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Regenbogenfamilie

Teil 52 - Ein Anruf mit Folgen

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Der Montagmorgen verlief wie üblich an einem Werktag. Zusätzlich erschienen Bernhard und Benjamin, wie angekündigt, zum Frühstück. Glücklicherweise lief alles ruhiger und gesitteter ab als gestern, als vier Jungs in unserem Bett gelandet waren.

Benjamin und ich fuhren, wie vereinbart, zur Bank und eröffneten die notwendigen Konten. Zum einen für die Stiftung selbst, sowie das Konto für die Mietkautionen, das Konto für die Mieteinnahmen. Wir kündigten auch an, dass wir weitere Konten für die einzelnen Objekte für die eingezahlten Mietnebenkosten brauchen werden. Für das Onlinebanking wurde mit der Bank vereinbart, dass immer von zwei Unterschriftsberechtigten die Zahlungen freizugeben sind, namentlich von Benjamin oder Klaus zusammen mit Gerhard oder mir.

Im Gespräch mit dem Geschäftsstellenleiter der Bank erzählte ich ihm, dass wir am Donnerstag den Notartermin für die Gründung haben werden und er die Vertragsunterlagen der Stiftung direkt zugesandt bekomme. Wir würden heute noch die Gesamtsumme, bestehend aus dem Kaufpreis der G. Bauer GmbH als Gerhards Anteil und meinem Anteil in gleicher Höhe auf das Konto der Stiftung überweisen. Wir bräuchten dann für Donnerstag noch eine Bestätigung für den Notar, dass das Geld auf dem Stiftungskonto eingegangen ist.

Auf das neu angelegte Konto der Stiftung Sonneneck ließ ich von Klaus nach der Rückkehr ins Büro den vereinbarten Kaufpreis für Gerhards Firma und den Anteil des Gutshofes überweisen. Damit war die eiserne Reserve, die Vater in den letzten Jahren gebildet hatte, für den Kauf der beiden Unternehmen zum größten Teil aufgebraucht.

Die weiteren Umbaumaßnahmen mussten aus dem laufenden Budget finanziert werden, soviel war sicher. Wenn die Finanzplanungen die Klaus und ich aufgestellt hatten einigermaßen vernünftig waren, sollte das auch zu keinerlei Schwierigkeiten in der Liquidität der Unternehmensgruppe führen. Die beiden Stiftungen hatten wir nicht berücksichtigt. Sie durften in unseren Plänen keine Rolle spielen. Für beide Stiftungen gab es jeweils eigene Planungen, wobei für die neue Stiftung bisher noch keine vernünftige Kalkulation möglich war.

Kurz nach Mittag tauchte Christian auf und erzählte mir, dass er seine Sachen alle eingeräumt und viel Platz für Ludwig gelassen habe. Ludwig habe ihn angerufen und ihm gesagt, dass er sogar den Montag schon als Urlaub bekommen habe und er erst wieder am siebten Januar bei seinem Arbeitgeber antreten müsse. Er sei bei sich zu Hause und wird später mit seinem kleinen Auto den ersten Teil seiner Sachen vorbeibringen.

Den Rest wollen wir morgen gemeinsam aus dem Haus seiner Eltern holen. Ich würde da auch seine Mutter kennenlernen. Sie hatte versprochen, morgen Vormittag anwesend zu sein. Er will spätestens bis fünfzehn Uhr hier sein und seine Kleidung einräumen. Wir haben beschlossen, trotzdem die kommende Nacht noch einmal in eurem Gästezimmer zu übernachten und die erste gemeinsame Nacht von Dienstag auf Mittwoch in unserer Wohnung zu verbringen.

Petra störte und meinte, sie hätte hier den Anruf eines Rechtsanwaltes, der mich dringend sprechen will. Sie nannte mir zwar den Namen des Anwaltes, aber ich kannte ihn nicht und hatte bisher nie mit ihm zu tun. Ich meinte, sie solle das Gespräch doch einfach durchstellen.

Wir unterhielten uns kurz und der Anwalt erklärte, dass er mich in einer dringenden Angelegenheit persönlich sprechen wolle, die er nicht so ohne weiteres am Telefon besprechen könne. Ich erklärte ihm, dass ich heute im Haus bleiben müsste, aber wenn er Zeit hat, er gerne hier vorbeikommen kann, damit wir die Angelegenheit ausführlich besprechen können.

Er meinte, wenn es okay für mich sei, würde er in einer halben Stunde auf dem Gutshof eintreffen. Ich solle mir auf alle Fälle mindestens eine Stunde für unser Gespräch reservieren. Ich versprach ihm, dass ich die Zeit für dieses Gespräch habe, er aber unter Umständen immer wieder mit Störungen durch einen Mitarbeiter rechnen müsse.

Pünktlich nach einer halben Stunde stand er in meinem Büro. Ich hatte eigentlich einen etwas älteren Herrn erwartet. Vor mir stand ein etwa fünfunddreißig Jahre junger Anwalt. Ich begrüßte ihn und wir setzten uns in die Besprechungsecke, wobei ich die Türen zu Benjamins und Petras Büro zumachte. Zuvor fragte ich ihn noch, ob ich ihm etwas zum Trinken anbieten könne. Er antwortete, ein Kaffee wäre nicht schlecht. Ich bat Petra uns eine Tasse Kaffee zu bringen. Nachdem uns Petra mit den Getränken versorgt hatte, fragte ich ihn endlich, was sein Anliegen wäre, dass so dringend sei.

Er erzählte mir die Geschichte einer älteren Dame, die in den letzten Monaten sehr häufig im Restaurant im Gutshof zu mittags gespeist habe und die ich dort kennengelernt hätte. Ich erinnerte mich, dass ich in der Vergangenheit mich hin und wieder mit einer sympathischen Frau um die Siebzig unterhalten hatte. Er erklärte mir, dass sie am Freitag vorletzter Woche unerwartet verstorben sei.

Er sei von ihr als Testamentsvollstrecker eingesetzt, der jetzt ihren letzten Willen umsetzen soll und das habe den kurzfristigen Kontakt mit mir erforderlich gemacht. Er erklärte in Kurzform, dass ihr gesamtes Vermögen in eine Stiftung eingebracht werden solle, deren Erlöse für benachteiligte Kinder und Jugendliche, sowie für die Unterstützung von Minderheiten verwendet werden soll.

Sie hätte erfahren, dass mein Vater eine ähnliche Organisation in Spanien aufgebaut hat und erhoffte sich nun, dass ich ein deutsches Gegenstück dazu schaffen würde, mit ihrem Vermögen. Ich war erst einmal sprachlos, denn mit so etwas hatte ich nun überhaupt nicht gerechnet.

Als ich mich etwas gefangen hatte meinte ich zu ihm, ich würde gerne zwei oder drei Personen zu diesem Gespräch hinzuziehen. Es könne aber etwas dauern, bis alle anwesend sind. Dann rief ich Gerhard an und bat ihn sofort in mein Büro zu kommen. Ich hätte eine große Überraschung für ihn und für unser gemeinsames Projekt.

