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Zuhause

Teil 5

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Die Musik weckte mich - so ein Radiowecker ist schon was schönes. Es war noch ziemlich früh, aber der Ernst des Lebens rief, der erste Tag in der neuen Schule, na, auf das Vergnügen hätte ich auch verzichten können. Aber trotzdem war es ein wunderbarer Tag, heute nachmittag würde Marcus kommen.

Die übliche Morgenroutine, sogar mit rasieren, ich hatte mal gehört, daß häufiges Rasieren den Bartwuchs fördert und da gab es bei mir noch reichlich zu fördern. Noch ein schneller Blick in den Spiegel, hm, Stefan hatte recht, ich mußte wirklich mal zum Friseur. Anziehen und ab zum Frühstück

»Morgen Thommy, gut geschlafen?«

»Hallo Johanna, ja, danke. Was gibt's zum Frühstück?«

»Hundeaugen mit Echsenfett und Fledermausohren.«

»Wie immer!«

»Klar! Toast?«

»Ja, gern.«

Bisher hatte ich das späte Frühstück mit Brötchen und Zeitung genießen können, aber an Schultagen war natürlich nichts mit frischen Brötchen und ich tröstete mich mit diversen gut belegten Toastscheiben. Etwa beim fünften Toast kam dann auch Stefan, reichlich spät.

»Morgen«

»Hi Stefan. Du bist zu früh, fast hätte ich dir alles weggegessen.«

»Mach ruhig, ein paar Cornflakes reichen mir.«

Ich werde nie verstehen, wie man von matschiger Milch leben kann, aber was soll's. Ich verdrückte noch schnell einen Toast, noch den Rest Kaffee und dann ging's erstmal auf die Terrasse, eine Camel nach dem Frühstück muß schon sein. So, 7:15 Uhr, auf zum Schulbus, tja, wieder was neues, ich war bisher mit dem Rad gefahren und wollte das auch in Zukunft tun, aber die Strecke war doch etwas hügelig und meine Linke war noch nicht völlig verheilt. Stefan nahm normalerweise nur im Winter den Schulbus, aber heute fuhr er aus Solidarität mit.

Die Schule sah wenig einladend aus, ein großer zentraler Backsteinbau mit einigen modernen Nebenbauten, Charme in Beton, sozusagen. Wir bewegten uns durch die ankommenden Horden in Richtung Sekretariat - dort sollte ich mich erstmal melden.

»Guten Morgen!«

»Grüß Gott! Hallo Stefan! Dann mußt du wohl Thomas sein ...«

Typisch Sekretärin - ausgezeichnet informiert.

» ... ich fürchte, du mußt noch einen Moment warten, der Direktor wird gleich hier sein, aber setz dich doch.«

»Kein Problem, danke.«

Die Lady lächelte mich an, als sei ich ein halbverhungertes Waisenkind, so viel Sympathie war wirklich ungewöhnlich - und Hunger hatte ich wirklich. Nach ein paar Minuten kam ein älterer Mann mit einem strahlenden Lächeln auf mich zu - die Sympathiekundgebung ging weiter.

»Hallo, guten Morgen, du bist sicherlich Thomas. Ich bin der Direktor, Dr. Baumann, aber den Doktor kannst du ruhig weglassen. Herzlich willkommen hier bei uns!«

Wohlerzogen wie ich nun mal bin, stand ich natürlich auf und gab ihm die Hand.

»Tja dann guten Morgen Herr Baumann! Ich freue mich, hier zu sein.«

»Das glaube ich dir zwar nicht ...«

Ein Augenzwinkern

» ... aber du bist auf jeden Fall sehr höflich. Na, komm erstmal rein.«

Auf ins Allerheiligste, hm, viele Regale, viele Mappen und Ordner, an den Wänden Kinderzeichnungen und dazwischen diverse Tassen und Aschenbecher, also irgendwie sah der Raum nach Arbeit aus, aber auf eine freundliche Weise.

»Vorgestern sind die Unterlagen aus deiner alten Schule gekommen, sieht ziemlich gut aus, ich glaube nicht, daß du hier Schwierigkeiten haben wirst. Nebenbei, wie geht's denn deinem Arm?«

Na, das verblüffte mich nun doch, ich trug ein langärmliges Hemd, also war der Verband nicht zu sehen - sollte sich der Unfall so weit rumgesprochen haben?

»Danke, ganz gut, aber ... woher wissen sie davon?«

»Johannes hat es mir erzählt und mit Johanna hatte ich auch ein langes Gespräch ...«

So so, er kannte meine Eltern offensichtlich gut.

» ... und natürlich hat sie mir von dem Unfall erzählt. Sie hat auch die ganzen wilden Räuberpistolen aufgeklärt, die hier über dich kursieren, aber du wirst sicherlich noch häufiger erklären müssen, wer du nun eigentlich bist.«

»Ja, mein Bruder hat sein möglichstes getan um irgendwelche wilden Geschichten in die Welt zu setzen, wahrscheinlich wird die Klasse sich wundern, daß ich ohne Bodyguards rumlaufe.«

Der Direx grinste.

»Wahrscheinlich! Schade, da hätten wir eine tolle Show draus machen können. Du bist in Stefans Klasse und er kann dir über die ersten Anfangsschwierigkeiten hinweghelfen, by the way, wir werden morgen in Englisch das Vergnügen haben. Ach so, vom Sportunterricht bist du erstmal befreit, ansonsten hast du das normale Programm. Richtig, ich wußte doch, daß ich etwas vergessen hatte - deine Bücher.«

Ein imposanter Stapel und natürlich schwer. Ich packte alles was reinpaßte in meinen Rucksack und klemmte mir den Rest unter den Arm.

»So, dann wollen wir mal.«

Naja, er wollte, nicht wir, aber egal, wir gingen ... und gingen ... und gingen, bis wir in einem der Nebengebäude meinen Klassenraum erreichten.

»Herr Müller, das ist Thomas Steinberg, der neue Schüler.«

Hm, das mußte das gefürchtete Müllerchen sein, knapp 1,60m und wirkte etwas verbissen.

»Ardua prima via est et quam vix mane recentes enituntur equi!«

Oops, der Typ hatte doch wohl einen an der Waffel, oder wie? Ein freundliches Guten Morgen hätte es ja auch getan, aber mich gleich auf Latein zu begrüßen war ja nun doch leicht daneben. Aber trotzdem konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen, Ovid hatten wir bis zum Kotzen auf meiner alten Schule gemacht und ich kannte die Stelle und übersetzte postwendend.

»Zu Beginn ist der Weg steil und die Pferde, morgens noch frisch, können ihn kaum erklimmen. Ovid, Metamorphosen, ein sehr passendes Zitat.«

Es war toll. Müllerchen zeigte den Ansatz eines Lächelns, der Direx grinste offen und die Klasse saß staunend da. Ich hätte nie gedacht, daß ich für meinen Lateinunterricht jemals dankbar sein würde, aber jetzt hätte ich meinem alten Lehrer auf der Stelle die Füße geküßt.

»Respekt, es gibt nicht viele Schüler, die sich mit Ovid befassen. Ich gehe davon aus, das wir viel Freude miteinander haben werden. Und nun such dir einen Platz.«

Ähem, ‚viel Freude miteinander haben‘??? Irgendwie war ich im falschen Film, oder? Etwas verwirrt schaute ich mich um und sah einen freien Platz neben Stefan - nichts wie hin.

