft uns, aus nicht ganz eindeutig zu bestimmenden Gründen. Wir müssen die Station bis Ende Oktober verlassen, denn dann wird sie gesprengt oder was auch immer. Er will dieses Labor zerstören – unter anderem, weil 'neue Gäste' Anfang November hier her kommen sollen.««

»»Der Typ arbeitet da, und will euch helfen? Der ist also selbst einer von denen?««

»»Er ist im Prinzip der Grund für die Signaturverschiebung. Wir beherrschen jetzt alle auch die Telekinese ziemlich gut und noch ein paar andere Fähigkeiten.««

»»Telepathie, Telekinese und noch andere Fähigkeiten? He – Du verarscht mich doch nicht? Ich meine ich bin ein relativ guter Telepath mit erweiterten Fähigkeiten und ein miserabler Teleporter. Aber ich kenne keinen, der mehr als zwei Fähigkeiten hat und darin auch gut ist.««

»»Ist das Bewegen von 500 kg ein guter Wert für einen Telekineten mit max. 6 Wochen Erfahrung?«« Ich hatte ja selbst keinen Anhaltspunkt, wie schnell echte Mutanten mit ihren Kräften klar kommen.

»»Scheiße Mann! In der Zeit sind die meisten schon froh, wenn sie einen Bleistift schweben lassen können. Das Labor heißt nicht zufällig Pandora?««

Ich musste Lachen: »»Für die Darwinianer könnte es sich wirklich zu so einer üblen 'Büchse' entwickeln, hauptsächlich, wenn wir den Deckel aufbekommen. Denn wenn wir hier herauskommen, haben wir noch einiges mit den Herren zu klären. Ansonsten sind wir aber die reinsten Engel.««

»»Na, das alleine schon wäre ein Grund euch zu helfen! Um ein paar 'Zornige Engel', die über die Darwinianer kommen, zu erleben, dafür nehme ich einiges in kauf.««

Wir unterhielten uns noch über zwei Stunden mit Frank, der uns nach und nach darüber informierte, dass er über eine 'gesicherte' Videofon-Leitung Kontakt mit Stefan hatte. Persönlich kannte er ihn nicht, da es da 'gewisse' Probleme von seiner Seite aus gab, über die er jetzt nicht sprechen wollte.

Unseren Standort könne er nur mit einer 'Kreuzpeilung' herausbekommen, aber er habe ein Problem mit der Mobilität, das man aber bestimmt lösen könne. Kontakt wollte er in Zukunft jeden Tag mit uns haben, um Stefan entsprechend zu informieren. Bei der Gelegenheit nahm er auch die Signaturen von Tom, Lukas und Julian auf, da sich unsere ja immer mal wieder ändern konnten, aber eben nur maximal zwei an einem Tag.

Ich gab ihm auch noch ein paar Informationen über die Anlage hier. Immerhin hatten wir von Dr. Brunner die Übersichtspläne bekommen. Zusätzlich gab ich ihm einige persönliche Daten über meine Familie, so dass Stefan wirklich sicher sein konnte, dass ich noch lebte.

Als wir schließlich den Kontakt aufgehoben hatten, sah ich in die jetzt wirklich hoffnungsvollen Gesichter unserer Runde. Endlich hatten wir den Durchbruch geschafft, wir hatten Kontakt mit der Außenwelt. Selbst wenn hier noch alles schief gehen würde, die Darwinianer würde es trotzdem teuer zu stehen kommen, dessen war ich mir sicher. Aber eigentlich war ich genauso sicher, dass wir es schaffen würden, hier alle lebend herauszukommen.

Ich lag in Julians Armen und konnte mich nur langsam wieder beruhigen, unsere Chancen standen jetzt wirklich um einiges besser. Vielleicht konnte Stefan sogar einen Angriff von außen auf das Labor organisieren, wenn wir dann gleichzeitig hier los schlugen... Wie hatte Frank es genannt, wenn die 'Zornigen Engel' über die Darwinianer kommen. Ich sah Julian in die Augen. Waren wir Engel? Würden wir 'Iratus Angelus', also zornige Engel, für die Darwinianer sein?

Was auch immer die Zukunft bringen sollte, ich wollte sie nur mit Julian erleben. Fest schloss ich ihn in meine Arme und wir gaben uns gegenseitig Kraft und Hoffnung. Nun kamen auch Tom und Lukas hinzu, uns gegenseitig festhaltend, gaben wir uns Kraft. Die Kraft, die wir für die kommenden Wochen brauchten. Denn wir hatten nur noch maximal 36 Tage Zeit. Zeit die wir nutzen mussten, jetzt mehr denn je.


Die nächsten zwei Wochen verliefen wie im Fluge, Behandlung, Training, und abends Austausch mit Frank. Der war von meinen 'Verbindungen' sehr beeindruckt, ging aber auch auf Nachfragen nicht näher darauf ein. Er war inzwischen täglich mit einem Flugschrauber unterwegs, um uns genauer einzupeilen. Die telepathische Peilung war leider nicht so einfach, wie eine Funkpeilung. Weshalb das Ganze schließlich doch wesentlich länger dauerte, als wir anfangs gedacht hatten.

Dafür überraschte uns dann Tom oder eigentlich Dr. Brunner. Als Tom von einer 'Behandlung' zurückkam, hielt er uns einen SpeicherQuad hin, der ihm von Dr. Brunner beim Verlassen des Labors zugesteckt wurde. Er enthielt sämtliche Codes für die Schleusen und Türen, sowie die zum deaktivieren der 'Reizsperren'.

Tom hatte inzwischen nämlich auch in gewissen Grenzen gelernt, Computerdaten zu senden. Jetzt, mit den Codes von Dr. Brunner, konnte er praktisch jede Tür öffnen, die er wollte.

Bei dem Thema 'Reizsperren' hatten wir noch immer das Problem mit diesen Implantaten. Diese waren bei uns zwar nie eingesetzt worden, aber dennoch wussten wir, dass es sie gab. Wann aber sollten wir sie entfernen? Denn dass wir sie durch einen Eingriff mit Reiki entfernen konnten, und vor der Flucht auch entfernen mussten, war uns klar.

Nach einiger Diskussion und einer Rücksprache mit Dr. Brunner einigten wir uns auf ein Zwei-Stufen-Verfahren. In der ersten Stufe, die wir dann auch sofort umsetzten, lösten wir die Kontakte, die zu den Nerven der Wirbelsäule gingen. Diese verbanden wir nun mit dem Nackenmuskel. So war sichergestellt, dass wir spüren konnten, falls uns jemand mit dem 'Reizimpuls' traktieren wollte, ohne jedoch wirklich in unserer Handlungsfähigkeit eingeschränkt zu sein.

Die zweite Stufe sollte erst am Abend vor der Flucht umgesetzt werden, dann wollten wir das Ding ganz entfernen, da wir sicher waren, dass die Implantate auch ein Orten von uns ermöglichte. Wenn wir plötzlich ohne diese Dinger herumlaufen würden, konnte das sehr gefährlich werden.

Es war am Abend des 10. Oktobers, einem Dienstag, und Julian und ich hatten wieder eine 'Behandlung' hinter uns gebracht, als Frank uns mit einem neuen Teilnehmer überraschte. Pascal war aus Afrika zurück und wurde von Frank auf unsere 'Frequenz' eingewiesen. Unsere Signaturen hatten sich schon seit einiger Zeit nicht mehr geändert. Was nach Dr. Brunners Ansicht daran lag, dass er die Modulation nicht weiter auffächern wollte. Er war der Auffassung, dass es in der verbleibenden Zeit keinen Sinn machen würde, mit neuen Fähigkeiten anzufangen.

Stefan war dabei, eine Eingreiftruppe zusammenzustellen, die das Labor auch von außen angreifen würde. Bei dieser Gelegenheit übertrug Tom als eine Art Test die Zugriffscodes, die er von Dr. Brunner erhalten hatte, auf einem sehr exotischen und ungenutzten Frequenzbereich. Frank und Pascal konnten es schier nicht fassen, dass so etwas einem Mutanten überhaupt möglich war. Aber die Daten waren einwandfrei eingegangen.

Bei Lukas hatte sich noch eine weitere Fähigkeit manifestiert, er konnte jetzt bei absoluter Dunkelheit sehen. Nicht so wie wir, wenn wir das 'telekinetische Sonar' benutzten, nein Lukas sah unter anderem im Infrarotbereich, wenn er es wollte. Auch die Reststrahlung von einer Person, die inzwischen den Raum verlassen hatte, konnte er sehen. Das so etwas überhaupt noch passierte, also eine neue Fähigkeit sich manifestierte, damit hatten wir eigentlich nicht mehr gerechnet.

Bei der Telekinese war Lukas inzwischen nicht mehr zu schlagen, er konnte inzwischen mehrere Gewichte gleichzeitig, mit einer Gesamtmasse von über 2 Tonnen, bewegen und voll kontrollieren.

Auch in den darauf folgenden Tagen trainierten wir wie besessen, nachdem sich bei der 'Behandlung' keine neuen Fähigkeiten manifestierten, nahm scheinbar unsere Kraft und Ausdauer ständig zu. War ich vor Wochen schon beim Anheben einer 100 Kilogramm Kugel um 2 Meter innerhalb einer Sekunde für einige Minuten ausgepumpt, so knackte ich am 23. Oktober ebenfalls die 2 Tonnen Marke, ohne mich dabei zu überanstrengen.