Er erklärte mir, dass er ohnehin schon unterwegs zum Gutshof wäre, da er mit Ludwig dort verabredet sei. Ich meinte, er solle Ludwig gleich mitbringen. Dann ging ich ins Büro von Michael und Benjamin und bat Benjamin in mein Büro zu kommen, für eine längere Besprechung. Auch erklärte ich ihm, dass Gerhard und Ludwig ebenfalls an der Besprechung teilnehmen werden. Petra bat ich für uns noch Kaffee und Kekse für die Besprechung zu beschaffen, für insgesamt fünf Personen.

Der Anwalt fragte mich dann doch, wieso ich für diese Angelegenheit plötzlich drei weitere Teilnehmer an der Besprechung bräuchte. Ich erklärte ihm, dass Gerhard und ich derzeit genau diese Art von Stiftung gründen, wobei von Gerhard der Erlös aus dem Verkauf seiner Firma eingebracht wird und von mir mit derselben Summe aufgestockt wird.

Eine weitere Stiftung sei deshalb nicht erforderlich, da die von uns geplante Stiftung genau diesen Zweck verfolgt und darum will ich ihn und seinen Enkel, sowie meinen Mitarbeiter in der Stiftung bei diesem Gespräch dabeihaben. Er wollte wissen, ob seine Mandantin von unserem Vorhaben gewusst haben könne.

Ich meinte: „Kaum, da erst in der zweiten Hälfte der letzten Woche dieses Vorgehen von uns beschlossen worden ist und ich seine Mandantin schon mindestens zehn Tage nicht mehr gesehen habe.“ Benjamin schaute mich an und verstand immer noch nicht so richtig um was es bei dem Gespräch gehen sollte.

Ich bat ihn kurz zu warten, bis Gerhard und Ludwig hier wären, damit der Testamentsvollstrecker nicht alles doppelt erzählen müsse. Bis Gerhard und Ludwig ins Büro kamen erzählte ich dem Testamentsvollstrecker, dass wir am Donnerstag einen Notartermin für die formelle Gründung der Stiftung haben und wir heute bereits die nötigen Konten bei der Bank eingerichtet und vor etwa zwei Stunden die Einlage auf dieses Konto überwiesen hätten. Es klopfte und Ludwig kam ins Zimmer. Er erklärte, sein Großvater würde gleich hier sein. Dieser hätte ihn von unterwegs angerufen. Deshalb wüsste er, dass er sofort zu mir ins Büro kommen sollte.

Nach weiteren fünf Minuten stand Gerhard im Büro und begrüßte alle Anwesenden. Er musterte den Rechtsanwalt, als hätte er ihn schon einmal gesehen. Nachdem der Anwalt seinen Namen gesagt hatte, lachte Gerhard auf und meinte: „Kein Wunder dass sie mir bekannt vorkamen, ihr Büro ist zwei Häuser neben meiner Firma.“

Gerhard setzte sich zu uns an den Tisch und der Rechtsanwalt erklärte in kurzen Sätzen, worum es ging. Inhaltlich das, was er mir bereits erklärt hatte. Als er mit seinen Ausführungen geendet hatte fragte ihn Gerhard, wie hoch denn das Vermögen der alten Dame sei, das in die Stiftung eingebracht werden solle. Der Anwalt meinte: „So nach einer ersten Schätzung meinerseits sprechen wir von einem Barvermögen von rund zehn Millionen und hinzu kommt noch Immobilienbesitz von rund sechzig bis siebzig Millionen Euro. Wobei ich dabei den privaten Wohnsitz meiner Mandantin noch nicht mitgerechnet habe. Dieser hat sicher noch einmal einen Wert von rund zehn Millionen und liegt hier ganz in der Nähe. Vermutlich könnten sie sogar Nachbarn sein.Es handelt sich um einen alten Bauernhof mit einem stattlichen Anwesen. Die dazugehörigen Ackerflächen sind sie derzeit alle verpachtet. Sie will den Teil jedoch nicht in die Stiftung einbringen, sondern das soll Herrn Peter Maurer zufallen, wenn er sich entschließt, ihren letzten Willen umzusetzen.“

Ich schaute in die Runde und konnte unseren beiden Jüngsten ansehen, dass sie das alles nicht glauben konnten. Beim Nachrechnen stellte ich fest, dass es sich um ein Mehrfaches dessen handelte, was Gerhard und ich in die Stiftung einbrachten. Gerhard wollte wissen, ob es schädlich sei, wenn er seinen Anteil an der Erbschaft ebenfalls in die Stiftung mit einbringen würde.

Der Anwalt blätterte kurz in seinen Unterlagen und erklärte uns, dass das grundsätzlich möglich sei. Die Erblasserin habe aber dafür vorgesehen, dass dann das Gebäude als Sitz der Stiftung zu verwenden sei, sofern eine Nutzung der Gebäude nicht im Sinne der Stiftung möglich sei. Da keiner von uns das Gebäude kannte meinte ich: „Ich glaube kaum, dass wir das sofort entscheiden müssen. Wichtiger ist die Frage, wollen wir, wenn dem nichts entgegensteht, die Erbschaft annehmen und in die Stiftung integrieren. Diese Entscheidung müssen wir zwei als Gründungsmitglieder treffen.“

Der Anwalt erklärte, dass es keinen Unterschied machen würde, ob wir eine neue Stiftung gründen würde oder wir das Vermögen in die neu geschaffene Stiftung einbringen, sofern der Zweck der gleiche sei.

Ich schaute Gerhard kurz an und wir beide meinten unisono: „Wir nehmen die Erbschaft für die Stiftung an, sofern keine größere Verschuldung im Wege stehen würde. Er erklärte, dass seine Mandantin zumindest in den letzten Jahren ihren Immobilienbesitz immer nur aus vorhandenem Guthaben aufgestockt habe und keinerlei Finanzierung gebraucht wurde.

Ich fragte den Anwalt, ob es ihm möglich wäre, am Donnerstag bei unserem Notartermin dabei zu sein und den Vertrag als Nachlassverwalter mit zu unterschreiben. Er überlegte nicht lange und meinte, er würde zu diesem Termin kommen, da es in seinem Interesse liegen würde, den letzten Willen seiner Mandantin so schnell wie möglich umzusetzen.

Benjamin fragte ihn, wie wir an die Daten der Immobilien kommen, die in der Stiftung zu verwalten sind. Mietverträge, Grundbuchauszüge, Unterlagen über die Nebenkosten, Kontounterlagen. Eben alles, um die Verwaltung durchzuführen. Der Anwalt erklärte uns, dass die Mietverwaltung derzeit von einem durch seine Mandantin beauftragten Rosenheimer Unternehmen durchgeführt wird.

Er würde diese Firma kurzfristig informieren und ihnen mitteilen, dass die Immobilien in eine Stiftung eingebracht werden und damit zum Monatsende der Vertrag mit seiner Mandantin erlischt und alle Unterlagen kurzfristig der Stiftung zur Verfügung gestellt werden sollten.

