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Regenbogenfamilie

Teil 77 - Weihnachten rückt immer näher

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Informationen

 

In den Tagen nach der großen Hochzeitsfeier waren fast alle Aktivitäten ausgerichtet auf die diesjährige Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter. Die letzten Vorbereitungen liefen bereits auf Hochtouren. Immerhin hatten wir dieses Jahr noch mehr Mitarbeiter, die wir zur Weihnachtsfeier eingeladen hatten. Unter anderem unsere noch in München ansässige Immobilienverwaltung und alle Mitarbeiter des neuen Handwerksbetriebes. Für die österreichischen Mitarbeiter hatten wir eine eigene Veranstaltung direkt im Jugendhotel in Tirol geplant.

Am Sonntag jedoch, direkt nach unseren Hochzeitsfeierlichkeiten, fuhren unser Sozialarbeiter Bernd Hofmann und seine Frau kurz nach Mittag zurück nach Österreich, wo Bernd ein Tag später seinen Dienst als Sozialarbeiter im Jugendhotel in Tirol antrat.

Dann war da noch das Vier-Augen-Gespräch, um das mich Tims Vater Reinhard am Vortag gebeten hatte. Wir trafen uns kurz nach vierzehn Uhr bei mir im Büro, da wir hier ungestört sprechen konnten. Er erzählte mir, dass er Anfang der Woche von seinem Arbeitgeber ein Angebot erhalten habe, in die Münchner Zentrale versetzt zu werden, was mit einem Umzug nach München oder in die Umgebung davon verbunden sei und ihn mindestens einen Schritt auf der Karriereleiter nach oben befördern würde.

Noch habe er keine Entscheidung getroffen, aber auch mit seiner Gattin hatte er bisher nicht darüber gesprochen. Er würde das Angebot gerne annehmen, wisse jedoch, dass es in München nicht so einfach sei eine bezahlbare Wohnung zu finden und ob ich ihm bei der Suche nach einer geeigneten Wohnung behilflich sein könnte.

Ich fragte ihn deshalb, ab wann er denn eine Wohnung benötige, wo er in München arbeiten würde und wie weit sein Wohnort vom Arbeitsplatz entfernt sein darf. Meine Fragen beantwortete er damit, dass er am ersten April in München einsteigen könne und die Firma im Südosten von München angesiedelt sei.

Über die Entfernung von der Wohnung zur Firma habe er noch nicht nachgedacht. Er würde einfach eine Wohnung nehmen, die ihnen gefällt und noch einigermaßen gut erreichbar ist. Ich erklärte ihm, je nachdem, wo genau im Südosten dein Arbeitsplatz ist, bist du von Rosenheim in fünfunddreißig bis fünfundvierzig Minuten im Büro.

Würdest du im Münchner Nordwesten eine Wohnung finden brauchst du etwa die gleiche Zeit, um in die Arbeit zu kommen. Er meinte, dann ist es im Grunde genommen egal, wo ich wohne, wenn der Zeitaufwand der gleiche ist.

Ich erklärte ihm: „Ich könnte Benjamin befragen, wo wir in der Stiftung oder im Besitz des Gutshofes Wohnung haben, die in den nächsten drei bis vier Monaten zur Verfügung stehen. Er nickte, und ich telefonierte mit Benjamin und bat ihn, kurzfristig zu mir ins Büro zu kommen und sein Notebook mitzubringen.

Wenige Minuten später klopfte es und Benjamin trat ins Büro. Ich erklärte ihm, dass ich für Reinhard eine Wohnung bräuchte, die wir ihm ab Ende März vermieten könnten. Er solle doch bitte in seinen Daten nachsehen, welche Wohnungen in diesem Zeitraum zwischen München und Rosenheim zur Verfügung stehen würden. Reinhard meinte noch am besten wäre wohl eine Drei-Zimmer-Wohnung, damit sie einen Raum hätten, der sowohl als Gästezimmer als auch als Büro dienen könne.

Benjamin durchsuchte seine Daten und als er eine kleine Auswahl vor sich hatte, meinte er: „In unserem Bestand finde ich nur wenige Wohnungen, die ab Mitte März zur Verfügung stehen würden. Die eine liegt im Westen von Rosenheim, die andere wäre in Mühldorf. Bei den Münchner finde ich ebenfalls zwei Wohnungen, die eine wäre in Dachau, im Norden von München und eine weitere in Germering, im Westen von München.“

Zuerst bat ich Benjamin die Grundrisse auszudrucken, damit sich Reinhard ein Bild von den Wohnungen machen könne. Während Benjamin druckte, prüfte ich über einen Routenplaner, welche der Wohnungen am verkehrsgünstigsten liegt. Ich meinte zu Reinhard, Mühldorf könnten wir weglassen. Die anderen drei Wohnungen liegen genau innerhalb der Zeitspanne, die ich dir vorher genannt habe.

Ich bat Benjamin vorsichtshalber zu prüfen, ob eine der drei Wohnungen bereits neu vermietet sei. Benjamin bestätigte, dass für keine der drei Wohnungen bereits eine Vormerkung eingetragen sei, fügte aber hinzu, dass die Rosenheimer Wohnung ab Ende Januar bereits Leerstehen würde und ein Sanierungsplan hinterlegt ist, der eine Bezugsfertigstellung zum fünfzehnten März vorsieht. Bei den Wohnungen im Raum München hat er bisher keine weiteren Informationen gefunden. Die Mieter würden auch erst bis Mitte März ausziehen.

Reinhard meinte, der Grundriss der Wohnung im Westen von Rosenheim würde ihm schon gefallen. Das veranlasste mich, Benjamin zu fragen ob eventuell eine kurzfristige Besichtigungsmöglichkeit gegeben sei. Benjamin erklärte dazu, dass er den Mieter nur anrufen müsse, dann würden wir es wissen.

Ich nickte nur und so rief er direkt beim dem Mieter an. Wir konnten mithören was Benjamin erklärte, unter anderem, dass ein Interessent vorhanden sei, der aus Hannover komme und die Wohnung gerne kurzfristig besichtigen möchte, bevor er wieder nach Hannover zurückfahre. Am Ende des Gesprächs bedankte er sich und legte auf.

Benjamin meinte, ihr könnt die Wohnung in etwa einer Stunde besichtigen. Der Mieter erwarte euch spätestens um fünfzehnuhrdreißig zum Besichtigungstermin. Ich bedankte mich bei Benjamin und bat ihn gleich, eine Reservierung für Reinhard zu hinterlegen.

Reinhard erklärte, dass er jetzt seine Frau dringend von dem Angebot seines Arbeitgebers und der schon fast erfolgreichen Wohnungssuche unterrichten müsse. Ich forderte ihn auf, seine Frau anzurufen und sie zu uns ins Büro zu bitten. Nachdem er mir ihre Zimmernummer genannt hatte, wählte ich die Durchwahl und drückte ihm den Telefonhörer in die Hand.

Zehn Minuten später stand seine Frau Gabi im Büro. Reinhard erklärte seiner Frau, was er ihr die letzten Tage verschwiegen habe. Allem voran das Angebot, in die Münchner Zentrale zu wechseln sowie von unserer erfolgreichen Suche nach einer möglichen Wohnung in Rosenheim.

Als er geendet hatte, meinte Gabi: „Ich habe in den letzten Tagen schon bemerkt, dass irgendetwas mit dir nicht stimmt. Du hast manchmal den Eindruck hinterlassen, dass du sehr nervös bist. Wann sollen wir zur Wohnungsbesichtigung vor Ort sein? Der Grundriss gefällt mir und wenn wir hierher wirklich umziehen, sind wir endlich in der Nähe unseres einzigen Sohnes. Etwas, das ich mir schon mehr als zwei Jahre sehnsüchtig wünsche.“

Ich wünschte den Beiden viel Spaß bei der Wohnungsbesichtigung und meinte. „Spätesten um halb fünf Uhr will ich euch wieder bei mir in der Wohnung sehen. Dann könnt ihr dann Tim und Jonas beichten, dass ihr ihnen auf den Pelz rückt. Ich werde die beiden Jungs gleich anrufen und bitten, ab sechzehnuhrfünfzehn bei mir in der Wohnung zu sein.

Nachdem sie mein Büro verlassen hatten, rief ich die beiden Jungs an und bat sie um sechzehnuhrfünfzehn bei uns in der Wohnung zu sein. Ich hätte noch eine große Überraschung für sie. Danach rief ich im Hofcafé an und erklärte, dass ich für sechzehn Uhr Kuchen und Torten für zehn Personen benötige. Anschließend ging ich nach oben und gemeinsam mit Thomas bereiteten wir alles zum Kaffeetrinken vor.

Die beiden Jungs, Timo und Jonas, waren pünktlich bei uns eingetroffen. Wir ins Esszimmer und setzten uns. Wir hatten uns kaum hingesetzt, als es an der Wohnungstür klingelte. Tobias stand auf und während er zur Tür eilte, meinte er noch, da hat sicher jemand etwas vergessen. Ich war mir sicher, dass er gleich enttäuscht zurückkommen würde, wenn Reinhard und Gabi vor der Tür stehen würden.

Als er zurückkam meinte er: „Tims Eltern sind vor der Tür und haben um Einlass gebeten, da sie einen Termin bei Peter hätten. Sie kommen gleich, hängen nur kurz ihre Mäntel an die Garderobe.“ Kaum hatte Tobi das ausgesprochen, standen die beiden im Esszimmer und ich bat sie, sich zu setzen, nachdem sie uns alle begrüßt hatten.

Während des Kaffeetrinkens erzählte Reinhard seine Geschichte: Vom Angebot seines Arbeitgebers, unserer Suche nach einer passenden Wohnung und von ihrem Besichtigungstermin, von dem sie direkt hierhergekommen sind und dass er es sogar vor seiner Frau bis heute Mittag geheim gehalten hätte. Zum Schluss erklärte er, dass sie die Wohnung mieten würden. Tim hatte immer wieder während Reinhards Bericht zwischen mir und seinen Eltern hin und her geblickt, während Jonas immer wieder abwechselnd zu seinen zukünftigen Schwiegereltern und zu Tim geschaut hatte.

Nach kurzer Pause meinte Tim: „Geil, ich hätte nie geglaubt, dass ihr eure Drohung uns nach Rosenheim zu folgen, in die Tat umsetzen würdet. Ich bin total überrascht und freue mich schon darauf, wenn ihr ab April endlich in unserer Nähe lebt.“

Jonas nutzte die Gelegenheit, da sein Freund und Lebensgefährte Tim noch immer mit der Erklärung seines Vaters zu kämpfen hatte und plötzlich wieder sprachlos war. Jason meinte: „Ich freue mich auch, dass ihr in wenigen Monaten in unserer Nähe wohnen werdet. Gabi, dass du bis heute Nachmittag auch nichts von dem Angebot von Reinhards Arbeitgeber und den Überlegungen deines Mannes gewusst hast, hat mich weitaus mehr überrascht. So etwas hätte ich Reinhard niemals zugetraut. Wenn wir euch beim Umzug helfen können, dann lasst es uns wissen, wir sind gerne bereit euch zu helfen. Ich bin mir sicher, dass euch der eine oder andere von unseren Jungs ebenfalls helfen wird.“

Tim schaute mich an und erklärte mir: „Peter, ich glaube, ich muss mich besonders bei dir dafür bedanken, dass du so schnell reagiert hast, als mein Vater dir von seinem Angebot mit einem Wechsel nach München erzählt hat. Jetzt hast du nicht nur Jonas und mir geholfen, mit deinem Angebot hier zu wohnen und am Gutshof mitzuarbeiten, sondern auch meinen Eltern die Chance gegeben, wieder in unserer Nähe zu sein. Ich frage mich vor allem, wie du heute, an einem Sonntag, eine Wohnung in Rosenheim aus dem Hut gezaubert hast, die meinen Eltern gefällt und sie die Wohnung noch am gleichen Tag besichtigen konnten. Du hattest doch sicher einen Helfer, der dich dabei unterstützt hat.“

Ich lächelte, sagte jedoch nichts dazu. Reinhard erklärte seinem Sohn: „Nachdem ich Peter von meinem Problem berichtet hatte, telefonierte er sofort mit einem Benjamin und erklärte ihm, dass er sein Büro kommen solle, weil eine dringliche Angelegenheit zu besprechen sei. Kurze Zeit später stand Benjamin im Büro und Peter erklärte ihm, was er von ihm wolle. Eine Drei-Zimmer-Wohnung entweder in den Räumen München oder Rosenheim, die bis Ende März frei wird und zur Vermietung anstehen würde.

Benjamin suchte und fand insgesamt vier Wohnungen. Zwei Wohnungen waren im Raum München, in Dachau und in Germering, eine Wohnung in Rosenheim und eine weitere in Mühldorf. Peter hat mit Hilfe des Internets gecheckt, wie lange ich von allen vier Wohnungen ins Büro brauchen würde. Mühldorf hatte er schnell ausgeschlossen, weil der Weg zu weit wäre.

