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Drei Leben - Ein Weihnachtswunder - Schnee, Stille und Neuanfang
Weihnachtschallenge 2024
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Informationen
- Story: Drei Leben - Ein Weihnachtswunder - Schnee, Stille und Neuanfang
- Autor: Rubakka
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Weihnachten, Challenge
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1: Ein Bahnhof im Schneesturm
- Kapitel 2: Drei Welten prallen aufeinander
- Kapitel 3: Der Anfang eines Gesprächs
- Kapitel 4: Ein Funke von Verständnis
- Kapitel 5: Eine unerwartete Offenheit
- Kapitel 6: Wärme in der Kälte
- Kapitel 7: Eine unerwartete Nähe
- Kapitel 8: Ein Moment der Verbundenheit
- Kapitel 9: Die Nacht vergeht
- Kapitel 10: Ein Morgen voller Möglichkeiten
Kapitel 1: Ein Bahnhof im Schneesturm
Der Bahnhof war wie leergefegt, nur die eisige Winterluft und das leise Knarzen der alten Holzbänke erfüllten den Raum. Es war Heiligabend und das kleine Bahnhofsgebäude der verschneiten Kleinstadt wirkte wie der unwahrscheinlichste Ort für eine Begegnung. Doch das Schicksal hatte anderes vor.
Adrian kam als Erster an. Der schmale, blasse Mann zog seinen kleinen Koffer hinter sich her, wobei die Räder auf den vereisten Bodenplatten klackten. Sein Gesicht war von den letzten Monaten gezeichnet – dunkle Augenringe und die hageren Wangen sprachen von Kämpfen, die er lieber hinter sich lassen wollte. Vor zwei Stunden hatte das Krankenhaus ihn entlassen, mit einem nüchternen „Wir sehen uns zur nächsten Nachsorgeuntersuchung.“ Für Adrian war dies ein symbolischer Tag: Der erste Schritt zurück in ein Leben, das sich wie ein Vakuum anfühlte.
Er ließ sich auf einer der alten Bänke nieder, zog die Knie an die Brust und atmete tief durch. Es war still, so still, dass selbst das Ticken der alten Bahnhofsuhr wie ein Donnerschlag klang.
Die Ruhe wurde durch das Knarren der Eingangstür unterbrochen. Ein kräftiger Mann in einer abgetragenen Lederjacke trat ein. Felix, dessen Augen wachsam und doch müde wirkten, musterte den Raum. Seine Bewegungen waren schwer, fast vorsichtig, als hätte er das Gefühl, in jedem Moment von etwas Unvorhergesehenem überrumpelt zu werden. Er stampfte den Schnee von seinen Stiefeln und ließ sich auf eine Bank, wenige Meter von Adrian entfernt, nieder.
Er bemerkte Adrians kurzen Blick, nickte ihm zu und sagte mit einer rauen, aber nicht unfreundlichen Stimme: „Frohe Weihnachten.“
Adrian erwiderte das Nicken, fühlte sich aber unsicher. Es war nicht schwer, Felix für jemanden zu halten, der schwierige Erfahrungen gemacht hatte. Sein Blick war durchdringend und die Art, wie er die Hände in den Taschen seiner Lederjacke vergrub, verriet eine Mischung aus Kälte und Selbstschutz.
Noch bevor Adrian sich entschließen konnte, etwas zu sagen, öffnete sich die Tür erneut. Ein junger Mann im perfekt sitzenden grauen Mantel trat ein. David, dessen Kleidung und Haltung Selbstbewusstsein suggerierten, sah sich mit einem missmutigen Blick im Raum um. Sein Anzug war wie für ein Geschäftsmeeting gemacht und die glänzenden Lederschuhe schienen deplatziert in dieser kalten, provinziellen Umgebung.
„Fantastisch“, murmelte er, als er den Zustand des Bahnhofs und die begrenzten Sitzmöglichkeiten erfasste. Er ließ sich auf einer Bank so weit wie möglich von den anderen entfernt nieder, zog sein Handy aus der Tasche und begann zu tippen.
Felix hob eine Augenbraue, lehnte sich zurück und grinste schief. „Tja, sieht aus, als wären wir gestrandet.“
David schaute kurz von seinem Handy auf, zog die Stirn kraus und kehrte zu seinem Display zurück. „Was für ein Glück.“
Adrian beobachtete das kurze Wortgefecht aus dem Augenwinkel und fragte sich, wie er diese ungewöhnliche Nacht überstehen würde.
Kapitel 2: Drei Welten prallen aufeinander
Die Stunden zogen sich dahin und der Schneesturm draußen wurde stärker. Die Wetterberichte verkündeten, dass keine Züge mehr fahren würden, bis der Sturm nachließ – frühestens am nächsten Morgen.