Die Grundbuchunterlagen befänden sich im Haus seiner Mandantin und würden uns ab Donnerstag zur Verfügung stehen, da alle Grundstücke auf die Stiftung umgeschrieben werden müssen. Diese Aufgabe sollte unser Notar übernehmen.

Benjamin meinte, dass er dann seine Weihnachtspause vergessen könne, da er sich um den Bestand an Wohnungen kümmern müsse, die neu in die Stiftung eingebracht werden, wenn wir ab Januar die komplette Verwaltung übernehmen sollen. Ludwig meinte, er könne ihm gerne dabei helfen und auch Christian könne sich einbringen.

Gerhard sagte: „Als erstes werden wir die Daten der Mieter benötigen, damit wir sie von den Änderungen unterrichten können und vor allem, dass der Mietvertrag unverändert von der Stiftung Sonneneck weitergeführt wird.“

Der Anwalt telefonierte kurz mit der Hausverwaltung, erklärte den aktuellen Stand der Dinge und bat, uns kurzfristig die Anschriften aller Mieter und deren Mietobjektdaten zur Verfügung zu stellen. Es kam zu einer Diskussion zwischen dem bisherigen Verwalter und dem Anwalt, wobei dieser erklärte, dass der zwischen seiner Mandantin und dem Verwalter geschlossene Vertrag mit dem Tod seiner Mandantin beendet sei. Da diese bereits in der vergangenen Woche verstorben sei und die Mandantin verfügt habe, dass alle Immobilien in eine Stiftung eingebracht werden, ist sein bisheriges Mandat erloschen. Die Stiftung wird keinen neuen Vertrag mit ihm abschließen, da sie über eine eigene Wohnungsverwaltung verfüge.

Sollte er anderer Auffassung sein, solle er doch bitte den Vertrag noch einmal genau lesen. Er weise ihn bereits aber bereits jetzt darauf hin, dass im Vertrag vereinbart ist, dass er für eine verzögerte Übergabe aller Unterlagen, einschließlich der Abrechnungsunterlagen eine Vertragsstrafe des dem doppelten Betrags seiner monatlichen Vergütung einkalkulieren müsse.

Ebenfalls sollte er alle Kündigungen übermitteln und ob er bereits neue Mieter gefunden habe. Die Stiftung ist bereit, ihm für die bereits erfolgten zukünftigen Neuvermietungen eine Provision in Höhe einer Monatsmiete zu bezahlen. Die Abrechnung der Konten werde erst im Januar durchgeführt. Den Einzug der Januarmieten könne somit ebenfalls noch von ihm durchgeführt werden. Aber bitte mit dem Vermerk, dass er im Auftrag des zukünftigen Eigentümers, der Stiftung Sonneneck, die Mieten einzieht. Dafür erhalte er für den Januar noch die Hälfte seiner monatlichen Gebühr durch die Stiftung.

Als das Gespräch beendet war erklärte uns der Anwalt, dass morgen alle vorhandenen Unterlagen vom Immobilienverwalter geliefert würden, teilweise in Papierform, die Vertrags- und sonstigen Unterlagen, teilweise in digitaler Form. Auch die Unterlagen der Vormieter liefere er vorsorglich mit, da einige noch aus der Jahresabrechnung der Nebenkosten ein Guthaben oder eine kleine Nachzahlung erwarten. Der Anwalt verabschiedete sich und meinte, er stünde uns weiterhin zur Verfügung, auch wenn irgendwann die Nachlassabwickelung abgeschlossen wäre. Bis dahin wünschte er uns viel Glück bei der Errichtung der neuen Stiftung.

Kaum hatte der Anwalt das Büro verlassen meinte Ludwig zu seinem Großvater: „Opa, du hast doch sicher nichts dagegen, wenn ich im Gutshof mitarbeite. Ich denke für Benjamin und Peter wird es zuviel Arbeit, die inzwischen nicht mehr so kleine Stiftung zu verwalten. Am liebsten würde ich sofort anfangen, aber ich muss zuerst noch meine mündliche Abschlussprüfung ablegen, bevor ich hier anfangen kann.“

Gerhard schaute seinen Enkel an und lächelte. Er sagt zu ihm: „Meinetwegen kannst du gerne am Gutshof arbeiten. Du willst mit deinem Christian hier wohnen, also bietet sich das an. Nur, deine Arbeit im Rahmen der Stiftung wird auf Dauer nicht so zeitaufwendig sein wie in den ersten Monaten nach dem Start. Was willst du dann machen, dich langweilen oder die Stiftung wieder verlassen?“ Er erklärte seinem Opa, dass nach meinen Worten für ihn genügend Arbeit auf dem Gutshof vorhanden sei und er sich dann eben diesen Aufgaben widmen würde.

Die beiden Jungs verließen mein Büro und gingen zu Benjamins Arbeitsplatz. Gerhard fragte mich, ob ich Ludwig bereits ab ersten Januar nehmen würde, wenn das möglich sei. Ich müsste ihm nur die Gelegenheit geben für seine mündliche Prüfung zu lernen und ihn für den Prüfungstag freistellen. Er würde mit dem Chef von Christians Ausbildungsfirma sprechen und das abklären, wenn ich das will.

Die mündlichen Prüfungen finden normalerweise in der letzten Januar- und der ersten Februarwoche statt und mit Bestehen der Prüfung endet der Ausbildungsvertrag. Da Ludwig nicht erwartet übernommen zu werden, stünde er ab diesem Zeitpunkt sowieso zur Verfügung. Ich fragte Gerhard, wie er die Reaktion seines Enkels einschätze, sich spontan für die Arbeiten in der Stiftung zu engagieren?

„Ich finde das gut“, meinte er, „hier kann er sich beweisen und mit Christian hat er einen Freund gefunden, von dem ich viel halte. Christian ist zwar der jüngere von beiden, aber mit seiner Erfahrung aus den letzten eineinhalb Jahren, gereifter als Ludwig. Ludwig hat schon einige Freundschaften hinter sich, die aber nie länger als einen oder zwei Monate gedauert haben, vor allem hat er nie den Wunsch geäußert mit jemandem zusammenzuziehen. Das zeigt mir, dass er in Christian scheinbar denjenigen gefunden hat, mit dem er sich von Anfang an, eine langfristige Beziehung vorstellen kann. Vor allem die Tatsache, dass du vor den beiden gespürt hast, aus den Beiden wird ein Paar, macht mich sicher, dass es dieses Mal der Richtige für Ludwig ist.“

Ich überlegte kurz und erklärte Gerhard: „Ich würde Ludwig liebend gerne ab sofort beschäftigen. Wir werden ihn zumindest kurzfristig reichlich beschäftigen. Ich bin mir bei dem Erbe, dass wir übernehmen, gewillt sein zu behaupten, er wird dauerhaft für die Stiftung mit Benjamin zusammenarbeiten. Versuche dein Glück und rede mit seinem Chef.“

Er meinte, er telefoniere gleich aus meinem Büro und will das mit Ludwigs Chef klären. Dann hätten wir Gewissheit wie es mit Ludwig weitergehen kann. Während seines Telefonats blieb ich im Raum, verhielt mich aber ganz still. Er hatte wohl die Nummer des Empfangs gewählt und bat darum mit dem Chef verbunden zu werden.

