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Aller Anfang ist schwer...

Teil 2 - Vergangenheitsbewältigung und neue Freunde

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Vorwort

Hallo liebe Leser! Hier habt ihr nun den zweiten Teil von ‚Aller Anfang ist schwer…’ vorliegen. Ich hoffe mal, dass er euch gefällt. Auf den ersten Teil gab es ja nicht soviel Feedback, mal sehen wie es dieses Mal ist. Aber allen die mir geschrieben haben, vielen Dank für eure lieben Zeilen! Schon alleine für euch habe ich weiter geschrieben. Bis zum nächsten Mal, euer Schreiberling PS: Danke Manu für deine konstruktive Kritik, aber dazu muss ich sagen: Du kanntest den zweiten Teil noch nicht :-)

 

„Berlin hier sind wir!“, war dann Joshs einziger Kommentar.

„Also dann lasst uns unsere Sachen holen und hier verschwinden.“, ergänzte Mike.

„Gute Idee.“

Schon eine halbe Stunde saßen die drei nun in einem Taxi, welches sie in ein kleines Hotel am Rande von Berlin bringen sollte. In diesem würden sie die ersten Wochen verbringen bis die Möbel geliefert wären.

„So hier sind wir. Das ist Frankens Hotel.“, erklärte der Taxifahrer nach kurzer Zeit.

Nachdem Mike bezahlt hatte, nahmen er und Josh die Koffer und gingen zur Rezeption. Jason folgte ihnen und sah sich staunend um, für ihn war das alles eher ein großes Abenteuer. Hinter dem Tresen der Rezeption stand nun eine etwas ältere Frau. Sie lächelte freundlich als Mike auf sie zu ging.

„Guten Tag! Ich bin Michael Gardner. Ihnen müsste eine Reservierung für drei Personen vorliegen.“

„Einen Moment bitte, ich sehe kurz nach.“, ein paar Sekunden tippte sie nun herum bis sie fand was sie suchte. „Ja, genau. Hier habe ich ihre Reservierung. Martin wird sie auf ihr Zimmer bringen. Sie haben die Nummer 271.“, mit diesen Worten schob sie Mike die Codekarte zu. Einen Moment später tauchte dann bereits ein junger Mann auf, Josh schätzte ihn auf ungefähr 17. Da das Hotel nicht sonderlich groß war, standen sie bald auch schon vor der Zimmertüre zu 271.

„Bitte schön, das ist ihr Zimmer.“, sagte der Page dann und öffnete die Türe. Wie ein kleiner Wirbelwind stürmte Jason dann an allen vorbei in das Zimmer. Dort hüpfte er auf das Bett und sah erwartungsvoll zu seinen Brüdern.

„Jetzt kommt schon, ich will spielen.“

Josh schüttelte nur den Kopf. „Sag mal Kleiner, bist du gar nicht müde? Wir sind jetzt fast 24 Stunden unterwegs und du willst immer noch spielen?“

„Klar, spielen geht immer! Und müde bin ich auch noch nicht!“, grinste Jason.

Josh warf einen schnellen Blick auf Mike.

„Aber deine alten Brüder sind müde.“, lachte er dann.

„Dann schlaft ihr jetzt und ich spiele mit Martin.“, erklärte er dann mit gewichtiger Miene.

„Das wird nicht gehen Kleiner. Martin muss sicher arbeiten.“

„Schade.“, Jason war sichtlich enttäuscht.

„Wenn ich mich kurz einmischen darf... die Gästebetreuung zählt auch zu meinen Aufgaben.“, dann beugte er sich zu Jason hinunter. „Und du bist ja auch ein Gast nicht?“

„Ja!“, rief Jason und nickte heftig mit dem Kopf. Seine Brüder lächelten nur.

„Hast du denn Lust mit mir zu kommen? Vielleicht hast du ja auch Hunger? Dann können wir in die Küche gehen und wir machen dir etwas zu essen.“

„Au ja!“, Jason sprang von Bett und warf Martin dabei fast um.

Nachdem Martin dann die Koffer ins Zimmer gestellt hatte, machte er sich mit Jason auf, um ihn eine Weile zu beschäftigen. Mike verschwand dann schnell noch unter die Dusche während sich Josh gleich hinlegte. Unter der Dusche spürte Mike dann wie müde er auch war und lächelte, wenn er daran dachte, wie fit Jason, dieses Energiebündel, noch war. Kurze Zeit später lag er dann selbst im Bett und dachte über die nächste Zeit nach. Was würde sie erwarten? Wie würde es mit dem Einleben klappen? Um wirklich zu einem sinnvollen Ergebnis zu kommen war er jedoch zu erschöpft. Somit schlief Mike bald selbst ein.

Erst als er ein Geräusch hörte, kam er wieder in die Realität zurück. Zuerst konnte er nicht richtig einordnen, was ihn geweckt hatte. Als er jedoch zu Josh hinüberblickte, war schnell klar, was passiert war und Mike konnte sich ein Lachen nicht mehr verkneifen. Jason und Martin waren wieder zurückgekehrt. Und Jason war mit Schwung auf Joshs Bett gesprungen, so kam es dann dazu, dass Josh sehr unsanft geweckt wurde und Jason jetzt triumphierend auf ihm saß. Martin stand in der Türe gelehnt und grinste.

„Weckt er euch eigentlich immer so?“, war dann auch seine Frage nachdem Josh Jason überredet hatte von ihm herunterzugehen.

„Nee, dass kommt nur manchmal vor. Meistens dann wenn die überschüssige Energie wieder mal aus ihm raus muss.“, lachte Josh als er aus dem Bett stieg. Jason sah mit einer Unschuldsmiene in den Raum.

„Ihr seid gemein. Ich bin doch immer ganz lieb!“

„Wirklich immer?“, Josh hatte seinen Kopf schief gelegt und sah seinem kleinen Bruder in die Augen. Dieser wurde ein bisschen rot.

„Na ja, zumindest meistens.“, korrigierte sich Jason dann selbst. Diese Aussage brachte dann alle Anwesenden zum Lachen.

„Ich würde gerne etwas essen.“, erklärte Josh nachdem sie sich wieder beruhigt hatten.

„Das geht mir genauso.“, erwiderte Mike.

„Gehen Sie doch in das Restaurant nach unten. Es ist jetzt früher Abend, da bekommen Sie sicher schon etwas zu essen.“

„Danke, das ist eine gute Idee.“

Kurze Zeit später saßen die drei Brüder dann auch im hoteleigenen Restaurant. Jason hatte von Martin bereits etwas zu essen bekommen. Deshalb wollte er auch nichts mehr essen. Mike und Josh waren jedoch ziemlich hungrig, da sie bisher kaum etwas gegessen hatten. Während sie aßen, beratschlagten die Beiden noch, was sie in den nächsten Tagen zu tun hatten. Schnell wurde klar, dass an erster Stelle die Wohnung stand. Mike hatte aber bereits die Telefonnummer des Maklers, an den sie sich wenden wollten. Nachdem alle gegessen hatten, machten sie sich auf um zu Bett zu gehen. Die letzten Tage waren anstrengender gewesen, als sie geglaubt hatten. Keine halbe Stunde später waren alle drei eingeschlafen.