Blieben noch drei Wohnungen übrig. Er erklärte mir, dass ich von allen drei Wohnungen aus etwa dieselbe Zeit bräuchte, um in die Arbeit zu kommen. Da Benjamin zwischenzeitlich die Grundrisse ausgedruckt hatte, sollte ich mich zwischen diesen drei Wohnungen entscheiden. Mir gefiel der Grundriss der Rosenheimer Wohnung am besten. Sie ist auch noch um einiges günstiger als die beiden Wohnungen im Großraum München.

Er fragte Benjamin, ob die Möglichkeit bestünde, die Wohnung noch heute zu besichtigen. Benjamin telefoniert kurz mit dem derzeitigen Mieter und erklärte ihm, dass wir nur noch heute oder morgen in Rosenheim wären für eine Besichtigung und zwei Minuten später hatte er den Besichtigungstermin für heute Nachmittag.

Peter meinte dann zu mir, jetzt wäre es an der Zeit Gabi in das Ganze einzuweihen und mit ihr den Besichtigungstermin wahrzunehmen. Den Rest kennt ihr bereits. Was ich bis jetzt immer noch nicht verstanden habe, wieso Benjamin so schnell im Büro sein konnte.“

Jonas meinte dazu: „Das ist einfach zu erklären, Benjamin wohnt seit etwa einem Jahr hier im Gesindehaus, zusammen mit seinem Freund Bernhard in einem der beiden Appartements im Dachgeschoss. Im zweiten Appartement wohnt sein jüngerer Bruder Christian, zusammen mit Ludwig, einem Enkel des Mitbegründers der Stiftung.

Deswegen konnte er so schnell in Peters Büro auftauchen. Da er Mitarbeiter der Stiftung ist, ist er mit der Mietverwaltung vertraut und damit konnte Peter auf ihn zugreifen. Tim hat euch doch sicher die Geschichte von Christian erzählt, der von Peter mit Hilfe des Jugendamts aus einer Psychiatrischen Klinik befreit wurde, in die ihn seine Eltern gesteckt hatten, da sie der Meinung waren, ihr Sohn könne dort geheilt werden.“

Jetzt meldete sich Gabi und bestätigte, dass ihr Tim die Geschichte erzählt habe und sie dabei an Jonas denken musste, dem ähnliches hätte passieren können, mit seiner Mutter. Nur die Tatsache, dass er bereits volljährig war, habe das vermutlich verhindert.

Jonas schaute sie erschreckt an und sagte: „So habe ich das noch gar nicht betrachtet, aber wenn ich darüber nachdenke, könnte Gabi recht haben mit ihrer Vermutung, dass meine Mutter möglicherweise ähnlich reagiert hätte, wenn ich zum Zeitpunkt meines Outings nicht schon volljährig gewesen wäre. So konnte sie nicht mehr so einfach über meinen Aufenthaltsort bestimmen.“

Reinhard mischte sich ein und verkündete: „Zur Feier des Tages lade ich euch alle zum Abendessen in den Gutshof ein. Mit alle, meine ich alle Mitbewohner von Peter und Thomas, seine beiden Jungs David und Tobias, sowie Felix und Dennis.“

Da ich der Meinung war, dass wir unsere zehnköpfige Gruppe vorsichtshalber im Restaurant anmelden sollten, wählte ich die Durchwahl. Alexandra meldete sich und ich erklärte ihr, dass wir von Tims Eltern zum Abendessen eingeladen wurden und wir einen Tisch für zehn Personen bräuchten. Sie erklärte mir, wenn ihr in etwa einer halben Stunde hier sein könntet, ist für euch alles vorbereitet. Ich bedankte mich und bestätigte den Termin.

In der verbleibenden halben Stunde erzählten wir, wie es zur Adoption von David und Tobias gekommen ist, weil das Reinhard und Gabi interessierte. Ich wollte eigentlich nur erzählen, dass der Auslöser für diese Angelegenheit meine Anfrage beim Jugendamt war, und um Unterlagen bat, zu den Grundvoraussetzungen für eine Adoption durch schwule oder lesbische Paaren.

Ich hatte nicht erwartet, dass David seine vollständige Geschichte vor Tims Eltern erzählen würde. Er berichtete alles, von seinem Outing bei den Eltern über den Straßenstrich bis hin zur Ankunft bei uns im Gutshof, inklusive der Verdächtigung, dass er für uns nur einen billigen Bettgefährten abgeben soll. Keiner konnte ihn bei seiner Erzählung stoppen. Erst als ich ankündigte, dass wir jetzt zum Essen gehen sollten, beeilte er sich, zum Ende zu kommen.

Während des Abendessens wurde das Thema, Gott sei Dank, nicht mehr angesprochen. Nach dem Essen trennten sich unsere Wege. Jonas und Tim gingen zurück ins Verwalterhaus, Reinhard und Gabi ins Gesindehaus. Ich bat sie, dass beide sich noch kurz bei mir blicken lassen, bevor sie morgen die Heimreise antreten. Wir gingen im Gutshaus nach oben in die Wohnung und setzten uns noch ins Wohnzimmer.

Ich erklärte David: „Aus meiner Sicht hättest du Tims Eltern nicht unbedingt deine vollständige Odyssee, wie du zu uns gekommen bist, erzählen müssen. Es hätte gereicht, wenn du ihnen nur berichtet hättest, dass du als Pflegekind zu uns gekommen bist und wir, ohne dass ihr Beide davon wusstet, für euch einen Adoptionsantrag gestellt haben.

Immerhin war bis fast zuletzt unklar, ob ihr an diesem Tag eure Adoptionsurkunden bekommt, weil wir euch nur gemeinsam adoptieren wollten. Wir hätten zu einem späteren Termin noch einmal einen Termin beim Standesamt bekommen, an dem euch eure Adoption bekanntgegeben wäre.“

David erklärte dazu: „Ehrlich gesagt, ich war der Meinung, dass ich Tims Eltern die vollständige Geschichte erzählen kann. Immerhin gehören sie zur Familie, Tims Freund Jonas ist doch dein Neffe. Immerhin hat mich keiner deswegen verurteilt, was ich in meiner Vergangenheit getan habe, um zu überleben.“

Am Montagvormittag verabschiedeten sich Tims Eltern und traten ihre Heimreise an. Vinzenz, der noch bis zum Freitag auf dem Gutshof zur Ausbildung bleiben sollte, war heute erneut mit Dennis im Einsatz. David und Tobias waren am Morgen wieder zur Schule gegangen, nachdem wir sie für Freitag wegen der Hochzeit befreit hatten. Eigentlich also wieder ein ganz normaler Arbeitstag.

Gegen zehn Uhr klingelte mein Smartphone. Es meldete sich die Sekretärin der Schule, die David und Tobias besuchten. Sie bestand darauf, dass ich umgehend zur Schule kommen soll, weil dringender Klärungsbedarf bestehen würde. Ich erklärte Petra, dass ich dringend in der Bildungseinrichtung unserer beiden Adoptivsöhne erwartet werde, da es eiligen Klärungsbedarf gebe. Sie solle doch bitte meine Vormittagstermine verschieben, entweder auf den Nachmittag oder auf morgen.

Bei meinem Eintreffen im Schulgebäude, wurde ich bereits vom Direktor erwartet, der mich in sein Büro bat. Im Büro fragte ich, ob meine beiden Jungs etwas angestellt hätten, weil ich so dringlich hier erscheinen sollte. Er schaute mich lange an, bevor er mir erklärte: „Ich denke, Urkundenfälschung ist ein schwerwiegendes Delikt, ich habe bereits die Polizei benachrichtigt, sie wird in wenigen Minuten hier eintreffen.“

Ich bat ihn, mir zu erklären, wie er auf die Idee komme, dass meine Jungs ihm gefälschte Urkunden vorgelegt hätten. Er erklärte mir: „Die beiden waren heute Morgen im Büro meiner Sekretärin und haben zwei Kopien von Adoptionsurkunden bei ihr abgegeben, mit der Bitte, ihre Familiennamen in unseren Unterlagen entsprechend abzuändern. In beiden Kopien steht, dass David und Tobias mit Wirkung vom vergangenen Freitag von ihnen und ihrem Ehemann Thomas adoptiert seien. Ich empfinde das als einen geschmacklosen Scherz, den die beiden Jungs sich da ausgedacht hätten.“

Es klopfte und zwei Polizeibeamte traten ins Büro des Direktors. Sie meinten, sie wurden hergeschickt, um sich um eine Anzeige wegen Urkundenfälschung zu kümmern und die zwei Beschuldigten zur Vernehmung abzuholen und danach die Erziehungsberechtigten zu informieren.

Ich wollte schon etwas zur Aufklärung sagen, doch der Direktor meinte nur, die beiden Herren mögen ihm doch sofort folgen. sie können die Beiden direkt aus dem Klassenzimmer heraus verhaften. Inzwischen war ich so angefressen, weil der Direktor weder meinen beiden Jungs noch mir eine Chance einräumen wollte, den Irrtum aufzuklären. Langsam verdichtete sich die Wut in mir und so beschloss ich, dem Direktor eine Lektion zu erteilen. Ich ging in sein Vorzimmer und bat seine Sekretärin Frau Färber mit mir ins Büro des Direktors zu kommen.

Ich saß bereits wieder im Büro und seine Sekretärin stand neben mir, als die beiden Polizeibeamten mit David und Tobias ins Büro eintraten, gefolgt vom Direktor. Er meinte, hier haben wir auch den Erziehungsberechtigten, Peter Maurer, von den beiden Jungs. Er schnauzte seine Sekretärin an, warum sie hier im Büro stehen würde und nicht bei ihrer Arbeit sei.

In diesem Moment platzte mir der Kragen und ich bat die Polizisten die beiden Jungs sofort frei zu lassen. Zum Direktor sagte ich, er möge sich auf seinen Sessel setzen und ganz genau zuhören. Ich wandte mich an die beiden Polizisten und erklärte: „Wenn sie schon einmal hier sind, dann möchte ich in diesem Fall Anzeige gegen den Schuldirektor und seine Sekretärin stellen, wegen Verleumdung zweier Minderjähriger.“

Die Sekretärin erschrak und blickte zu ihrem Chef, der langsam aber sicher immer blasser im Gesicht wurde. Der jüngere der beiden Polizisten schaute mich an und fragte: „Wie soll ich das verstehen? kommt zur Urkundenfälschung jetzt auch noch eine Verleumdungsklage hinzu?“

Ich grinste und erklärte ihm: „Die angebliche Urkundenfälschung kann ich ohne große Probleme aufklären. So bleibt am Ende nur noch die Verleumdung übrig. Wenn der Herr Direktor nicht so überzeugt gewesen wäre von seiner Unterstellung der Urkundenfälschung und den Beteiligten oder mir die Möglichkeit zur Klärung des Vorfalls eingeräumt hätte, wäre ihr Erscheinen in der Schule nicht notwendig gewesen. Welche Konsequenzen sie daraus ziehen, bleibt ihnen überlassen.“

Der ältere Polizist bat mich, zu erklären, wie und warum ich in der Lage sei, die Urkundenfälschung aufzuklären. In diesem Moment hatte er mich richtig sauer gemacht, so dass ich ihm antwortete: „Haben sie bereits nachgeprüft und definitiv festgestellt, dass es sich bei den vorgelegten Urkunden um Fälschungen handelt?

Solange ihnen keine definitiven Beweise vorliegen, sollten sie besser nicht von einer Urkundenfälschung sprechen, sondern bei dem Begriff angebliche Urkundenfälschung bleiben, es sei denn, sie wollen sich von mir ebenfalls eine Anzeige einfangen.“

Der jüngere der beiden Beamten sagte: „So, jetzt beruhigen wir uns alle erst einmal, bevor sich die Situation weiter hochschaukelt. Ich will die Dokumente sehen, die der Direktor als gefälscht betrachtet. Der Direktor drückte ihm die beiden Urkunden in die Hand. Er begutachtete sie, hielt sie gegen das Licht und erklärte: „Ich bin nicht so überzeugt, dass es sich um Fälschungen handeln könnte, die Dokumente sehen zumindest sehr echt aus. Das Papier mit dem Wasserzeichen der Stadt Rosenheim, das für solche Urkunden verwendet wird, ist eindeutig zu erkennen.“

Ich meinte: „Die Echtheit lässt sich leicht beweisen. Da hätten wir da den Standesbeamten, der den beiden Jungs am Freitagvormittag diese Dokumente überreicht hat und dann hätten wir noch die stellvertretende Leiterin des Jugendamts, Frau Barbara Wegmann, die den Vorgang der Adoption bearbeitet hat.“

Als ich den Namen Wegmann nannte, wurde der Direktor erneut blass um die Nase. Der junge Polizeibeamte ging zum Schreibtisch und erklärte, ich rufe jetzt beim Jugendamt an, Frau Wegmann ist mir persönlich bekannt und ich kläre mit ihr, ob der Adoptionsvorgang bei ihr bekannt sei. Er wählte eine Nummer und als sich jemand meldete, meinte er, er möchte mit Frau Wegmann in einer dringenden Angelegenheit verbunden werden.

Als er mit ihr sprach, erklärte er, dass er jetzt auf Lautsprecher umstelle, damit alle Anwesenden, sein Kollege Josef Mayer, der Direktor und die Sekretärin der Schule, ein Herr Peter Maurer und die beiden Jungs David Politovsky und Tobias Huber mithören können.