Als ihm erklärt wurde, dass der Chef nicht zu sprechen sei, meinte Gerhard, dann geben sie mir doch bitte seine Assistentin. Als diese sich meldete und ebenfalls erklärte, der Chef sei nicht zu sprechen, sagte er zu ihr: „Egal was ihr Chef gesagt hat, sie fragen ihn bitte jetzt auf der Stelle, ob er mit seinem Geschäftspartner Gerhard Bauer ebenfalls nicht sprechen will.“

Es dauerte scheinbar einen kurzen Moment, bis er wieder aufmerksam lauscht und dann kommentierte:,“Na also, es geht doch.“ Nachdem er verbunden war, begrüßte er ihn freundlich und fragte, wie es ihm gehe. Gleichzeitig meinte er: „Ich stelle jetzt auf Lautsprecher und ich sitze hier im Büro meines Nachfolgers. Peter Maurer übernimmt die Firma ab Anfang Januar und du wirst zukünftig mit ihm verhandeln müssen. Aber das ist nicht der eigentliche Grund meines Anrufes. Mein Enkel Ludwig absolviert in deiner Firma seine Ausbildung. Wie bist du und deine Leute mit ihm zufrieden?“ Er erklärte: „Wir sind mit seinen Leistungen sehr zufrieden, haben uns aber bisher noch nicht entschieden, welche Auszubildenden wir in ein festes Beschäftigungsverhältnis übernehmen wollen. Wenn du anrufst, um mich zu überreden ihn einzustellen, dann kann ich dir nur sagen, ich fälle diese Entscheidung nicht allein. Aber ich könnte mich für ihn stark machen.“

Gerhard lachte und erklärte ihm, dass das nicht der Grund seines Anrufes sei. Peter würde Ludwig gerne sofort übernehmen und damit wäre schon der erste Januar gemeint. Wie er das nun verstehen solle, wollte sein Geschäftspartner wissen.

„Ganz einfach. Peter und ich haben eine Stiftung gegründet, die unerwartet von dritter Seite eine riesige Erbschaft erhält. Er soll zukünftig bei der Stiftung mitarbeiten, in der Stiftungs- und Immobilienverwaltung, und deshalb meine Anfrage.“

Sein Gesprächspartner meinte, normalerweise machen wir so etwas nicht, aber wenn ihr ihn jetzt dringend benötigt, leihen wir ihn euch bis zum Ende seiner Ausbildung aus. Ich nickte, um mein Einverständnis zu erklären, was Gerhard dazu brachte zu sagen, dass wir mit dieser Lösung einverstanden wären. Er verabschiedete sich und bat darum, den Leihvertrag an die Stiftung Sonneneck im Gutshof Sonneneck zu schicken.

Sein Gesprächspartner meinte: „Du meinst den Gutshof mit dem neuen Restaurant, an dem wir am Freitag unsere jährliche Betriebs-Weihnachtsfeier abhalten. Dann könnten wir uns am Freitag vor der Weihnachtsfeier treffen, das mit dem Leihvertrag regeln und uns kennenlernen, wenn Peter Maurer will.“ Diesmal reagierte ich direkt und meinte, ich würde mich freuen ihn am Freitag kennenzulernen.

Ich ging ins Nebenbüro zu Benjamin und fragte, wo Ludwig sei. Er sagte mir, der ist vor wenigen Minuten mit Christian rausgegangen, um seine Sachen nach oben ins Appartement zu bringen. „Kannst du die Beiden holen und in mein Büro schicken?“, fragte ich ihn. Er ging unverzüglich los, um nach den Beiden zu suchen und tauchte kurze Zeit später mit ihnen im Büro auf.

Gerhard erklärte seinem Enkel, dass er bis zur mündlichen Prüfung an die Stiftung von seinem Arbeitgeber ausgeliehen würde und nach der Prüfung direkt bei der Stiftung angestellt wäre. „Was machst du eigentlich am Freitagabend?“, wollte Gerhard noch von ihm wissen.

„Ich habe für Freitag nichts geplant“, erklärte uns Ludwig. Gerhard lachte und meinte: „So sind sie die jungen Leute heutzutage. Frisch verliebt, und deshalb leiden sie gleich an einer besonderen Art von Alzheimer.“ Ludwig fragte scheinheilig: „Warum leide ich an Alzheimer und was habe ich für Freitag vergessen?“

Ich antwortete ihm: „Es ist mir zugetragen worden, dass du am Freitag ein wichtiges Meeting mit deinem Chef und deinen Kollegen hast. Ich denke du hast deine Teilnahme zugesagt, deshalb solltest du wichtige Termine auch nicht vergessen. Einen Mitarbeiter, der unter Alzheimer leidet, kann ich mir nicht leisten“, erklärte ich ihm. „Gerhard, ich glaube ich muss mir das noch einmal mit der Beschäftigung deines Enkels überlegen.“

Gerhard lachte : „Hoffentlich hast du mit Benjamin nicht auch so einen Fehlgriff getätigt, falls der plötzlich auch unter Alzheimer leiden sollte.“ Jetzt lachten alle und Ludwig meinte: „Die doofe Weihnachtsfeier habe ich nicht mehr auf dem Schirm gehabt im Moment. Bis Freitag wäre mir das sicher wieder eingefallen, nachdem sie ja schließlich hier im Restaurant des Gutshofes stattfindet.“

Gerhard erklärte seinem Enkel: „Am Freitag kommt dein Chef früher zum Gutshof und will sich mit dir und Peter treffen. Mit Peter deshalb, weil er somit seinen neuen Geschäftspartner als meinen Nachfolger kennenlernen möchte. Gleichzeitig bringt er einen Vertrag mit, der dich an die Stiftung Sonneneck ausleiht; bis zu deiner mündlichen Abschlussprüfung. Peter und ich werden diesen Vertrag gemeinsam unterzeichnen und danach musst du nur noch nach deiner erfolgreichen Prüfung in die Firma, um dich endgültig zu verabschieden.“ Ludwig schaute ihn an und freute sich: „Opa, das hast du für mich getan? Ich kann also ab sofort hierbleiben und meinen neuen Job antreten.“

Ich telefonierte kurz mit Klaus und bat ihn, mit Michael in mein Büro zu kommen. Nachdem die Zwei in meinem Büro standen bat ich sie sich zu uns zu setzen und erklärte ihnen, dass die Stiftung Immobilien und Bargeld im Wert von rund neunzig Millionen geerbt habe und wir durch diese neue Situation erneut umdenken und umplanen müssten.

Klaus sagte: „Wir brauchen einen weiteren Mitarbeiter für die Verwaltung der Stiftungen.“ „Stimmt“, meinte ich, „und den haben wir bereits gefunden. Ludwig wird diese Aufgabe zusammen mit Benjamin übernehmen und zieht als dritter Mann in das Büro neben mir.