Josh war am nächsten Morgen als erster wach, da er jedoch niemanden wecken wollte, beschloss er sich leise fertig zu machen und dann ein bisschen an die frische Luft zu gehen. Er musste einfach ein wenig nachdenken. Schnell hatte er sich dann auch angezogen und Mike eine Nachricht geschrieben. Leise zog er daraufhin die Türe ins Schloss. Da er gestern noch gesehen hatte, dass das Hotel einen Hinterhof hatte, begab er sich dort hin. Und Josh war wirklich überrascht, als er dort ankam. Hinter dem Hotel erstreckte sich eine große Rasenfläche, ungefähr in der Mitte war ein kleiner Teich angelegt. Alles wirkte einfach wie ein kleiner Park, selbst ein paar Holzbänke waren aufgebaut worden. Nachdem er sich auf eine Bank gesetzt hatte, blinzelte Josh in die aufgehende Sonne. Irgendwie erschienen ihm die letzten Tage wie ein weit entfernter Traum, aus welchem er erst jetzt wieder aufwachte. Vor noch einer Woche hatte er ein, mehr oder weniger, normales Leben geführt. War zur Schule gegangen und wusste wie sein Leben weiter verlaufen würde. Doch was konnte er jetzt noch mit Bestimmtheit sagen? Nichts, gar nichts mehr war so, wie es vorher war und es würde wahrscheinlich auch nie wieder so werden. Ein Neuanfang? Vielleicht. Nur wohin würde ihn dieser Neuanfang führen? Ein fremdes Land, eine neue Sprache, eine neue Schule. Vielleicht sogar neue Freunde. Dass er Freunde finden würde, war die größte Hoffnung, die er hatte. Einfach ein Leben führen zu können, wie andere in seinem Alter auch. Mit einem kleinen Seufzen lies er den Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen. Eine Frage bohrte sich aber immer wieder in seine Gedanken: Wie wird es weitergehen?

„Es ist schon schön hier, nicht wahr?“

Wie aus dem nichts sprach eine Stimme zu ihm. Da Josh darauf nicht vorbereitet war, zuckte er leicht zusammen.

„Tut mir leid, ich wollte Sie nicht erschrecken.“, erklärte Martin, nachdem er sich neben ihn gesetzt hatte.

„Ja, es ist wirklich sehr schön hier.“, bemerkte Josh nachdenklich und starrte auf die Oberfläche des Teiches.

„Wenn ich Sie störe, kann ich auch wieder gehen.“

„Nein, ist schon in Ordnung. Bleib ruhig hier, ich war nur eben ein wenig in Gedanken versunken. Und im Übrigen bin ich Joshua, ich mag es nicht, wenn man mich mit ‚Sie’ anredet. Ich bin ja erst 15.“

„Freut mich Joshua, dass ich Martin bin, weißt du ja schon.“

„Ja, dass hab ich schon mitbekommen.“, lächelte Josh.

„Darf ich dich etwas fragen?“

„Ja, klar. Was möchtest du denn wissen?“

„Na ja, mich würde interessieren, wo ihr herkommt. Weil einen Dialekt hört man schon, aber ich kann den nicht ganz einordnen.“

„Wir sind gebürtige Amerikaner. Genauer gesagt sind wir aus Los Angeles.“

„Und jetzt macht ihr Urlaub hier?“

Wie Josh zu geben musste, war dieser Gedanke sehr nahe liegend, Berlin war eine Stadt, in der man Urlaub machen konnte.

„Nein, wir werden hier wohnen. Das Hotel ist nur eine Zwischenstation bis wir in unsere neue Wohnung können.“, berichtigte Josh dann doch.

„Wow, gleich soweit weg von zu Hause. Haben eure Eltern nichts dazu gesagt? Ich meine ihr seit ja Geschwister, da müssen die doch sicher zustimmen.“, Martin wirkte sehr verwirrt in dieser Situation. Josh konnte ihm seine Frage nicht einmal übel nehmen.

„Unsere Eltern haben uns im Stich gelassen. Mike ist jetzt sorgeberechtigt für Jason und mich.“

„Das ist hart. Ich streite mich auch mal mit meinen Eltern, aber die würden mich nie einfach alleine lassen.“

„Unsere schon, ich muss vielleicht dazu sagen, dass ‚mein Vater’ in U- Haft sitzt und ‚meine Mutter’ verschwunden ist. Wahrscheinlich ist sie wieder so zugedröhnt, dass sie uns einfach vergessen hat.“, Josh atmete hörbar aus. Es tat ihm immer noch weh, von all dem zu erzählen. Martin saß ihm gegenüber und starrte ihn an. Wohl zu einem Teil auch aus Schock über das, was er gerade gehört hatte.

„Bist du jetzt sehr schockiert?“, schob er dann leise nach. Wie aus einer Starre erwacht begann Martin wieder selbst zu reagieren.

„Wieso sollte ich jetzt schockiert sein? Zum Einen weiß ich nicht mal, was euer Vater getan hat, und zum Anderen hat er die Tat dann verübt und nicht du. Also ist das etwas völlig anderes. Dann seid ihr deswegen gegangen?“

„Ja, sind wir. Weder Mike noch ich wollten in LA bleiben, nachdem unser Vater verhaftet wurde. Und Jason ist noch zu jung, um wirklich zu verstehen was passiert ist.“

„Mutige Entscheidung. Aber ist es nicht sehr schwer mit der Aufenthaltserlaubnis für euch?“

„Nein, wir haben das Glück, dass unsere Großmutter Deutsche war. Schon deswegen bekommen wir eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis.“

„Ach so. Und was macht ihr hier jetzt? Ich meine, du gehst dann sicher noch zur Schule, oder?“

„Ja, ich werde zur Schule gehen und Mike wird sich wohl als Student einschreiben. Auf Jason werden wir dann alle Beide aufpassen. Eben so wie jeder Zeit hat.“

„Ihr habt einen tollen Zusammenhalt untereinander. Jason spricht auch fast nur von euch.“

„Ich weiß.“, seufzte Josh.

„Das klingt nicht sehr glücklich.“

„Weißt du, ich liebe meine Brüder. Wirklich. Nur würde ich mir wünschen, dass sie ein eigenes Leben haben würden. Also eben Freunde, Unternehmungen, die ihnen Spaß machen, einfach etwas, was sie gerne machen und das sie glücklich macht. Sie dir Jason doch mal an. Er ist so ein aufgewecktes, kleines Kerlchen, aber außer uns hat er keinerlei Kontakte. In den USA hatte er überhaupt keinen Kontakt zu Kindern in seinem Alter.“

„Schwierige Situation.“

„Stimmt. Jetzt haben wir aber soviel über mich gesprochen. Was machst du denn so?“, Josh wollte mit dieser Frage bewusst ablenken. Irgendwie wurde es ihm zuviel über die schwerwiegenden Dinge zu reden.

„Also ich mache hier meine Ausbildung zum Hotelfachmann. Meinen Eltern gehört das Hotel hier…“

„Wie? Deiner Familie gehört das Hotel?“, unterbrach Josh Martin ungläubig.

„Ja, das tut es. Kann man bei mir sogar am Nachnamen feststellen: Martin Dirk Frankens.“

„Cool, das hätte ich jetzt nicht gedacht.“

„Und ich bin froh, dass du es nicht vorher gewusst hast.“, erklärte Martin leise. Josh war über diese Aussage irritiert. Warum sollte es ein Problem sein, wenn die Eltern ein Hotel besaßen?

„Ich verstehe, ehrlich gesagt, dein Problem damit nicht so ganz.“

„Dann werde ich dir wohl mal eine kleine Erklärung geben müssen. Dieses hier ist nicht das einzige Hotel, es war zwar das Erste, aber es folgten noch mehrere Häuser. Es war und ist einfach klar zu erkennen, dass es uns gut ging und geht, auch finanziell. Nur genau das ist das Problem. Oft kannst du nicht mehr unterscheiden, wer ein wahrer Freund ist und wer nur durch das Geld geblendet.“, Martin seufzte, nachdem er seinen kleinen Monolog beendet hatte. Von dieser Seite aus hatte Josh die Situation noch gar nicht betrachtet.