Bevor er seine Frage stellen konnte, meinte Barbara, sie müsse da etwas berichtigen. Die beiden Jungs heißen seit letztem Freitag nicht mehr Politovsky und Huber, sondern mit Familiennamen Maurer. Sie fragte den Polizisten, ob er sich noch an den Vorgang Christian Dreier erinnern könne. Als dieser meinte, klar erinnere ich mich, dass war der Vorgang mit dem jungen Mann, der von seinen Eltern in einer Psychiatrie untergebracht war, weil dort angeblich schwul sein geheilt werden kann.

Barbara erklärte dem verdutzten Polizisten, dass Peter Maurer jener Mann sei, der damals die Anzeige beim Jugendamt aufgegeben habe und dann Christian und seinen Bruder am Gutshof aufgenommen habe. Als Barbara fragte, wie sie ihm helfen könne, meinte er: „Meine Frage hat sich bereits erledigt, als sie erklärten, dass die beiden Jungs jetzt den Familiennamen Maurer tragen.“

Barbara wollte jetzt trotzdem wissen, warum er angerufen habe. Er erzählte ihr: „Bei unserer Dienststelle ist ein Anruf des Schuldirektors eingegangen, der eine Urkundenfälschung zur Anzeige bringen wollte. Mein Kollege und ich wurden losgeschickt, um die beiden Übeltäter in der Schule zum Verhör abzuholen und die Erziehungsberechtigten zu informieren.“

Nach einer kurzen Pause sprach er weiter: „Bei unserem Eintreffen schleppte uns der Direktor sofort zur Klasse der beiden Jungs, die wir aus dem Klassenzimmer holten. Zurück im Büro trafen wir auf seine Sekretärin und Herrn Maurer. Inzwischen verstehe ich, warum Herr Maurer meinem Kollegen erklärte, dass er erst einmal die Dokumente prüfen solle, bevor er von einer Fälschung spreche. Ich habe die Urkunden geprüft und bin der Meinung gewesen, dass dies Originale seien. Herr Maurer hat als Zeugen den Standesbeamten und Sie angegeben. Da ich schon öfters wegen Jugendlichen mit ihnen zu tun hatte, beschloss ich den Vorgang direkt mit ihnen zu klären.“

Wieder legte er eine Pause ein und setzte fort: „Die Urkundenfälschung ist damit vom Tisch. Ich habe jetzt nur noch die Aussage von Herrn Maurer, der die Sekretärin und den Direktor wegen Verleumdung verklagen will.“

Barbara unterbrach den Polizisten und sagte: „Ich kann Peter verstehen, wenn er Herrn Buchholz verklagen will. Nur für ihn als Direktor könnte das negative Folgen haben. Peter, gibt es keine andere Möglichkeit, wie diese leidige Angelegenheit aus der Welt geschafft werden kann?“

Ich meinte: „Ich wüsste schon, wie wir die Angelegenheit lösen könnten. Nur kann ich mir nicht vorstellen, dass Herr Buchholz sich in aller Öffentlichkeit bei den beiden Jungs entschuldigt und dabei klarstellt, dass ihm ein Fehler unterlaufen sei, den er zutiefst bedauert.“

Ich hatte bei meiner Aussage den Direktor genau beobachtet und genau die Trotzreaktion erkannt, die ich befürchtet habe. Er sagte sofort: „Ich werde mich nicht bei diesen beiden Rotznasen entschuldigen, vor allem nicht in aller Öffentlichkeit. Ich bin Direktor dieser Schule, ich kann mir diese Schwäche nicht erlauben. Bevor ich mich bei den Beiden entschuldige, leite ich eher ein Verfahren zum Ausschluss der beiden Jungs von meiner Schule ein.“

Barbara antwortete Herrn Buchholz: „Herr Buchholz, ihnen ist hoffentlich bewusst, dass sie mit ihrer eben getätigten Aussage vor mehreren Zeugen, davon zwei Polizeibeamten, mit einer Meldung von uns beim Schulamt rechnen müssen, weil sie damit ihre Kompetenzen weit überschritten haben.

Ich empfehle Peter, mit seinen beiden Jungs sofort das Schulgebäude zu verlassen und die Jungs in den nächsten Tagen zuhause zu lassen, bis sie als Direktor von der Schule entfernt wurden und die Angelegenheit in der Öffentlichkeit aufgeklärt ist. Ich werde beim Schulamt ihre sofortige Entlassung aus dem Amt beantragen und werde dabei ihre Sekretärin, die beiden Polizisten, sowie auch Herrn Maurer und seine beiden Söhne als Zeugen benennen.“

Der junge Polizist schaute den Direktor an und erklärte ihm: „Wenn Frau Wegmann mir jetzt noch erklärt, dass sie eine Gefahr für die anderen Schüler darstellen, werde ich sie sofort von der Schule verweisen und ihnen einen Platzverweis aussprechen. Frau Wegmann hat recht. Mit der Aussage haben sie ihre Kompetenzen mehr als überschritten. Bei einem Platzverweis unsererseits müssen wir sofort eine Meldung an die übergeordnete Behörde weiterleiten. Wollen sie das wirklich? Eine Entschuldigung vor der Klasse der beiden Jungs und zuzugeben, dass einem ein Fehler unterlaufen sei, ist eher Stärke als Schwäche. Dafür opfert man doch nicht seine Karriere.“

Nachdem sich minutenlang keine Reaktion abzeichnete, blickte er die Sekretärin an und bat sie den oder die Stellvertretung des Direktors sofort ins Direktorat zu holen, damit wir offiziell das Hausverbot gegen den Direktor aussprechen können. Sie ging sofort los, um die Vertretung zu holen.

Zu Barbara sagte er: „Frau Wegmann, erstatten sie bitte Meldung an das Schulamt und teilen sie ihnen auch mit, dass wir Herrn Buchholz von der Schule verwiesen haben und einen Platzverweis ausgesprochen haben. Die Amtsgeschäfte werden an seine Stellvertretung übergeben.“

Barbara sagte abschließend: „Wen sich bei Herrn Buchmann nichts bewegt, bleibt uns nur dieser Schritt. Ich komme entweder heute Nachmittag oder morgen auf ihrer Dienststelle vorbei und unterschreibe meine Zeugenaussage.“

Der Polizist legte auf und wandte sich an Herrn Buchholz: „Noch können sie ihre Meinung ändern und dem Vorschlag von Herrn Maurer zustimmen. Ansonsten muss ich sie bitten, ihre persönlichen Dinge einzupacken und unverzüglich das Schulgebäude zu verlassen. Sie haben bis auf weiteres einen Platzverweis für diese Schule.“

Immer noch regte sich Herr Buchholz nicht. Ich begriff, dass er sich erst so langsam der Konsequenzen seiner Aussagen bewusst wird. Aus meiner Sicht hätte es nie zu diesen Schwierigkeiten kommen müssen, wenn er einsichtiger gewesen wäre. So sagte ich nur: „Ich bedauere sehr, dass sie sich durch eigenes Verhalten in diese Situation gebracht haben.“

Es klopfte, und die Sekretärin betrat mit der stellvertretenden Direktorin das Büro. Sie stellte sich den beiden Polizisten als Frau Gerber vor und wollte wissen, warum sie ihre Klasse verlassen musste. Der junge Polizist erzählte ihr die Geschichte, die sich in der letzten halben Stunde abgespielt hatte und erklärte ihr, dass er Herrn Buchholz von der Schule verwiesen und ihm bis auf weiteres ein Platzverweis erteilt wurde. Das Jugendamt, genauer Frau Wegmann, die am Telefon alles mitgehört hat, wird in diesem Augenblick bereits das Schulamt informieren.

Er wandte sich an mich und meinte: „Herr Maurer, sie können mit ihren beiden Jungs nach Hause gehen. Wenn sie gegen Herrn Buchmann Strafanzeige stellen wollen, kommen sie bitte in den nächsten Tagen auf unsere Dienststelle. Ihre Zeugenaussagen werden vermutlich nicht nötig sein, da Herr Buchholz seine Äußerungen vor zwei Polizeibeamten und der stellvertretenden Leiterin des Jugendamtes getätigt hat.“

Ich schaute Frau Gerber an und wollte wissen, wie es nun weitergeht. Sie schaute mich an und erklärte: „Das hängt jetzt ganz davon ab, was Herr Buchmann vor der Klasse verkündet hat, warum ihre beiden Jungs von der Polizei abgeholt werden.“

Der ältere Polizist, Herr Mayer, erklärte: „Glücklicherweise hat er sich vor der Klasse mit seinen Aussagen zurückgehalten. Ich kann ihnen jedoch nicht sagen, was er dem Lehrer, der die Klasse unterrichtete, erzählt hat. Mit ihm hat er nur geflüstert.“

Sie schaute mich an und meinte: „Versuchen wir unser Glück und retten, was noch zu retten ist. Herr Maurer, kommen sie mit ihren beiden Söhnen mit. Ich denke, ihre beiden Jungs sollten sich von dem Schock erholen. Sie können sie nach der Klarstellung mit nach Hause nehmen. Morgen früh erwarte ich sie jedoch wieder zum Unterricht.“

Sie klopfte an der Tür und holte den Lehrer aus dem Klassenzimmer. Sie fragte, was ihm Herr Buchholz gesagt habe, als er mit der Polizei die beiden Jungs aus der Klasse geholt hat. Er meinte, die beiden würden wegen Urkundenfälschung von der Polizei abgeholt und vernommen.

Frau Gerber erklärte ihm, dass solle er schleunigst vergessen. Ihr wurde von den beiden Polizisten bestätigt, dass es sich um Originaldokumente des Standesamts handelt. Die beiden Jungs tragen seit Freitag den Namen Maurer als Familiennamen. Wir haben jetzt das Problem, dass der Direktor wegen diverser unqualifizierter Äußerungen von der Polizei der Schule verwiesen wurde und ein Platzverweis ausgesprochen wurde. Die stellvertretende Leiterin des Jugendamts habe bei der Schulbehörde Meldung erstattet.

Er schaute sie fragend an und wollte wissen, wie es jetzt weitergehen soll. Sie erklärte: „Ich werde die Klasse informieren, dass es sich bei der Polizeiaktion um ein Missverständnis gehandelt habe und die Beiden für den Rest des Tages sich von dem Schreck erholen können und morgen wieder ganz normal am Unterricht teilnehmen werden. Das Kollegium wird sich nach Schulschluss zusammen setzen und besprechen, wie wir den Schülern morgen früh die Abwesenheit des Direktors beibringen.“

Sie wandte sich an die Jungs und meinte: „Ich habe eine Bitte an euch. Wir wollen ohne großes Aufsehen den Abgang des Direktors ablaufen lassen. Deshalb bitte ich euch, keinem die wahren Gründe mitzuteilen. Wenn das an die Öffentlichkeit gelangt, leidet der gute Ruf, den unsere Schule derzeit hat.“

Tobias und David versprachen ihr, mit keiner Silbe über die wahren Gründe zu sprechen. Wir betraten zu fünft das Klassenzimmer und Frau Gerber erklärte vor der Klasse: „Es tut mir leid, dass ich euren Unterricht erneut stören muss. Die Polizeiaktion hat sich als ein großes Missverständnis herausgestellt. Tobias und David sind nicht in diese Angelegenheit involviert. Die Beiden können jetzt nach Hause gehen, sich von dem Schrecken erholen und morgen früh werden sie wieder ganz normal am Unterricht teilnehmen. Gibt es dazu Fragen von ihrer Seite?“

Da sich keiner meldete, wobei ich feststellen konnte, dass einige grinsten, erklärte sie, dass der Lehrer seinen Unterricht fortsetzen könne. Frau Gerber, meine beiden Jungs und ich verließen das Klassenzimmer. Die Konrektorin meinte noch zu mir, dass sie die Unannehmlichkeiten bedauere, die uns Herr Buchholz bereitet hat und sie hoffe, dass ich nicht den Vorgang an die große Glocke hängen werde. Ich versicherte ihr, dass ich das nicht beabsichtige.

Tobias und David gingen mit mir zum Auto und wir fuhren gemeinsam zum Gutshof. Während der Fahrt fragte ich die Beiden, ob sie sich vorstellen können, warum einige ihrer Mitschüler gegrinst hätten, während Frau Gerber erklärte, dass ihre zu Unrecht verdächtigt wurdet.

David lachte und meinte dazu: „Auch wenn der Polizist erklärt hat, dass er nichts verstanden hätte. Selbst wir zwei haben mitbekommen, was er unserem Lehrer erklärt hat. Ich denke, sie haben verstanden, dass es sich eben nicht um eine Urkundenfälschung gehandelt haben kann und deswegen gegrinst. Immerhin haben wir unseren Freunden schon erklärt, dass wir von euch adoptiert wurden. Was glaubst du, was morgen ablaufen wird, wenn der Rest der Klasse erfährt, dass wir ab sofort Maurer heißen und dann noch so eine komische Erklärung zum Thema Direktor abgegeben wird. Ich möchte nicht in der Haut von Frau Gerber stecken, wenn sie mitbekommt, dass die Gerüchteküche in der Schule schneller ist als ihre fadenscheinige Erklärung.“

Die beiden Jungs gingen nach oben in die Wohnung und ich ging ins Büro zurück. Petra fragte mich, was in der Schule so dringend gewesen sei, dass mein sofortiges Erscheinen notwendig wurde. Ich erzählte ihr kurz, dass der Direktor die beiden Adoptionsurkunden für Fälschungen gehalten habe.