Aber nach wie vor bevorzugten wir es, die Gewichte mit den Händen zu dirigieren. Jetzt nicht mehr, weil es cooler war, sondern weil es tatsächlich half. Gerade beim gleichzeitigen Jonglieren von mehreren Gegenständen war es eine große Erleichterung.

Die Vorbereitungen von Stefan schienen ebenfalls gut zu laufen. Er hatte ein 'Einsatzteam' zusammengestellt und in Position gebracht. Dieses Team bestand aber scheinbar, wie ich aus Andeutungen von Frank erfuhr, aus Freunden oder ehemaligen Kollegen von Stefan und nicht aus Leuten der Abwehr. Immer wieder fiel der Name 'Arne Koch', der scheinbar ein sehr guter Freund von Stefan war und die Leute zusammengesucht hatte. Jedenfalls schien Arne das Kommando über unsere 'Befreier' zu haben.

Aber auch die Abwehr wollte angeblich ein 'Hotspot-Team' bereitstellen, dies würde aber noch etwas dauern. Ich verstand zwar nicht so genau was das jetzt sollte, war aber inzwischen überzeugt, dass wir es zur Not auch alleine schaffen konnten.

Wir wurden immer ungeduldiger, und überlegten ständig, wie lange wir denn noch warten sollten. Tom und Lukas waren dafür, noch diese Woche loszuschlagen. Zumal Dr. Brunner wieder spürbar, wenigstens für uns, nervöser wurde und andeutete, dass Prof. Stein seine Rückkehr für nächste Woche angekündigt hatte. Pascal riet uns aber, noch auf das Eintreffen des 'Hotspot-Teams' zu warten, da die für solche Aufgaben ausgebildet seien.

Julian und ich zögerten, uns einer der beiden Meinungen anzuschließen, einerseits wollten wir raus, anderseits wollten wir das Risiko eines Fehlschlages so gering wie möglich halten. Immerhin hatte es Julian, der mit 143 Tagen am längsten von uns hier war, geschafft, so lange unbeschadet zu überleben. Was machte es da schon aus, wenn es noch ein paar Tage länger dauerte. Ja und dann kam der 25. Oktober, es war ein Donnerstag und es war der Tag, der alles änderte, von einem Moment zum anderen...

23 - I Want To Break Free.

'Labor 23',Donnerstag 25.10.2035

12. Woche 'Brunnerschulung'

An diesem Donnerstag war Julian wie üblich gegen 8 Uhr zur 'Behandlung' gegangen. Wir trainierten noch ein wenig, aber wie immer, wenn Julian in 'Behandlung' war, mangelte es mir an der Konzentration.

Den ganzen Tag über fühlte ich mich schon ziemlich beschissen, ich hatte die Nacht über noch einmal mit Pascal gesprochen. Wir hatten uns dabei darauf geeinigt, dass wir spätestens Dienstag nächste Woche zuschlagen wollten. Ich schlief die ganze Nacht sehr unruhig, nicht einmal Julian gelang es, mich zu beruhigen. Wie heißt es doch so schön: 'große Ereignisse werfen ihre Schatten unter die Augen?' Nun ich fühlte mich schlecht, und sah wohl auch nicht gerade frisch aus. Was eigentlich in einem Widerspruch zu meiner Reiki-Kraft stand.

Als ich Julian gegen 12 Uhr wieder kurz in die Arme schließen konnte, fühlte ich mich gleich wieder besser. Doch nun musste ich zur 'Behandlung' und auch hier war alles wie immer, außer das Dr. Brunner sehr nervös war. Ich begab mich in 'die Maschine' und Dr. Brunner winkte mir noch einmal kurz zu, bevor er den Zugang verschloss. Bald darauf änderte sich das Licht von dunkelgrün in weiß.

Ich spürte, wie die Energie in mich floss und ich lenkte die Ströme wie bisher. Doch bemerkte ich, dass etwas anders war, als bisher. Der Energiefluß stieg an, er stieg weit über den 'normalen' Wert an! Ich kämpfte mit der Energie, die auf mich einströmte, versuchte, sie zu lenken, aber gleichzeitig hatte ich wieder dieses Wärmegefühl wie bei der zweiten 'Behandlung'.

Da ging etwas schief, hatte Dr. Brunner in seiner Nervosität etwas falsch eingestellt? Wieder kam das Gefühl auf, mein Körper würde sich ausdehnen. Ich war einfach übersättigt mit dieser Energie. Schließlich zerriss mich ein rasender Schmerz, der mir den Rücken hinauf raste und in meinem Gehirn zu explodieren schien. Ich verlor das Bewusstsein...


Was in der Zwischenzeit geschah, habe ich etwas später erfahren. Eine Stunde, nachdem ich mich von Julian verabschiedete und ins Labor ging, kam Dr. Brunner offensichtlich in Panik in den Trainingsraum gestürzt. Julian verlor fast die Beherrschung und so dauerte es einige Zeit, bis Tom die beiden dazu gebracht hatte, sich zu beruhigen.

Dr. Brunner berichtete, dass sie sofort losschlagen mussten, da Prof. Stein zurück sei. Der Professor war kurz vor Mittag eingetroffen und hatte Dr. Brunners Messprotokolle durchgesehen. Als er unser gewaltiges PSI-Potential bemerkte, drehte er scheinbar völlig durch, da Dr. Brunner etwas geschafft hatte, was ihm nicht gelungen war, wenigstens nicht in dem Ausmaß. Er stürmte das Labor und übernahm die Kontrolle über meine 'Behandlung'. Dr. Brunner musste das Labor verlassen und machte sich sogleich auf den Weg zu Julian.

Lukas hatte schon nach den ersten Worten von Dr. Brunner Kontakt mit Pascal und Frank aufgenommen. Dass sie jetzt zuschlagen mussten, wenn sie mich noch retten wollten, war ihnen allen klar. Dr. Brunner verlangte von Tom, dass der die 'Reizsender' von Lukas und Julian mit einem EMP Impuls zerstören sollte. Den 'Reizsender' von Tom musste Dr. Brunner operativ entfernen, wobei Julian mit Reiki und Telekinese die Hauptarbeit übernahm. Einen EMP-Impuls auf sich selbst konnte Tom nämlich nicht erzeugen.

Danach stürmten sie zum Aufzug und fuhren zum Labor, wo sie von 4 'Mark 13' erwartet wurden. Da Julian diese aber schon, bevor der Fahrstuhl hielt, mit Teleortung ausgemacht hatte, waren sie für Tom kein Problem. Als sich die Aufzugstür öffnete, waren die Roboter nur noch ein Fall fürs Recycling.

Den Gang entlang stürmten sie zur Schleuse, die Dr. Brunner mit seinem Codegeber öffnete. Doch das zweite Schleusentor ließ sich nun schon nicht mehr öffnen, jemand in der Wachzentrale schien Dr. Brunners Code gesperrt zu haben.

Lukas fasste Julian und Tom bei den Händen, ging in 'Phase' und durchschritt das Tor. Während sich Tom und Julian um die Wachen und Roboter kümmerten, öffnete Lukas die Schleuse manuell von dieser Seite.

Alle Roboter in der Halle waren inzwischen von Tom 'bearbeitet' worden und zusammen stürmten sie die Galerie. Prof. Steins schrille Stimme kreischte durch den Raum, als sie die Plattform der Galerie erreichten. Einige Wachen und Techniker die sich ihnen in den Weg stellen wollten fegte Lukas mit einer telekinetischen Handbewegung von der Galerie, so dass sie 10 Meter tiefer auf den Hallenboden stürzten.

Dr. Brunner war auf die Kontrolle zugestürmt, um 'die Maschine' abzustellen. Doch plötzlich hielt Prof. Stein eine Waffe in der Hand. Noch bevor jemand reagieren konnte, löste sich eine Salve der MikroRaks und trafen Dr. Brunner, zwei Assistenten und die Steuerkonsole. Helle blauweiße Glutballen entstanden, wo die Geschosse in die Konsole einschlugen. Dr. Brunners Körper wurde von mindestens drei Geschossen glatt durchschlagen und von der Explosion der anderen Geschosse in den Raum gewirbelt.

Es gab ein hässliches Geräusch, und noch einen viel schrecklicheren Schrei, als Lukas die Hand von Prof. Stein zusammen mit der Waffe zerquetschte. Schreiend wollte dieser aus dem inzwischen brennenden Kontrollraum fliehen, doch da brach ihm ein kurzer Impuls von Tom beide Beine. Julian kümmerte sich inzwischen um Dr. Brunner und trug ihn aus dem Raum, in dem sie den schreienden Professor zurück ließen.

Julian konnte Dr. Brunner nicht mehr viel helfen, da die Verletzungen einfach zu schwer waren. Mit letzter Kraft flüsterte er Julian zu, er müsse versuchen, sich telepathisch mit mir zu verbinden, um einen Teil der PSI-Energie abzuführen. Erst danach dürften Tom und Lukas die Generatoren zerstören, wobei er auf den Durchgang gegenüber der Galerie zeigte.

Wenige Augenblicke später war er tot. Julian gab die Anweisungen weiter, während die jetzt völlig außer Kontrolle geratene Maschine, in der ich mich befand, immer lauter rumorte. Doch Julian zögerte keinen Augenblick, konzentrierte sich auf mich und ich erwachte wieder aus meiner Bewusstlosigkeit.