„Sag mal Joshua, hast du eigentlich ein Hobby?“, wie Josh vorher versucht auch Martin dem Gespräch eine andere Richtung zu geben.

„Klar, ich spiele Schach. Ist vielleicht ein langweiliges Hobby aber für mich das Größte.“

„So langweilig finde ich das gar nicht. Ich spiele nämlich auch, hier in der Nähe gibt es sogar einen Verein. Da bin ich dann auch immer mit dabei. Kannst auch gerne mal mitkommen, wenn du willst.“

„Sicher! Gerne komme ich mit. Nur habe ich jetzt schon länger nicht mehr gespielt. Mike hat nicht so das Interesse am Schach und sonst hatte ich auch keinen, der mit mir gespielt hätte.“, führte Josh aus.

„Dann ist das also abgemacht.“, freute sich Martin.

„Martin? Hilfst du mir bitte kurz?“, rief eine Stimme aus dem Inneren des Hotels.

„Ich muss dann. Wir sehen uns ja sicher noch.“

„Ja, denke ich auch.“, grinste Josh. Und schon war Martin verschwunden. Vielleicht bringt mir Berlin doch ein wenig Glück, dachte sich Josh noch. Dann ging er wieder nach oben. Dort stürmte Jason schon auf ihn zu.

„Hallo Josh! Gehen wir jetzt essen? Mike hat gesagt wir warten auf dich.“, plapperte er los.

„Ist gut, wenn Mike das sagt, dann machen wir das so.“

„Fein.“, erwiderte Jason nur und zog seine Brüder mit sich. Im Restaurant bestellten sie erst einmal ihr Frühstück. Überraschend war jedoch, dass sowohl Jason als auch Josh ihr Frühstück wie in Amerika bekamen. Also Pfannkuchen für Josh und Pudding für Jason. Mike schüttelte nur den Kopf.

„Wer weiß hier eigentlich von euren Gewohnheiten?“

„Keine Ahnung.“, erklärte Josh. „Hey, da ist ein Zettel dabei.“, sagte er dann plötzlich und zog ein Stück Papier hervor. Nachdem er gelesen hatte, was auf dem Zettel stand grinste er nur.

„Und was steht da?“, wollte Mike neugierig wissen.

„Da steht: ‚Für besondere Gäste! Martin’“

„Der Martin ist nett, der hat mir gestern auch schon Pudding gemacht.“, mischte sich Jason in das Gespräch ein. „Dem hab ich dann auch erzählt, dass ich das morgens immer esse.“

„Dann wissen wir ja auch woher Martin seine Informationen hat.“, befand Mike und strich Jason über den Kopf. Zufrieden aßen sie nun ihr Frühstück. Danach machten sie sich fertig, denn Mike hatte bereits den ersten Makler-Termin festgesetzt. Im Laufe des Tages würde dieser ihnen verschiedene Wohnungen zeigen.

„Habt ihr alles, was ihr braucht?“, erkundigte sich Mike nochmals als sie, fertig zum Aufbruch, an der Zimmertüre standen.

„Ja!“, kam es zweistimmig zurück.

„Wie funktioniert das jetzt eigentlich alles? Wo treffen wir denn den Makler?“

„Das ist ganz einfach Josh. Da wir noch kein eigenes Auto haben, war Herr Sauter so freundlich mir anzubieten, uns in seinem Auto mitzunehmen. Er wird uns dann auch heute Nachmittag wieder hier absetzten.“

„Praktisch!“

„Finde ich auch.“, sagte Mike und begann zu lachen, Josh lachte auch.

„Na dann los, nicht dass Herr Sauter noch warten muss.“

Vergnügt liefen die Drei dann durch die Gänge des Hotels. Als sie durch die gläserne Eingangstüre gingen, fiel ihnen direkt der große Mercedes auf. An diesem lehnte ein Mann, schätzungsweiße um die 50. Auf den ersten Blick wirkte er sehr freundlich. Kurze dunkle Haare, die an manchen Stellen schon grau wurden, dunkle Augen und ein nettes Lächeln. Dieser Mann kam nun auf Mike zu.

„Sind sie Herr Michael Gardner?“, wollte er wissen, nachdem sein Blick alle Drei gestreift hatte.

„Ja, genau der bin ich.“, erwiderte er und reichte seine Hand. „Dann sind sie sicher Herr Sauter.“

„Ja, dass ist richtig. Wollen wir dann los?“

Mike nickte nur und kurze Zeit später saßen sie auch schon in seinem Auto.

„Sie haben mir ja in ihrer Mail geschrieben, dass sie auf jeden Fall vier Zimmer brauchen. Ich habe da schon mal eine kleine Vorauswahl getroffen…“

In den nächsten Minuten war Herr Sauter damit beschäftigt, den Dreien zu erklären welche Wohnungen er ausgesucht hatte. Dabei lenkte er sein Auto mit erstaunlicher Sicherheit durch den Berliner Verkehr. Nach kurzer Fahrzeit erreichten sie dann ein schönes Altbauhaus. Bei der Besichtigung war jedoch schnell klar, dass diese Wohnung nicht in Frage kommen würde. Ungefähr eine halbe Stunde später erreichten sie die nächste Wohnung. Von dieser waren alle drei sofort begeistert. Hohe Wände, große Zimmer und vor allem viel Licht. Dieses strömte durch die großen Fenster und tauchte die Räume in ein angenehmes, gelbes Licht. Mike und Josh waren sich sehr schnell einig, dass sie diese Wohnung nehmen würden. Selbst Jason rannte schon durch die Wohnung und erklärte wo er seine Spielsachen unterbringen würde.

„Ich glaube wir sind uns einig.“, meinte Mike dann lachend.

Herr Sauter nickte zustimmend. „Ist auch eine gute Entscheidung. Und der Preis ist auch noch akzeptabel. Sie haben mir ja einen groben Spielraum genannt und dabei würde die Wohnung am unteren Rand liegen. Dann wäre nur noch der Kaufvertrag zu unterschreiben, ich würde sagen, dass ich den fertig mache. Wenn das geschehen, ist melde ich mich bei Ihnen. Ist das in Ordnung für Sie?“

„Ja, sicher. Vielen Dank.“

„Nichts zu danken ist ja schließlich mein Job. Wenn Sie wollen, bringe ich Sie dann wieder ins Hotel zurück. Oder wir könnten auch etwas essen gehen. Wie Sie wollen.“

„Also ich mag etwas essen gehen. Ich habe Hunger!“, erklärte Jason lautstark.

Alle Anwesenden begannen zu lachen, während Jason nur in die Runde blickte.

„In Ordnung dann bekommst du jetzt etwas zu essen, kleiner Mann.“, erwiderte dann Herr Sauter.

„Hey! Ich bin nicht klein!“, protestierte er dann und boxte ihn in die Seite.

„Kommst du trotzdem mit?“, fragte Herr Sauter dann lächelnd.

„Klar!“

Herr Sauter fuhr in eine kleine Pizzeria, die nur ein paar Minuten entfernt war. Beim Essen unterhielten sich Mike und er über den Wohnungskauf, während Josh Jason beschäftigte. Am späten Nachmittag brachte Herr Sauter sie wieder zum Hotel zurück und verabschiedete sich sehr bald. Kurz nachdem sie die Türe geschlossen hatten, klopfte es bereits wieder.

„Wer kommt denn jetzt?“, brummte Josh bevor er öffnete. Vor der Türe stand Martin und lächelte freundlich. In der Hand hielt er eine kleine braune Holzkiste.

„Hallo Martin. Was gibt es denn?“

„Na ja, ich habe jetzt Feierabend und ich dachte, vielleicht hättest du Lust ein bisschen Schach zu spielen. Hast ja heute Morgen gemeint, dass du gerne mal wieder spielen würdest.“

„Echt? Klasse! Äh... ich meine, gerne doch.“, nach seiner Antwort warf Josh einen schnellen Seitenblick auf Mike. Dieser nickte nur.