„Er hatte nicht nur mich in die Schule bestellt, er hat auch bei der Polizei Strafanzeige gegen die beiden Jungs gestellt. Als ich den Sachverhalt aufklären wollte, lief er mit den eintreffenden Polizeibeamten sofort zur Schulklasse und holte meine beiden Jungs aus dem Unterricht. Er ließ mich nicht einmal zu Wort kommen.

„er Polizist, der die Urkunden prüfte, meinte, dass sie echt seien. Ich erklärte ihm, dass der Standesbeamte und Barbara vom Jugendamt dies jederzeit bestätigen können. Der Polizeibeamte telefonierte mit dem Jugendamt und erklärte Barbara, wer alles als Zuhörer anwesend sei. Da er ihr David und Tobias noch mit ihren bisherigen Familiennamen ankündigte, widersprach sie ihm und erklärte, dass die Beiden seit Freitag den Nachnamen Maurer trügen. Das reichte dem Beamten bereits als Nachweis.“

„Barbara wollte trotzdem vom Polizisten wissen, warum er denn nun angerufen habe. Nachdem er ihr den Sachverhalt erklärt hatte, wollte Barbara von mir wissen, wie die Angelegenheit friedlich aus der Welt zu schaffen sei. Ich meinte, wenn Herr Buchholz sich in der Öffentlichkeit für seine Fehlverhalten bei den beiden Jungs entschuldige und eingestehe, dass ihm ein Fehler unterlaufen sei, wäre die Sache vom Tisch.

Daraufhin wurde Herr Buchholz ausfallend, beschimpfte meine Jungs als Rotzlöffel und erklärte, dass er sich nicht entschuldige, sondern einen Rauswurf meiner Jungs von der Schule durchziehen werde. Barbara erklärte ihm, dass er damit seine Kompetenzen überschritten hätte und sie den Vorfall an die Schulbehörde melden würde. Der Polizist erklärte dann, dass er Herrn Buchholz von der Schule verweise und gegen ihn einen Platzverweis ausspreche.“

„Frau Gerber, die Konrektorin, ging mit mir und den Jungs in die Klasse und stellte die Polizeiaktion als ein großes Missverständnis dar und erlaubte den Jungs, heute sofort nach Hause zu gehen und sich von dem Schrecken zu erholen. Unterwegs fragte ich die Jungs, warum einige Mitschüler bei ihrer Erklärung gegrinst hätten. David erklärte mir, dass er und ein Teil der Klasse sicher mitbekommen haben, was der Direktor dem Lehrer flüsternd erklärt hat, auch wenn der Polizist angeblich nichts gehört haben will.“

Petra schaute mich an und fragte mich: „Kannst du das verantworten, dass du Frau Gerber so offensichtlich in ein offenes Messer laufen lassen willst?“

Ich schaute sie an und erklärte ihr: „Eigentlich will ich das nicht. Ich werde beim Mittagessen mit den beiden Jungs darüber reden. Da finden wir sicher eine Lösung, wie wir Frau Gerber helfen können.“

Da es schon nach zwölf Uhr war, rief ich in der Wohnung an. Als David sich meldete, fragte ich ihn, ob sie mit mir zum Mittagessen gehen würden. Er meinte, wir holen dich gleich in deinem Büro ab und dann können wir gemeinsam zum Essen gehen. Fünf Minuten später stürmten David und Tobias mein Büro und meinten, wieso ich noch nicht in den Startlöchern stehe, wenn David schon angekündigt hat, dass wir dich gleich abholen. Ich konterte und meinte: „In der Ruhe liegt die Kraft, sonst seid ihr doch auch nicht so schnell.“

Während des Mittagessens besprach ich mit den Jungs die Situation von Frau Gerber, in die sie die arme Frau bringen würden, wenn wir ihr nicht helfen. Ich erklärte ihnen: „Frau Gerber bemüht sich, die Angelegenheit mit möglichst wenig Schaden für die Schule zu regeln. Wenn ihr sie mit eurem Wissen in ein offenes Messer laufen lasst, schadet ihr nicht nur dem guten Ruf eurer Schule, sondern auch Frau Gerber persönlich. Ich fände das nicht fair von euch, kann euch aber auch nicht zwingen, Frau Gerber aus der verfahrenen Situation herauszuhelfen. Wenn ich im Alleingang versuche ihr zu helfen, schade ich auch euch Beiden, da ihr wusstet, dass andere Mitschüler die Erklärung des Direktors gegenüber eurem Lehrer mitgehört haben könnten.“

Tobias schaute mich an und sagte: „Ich habe keine Ahnung, wie wir Frau Gerber helfen können. Eigentlich müsste sie die ganze Wahrheit den Schülern erklären. Was aber sicher nicht im Interesse der Schule sein kann. Wenn nur einige Schüler ihren Eltern erzählen, dass Herr Buchholz wegen Verleumdung und verbalen Entgleisungen von der Schule verwiesen wurde, wird das Ganze schneller in der Öffentlichkeit landen, als uns allen lieb sein kann.“

Ich meinte: „Ich denke, wir sollten zumindest Frau Gerber warnen, dass doch einige von euren Mitschülern mitbekommen haben, was der Direktor eurem Lehrer zugeflüstert hat, da selbst ihr gehört habt, dass es um Urkundenfälschung gehe. Sie verlässt sich darauf, dass keiner mitbekommen hat, was er dem Lehrer erklärt hat. Welche Konsequenzen sie daraus zieht, ist danach ihre Entscheidung. Damit helft ihr bereits Frau Gerber, weil sie die Lage neu überdenken und bewerten kann.“

David überlegte, schaute mich an und erklärte: „Okay Papa, ich bin derselben Meinung wie du, wir warnen sie, dass einige Mitschüler vermutlich mitgehört haben, was der Direktor gesagt hat. Wir haben ihr versprochen, dass wir die Geschichte nicht ausplaudern, dabei bleiben wir auch. Wie sie mit dem Wissen umgeht, ist am Ende ihre Angelegenheit.“

Nach dem Mittagessen begleiteten mich die Beiden zurück ins Büro, wo wir sofort in der Schule anriefen. Es meldete sich die Sekretärin, die uns erklärte, dass Frau Gerber derzeit noch unterrichte, aber in zehn Minuten ihre Unterrichtsstunde beendet ist. Sie wird Frau Gerber gleich mitteilen, dass ich sie dringend sprechen will.

Wir warteten gemeinsam auf ihren Rückruf, der nach ungefähr fünfzehn Minuten erfolgte. Nach der üblichen Begrüßung erklärte ich ihr: „Frau Gerber, ich sitze hier gerade mit meinen beiden Jungs und sie haben mir erklärt, dass vermutlich einige Mitschüler mitgehört haben könnten, was Herr Buchholz dem Lehrer erklärt hat, da sie selbst mitbekommen haben, wie er von Urkundenfälschung gesprochen habe. Sie vermuten das, weil einige Mitschüler bei ihrer Erklärung gegenüber der Klasse mit einem Grinsen reagiert hätten.“

Zuerst war langes Schweigen bei meinem Gegenüber angesagt, bis sie erklärte: „Erst einmal Danke, dass sie und ihre beiden Jungs mir diese Information übermittelt haben. Ich befürchte, mit einer einfachen Erklärung wie vor der Klasse wird es damit nicht getan sein. Ich denke ich werde mich vorsichtshalber mit dem Schulamt in Verbindung setzen. Dann kann von höherer Stelle entschieden werden, wie das Problem zu lösen ist.“

Sie schwieg kurz und fragte mich: „Bleibt es von ihrer Seite bei der Anzeige wegen Verleumdung gegen die Sekretärin und den Direktor?“

Ich erklärte kurz David und Tobias die Frage von Frau Gerber und antwortete ihr: „Nach Rücksprache mit meinen beiden Jungs werden wir keine Anzeige erstatten. Meiner Meinung nach hat sich Herr Buchholz mit seinen Äußerungen gegenüber den beiden Polizeibeamten und der Mitarbeiterin vom Jugendamt selbst mehr geschadet, als unsere Anzeige hätte bewirken können.“

Sie meinte noch, da würden wir wohl richtig liegen mit dieser Vermutung. Sie verabschiedete sich, bedankte sich noch einmal für den Hinweis und legte auf.

Ich schaute meine beiden Jungs an und meinte: „Ist doch besser gelaufen, als ich befürchtet habe. Dass sie jetzt mit dem Schulamt Kontakt aufnimmt, ist der vernünftigste Weg, den sie gehen kann. Wenn die Angelegenheit vom Schulamt verbockt wird, ist sie immerhin aus dem Schneider.“

Sie schauten mich immer noch fragend an, bis Tobias wissen wollte, warum ich Frau Gerber gegenüber behauptet hätte, dass ich mit ihnen Rücksprache genommen habe und von unserer Seite keine Anzeige wegen Verleumdung erstattet wird.

Ich erklärte ihnen: „Ich habe vorher erklärt, dass euer Direktor mit seinen Äußerungen, sich selbst mehr geschadet hat, als wenn ich ihn wegen Verleumdung verklagen würde. Vor allem, wird die Verleumdung sowieso Thema bei der Aufarbeitung. Sie war der Auslöser für seine Aussagen. Ihr dürft eins nicht vergessen. So wie es momentan aussieht, wird er seinen Job verlieren. In der Folge wird ihm ein Teil seiner Rente gekürzt. Warum sollte ich ihn noch extra verklagen?“

David meinte dazu: „Ich glaube, ich habe es jetzt verstanden. Warum sollen wir uns die Finger schmutzig machen, wenn er sich selbst bereits so tief in die Sache hineingeritten hat. Okay Peter, wir halten uns aus dieser Angelegenheit heraus.“

Die Jungs verabschiedeten sich von mir und gingen nach oben, um ihre Hausaufgaben zu erledigen und ich konnte mich wieder meiner Arbeit widmen, nachdem ich durch die unliebsame Aktion an der Schule jäh unterbrochen worden war.

Am Dienstagmittag, als David und Tobias von der Schule nach Hause kamen, erzählten sie mir, dass heute in der Schule erklärt wurde, dass der Direktor wegen seiner Drohung, David und Tobias von der Schule zu verweisen, obwohl eindeutig feststand, dass die Beiden unschuldig waren, zu seiner Entfernung von der Schule geführt hat, da er damit seine Kompetenzen überschritten hatte. Viele hätten sich für die Beiden gefreut, dass sie adoptiert wurden und zukünftig Maurer heißen.

Am Mittwoch rief mich Severin Binder vom Münchner Kinderheim an und teilte mir mit, dass er definitiv mit zwei Gruppen, also insgesamt achtundzwanzig Kindern und zwei weiteren Betreuern vor Weihnachten bei uns eintreffen und bis zum sechsten Januar bleiben würden. Mein Angebot, das ich ihnen unterbreitet hatte, als wir mit Tobias seine persönlichen Dinge aus dem Kinderheim abgeholt haben, hätten sie bereits wenige Tage später angenommen.

Wir hatten uns damals bereits darauf geeinigt, dass heuer die eine Hälfte der Kinder aus dem Heim kommen wird und im kommenden Jahr die andere Hälfte ihre Weihnachtsferien bei uns verbringen wird. Das bedeutete, dass wir siebzehn Zimmer im Gesindehaus belegt hatten. Somit stand fest, dass uns für die später eintreffenden Bewerber für unsere Ausbildungsplätze noch dreiundzwanzig Zimmer verblieben.

Ich ging zu Florian, unserem Ausbildungsbeauftragten, ins Büro und erklärte ihm, dass wir für die Bewerber definitiv nur dreiundzwanzig Zimmer hätten, um alle unterzubringen. Er erklärte mir, dass sei kein Problem. Wenn er das eine Zimmer, dass er belegen würde, abziehe, verbleiben zweiundzwanzig Zimmer für unsere Gäste. Bei den Jugendlichen aus den Kinderheimen steht definitiv fest, dass immer zwei in einem Zimmer untergebracht werden können. Beim aktuellen Stand der Bewerber aus den Kinderheimen wären das sieben Zimmer für vierzehn Jugendliche.

Er meinte: „Wenn David und Tobias wie sonst bei euch übernachten, brauchen wir für beide kein Zimmer und hätten den Rest für mindestens weitere fünfzehn Bewerber zur Verfügung. Beide wären somit Heimschläfer, aber trotzdem auf dem Gutshof untergebracht, wie alle anderen. Wir haben derzeit zweiunddreißig Bewerber, die zugesagt haben, dass sie am Event teilnehmen. Ich denke in den nächsten Tagen werden kaum mehr neue Bewerbungen eingehen, da wir alle Anzeigen von unserer Homepage entfernt haben.

Aktuell haben wir zwei Ausbildungsplätze bei den Elektrikern, zwei weitere bei den Sanitärinstallateuren und weitere zwei bei den Malern und Lackierern. Bei den Handwerkern kommen noch zwei Ausbildungsplätze zum Bürokaufmann dazu und ein weiterer für die Heizungs- und Klimabauer. Unsere Buchhaltung will mindestens einen oder zwei Auszubildende einstellen., Klaus will mir die endgültige Zahl noch in dieser Woche mitteilen.