24. - Phoenix

Hauptlabor, Donnerstag 25.10.2035

Die ach so vertrauten Schmerzen schienen mir den Verstand rauben zu wollen, sofern ich überhaupt noch so etwas hatte. Doch da war, in der Finsternis die mich umgab, eine freundliche Schwingung. Etwas Vertrautes schien sich mir zu nähern und dann spürte ich Julian. In dieser abstrakten Dunkelheit war er eine blauweiße Sonne, die sich mir näherte und beruhigende Impulse ausstrahlte. Gleich darauf spürte ich, wie er mich berührte, wie wir uns vereinigten. Sogleich stürzten wir, durch einen Strudel gleißenden Lichts, zurück in Richtung Realität.

Innerhalb weniger Augenblicke nahm die Umgebung wieder Gestalt an und wir schwebten über den Maschinen. Wir konnten Tom und Lukas sehen, wie sie mit entsetzten Gesichtern zu Julian sahen. Wie sie, immer langsamer werdend, sich auf ihn zu bewegten, während er sich auflöste. »»Ist das das Ende, Julian? Werden wir nun wegen dieses Irrsinnigen doch noch sterben?«« Seit dem Moment, als Julian und ich uns vereinigten, wusste ich, was inzwischen geschehen war, und es tat mir um Dr. Brunner leid, das hatte er nicht verdient.

»»Haben wir es verdient, so zu sterben?««, war Julians Kommentar zu Dr. Brunners Ende.

»»Nein, ich denke nicht. - Aber sind wir denn jetzt schon tot?««, wir beide sahen auf die Szenerie unter uns. Julians Körper war jetzt vollständig verschwunden und Tom wandte sich gerade wieder dem Durchgang zu. Wir 'sahen' wie er seine Energie sammelte, um sie geballt auf die Maschinen hinter dem Durchgang abstrahlen zu können. Aber seine und Lukas Bewegungen wurden jetzt noch langsamer. Bis sie dann völlig zum Stehen kamen.

»»Das ist der 'Temporal-Effekt' von dem ich euch erzählt habe.««, sagte ich, fast beiläufig zu Julian, der dicht neben mir noch immer als blauweiße Energiekugel, schwebte.

»»Du siehst auch nicht viel anders aus, etwas kleiner und mehr weiß, als blau.««, lachte er spöttisch.

Aber was nun – irgendetwas sollte doch nun geschehen? Ich dachte nach und schwebte zu 'meiner' Maschine, zusammen bewegten wir uns durch den Gang und sahen das hell leuchtende Kugelgebilde, welches an der Stelle war, wo der Kern mit der Liege und mir sein sollte.

Eine irrationale Wut auf diesen verrückten Professor überkam mich. Noch einen letzten Blick wollte ich auf meinen Körper werfen, auf den ich doch inzwischen so Stolz war. Ich konzentrierte mich auf die Kugel, wollte sie aufreißen, um einen Blick hinein werfen zu können. Gleichzeitig fühlte ich Julians Energie, die mich dabei unterstützte. Wir brauchten keine Worte, wir waren vereint, vereint im Geiste, denn einen Körper hatten wir nun nicht mehr.

Die Kugel bekam dunkle Flecke, dann Risse und schließlich ein Loch. Durch dieses Loch konnte ich meinen Körper erkennen, der noch immer auf der Liege ruhte, bevor auch er begann, sich aufzulösen. Vor unseren nicht vorhandenen Augen löste sich mein Körper auf, wie zuvor der von Julian.

»»He! -- Du wirst dicker!««, bemerkte Julian.

»»Hä?««

Ich hatte doch keinen Körper, sein Humor war manchmal schon seltsam.

»»Nein, deine Kugelgestalt wird größer und leuchtender. Ich denke du nimmst deinen Körper in Form von Energie auf.««

Nun was soll's. – Das bestätigte schließlich nur die offensichtliche Tatsache, dass die Liege jetzt leer war. Ich verlor das Interesse und das Loch in der Kugel schloss sich wieder.

Langsam schwebten wir aus der Maschine zu Lukas und Tom. Sie standen jetzt wie versteinert da und bewegten sich nicht mehr. Die Zeit schien absolut still zu stehen. Plötzlich fragte mich Julian: »»Wie machen es eigentlich die Teleporter?««

»»Wie schon -- wahrscheinlich auch von hinten.««, versuchte ich es mit einem Scherz, auch weil mir nicht so ganz klar war, auf was er hinaus wollte.

»»Blödmann!««, kicherte Julian »»Ich meine, wie materialisieren die Ihren Körper wieder?««

»»Öhm? – Materie zu Energie und Energie wieder zu Materie. – Steuern die das denn bewusst? Reicht es denen denn nicht, sich den Ort, wo sie hinwollen, vorzustellen, und die Energie freizugeben?««, fragte ich mehr, als das ich antwortete. Ich hatte zwar keine Ahnung von Teleportation, dafür ahnte ich aber, auf was Julian hinaus wollte.

»»Unsere Körper sind doch scheinbar als Energie in unsere jetzige Gestalt eingeflossen?«« Ich nickte, was er bei meiner derzeitigen Kugelkörpergestalt nicht sehen konnte, aber scheinbar ahnte er es.

»»Jep! – Als dein Körper vorhin verschwand, bist du auch dicker geworden – äh, hast an Volumen gewonnen. Nur habe ich nicht darauf geachtet.««, fügte ich meinem unsichtbaren Nicken hinzu.

»»So, so – an Volumen gewonnen!?««, Julian schien zu schmunzeln. Doch dann 'hörte' ich wieder seine ernste 'Stimme': »»Vielleicht gibt es ja auch eine Möglichkeit, dies wieder umzukehren?««

»»Eine Diät?««

»»Kindskopf!«« Doch wieder glaubte ich, ein Schmunzeln zu bemerken.

Einen Versuch war es jedenfalls wert, und wenn der Energieerhaltungssatz der Physik auch für PSI-Energie zutraf, dann konnte uns eigentlich nicht viel passieren.

Zusammen stellten wir uns einfach vor, wieder neben Lukas und Tom aufzutauchen. Mein Energiekörper fing an zu 'pumpen' sich zu dehnen und – Scheiße schon wieder solche Schmerzen! Der einzige Vorteil der Schmerzen war es, dass man wusste, dass man noch existierte. Danach geschahen mehrere Dinge gleichzeitig.

Ich sah Julian langsam wieder entstehen, ich fühlte und wusste, dass mir das Gleiche widerfuhr und aus dem Aufzugsschacht, der dem Schleusentor genau gegenüber lag, stürmten mit quälender Langsamkeit 10 bewaffnete Männer und 8 'Mark 13' Roboter.

Lukas, der unsere 'Wiedergeburt' beobachtete, drehte sich ebenso quälend langsam zu Tom um, der in diesem Moment seine Energie in die Maschinenhalle jenseits des Durchgangs abstrahlte. Ich sah die Energie, die die Distanz zwischen Tom und dem Durchgang durcheilte.

Sogleich aber wendete ich mich wieder den 'Neuankömmlingen' zu und vernichtete in einer ersten Serie von Desintegrations-Impulsen drei der 'Mark 13' Roboter. Zur selben Zeit ließ Julian die Hälfte der Männer wie Spielzeug gegen die Anderen wirbeln. Danach packte ich Lukas, während Julian nach Tom griff, und so suchten wir Deckung hinter einer der 'Maschinen', die uns so lange schon gequält hatten. Langsam ließ die Wirkung des 'Temporal-Effekts', den wir später 'Movation' nannten, nach und die Bewegungen aller Anwesenden wurden wieder schneller.

Dennoch gelang es mir, drei weitere der 'Mark 13' in ihre molekularen Einzelteile zu zerlegen, während Tom die beiden verbliebenen 'versorgte'. Drüben hatte sich die anfängliche Verwirrung aber auch gelegt und schneller, als es uns lieb sein konnte, fanden die Männer Deckung hinter einigen Nebenaggregaten der 'Maschinen'.

Tom fand nun etwas Zeit, oder nahm sie sich einfach, um uns zu unserer 'Wiedergeburt' zu gratulieren. »Wir dachten schon, wir hätten euch verloren! Wohin war Julian verschwunden, und woher kommst du?«

Ich lächelte ihn an, es war schon ein seltsames Gefühl. Fast schien es mir, als hätte ich mich schon an ein Dasein als Energiekugel gewöhnt. »Wir waren immer da, bzw. Julian hat mich wieder zurückgeholt. Wir sahen nur kurzzeitig etwas anders aus.«, verwirrte ich ihn mehr, als dass ich erklärte.

Doch für eine lange Erklärung war keine Zeit, wieder geschahen mehrere Dinge gleichzeitig. Die Maschinenhalle erbebte und aus dem Durchgang schlugen lange Entladungsblitze in die Halle, Qualm und Flammen breiteten sich weiter aus. Weitere Serien von Explosionen ereigneten sich. Einige der Wachleute hatten sich aufgerafft, um uns aus ihrer Deckung heraus mit MiniRaks zu beschießen.

Die MiniRaks waren die nächst größere Ausgabe der MikroRaks. Die Abschussvorrichtung entsprach eher dem eines Sturmgewehrs. Wobei MikroRak oder MiniRak eigentlich nicht die Waffe, sondern das Projektil bezeichnete. Jedenfalls flog eine Menge von den Dingern jetzt um uns herum.

So lange wir in der Deckung der 'Maschine' blieben, waren wir relativ sicher, aber dennoch heulten einige der Miniraketen vom Kaliber 7,5x60 Millimeter sehr dicht an uns vorbei. Wir konnten so nicht sitzen bleiben! Die Wachleute, die sich vom Schock, ihre Roboter so schnell verloren zu haben, erholt hatten, formierten sich neu und versuchten uns nun in die 'Zange' zu nehmen.