„Komm geh schon. Ich weiß doch wie viel Spaß dir das Spiel macht.“

„Danke.“, erwiderte Josh kurz und hatte daraufhin schon die Türe hinter sich geschlossen. Martin ging ein paar Schritte voraus, um ihn durch die verwinkelten Gänge des Personaltrakts zu führen.

„Lebst du eigentlich hier im Hotel oder hast du irgendwo eine Wohnung oder so was?“, wollte Josh dann wissen, nachdem sie vor Martins Zimmer standen. Bevor Martin antwortete schloss er auf und lies Josh eintreten.

„Also zu deiner Frage, die Woche über bin ich hier im Hotel. Das ist einfach praktischer, weil die Wege kürzer sind. Aber am Wochenende bin ich dann in meinem eigenen zu Hause, meiner kleinen Wohnung. Da habe ich es dann schön gemütlich und kann von dem ganzen Stress hier abschalten. Aber jetzt steh nicht so rum, setz dich doch.“

Josh setzte sich auf einen der flauschigen Sessel, die unter dem Fenster standen.

„Sag mal, hast du was dagegen, wenn ich mich kurz umziehe? Ich würde gerne etwas bequemeres anziehen.“

„Nee, mach ruhig. Ist kein Problem.“

Daraufhin zog sich Martin den Anzug aus, den er die ganze Zeit trug. Er zog dann eine weite Hose an und ein helles Hemd. Josh erschrak nur, als er eine große Narbe an Martins Rücken sah.

„Was hast du denn gemacht?“, wollte er dann auch neugierig wissen.

„Du meinst wegen der Narbe?“

„Ja.“

„Die habe ich meinem Erzeuger zu verdanken. Das war damals eine Gürtelschnalle.“, erklärte Martin leise.

„Er hat dich geschlagen?“, platzte es aus Josh heraus.

„Jein, geschlagen hat er mich sonst eigentlich nicht. Nur dieses eine mal eben. Dabei dann direkt mit dem Gürtel. Er kam nur zu einem Schlag, dann hat sich mein Stiefvater vor mich gestellt und ihm einen Schlag verpasst. Als er dann ohnmächtig zusammen gesackt ist, hat sich mein Stiefvater erst mal um mich gekümmert. Mir die Wunde versorgt, die der Gürtel gerissen hatte. Ist nur leider nicht wieder ganz verheilt. Somit ist die Narbe eine unangenehme Erinnerung an diesen Tag damals.“

„Darf ich fragen warum er zugeschlagen hat?“

„An diesem Tag hat er… Na ja… Ach was soll’s, er hat herausgefunden, dass ich schwul bin.“, Martin atmete tief hörbar aus. Danach sah er schüchtern zu Josh hinüber, dieser lächelte ihm jedoch nur zu. Martin versuchte aus seinem Lächeln schlau zu werden. Aber er konnte nichts anderes sehen als ehrliche Freundlichkeit.

„Komm lass uns Schach spielen.“, meinte Josh dann, nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte.

Lange saßen sie so zusammen und spielten, wie Martin zugeben musste, spielte Josh wirklich gut. Nach der fünften Partie beschlossen sie dann erst einmal eine Pause zu machen. Josh lies sich daraufhin im Sessel zurücksinken.

„Du spielst wirklich gut. Und ich merke gerade, wie sehr mir das Schach gefehlt hat.“

„Danke, aber das Kompliment kann ich nur zurückgeben.“

Josh wurde verlegen und versuchte das Gespräch schnell auf ein anderes Thema zu bringen. Das Problem war nur, dass ihm kein anderes Thema einfiel. Martin saß nur daneben und grinste.

„Kann es sein, dass dir Komplimente ein bisschen unangenehm sind?“

„Schon irgendwie.“, murmelte Josh.

„Warum denn? Ist doch schön wenn man Komplimente bekommt.“

„Ach ich weiß es auch nicht, irgendwie ist es mir unangenehm. Genau erklären kann ich das auch nicht.“

„Musst du ja auch nicht. War nur so ein Gedanke von mir. Hast du eigentlich schon etwas von Berlin gesehen?“

„Nee, nicht wirklich. Wir sind jetzt seit gestern Mittag hier und heute waren wir mit dem Makler unterwegs. Vielleicht werde ich mich in den nächsten Tagen mal ein wenig umsehen. Warum fragst du?“

„Weil morgen Abend, hier im Hotel, eine kleine Feier stattfindet. Die Frankens Hotelbetriebe werden fünf Jahre alt und da wird ein Fest gefeiert.“

„Das klingt toll. Und da kann ich dann einfach hinkommen?“

„Nee, ich dachte du bringst auch deine Geschwister mit. Die haben ja auch den ganzen Stress hinter sich. Also mich würde es freuen, wenn ihr kommt.“

„Von mir aus komme ich sehr gerne.“

„Das ist schön. Ich hole euch dann morgen Abend ab.“

Josh freute sich wirklich, aber ihm lag eine ganz andere Frage auf der Zunge. Nur überlegte er, ob Martin diese Frage nicht unangenehm war.

„Dich beschäftigt doch etwas Joshua.“, schreckte ihn Martin nach ein paar Minuten auf.

„Schon.“

„Sag mir doch, was es ist.“

„Ich weiß nicht, vielleicht ist es dir auch unangenehm, was mich interessiert…“, stammelte Josh vor sich hin.

„Frag mich doch einfach, sonst kann ich dir auch nicht sagen, ob es mir unangenehm ist.“

„Ich würde eben gerne wissen, wie das bei dir alles zeitlich abgelaufen ist. Irgendwie passt, das alles, für mich zumindest, nicht richtig zusammen.“, verlegen schaute Josh zu Boden und schloss die Augen.

„Ich verstehe, was du meinst, das waren ja auch nur Bruchstücke, mit denen ich dich informiert habe.“, seufzte Martin.

„Die Geschichte ist schnell erzählt. Meine Eltern, also mein Erzeuger und meine Mutter, lebten zusammen bis ich elf war. Plötzlich kam dann die Nachricht, dass sie sich scheiden lassen würde. Es klingt vielleicht seltsam, aber ich war und bin froh darüber. Schon lange hatte er mir damals Angst gemacht, mit der Zeit wurde er immer kälter zu mir. Meine Mutter konnte irgendwann nicht mehr, sie ist dann manchmal abends weggegangen. Damals hat sie dann auch Hendrik kennen gelernt. Meiner Meinung nach war er damals auch der endgültige Trennungsgrund. So glücklich wie mit Hendrik hatte ich meine Mutter schon lange nicht mehr gesehen gehabt. Kurz nach meinem zwölften Geburtstag haben die Beiden dann geheiratet und das erste Hotel eröffnet. Hendrik ist das Beste, was ihr, nein uns, passieren konnte. Mein Erzeuger hat sogar der Adoption zugestimmt, somit wurden wir eine richtige Familie. Und Hendrik ist mehr mein Vater, als es mein Erzeuger je war. Er hat sich auch damals schützend vor mich gestellt, als der Kerl auf mich losgehen wollte. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Das war vor ungefähr zwei Jahren. Er hatte damals rausgefunden, dass ich schwul bin. Für ihn war ich damit endgültig ein Perversling, den man vernichten muss. ‚Damit tue ich der Welt noch etwas gutes!’, hat er mir entgegen gebrüllt. Dann hat er den Gürtel gezogen und zugeschlagen. Ich habe geschrieen vor Schmerz, wie aus dem nichts war dann aber Hendrik da. Schützend hat er sich vor mich gestellt und meinen Erzeuger nieder geschlagen. Wie ich schon gesagt habe, hat er sich dann um mich gekümmert.