Aus dem Büro von Michael, unserem Sozialarbeiter, der ja ins Gesindehaus umgezogen ist, wird unser neues Vermietungsbüro, das von Michi und den beiden Jungs genutzt werden kann. Wie weit sind Philipp und Marcus mit der Einrichtung der Immobilienverwaltung für die Stiftung? Morgen kommen die ersten Unterlagen und wir können sofort mit dem Anlegen der Stammdaten beginnen, damit ab Februar der Einzug der Mieten und Nebenkosten läuft.“

Klaus meinte: „Marcus hat mir berichtet, dass alles vorbereitet sei, damit wir kurzfristig starten könnten.“ „Gut“, meinte ich, „dann steht dem Start der Stiftung nichts mehr im Weg. Auch wenn er durch die heutigen Ereignisse kurzfristig etwas holpriger geworden ist, aber wir haben in der Vergangenheit schon andere Probleme gemeistert und mit dieser Situation werden wir auch fertig.

Michi, ich habe eine Bitte an dich, du kennst dich mit dem Immobilienprogramm am Besten aus. Kannst du Benjamin und Ludwig ab morgen einlernen, damit wir zügig vorankommen?“ Michi erklärte: „Klar lerne ich die Beiden ein und helfe auch bei der Erfassung der Immobiliendaten mit. Klaus, kannst du Philipp oder Marcus mitteilen, dass wir einen weiteren vollständigen Arbeitsplatz für Ludwig brauchen?“

Wir beendeten unsere Gesprächsrunde. Nur Gerhard blieb bei mir im Büro zurück. Er sagte zu mir: „Das war aber eine große Überraschung, die über uns hereingebrochen ist. Damit haben wir genügend Einnahmen, um schon in Kürze sinnvolle Hilfe zu leisten. Hast du dir überlegt, was du mit dem Bauernhof anfangen willst?“

Ich überlegte kurz und erklärte: „Ich denke, den Hof sollten wir uns erst einmal in Ruhe anschauen. Wenn möglich sollten wir ihn umbauen. Damit könnte der Hof, so wie das Gesindehaus, für Gäste genutzt werden. Ich denke da an eine Außenstelle für die Seminare, allerdings in einem gehobeneren Rahmen.“

Gerhard meinte: „Jetzt lass uns zum ursprünglichen Grund meines Besuches kommen. Ich wollte mir eigentlich das Appartement von Ludwig und Christian anschauen und den Jungs beim Hochtragen helfen.“ Bevor wir ins Büro meiner Vermietungsspezialisten gingen, verabschiedete ich mich von Petra und wünschte ihr noch einen schönen Abend.

Wir fanden die Jungs nicht in Ludwigs zukünftigem Büro und bei Philipp und Marcus trafen wir sie ebenfalls nicht an. Vermutlich sind sie bereits wieder losgezogen, um Ludwigs persönliche Sachen ins Appartement hochzubringen. Wir trafen sie an Ludwigs kleinem Auto, wo sie gerade am Ausladen waren. Auch Bernhard half ihnen und wir schnappten uns jeder eine kleine Kiste und folgten den Jungs nach oben.

Im Appartement angekommen, hatten die Jungs bereits alles abgestellt und waren wieder auf dem Weg nach unten, um weitere Kisten nach oben zu tragen. Wir schauten uns um. Seit gestern hatte sich nicht mehr viel verändert, nur aufgeräumter sah es aus. Wir warteten, bis die beiden Bewohner wieder nach oben kamen. Ludwig meinte, sein Auto sei jetzt leer und sie könnten mit dem Auspacken und Einräumen anfangen.

Bevor sie loslegten, setzten wir uns kurz auf die Couch und unterhielten uns mit den Jungs. Gerhard wollte wissen, wie es aus Ludwigs Sicht weitergehen soll. Ludwig erklärte ihm. „Opa, ich liebe Christian. Er liebt mich. Wie es in Zukunft weitergehen soll, darüber machen wir uns sicher noch keine großen Gedanken. Ich will meine Ausbildung mit einem guten Abschluss beenden und meine Arbeit bei Peter ordentlich erledigen. Für Christian zählt erst einmal nur seine Ausbildung und wenn diese erfolgreich abgeschlossen ist, sehen wir weiter. Vorerst reicht uns diese kleine Wohnung, wir sind doch in der Hauptsache eh nur zum Schlafen hier. Tagsüber im Büro, Donnerstagabend sind wir zum Beispiel beim Treffen der schwulen Jugendlichen und an den anderen Abenden werden wir sicher nicht nur vor dem Fernseher versauern.“

„Ich hoffe für euch“, meinte Gerhard, „dass nach eurem anfänglichen Höhenflug kein krasser Absturz erfolgt. Wichtig ist, wenn Schwierigkeiten oder Probleme auftauchen, diese immer gemeinsam zu meistern. Wenn das funktioniert, sind die Chancen groß, dass ihr gemeinsam alt werden könnt.“

Gerhard sagt nun, dass er jetzt nach Hause fahren werde. morgen sei er in der Firma, und, wenn irgendetwas sein sollte wo ich gebraucht werde, ruft mich einfach an. Ich begleitete ihn nach unten bis zu seinem Auto und wünschte ihm eine gute Heimfahrt.

Endlich in unserer Wohnung angekommen begrüßte mich Thomas und wollte wissen, wo ich gesteckt habe, da er mich nicht im Büro angetroffen habe. Ich war ja mit Gerhard bei den beiden Jungs oben.

Es gibt aber Wichtigeres, meinte ich zu ihm. Unsere neue Stiftung hat eine Erbschaft gemacht im Wert von etwa siebzig Millionen in Immobilien und dazu Barvermögen. Ich erbe einen Bauernhof mit Ländereien die verpachtet sind. Wir dürfen den Bauernhof aber in die Stiftung nur einbringen, wenn er dem Zweck entsprechend verwendet wird, entweder als Sitz der Stiftung oder zu Gunsten benachteiligter Jugendlicher.

„Und wo liegt der Bauernhof, wenn ich fragen darf?“, gab Thomas von sich. „Genau kann ich dir das noch nicht sagen, aber in unmittelbarer Nähe zum Gutshof Sonneneck, hat der Testamentsvollstrecker gemeint. Er gehörte einer älteren Dame, die am Freitag vor einer Woche verstorben sei und die öfters bei uns im Restaurant essen war. Wir können heute ohne die Jungs essen. Sie haben sich gestern von Sebastian Reste des Büffets „andrehen lassen“ und die wollen sie heute verspeisen.

Nach dem Abendessen setzten wir uns noch ins Wohnzimmer und unterhielten uns weiter über die Erbschaft, bis die beiden Jungs eintraten. Mit ihnen sprachen wir über die Veränderungen, die das Ganze mit sich bringen würde. Ich meinte noch zu Thomas, dass ich den geplanten Neubau in der Stadt aus dem Privatvermögen an die Stiftung verkaufen möchte, damit dem Gutshof wieder etwas mehr flüssige Mittel zur Verfügung stehen.