Ich begann nun ihren Vormarsch dadurch zu stoppen, dass ich ihnen einfach die Deckungsmöglichkeiten zerstrahlte, während Julian die Luft in diesem Gebiet ständig erhitzte. Diese Hitzewelle trieb sie dann auch immer mal wieder zurück, doch das schien sie nur wütender zu machen. Sie benutzten jetzt sogar teilweise ZentiRaks, die schwersten Miniraketen die noch von Handfeuerwaffen verschossen wurden. Diese schwerere Projektile mit 4,5x16 cm Kaliber und Splitterwirkung bekamen wir nun zu spüren.

Als eines der Geschosse in unserer Nähe explodierte und Tom von einigen der Splitter im Gesicht verletzt wurde, kannte Lukas kein Halten mehr. Er ging in 'Phase' und lief langsam auf die Schützen zu. Dabei entfesselte er einen telekinetischen Sturm, der alles erfasste, was nicht fest – sehr fest, mit dem Boden verbunden war.

Dieser Wirbelsturm stürzte nun über die Wachmannschaft herein, die überhaupt nicht erfassen konnten was da geschah. Lukas war nur schemenhaft sichtbar, und keines der Geschosse konnte ihn erreichen. Genauso hätten sie auf eine Nebelsäule schießen können. Doch Lukas war keine Nebelsäule, Lukas war wütend! So wütend, wie ich ihn noch nie gesehen hatte.

Aber nicht nur Lukas war zornig, auch mich packte die kalte Wut, als ich Toms schmerzverzerrtes Gesicht sah. Und nun begann ich, systematisch alles zu vernichten, was auf uns schoss. Da die Miniraketen deutliche Leuchtspuren hinter sich herzogen, war der Schütze sehr leicht auszumachen. Nur sehr selten kam er zu einer zweiten Salve. – Sie hatten keine Chance, und der Kampf dauerte ab da nur noch wenige Minuten. Tom war inzwischen von Julian versorgt und geheilt worden, aber auch bei ihm saß der Schreck tief, dass einer von uns so schnell hätte sterben können.

Als es dann wieder ruhig wurde, Lukas stand genau im Zentrum der Halle, rührte sich auf ihrer Seite nichts mehr. Es war die Ruhe nach dem Sturm...

25 - Ruhe nach dem Sturm

...

Es ist die Ruhe nach dem Sturm.

Doch es ist nur die Ruhe vor dem nächsten Sturm.

aus Ruhe vor dem Sturm von Georg Danzer

Hauptlabor, Donnerstag 25.10.2035

Wir hatten getötet, das war uns klar. Ich war nur erschüttert, wie leicht es uns gefallen war, wie leicht wir einfach darüber hinweg gegangen waren, dass auf der 'anderen Seite' Menschen waren. Wie leicht wir die Grenze überschritten hatten, die man gemeinhin 'Zivilisation' nannte.

Unsere Schritte wurden immer langsamer, je näher wir dem Chaos, welches wir angerichtet hatten, kamen. Eigentlich hätten wir entsetzt sein müssen, noch vor Monaten hätte ich mich übergeben müssen, wenn ich so etwas gesehen hätte, was wir jetzt zu sehen bekamen. Abgetrennte Gliedmassen, verstümmelte Körper, Verbrennungen überall. Doch – ich fühlte nichts, sie hatten uns angegriffen, wir uns verteidigt – Basta! Aber innerlich wusste ich, dass ich es mir damit viel zu leicht machte. Dies war kein Kampf gewesen, es war ein Massaker!

Vorsichtig tastete ich die Umgebung ab, drei oder vier lebten noch, aber nach der Schwäche ihrer Gedankenimpulse zu urteilen, bestimmt nicht mehr lange. Ich ging in diese Richtung, und dem ersten den ich fand, dem war durch das Desintegrationsfeld der halben Körper zerstrahlt worden. Er wand sich noch in seinem Blut und hatte offensichtlich grauenhafte Schmerzen. Mit einem kurzen Impuls löste ich ihn ganz auf. Niemand hätte ihm mehr helfen können.

Einem Anderen, der eine riesige klaffende Wunde im Bauch hatte, nahm Julian mit seinen Reiki-Kräften das Leben. Er legte ihm die Hand auf die Stirn, woraufhin dieser einfach einschlief. Auch der hatte es hinter sich, jetzt waren wir also zu Todesengeln geworden, dachte ich bitter.

Der Letzte, den ich fand, hatte Verbrennungen im Gesicht und am Rücken, blutete aus dem Unterleib und hatte auch sonst noch einige Verletzungen und Abschürfungen. Ich kniete mich neben ihn hin und legte ihm, der mich mit vor Entsetzen aufgerissenen Augen anstarrte, die Hand auf die Stirn. Ich checkte ihn schnell durch. Ohne medizinische Hilfe würde er in einigen Minuten verbluten. Ich nahm ihm die Schmerzen und er begann, ruhiger zu atmen.

Er war höchstens 24 Jahre alt, hätte ich ihn unter anderen Umständen, an einem anderen Ort getroffen, wären wir vielleicht sogar Freunde geworden. Jetzt lag er vor mir, mit schweren Verletzungen und fragte sich, wie lange ich ihn noch leben lassen würde. Doch was heißt leben lassen? – Sterben lassen wäre doch wohl korrekter. Aber sagen wollte ich es ihm nicht.

Er probierte etwas zu sagen, doch ich schüttelte den Kopf und las seine Gedanken. Er wollte wissen, was mit seinen Kameraden war. Ich sah auf ihn herunter »Ich bin Telepath, du musst nicht sprechen, das strengt dich zu sehr an, ich verstehe deine Gedanken. Deine Kameraden sind alle tot! – Alle!«

Er versuchte zwischen seine Beine zu sehen, er wusste also von der Verletzung, der schlimmsten Verletzung, die einem Mann treffen konnte. »Es tut mir leid. Ein Metallfragment hat dich dort erwischt.«

Bis jetzt hatte ich keine sonderlich tiefe Empfindung gehabt, aber als ich sein verzweifeltes Stöhnen und den entsetzten Blick sah, da tat er mir Leid. Wirklich abgrundtief Leid. Vorsichtig öffnete ich seine Hose, das Fragment muss von schräg unten seine Genitalien getroffen haben. Diese wurden dabei teilweise abgetrennt. Wobei Ein- und Austrittsöffnung der Hose nur schmale Schlitze waren, das Teil also messerscharf gewesen sein musste. Überall war Blut aber alles war noch da, es sah aus wie ein sauberer Schnitt. Nicht so, wie bei ein paar anderen seiner Leute, bei denen ganze Gliedmassen abgerissen worden waren. Der telekinetische Sturm hatte schlimmer als eine Splitterbombe gewirkt.

Spontan griff ich zu und brachte sein halb abgetrenntes Glied in die richtige Position, ließ meine Reiki-Kräfte strömen und es gelang tatsächlich, dass zusammen wuchs, was zusammengehört. Auch sein Hodensack war aufgeschlitzt doch die Verletzung war hier nur oberflächlich, die Hoden selbst schienen unverletzt. Vorsichtig drückte ich die Hautlappen zusammen und auch hier schlossen sich die Wunden innerhalb weniger Minuten.

Er hatte es natürlich mitbekommen und sah mich nun verwundert an. Doch ich spürte auch Tom, Lukas und Julian in meinem Rücken und sendete nur: »»Er hat es nicht verdient kastriert zu sterben.«« Einen kurzen Moment sah ich so was wie Dankbarkeit in seinen Augen, dann bemerkte auch er, dass wir beide nicht mehr alleine waren.

Julian kniete sich auf seine andere Seite und legte ihm die Hand auf die Brust, sah mich an und fragte: »Muss er denn sterben? Es sieht schlimmer aus, als es ist.«, ein gurgelndes Lachen kam von dem Typ, der da wohl anderer Meinung war.

Tom seufzte auf, warf einen theatralischen Blick zu Lukas und meinte dann: »He Mike, wenn du willst, dann nimm ihn halt mit.«

Für mich klang es fast so wie 'Wenn du das Kätzchen willst, dann nimm es mit, aber wehe es kackt uns die Bude voll.'

Der Typ, der, wie ich inzwischen sondiert hatte, Eric hieß und erst seit wenigen Wochen hier Dienst tat, versuchte verzweifelt zu verstehen, über was wir redeten. Er hatte von nichts, was hier vorging, eine Ahnung, ihnen hatte man gesagt, dass Mutanten eingedrungen seien, um das Forschungslabor zu sabotieren. Dabei hatte er aber mehr mit mutierten Tiere oder eben Negativ-Mutanten gerechnet.

Ich blickte wieder in seine fast schwarzen Augen, und sah Verzweiflung, aber auch etwas Hoffnung. Ich musste lächeln, wie ähnlich sich doch unsere Gefühle hier waren, wie oft waren wir hier unten schon verzweifelt gewesen. »Wir sind nicht hier eingebrochen, wir wurden entführt und hier in dieser Anlage zu dem gemacht, was wir jetzt sind.« Ungewöhnlicherweise begriff er, was ich ihm da sagte. Er war wirklich ein intelligenter Typ, und wenn er an einem Stück war, dann sah er auch noch ziemlich gut aus, musste ich gerade feststellen.

Ich blickte Julian an, der lächelte nur und gab mir die Hand, er hatte schon lange vor mir gewusst, wie ich mich entscheiden würde. Zusammen ließen wir unsere Energie fließen und jetzt waren Tom und Lukas wirklich beeindruckt, denn wir regenerierten Eric innerhalb von 15 Minuten so weit, dass er wieder voll agieren konnte.