Bei der J. Graf GmbH hätten wir zwei Auszubildende zum Bürokaufmann. Philipp hat mir gestern noch mitgeteilt, dass er auf sieben Auszubildende aufstocken will. Die Gärtnerei benötigt nur einen Ausbildenden. Jonas meinte, zwei wären bei ihm das Maximum, was er beschäftigen könne. Von Andrea und Sebastian liegen mir vier Ausbildungsstellen vor und eine aus dem Seminarhotel. Das sind aktuell achtundzwanzig Ausbildungsplätze für das kommende Jahr.

Er schaute mich an und erklärte: „Peter, du hast mich doch vor zwei Wochen gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, einen Auszubildenden für die Personalverwaltung oder zum Bürokaufmann bei mir aufzunehmen. Ich habe mich entschieden, wenn wir einen Auszubildenden für diese Stelle finden, kann er oder sie, den noch freien Platz in meinem Büro einnehmen. Entscheidend dafür war deine Aussage, dass ich bedenken sollte, dass ich mindestens sechs Wochen im Jahr in Urlaub gehe und bei einer Erkrankung auch länger abwesend sein könnte. Ich will dir nicht zumuten, dass du in dieser Zeit meine alleinige Vertretung übernehmen sollst.“

Am Freitagnachmittag packten wir unser Koffer und Reisetaschen in den Ford Galaxy und fuhren nach Tirol ins neue Jugendhotel, wo am Samstag die Einweihungs- und Eröffnungsfeier stattfinden sollte. Kaum dort angekommen, erklärten David und Tobias, dass sie Vinzenz bei seinem Umzug ins Personalzimmer helfen würden. Vor seiner Abreise war sein neues Zuhause noch nicht endgültig fertiggestellt gewesen.

Thomas und ich trafen uns mit Siegfried, dem Hotelmanager, und er berichtete freudestrahlend: „In den nächsten beiden Wochen würden kurzfristig jeweils zwei Schulklassen das Haus füllen, da ihre ursprünglich gebuchte Unterkunft wegen eines Brandschadens kurzfristig nicht zur Verfügung steht.

Sie hatten gehofft, dass bei euch am Gutshof noch Zimmer frei wären. Sie wurden dort auf das neue Angebot in Tirol hingewiesen und sie haben sich kurzfristig dafür entschieden. Bei den Buchungen für das nächste Jahr hat sich ebenfalls einiges getan. Im Januar und Februar sind wir durchgehend mit Schulklassen bereits ausgebucht. An den Wochenenden sind eine Reihe von Familien mit Kindern zum Skifahren angemeldet.

Seit gestern liegt mir eine Anfrage eines Münchner Reiseunternehmers vor, der in den Nächten von Samstag auf Sonntag seine Ausflügler bei uns unterbringen will. Ich habe bisher keine Zusage gegeben, weil ich das zuerst mit dir besprechen wollte. Ich habe ihn jedoch darauf hingewiesen, dass wir nach dem Umbau in der Hauptsache nur noch als Hotel für Kinder und Jugendliche zur Verfügung stehen. Er hat mir erklärt, dass er uns genau deswegen ausgewählt habe. Er hat mir mitgeteilt, es geht um Skikurse für Kinder und Jugendliche, die an vier aufeinanderfolgenden Wochenenden stattfinden sollen.“

Als Mann von spontanen Entschlüssen bat ich ihn mir, die Rufnummer des Reiseunternehmers zu geben. Ich wählte die Nummer und als auf der Gegenseite abgenommen wurde, meldete ich mich mit Jugendhotel Tirol, mein Name ist Peter Maurer, spreche ich mit Herrn Bielmeier? Ich erklärte ihm kurz den Grund meines Anrufes und er meinte, ob wir uns nicht zu einem persönlichen Gespräch treffen könnten. Wir vereinbarten, dass wir uns am Dienstagvormittag in meinem Büro in der Nähe von Rosenheim treffen.

Mir fiel ein, dass ich Siegfried bisher nicht davon informiert hatte, dass wir für die gesamte Firmengruppe den Posten eines neuen Ausbildungsbeauftragten geschaffen haben, was ich sofort nachholte und gleichzeitig von ihm wissen wollte, ob er für das kommende Ausbildungsjahr auf der Suche nach geeigneten Kandidaten sei. Er erklärte mir, dass bisher nicht geplant sei, neue Auszubildende einzustellen.

Ich bat ihn, offene Ausbildungsstellen an Florian Untersberger zu melden, da wir über unsere Internetseiten alle Stellen veröffentlichen würden. Zusätzlich erklärte ich ihm, dass wir zukünftig, beginnend mit dem nächsten Ausbildungsjahrgang, immer am Jahresende einen Einstellungsevent durchführen werden, zu dem alle Bewerber auf den Gutshof eingeladen werden.

Beim Rundgang durchs Haus und die Küche, traf ich auf einige Mitarbeiter, die mir erklärten, dass sie sich schon freuen, weil am Montag bereits die ersten Gäste anreisen.

Kurz vor dem Abendessen tauchten David und Tobias wieder auf und meldeten, dass der Umzug von Vinzenz ins Personalzimmer erledigt sei. Vinzenz muss nur noch alles auspacken und einräumen, aber das wolle er in den nächsten Tagen in aller Ruhe erledigen.

Während des Abendessens kam Josef, der Chef der Küche, zu mir und meinte, Siegfried hätte ihn gerade informiert, wie das zukünftig mit der Einstellung der Auszubildenden ablaufen würde.

„Dabei ist mir aufgefallen, dass wir mit dem ganzen Umbau übersehen haben, unseren Bedarf rechtzeitig anzumelden. Ich bräuchte nächstes Jahr einen Auszubildenden zum Koch, da einer meiner Mitarbeiter in gut zwei Jahren in Rente geht.“

Da es nur noch knapp drei Wochen waren, bis wir alle Bewerber treffen, erkläre ich ihm, dass es nicht so einfach wäre, kurzfristig einen Kandidaten aufzutreiben. Josef meinte, das sei kein Problem. Er hätte vielleicht einen Bewerber. Gitti hat nachgefragt wegen ihres Jungen, der Koch werden wolle.

Sollte er noch keinen Ausbildungsplatz habe, könnten wir ihn als Bewerber nehmen. Ich bat ihn Gitti anzurufen und mit ihr abzuklären, ob der Sohn noch auf der Suche sei. Wenn ja, soll sie morgen seine Bewerbungsunterlagen mitbringen, oder besser, sie bringt ihn gleich mit, dann kann ich ihm direkt erklären, wie bei uns das Auswahlverfahren abläuft.

Während Josef telefonierte, meinte Thomas: „Musste das jetzt sein?“ Als Antwort zuckte ich nur mit den Schultern. Nachdem Josef sein Smartphone in seine Hosentasche stecke, sagt er: „Gittis Sohn Robert kommt morgen gegen zehn Uhr ins Hotel und bringt dir seine Bewerbung mit und du kannst dich mit ihm unterhalten. Er hat einige Bewerbungen abgeschickt, aber bisher hat er keine Einladung zum Vorstellungsgespräch erhalten, nur zwei Absagen.“

Im Anschluss an das Abendessen trafen wir uns noch einmal mit Siegfried, der mit uns noch einmal den Ablauf des offiziellen Teils der Eröffnungsfeierlichkeiten des morgigen Tages besprechen wollte, da sich in den letzten Tagen noch kleine Änderungen ergeben haben.

Er erklärte, dass er alle Handwerker, die am Umbau beteiligt waren, eingeladen hat. Bei unseren Handwerkern aus Rosenheim habe Dennis gestern angerufen und erklärt, dass sie mit etwa fünfundvierzig Personen anreisen werden. Sie kommen voraussichtlich gegen elf Uhr hier an. Die Feier selbst beginnt gegen zwölfuhrdreißig.

Siegfried wird alle Anwesenden nur kurz begrüßen und mir danach das Wort erteilen. Nach mir übernimmt der Bürgermeister des Ortes und wird eine nur kurze Ansprache halten. Wer von den Architekten den nächsten Teil übernimmt ist ihm bisher nicht bekannt, Jason und sein Kollege haben das bis zuletzt offengelassen. Als letzter Redner wird der Bezirkshauptmann ans Pult treten.

Im nächsten Schritt werden alle Redner gemeinsam ein extra aufgebautes Absperrband durchschneiden und damit das Jugendhotel als offiziell eröffnet erklären. Im großen Speisesaal wird während der Ansprachen das Buffet aufgebaut, das mit dem Durchschneiden der Absperrbandes eröffnet wird. Gegessen wird sowohl im Restaurant als auch im Speisesaal des Hotels. Gegen sechzehn Uhr gibt es noch Kaffee und Kuchen und damit die Eröffnungsfeier abgeschlossen.

Ich lachte, als er geendet hatte und meinte: „Schlau ausgedacht, damit kein Redner zu lange spricht, den Beginn auf zwölfuhrdreißig festzulegen. Da die meisten schon hungrig sind, werden die Ansprachen ziemlich kurz ausfallen, damit um dreizehn Uhr mit dem Essen begonnen werden kann.

Mein Vortrag wird trotzdem mindestens zehn Minuten dauern, da ich über die Stiftung und ihre Ziele sprechen will. Ein weiterer Punkt wird dem Thema Ausbildung von Jugendlichen gewidmet sein. Wir haben heuer aktuell dreiunddreißig Bewerbungen vorliegen und werden voraussichtlich neunundzwanzig Jugendlichen eine Ausbildung ermöglichen.“

Thomas fragte mich, ob ich noch Lust hätte einen kleinen Spaziergang durch den Ort zu unternehmen, da wir uns heute noch viel zu wenig bewegt hätten. David und Tobias meinten, sie würden mitkommen, da sie bisher vom Ort auch noch nichts gesehen hätten. Sie überredeten Vinzenz, uns seinen Heimatort ein wenig näher zu bringen.

Der Samstag begann für uns gegen achtuhrdreißig im Speisesaal, wo wir uns zum Frühstück einfanden. Nach einem ausgiebigen Frühstück gingen unsere Jungs hoch in ihr Zimmer, gefolgt von Thomas, der mir erklärte, dass er beim Gespräch mit dem Bewerber, der in Kürze kommen sollte, nicht dabei sein wolle. Ich setzte mich in die Hotellobby und las in einer aktuellen Tageszeitung, während ich auf Robert wartete.

Aus dem Augenwinkel sah ich einen etwa sechzehnjährigen Teenager, der in Richtung Rezeption ging. Ich legte die Tageszeitung beiseite und beobachtete die Szene am Tresen. Vinzenz der hinter dem Tresen stand, ging aus der Rezeption und näherte sich mit dem jungen Mann. Als er vor mir stand, sagte er: „Peter, ich habe hier Robert Kirchner. Er sagt, er hätte einen Termin bei dir.“

Robert starrte mich an und schien verwunderte, dass Vinzenz mich einfach mit meinem Vornamen angesprochen hat. Ich grinste und bat Vinzenz, Robert zu erklären, warum er mich mit meinem Vornamen angesprochen hat. Vinzenz erklärte ihm: „In allen Firmen der Gutshofgruppe und der Stiftung werden alle Mitarbeiter nur mit ihrem Vornamen angesprochen. Das gilt auch für alle Chefs oder Abteilungsleiter.“

Immer noch etwas verwirrt meinte Robert: „Meine Mutter hat einmal davon gesprochen, dass seit einiger Zeit alle Kollegen nur mit ihrem Vornamen angesprochen werden. Dass das auch für alle Chefs gilt, hat sie aber nicht erwähnt. Ich soll zu also einfach nur Peter sagen, gilt das auch für meinen Ausbilder, den ich bisher nur als Herrn Gartner kenne?“

Da Vinzenz sich grinsend in Richtung Rezeption verzogen hatte, erklärte ich: „Ja, du darfst nur einfach Peter zu mir sagen. Deinen Ausbilder hier im Hotel darfst du mit Josef ansprechen. Da Vinzenz nicht wusste, warum du mich sprechen wolltest, hat er dich korrekt mit Vornamen und Familiennamen bei mir angekündigt.

Hätten wir uns hier jetzt privat getroffen, würde ich zu dir sagen Herr Kirchner und du zu mir Herr Maurer. Da du dich um einen Ausbildungsplatz im Unternehmen bewirbst, gilt für dich auch, dass wir uns gegenseitig nur mit dem Vornamen anreden. Jetzt setz dich bitte und erzähl mir ein bisschen von dir.“

Er setzte sich mir gegenüber und sagte: „Ich bin im Sommer fünfzehn Jahre alt geworden, gehe jetzt in die zehnte Klasse einer Realschule und mache im kommenden Jahr meinen Abschluss. Da ich sehr gerne zusammen mit meiner Mutter koche, bin ich sehr schnell auf die Idee gekommen, das zu meinem Beruf zu machen. Ich würde mich freuen, wenn ich im neuen Jugendhotel meine Ausbildung beginnen könnte.“

Er legte eine Pause ein, die ich nutzte und ihm erklärte: „Robert, wir führen hier kein offizielles Vorstellungsgespräch, ich möchte dich nur etwas näher kennenlernen. Wenn ich deine Bewerbung mitnehme, bekommst du in den nächsten Tagen eine Einladung zu einer Veranstaltung, bei der du unter anderem alle anderen Bewerber für einen Ausbildungsplatz in den Unternehmen der Gutshofgruppe kennenlernst. Dabei werden auch die offiziellen Bewerbungsgespräche geführt.