Schon vor dieser Attacke hatten er, sowie meine Mutter, gewusst, dass ich schwul bin. Damals hat er mich in den Arm genommen und nur gesagt: ‚Du bist mein Sohn Martin und ich bin stolz auf dich. Wenn du mit einem Mann glücklich wirst, ist das eben so.’ Meine Mutter nickte zustimmend, danach lag ich in Hendriks Armen und habe geweint. Er hat mir nur zärtlich über den Kopf gestreichelt und mich getröstet. Das war damals und ist heute noch das Größte für mich.“, Martin beendetet seine Erzählung und presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Josh bemerkte deutlich wie schwer es ihm viel alles zu berichten, was damals geschehen war. Seine Augen hatten auch einen verdächtig feuchten Glanz bekommen. Josh fühlte sich deshalb sehr unwohl und rutschte unangenehm auf seinem Platz herum.

„Es tut mir leid Martin, ich wollte keine alten Wunden wieder aufreisen.“, flüsterte er leise.

„Also du kannst am aller Wenigsten etwas dafür. Ich rede nur einfach nicht gerne darüber.“

„Das kenne ich auch.“, nickte Josh. Martin schien sich wieder gefangen zu haben.

„Wie war es denn bei euch so?“

„Anfangs waren wir eigentlich das, was man sich unter einer Bilderbuchfamilie vorstellt. Meine Eltern, Mike und ich. Dachte ich jedenfalls damals. Wie ich jetzt aber weiß, hat es schon kurz nach meiner Geburt angefangen zu kriseln. Meine Mutter hat meinem Vater vorgeworfen, dass er ihr fremd gehe und sie mit den Kindern alleine lasse. Sie haben sich dann fast jeden Abend gestritten, jedes Mal wurde es heftiger. Ich selbst habe das damals nicht so wirklich mitbekommen, damals war ich ein paar Monate alt. Mike hat mir das später einmal erzählt. Zum Schluss war es dann so, dass sie Mike die Verantwortung für mich zugeschoben haben. Man muss sich das mal vorstellen, er war damals fünf als ich geboren wurde. Als er sechs war, haben sie uns zum ersten Mal alleine gelassen. Man als sechsjähriger bist du ein Kind. Da kannst du nicht die Verantwortung für ein kleines Kind übernehmen. Ich glaube für Mike war das auch verdammt schwer. Aber was soll ich sagen, er hat es getan, er hat es getan ohne ein Wort darüber zu verlieren. Und es hat auch immer irgendwie geklappt. Das ganze hat uns dann auch immer fester zusammengeschweißt. Mike war immer da, egal wann ich ihn gebraucht habe. Er wurde mein engster Vertrauter und bester Freund. Das Schlimmste war dann nur, als meine Eltern mitbekommen haben, dass ihr System funktioniert und Mike sehr gut für mich sorgt. Sie waren dann kaum noch zu Hause. Die Familie, wie ich sie kannte, existierte schon lange nicht mehr. Irgendwann kam dann der Alkohol dazu. Mein Vater lies sich regelmäßig voll laufen, wenn er dann nach Hause kam, brüllte er das ganze Haus zusammen. Oft zerstörte er auch irgendwelche Möbel oder warf sogar Fenster ein. Am nächsten Morgen tobte er dann immer, weil er auf einmal glaubte, dass Mike und ich die Dinge kaputt gemacht hätten. In dieser Zeit hat er uns Beide sehr oft verprügelt. Oft habe ich mich vor Angst bei Mike im Bett verkrochen und er hat mich dann getröstet. So weit ich das mitbekommen habe, hat er auch oft Schläge auf sich genommen, nur damit er mich in Ruhe lies. Ich glaube er hat auch noch so manche Narbe von damals. Er hat aber nie ein Zeichen von Schwäche gezeigt, im Gegenteil. Egal was war, er war für mich da. Meine Mutter hat das alles nicht gekümmert. Sie hatte in der ganzen Zeit immer wieder verschiedene Liebhaber, meinen Vater hat das, seltsamer Weise, nie gestört. So hatte sich das ganze dann eine ganze Zeit lang eingependelt. Bis zu dem Tag, an dem es hieß, dass meine Mutter wieder schwanger sei. Meiner Meinung nach war Mike damals wirklich geschockt. Ich glaube, er hatte sehr viel Angst um dieses Kind. Dann kam Jason zur Welt, zum Glück war er gesund. Er war wie ein Sonnenschein für uns, wir haben ihn auch beide sofort ins Herz geschlossen. Dann kam es, wie es kommen musste, Mike und ich wurden wieder mit dem Kleinen alleine gelassen. Na ja, dieses Mal war es nicht so schlimm, Mike war bereits 15 und ich auch schon 10. Eigentlich haben wir beide zusammen Jason groß gezogen. Letztendlich muss man einfach sagen, dass man Mike die Kindheit und die Jugend genommen hat. Das Ende war dann die Sache, wegen der unser Vater verhaftet wurde. Unsere Mutter war schon seit Tagen verschwunden, wir waren Beide der Meinung, dass sie wieder bei einem ihrer Kerle war.

Vielleicht war sie auch wieder völlig zu gedröhnt, das hatte sie immer wieder gemacht. Eines Morgens war dann die Polizei bei uns, Mike hat mit ihnen gesprochen.

Und so kam dann heraus, dass er im Alkoholrausch eine Frau vergewaltigt hat und sie dann umbringen wollte. Direkt danach kamen uns eigentlich die Gedanken weg zu gehen. Na ja, jetzt sind wir hier.“, nachdem Josh geendet hatte, schloss er die Augen und atmete tief.

„Das ist echt hart. Dann war eure Entscheidung weg zu gehen sicher die richtige.“

„Glaub ich auch. Vor allem für Mike war es die beste Entscheidung. Meiner Meinung nach war er ständig unter Strom. Schon alleine deshalb, weil er Angst um Jason und mich hatte. Sich selbst hat er immer hinter alles andere gestellt. Ich würde ihm wirklich wünschen, dass er sich hier ein eigenes Leben, ein glückliches Leben, aufbauen kann.“

„Dein Bruder muss eine immense Stärke haben. Ich glaube, das hätte ich nicht durchgehalten.“, bemerkte Martin nachdenklich.

„Ich auch nicht. Gerade in letzter Zeit habe ich mir oft Gedanken gemacht, wie er das alles schafft. Aber jetzt ist alles vorbei und wir bekommen die Chance zum Neuanfang.“

„Das wird sicher klappen. Sag mal, du hast vorhin erzählt, dass ihr mit dem Makler unterwegs wart. Habt ihr eigentlich jetzt eine Wohnung gefunden?“

„So wie es aussieht schon. Der Makler wollte den Kaufvertrag fertig machen und sich dann melden. Ist jetzt nur die Frage, wie lange das dauern wird. Wobei die Möbel auch erst in ein paar Wochen kommen werden.“

„Darf ich eigentlich mal fragen wo ihr hinzieht?“

„Eigentlich gar nicht so weit weg, nur mit den Straßennamen bin ich noch nicht so ganz vertraut. Ich könnte dir dafür aber sagen, wie das Haus aussieht oder sogar wie unser Nachbar heißt, das stand nämlich auf dem Türschild.“, lachte Josh.

„Dann habt ihr hoffentlich mal keinen alten Mann zum Nachbarn, der dann auf absoluter Ruhe besteht.“, grinste Martin.