Diese Stärke, – unsere Stärke konnte nur von der letzten 'Behandlung' kommen. Was auch immer da geschehen war, es hatte uns noch einmal nachhaltig verändert, mich und Julian.

Als Eric aufstand und wir ihn angrinsten, bemerkte er erst, dass er eine volle Erektion hatte, was bei der Menge an Energie, die wir in ihn hinein gepumpt hatten auch kein Wunder war. Lukas grinste immer breiter und konnte es sich einfach nicht verkneifen »He Eric – wenn wir das lebend überstehen sollten, dann kostet dich das aber eine Kleinigkeit.«

Dabei sah er Eric zu, wie der wieder alles in seiner Hose verstaute. Doch als der immer noch nicht so ganz verstand, legte Tom ihm eine Hand auf die Schulter, zog ihn vertrauensvoll zu sich und sagte »Du weißt es offensichtlich nicht, aber fast alle Mutanten sind schwul.« Sprachs und kniff dem rot anlaufenden Eric in den wirklich strammen Hintern.

»Ich bin aber nicht...« Wir alle lachten, alle außer Eric, dessen Röte im Gesicht jetzt noch kräftiger wurde. Zum ersten Mal, seitdem der Kampf zu Ende war, hatte ich das Geschehene etwas verdrängt. Doch als ich Erics Blick sah, wie er seine toten Kollegen ansah, da tat es mir weh. Er blickte mir eingeschüchtert in die Augen »Wir hatten nie eine Chance – oder?«

Vorsichtig, denn ich wollte ihm nicht zu nahe treten, legte ich ihm einen Arm um die Schulter. »Nur wenn ihr, als wir die Roboter vernichteten und Julian euch zur Seite fegte, nur wenn ihr dann nicht mehr angegriffen hättet. Aber hätte ihr uns eine Chance gelassen?«

Betroffen schüttelte er den Kopf, »Wir sollten keine Gefangenen machen!« Ich hatte es gewusst, weil ich es zuvor in seinen Gedanken gelesen hatte. Aber Tom und Lukas sahen ihn nun doch etwas anders an. Julian erklärte ihnen die Situation, dass Eric erst seit kurzem direkt vom Militär von den Darwinianern, über die er nur das Offizielle wusste, angeworben wurde.

Ich jedenfalls hatte ein gutes Gefühl bei Eric und deshalb zog ich ihn, immer noch den Arm auf seiner Schulter, einfach mit. Zu meinem Erstaunen störte es ihn auch keineswegs, so von mir 'vereinnahmt' zu werden, was Lukas wieder zu einem anzüglichen Grinsen reizte.

Inzwischen hatten sich noch weitere Explosionen ereignet und die Hitze in der Halle wurde langsam unerträglich. Lukas berichtete, dass Stefan inzwischen auch schon den Eingang erobert hatte und die oberste Ebene größtenteils besetzt war. Eric deutete auf den Fahrstuhl, mit dem er angekommen war, und dessen riesige Tür von einem der zerstörten Roboter am Schließen gehindert wurde. »Mit dem kommt ihr zur Zentralstation und von dort gibt es einen, der dann direkt nach oben führt. Aber das wird sehr gefährlich werden.« Ich sah ihn an und griff mir telekinetisch zwei Waffen, wovon ich ihm eine gab. »Wir! – Du kommst doch mit! – Oder willst du hier doch noch sterben?«

Eric musterte Tom und Lukas, fühlte, dass die ihm das 'keine Gefangene' etwas übel nahmen, aber da er es nicht gewesen war, der diesen Befehl gab, hatten sich die beiden längst wieder beruhigt. Aufmunternd nickte Tom ihm zu: »Ist schon OK, wir haben ja auch nicht sonderlich lange nachgedacht, was aus euch wird.« Wobei Tom die wenigste Schuld an dem Massaker trug, außer, dass seine Verletzung der Auslöser war, aber dafür konnte er schließlich nichts.

26 - Battlefield Central Station

Lift zur Zentralstation, Donnerstag 25.10.2035

Zusammen betraten wir die riesige, zylinderförmige Aufzugskabine. Sie hatte einen Durchmesser von fast 16 Metern und eine Höhe von ungefähr 10 Metern. Hierin, dessen war ich mir inzwischen sicher, waren auch die 'Maschinen' transportiert worden.

Ich saugte weiter Informationen aus Eric heraus, während er sich an mich lehnte. Offensichtlich fühlte er sich in Julians und meiner Nähe wohl. Da wir es waren, die ihn regeneriert hatten, machte ich mir darüber keine Gedanken. Ganz im Gegensatz zu Tom und Lukas, die ständig per Telepathie anzügliche Bemerkungen über den 'anhänglichen' Hetero machten.

So erfuhr ich, dass Eric schon einiges seltsam vorgekommen war, von dem, was hier so abgelaufen war. Aber er war einfach noch nicht lange genug dabei, um wirklich etwas zu erfahren. Zudem war er froh, dass er nach seinem Ausscheiden aus dem Militär, was nicht ganz Freiwillig geschah, eine neue Arbeit gefunden hatte.

»In der 'Zentralstation' sind im Normalfall 20 'Mark 13' stationiert und eine Stammwache von 30 Mann, das sind Wachmänner, die schon sehr lange hier sind.«, erzählte Eric, ohne von uns dazu aufgefordert worden zu sein. Natürlich vergewisserte ich mich, dass es stimmte, aber Eric hatte nicht vor, uns zu belügen.

Es war gut zu wissen, dass er sich inzwischen voll auf unsere Seite geschlagen hatte. Die Informationen über die Darwinianer, mit denen er inzwischen von Julian und mir versorgt worden war, hatten ihm wirklich die Augen geöffnet. Seine inneren Zweifel, über das, was er bisher getan hatte, war dadurch bestätigt worden. Für ihn passten plötzlich all die Merkwürdigkeiten zusammen, auf die er bisher gestoßen war. Davon war ich natürlich schon überzeugt gewesen, bevor ich ihm die Waffe gab.

»Die Stammwache müsste auch wissen, was hier wirklich vorgeht oder vorgegangen ist.«, sagte Tom mit einem gefährlichen Funkeln in den Augen. Wovon Eric ein wenig eingeschüchtert wurde, doch ich legte ihm nur meine Hand auf die Schulter und schon beruhigte er sich wieder. Obwohl er, wie ich inzwischen wusste, vier Jahre älter als ich war, war ich für ihn sein Beschützer.

Dennoch wurde Eric nun immer nervöser, bis er es nicht mehr aushielt und fragte, ob wir wirklich direkt zur 'Zentralstation' fahren wollten. »Dort ist jetzt bestimmt die Hölle los. Die wissen bereits, dass ihr uns wie geplant ausgeschaltet habt.«

Lukas fuhr alarmiert herum »Wieso 'wie geplant'?« Etwas entgeistert sah Eric uns an, mein Gott, der Kerl dachte wie ein Computer. Aufgrund unserer Reaktion ging er in Gedanken gerade alle Möglichkeiten und Entscheidungspfade noch einmal durch und fand seine Vermutung nur bestätigt. Es war sehr schwer, seinen Gedanken zu folgen, teilweise brach er einen Pfad einfach ab und fing von Neuem an, so was hatte ich noch nie erlebt.

Endlich antwortete er Lukas: »Bevor wir zu euch geschickt wurden, habt ihr mindestens 12 'Mark 13' ausgeschaltet. Vier bei der Schleuse, vier beim Aufzug und vier beim Durchgang zu den Generatoren. Dazu noch eine Wachmannschaft von 4 bis 8 Leuten und das technischen Personal.

Trotzdem wurden wir mit nur 8 'Mark 13' und 10 Mann zu euch geschickt. Das heißt nichts anderes, als dass man uns geopfert hat, um Zeit zu gewinnen. Wie beim Schach, wenn man einen 'Bauern' opfert, um die 'Dame' in Sicherheit zu bringen. Militärisch ein durchaus übliches Verfahren. Für euch oder uns, wie immer ihr es wollt, ist es jetzt wichtig, für was 'man' diese Zeit benötigt hat.

Immerhin haben sie 8 'Mark 13' geopfert – meine 9 Kollegen und ich spielen dabei keine Rolle, da wir keinen 'Wert' in dieser Rechnung darstellen. Wir waren die Neuen und galten noch nicht als zuverlässig, also waren wir entbehrlich, wenn nicht sogar störend.« Damit beendete Eric seine Analyse und einmal mehr wusste ich, dass ich mich mit dieser Art zu denken nie anfreunden würde.

Lukas sah Eric ebenfalls betroffen an: »Die 'Mark 13' sind wertvoller als die Menschen?«

»Natürlich, denn sie sind zu 100% loyal! Ein 'Mark 13' würde nie hier in der Kabine mit euch stehen und mit euch plaudern. Im Sinne der Darwinianer sind die 'Mark 13' unter anderem deshalb wertvoller. Also warum 'opferten' sie die 8 'Mark 13'?« Wir alle starrten ihn ein wenig fassungslos an, er konnte plötzlich so kalt und gefühllos reden. Gleichzeitig lehnte er sich an mich und suchte ganz offensichtlich meine Nähe.

»Weil sie in der Zeit, in der wir mit euch und den Robotern beschäftigt waren, ein vielfaches davon herbeischaffen konnten?« fragte Tom.

»Wäre eine Möglichkeit, aber so leicht, wie ihr die Dinger ausgeschaltet habt, wie sinnvoll wäre es da, noch mehr herbeizuschaffen?«, war Erics Gegenfrage.