»Also dann wollen wir doch mal sehen, ob das eben ein Glückstreffer war. Schlag dein Buch auf, Seite 73, der zweite Absatz. Lies den nächsten Satz vor und übersetz ihn dann.«

Und los ging's

»Medio est altissima caelo ...«

Und so weiter. Mich rettete einfach die Tatsache, daß ich die Stelle kannte, da war es kein Problem, den Satz zu übersetzen.

»Und den nächsten Satz, bitte.«

Wer? Ich schon wieder? Mußte wohl, er schaute mich so erwartungsvoll an. Nach ungefähr zehn Minuten wußte ich mit absoluter Sicherheit, daß Müller ein Arschloch war - der Typ ließ mich den halben Ovid Satz für Satz in einer Solovorstellung übersetzen! Aber so einfach ließ ich mich nicht unterkriegen und auch, wenn es manchmal etwas holprig war, insgesamt war es eine saubere Übersetzung. Schließlich erlöste mich die Klingel

»Danke, Thomas, das war eine recht brauchbare Leistung.«

Ich ließ mich erleichtert zurücksinken - und dann begann irgendwer, Beifall zu klatschen und der Rest der Klasse machte mit. Kein schlechter Einstand.

»Wow, ‚brauchbare Leistung‘ bedeutet bei Müller so viel wie ‚schlägt alle Rekorde‘ ... Thommy, ich hab nicht gewußt, daß du gebürtiger Lateiner bist.«

Stefan staunte immer noch.

»Dann hättest du allen Leuten erzählt, Julius Cäsar sei mein Opa und meine Eltern hätten was mit dem Untergang des römischen Imperiums zu tun gehabt. Nee, wir haben Ovid rauf und runter gemacht und ich kannte die Stelle.«

Ein paar andere hatten das gehört und kamen grinsend rüber. Leider kam da schon Frau Weger, Geschichte, war wohl nichts mit ’nem small talk. Aber nach der Stunde war große Pause und ich machte mich auf die Suche nach Marcus, er war ja leider nicht in meiner Klasse. Auf dem Schulhof traf ich dann aber Stefans Crew, so fünf, sechs Jungs. Immerhin würde ich mit ihnen einige Zeit verbringen und auch wenn ich mich lieber mit Marcus getroffen hätte, ging ich dann doch zu den Jungs, Stefan übernahm die Vorstellung.

»Ah, du bist Reiko, den Namen hab ich doch schon mal gehört!«

»Echt? Hab ja immer gewußt, daß ich mal berühmt werde.«

»Naja, du hast doch nach Stefans Mafia-Bruder gefragt, oder?«

»Ähem, ja, aber das war nicht so gemeint. Ich mein, es gibt so viel Stories über dich ... sollte ’n Scherz sein.«

»Null problemo, Stefan hat dir ja gesagt, daß ich nichts mit der Mafia zu tun habe, sondern daß meine Eltern am Zusammenbruch der Sowjetunion beteiligt waren.«

Stefan begriff sofort und nickte beiläufig. War ein bißchen mühsam, ernst zu bleiben, aber es klappte. Reiko riß die Augen auf

»Was ... wirklich?«

»Naja, ich erinnere mich nicht mehr an alles, ist ja schon lange her, waren ziemlich wilde Zeiten. Ich weiß noch, daß wir mal nachts plötzlich los mußten, in diesen großen schwarzen Autos und da waren viele Männer, die ich nicht kannte und ...«

»Und dann kamen die kleinen merkwürdigen Männchen vom Mars, schon klar. Thomas, ich glaube, wir sollten langsam die Wahrheit verbreiten.«

Der Direx hatte sich unbemerkt zu uns gestellt und die Show gestört. Eigentlich schade, es fing gerade an, Spaß zu machen.

»Na gut, wenn sie meinen. Also, Leute, die Sache ist ziemlich einfach, meine Eltern sind bei einem Autounfall gestorben, als ich elf war und deshalb war ich ein paar Jahre in einem Heim in Norddeutschland und durch ...«

Reiko unterbrach mich.

»Echt, so richtig im Heim?«

Der Tonfall gefiel mir nicht.

»Ja.«

»Is ja cool, und wie bist du da rausgekommen? Abgehauen, oder wie? Und haben die dich oft verprügelt? Und wie ...«

Ich dachte an Sabine und die anderen und an all die Arbeit, die sie sich gemacht hatten.

»Das reicht! Ich sagte Heim, nicht Gefängnis. Und es ist überhaupt nicht cool, wenn du mit elf am Grab deiner Eltern stehst und kein Mensch dich haben will.«

So langsam wurde ich ernsthaft sauer - und lauter.

»Ich weiß nicht, was für bescheuerte Ideen du von Heim hast, aber wenn du meinst, daß du mich hier ...«

Stefan ging dazwischen – glücklicherweise.

»Hey, langsam, Thommy. Wir können uns hier alle nichts unter Heim vorstellen und Reiko ist bloß neugierig, stimmt's?«

Reiko hatte inzwischen begriffen, daß seine Fragen nicht so rasend toll waren.

»Ja, klar, ich mein, ich kenn das nur so aus dem Fernsehen ... sorry, ich hab wohl Blödsinn geredet.«

Eigentlich hätte ich Reiko gern noch den Kopf gewaschen, aber ich mußte ja nicht unbedingt am ersten Tag schon Ärger machen.

»Laß mal stecken, ist okay.«

»Danke. Aber vielleicht kannst du irgendwann mal erzählen, wie es denn wirklich im Heim ist - und wie du hierhin gekommen bist.«

Wie sollte ich den Jungs denn klarmachen, wie es ist, wenn man plötzlich allein auf der Welt ist? Wenn man in einem fremden Haus in einem fremden Zimmer sitzt und nicht mehr weiß, wer man eigentlich ist ... wenn man Angst hat und dankbar ist für jedes Lächeln ...

»Ja, irgendwann mal. War jedenfalls ein ziemlicher Zufall, daß ich hier gelandet bin ...«

Und nach einem schnellen Seitenblick auf Stefan.

» ... naja, vielleicht besser ein riesengroßes Glück. Jedenfalls bin ich verdammt froh, hier zu sein.«

»Und wir auch - immerhin hast du Müllerchen heute im Alleingang genommen und wir hatten Ruhe!«

»Na, das wird ja wohl keine Gewohnheit werden ... hoffe ich!«

Und schon wurde es Zeit für die nächste Stunde - so groß war die große Pause nun doch nicht. Das ganze wurde ein ziemlich normaler Schultag, nur in der letzten Stunde wurde ich müde und träumte ein bißchen ... natürlich von Marcus.

Das Mittagessen war eine sehr zügige Angelegenheit - natürlich wollte Johanna wissen wie es in der Schule gewesen war, wie die Lehrer gewesen waren, ob die Klasse mich gut aufgenommen hatte, ob ich alle Bücher bekommen hatte, ob ich mein Pausenbrot gegessen hatte ... naja, eben wie eine richtige Mutter. Trotzdem hatte ich es eilig, hm, naja, nicht richtig eilig, es war nur so, daß sich auf der Rückfahrt ein, zwei Schmetterlinge in meinem Bauch eingenistet hatten und ungefähr alle dreißig Sekunden kam einer dazu. Irgendwie vertragen sich Schmetterlinge nicht mit klarem Denken. Würde Marcus kommen? Er hatte es gesagt. Aber wenn er nicht kommen würde? Und wenn er kommen würde, was...

