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Eiersuche

Osterchallenge 2018

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Die Luft brannte.
Der Atem von brennendem Holz wogte durch die Dunkelheit.
Ich liebe heidnische Feste!
Mehrere Fackeln fliegen in hohem Bogen durch eine sternenklare Nacht.
Ein geflüstertes Wumm rast dem Licht hinterher.
Hell loht der Scheiterhaufen auf.
Michi … mein Michi … steht neben mir.
Der ärmste hat keine Ahnung, dass ich ihn heute noch vernaschen werde.
Ich greife ihn mir, kuschle mich an ihn.
Das Osterfeuer knistert.
Die anderen Besucher, überhaupt jeder, scheint dem Feuerschein erlegen zu sein.
Ein orangefarbener Derwisch!

Er hat tatsächlich daran gedacht.
Michi hält mir plötzlich den Schokoladenweihnachtsmann hin.
„Schlachtfest!“
Ja, er ist ein Poet mit der Seele eines Metzgers.
Aber Tradition ist Tradition: Bevor das erste Osterschokokarnickel fällig ist, gibt’s Reste vom Feste.

Einen Arm so um ihn geschlungen, spüre ich jeden Atemzug.
Seine Jacke ist ein bisschen offen. Platz für eine Hand.
Er hat eine tolle Brust. Atem hebt und senkt meine Hand.
Ein Nippelchen ist ganz hart.
Wenn ich jetzt frage, ob ihm kalt ist, kriege ich die Antwort, dass er einfach nur geil ist.
Hätte ich gefragt, ob er geil ist, wäre ihm natürlich nur kalt.

Ein Stückchen von Santas Mütze zergeht mir auf der Zunge.
„Alles Kommerz!“, murmelt Michi neben mir.
Ich verstehe nur irgendwas mit: „Komm!“, dichte mir ein „näher!“ noch dazu. Ich weiß, das hat er nicht gesagt, aber das ist es, was ich hören will.
Anschmiegen.
Ich breche mir noch ein Stück von Santa ab.
Es muss wohl mein Blick gewesen sein…
„Na, der ganze Osterkram“, meint er.
Ich zerreibe Schokolade mit meiner Zunge am Gaumen, kann nur an seine Bartstoppeln denken, die so schön auf meiner Haut kratzen.
Ich sehe ihn einfach weiter an, denke ich, vielleicht fällt dann nicht so auf, dass ich total abwesend bin.
„Erst kauft man die Tanne teuer, dann verwelkt das Ding über Weihnachten, um dann im Osterfeuer verheizt zu werden.“ Misslauniges Brummen. „Na, wenigstens ein geschlossner Kreis.“

Der Chor der Landfrauen hebt zum Frühlingserwachen an.
Wild gestikuliert unser Pfarrer das Stimmgewirr. Ein kleiner, dunkel in dunkler Nacht gekleideter Mann. Frau M. geht gerade an uns vorüber und schüttelt nur den Kopf und verdreht die Augen. Als sie schon fast weg ist, höre sie zu einer Freundin sagen: „Hätten die sich mal besser seitlich zum Feuer hingestellt. Er ist kaum zu sehen und wie die ihre Noten halten, klappt’s mit dem Erkennen wohl nicht so richtig.“

Ich stelle mich verliebt vor Michi, will tanzen.
Durch und durch ein Kerl, werde ich für ihn mittanzen müssen.
Is’ okay, will mich ja eigentlich nur an ihm reiben.
An den Lenden kompatibel, wie wir nur mal sind, spüre ich durch seine Jeans, worauf ich heute noch ein Auge werfen werde … und eine Hand … und einen Mund … vielleicht auch ein …
Er küsst mich kurz auf den Mund. Das internationale Zeichen für: „Hab dich lieb, aber rück mir von der Pelle!“
„Tanzverbot!“, grummelt er zu mir.
Erste Annäherung gescheitert.

Im Geiste schlage ich mein Kochbuch auf, Titel: „Wie man einen Mann zum Schäferstündchen zubereitet“, Unterkapitel: „Marinieren“.
Ich muss schmunzeln, weil ich nur noch ans „reitet“ in „zubereitet“ denken kann.
Michi sieht mich auf einmal so komisch an.
Er weiß, dass ich weiß, dass er weiß, dass ich über was Zotiges nachgedacht habe. Sowas knetet in meinen Mundwinkel eine untrügliche Mimik.

Zweiter Versuch.
„Mir ist kalt“, lüge ich. Öffne meine Jacke, öffne seine Jacke, will mich erst anschmiegen, um dann über seine Nippelchen herfallen zu können, als:
Er hat nur eines dieser dämlichen T-Shirts an: Periodensystem der Bier-Elemente (Geburtstagsgeschenk seiner Kumpel).
›Er fickt gut, er ist ein toller Mann, ein guter Freund, ich liebe ihn‹, muss ich denken, also alles verziehen!
Enttäuscht wird mir klar, dass seine harten Nippelchen wirklich nur Frieren bedeuten.
Schon werde ich weggeschoben.
Zweiter Versuch, Fazit: Wieder Niete!

Dritter Anlauf.
Michi knöpft seine Jacke gerade zu.
„Was ist denn das für ein Sternbild?“, frage ich.
Er ist gut im Erfinden von Geschichten.
Und ich bin gut im Aufgreifen und Hinlenken auf Amouröses.
„Na, das Sternzeichen“, schielt Michi übers Feuer zum Himmel hinauf.
„Na, welches denn?“, spreche ich, da sehe ich Michi grinsen.
„Na, das Stern-Zeichen. Hat doch fünf Ecken. Siehst du doch.“
Ich schnaube abfällig.
Jetzt packt er mich. Ich will mich ihm entwinden. Er hält mich von hinten fest.