»Können die sehen, wo wir zur Zeit sind?«, wollte Julian nun erfahren.

»Sie sehen, dass der Aufzug nach oben fährt. Sie könnten ihn auch anhalten, da sie dies nicht machen, wollen sie, dass ihr dort ankommt. Deshalb ja auch meine Frage. Müsst ihr unbedingt zur Zentralstation?«, Eric fixierte mich mit seinen schwarzen Augen.

»Wir müssen zum Ausgang, egal wie! Bis jetzt wissen wir nur, dass es einen Weg über die Zentralstation gibt.«, sagte ich ihm und sondierte ihn wieder. Nur um enttäuscht festzustellen, dass er auch keinen anderen Weg kannte. Dies war das Sicherheitskonzept dieser Anlage.

Eric schilderte dann, was uns erwarten würde: »Die Zentralstation ist eine zylinderförmige Halle, die sich innerhalb des ebenfalls zylinderförmigen Hauptquartiers der Wache, dem HQW, befindet. Die Zentralstation befindet sich 300 Meter unterhalb des Eingangs. Es gibt nur einen Lift, der vom Eingang hinab führte, und dessen einziger Ausgang ist eben in der Zentralstation.

Die Halle der Zentralstation hat einen Durchmesser von 60 Metern und eine Höhe von 20 Metern. Sie ist durch ca. 80 Zentimeter dicke Stahlwände in 4 Quadranten unterteilt, durch die man nur durch Schleusentore, wie die im Labor, gelangen kann.

Dieser Aufzug endet im 3. Quadranten, und der zum Eingang ist im 1. Quadranten. Das heißt, wir müssen die Schleusen zwischen 1./2. und 2./3. Quadranten oder die zwischen 1./4. und 3./4. Quadranten überwinden. Die Tore sind immer geschlossen, nur wer die Erlaubnis bekommt, darf hindurch.

In jedem Quadranten sind normalerweise 8 'Mark 13' stationiert, jetzt werden es noch mehr sein. In den Decken und Wänden befinden sich automatische Waffen, sogar Plasma-Werfer.

Die Wand des Zylinders, der das Hauptquartier von der Zentralstation trennt, ist ebenfalls ca. 80 Zentimeter dick. Dann gibt es noch den so genannten Panzerring! Er hat die Form eines Torus mit einem Durchmesser von 6 Metern. Man kann ihn sich wie einen überdimensionalen Rettungsring vorstellen. Eine Hälfte verläuft innerhalb des Hauptquartiers und die andere Hälfte ragt in Form einer ringförmigen geschlossenen Galerie in die Halle der Zentralstation hinein.

Er umläuft die Zylinderwandung der Halle in ca. 3 Meter Höhe. Dadurch gibt es aber nirgends einen toten Winkel. Der Ring, wie auch die ganze Station, ist gepanzert mit hochverdichtetem Edelstahl. Das Zeug soll Temperaturen jenseits von 8.000 Grad aushalten.

Im Ring selbst sind vier Wachstationen, eine für jeden Quadranten, und noch fest eingebaute Kampfstationen untergebracht. Es gibt vier Übergänge vom HQW in den Ring, die mit Schleusen gesichert sind, einen für jeden Quadranten. Innerhalb des Ringes gibt es ebenfalls Schleusen, aber man könnte im Prinzip innerhalb des Ringes einmal um die ganze Zentralstation herumlaufen.

Außerhalb des Ringes, im HQW sind die Kontrollstationen, Unterkünfte und alles andere für die Wache untergebracht. Das HQW selbst kann nur über diesen Fahrstuhl und einem Schlüsselimpuls der den Fahrstuhl an der entsprechenden Stelle halten lässt, betreten werden. Ich wüsste nicht, wie wir da durchkommen sollten.«

»Jedenfalls nicht, in dem wir blindlings weiter fahren!«, beschloss ich. »Wo sind wir jetzt?«

»Wir kommen jetzt gleich an der 1. physikalischen Abteilung vorbei, dann sind es noch 150 Meter bis zur Zentralstation.« Ich drückte auf den Halt-Knopf für diese Abteilung. »Wir brauchen einen Plan!«

Lukas und Julian schlossen sich zu einem Block zusammen und tasteten, mit vereinten Kräften nach der 'Zentralstation'.

Als ich das von ihnen gesendete Bild mit den Informationen von Eric ergänzte, entstand in meinem Kopf eine plastische Abbildung der momentanen Lage. Behutsam tastete ich nach Eric und legte meine Hand in sein Genick. Ich spürte kurz den Widerstand seines Gehirnes gegen die ungewohnte Informationsflut, aber danach war er in unserem Kreis mit eingebunden. Jetzt konnten wir alle das Lagebild, das in meinem Gehirn entstand, sehen.

Wir hatten es mit mindestens 60 Robotern zu tun. Mobile Plasma-Werfer, die ein hochtemperatur Gasplasma über eine Entfernung von 15 Meter auswerfen konnten, waren vor dem Aufzug in Stellung gebracht worden. Die hätten uns damit innerhalb von Bruchteilen von Sekunden einäschern können, wenn wir unvorbereitet dort aufgetaucht wären.

Wir überlegten einige Zeit, alle Vorschläge die wir hatten wurden schon nach kurzem Nachdenken wieder verworfen. Während wir so am Diskutieren waren, informierte sich Eric bei Julian über unsere Fähigkeiten, Reichweite und Stärke. Ich bekam dies zwar nur am Rande mit, aber an der Art, wie er fragte und nachhakte, zeigte sich seine taktische Ausbildung.

Schließlich stellte er keine Fragen mehr, stattdessen begann er wieder, mit dieser mir so seltsam vorkommenden Art des Denkens. Es war wie eine Maschine, sein Gehirn entwarf, verwarf und revidierte ständig neue Szenarien. Das ganze geschah in so kurzer Zeit, dass ich es einfach nicht mehr als 'normal' ansehen konnte. Auch an dem betretenen Schweigen der Anderen spürte ich, dass sie das genauso ungewöhnlich fanden. Tom murmelte etwas von: »Ich dachte, wir sind die Mutanten.« Wovon Eric jedoch nichts mitbekam.


Nach fast 20 Minuten 'Planung' meldete sich Eric wieder zurück in unsere Runde. »Die einzige Chance, die ich sehe, ist die, dass wir nicht über die Zentralstation sondern über das Hauptquartier oder besser gesagt über den Ring gehen.

Wir müssen das Hauptquartier direkt angreifen, den Ring erobern, über den Ring zum 1. Quadranten vorstoßen, dort die Roboter und automatischen Waffen ausschalten. Danach muss Mike ein Loch in die Panzerung machen, durch welches wir in den 1.Quadranten und zum Aufstiegsschacht kommen.«

Wäre es nicht sein Ernst gewesen, wir hätten gelacht, wie sollten wir das schaffen? Er sprach von angreifen, erobern, ausschalten – He, wir waren keine Armee.

Doch bevor wir noch etwas sagen konnten, drückte er schon wieder auf den Knopf für 'das Labor'. Lakonisch sagte er: »Wir müssen noch einige Sachen von meinen Kameraden bergen.«, damit meinte er offensichtlich Waffen. Und zu Tom gewandt: »Kannst du von hier aus ein Ziel, das Mike auf der Karte markiert«, dabei deutete er auf seinen Kopf »mit EMP zerstören?«

Die von Julian und Lukas ertasteten Daten baute ich noch immer zu einer 'taktischen Übersichtskarte' zusammen. Inzwischen hatten sich die Beiden auf den 'Panzerring' konzentriert. Tatsächlich war der im Inneren nur leicht besetzt und es gab dort keine Roboter. Insofern machte Erics Plan durchaus Sinn.

Als Tom bejahrte, konzentrierte sich Eric auf eine Schaltstation, welche außerhalb des Ringes, in einem separaten Raum des HQW untergebracht war. Als ich Tom die Zieldaten übergab, sendete der auch schon die entsprechende Energie. Telepathisch erfasste ich die beiden Techniker, die dort Dienst taten, alle Geräte waren ausgefallen.

»Mit euch könnte man so ziemlich jede Festung erobern!«, grinste Eric boshaft, als er von mir die Nachricht bekam. »Jetzt können 'Sie' weder den Fahrstuhl anhalten, noch wissen 'Sie' wo wir gerade sind.

Weil die Aktion so erfolgreich war, nannte er nacheinander noch weitere Ziele, die Energiestation der Hauptwache, das Kommunikationszentrum, die Kontrollstation für die automatischen Waffen. Nacheinander legten wir die Zentren des HQW, lahm. Obwohl es Tom unheimlich Energie kostete, machte es ihm offensichtlich Spaß und er freute sich diebisch über jede Erfolgsmeldung, während oben im HQW langsam Panik ausbrach.

Plötzlich fragte mich Eric: »Kannst du auch von hier aus die telekinetische Kontrolle über eine Waffe der Wachen übernehmen?« Das böse Glitzern in seinen Augen mochte mir nicht gefallen, aber als ich ihn sondierte, wusste ich, dass er im Moment an seine toten Kameraden dachte, die von 'denen da oben' geopfert worden waren.

Dabei erfasste ich auch seinen neuen Plan, innerlich zuckte ich mit den Schultern, Tote würden sich nicht vermeiden lassen. Also konzentrierte ich mich auf einen der Wächter, drückte seine Waffe blitzartig nach unten und ließ ihn einen Feuerstoß gegen eine Gruppe 'Mark 13' abgeben.