»THOMMY!«

»W ... was?«

»Schön, daß du wieder bei uns bist. Sag mal, magst du keine Schnitzel?«

»Doch, natürlich. Wieso?«

»Ach, war nur so ein Gedanke. Immerhin hast du vor ungefähr zwei Minuten ein Stück Schnitzel in die Sauce getaucht und verreibst das Ganze seitdem auf deiner rechten Wange. Ich weiß, es ist ein gänzlich absurder Gedanke, aber läge es eventuell im Bereich des Möglichen, daß deine Gedanken ganz woanders sind?«

Stefan grinste.

»Schade, das du ihn gestört hast. Jetzt werden wir nie erfahren, ob die Sauce zuerst auf sein Hemd oder auf den Tisch getropft wäre.«

Ähem, nun ja, ein schneller Griff überzeugte mich davon, daß die Beiden recht hatten. Peinlich, peinlich, ich ging mir erstmal das Gesicht waschen und ging dann wieder zu Tisch.

»'tschuldigung. Ich hab gerade an was anderes gedacht.«

»Ich geh jede Wette ein, das du nicht an was anderes, sondern an wen anderes gedacht hast.«

»Ach Johanna ... was soll ich dazu sagen?«

»Hm, ein einfaches Nicken würde mir ...«

Und dann schellte es - ja, genau, ich wußte vorher auch nicht, daß ich so schnell sein konnte, jedenfalls war ich in absoluter Rekordzeit an der Haustür.

»Hi Thommy!«

JA! Marcus. Und mir blieb gleich die Spucke weg, bei dem Lächeln konnte man Zeit einfach vergessen. Marcus war fast schon formell gekleidet, weiße Jeans und weißes Hemd, durch den dünnen Stoff konnte man seine Haut erahnen, also, auch wenn es sich bescheuert anhört, ich stand einfach da und guckte.

»Also, Thommy, wir können auch hier stehenbleiben, wenn du willst, aber ich hatte eigentlich gehofft, wir würden ’reingehen.«

»Wie ... äh, ja ... klar. Sorry, komm rein, ich hab nur ... ich konnte nur ...«

Na Klasse. Echt super. Reife Leistung. Wir war das noch mit dem Satzbau, Grundschule, 1. Klasse. Oh Mann, war mir das peinlich.

»'tschuldigung. Ich konnte nur einfach nicht glauben, daß du wirklich gekommen bist.«

»Dito. Ich hab heute morgen in der Schule gesessen und überlegt, ob das nicht alles ein Traum war.«

Wir lächelten uns an und gingen ins Eßzimmer.

»Hallo Marcus, magst du noch was essen? Oder trinken?«

»Hallo Frau Steinberg. Hi Stefan. Danke, aber ich komme grad vom Essen. Aber ein Kaffee wär eine tolle Sache.«

»Hey, du hast Ähnlichkeit mit Thommy, der trinkt auch Unmengen von dem Zeug.«

»Also ‚Unmengen‘ ist nun wirklich nicht wahr! Aber Kaffee ist eine gute Idee.«

»Okay, ich setz eine Kanne an, ich ruf hoch, wenn er fertig ist.«

Auf in mein Zimmer. Marcus schaute sich um und grinste.

»Nett hast du's hier. Vielleicht etwas ... kahl?«

»Setz dich, ja, immer noch etwas unpersönlich. Das ist eigentlich das Gästezimmer und ich hab noch nicht so viel eingekauft.«

»Hast du denn nichts mitgebracht?«

»Doch, ungefähr sechs Kartons. Aber die sind bei dem Unfall draufgegangen.«

»Stimmt, hatte ich vergessen, war denn echt nichts mehr zu retten?«

»Keine Chance, den BMW hat's richtig zerlegt. Johanna hat so ziemlich alles noch mal angeschaut, aber es lohnte sich nicht mehr. Halt Moment, das hätte ich vergessen, etwas hab ich doch noch.«

Ich ging zum Schreibtisch - genau, das Fotoalbum lag in der obersten Schublade.

»Hier, das ist alles, was ich noch habe und es ist mein wichtigster Besitz.«

Marcus nahm das Album und blätterte die Seiten vorsichtig um. Ich setzte mich neben ihn und gab hin und wieder eine Erklärung. Dann schlug er das letzte Foto auf, links meine Mutter, rechts mein Vater und beide hatten einen Arm um mich gelegt. Wir schauten alle drei in die Kamera ... manchmal glaubte ich, ihre Hände auf meinen Schultern zu spüren.

»Das ist das letzte Foto.«

Marcus schaute lange auf das Foto ... und dann auf mich. Und dann legte er seinen Arm um mich, genauso, wie damals meine Eltern und auch wenn ich weiß, daß es nicht sein konnte, für einen Moment glaubte ich, drei Arme zu spüren.

»Thommy, Kaffee ist fertig!«

Johannas Stimme holte mich wieder in die Realität zurück. Marcus ließ mich los und ich lief schnell die Treppe runter, immer dem Kaffeeduft nach.

»Himmel, Johanna, was hast du denn gemacht?«

Da stand ein Tablett mit dem guten Geschirr, Kaffee, Zucker, Sahne, Pralinen und einem Sträußchen Blumen.

»Ich bin nicht blind. So, wie ihr euch angeschaut habt, ist das kein Besuch, sondern ein Rendezvous und wenn mein Sohn seinen Freund zum ersten Mal mitbringt ...«

Ein schnelles Augenzwinkern.

»... dann ist das auf jeden Fall ein Grund zum Feiern.«

Ja, das war wohl so ein Unterschied zwischen Heim und Zuhause.

»Danke, Johanna!«

»Thommy?«

»Ja?«

»Ich weiß nicht so genau, wie ich es sagen soll, aber ... nun, äh, niemand wird euch stören ... wenn du weißt, was ich meine und ... nun, es ist eure Entscheidung, was ihr da tut, in Ordnung?«

Ich hatte Mühe, nicht laut loszulachen. Johanna hatte kein Problem damit, mir Kondome ins Zimmer zu legen, aber wenn es darum ging, sie zu benutzen, wurde sie doch unsicher.

»Ich weiß genau, was du meinst, aber da haben wir beide wohl noch nicht dran gedacht, okay? Und abgesehen davon ...«

Und jetzt war ich mit grinsen dran.

» ...weiß ich ja, wo die Kondome sind.«

Woraufhin ich ein Trockentuch an den Kopf bekam und ob dieser tödlichen Bedrohung mit dem Kaffee flüchtete.

Ich hatte noch keinen Couchtisch und stellte das Tablett auf den Boden.

»Marcus, ich fürchte, wir waren ein bißchen auffällig.«

»Wieso ...«

Und dann warf er einen Blick auf das Tablett.