„Keine Ahnung, ich hab nicht mal eine Ahnung, ob es ein Mann oder eine Frau ist. Da stand nur: M. D. Frankens.“, Josh klappte der Mund auf. In diesem Moment wurde ihm klar, was diese Initialen zu bedeuten hatten: Martin Dirk Frankens. Martin saß nur in seinem Sessel und lachte. Nachdem er sich wieder beruhigt hatte, streckte er Josh die Hand hin, dieser nahm sie dann auch.

„Auf gute Nachbarschaft!“, grinste er.

„Auf gute Nachbarschaft!“, erwiderte Josh. „Dann wohnst du also wirklich in der Wohnung neben uns?“

„Sieht ganz danach aus.“

„Cool, das hätte ich nicht gedacht.“, Josh schüttelte den Kopf. Irgendwie passte immer noch nicht in seinen Kopf, was er gerade erfahren hatte.

„Ich auch nicht, aber dann hoffe ich mal, dass du auch ab und an zum Schach vorbei kommst.“

„Darauf kannst du dich aber verlassen. Einen Trainingspartner kann ich immer gebrauchen.“

„Aber nicht, dass du mir nachher noch Konkurrenz machst.“, lachte Martin.

„Nee, wir treiben dann zusammen die anderen in den Wahnsinn.“

„Genau, das wäre auch eine Idee.“

Josh fühlte sich in diesem Moment so wohl wie schon lange nicht mehr. Er konnte fröhlich sein, konnte sogar wieder lachen. Und es war einfach wunderschön so wie es war. Martin und er saßen noch länger zusammen und redeten. Erst nach ein paar Stunden machte sich Josh wieder auf den Weg zu seinen Geschwistern. Als er jedoch die Türe öffnete, traf ihn erst einmal ein Kissen im Gesicht.

„Treffer! Treffer! Treffer!“, jubelte Jason und hüpfte auf und ab. Mike saß daneben und lachte.

„Bist ja mal wieder recht frech heute, Jason.“, erklärte Josh dann und warf das Kissen zurück.

„Und wie war das Schach spielen, Josh?“, Mike blickte immer noch lächelnd zu ihm herüber.

„Echt klasse! Martin spielt wirklich gut und wir haben uns auch recht nett unterhalten. War wirklich schön.“

„Freut mich Großer, wäre dir ja zu wünschen, dass du ein paar Freunde findest.“

„Hast du eigentlich morgen Abend schon was vor?“

„Nein, warum?“, wollte Mike überrascht wissen.

„Weil Martin uns eingeladen hat.“

„Wie eingeladen?“, Mike war immer noch verwirrt.

„Also die Hotelbetriebe, denen dieses Hotel gehört, feiern fünfjähriges Jubiläum und da wird es ein Fest geben. Martin hat gemeint, er würde sich freuen, wenn wir auch kommen würden. Wenn wir wollen, holt er uns morgen Abend auch ab.“, erläuterte Josh.

„Schöne Idee. Wieder mal ein bisschen die Zeit genießen. Von mir aus gerne.“

„Klasse!“

„Hey! Vergesst mich nicht! Ich will auch mit!“, rief Jason dazwischen.

„Klar kommst du mit. Denkst du wir vergessen dich hier?“, beschwichtigte Mike ihn.

„Nee, ihr würdet mich nicht vergessen!“

„Siehst du Kleiner. Und jetzt gehen wir essen, ich habe Hunger!“

„Geht klar!“, meinten Josh und Jason nur.

Das Essen verlief weitestgehend schweigend. Jason war vom Tagesgeschehen einfach zu müde, um noch groß etwas zu tun. Mike schien mit seinen Gedanken weit weg zu sein und Josh dachte über den Nachmittag nach. Es war einfach schön mit jemandem zu reden und zu lachen. Nachdem sie alle gegessen hatten, lehnte sich Jason müde an Mike an.

„Komm Jason wir bringen dich ins Bett.“, meinte Josh dann.

Jason war so müde, dass er nicht einmal mehr protestierte, als Mike ihn auf den Arm nahm und ins Zimmer trug. Schon an seiner Schulter war er eingeschlafen. Es dauerte dann auch nicht lange bis er in seinem Bett lag und schon wieder fest schlief.

„Sag mal Mike, willst du nicht noch was trinken gehen? Ich kann auch auf Jason aufpassen.“

„Ich weiß nicht so Recht.“, irgendwie schien in Mike auch ein bisschen Hoffnung aufzukeimen, endlich einmal wieder ein bisschen Zeit für sich zu haben.

„Hier fang.“, sagte Josh nur und warf Mike die Codekarte für das Zimmer zu. „Und jetzt machst du dir einen schönen Abend. Jason und ich werden schon zu Recht kommen.“

„Wirklich?“, Mike blieb immer noch skeptisch.

„Mike, hör mir zu, du hast schon so lange nichts mehr gemacht, was dir Spaß macht. Deshalb möchte ich einfach, dass du dir einen schönen Abend machst und dir ein bisschen Zeit für dich nimmst. Verstehst du was ich meine?“

„Schon.“, flüsterte Mike fast nur.

„Dann geh jetzt und such dir ein schönes Cafe oder so was. Aber mach es dir einfach nett heute Abend.“

„Danke.“, meinte Mike nur und drückte Josh kurz. Nach dieser kurzen Diskussion war Mike wirklich zur Türe hinaus. Josh freute sich wirklich, dass Mike gegangen war. Er sollte einfach einen schönen Abend haben. Mike währenddessen war noch ein wenig zwiespältig zu Mute. Einerseits freute er sich wirklich ein wenig Zeit für sich zu haben, andererseits war ihm unwohl dabei, Josh und Jason alleine zu lassen. Na ja, Josh hatte gesagt, er solle einen schönen Abend haben. Deshalb beschloss er in ein kleines Cafe zu gehen, das er am Nachmittag bereits gesehen hatte. Dieses lag direkt am Spreeufer. Er fand es auch direkt wieder. Da es eine milde Sommernacht war, setzte er sich auf der Terrasse an einen Tisch. Kurze Zeit später kam auch schon die Bedienung und Mike konnte bestellen. Nachdem er seinen Tee bekommen hatte, drifteten seine Gedanken wieder ab. Er fühlte sich frei, so lange hatte er sich gewünscht in Ruhe und Frieden leben zu können. Und jetzt schien dieser Traum wahr zu werden. Endlich brauchte er nicht ständig Angst um seine Geschwister haben zu müssen. Tief in seine Gedanken versunken bemerkte Mike gar nicht, dass jemand an ihn herantrat. Erst nachdem diese Person ihn zum zweiten Mal angesprochen hatte, schreckte er auf.

„Ist hier noch frei?“, wollte sein Gegenüber wissen.

„Ja, ja, klar.“, stotterte er vor sich hin.

„Wenn Sie wollen, kann ich auch wieder gehen, ist kein Problem.“

„Nee, ist schon gut. Ich war nur gerade in Gedanken.“

„Hab ich gemerkt.“, lächelte der junge Mann. Bevor er den Kopf zurücklegte und in den Himmel blickte. „Eine schöne Nacht, nicht wahr?“

„Ja, sehr schön, besonders die Sterne leuchten heute Nacht.“

„Um das genießen zu können, bräuchte man aber auch eine Person, die dabei ist.“, seufzte der Mann.

„Stimmt.“, erwiderte Mike leise. Sein Gegenüber seufzte und schloss die Augen, den Kopf immer noch im Nacken. In diesem Moment beobachtete Mike die Schatten, die über das Gesicht des anderen huschten. Sie ließen es dunkler und kantiger wirken. Mike starrte auf die Spree hinaus und hing wieder seinen Gedanken nach. Von Zeit zu Zeit blieb sein Blick aber immer wieder an seinem Gegenüber hängen. Irgendwie schien dieses nicht sehr glücklich zu sein. Seinen Kopf hatte der Mann wieder nach vorne genommen, doch jetzt starrte er mit leerem Blick in seinen Tee.