Diese reagierten auf einen Angriff mit bekannt vernichtender Präzision. Innerhalb des HQW brach soeben ein Kampf Wachmannschaft gegen Roboter los. Dabei dachte ich auch an Brunners Worte im Physiklabor: 'Wenn er [der Mark 13] einen Angreifer ausmacht, handelt er sofort und ohne jede Verzögerung...'.

Wer aus diesem Kampf als 'Sieger' hervor gehen würde, daran bestand keinerlei Zweifel. Zumal wir die Kontrollstation für die automatischen Waffen, über die auch die Roboter gesteuert werden konnten, ausgeschaltet hatten. Dass einige der Roboter sogar auf Seiten der Wachmannschaft kämpften, sie hatten zuvor scheinbar eine Sonderprogrammierung erhalten, erhöhte den Zerstörungseffekt nur noch.

Wieder drückte Eric auf 'Halt' »Ich denke nicht das wir die Waffen überhaupt noch brauchen, die ich unten holen wollte. Da oben gibt es bald nur noch Roboter, und mit denen könnt ihr dann so fertig werden. Oder – wie ist die Lage?«

Angesichts des Gemetzels hatten Lukas und Julian die Ortung eingestellt. Sie wussten, dass es Eric nicht leicht gefallen war, aber er hatte sich auf unsere Seite gestellt, und das in jeder Hinsicht völlig 'kompromisslos'.

Vorsichtig tastete ich telepathisch den Ring ab, dort lebten noch einige Wachen. Der Ring war nicht begehbar für die relativ plumpen 'Mark 13', die ja 2 Meter 20 hoch und 2 Meter breit waren. In den umliegenden Räumen, dem eigentlichen Hauptquartier, rührte sich jedoch nichts mehr. 'Die Geister, die ich rief...' dachte ich bitter. Sie hatten geglaubt, dass sie diese Mordmaschinen unter Kontrolle hatte, doch jetzt hatten sie nichts mehr unter Kontrolle.

Während der Aufzug jetzt wieder nach oben fuhr, bildeten Julian und Lukas erneut einen Block und tasteten das Hauptquartier der Wache und den Ring ab. Bald darauf baute ich diese Informationen wieder zu einer Übersichtskarte zusammen. Von den ehemals 65 Wachmännern lebten scheinbar nur noch 10 oder 12. Die Roboter in den einzelnen Quadranten hatten ihre Position wieder eingenommen, oder erst gar nicht verlassen.

Im Hauptquartier streiften noch mehr als 18 'Mark 13' durch die Gänge. Sie hatten sich nach dem vermeintlichen Angriff der Wachleute in den Kampfmodus versetzt und aus diesem würden sie erst durch einen Kommandoimpuls herausgehen, den jedoch niemand mehr senden konnte.

Nun forderte Eric Julian und Lukas auf, nach dem Eingang zu suchen, einen Schräg ansteigenden Tunnel, der von diesem Fahrstuhlschacht zum Hauptquartier führt. Die beiden fanden den Schacht auch bald darauf und kurz vor dem Ziel drückte ich auf den Halt Knopf. Wie erwartet glitten wir noch ein ganzes Stück aufwärts. Unser Fahrstuhl Boden war auf halber Tunnelhöhe. Da wir weder Roboter noch Wachen orten konnten, öffnete Tom telekinetisch die Tür.


Zentralstation, Donnerstag 25.10.2035

Vorsichtig kletterten wir aus dem Aufzug in den nur spärlich beleuchteten Gang, und sahen schon die ersten beiden Toten. Sie hatten sich in ihrer Verzweiflung über den Schacht retten wollen, waren aber nicht mehr so weit gekommen. Die Roboter hatten sie mit jeweils einem Schuss zur Strecke gebracht, wie ich erstaunt feststellte. »Ja die 'Mark 13' sind sehr effektiv!«, war Erics zynischer Kommentar, während er die Taschen der Toten nach Munition und anderen brauchbaren Dingen durchsuchte.

Ich staunte immer wieder über die Wandlung von Eric. Einerseits richtiggehend schutzbedürftig, als wir unten im Labor waren und er nicht so recht wusste, wie er Tom und Lukas einschätzen sollte. Und jetzt – jetzt war er plötzlich der harte, kalte und zynische Kämpfer. Es lag aber, wie ich durch Sondierung feststellte, viel mehr daran, dass dies eine Situation war, auf die er als Soldat vorbereitet worden war.

Ich muss ihn angestarrt haben, denn plötzlich huschte wieder dieses verlegene unsichere Lächeln über sein Gesicht. Etwas traurig fragte er: »Bereust du es jetzt schon, mich gerettet zu haben?« Ich ging auf ihn zu und nahm ihn in den Arm, jetzt war er wieder so, wie zuvor, weich und irgendwie zerbrechlich. »Ohne dich wären wir möglicherweise – nein sogar sehr wahrscheinlich tot. Nur, wenn du so kalt und zynisch bist, bekomme ich Angst, nicht vor dir, sondern um dich. Es passt nicht zu dir.«

Julian der dies, wie die anderen auch, mitbekommen hatte, legte mir die Hand auf die Schulter. »Jeder verarbeitet den Stress und die Belastung anders, manchmal hilft Zynismus, etwas nicht zu nahe an sich heran zulassen.«

Ja, ich wusste es, ich selbst reagiere auch ab und zu so, aber bei Eric tat es mir weh. Mir wurde klar, dass ich ihn viel mehr mochte, als ich es den Umständen nach für erklärbar fand.

»Kommt, wir müssen weiter, wenn jetzt einer der 'Markys' käme, könnte er uns alle auf einmal erledigen.« Mit diesen Worten ging Eric voraus zur Eingangsschleuse des Hauptquartiers. Auch hier verbreitete die Notbeleuchtung mehr Dunkelheit als Licht, ein seltsames gedämpftes Wimmern war nun auch noch zu hören.

Jetzt nannte er diese Monster also nur noch 'Markys', dachte ich erstaunt. Später erfuhr ich, dass die meisten Soldaten sie so nannten. Als Julian sein OK gab, öffnete Eric die Schleuse und als dann das zweite Tor vor uns aufschwang, bot sich uns das eigentlich erwartete Bild des Grauens.

Das Wimmern, das wir bei geschlossener Schleuse gehört hatten, war eine Alarmsirene, die mehr schlecht als recht ihren Dienst versah. Die Dunkelheit der Notbeleuchtung verbarg einen Teil des Schlimmsten, wie ein Leichentuch. Die Luft war heiß und feucht, sie stank nach verschmortem Kunststoff und verbranntem Fleisch. Nicht nur ich musste mich beherrschen, um mich nicht an Ort und Stelle zu übergeben.

Scheinbar hatten an dieser Stelle die letzten Kämpfe stattgefunden, wir zählten alleine hier mehr als 12 Tote. Sie hatten alles Mögliche als Deckung benutzt, aber gegen die 'Markys' hatten sie ganz offensichtlich keine Chance gehabt. Ich blieb dicht hinter Eric, Lukas und Julian orteten und Tom übernahm unsere Rückendeckung. Mehr und mehr hatte Eric das Kommando übernommen und bisher hatte auch keiner etwas daran auszusetzen. Er besaß auf jeden Fall mehr Kampferfahrung, als wir.

Überall in den Gängen und Hallen herrschte die gleiche Dunkelheit. Rote Blinklichter vor verschiedenen Türen zeigten an, dass hier die Halonlöscher den Raum für Menschen unzugänglich gemacht hatten. In manchen Bereichen waren die automatischen Löscheinrichtungen angesprungen. Meist lagen dort dann auch die verkohlten Überreste eines 'Mark 13', aber all zu viele Abschüsse hatten die Wachmannschaften nicht erzielt.

In den Gängen, Türen, der Decke und dem Boden zeigten sich die Einschusslöcher der Miniraketen und die Brandspuren von Thermaldetonatoren. Auch die Decken und Bodenplatten hatten sich teilweise gelöst und wir mussten beim Vordringen auf herausragende Metallteile achten. Deren ursprüngliche Funktion konnten wir manchmal nicht einmal mehr erraten. Kurz gesagt, es war das reinste Hightech Schlachtfeld, und hätte jederzeit als Kulisse für ein Weltraumdrama herhalten können. Schlimmer konnte ein Raumschiff nach einem Absturz oder einer Havarie auch kaum aussehen.

Auf unserem Weg zu dem Übergang in den 3. Ringquadranten begegneten uns 5 aktive und vier schon zerstörte 'Markys'. Doch für uns stellten sie keine große Bedrohung dar, so lange sie einzeln kamen. Wir orteten sie schon sehr früh und hatten immer genügend Zeit, eine sichere Deckung zu suchen.

Nur, als wir in den Vorraum des Überganges kamen, warteten dort schon vier Markys auf neue Opfer. Sollten wir zu einen anderen Durchgang gehen? Weder Tom noch ich kam nahe genug heran, um sie auf einmal 'sicher' zu vernichten, wir waren in Zwischenzeit doch sehr ausgelaugt. Per Fernortung und EMP trauten wir es uns nicht zu, sie auszuschalten.

Aber wir hatten ja einen Gruppenführer mit Kampferfahrung. Wir, Tom und ich, sollten mit Julian zurück bis zur Gangkreuzung und dort auf die 'Markys' warten, während er sie zusammen mit Lukas zu uns locken wollte.