Die Veranstaltung findet vom siebenundzwanzigsten Dezember bis zum zweiten Januar bei uns im Gutshof statt. Am Ende erhalten alle Bewerber, die wir einstellen, ihren Ausbildungsvertrag überreicht.“

Nach kurzer Pause sprach ich weiter: „Vom achtundzwanzigsten bis zum einunddreißigsten Dezember sind vormittags Vorträge und Bewerbungsgespräche, an den Nachmittagen gibt es Ausflüge, unter anderem mit einer Brauereibesichtigung. An Silvester gibt es abends eine große Silvesterfeier, zu der auch alle derzeitigen Auszubildenden des Unternehmens eingeladen sind. Am ersten Januar werden die Ausbildungsverträge überreicht und am Nachmittag und abends werden wir ein Konsolenturnier veranstalten. Am zweiten Januar geht es wieder zurück in die Heimat. Aufenthalt, Verpflegung, Rahmenprogramm und die An- und Abreise werden vom Unternehmen getragen. Dir oder deinen Eltern entstehen dadurch keinerlei Kosten.“

Er schaute mich an und meinte: „Ich wusste gar nicht, dass ihr euch so viel Mühe macht, um eure zukünftigen Auszubildenden besser kennenzulernen. Peter, ich habe mal eine andere Frage an dich. Gibt es die Möglichkeit, für einige Wochen in einem der anderen Jugendhotels einen Teil seiner Ausbildung zu durchlaufen? Meine Mutter hatte gemeint, ich könnte eventuell drei oder vier Wochen bei euch in Rosenheim sein.“

Meine Antwort darauf: „Ich denke schon, dass es Möglichkeiten geben wird. Ich kann dir das nur nicht versprechen. Spätestens, wenn wir wieder ein großes Zeltlager veranstalten, brauchen wir für diese Zeit Verstärkung in der Küche, damit besteht zumindest die Chance, dabei eingesetzt zu werden. Gegen Ende deiner Lehrzeit besteht die theoretische Chance, dass du im neuen Jugendhotel an der Ostsee schnuppern kannst, weil bis dahin der Umbau abgeschlossen sein dürfte.“

Ich fragte ihn, ob wir ihm die Einladung mit der Post senden sollen oder ob es reicht, wenn sie per E-Mail übermittelt wird. Er erklärte mir, dass es ausreicht, wenn er sie per E-Mail erhält. Ich verabschiedete mich von Robert und meinte, wir sehen uns in rund drei Wochen auf dem Gutshof.

Kurz vor halb zwölf stand Gitti neben mir, schaute mich an und sagte: „Stimmt das, was Robert mir erzählt hat, dass er über den Jahreswechsel zum Gutshof eingeladen wird, um dort seine Bewerbungsgespräche zu führen und das soll uns überhaupt nichts kosten?“

Ich meinte, sie solle sich doch kurz setzen. Dann würde ich ihr erklären, warum wir bei den Bewerbern für eine Ausbildung so vorgehen. Nachdem sie sich gesetzt hatte, sagte ich: „Wir haben mindestens zwölf Bewerbungen aus Thüringen und Hessen von Jugendlichen aus Kinderheimen für unsere Ausbildungsplätze.

Fast alle waren unsere Gäste beim Zeltlager am Gutshof. Da wir für diese minderjährigen Jugendlichen eine besondere Sorgfaltspflicht haben und mit dem Jugendamt zusammenarbeiten müssen, haben ich auf Anregung beschlossen, beim Auswahlverfahren neue Wege zu gehen.“

Gitti schaute mich immer noch fragend an und so setzte ich fort: „Wir wollen alle Auszubildenden der Gutshofgruppe im Vorfeld bereits besser kennenlernen, aber auch allen Kandidaten die Möglichkeit geben unsere Arbeit mit der Stiftung genauer kennenzulernen. Ich weiß nicht, was dir dein Sohn alles erzählt hat.

Das Highlight der knappen Woche wird unsere Silvesterfeier sein, bei der alle derzeitigen Auszubildenden auf unsere Bewerber treffen. Ansonsten gibt es Vorträge, Gespräche mit den Ausbildern, die üblichen Bewerbungsgespräche und ein Rahmenprogramm.“

Da ich alles Wichtige erklärt hatte, wartete ich auf ihre Reaktion. Es dauerte eine Weile, bis sie sich äußerte: „Das erinnert mich an deine Aktion mit mir und meinen Kolleginnen und Kollegen, die du ebenfalls zum Gutshof geholt hast. Zwar im Rahmen des Zeltlagers, wo wir die Arbeit der Stiftung näher kennenlernen konnten. Ich finde die Idee gut, dass ihr euch im Vorfeld ein genaueres Bild von den Jugendlichen machen wollt. Gerade von denen, die von auswärts oder aus Kinderheimen kommen. Für alle anderen ist es eine Gelegenheit, zu erfahren, dass ein Teil ihrer zukünftigen Kolleginnen und Kollegen, nicht in einem behüteten Elternhaus aufgewachsen sind.“

Sie meinte noch, dass sie jetzt zumindest verstanden habe, warum wir alle für ein paar Tage zum Gutshof holen, und wünschte mir viel Erfolg bei der Aktion. Danach verabschiedete sie sich und erklärte, dass Robert selbstverständlich dabei sein werde.

Thomas, der die letzten Minuten unserer Unterhaltung mitbekommen hatte, sagte zu mir: „Gut, dass ihr fertig seid mit eurer Unterhaltung. Der Bus aus Rosenheim ist inzwischen, mit reichlich Verspätung, angekommen und unsere Mitarbeiter warten bereits draußen auf dich.“

Wir gingen nach draußen. David und Tobias standen bei Vinzenz und redeten miteinander. Siegfried winkte mich zu sich und stellte mir den Bürgermeister der Gemeinde vor, der ebenfalls bereits anwesend war. Der Bürgermeister fragte mich, ob wir noch weitere Jugendhotels haben, die nach dem gleichen Schema funktionieren.

Ich erklärte ihm „Das Jugendhotel Tirol ist unser zweites fertiggestelltes Jugendhotel. Das erste Jugendhotel steht direkt bei uns im Gutshofgelände und es gibt inzwischen ein weiteres Projekt an der Ostsee, dass ab Sommer nächsten Jahres saniert wird. Ansonsten läuft ein Pilotprojekt, ebenfalls bei uns am Gutshof, zusammen mit dem Jugendamt der Stadt Rosenheim, wo drei neue Gebäude mit Kleinwohnungen für Jugendliche entstehen, die volljährig sind und aus den Kinderheimen ausziehen müssen. Wir stehen momentan in Verhandlungen mit einem Förderverein in Innsbruck, der auf einem bereits erworbenen Grundstück ebenfalls Kleinwohnungen für solche Jugendliche errichten will.“

Nach kurzer Pause führte ich weiter aus: „Wir sind weiterhin auf der Suche nach ähnlichen Häusern wie diesem Gebäude in Spanien und in Deutschland, um dort weitere Jugendhotels zu errichten. Für unser Projekt, Wohnungen für jung Erwachsene in Ausbildung, gibt es weitere Interessenten in Deutschland, aber noch keine konkreten Ergebnisse.“

Er antwortete mir: „Würde das bedeuten, wenn der Bezirk ein Projekt Wohnungen für junge Erwachsene haben will, Ihre Stiftung würde das Ganze errichten und an den Bezirk langfristig zu günstigen Preisen vermieten? Ich denke, wir sollten mit unserem Bezirkshauptmann später über diese Möglichkeit sprechen.“

Pünktlich um zwölfuhrdreißig eröffnete Siegfried die Eröffnungsfeier, nachdem zehn Minuten vorher alle geladenen Gäste in die Hotellobby gebeten wurden. Er erklärte nur kurz, dass er sich darüber freut, dass ab Montag bereits zwei Schulklassen das Jugendhotel zum Leben erwecken. Anschließend bat er mich ans Rednerpult.

Ich erzählte den Anwesenden kurz, wie die Stiftung in den Besitz des Hotels gekommen ist und wir bei der ersten Besichtigung beschlossen haben, es in ein weiteres Jugendhotel umzubauen. Kurz erklärte ich den Zweck unserer Stiftung und wie die Einnahmen der Stiftung verwendet werden.

Als letzten Punkt erwähnte ich unser neues Projekt in Zusammenarbeit mit der Stadt Rosenheim, die Errichtung von Kleinwohnungen für junge Erwachsene, die mit Eintritt der Volljährigkeit aus den Kinderheimen ausziehen müssen, obwohl in den meisten Fällen die Ausbildung noch nicht abgeschlossen ist.

Nach mir durfte der Bürgermeister der Gemeinde ans Rednerpult. Er bedankte sich für unseren Aufwand, das alte ehemaligen Luxushotel in ein modernes Hotel für die Jugend zu verwandeln. Er sei sehr angetan von unserem Angebot, die Clubräume des Hotels für die Kinder- und Jugendarbeit in der Gemeinde unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und dass mit dem Sozialarbeiter des Hotels ein Ansprechpartner für Kinder und Jugendliche aus der näheren, aber auch weiteren Umgebung zur Verfügung steht.

Der Partner von Jason wies noch einmal darauf hin, dass die örtlichen Handwerker mit ins Projekt eingebunden wurden und durch den Handwerksbetrieb unserer Stiftung kräftig unterstützt wurde, um die Umbaumaßnahmen im geplanten Zeitraum durchzuführen.

Jason wies bei seiner Ansprache darauf hin, dass sein Architekturbüro seit gut zweieinhalb Jahren mit uns zusammenarbeite und seine Mitarbeiter immer ihr Bestes geben, wenn von der Stiftung oder dem Gutshof neue Projekte geplant werden. Er erklärte noch, dass das nächste größere Projekt ein älteres größeres Hotel an der Ostsee sei, das in den nächsten zwanzig Monaten ebenfalls in ein Jugendhotel umgebaut wird.

Als letzter Redner durfte nun den Bezirkshauptmann ans Rednerpult. Auch er bedankte sich, wie der Bürgermeister, für die Umwidmung in ein Jugendhotel und für die Schaffung eines Treffpunktes für die Kinder- und Jugendarbeit. Am Ende erklärte: „Mit dem Durchschneiden des Absperrbandes ist das Jugendhotel und das neue Restaurant offiziell eröffnet.“

Am Abend testeten wir das Essen im Restaurant. Gegenüber meinem allerersten Besuch hatte sich der Geschmack erheblich gebessert. Inzwischen konnte man es mit dem vergleichen, was im Restaurant im Gutshof angeboten wird. Interessant war am Eröffnungsabend, dass das Restaurant sehr gut besucht war. Wenn sich die gute Küche herumspricht, dürfte es langfristig wie im Gutshof laufen.

Am Montag übergab ich Florian die Bewerbungsunterlagen von Robert Kirchner und er meinte, über das Wochenende ist noch eine Bewerbung über das Internet eingegangen. Damit haben wir zwei weitere Bewerber für unseren Event. Ich bat ihn beide Einladungen sofort per E-Mail zu versenden, damit rechtzeitig die Antwort vorliegt.

Bereits zwei Tage später bestätigte mir Florian, dass von den Beiden die Zusage für die Teilnahme am Event vorliegt und wir damit vierunddreißig angemeldete Jugendliche haben, für jetzt dreißig Ausbildungsplätze. Theoretisch würden nur vier Jugendliche mit leeren Händen ausgehen, aber für zwei oder drei Ausbildungsberufe liegen uns keinerlei Bewerbungen vor, so dass am Ende sechs oder sieben leider ohne einen Ausbildungsplatz sein würden.

Ich schaute ihn an und meinte: „Wir können am ersten Tag verkünden, wie viele Ausbildungsplätze je nach Berufsbild zur Verfügung stehen, wieviel Bewerber wir dafür haben und anbieten, dass der eine oder andere auch ein alternatives Berufsbild ins Auge fassen kann. Zusätzlich sollten wir darauf hinweisen, dass wir anhand der Gespräche, die wir mit ihnen führen, ihnen eventuell eine andere Ausbildung vorschlagen würden. Wie ist deine Meinung zu meinem Vorschlag?“

Er überlegte und erklärte mir: „Deine Anregung finde ich gut, vielleicht schaffen wir es auf diese Art alle Ausbildungsplätze, die gemeldet wurden, auch zu belegen. Vielleicht haben sich einzelne auf einen Beruf gemeldet, von dem sie wussten, dass wir dort Auszubildende suchen und würden lieber etwas anderes lernen.“

Die letzten Tage vor der Weihnachtsfeier für die Mitarbeiter wurden wieder stressig, wie in den vergangenen Jahren, obwohl dieses Mal keine Firmenübernahme anstand, die ich den Mitarbeitern verkünden durfte. Das Einzige, was ich verkünden konnte, ist die Tatsache, dass mit der Übernahme der J. Graf GmbH und der fast gleichzeitigen ersten Erbschaft, der Weg der Stiftung steil nach oben ging.