„Geht es Ihnen nicht gut?“

Wie wenn er ihn aus weit entfernten Erinnerungen gerissen hätte, brauchte der Mann ein paar Sekunden bis er wirklich auf Mike reagierte. Dann wischte er sich über das Gesicht.

„Doch, doch war nur ein schwerer Tag heute.“, erklärte er dann mit belegter Stimme.

„Darf ich fragen welchen Beruf Sie ausüben, der sie so auslaugt?“

„Ich bin Arzt.“, lächelte der Mann. „Und ich bin Andreas, ich mag das ‚Sie’ nicht.“

„Ist in Ordnung, ich bin Michael. Aber ich muss schon sagen, einen interessanten Beruf hast du.“

„Aber ziemlich oft auch recht anstrengend. Vor allem wenn du Patienten hast, die dir den Beruf erklären wollen oder wenn du in einer Schicht viele Verletzte zu versorgen hast.“

„Kann ich mir vorstellen. Für mich wäre das aber wirklich nichts, schon wenn ich mir vorstelle, dass es unausweichlich irgendwann jemanden geben würde, dem ich nicht mehr helfen könnte… Nee das wäre nichts für mich.“

„Diese Situation ist auch die Schrecklichste überhaupt. Gerade heute war es wieder so. Ich konnte nichts mehr machen.“, Andreas schloss die Augen und seufzte leise.

„Das ist auch der Grund, warum es dir nicht gut geht, oder irre ich mich?“

„Nein, du irrst dich nicht. Aber ist das so auffällig?“, für Andreas schien die Situation ein wenig peinlich zu sein.

„Na ja, irgendwie schon. Ich kann nicht genau sagen, woran ich es gemerkt habe, aber man sieht dir an, dass es dir nicht gut geht.“, versuchte Mike zu erklären.

„Den Leuten im Krankenhaus ist das nicht aufgefallen.“

„Ist eigentlich schade, wenn man so wenig auf die anderen achtet. Aber was hältst du von einem Themenwechsel?“, erwiderte Mike.

„Ja, gibt sicher bessere Themen um sich zu unterhalten. Dann direkt meine erste andere Frage: Verrätst du mir deinen Beruf?“, lachte Andreas.

„Ich hab noch keinen Beruf, bin zur Zeit Studienplatzbewerber. Und somit habe ich also nicht wirklich etwas, was ich mache. Und als ausländischer Studienplatzbewerber ist das alles noch mal so schwer.“

„Woher kommst du denn?“

„Ich bin US- Amerikaner aus Los Angeles.“

„Und dann willst du ausgerechnet in Deutschland studieren? Ist das nicht ein bisschen weit weg von zu Hause?“

Mike lachte verbittert auf. „Zu Hause? Ich habe kein zu Hause mehr in den USA. Und ich hatte wohl auch noch nie eines.“

„Sorry, wenn ich das gewusst hätte, hätte ich die Frage gelassen.“, Andreas war wirklich betreten.

„Du hattest davon doch keine Ahnung, was los ist, da musst du dich für gar nichts entschuldigen.“

„Dann wohnst du jetzt sicher in einer WG, oder?“

„Nicht ganz, ich wohne mit meinen zwei kleinen Brüdern zusammen.“

Nach seiner vorigen Erfahrung hielt sich Andreas mit weitergehenden Fragen zur Familie lieber zurück.

„Kleinere Brüder? Dann sind die sicher vieles jünger als du.“

„Wie man’s nimmt, Joshua ist fünf Jahre jünger als ich und Jason ist fünfzehn Jahre jünger.“

„Um daraus irgendwelche Schlüsse ziehen zu können, müsste man natürlich wissen, wie alt du bist.“, lächelte Andreas.

„Ich will dich ja nicht dumm zurücklassen.“, grinste Mike daraufhin frech. „Ich bin zwanzig.“

„Dann bin ich ja doch ein paar Jahre älter, ich bin 27.“

Die Beiden waren so vertieft in ihr Gespräch, dass sie gar nicht mitbekamen, dass es immer später wurde. Erst als die Kellnerin an den Tisch kam und erklärte, dass sie schließen würden, schreckten die Beiden auf.

„Hast nicht Lust noch ein bisschen spazieren zu gehen? Die Spree bei Nacht ist sehr schön.“, wollte Andreas wissen. Mike warf einen raschen Blick auf die Uhr, es war noch nicht all zu spät. Somit konnte er noch ein paar Minuten bleiben.

„Gerne.“, Mike lächelte Andreas freundlich zu.

„Dann komm mal mit.“

Die nächste Zeit schlenderten Andreas und Mike an der Spree entlang. Dabei sprachen sie über alle möglichen Themen. Nur das Thema rund um die Familie wurde ausgelassen, Andreas wollte Mike nicht durch weitere Fragen verletzten. Erst nach einer Ewigkeit, wie es Beiden schien, erklärte Mike, dass er gehen müsse. Er wollte Josh und Jason nicht zu lange alleine lassen.

„Hier nimm die, da steht meine Handynummer drauf.“, meinte Andreas, als sie sich verabschiedeten und dieser Mike eine kleine Karte gab. Dieser lächelte freundlich und ging mit einer kurzen Handbewegung. Danach trennten sich ihre Wege, Andreas ging nach Hause und Mike ins Hotel zurück. Als er das Zimmer betrat, fand er Josh und Jason bereits schlafend vor. Da er selbst nun auch müde wurde, schlüpfte er auch schnell unter die Bettdecke und war direkt eingeschlafen.

Am nächsten Morgen wurde er von Jason geweckt, der zu ihm ins Bett krabbelte.

„Guten Morgen Jason!“

„Guten Morgen! Du Mike, ich kann nicht mehr schlafen.“

„Ist kein Problem, dann bleibst du hier eben noch ein bisschen liegen.“, erklärte Mike und machte ein wenig Platz im Bett, damit Jason nicht hinaus fallen konnte. „Und wie gefällt dir Deutschland bisher Kleiner?“

„Ich finde es toll hier. Der Martin ist ganz nett und die anderen Leute hier auch. Nicht so wie zu Hause, da war es immer so laut und alle waren böse miteinander. Nur du und Josh nicht, ihr wart immer lieb zu mir.“, meinte Jason traurig. Mike wurde in diesem Moment klar, dass sein kleiner Bruder doch mehr mitbekommen hatte, als er angenommen hatte.

„Hey Kleiner, nicht traurig sein. Wir sind jetzt sehr weit weg gegangen. Und hier werden wir neu anfangen und da ist dann keiner mehr böse. Brauchst keine Sorge haben.“

„Das ist schön.“

In diesem Moment machte sich Jason bemerkbar, scheinbar wurde er gerade wach.

„Morgen.“, gähnte er.

„Guten Morgen Josh. Komm steh auf du Schlafmütze!“, rief Jason und lief zu Josh hinüber.

„Ist ja schon gut, ist ja schon gut. Ich stehe auf!“, lachte Josh nur als Jason auf das Bett sprang und darauf herum hüpfte.

„Und was machen wir heute?“, wollte Jason daraufhin wissen.

„Zuerst werden wir uns anziehen, dann gehen wir frühstücken, beschäftigen uns dann und warten auf Martin.“, zählte Josh auf.

„Klasse!“, schon war Jason ins Bad gerannt.

„Sag mal Josh, was hat Martin dem kleinen Quirlkopf in den Pudding gemischt?“, versuchte Mike ernst zu fragen. Doch es war ihm anzumerken, dass er die Frage nicht ernst meinte.

„Ich hab keine Ahnung, aber es scheint sehr gut zu wirken.“, lachte Josh.