»Oh!«

»Ja, das kannst du wohl sagen. Johanna sagte, sie hätte es schon bemerkt, als wir reinkamen. Schlimm?«

»Eigentlich möchte ich, daß es alle wissen.«

»Wenn wir uns beeilen, schaffen wir es bis morgen auf die Titelseite der Bayrischen Zeitung. Aber mal ernsthaft, zum Glück hat meine Familie kein Problem mit mir und wohl auch nicht mit dir. Ich würd mich freuen, wenn wir es ihnen sagen könnten. Die denken sich sowieso ihren Teil.«

Marcus nickte nachdenklich.

»Ja, aber laß uns erstmal auf der sicheren Seite bleiben. Deine Familie, ja, aber ich möchte es meiner Mutter noch nicht sagen. Übrigens, was denn eigentlich sagen?«

»Gute Frage. Was sind wir denn eigentlich. Marcus...«

War mal wider Zeit, tief Luft zu holen.

»... ich glaube ...«

Ich schaute ihn an und zum ersten Mal in meinem Leben sagte ich es.

»... ich glaube ...«

War wohl nichts, also noch mal tief Luft holen ... und dann strich Marcus mir über den Kopf und sagte.

»Ich liebe dich auch!«

Und dann küßten wir uns. Nein, wir wälzten uns nicht über das Sofa, wir rissen uns nicht die Kleider vom Leib, wir küßten uns einfach nur. Und doch ... es war einer dieser Momente, in denen ich wieder wußte, warum es das Universum gab, warum es mich gab und das alles absolut in Ordnung war und besser nicht sein konnte. Ich war so glücklich, das es fast schon weh tat.

»Marcus, ich liebe dich!«

»Das wußte ich zwar schon, aber ich kann es nicht oft genug hören.«

Wir saßen noch ein paar Minuten und alberten herum.

»Was meinst du, sollen wir es jetzt Johanna sagen?«

»Klar, komm!«

Wir liefen die Treppe runter und fanden Johanna im Wohnzimmer.

»Johanna?«

Sie schien etwas überrascht, uns zu sehen - kein Wunder, wahrscheinlich dachte sie gerade darüber nach, daß 10 Kondome im Monat nicht so rasend viel sind.

»Hallo ihr beiden.«

»Johanna, wir möchten dir etwas sagen.«

Ich nahm Marcus' Hand.

»Moment mal, Thommy, kann ich mich erst hinsetzen. Ich glaub, ihr wollt mir was sehr wichtiges sagen.«

Ich bin sicher, sie wußte längst, was Sache war, aber sie machte eine tolle Show daraus, sich ächzend in den Sessel sinken zu lassen.

»Also Kinder, dann laßt mal hören.«

Wir standen wirklich wie die Kinder da und hielten Händchen - muß toll ausgesehen haben, meine Rechte in Marcus' Linker und die anderen Arme verbunden.

»Johanna, Marcus und ich ... wir lieben uns.«

Natürlich wußte ich, daß Johanna sich freuen würde, aber ich war trotzdem tierisch nervös und ich spürte, wie Marcus' Hand sich fester um meine schloß.

»Na, da gratulier ich euch herzlich!«

Dauerte einen Moment, bis wir klarkriegten, daß Johanna plötzlich eine sehr tiefe Stimme hatte - und das die Stimme von hinten kam. Johannes stand lächelnd in der Tür. Johanna schaute etwas versonnen.

»Sag mal, Schatz, erinnert dich das nicht an etwas?«

»Du meinst, wie ich vor deinem Vater auf die Knie gegangen bin und um deine Hand angehalten habe?«

»Yep!«

»Wenn die beiden jetzt so nervös sind, wie ich damals, sollten wir sie nicht auf den Arm nehmen. Setzt euch hin.«

Taten wir.

»Johanna, erinnerst du dich daran, was wir getan haben, als dein Vater sein Okay gegeben hatte? Ich glaube, das wäre jetzt das richtige.«

»Also ... Johannes ... ich weiß nicht .. doch nicht hier vor den Jungs!«

Sie wurde tatsächlich rot - und Johannes fing an zu lachen.

»Ach, doch nicht das. Ich dachte, wir könnten einen Sekt trinken.«

Johanna sprang fast in die Küche und war innerhalb von Sekunden mit einer Flasche Sekt wieder da ... Johannes erhob das Glas.

»Vor kurzer Zeit habe ich einen zweiten Sohn bekommen und als ich dich suchen fuhr, war ich genauso aufgeregt, wie damals, als Stefan geboren wurde - Thommy wird dir die Geschichte sicher noch erzählen, Marcus. Wie es aussieht, haben wir heute wieder Zuwachs bekommen. Marcus, ich kenne dich schon viele Jahre und ich freue mich sehr, daß du meinen Sohn liebst. Du bist uns herzlich willkommen!«

»Mein lieber Göttergatte, du neigst zur Geschwätzigkeit und der Sekt wird warm. Marcus, Thommy, trinken wir auf eure Liebe!«

Und das taten wir dann auch. Und dann stellten wir die Gläser ab und niemand wußte so recht, was er sagen sollte. Vielleicht, weil alles Wichtige schon gesagt war. Schließlich räusperte sich Johannes.

»Habt ihr schon überlegt, wie es weitergehen soll?«

»Eigentlich nicht. Aber wir wollen es Marcus' Mutter erstmal nicht sagen, da müssen wir uns noch etwas einfallen lassen. Und wie das im Dorf sein wird, mal sehen.«

»Marcus, ich hab es Thommy schon gesagt und das gilt auch für dich: Egal was passiert, egal wer sich gegen euch stellt, du bist hier immer willkommen.«

Marcus schaute etwas überrascht und dann begriff er, was mein Vater da gerade gesagt hatte.

»Vielen Dank, Herr Steinberg. Ich weiß nicht, wie meine Mutter reagieren wird ... und vielleicht werde ich auf ihr Angebot zurückkommen.«

»Jederzeit, Marcus! Übrigens ... hm, irgendwie gehörst du ja fast schon zur Familie, laß uns ‚Du‘ sagen, ich heiße Johannes und das meine Frau Johanna heißt, weißt du ja auch schon länger.«

Johannes hatte das Glas schon in der Hand, aber diesmal stoppte ich ihn.

»Moment bitte. Bevor wir uns hier schon vor dem Kaffee sinnlos betrinken, habe ich auch noch etwas.«

Und nun wurde es wieder mal Zeit, tief Luft zu holen. Ich hatte schon länger darüber nachgedacht, war wohl eine gute Gelegenheit, es offiziell zu machen

»Ihr habt schon oft gesagt, daß ich euer Sohn bin und ich fühl mich auch so. Nun ... also, wenn ihr nichts dagegen habt ... naja, dann würde ich euch auch gern so nennen, so, wie ich meine Eltern auch immer genannt hab. Ich weiß, daß ich erst ein paar Wochen bei euch bin, aber darf ich auch Papa und Mama zu euch sagen?«

Ich weiß, es klingt ziemlich simpel, aber es war für mich ein verdammt großer Schritt. Ich wollte meine ‚richtigen‘ Eltern nicht ersetzen oder so, ich hatte nur zum ersten Mal seit viel zu viel Jahren das Gefühl, wieder ein Zuhause zu haben, wieder Eltern zu haben. Meine Eltern werden immer in mir sein, aber ... nun, jetzt hatte ich eben vier Eltern.