Der Dienstag hatte weitere Überraschungen für mich parat, so wie es am Montagnachmittag begonnen hatte. Gegen elf Uhr tauchten der Verwalter der Wohnungen der Erblasserin mit seinem Mitarbeiter bei uns auf. Während wir uns unterhielten, trugen die Jungs zusammen mit dem Mitarbeiter sämtliche Unterlagen in ihr Büro.

Der Verwalter, Bruno Bergmair, erklärte mir, dass er nach gründlicher Überlegung beschlossen habe, seine Firma zu schließen, da mit dem Wegfall der Verwaltung des Vermögens der Erblasserin die Firma nicht mehr genügend Einnahmen habe, um ihm und seinem Mitarbeiter ein ausreichendes Einkommen zu sichern.

Er habe seinen Mitarbeiter, Florian Baumann, heute Morgen gefragt, ob er die Firma allein weiterführen wolle, was dieser jedoch abgelehnt habe. „Ich habe mich bereits gestern noch schlau gemacht. Ihr habt bereits eine Immobilienverwaltung die umfangreichen Privatbesitz verwaltet. Ich biete euch an meine restlichen Kunden in eure Verwaltung zu übernehmen und, wenn die Möglichkeit bestehen sollte, Florian weiter zu beschäftigen. Dies wäre zumindest für ihn ohne wirtschaftliche Nachteile. Eigentlich hatte ich immer gehofft, dass meine Kundin erst in ein paar Jahren stirbt. Ich bin jetzt etwas über sechzig“, meinte er, „und habe nicht mehr die Kraft noch einmal von vorne anzufangen. Lieber gehe ich vorzeitig in den Ruhestand.“

Ich fragte ihn wie er sich das vorstelle. „An einen Verkauf des Unternehmens denkt er nicht mehr, da durch den Wegfall von nahezu siebzig Prozent seines Umsatzes, die Firma fast wertlos ist. Er könne aber seine Kunden anschreiben und erklären, dass die Verwaltung ihrer Immobilien zu den gleichen Konditionen an eine neue Firma übergehen kann, weil er aus gesundheitlichen Gründen seinen Betrieb aufgeben wird.“

Ich erwiderte:,“Iich hätte einen anderen Vorschlag.“ Er sagte, ich soll ihm den Vorschlag unterbreiten. „Ich kaufe dir die Firma zu einem symbolischen Preis von einem Euro ab. Damit bleibt Florian bei dieser Firma angestellt und die Firma verlegt einfach ihren Firmensitz auf den Gutshof. Wenn du willst, kannst du die Geschäftsführung auf Fünfhundertzwanzig-Euro-Basis noch in den nächsten Monaten beibehalten. Wahrscheinlich reicht es aus, wenn du einmal die Woche vorbeikommst und die wichtigsten Dinge unterschreibst.“

Er schaute mich an und sagte:, “Dein Vorschlag gefällt mir. Ich hätte nur eine kleine Änderung. Bis Ende Januar bleibe ich mit vollem Gehalt in der Geschäftsführung und scheide dann endgültig aus dem Unternehmen aus.“

Ich meinte: „So einfach ist das doch nicht. Du musst noch den Jahresabschluss für das laufende Geschäftsjahr erstellen und hast damit den Anspruch auf eine Gewinnausschüttung des derzeit laufenden Wirtschaftsjahres. Ich will dich doch nicht über den Tisch ziehen, für die geleistete Arbeit steht dir die Gewinnausschüttung zu.“

Er erklärte mir, dass er niemals damit gerechnet hätte, dass ich den Gewinn des Vorjahres noch an ihn ausschütten würde, wenn ich ihm die Firma für nur einen Euro abkaufen will. Zumindest könne er Florian Baumann jetzt guten Gewissens empfehlen seine Arbeit hier am Gutshof fortzusetzen.

Ich ging in Michaels Büro und wollte die Jungs holen, aber außer dem Immo-Michi, wie er oft genannt wurde, war keiner da. Ich änderte meine Planung und bestimmte: „In fünf Minuten Treffpunkt im Besprechungszimmer. Mit folgenden Leuten: Philipp, Marcus, Bernhard, Klaus, du, Benjamin, Ludwig und Florian Baumann, der gerade die Akten bringt. Sag einfach allen, Anordnung vom Chef. Meinetwegen kannst du Christian auch noch mitbringen. Und informiere sie, dass wir nach der Besprechung gemeinsam zu Sebastian ins Restaurant zum Essen gehen.“

Zurück im Büro bestellte ich für zehn Personen einen Tisch bei Alexandra, spätestens so gegen dreizehn Uhr. Ich bat Bruno mir zu folgen: „Wir gehen ins Besprechungszimmer und dort werden wir alles Weitere in die Wege leiten.“

Bei unserem Eintritt ins Besprechungszimmer waren immerhin schon Florian, Michael, Benjamin, Bernhard, Ludwig und Christian anwesend. Die letzten drei folgten eine halbe Minute später und, als alle saßen, waren aller Augen auf mich und Bruno gerichtet.

Ich eröffnete die Besprechung und sagte: „Wir sind derzeit immer noch mit unseren internen Umzügen beschäftigt. Trotzdem bleibt es euch nicht erspart, noch einmal umzudenken. Bruno Bergmair will sein Unternehmen, die Immobilienverwaltung, nicht fortführen, da ihm durch den Wegfall einer Großkundin die Grundlage für eine wirtschaftlich vertretbare Fortführung mit einem Mitarbeiter weggefallen ist. Er hat seinem Mitarbeiter Florian Baumann angeboten, die Firma weiterzuführen und er würde sich zurückziehen. Florian hat dies jedoch abgelehnt. Ich kenne seine Gründe nicht, aber er wird uns hoffentlich verraten, warum er sich so entschieden hat.“

Florian schaute uns an und erklärte, dass er sich deswegen dagegen entschieden habe, weil er sich derzeit nicht in der finanziellen Lage sieht das zu stemmen. „Ich habe vor einem halben Jahr geheiratet und meine Frau ist schwanger. Wir erwarten unser erstes Kind und da wollte ich kein Risiko eingehen. Wenn das für mich bedeutet, dass ich jetzt meinen Job verliere, kann ich nur hoffen, dass ich schnellstens eine neue Beschäftigung finde.“

Bruno schaute ihn an und erklärte ihm, dass er seinen Job nicht verliere. Er bleibe weiterhin Mitarbeiter der Immobilienverwaltung Bergmair. „Ich höre Ende Januar auf und gehe in den Ruhestand und Peter wird die Immobilienverwaltung fortführen, mit dir, Florian, als vorerst einzigem Mitarbeiter dieses Unternehmens. Wir haben beschlossen, das Büro in der Stadt umgehend zu schließen und den Sitz des Unternehmens auf den Gutshof zu verlegen, um zusätzliche Kosten zu vermeiden. Wir informieren heute noch unsere restlichen Kunden davon, dass wir ab sofort mit unserem Büro auf den Gutshof umziehen und ihnen im Januar wieder zur Verfügung stehen werden. Da wir einen Großteil unserer Akten heute bereits hierher umgelagert haben, dürfte der restliche Umzug ein Kinderspiel sein. Die Firmenbuchhaltung wird ab Januar vermutlich hier im Haus gemacht. Meine Frau wird sich freuen, wenn sie davon entlastet wird. Für die Verwaltung der Wohnungen bringe wir unseren Server und die Computer mit, bis alles auf die hier im Hause vorhandene Software umgestellt ist. Unsere Büromöbel sind aus dem gleichen Programm wie eure. Diese werden wir ebenfalls mitbringen. Ansonsten würde ich sie wegwerfen.“

Jetzt war ich wieder an der Reihe und bedankte mich bei Florian dafür, dass er uns ehrlich seine Gründe genannt hat und meinte, dass ich sie auch verstehen kann. Ich wollte von ihm wissen, ob er überhaupt hier seine Tätigkeit fortsetzen will, oder ob er andere Pläne habe.