„Bin schon fertig.“, rief Jason in diesem Augenblick und kam aus dem Bad gelaufen.

„Wir machen ja schon.“, sagten Josh und Mike nur und zogen sich an. Das Frühstück war in der Zwischenzeit wieder zum Ritual von früher geworden. Selbst ohne eine Bestellung hatte Martin dafür gesorgt, dass Josh und Jason ihr Frühstück bekamen. Mike hatte dafür die freie Auswahl, was er essen wollte. Nach dem Frühstück war Josh kurz bei Martin, um ihm zu sagen, dass sie zu der Feier am Abend kommen würden. Dieser freute sich wirklich und versprach sie gegen 19.00 Uhr abzuholen. Als sie alle wieder in ihrem Zimmer waren, zupfte Jason an Josh herum.

„Spielst du mit mir?“, wollte er wissen und blickte ihn mit seinen großen Augen bittend an.

„Klar.“

Schon kurz darauf kam Jason mit seinen Spielfiguren wieder angerannt. In einer kleinen Spielpause viel Josh dann etwas ein.

„Sag mal Mike, wie war es eigentlich gestern Abend?“

„Dafür muss ich dir wirklich danken. Es war wirklich schön und ich habe mich auch sehr gut unterhalten. Ich hab nämlich jemanden kennen gelernt, wir haben eigentlich die ganze Zeit geredet.“

„Und wann siehst du ihn wieder?“

„Das weiß ich noch nicht genau, aber Andreas hat mir… Moment mal, das war ein gemeiner Trick, Josh.“

„Ach, warum denn?“, fragte Josh scheinheilig.

„Weil du mich hier aushorchen willst.“

„Ich? Nie! So was hab ich doch gar nicht nötig. Ich habe ja jetzt schon zwei wichtige Informationen. Erstens ist es wirklich ein Mann und zweitens heißt er Andreas. Komm schon Mike, lass mich nicht dumm hier stehen.“

„Ich erzähl ja schon. Also er heißt, wie du schon mitbekommen hast, Andreas. Er ist 27 Jahre alt und Arzt. Und er hat wunderschöne, leuchtende grüne Augen.“, lächelte Mike.

„Der Herr Doktor scheint dich ja ziemlich fasziniert zu haben.“, antwortete Josh frech.

„Schon irgendwie.“, erklärte Mike verlegen und wurde rot.

„Hey, kein Grund für irgendwelche Verlegenheit. Es würde mich freuen, wenn du jemanden finden würdest.“

„Jetzt aber mal langsam. Ich kenne Andreas seit gestern Abend und außer einem netten Gespräch war gar nichts zwischen uns.“

„Wird schon noch. Der Kerl wäre ja auch blöd, wenn er jemanden wie dich nicht nehmen würde.“

„Danke Großer.“, erwiderte Mike leise und verlegen. Genau in diesem Moment klopfte es auch schon an der Türe. Josh stürmte fast schon zur Türe und öffnete sie schnell. Wie er erwartet hatte, war es Martin.

„Ist es wirklich schon 19.00 Uhr?“, wollte Mike im Hintergrund dann wissen.

Martin lachte. „Nee, noch nicht ganz, aber ich hatte nichts mehr zu tun. Da hab ich gedacht, ich komme jetzt schon mal vorbei. Ich hoffe, dass ich nicht ungelegen komme.“

Bevor jemand etwas sagen konnte, rannte Jason auf Martin zu und packte ihn am Handgelenk, dann zog er ihn ins Zimmer.

„Hallo Martin.“, rief er erfreut.

„Hallo Jason. Was machst du denn mit mir?“, wollte dieser unter Lachen wissen

„Gar nichts mache ich.“, meinte Jason und lies sofort Martins Hand los. Mike und Josh standen daneben und lachten.

„Damit hat sich deine Frage also auch erledigt, Martin. Jason hat dir ja schon gezeigt, dass du reinkommen kannst.“, grinste Mike.

„Was müssen wir eigentlich heute Abend anhaben? Irgendetwas spezielles, also beispielsweiße einen Anzug?“, fiel Josh noch ein.

„Nee, also so offiziell wird das nicht heute Abend. Ihr solltet zwar nicht in Jeans und Turnschuhen kommen, aber ansonsten habt ihr da die freie Auswahl.“

„Sag mal Martin, was hältst du hier von?“, Josh hatte seinen Kopf über den Koffer gebeugt, eine dunkle Hose und ein passendes Oberteil herausgenommen und hielt es nun Martin hin.

„Ich glaube so kann ich dich auf die Gäste loslassen.“

„Zu gütig von dir.“

„Siehst du, so freundlich bin ich zu dir.“, nach Martins Aussage lachten alle. Und Mike freute sich darüber, dass sich Josh mit Martin so gut verstand. Nachdem sich Mike dann angezogen hatte, half er Jason noch und dann waren sie auch schon fertig zum Aufbruch. Kurze Zeit später befanden sie sich auch schon am Hinterausgang des Hotels. Josh war wirklich überrascht, der Park war festlich geschmückt worden. Zwischen den Bäumen hingen Lichterketten, an Stelle der Bänke standen große Tische mit Stühlen und rund um den kleinen Teich war ein großes Büffet aufgebaut. Es waren auch schon viele Gäste gekommen. Martin verabschiedete sich dann kurz. Somit verbrachten die Brüder die erste Zeit damit sich umzusehen. Bald darauf kam Martin auch schon wieder, er hatte ein Paar dabei wohl Anfang vierzig. Nach seinen Erzählungen war Josh der Meinung, dass dies seine Eltern waren.

„Also ich würde euch gerne kurz bekannt machen. Das sind meine Eltern.“, an Mike, Josh und Jason gewandt. Dann an seine Eltern: „Mama, Hendrik, dass sind Michael, Joshua und Jason.“

„Freut uns wirklich.“, erklärten die Beiden dann und reichten nacheinander allen die Hand.

„Dann sind Sie also Martins Schachpartner.“, stellte Hendrik Frankens dann fest, nachdem er Josh gegenüber stand.

„Ja, der bin ich.“

„Martin war ja wirklich begeistert, wie gut Sie spielen.“

Martin stand daneben und wurde rot.

„Hendrik lass das.“

„Ach Martin, die Wahrheit darf man sagen.“, dann stellte er sich vor ihn und sah ihm in die Augen. „Und der Tag, an dem du mich beim Schach schlagen wirst, ist sowieso noch sehr weit entfernt. Da ist es nur gut, wenn du jemanden gefunden hast, gegen den du auch mal gewinnen kannst.“, lachte Hendrik dann.

Martin streckte ihm daraufhin die Zunge heraus, das führte jedoch nur dazu, dass auch seine Mutter zu lachen begann. Josh beneidete Martin in diesem Moment wirklich, wie sehr hätte er sich solche Eltern auch gewünscht. So absolut liebevoll wie sie mit Martin umgingen, man konnte spüren, wie sehr sie ihren Sohn liebten. Dabei war Hendrik nicht einmal der leibliche Vater, aber er liebte Martin trotzdem wie seinen Sohn.

„Aber ich würde trotzdem vorschlagen, Martin, dass du deinen Gästen zuerst zeigst, wo sie etwas zu essen herbekommen.“, mischte sich seine Mutter dann ein.

„Werd ich machen Mama. Also dann folgt mir einfach.“

Nachdem sie außer Hörweite waren, richtete Josh sein Wort an Martin: „Tolle Eltern hast du.“

„Find ich auch. Nur rate ich dir eines: Spiel niemals mit Hendrik Schach. Der metzelt dir deinen König schneller nieder als du ‚Schachmatt’ überhaupt sagen kannst.“

„Werd ich mir merken.“, grinste Josh.

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