Johannes stellte das Glas ab.

»Komm mal bitte her, Thommy!«

Nanu? Was sollte das denn? Okay, ich ging zu ihm.

»So, so, du willst also Papa zu mir sagen?«

»Äh, ja.«

»Und dachte schon ...«

Er stand langsam auf.

»... ich hätte mich verhört.«

Im nächsten Moment bekam ich kaum noch Luft. Im übernächsten Moment bekam ich gar keine Luft mehr. Das war auch der Zeitpunkt, in dem sich meine Rippe wieder meldete. Dauerte einen Moment, bis ich klarkriegte, was eigentlich passiert war. Liebe Güte, ich hätte nie gedacht, daß ein Chefarzt so viel Kraft haben könnte. Er hielt mich fest wie ein Ertrinkender den Rettungsring, wie ein Raucher seine letzte Kippe ... er umarmte mich und ließ nicht wieder los. Wie lange kann ein Mensch eigentlich ohne Luft leben? Irgendwie wollte ich das nicht ausprobieren ... und versuchte, der Umklammerung zu entkommen, natürlich hatte ich keine Chance, aber irgendwann ließ er los.

»Also ..«

Keuch.

»... Papa ...«

Keuch.

»... war das ...«

Keuch.

»... ein Ja?«

»Na, das mußt du doch nicht mehr fragen, oder?«

»Ne, aber ... laß mich erstmal Luft holen.«

Und dann umarmte mich Johanna, Mama, aber ziemlich sanft.

»Ich freu mich, Thommy.«

»Ich auch ... besonders, daß du nicht versucht hast, mich zu erdrücken.«

Johannes grinste.

»Stell dich nicht so an, die Wiederbelebung hätten wir schon geschafft ... und keine Angst, die Mund-zu-Mund-Beatmung hätte ich Marcus überlassen!«

Ich glaube, Marcus wußte ganz genau, wie wichtig die Sache für mich war, seine Augen strahlten.

Der Sekt kam uns allen jetzt irgendwie ziemlich unwichtig vor, aber wo die Flasche schon mal offen war, nahmen wir noch ein Glas.

»So, und was habt ihr beiden heute nachmittag denn noch so vor?«

Gute Frage. Ich schaute Marcus an und dann war es klar.

»Ich glaube, wir gehen noch etwas raus, wäre einfach zu schade, bei dem Wetter im Zimmer zu sitzen.«

Und das taten wir dann auch, ja, genau, wir gingen zum Teich. Natürlich mußten wir uns wieder durch die unberührte Wildnis schlagen, nach ein paar Minuten fühlte ich mich wie Indiana Jones im Urwald des Grauens oder so ähnlich. Naja, wenigstens hatte ich die Winnetou-Filme gesehen... und so folgte ich meinem roten Bruder durch den dichten Wald.

»Marcus?«

»Ja?«

»Hast du eigentlich eine Badehose mit?«

»Was willst du denn mit einer Badehose?«

»Eine sehr gute Frage. Es ist warm, wir gehen an einen Teich, was könnte ich da wohl mit einer Badehose wollen? Vielleicht schwimmen gehen?«

Marcus drehte sich grinsend nach mir um.

»Und ich dachte schon, du wolltest nur, das wir uns ein bißchen ausziehen. Hey, hier kommt nie jemand hin. Wenn du hier schwimmen willst, brauchst du keine Badehose ... aber ich hätte da noch andere Ideen.«

Wir erreichten den See und wieder verschlug es mir für einen Moment den Atem. Aber nur für einen Moment, die weiß gekleidete Gestalt neben mir war viel zu aufregend.

»Na, ich glaube, ich kenne deine Ideen.«

»Ach wirklich?«

»Ja!«

Ich küßte Marcus auf die Lippen.

»Du willst einen armen, fremden Jungen verführen, die Situation schamlos aus ...«

Weiter kam ich nicht, denn Marcus' Lippen schlossen mir den Mund. Ja, da hatte ich wohl recht gehabt, aber wer hier wen verführte ... nun ja.

Wir gingen zu der Birke, der Platz war großartig, schattig, weicher Boden, einfach herrlich. Marcus wollte sich setzen, aber ich hielt ihn auf.

»Wär doch schade, wenn deine Hose Grasflecken bekomme würde.«

»Ich wußte doch, das du die Situation ausnutzen würdet.«

Dauerte nicht lange, bis wir nur noch die Unterhosen anhatten. Himmel, war ja nicht so, als ob ich sie nicht gern sofort ausgezogen hätte, aber ich mußte erst noch einen langen Blick auf Marcus werfen.

»Also ehrlich, ich glaube immer noch nicht, daß das hier wirklich passiert. Aber wenn es ein Traum ist, dann will ich, das er niemals aufhört.«

Es war wirklich romantisch, aber Klein-Thommy meldete sich seit längerer Zeit und woher die Beule in Marcus' Unterhose kam, brauchte ich auch nicht zu fragen ... das mit dem Vorspiel würden wir später nachholen, meine Hände zitterten, als ich Marcus die Unterhose auszog - er revanchierte sich sofort. Wir umarmten uns und ... als wir uns berührten, da wäre es fast schon zu Ende gewesen. Himmel, das war ganz anders, als ich mir das vorgestellt hatte, viel intensiver ... als Marcus meinen Schwanz in die Hand nahm, blieb mir fast die Luft weg. Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, aber es ging auf jeden Fall viel zu schnell. Wir standen immer noch ganz eng und dann spürte ich, wie Marcus kam und da gab es auch für mich kein Halten mehr. Mir zog es fast die Füße weg und wir fielen auf den Waldboden und hielten uns immer noch fest - und ich hatte auch nicht vor, ihn jemals wieder loszulassen.

»Thommy?«

»Mmmhhhh«

»Laß uns hierbleiben.«

»Ich hatte auch nicht vor, aufzuspringen und wegzurennen.«

»Nein, ich meine für immer.«

»Ja, laß uns hierbleiben.«

Keine Ahnung, wie lange wir da gelegen haben, vielleicht bis zum Ende aller Zeit und noch länger und wir wußten genau, daß das Universum nur wegen uns existierte. Ein berühmter Mann hat früher mit viel Mühe bewiesen, das Zeit etwas relatives ist ... er hätte mal ein paar Minuten mit Marcus zusammen sein sollen, dann hätte er das auch ohne die ganze Rechnerei gewußt.

Und dann überraschte uns ein Donnergrollen, naja, nicht gerade ein Donner, aber mein Magen meinte, aller Welt verkünden zu müssen, daß er beklagenswert leer sei.

»Du liebe Güte - was war das denn?«

»Hm, scheint, ich hab Hunger.«

»Du kommst doch grad vom Mittagessen!«

»Mittag - ja, Essen - nein.«

Ich erzählte ihm die Story und Marcus küßte mich auf die rechte Wange.

»Ja, schmeckt noch ein bißchen nach Sauce.«

Beim Stichwort Sauce meldete sich mein Magen wieder.

»Muß ich jetzt Angst haben, daß du über mich herfällst?«

»Definitiv: Ja! Aber auch wenn Du zum Anbeißen aussiehst ...«

Ich knabberte versuchsweise an seinem Ohrläppchen.