Der absolute Höhepunkt in diesem Jahr war sicher das Zeltlager für die Kinder und Jugendlichen auf dem Gutshof, das wir ohne größere Pannen oder Probleme über zehn Wochen veranstalteten.

Die diesjährige Tombola war Petras Projekt. Sie hatte in der Vergangenheit bei Johannes schon immer die Geschenke organisiert und die Planung übernommen. Ab diesem Jahr findet die Weihnachtsfeier wieder am Freitagabend und ohne die Familienangehörigen statt, da es langsam eng wurde im großen Saal, mit der stark gewachsenen Anzahl an Mitarbeitern. Wir hatten deshalb für die Tombola auch keine Preise für die Kinder eingekauft.

Bereits im Laufe des Donnerstags fingen wir an, alles im Saal aufzubauen. Jonas und Tim hatten im Laufe des Mittwochs eine frisch geschlagene Nordmann-Tanne und einen riesigen Bund an Tannenzweigen angeliefert. Am frühen Nachmittag stand der Weihnachtsbaum bereits vollständig geschmückt im Saal.

Für die Tombola benötigten wir wieder mehrere Biertische und Bierbänke, um alle Geschenke unterzubringen. Immerhin schafften wir es mit Hilfe unseres Servicepersonals, dass die Tombola am Donnerstagabend vollständig aufgebaut war. Alexandra erklärte mir am frühen Abend, dass am Freitagvormittag nur noch die Tische dekoriert und eingedeckt werden.

Freitag war dann für die meisten Mitarbeiter auch der letzte Arbeitstag im alten Jahr. Nur in den Bereichen, wo es entweder notwendig erschien oder Bereitschaftsdienste zu leisten waren, wurde bis zum sechsten Januar durchgearbeitet. Dabei gab es auch Bereiche, wo nicht nur durchgearbeitet wurde, sondern nur an einzelnen Tagen Mitarbeiter anwesend waren.

Den Beginn der Weihnachtsfeier hatten wir auf siebzehnuhrdreißig angesetzt, damit vor dem Abendessen noch genügend Zeit für den Besuch des Nikolaus mit seinem Krampus und für meine geplante Ansprache mit Jahresrückblick blieb. Spätestens ab neunzehnuhrdreißig sollte das dreigängige Abendessen serviert werden.

Damit der Nikolaus auch wieder lustige Geschichten aus unserem Arbeitsalltag vortragen konnte, hatte ich alle Mitarbeiter gebeten, mir ihre Vorschläge einzureichen. Ich hatte die besten zwanzig Geschichten ausgewählt und für den Nikolaus aufbereitet.

Die schwierigere Aufgabe war es, den Jahresrückblick in meiner Ansprache vorzubereiten. Es gab so viele Punkte und Ereignisse, die ich ansprechen wollte, dass am Ende wahrscheinlich ein zweistündiger Monolog entstanden wäre. Am Ende beschränkte ich mich darauf, dass die meisten Ereignisse nur kurz angesprochen werden.

Ab Sechzehnuhrfünfundvierzig standen Thomas, Eddy und ich am Eingang des Saals und begrüßten die eintreffenden Mitarbeiter. Vor allem aus dem Bereich der Obermeier GmbH, unserem Handwerksbetrieb, kannte ich bisher die wenigsten der Mitarbeiter. Kurz vor dem geplanten Beginn riskierte ich einen vorsichtigen Blick in den Saal und stellte fest, dass sicher mehr als neunzig Prozent der Plätze bereits besetzt waren.

Thomas hatte sich mit dem Nikolausdarsteller und seinem Krampus ins Nebenzimmer verzogen, um mit ihm die letzten Details zu besprechen und den Auftritt vorzubereiten. David und Tobias hatten die Aufgabe übernommen, am Tisch der Familie Plätze für Thomas, Eddy und mich freizuhalten.

Plötzlich stand Bernhard neben mir und wollte mich verkabeln. Ich schaute ihn an, wieso ich nicht wie in der Vergangenheit nur mit einem Mikrophon ausgestattet werde. Er erklärte mir, wir haben inzwischen mehrere Headsets im Einsatz, du bekommst eines davon, damit beim Reden deine Hände frei bleiben.

Ich ließ mich von ihm verkabeln, wie er es nannte und er erklärte mir, dass der kleine Kasten am Gürtel einen Ein- und Ausschaltknopf besitzt. Wenn du sprechen willst, einfach einschalten und danach wieder ausschalten.

Während Bernhard mich verkabelte, waren weitere Mitarbeiter eingetroffen, die von Eddy und mir begrüßt wurden. Irgendwann stand Thomas neben uns und meinte, es sei alles vorbereitet für den Auftritt des Nikolaus.

Ich ging mit Eddy und Bernhard in den Saal. Eddy setzte sich an den Tisch zu David und Tobias. Bernd ging ans Mischpult und erhöhte die Lautstärke der Musik. Nachdem er mir mit erhobenem Daumen anzeigte, dass er die Musik stoppen werde, schaltete ich mein Mikrophon ein.

Da er dabei die Musik leiser werden ließ und stoppte, sagte ich: „Guten Abend, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich freue mich, dass ich euch wieder so zahlreich auf unserer jährlichen Weihnachtsfeier begrüßen kann. Wie ich sehen kann, sind die meisten von ihnen bereits mit Getränken versorgt. In den nächsten Minuten erwarten wir wie jedes Jahr wieder den Nikolaus mit seinem wilden Gesellen, den Krampus, der wieder einige lustige Geschichten aus unserem Arbeitsalltag erzählen wird.

Bevor wir jedoch dazu kommen, darf ich bitten, für eine Gedenkminute kurz aufzustehen, für alle ehemaligen und aktuellen Kollegen, die in diesem Jahr aus dem Leben gerissen wurden.“

Alle standen auf und gedachten der Kollegen, die in diesem Jahr verstorben sind. Nach etwa einer Minute forderte ich sie auf, wieder Platz zu nehmen. Thomas stand bereits an der Tür und wartete auf mein Zeichen, dass er den Krampus hereinlassen kann.

Danach erklärte ich: „Nach dem Auftritt des Nikolaus und einer kurzen Pause, gibt es von mir den üblichen Jahresrückblick. Ich habe dieses Mal keine große Überraschung im Gepäck, aber doch Einiges, was im vergangenen Jahr passiert ist. Wenn ich alle Ereignisse ausgiebig vorstelle, würde meine Ansprache wahrscheinlich zwei Stunden dauern. Da ich euch jedoch nicht so lange quälen will, wird das meiste nur in Kurzform abgehakt. Ich wünsche allen jetzt erst einmal viel Spaß mit dem Nikolaus und seinem Krampus.“

Während ich mein Mikrophon ausschaltete, startete Bernhard die Auftrittsmusik für den Nikolaus und Thomas ließ als erstes den Krampus in den Saal, der wie im letzten Jahr mit lautem Kettenrasseln durch die Reihen polterte. Als die Musik in einen ruhigeren Abschnitt wechselte, betrat der Nikolaus den Saal und bewegte sich gemächlich zum Rednerpult, das für ihn vorbereitet war. Dort angekommen drehte Bernhard die Musik ab. Er legte sein dickes Buch aufgeschlagen aufs Pult.

Zuerst begrüßte er alle Anwesenden und danach folgte der übliche Monolog mit dem Gedicht: „Von draußen vom Walde komm ich her, ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr.“ Nach dem Gedicht folgte die übliche Aufforderung, wer sich bei seinen vorgetragenen Geschichten erkennt, solle doch bitte zu ihm vorkommen und sich rechts neben ihm aufstellen.

In den nächsten rund dreißig Minuten las er die lustigsten Geschichten des Arbeitsalltages vor. Am Ende seines Vortrages zählte er kurz die Mitarbeiter, die zu ihm gekommen waren. Er stellte fest, dass da fünf Personen fehlen würden.

Er meinte, dann werde ich jetzt vorsichtshalber alle Namen vorlesen, die eigentlich hier vorne stehen sollten. Wer aufgerufen wird und noch nicht hier vorne steht, darf sich jetzt links von mir aufstellen, meinte er. Er las alle zwanzig Namen vor und bei zwei Personen kam jeweils ein Zwischenruf mit Krank und in Urlaub. Die restlichen drei stellten sich links vom Nikolaus auf.

Er schaute die Drei an und erklärte: „Mit euch darf sich gleich der Krampus beschäftigen, oder gibt es plausible Gründe, warum ihr euch nicht betroffen gefühlt habt.“

Der Erste meinte dazu: „Ich war wohl in dem Moment auf der Toilette, als meine Geschichte vorgelesen wurde, die mich betroffen haben könnte. Meine Kollegen haben mir auch nichts davon gesagt, dass ich in deiner Aufstellung vorgekommen bin.“

Die Zweite erklärte: „Ich habe eigentlich aufmerksam zugehört, aber in dem Moment war ich felsenfest überzeugt, dass diese Geschichte nicht von mir sein kann.“

Nummer Drei meinte: „Ich weiß immer noch nicht, an welcher Geschichte ich beteiligt war, entweder habe ich sie erfolgreich verdrängt oder bin in dem Moment abgelenkt gewesen.

Nachdem der Nikolaus nach dem Namen gefragt hatte, suchte er in seinem Buch nach dem Abschnitt und las die Geschichte erneut vor. Als er geendet hatte, antwortete der Mitarbeiter dem Nikolaus: „Ich befürchte, diese Geschichte geht wirklich auf mein Konto, vermutlich also doch ein Blackout.“

Der Nikolaus meinte: „Okay, ich lasse euch eure Ausreden dieses Mal ausnahmsweise durchgehen, Solltet ihr nächstes Jahr wieder auf meiner Liste sein und nicht freiwillig zu mir kommen, lasse ich die Ausrede nicht mehr durchgehen.

Er schnappte sich den großen Sack mit den Päckchen, die Petra vorbereitet hatte und verteilte jeweils einen kleines Nikolaussäckchen an die Mitarbeiter. Als er fertig war mit der Verteilung verkündete er: „Jetzt habe ich ein großes Problem. Normalerweise dürften jetzt nur noch zwei Säckchen übrig sein. Ich finde aber noch sieben Stück im großen Sack. Wie war das jetzt gleich wieder? Ach richtig, wenn ich nicht mehr weiter weiß, soll ich mich vertrauensvoll an euren obersten Boss, einen Herrn Peter Maurer wenden, wurde mir von meinen obersten Elfen gesagt. Also, was soll ich mit den restlichen sieben Päckchen anfangen?“

Ich stand auf, schaltete wieder mein Mikrophon ein und erklärte: „Nikolaus, die darfst du mir geben, die werde ich gleich noch verteilen. Ich kann mir vorstellen, für wen die Päckchen bestimmt sind.“

Während der Nikolaus sich verabschiedete, bewegte ich mich bereits in Richtung Rednerpult. Nachdem der Nikolaus mit seinem Krampus den Saal verlassen hatte, sagte ich: Dann wollen wir schauen, an wen wir die Päckchen verteilen.“

Als erstes rief ich Petra auf und bat sie zu mir zu kommen. Als sie neben mir stand erklärte ich: „Petra das kleine Nikolauspäckchen ist ein kleines Dankeschön von mir, dass du die Weihnachtsfeier nach meinen Wünschen vorbereitet und dich darum gekümmert hast.“ Damit übergab ich ihr das Päckchen, bedankte mich noch einmal bei ihr, während die Kollegen applaudierten.

Die nächsten, die ich bat zu mir zu kommen, waren Felix und Dennis und sagte: „Die Beiden bekommen die nächsten beiden Säckchen, weil sie in der Zeit von Ende Juni bis Mitte September erfolgreich das große Zeltlager ehrenamtlich gemanagt haben. Eines kann ich euch sagen: Ihr seid an dieser Aufgabe gewachsen.“ Auch den Beiden wurde mit großem Applaus für ihr Engagement gedankt.

Als nächstes holte ich Jorge zu mir und meinte: „Mit unserem spanischen Mitarbeiter in der Landwirtschaft habe ich den bewegtesten Moment in diesem Jahr erlebt. Wir hatten während des Zeltlagers fünfzig spanische Kinder hier. Jorge erklärte mir, dass eines der Kinder, rein optisch betrachtet, vermutlich sein Neffe sein könne, und er deshalb den Jungen gerne adoptieren wolle, da er dem Anschein nach in einem spanischen Kinderheim lebe. Bei der Überprüfung bewahrheitete sich seine Vermutung und die spanischen Behörden stimmten der Adoption des Vierzehnjährigen zu. Seit Ende August lebt sein Neffe Rafael jetzt bei ihm und seinem Lebensgefährten im Gutshof.“

Als nächstes musste Richie dran glauben. Ich erklärte, dass er auf besonders originelle Weise zu seinem Ausbildungsplatz im Gartenbaubetrieb gekommen sei. Ich erzählte, dass er Felix sein Leid geklagt hatte, weil er bis Anfang Juli in Thüringen keinen Ausbildungsbetrieb gefunden habe. Er wollte Gärtner im Gemüsebau werden. Felix fragte mich, ob wir für heuer noch einen Auszubildenden in der Gärtnerei suchen würden. Knapp zwanzig Minuten später führte Richie mit mir und unserem Betriebsleiter der Gärtnerei ein Vorstellungsgespräch und seit Anfang September ist er Auszubildender in der Gärtnerei.