„Ich hatte mich schon darauf eingestellt, dass ich arbeitslos werde, wenn Bruno sein Unternehmen dicht macht“, antwortete er. „Liege ich richtig mit meiner Vermutung, dass hier am Gutshof viele schwule Mitarbeiter beschäftigt sind, die meisten davon sind auch noch Pärchen?“

Philipp meinte dazu: „Keine Sorge Florian. In den Sommermonaten, mit den vielen Saisonarbeitern, ist der Anteil schwuler oder lesbischer Kolleginnen oder Kollegen nicht größer als in anderen Unternehmen. Aber selbst im Winter sind nicht einmal die Hälfte aller Mitarbeiter als gleichgeschlechtlich gepolt anzusehen. Mit den drei neuen Unternehmen, die ab sofort dazukommen, wovon zwei nicht auf dem Gutshof sondern in den Stadtbüros sitzen, liegt die Quote für unsere Gattung bei knapp zehn Prozent, also in einer eher üblichen Verteilung. Im übrigen weise ich dich darauf hin, dass dein neuer Chef, obwohl er mein Vater ist, mit seinem Thomas seit über fünfzehn Jahren zusammenlebt und bisher keiner damit ein Problem hatte.“

Florian wurde rot und meinte; „Da bin ich ja voll in das erstbeste Fettnäpfchen getreten, das auf meinem Weg stand. Blöd für mich, aber ich hätte schwören können, Peter ist verheiratet, so kann man sich täuschen.“

Ich riss die Gesprächsführung wieder an mich und meinte zu Florian: „Soll das jetzt bedeuten, du würdest gerne aufhören und nicht hier mitarbeiten wollen?“ Er schaute mich mit großen Augen an und erklärte: „Von wegen, ich habe kein Problem damit. Ich wollte nur meinen ersten Eindruck schildern den ich vom Unternehmen hatte. Gerne will ich hier mit euch zusammenarbeiten. Nur in Sachen Wohnungssuche müssen meine Frau und ich uns umorientieren. Bisher war die Suche auf meinen bisherigen Arbeitsort orientiert.“

Ich schaute Michael an: “Hast du eine freie Wohnung für seine kleine Familie?“ Er erwiderte: „Derzeit leider nicht, aber es ändert sich ständig.“ Ich blickte Bruno und Florian an: „Wie sieht es bei den Wohnungen aus, die zukünftig der Stiftung gehören, ist oder wird dort vielleicht etwas in der Richtung in nächster Zeit frei? Die beiden schauten sich an und nickten mit ihrem Kopf.

Florian meinte, eine Drei-Zimmer-Wohnung wird im April frei, die sogar so günstig liege, dass er nur einen sehr kurzen Arbeitsweg hätte. Nachmieter hätten sie noch nicht gesucht, da die Wohnungen immer innerhalb kürzester Zeit neu vermietet wären.

Dann beschloss ich: „Okay, dann ist diese Wohnung für Florian reserviert.“ So Leute, die Zeit ist bereits weit fortgeschritten, ich will langsam zum Mittagessen. Ich rufe euch einzeln auf und ihr sagt mir, was eure Aufgabe für die neue Firma sein wird. Fangen wir mit Bernhard an.“

Bernhard erklärte. „Neue Firma in der Dokumentenverwaltung einrichten. Drei, statt bisher zwei, Leute schulen und die Digitalisierung organisieren.“

Machen wir bei Klaus weiter, der sofort erklärte, er müsse nur einen weiteren Mandanten einrichten, der ab Januar bebucht wird. Wer den Mandanten bucht klären wir unter uns, den Zahlungsverkehr ab Januar sicherzustellen komme noch dazu.

Die nächsten sind Philipp und Marcus. Philipp sagte: „Einen weiteren Arbeitsplatz einrichten. Mit allem, was dazugehört, inklusive eines Mailpostfaches und die Umleitung der bisherigen Mailadresse auf das neue Konto.“ Marcus erklärte uns: „Zuerst einen weiteren Mandanten in der Immobilienverwaltung, der zudem mandantentauglich sein muss, für die Kunden der Wohnungsverwaltung. Umzug und Pflege der Website, sofern vorhanden.“

Der nächste, den ich fragte, war Michael. Er sagte: „Vermutlich Umzug in ein anderes Büro, zusammen mit Florian. Wir bilden dann die Abteilung kommerzielle Wohnungsverwaltung.“

Blieben noch Florian, Benjamin und Ludwig.

Florian fing an und erklärte: „Zum einen der Umzug hierher und anschließend die Einrichtung der Verwaltung in der neuen Software.“ Benjamin antwortete für sich und Ludwig: „Wir dürfen die Wohnungsverwaltung für die Stiftung einrichten und hoffen, dass uns Florian und Michael kräftig mit ihrem Wissen unterstützen.“

Ich meinte: „Sehr gut! Jeder weiß, was zu tun ist. Sollten wir in der Schnelle etwas vergessen haben, kann jeder selbstständig die erforderlichen Schritte veranlassen. Ich vertraue da vollkommen auf euch. Christian kann euch bis zum Beginn seiner Ausbildung unterstütze. Falls wir Personalengpässe bekommen: meldet euch rechtzeitig bei mir. Wir gehen jetzt ins Restaurant. Dort könnt ihr aus der Mittagsmenükarte wählen. Für unsere beiden Besucher zur Info, das sind die gleichen Gerichte, die es auch in der Kantine im Gesindehaus für die Mitarbeiter gibt. Bevor ich es vergesse, Michael, du übernimmst mit Florian das leerstehende Büro, das für deinen Namenskollegen vorgesehen war. Oder spricht etwas dagegen? Iaus meiner Persketive wohl nichts. Ich hoffe nur, dass das dann der letzte Umzug für längere Zeit sein wird.“

Auf dem Weg ins Restaurant meinte Bruno zu mir: „Wenn ich ehrlich sein soll, ich habe deinen jungen Mitarbeitern nicht zugetraut dass sie fast professionell aufzählen, welche Aufgaben sie erwartet.“