» ... mmh, mit ein bißchen Ketchup bestimmt lecker, also, auch wenn du zum anbeißen aussiehst, ess ich mein Fleisch doch lieber durchgebraten.«

»Muß ich mich jetzt bedanken, daß du mich nicht auf den Grill legen willst?«

»Och, eigentlich eine gute Idee, ich würde dich auf einer großen Silberplatte servieren, mit Apfel im Mund und Petersilie hinter dem Ohr.«

»Denkst du eigentlich immer nur an Essen?«

»Nein, ich denke eigentlich immer nur an dich.«

Der Kuß dauerte ziemlich lange.

»Laß uns was essen gehen, wer weiß, ob du mich nicht doch noch anknabberst.«

»Anknabbern? Keine Angst, niemals. Ich würde meine Zähne mit aller Kraft in deine Oberschenkel schlagen ...«

Und genau zu besagtem Körperteil bewegte ich mich ... es war ein schönes Spiel, wir küßten uns an allen möglichen und unmöglichen Stellen, bis Marcus entdeckte, daß ich kitzlig war. Dauerte nicht lange und ich suchte japsend hinter der Birke Deckung.

»Schon gut, schon gut! Dann werd ich dich eben nicht essen. Aber könntest du mir mal eben eine Büffel schießen? Die gibt's doch hier bestimmt noch und ich würd dir auch die Hälfte übriglassen.«

»Danke. Was hältst du denn von Fleischpflanzerln und Pommes?«

»Äh, Pommes ist gut, aber was ist das andere?«

»Kulturlose Nordlichter! Gebratene Hackfleischbällchen, ziemlich lecker.«

»Du meinst Frikadellen.«

»Ich meine Fleischpflanzerl.«

»Egal, ich werd's essen.«

»Du würdest alles essen. Also los!«

Naja, so schnell ging's dann doch nicht, wir wuschen uns erstmal das Sperma vom Körper und dann mußten wir trocknen und uns anziehen und uns durch die Wildnis schlagen. Und als wir auf die Straße kamen, mußte ich Marcus loslassen und das war wirklich schwer.

Schließlich standen wir in der Küche des urigen Bauernhauses, Frau Huber werkelte gerade an einem riesigen Herd, der war aber überhaupt nicht urig, sondern auf dem neuesten Stand der Technik.

»Grüß euch, möagst was zum Esen? Ihr junge Leit habts doch allawei an Hunger.«

Typisch. Bayrisch. Wenn die Leute doch nur Deutsch sprechen würden.

»Guten Tag Frau Huber. Ich ...«

Marcus wußte genau, daß ich kein Wort verstanden hatte und unterbrach mich.

»Hallo Mama, ja, Thommy hat ziemlichen Hunger ...«

Ein schnelles Grinsen.

»... und er versteht kein Bayrisch.«

»Jo mai, dann red i ebn preisisch.«

Ah, ja. Hm. Also wenn das hochdeutsch sein sollte, dann würde es ein ziemlich einseitiges Tischgespräch werden. Ich muß wohl reichlich belämmert geschaut haben, jedenfalls fing Frau Huber an zu lachen.

»Keine Angst, ab jetzt hochdeutsch. Ich hab noch ein paar Reste vom Mittagessen, Fleischpflanzerl und ein paar Pommes dazu?«

»Gern, Marcus sagte schon so etwas und ich kenne nur Frikadellen, aber Fleischpflanzerl sind wohl so was ähnliches.«

»Ist das gleiche, heißt hier nur anders. Setz euch schon hin, Essen kommt gleich.«

Wir setzten uns an einen großen Holztisch in der Küche - das kannte ich nur von ganz früher, im Heim aßen wir niemals in der Küche und bei meinen neuen Eltern war die Küche sowieso ein Schlachtfeld.

»Sag mal, habt ihr ein Restaurant oder so? Die Küche ist ja riesig!«

»Sag das nicht so laut, sonst haben wir hier bald eins. Nein, Mama kocht einfach gern und wir haben oft Gäste ... du solltest das hier mal sehen, wenn 30 oder 40 Leute da sind, dann geht's richtig zur Sache!«

»Kann ich mir vorstellen. Aber ist echt gemütlich hier.«

Frau Huber kam mit Tellern und Besteck.

»Die Pommes dauern noch etwas. Marcus, hol doch eben was zu trinken. Ketchup, Mayo, Senf?«

Die letzte Frage ging an mich und ich überlegte nicht lange.

»Gern, in der Reihenfolge!«

Frau Huber schaute etwas verdutzt, aber sie brachte alles, wenn auch mit einem Fragezeichen im Gesicht. Als Marcus mit dem Wasser und den Gläsern kam, waren die Pommes auch fertig - oh, oh, und wer sollte das alles essen?

»Erwarten sie noch eine größere Gesellschaft zum Essen?«

»Ach, woher denn, du hast doch Hunger, iß erstmal, wenn's nicht reicht, dann mach ich halt mehr.«

Also, wenn ich das richtig sah, dann lagen da ungefähr acht von diesen Fleischpflanzerln und die waren verdammt groß und die Pommes hätten auch für eine mittlere Großfamilie gereicht. Na gut, Mayo und Ketchup großzügig auf den Pommes verteilen, etwas Senf zum Fleisch und los ging's.

So nebenbei erfuhr ich ein bißchen mehr über Frau Huber und Marcus und warum nie Rede von seinem Vater war. Muß damals ein ziemlicher Skandal gewesen sein, es gab eine Scheidung und Marcus' Vater und sein älterer Bruder waren in Stuttgart geblieben und Frau Huber war mit Marcus wieder zurück ins Dorf, zu ihren Eltern gezogen. War am Anfang wohl nicht ganz leicht gewesen und in der Zeit begann auch die Freundschaft mit meinen Eltern. So langsam verstand ich, woher die Falten in ihrem Gesicht kamen ... und das sie nicht nur eine einfache Köchin aus einem bayrischen Dorf war. Und ich verstand auch den Blick, den sie manchmal auf Marcus warf, beschützend, stolz, wehmütig ... er war sozusagen ihre ganze Familie.

»So, jetzt mach ich aber einen Kaffee!«

Mit diesem erfreulichen Statement verließ sie uns und machte sich an der Maschine zu schaffen. Vor uns standen noch die Reste der Mahlzeit, wir hatten mit vereinten Kräften vielleicht ungefähr die Hälfte geschafft, kein Grund, faul herumzusitzen, wir räumten schon mal ab und holten die Kaffeetassen. Während Frau Huber noch auf die Kaffeemaschine aufpaßte - oder was immer sie da gerade machte - nahm ich Marcus' Hand, unter dem Tisch, aber wenigstens wollte ich ihn fühlen. Leider kam da schon der Kaffee, zwei Kannen? Äh, was sollten wir denn mit zwei Kannen Kaffee?

»Thommy, nimmst du bitte die helle Kanne.«

»Ja ... sicher, ist da was besonderes drin?«

»Ja. Johanna hat mir erzählt, was du unter Kaffee verstehst und da hab ich dir was zusammengebraut.«

Na, da war ich ja gespannt und probierte vorsichtig

»Mmh, der ist Klasse! Danke!«

»Gern geschehen. Schön, mal jemanden hier zu haben, der Appetit hat. Marcus ißt nicht viel, wenn er mal heiratet, wird seine Frau nicht viel Arbeit haben.«

Schlechte Esser sind schlecht Köche ... womit klar war, wer von uns beiden am Herd stehen würde. Irgendwann mal.