„Kann es sein…“, ich hasse Sätze, die bei ihm so anfangen. Dann hat ich er mich nämlich bei irgendwas ertappt, „dass wir ein bisschen Lust auf Liebe haben?“, säuselt er mir ins Ohr.
Wenn er von mir und dem, was ich will, mit „wir“ zu reden anfängt, … nun, ein „Tritt mich!“-Schild bittet subtiler um eine Vergeltung.
„Deinen fetten Schwanz zwischen meinen Zähnen oder in meinem After oder das ganze Paket in meinen Händen will ich. Von mir aus auch ein bisschen Liebe, ich weiß ja, du willst ja auch was davon haben“, zicke ich ihn an.

Frau M. und Frau P. haben sich angeschlichen. Jedenfalls stehen sie auf einmal da.
Frau M. hält eine Schüssel. Frau P. ein Bündel Ruten.
Stille.
Frau M. lächelt plötzlich breit in schönstem Vorsatz und meint zu uns: „Ach, die ersten Frühlingsgefühle!“
Nein, ich komme mir nicht doof vor und nein, es ist mir nicht peinlich.
Frau P. hält uns die Schüssel hin: „Knüppelkuchen?“
Sie hat die Frage kaum beendet, als Michi sich auch schon zu mir dreht und fragt:
„Oder lieber diesen Knüppel?“, und greift sich in den Schritt.
Ich nehme wortlos eine Rute, einen Teigklumpen, nicke zum Dank, und gehe, während ich den Teig auf die Rute fädle, Richtung Osterfeuer.
Fazit, dritter Anlauf: Aber so was von nich’ in die Hose gegangen!

Ich bin nachtragend.
Michi folgt mir schnell. Schadensbegrenzung.
Er stellt sich neben mich ans Feuer.
Ich weiß, dass er mich ansieht.
Ich weiß, dass er im Feuerschein süß aussieht.
Er zieht hörbar Luft. Er will mich beschwichtigen. Stümper!
Er stößt mich seitlich an.
„Konzentrier dich auf deinen Knüppel!“, rede ich in seine Richtung, ohne ihn anzusehen.
„Ach, Häschen!“, meint seine zur Schnute gezogene Stimme.
Das geht zu weit. Er weiß ganz genau, dass das bei mir funktioniert. Das ist gemein!

Da stehen wir nun alle.
Einige – besonders die Kinder – halten ihre Ruten ins Feuer.
Andere haben ihre in den Boden gesteckt, lassen den stillen Diener die Arbeit machen.
Knüppelkuchenduft steigt auf.
Gemurmel, Knistern (und bei mir Grollen).
Zwei Kindern backt das Feuer den Teig nicht, sondern schwärzt ihn nur.
Drei Ruten fallen ins Feuer. Eine verbrennt darin.

Ich stoße Michi seitlich an: „Ja, ich hätte Lust gehabt“, sage ich.
Der Konjunktiv klingt mir dabei selbst ein bisschen zu sehr nach Plusquamperfekt.
„Willst du noch?“, kommt schüchtern von ihm.
Manchmal tut er mir leid, wenn er so schüchtern fragt, er weiß dann nicht, wie ich wohl reagieren werde.
„Die Frage, die ich mir die ganze Zeit stelle: Wie hast du dir denn vorgestellt, wie der Tag enden würde?“, gegenfrage ich.

Er hat mich in den Arm genommen.
Wir schlendern heimwärts.
Ich knabbere an der Kruste des Knüppelkuchens.
Die meisten haben ihren weggeworfen.
Der Salzgehalt im Teig: Nun, da ist wohl jemand frisch verliebt!

„Wieso? Du hast doch gesagt, ich soll die Tür einfach zuziehen, du hättest den Schlüssel bei“, sage ich.
Also über die Terrasse.
Die Nacht ist finster geworden.
Natürlich ist der doofe Lichtschalter neben der Terrassentür.
Nach kräftigen Schlägen von plötzlich attackierenden Gartenmöbeln, hab ich mich zur Terrassentür durchgekämpft, sie aufgehebelt.
Ein paar Schritte und wir sind im Schlafzimmer.

Ich gähne.
Er fragt sicherheitshalber noch mal nach.
Natürlich will ich noch.
„Ich hol was zum Flutschen.“ Michi: Ab.

Helles Sonnenlicht.
Eine Nase stupst mich an.
„Ich komme voller harter Freude wieder und wer pennt im Bett?“, sagt Michi zu mir.
„Noch nicht ein Auge offen, wirst du hier schon angenölt“, erwidere ich.
Mein Groll fällt mir wieder ein. Strafe muss sein.
Immer noch kein Auge offen sage ich: „Jetzt bin ich mir sicher: Es ging mir wohl nur um die Jagd auf das Bunny“, und drehe mich weg auf die Seite.
Zwei Arme umschlingen mich.
Ich muss daran denken, dass ich mir nach Santas Schlachtung nicht mehr die Zähne geputzt habe.
Küsse prasseln auf meinen Nacken nieder.
Ist ja auch irgendwie seine Schuld, wenn er jetzt knutschen will und ihn mein Mundgeruch stört.
Fünf Spezialeinheiten an einer Hand gehen auf eine viel versprechende Mission in Richtung eines feucht-heißen Schamhaardschungels.
Ich finde zur Konzentration auf das Wesentliche zurück.
„Is’ Ostern: Eiersuche!“, erklärt sich Michi.
Ich will schon die Augen verdrehen und verächtlich stöhnen, als dumpf und abgehackt wie ein Höhlenmensch von Michi kommt: „Blut. Nicht. Im. Kopf.“
Fazit von Versuch vier: Erst aufgeilen, dann stehen lassen, dann ernten. Der Klassiker!

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