Als wir soweit waren gab ich Lukas das Signal, er ging zusammen mit Eric in 'Phase' und lief seelenruhig auf die 'Markys' zu. Diese reagierten zunächst überhaupt nicht, hielten Lukas und Eric wohl für eine Art Hologramm, um sie abzulenken. Die Dinger hatten künstliche Intelligenz und waren auch auf so etwas programmiert worden. Doch als Eric eine gezielte Salve MikroRaks in eines der 'Hüftgelenke' schoss, wurden sie sehr schnell munter und schossen zuerst einige Einzelschuss und dann ganze Salven auf die beiden ab.

Diese ergriffen sogleich die 'Flucht', verfolgt von drei und einem hinkenden Roboter. Als die vier dann auf uns zukamen, näherten sich plötzlich auch von rechts drei 'Markys', die von dem Schießen angelockt wurden. Ich schaffte es noch, drei von 'unseren' zu erledigen. Tom zerstörte zwei der 'ungeplanten', Julian demolierte telekinetisch den Hinkenden, doch der letzte war dann in Feuerbereitschaft und ich hörte das Klicken des Rotations-Verschlusses seiner Automatik. Hatten wir uns überschätzt und nun verspielt?

Doch dann sah ich, wie Lukas und Eric direkt neben dem 'Marky' standen, Lukas hielt Eric nur mit einer Hand und der steckte mit dem linken Arm zur Hälfte in dem 'Mark 13', wurde aber nun von Lukas zurück gerissen. Julian muss dann wohl auch noch den Rakwerfer des 'Markys' telekinetisch nach oben gedrückt haben, denn die erste Salve ging in die Decke, und gleich darauf zündete ein Thermaldetonator in seinem Inneren.

Was nützt die beste Panzerung, wenn ein Thermaldetonator von einem Verrückten, der sich in 'Phase' befindet, in den 'Eingeweiden' abgelegt wird? Nichts! Der 15.000 Grad heiße Glutball, der in seinem Inneren entstand, vernichtete den Mark 13 vollständig.

Doch der Hinkende war noch nicht wirklich zerstört, Dr. Brunner hatte mich extra davor gewarnt. Beschädigt sind sie fast genauso gefährlich, wie sonst auch. Hinter meinem Rücken machte es wieder 'Klick', eine neue MiniRak war dem Rotations-Verschluss zugeführt worden. Ich wirbelte herum und dann sah ich das Aufblitzen der Mündung. Eine MiniRak war unterwegs zu mir. Ich wollte alles vor mir desintegrieren, doch etwas anderes völlig Anderes geschah.

Plötzlich waren alle Geräusche verschwunden, ich sah jetzt ein Leuchten in der Mündung und eine MiniRak, die auf mich zu kroch. Sie raste nicht, sie flog auch nicht, sondern sie kroch mit quälender Langsamkeit auf mich zu. Ein temporaler Effekt? Den hatte ich nur in der Maschine – oder? Ich konzentrierte mich auf das Geschoß und wollte es desintegrieren, aber es gelang mir nicht. Doch telekinetisch konnte ich es um 180 Grad drehen, dann atmete ich noch zweimal kurz durch und stoppte den Energiefluss der scheinbar für diese Temporalmovitation zuständig war.

Das Geschoß flog noch ein paar Sekunden auf mich zu, bevor der Gegenschub es in die andere Richtung davonrasen ließ. In derselben Sekunde verwandelte sich auch dieser 'Mark 13' zu molekularem Staub.

Ich war völlig ausgepumpt und brauchte erst einmal eine Pause. Julian hatte es beobachtet, auch wenn er das, was ich während des Temporalen-Effekts getan hatte, nicht hatte mitverfolgen können. Dennoch wusste er, dass da etwas geschehen war, was eigentlich nicht hätte passieren können.

Noch während ich darüber nachdachte, wie das mit der Movitation geschehen konnte, schob sich ein weiterer 'Marky' in unser beider Blickfeld. Jetzt waren wir wirklich am Arsch. Tom und ich waren völlig am Ende und mit Telekinese konnte man sie nicht aufhalten, wenigstens nicht lange genug. Flucht schied sowieso aus, dazu waren sie einfach viel zu schnell mit ihren Waffen. Ich spürte, wie Julian neben mich trat und sich konzentrierte.

Seine Thermokinese, gegen einen 'Marky'? - Gut natürlich, würde er die 450 Grad oder etwas mehr in seinem Inneren nicht mögen, aber ob Julian alle Systeme auf einmal zerstören konnte?

Die Frage ob 450°C ausreichten, konnten wir nicht beantworten. Denn nachdem Julian seine Energie freigesetzt hatte, bekam der 'Marky' offensichtlich rote Ohren. Oder anders gesagt der 'Marky' glühte auf und sackte in sich zusammen, wobei dann auch noch ein Teil seiner Munition detonierte. Da hatte Julian wohl ein wenig mehr als 450°C freigesetzt.

»Manche mögen's heiß!«, fiel mir nur noch ein und sah in Julians überraschtes Gesicht.

»Ich glaube, das war aber jetzt mehr, als nur heiße Luft?« fragte Lukas und grinste schon wieder.

»Ich wusste gar nicht, wozu ich fähig bin...«, lächelte Julian spöttisch und sah dabei auf seine Hände, als ob die etwas damit zu tun hätten.

Als sich dann alle wieder versammelt hatten, erzählte ich ihnen, was geschehen war. Doch eigentlich waren wir alle viel zu müde, um es richtig zu würdigen. Für mich stand jedoch fest, dass die Temporalmovitation die Fähigkeit war, die mich am meisten Energie kostete. Ich würde sie in nächster Zeit sicherlich nicht mehr einsetzen können. Und Julians Thermokinese, oder was auch immer, machte ein weiteres Verweilen im Gang zu einer sehr ungemütlichen Sache. Schon jetzt kam ich mir vor, wie ein Würstchen auf dem Grill.

Wir zogen uns in einen der Nebenräume zurück und sammelten erstmal unsere Kräfte. Lukas, der im Moment noch am fittesten war, ging wieder zur TK-Ortung über, um uns vor weiteren Überraschungen zu warnen. Nach einigen Qi Gong Übungen, und einer Blockbildung, wir hatten herausgefunden, dass wir damit am Schnellsten unsere Kräfte regenerieren konnten, waren wir bald darauf wieder einigermaßen fit für den nächsten Teil.


Zurück beim Übergang angekommen, betraten wir den Ring. Hier sah es in dem Übergangsbereich ähnlich, wie vor der Schleuse aus. Die Wachen hatten sich innerhalb des Ringes verschanzt, und da die 'Mark 13' aufgrund ihrer Größe nicht in den Ring vordringen konnten, beschränkte sich der Kampf auf die Übergangszone. Etliche Thermaldetonatoren waren hier explodiert. Die herabgestürzten Decken- und Wandplatten bildeten mit den aufgeworfenen Bodenplatten seltsame Skulpturen, zu denen sie von der Hitze der Thermaldetonatoren verschweißt worden waren.

Hinter einigen Aggregaten lagen tote Wachleute, die in der Hitze ihrer eigene Waffen umgekommen waren. In diesem Bereich war nicht ein Fleck, in dem es keine Zerstörung gab. Sie hatten bis zuletzt gekämpft und wahrscheinlich gehofft, dass noch Hilfe kommen würde.

Nach einigem telepathischen Spähen nahmen wir den Weg gegen den Uhrzeiger, so würden wir weniger Wachleute treffen. Da Eric Tom und mich noch etwas schonen wollte, ging er mit Lukas voraus und hatte, so wie es sich anhörte, nicht all zu viel Geduld mit dem verbliebenen Personal. Wir hörten seine MiniRak mehrmals fauchen, danach aber reichte es scheinbar schon, dass die beiden auftauchten, um die Wachen zum Rückzug zu bewegen. Wer kämpft schon gerne gegen Geister, die mit MiniRaks schossen.

Tatsächlich stießen wir dann nur noch auf vier Tote, für die wir wohl unmittelbar verantwortlich waren. Für die Anderen waren wir zwar auch verantwortlich, aber eben 'nur' mittelbar, denn die 'Markys' hatten das für uns erledigt.

So erreichten wir dann schließlich den 1. Quadranten und Eric zündete noch einen Thermaldetonator an der verschlossenen Schleuse zum 2. Quadranten. Von da würde uns keine Überraschung mehr bevorstehen.

Durch die Sichtluken sahen wir, dass wir es mit 10 'Markys' zu tun hatten, Lukas hatte in der Zwischenzeit den reichlich nervös gewordenen Stefan über die Lage informiert. Dabei war ihm der Fehler unterlaufen, Frank zu erlauben, die Informationen zu holen. Jetzt war Stefan 'am Rotieren' wie Frank es nannte. Stefan machte sich nun die größten Sorgen um uns, jetzt wo wir schon fast alles hinter uns hatten.

In einer Gemeinschaftsaktion mit Tom erledigten wir dann auch noch diese 'Markys' ohne weitere Probleme. Doch die Außenwand des Ringes schaffte ich nicht mehr, ich hatte zwar ein Loch erzeugt, doch die rund 20 cm waren für uns dann doch zu eng. Nach kurzem Nachdenken schlug Eric vor, Lukas sollte uns im Pendelverkehr in den 1. Quadranten herunter lassen.

Lukas ging auch gleich mit dem etwas überraschten Eric in 'Phase' und ließ ihn durch den Boden sinken. Dieser ließ los und fiel die restlichen eineinhalb Meter bis zum Hallenboden. Als Letztes kam Lukas mit mir im 1. Quadranten an. Eric hatte inzwischen den Fahrstuhl herunter gerufen und wir konnten nun endlich unseren Weg nach oben fortsetzen.

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