»Na, da bin ich das genaue Gegenteil, ich esse gern und ich koche auch gern und ich bin auch schon sehr gespannt, auf ihren berühmten Schweinebraten.«

»Ja, den mach ich dieses Wochenende, komm doch am Sonntag mittag zu uns, wenn du willst auch etwas eher, dann zeige ich dir, wie es gemacht wird.«

»Gern, ich freu mich drauf!«

Ich fragte mich, wie sie wohl reagieren würde, wenn wir ihr sagen würden, daß ich nicht nur an ihrem Schweinebraten interessiert war. Naja, wir würden uns damit beschäftigen, wenn es soweit war. Ich warf einen Blick auf die Uhr.

»Ich glaube, ich sollte mich langsam auf den Heimweg machen. Mama wird schon mit dem Abendessen warten, obwohl ich wirklich nichts mehr essen kann.«

»Komm wenigstens noch eben mit hoch, du kennst doch mein Zimmer noch gar nicht.«

»Klar, gern. Frau Huber, vielen Dank für das Essen und den Kaffee, es war wirklich köstlich!«

Natürlich hätte ich das auch gesagt, wenn es scheußlich gewesen wäre, ich würde doch meine zukünftige Schwiegermutter nicht verärgern.

»Gern geschehen und denk an Sonntag!«

Marcus' Zimmer war etwas kleiner als meins, aber viel gemütlicher. Viele Bücher, ein großer Schreibtisch mit Rechner, ein paar Blumen und eine urgemütliche Couch, ja, hier ließ es sich leben.

»Gefällt es dir?«

»Ich find's toll! Kann man die Couch ausklappen? Ich meine, falls ich mal hier übernachte.«

»Tja, dann wirst du wohl mit meinem Bett vorlieb nehmen müssen.«

»Na, auf das Angebot komme ich gern zurück. Deine Mutter ist nicht zufällig heute abend weg, oder?«

»Nein, aber wir müssen das unbedingt ins Reine bringen, ich möchte mich nicht vor meiner Mutter verstecken.«

»Da hast du recht. Ich hab keine Lust, zum Abendessen zu gehen. Meinst du, ich kann mal eben telefonieren?«

»Klar, komm mit, hier oben ist auch eins.«

Meine Mutter hatte sich schon so etwas gedacht.

»Ich bin ja überrascht, daß du überhaupt so früh anrufst. Wenn ich da an den ersten Nachmittag denke, nachdem die Verlobung mit Johannes offiziell war, also, da ...«

»Mama! Das will ich gar nicht wissen. Ich bin so gegen 10 wieder da, okay?«

»Ja, klar, aber nicht später, denk daran, du hast morgen wieder Schule!«

Tja, das war nun ausnahmsweise im Heim einfacher, abmelden, weggehen und wenn man zu spät kam, gab's Ausgangssperre für ein paar Tage und die Sache war erledigt. Jetzt mußte ich Rücksicht nehmen ... aber es war ein gutes Gefühl, das es jemanden interessierte, wo ich war.

Marcus hatte inzwischen was zu trinken geholt und grinste mich an.

»Übrigens hatte ich unrecht, Mama sagte eben, daß sie noch mal wegfährt, aber nur kurz, wird also doch nichts mit dem Bett.«

Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf genau dieses Bett, wäre ja auch zu schön gewesen, aber mir war noch etwas aufgefallen.

»Schade! Aber ... sag mal, brauchst du den Rechner eigentlich?«

»Nö, der steht hier nur zur Zierde rum. Klar brauch ich den! Wie soll ich denn sonst das ganze Zeug für die Schule machen?«

»Na mit der Hand, hab ich auch immer gemacht.«

Marcus sah mich mit großen Augen an.

»Was? Du hast keinen Rechner?«

»Äh, woher denn wohl? Wir hatten zwei Computer für alle im Heim, da kam man sowieso nie ran.«

»Na, da sollten wir unbedingt mal einkaufen gehen, da gibt's jetzt den neuen ...«

Und dann erschlug er mich mit Cache und Grafik-Karten und Controllern und Gigabytes und Modems und ISDR oder wie das heißt, jedenfalls hatte ich keine Ahnung, wovon er eigentlich redete.

»Marcus, stop mal. Brauch ich so ein Ding wirklich? Ich meine, ich kann ja schlecht zu meinen Eltern gehen und sagen: Hey, laß mal ein paar Tausender rüberwachsen!«

»Ja, du brauchst den Rechner für die Schule, ist eigentlich Standard. Und was das Geld angeht ...«

Er lächelte mich verschmitzt an.

»... da hab ich schon eine Idee.«

»Die du mir aber nicht verraten wirst, oder?«

»Laß dich überraschen. hast du überhaupt schon mal an einem Computer gesessen?«

»Naja, nicht direkt, sagen wir mal, ich hab ...«

»Setz dich an den Rechner, ich zeig dir, wie's geht.«

»Ich weiß seit ungefähr vier Jahren wie ‚es‘ geht, ich kenne mich nur nicht mit Rechnern aus.«

Das Einschalten war einfach und irgendwann würde ich auch mit dieser Maus umgehen können, aber diese ganzen verschiedenen Funktionen und Formatierungen und Ansichten und weiß was ich alles, du liebe Güte.

»Marcus, in meinem Schädel dreht sich alles, ich denk ...«

Weiter kam ich nicht, denn es klopfte an der Tür - meine Mutter

»Jungs, könnt ihr mal bitte runterkommen!«

Wir schauten uns an ... das hörte sich nicht gut an. Etwas betreten gingen wir ins Wohnzimmer. Da saßen Frau Huber und mein Vater und der sah ziemlich ernst aus. Marcus' Mutter schien plötzlich mindestens zehn Jahre älter zu sein und ihre Augen waren rot. Das roch mächtig nach einer Katastrophe und ich nahm Marcus' Hand.

»Inge, wenn du einverstanden bist, erkläre ich den beiden, was los ist, Johanna, vielleicht holst du ihr etwas zu trinken.«

Johannes erzählte uns, was passiert war. Frau Huber war es wohl sehr merkwürdig vorgekommen, daß Marcus plötzlich so gut drauf war, er war sonst ja eher ruhig und nun sprühte er geradezu vor Leben. Sie hatte zuerst an Drogen gedacht aber dann hatte sie noch einmal über das Essen nachgedacht ... genau, über die Fleischpflanzerln. Sie war zu meinen Eltern gefahren, um mit ihnen zu sprechen und Johannes konnte und wollte sie nicht anlügen. Es war eine ziemliche Katastrophe geworden, Frau Huber kriegte sich nicht wieder ein und mein Vater hatte ihr ein Beruhigungsmittel gegeben.

»Marcus, es ist besser, wenn du für ein paar Tage bei uns wohnst. Inge braucht einfach Zeit. Johanna wird sich um deine Mutter kümmern.«

Frau Huber hatte bis dahin wie ein Zombie dagesessen, mein Vater hatte bei der Dosierung des Beruhigungsmittels wohl kräftig zugelangt. Aber jetzt rührte sie sich doch.