Ich erklärte ihm, dass im Hierarchiegefüge der Gutshofbetriebe ausnahmslos alle leitenden Mitarbeiter unter fünfunddreißig sind. Wobei Klaus der Einzige ist, der die dreißig bereits überschritten hat. „Die meisten sind von Anfang an dabei gewesen, als ich im Frühjahr letzten Jahres, nach dem Tod meines Vaters, die Verwaltung des Gutshofes übernahm und Umgestaltung von einem fast rein landwirtschaftlichen Unternehmen zur heutigen Struktur gestartet habe. Dabei habe ich hauptsächlich auf die Jugend gesetzt, da sie mit ihren unverbrauchten Ideen frischen Wind in die Sache brachten. Heute weiß ich, dass meine Entscheidung richtig war.“

Bruno meinte: “Was mich am meisten fasziniert ist die Tatsache, dass ihr soziales Engagement zeigt mit euren Projekten. Unter dem Motto Hilfe für benachteiligte Menschen. Das war vermutlich der Grund, warum meine Kundin eurer Stiftung ihr gesamtes Vermögen vererbt hat.“

Wir setzten uns an den für uns vorbereiteten Tisch, wobei Alexandra vorsichtshalber zwei Plätze mehr eindeckte, hatte als ich bei ihr bestellt hatte. So hatten alle Personen locker Platz. Alexandra brachte uns die Karte mit den Mittagsmenüs und fragte bei allen gleich die Getränke ab.

Mit dem Servieren der Getränke nahm sie Bestellungen fürs Essen entgegen. Ich saß zwischen Florian und Bruno und, bis unsere Vorspeise kam, durfte ich ihre Fragen beantworten. Ich erklärte ihnen, dass zwischen Weihnachten und Neujahr nur dort gearbeitet wird, wo es unbedingt erforderlich ist, wie zum Beispiel in der Landwirtschaft, im Gemüseanbau, im Hofladen und Café, sowie im Restaurant.

„Florian, an Silvester findet hier eine große Feier statt. Ich fände es gut, wenn du mit deiner Frau daran teilnehmen könntest. Fast alle jüngeren Mitarbeiter haben ihr Erscheinen angekündigt. In den beiden Stadtbüros hängt ein Plakat aus, dass auf die Veranstaltung hinweist.“ Als Alexandra die Vorspeise brachte fragte ich sie wie viele Anmeldungen für die Silvesterfeier vorliegen. Sie meinte wir sind inzwischen fast vollständig ausgebucht, wir liegen bisher bei knapp zweihundert angemeldeten Personen. Davon vom Gutshof etwa fünfzig Personen inklusive Jonas Vater und Geschwistern sowie Tims Eltern. Florian meinte: „Kannst du mir auch zwei Plätze reservieren? Ich gebe dir morgen oder übermorgen endgültig Bescheid, ob ich mit meiner Frau komme oder nicht.“

Bis der Hauptgang serviert wurde setzten wir unsere Unterhaltung fort. Wir kamen noch einmal auf das Arbeiten zwischen Weihnachten und Neujahr zurück und ich meinte, heuer wird es vernünftiger sein auch zwischen den Feiertagen im Büro zu arbeiten, wobei ich vorschlagen werde, wer auf freiwilliger Basis will, soll maximal halbtags arbeiten.

Ich werde vermutlich ebenfalls dabei sein. Auf alle Fälle an den beiden Tagen, an denen die Gruppe der Leiter von Jugendämtern hier sein wird, die sich über unser Ferienprogramm für benachteiligte Jugendliche informieren wollen.

Armin und Michael, unser Sozialarbeiter, sitzen derzeit über dem Programm für diese Veranstaltung, wobei Armin im Moment ausarbeitet, welche Möglichkeiten der Urlaub für die Jugendlichen bieten soll. Armin arbeitet als Eventmanager bei uns, um abwechslungsreiche Programme für die Schulklassen und alle anderen Gäste des Gesindehauses zu erarbeiten, aber auch Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit auf dem Gutshof anzubieten. Für nächstes Jahr haben wir bereits ein Gutshof-Sommerfest in Vorbereitung.

Auf dem Rückweg in mein Büro meinte Florian:,“Ich sehe schon. Hier wird es nie langweilig und wenn wieder einmal Flaute bei den Vermietungen herrschen sollte, gibt es andere Möglichkeiten sich zu betätigen. Meiner Frau würde sicher das soziale Engagement gefallen, wo sie sich vielleicht sogar ehrenamtlich einbringen könnte.Wenn wir Silvester hier sind, kannst du dich mit ihr unterhalten und ihr alles erklären.“

Ich meinte: „Kann ich gerne machen. Du besprichst mit deiner Frau alles wegen der Wohnung, die wir für dich reserviert haben. Und wenn ihr sie wollt, machen wir einen Mietvertrag.“ Er sagte: „Wir fahren jetzt zurück, machen die Briefe für unsere Kunden fertig und werden mit dem Einpacken des Büros anfangen. Ich denke, ich kann spätestens am Donnerstag umziehen und dann von hier aus weiterarbeiten.“

Ich fragte, ob sie für den Umzug einen Transporter brauchen würden, möglicherweise könnten sie einen unserer Transporter der Gärtnerei für Donnerstag ausleihen und Alejandro kann euch beim Ein- und Ausladen helfen. „Ich frage mal kurz bei Manuel an, ob er am Donnerstag einen Transporter frei hat und danach Alejandro, ob er Zeit hat.“ Manuel meinte, der große Transporter sei am Donnerstag frei, Alejandro könne ihn den ganzen Tag haben.

Der Anruf bei Alejandro war zuerst nicht so erfolgreich. Er rief zurück und meinte, den Termin konnte ich verschieben, ich fahre mit dem Transporter und wir ziehen das Büro um. Bruno bedankte sich für die Unterstützung und beide fuhren in ihr Büro zurück.

Ich informierte Michi, dass Bruno und Florian am Donnerstag mit ihrem gesamten Büro hier einziehen. Bruno würde aber nicht bleiben, sondern nur noch sporadisch zum Unterschreiben auftauchen, bis die Übergabe offiziell ist. Florian solle die Verwaltung der Wohnungen durchführen, mit unserer Unterstützung. Er wird zusätzlich versuchen neue Kunden zu akquirieren, um die Fremdverwaltung weiter auszubauen. Michi meinte: “Ich werde heute noch mit meinem Umzug anfangen. Bis morgen Abend sollte dann alles drüben sein. Benjamin und Ludwig können sich dann ab morgen hier mit ihren Unterlagen ausbreiten.“

Der Rest des Tages verlief wieder in ruhigeren Bahnen und ich konnte noch so einiges erledigen, was ich in den letzten Tagen teilweise vor mir hergeschoben habe.

Der Abend verlief ebenfalls ruhig. Unsere letzten beiden Mitbewohner aus dem Gästezimmer schliefen die erste Nacht in ihrem eigenen Appartement im Gesindehaus und Thomas und ich hatten die Wohnung für die nächsten Tage wieder für uns, bis am Wochenende die beiden Praktikanten für etwa zwei Wochen hier einziehen würden.

Wir nutzten die Gelegenheit und gingen früher als üblich zu Bett, dummerweise aber nicht um sofort zu schlafen, wir kuschelten ausgiebig und Matratzensport stand heute auch auf unserem abendlichen Einschlafprogramm.

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