Danach rief ich Carsten zu mir und erzählte seine Geschichte. Carsten wird für den kuriosesten Wechsel innerhalb der Firmengruppe ausgezeichnet. Wie euch bekannt sein dürfte, wurde uns Ende September ein Hotel an der Ostsee für die Stiftung angeboten. Carsten war dort Auszubildender im zweiten Lehrjahr zum Koch. Bei unserem ersten Besuch Anfang Oktober im Ostseehotel, fragte er mich, ob es möglich sei, nach seiner Ausbildung ins Restaurant im Gutshof zu wechseln, da sein Freund wenige Monate vorher mit seinen Eltern nach Rosenheim gezogen sei. Gut eine Woche später war der Wechsel vollzogen. Er lebt jetzt bei den Eltern seines Freundes und lernt bei Sebastian in der Küche.

Die letzte Auszeichnung geht an Marion, unsere Sozialarbeiterin am Gutshof. Von ihr stammte die Idee, ein Zeltlager für die Kinder zur errichten, nachdem das Jugendamt unsere Gesindehaus für die Ferienzeit mehrfach überbelegt hatte, und wir den Kindern keine Absagen erteilen wollten.

Danach meinte ich: „Wir legen jetzt die angekündigte kurze Pause ein und danach werde ich euch mit meinem Jahresrückblick quälen.“

Während der Pause fragte mich Thomas, wen von den sieben Leuten hast du kurzfristig in die Liste der Auszuzeichnenden aufgenommen. Ich grinste ihn an und meinte, Richard und Carsten seien die beiden Glücklichen gewesen. „Habe ich mir fast gedacht“, meinte Thomas. „Immerhin hast du das allen Mitarbeitern mit einer sehr guten Begründung verkauft, so dass keiner wirklich Verdacht schöpfen kann.“

Ich ging zum Rednerpult, schaltete mein Mikrofon ein, während Bernhard die Musik wieder lauter werden ließ. Nachdem er die Musik gestoppt hatte, sagte ich: „Kommen wir jetzt zum angekündigten Jahresrückblick.“

Ich glaube, ich brauche euch nicht meine komplette Rede niederschreiben, da ihr alles bereits aus den vorherigen Kapiteln kennt, was ich meinen Mitarbeitern erzählte. Ich werde euch nur ein paar Stichpunkte nennen, wie Erbschaft für die Stiftung mit Hotel in Österreich und Immobilienverwaltung in München, Zeltlager und die dazugehörige Vorgeschichte. Die weitere Erbschaft für die Stiftung des Hotels an der Ostsee, Baubeginn für die Wohnungen der Mitarbeiter, Wohnungen für die Jugendlichen, Rückbau des Seminarhotels, Übernahme der E. Obermeier GmbH und Erweiterung zu einem Handwerksbetrieb für viele Gewerke am Bau und beim Umbau und Sanierung von Wohnungen.

Am Ende kam dann von mir die obligatorische Frage: „Gibt es zu meinen Erläuterungen und Erklärungen des Rückblicks noch Fragen?“

Ich schaute verwundert in die Menge und stellte fest, dass es scheinbar keine Fragen der Mitarbeiter gab. Nachdem nach zwei Minuten immer noch keine Hand gehoben wurde, meinte ich: „Wenn keine Fragen vorhanden sind, dann wünsche ich euch noch einen gemütlichen Abend, auf unser Abendessen dürfen wir noch gut fünf Minuten warten, weil wir zu pünktlich fertig geworden sind.“

Ich schaltete mein Mikrofon aus und Bernhard kam zu mir und befreite mich von meiner Verkabelung. Nach der gut einstündigen Rede war ich froh, endlich wieder am Tisch sitzen zu können. Tobias, der direkt neben mir saß, meinte zu mir, dass er in der letzten Stunde mehr über meine Arbeit erfahren habe als an dem einen Tag, den er und David mich begleitet hatte.

Nach dem Abendessen begann ich die üblichen Gespräche mit den Mitarbeitern, Tobias begleitete mich dabei. Interessant wurde es für mich an den Tischen, wo Mitarbeiter saßen, die zum ersten Mal eine Weihnachtsfeier in unseren Unternehmen feierten.

Plötzlich wurde die Musik wieder lauter. Bernhard kam zu mir, drückte mir diesmal ein normales Mikrofon in die Hand und meinte, ich solle die Mitarbeiter doch darauf hinweisen, dass sie ihre Lose an der Tombola Ausgabe einlösen sollten.

Er reduzierte die Lautstärke und ich sagte: „Ich bin mir sicher, ich habe vorher vergessen, euch aufzufordern, dass ihr eure Lose einlösen könnt. Wer sein Geschenk noch nicht abgeholt hat, möchte doch bitte umgehend sein Los öffnen und bei der Ausgabe einlösen. Die Geschenke, die bis zweiundzwanzig Uhr nicht eingelöst werden, gehen heuer an die Rosenheimer Tafel zum Verteilen als Weihnachtsgeschenke an bedürftige Mitmenschen.“

Nach zweiundzwanzig Uhr lichteten sich die Reihen rapide und gegen dreiundzwanzig Uhr waren bereits zwei Drittel der Mitarbeiter verschwunden. Vor allem die jüngeren Mitarbeiter waren noch anwesend. Da Sebastian wieder als Letzter alles zu sperren wird, beschlossen Thomas und ich, uns auch in die Wohnung zurückzuziehen. Ich ging zu David und Tobias und fragt sie, ob sie noch bleiben wollen oder mit uns nach oben in die Wohnung gehen.

David grinste und meinte: „Die Frage ist gut. Wir wollten schon längst verschwinden, wir sind nur euretwegen geblieben. Klar kommen wir sofort mit euch nach oben.“

Fünf Minuten später waren wir in der Wohnung und die beiden Jungs verschwanden direkt in ihrem Zimmer. Thomas und ich gingen auch sofort ins Schlafzimmer, im Bett sprachen wir noch über den Tag, bis uns die Augen zufielen.

Der Samstag und der Sonntag verliefen ruhig und so konnte ich am Montag wieder ausgeruht in die für mich letzten zwei Arbeitstage vor dem Heiligen Abend gehen. Da viele bereits in die Weihnachtspause gegangen sind, war es in den Büros sehr ruhig. Die IT-Abteilung war fast vollständig aus dem Gutshaus ausgezogen und in ihre neuen Büroräume umgezogen. Weitere Umzüge waren für heute und morgen geplant.

Um neun Uhr kam Florian, unser Ausbildungsbeauftragter, zu mir ins Büro und erklärte: „Peter, können wir uns heute noch einmal zusammensetzen und alle Punkte für unseren Einstellungsevent der Reihe nach noch einmal abarbeiten und alles überprüfen, damit wir am Samstag, wenn die Bewerber kommen, alles gründlich vorbereitet haben.“

Ich sah ihn an und meinte: „Aber sicher, vor allem will ich von dir auch auf den neuesten Stand gebracht werden. Wie lange brauchst du noch, bis von dir alles aufbereitet ist?“

Er lachte mich an und erklärte: „Keine Sekunde, ich habe mich am Freitag noch hingesetzt und den aktuellen Status erarbeitet. Wir können eigentlich sofort loslegen.“

Er setzte sich und legte mir eine Aufstellung vor, welche Auszubildenden wir für das kommende Jahr suchen. Mehr als ein Drittel aller Ausbildungsplätze waren kaufmännische Berufe. Mehr als fünfzig Prozent aller angebotenen Ausbildungsplätze stammten aus den Bereichen Handwerk und Informationstechnologie. Die restlichen vierzehn Ausbildungsplätze verteilten sich auf neun, teilweise eigenständigen Unternehmen, in Rosenheim und auf dem Gutshofgelände.

Dagegen standen vierunddreißig Bewerber, die sich um unsere Ausbildungsplätze beworben hatten. Bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass wir für die kaufmännischen Berufe nur elf Bewerber hatten, bei zwölf angebotenen Stellen. Mir war in dem Moment klar, wenn wir es nicht auf die Reihe bekommen würden, einige umzuschichten, blieben am Ende einzelne Ausbildungsplätze unbesetzt, was ich Florian auch erklärte.

Florian meinte, bei der Abholung am Bahnhof müssen wir uns noch etwas einfallen lassen. Der österreichische Bewerber kommt bereits um dreizehnuhrzwanzig an, die fünfzehn Jugendlichen aus Thüringen und Hessen kommen mit dem Zug aus München um vierzehnuhrsiebzehn in Rosenheim an. Alle anderen werden von ihren Eltern bis spätestens sechzehn Uhr mit dem Auto zum Gutshof gebracht.

Ich erklärte: „Robert Kirchner aus Österreich kann ich abholen, ich kenne ihn und er kennt mich, also kein Problem. Wenn alle fünfzehn Jugendlichen aus den Kinderheimen gleichzeitig ankommen, brauchen wir fast einen Kleinbus. Hast du mit Armin darüber gesprochen, ob er einen Kleinbus für die Abholung organisieren kann?“

„Konnte ich nicht mehr, die Information wann sie ankommen, sind erst am Wochenende per E-Mail angekommen. Heute und morgen ist er nicht in seinem Büro. Ich sehe ihn erst am neunundzwanzigsten Dezember bei unserem Ausflug mit Brauereibesichtigung wieder.“

Ich meinte: “Wir haben zwei Möglichkeiten. Entweder wir nerven Armin an seinen freien Tagen, dass er uns einen Kleinbus organisiert, oder wir prüfen, ob uns die zwei Ford Galaxy zur Verfügung stehen. Dann können wir zwölf der Jugendlichen unterbringen. Dazu einen PKW wo die restlichen drei Platz finden. Dazu brauchen wir drei Fahrer für die Fahrzeuge.“

Florian meinte:,“Ich könnte mit meinem PKW fahren. Wenn du einen der Ford Galaxy fährst, fehlt uns noch ein weiterer Fahrer für den zweiten Galaxy.“

Ich sah ihn an und erklärte ihm: „Okay, ich kläre lieber erst einmal mit Alejandro, ob die beiden Galaxy am siebenundzwanzigsten Dezember am Naqchmittag überhaupt zur Verfügung stehen. Wenn nein, dann brauchen wir eine andere Lösung.“

Während ich mit Alejandro telefonierte, schaute mich Florian immer wieder fragend an, da er nur mitbekam, was ich zu Alejandro sagte. Zuerst schilderte ich ihm kurz unser Problem mit der Abholung der Jugendlichen vom Bahnhof und fragte, ob die beiden Galaxy dafür zur Verfügung stünden. Bevor Alejandro antworten konnte, schob ich noch hinterher, ob er wüsste, wer die Jugendlichen mit den beiden Galaxy vom Bahnhof abholen könne?

Während Alejandro mir antwortete, hatte ich mein Pokerface aufgesetzt, damit Florian nicht erkennen konnte, was dieser mir am Telefon erzählte. Am Ende meinte ich: „Danke für die Auskunft. Ich werde mit Florian gleich besprechen, wie wir weiter vorgehen.“ Bei meinem letzten Satz hatte Florian einen besorgten Blick erkennen lassen.

Er fragte auch sofort nach, ob es den mit den beiden Galaxy Probleme gebe, und die Bewerber nicht damit abgeholt werden können.

Ich lachte und erklärte ihm: „Also doch hereingefallen, selbstverständlich stehen die beiden Fahrzeuge zur Abholung zur Verfügung. Ich brauche nicht mitzufahren, da Alejandro und Jorge mit dir zusammen die Jugendlichen vom Bahnhof abholen werden. Gibt nur ein kleines Problem, du müsstest vier Jugendliche transportieren, da Rafael auch mitfahren will.“

Den Punkt konnten wir damit abhaken. Blieb jetzt nur noch, die Änderungen am Terminplan zu besprechen. Ursprünglich war für den Ankunftstag keine Gesprächsrunde eingeplant. Ich wollte den Bewerbern jedoch möglichst früh erklären, wie viele Ausbildungsplätze in den jeweiligen Betrieben und Bereichen zur Verfügung stehen, und dass wir einigen nur Alternativen dort anbieten können. Sie sollten sich das überlegen und uns mitteilen, wenn sie ihre Ausbildung eventuell auch in einem anderen Teilbereich des Unternehmens antreten würden.

Wir einigten uns darauf, dass wir nach dem Abendessen diesen Punkt einfügen werden und ich dann auch bereits einen Teil des für den ersten Tages geplanten Vortrages und die organisatorischen Punkte ansprechen werde.

Am Ende meinte ich: „Falls sich in den nächsten Tagen noch etwas ändern sollte, bin ich für dich auf alle Fälle über mein Mobiltelefon erreichbar. „Ich will dich erst wieder am Ankunftstag der Jugendlichen hier im Gutshof sehen. Dass ich Florian doch eher wiedersehen würde, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht und wünschte ihm noch schöne Feiertage.“

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