»Ja, Marcus, ich brauch Zeit ... viel Zeit ... nachdenken ...«

Papa übernahm wieder die Initiative. Ich war heilfroh, das er da war, ich hätte wirklich nicht gewußt, was zu tun war ... und wie mußte es erst Marcus gehen.

»Thommy, hilf Marcus bitte, ein paar Sachen zusammenzupacken ... denkt auch an die Schulsachen. Und, Marcus ... wir kriegen das wieder hin!«

Letztlich lief es darauf hinaus, das Mama sich um Marcus' Mutter kümmerte, Papa Marcus' Sachen packte und Marcus nicht mehr aufhörte, zu weinen. Ich konnte nicht viel mehr tun, als ihn festzuhalten. Warum mußte das so verdammt schiefgehen? Ich hielt den schluchzenden Marcus in meinen Armen und weinte.

Johanna blieb bei Inge und wir fuhren nach Hause.

Es war sowieso schon spät, aber Papa schaute noch einmal kritisch auf Marcus.

»Ich möchte dir nicht so gern ein Beruhigungsmittel geben, aber ...«

Er ging zum Wohnzimmerschrank.

» ... ich glaube, ein Schnaps könnte dir ganz gut tun.«

Ich bin da ja kein Experte, aber das Papa da ins Glas goß, war schon eine gehörige Portion. Er schaute mich fragend an.

»Thommy?«

»Danke, laß mal, ich behalt lieber einen klaren Kopf.«

Marcus trank den Schnaps wie Wasser - erst nach ein paar Sekunden schüttelte er sich und sprach zum ersten Mal einen zusammenhängenden Satz.

»Bah! Was war das denn für ein Sauzeug?«

Ich sah ein kurzes Lächeln in Papas Augen aufflackern, wahrscheinlich hatte er genau diese Reaktion beabsichtigt.

»Das, was du da gerade so respektlos in dich rein geschüttet hast, war 30 Jahre alter schottischer Whiskey, das beste, was man für Geld kaufen kann. Noch einen?«

Er nahm noch einen, diesmal langsamer, aber er schüttelte sich nach jedem Schluck. Marcus hatte jetzt mindestens zwei Dreifache intus - und ich wußte nicht, ob er Alkohol vertrug.

»Ich glaube, wir gehen jetzt schlafen.«

»Gute Idee, ach so, morgen keine Schule. Kümmere Dich bitte um Marcus, Johanna ist nicht da und ich muß in die Klinik.«

Als wir in mein Zimmer kamen, kämpfte Stefan gerade mit einem Bettbezug.

»Oh, hallo, ’tschuldigung, daß ich in dein Zimmer gegangen bin, ich dacht nur, ich könnte schon mal das Bettzeug, Handtücher und den ganzen Kram vorbereiten.«

So langsam begriff ich, was diese Familie unter Teamwork verstand.

»Danke, das ist sehr lieb von dir. Ich bring erstmal Marcus ins Bett, Papa hat ihn abgefüllt. Bist du später noch wach?«

Das mit dem Abfüllen stimmte nicht ganz, aber der Whisky zeigte schon Wirkung, ich war sicher, das Marcus in kurzer Zeit schlafen würde. Und ich wollte gern noch mit Stefan reden, er war am Nachmittag ja nicht dabei gewesen.

»Komm einfach rüber.«

Ich hatte mir die erste Nacht mit Marcus auf der neuen Couch nun wirklich anders vorgestellt, aber es war nicht zu ändern. Wir klappten das Ding aus und Marcus zog sich aus und ging ins Bad.

Später legte ich mich neben ihn ... hielt ihn fest ... es gibt Dinge, die ich nicht erzählen möchte, jedenfalls dauerte es wirklich nicht lange, bis Marcus eingeschlafen war. Ich zog ganz vorsichtig meinen Arm weg und ging leise zu Stefan.

»Hi Stefan, noch wach?«

»Nein, ich schlafe immer bei Licht und sitze dabei am Schreibtisch. Setz dich.«

»Stefan, ich wollte unbedingt noch mit dir reden, weil du heute nachmittag nicht dabei warst. Ich nehme an, Mama und Papa haben dir erzählt, was los war?«

»Zumindest die Kurzversion und auch wenn's ein schlechter Zeitpunkt ist: Herzlichen Glückwunsch!«

»Danke. Ich liebe Marcus ... von ganzem Herzen. Der Nachmittag heute ... war das schönste, was ich jemals erlebt habe und ich weiß einfach nicht, wie das so entsetzlich in die Hose gehen konnte.«

»Thommy, weißt du noch, wie ich dir eine gelangt habe, als du mir sagtest, daß du schwul bist?«

»Muß ich wohl vergessen haben.«

Stefan lächelte.

»Das hast du sicherlich nicht vergessen, aber trotzdem Danke. Ich denk, ich hab was dazu gelernt und ich freue mich, daß du mein Bruder bist - aber ich bin nicht sicher, daß ich der letzte war, der erst zuschlägt und dann nachdenkt.«

Ich schluckte, aber er sprach weiter.

»Also jetzt mal unter uns, Inge liebt Marcus viel zu sehr, als das ich mir da Sorgen mache. Sie wird ein paar Tage brauchen, aber eigentlich steht sie genauso hinter Marcus, wie wir hinter dir - also bedingungslos. Das wird in Ordnung gehen und ich freu mich schon darauf, Inge lächeln zu sehen, wenn ihr beide händchenhaltend dasitzt ...«

Es tat mir gut, das zu hören und ich hatte immer noch Papas Worte im Ohr ‚Wir kriegen das wieder hin‘ - aber Stefan war noch nicht fertig.

»... aber es gibt genügend Arschlöcher, die gar nicht verstehen wollen. Die hören nur ‚Thommy ist schwul‘ und dann fangen sie an, gemein zu werden. Aber, und das vergiß niemals, wir sind eine Familie, auch Marcus und Inge ...«

Seine Stimme wurde dunkel vor Zorn.

»... und falls nötig geht es eben gegen den verdammten Rest der Welt!«

Ich konnte nicht anders, ich ging zu Stefan und umarmte ihn.

»Danke! Ich bin gerade mächtig stolz darauf, dein Bruder zu sein! Ach so ...«

Jaa, ich geb's ja zu, ich grinste.

»... du hast morgen Schule und solltest wirklich so langsam schlafen gehen.«

»Was soll das denn heißen?«

»Tja. Papa hat gemeint, ich sollte keinen Wecker stellen und mich morgen um Marcus kümmern.«

Marcus schüttelte den Kopf.

»Die Welt ist ungerecht! Ich muß mich mit der Schule quälen und du kannst dich um Marcus kümmern. Aber du hast recht, ich leg mich hin. Übrigens: Danke, daß du noch reingeschaut hast!«

»Danke, daß du zugehört hast. Und schlaf gut!«

Ich lag noch lange wach in dieser Nacht ... es gab so vieles, worüber ich nachdenken mußte, aber irgendwann wurde mir klar, daß da tatsächlich Marcus neben mir schlief und ich hörte ihn atmen ... ich lächelte und dann schlief ich ein.

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