Felix war der Erste, der das Schweigen brach. „Na, was hat euch an Heiligabend hierher verschlagen?“
David schaute irritiert auf. „Warum fragen Sie?“
„Einfach nur neugierig. Ist schließlich nicht jeden Tag, dass man Heiligabend in einem verschneiten Bahnhof mit zwei Fremden verbringt.“ Felix grinste und fügte hinzu: „Ich bin Felix, übrigens. Gerade aus dem Gefängnis entlassen. Frohe Weihnachten.“
Adrian blinzelte und David legte das Handy beiseite, musterte Felix mit hochgezogener Augenbraue. „Gefängnis, hm? Interessant.“
Felix lachte trocken. „Ja, nicht wahr? Und was ist mit euch? Ihr seht auch nicht aus, als wärt ihr hier, um eine weiße Weihnacht zu genießen.“
Adrian räusperte sich und sprach leise: „Ich komme aus dem Krankenhaus. Sie haben mich heute entlassen.“
Felix’ Grinsen verblasste, und er nickte respektvoll. „Klingt hart. Alles okay jetzt?“
„Remission“, sagte Adrian knapp. Mehr wollte er nicht preisgeben.
David verschränkte die Arme und wirkte, als hätte er keine Lust, sich in das Gespräch einzubringen. Doch Felix ließ nicht locker. „Und du, Anzugträger? Was ist deine Geschichte?“
David zögerte, dann sagte er kühl: „Ich wurde gefeuert. Zehn Jahre in der Firma und dann werde ich rausgeschmissen, als wäre ich nichts wert.“
Felix schnaubte. „Na, dann willkommen im Club der Entlassenen.“
Die Spannung im Raum war fast greifbar. Adrian fühlte sich unwohl, David wirkte genervt und Felix schien es fast zu genießen, die beiden anderen aus der Reserve zu locken.
Kapitel 3: Der Anfang eines Gesprächs
Die Nacht wurde kälter und der kleine Ofen in der Ecke schaffte es kaum, den Raum zu erwärmen. Adrian zog seinen Mantel enger um sich und sagte leise: „Vielleicht sollten wir versuchen, das Beste daraus zu machen. Wir sitzen hier alle fest, ob wir wollen oder nicht.“
Felix nickte und zog eine zerknitterte Packung Zigaretten aus der Tasche. „Hat jemand was dagegen?“
Adrian schüttelte den Kopf und David sagte trocken: „Solange du die Asche nicht auf mich wirfst.“
Felix lachte leise. „Du bist echt ’ne Nummer, weißt du das?“
David ignorierte ihn, doch Felix wandte sich an Adrian. „Was war los, wenn ich fragen darf? Im Krankenhaus meine ich.“
Adrian zögerte, aber dann sprach er leise: „Krebs. Es war eine lange Behandlung, aber jetzt… jetzt bin ich raus. Fürs Erste.“
„Verdammt“, sagte Felix, ohne Spott in der Stimme. „Das ist hart.“
Adrian nickte, unsicher, wie er reagieren sollte. Es war lange her, dass jemand aufrichtig mit ihm gesprochen hatte.
„Und was machst du jetzt?“, fragte Felix.
Adrian zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Ich hab… viel verloren in den letzten Monaten. Ich denke, ich muss herausfinden, wie ich von hier aus weitermache.“
David sah kurz auf und sagte, fast widerwillig: „Zumindest hast du eine zweite Chance. Manche von uns haben nicht mal das.“
Felix schnaubte. „Oh, komm schon. Du wurdest gefeuert, ja. Aber du bist offensichtlich jemand, der immer auf die Füße fällt. Leute wie du machen sich immer wieder.“
David funkelte ihn an. „Und Leute wie du? Was machst du? Klauen und hoffen, dass du nicht wieder erwischt wirst?“
Die Stimmung kippte und Adrian hob die Hände. „Hört auf, okay? Wir haben alle unsere Probleme. Es bringt nichts, uns gegenseitig anzugreifen.“
Kapitel 4: Ein Funke von Verständnis
Die Spannung im Raum löste sich nicht sofort, aber Adrians Worte hatten zumindest die Auseinandersetzung gestoppt. Der Schneesturm draußen tobte weiter und es war offensichtlich, dass die drei Männer hier die Nacht verbringen mussten – ob sie es wollten oder nicht.
Felix drückte seine Zigarette in einem alten Aschenbecher aus, der auf einem kleinen Tischchen stand. „Okay, tut mir leid, wenn ich euch provoziert habe. Aber wenn man jahrelang von Leuten verurteilt wird, entwickelt man eben ein dickes Fell.“
David hob die Augenbrauen. „Du meinst, du hast keine andere Wahl, als ständig auf Konfrontation zu gehen?“
„Vielleicht“, sagte Felix, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. „Ich hab gelernt, dass man nur überlebt, wenn man Stärke zeigt. Wenn du Schwäche zeigst, fressen dich die Leute auf.“
Adrian sah ihn an und in seinen Augen lag keine Verurteilung, sondern etwas, das Felix überraschte: Mitgefühl. „Ich denke, jeder hat auf seine Weise gelernt, zu überleben. Vielleicht nicht immer auf die beste Weise, aber es geht darum, irgendwie weiterzumachen.“
David lachte leise, ein bitterer Laut. „Weiterzumachen… Leichter gesagt, als getan. Manchmal hat man einfach keine Lust mehr. Besonders, wenn du merkst, dass all die Mühe am Ende nichts wert war.“
Adrian sah ihn an und für einen Moment erkannte er in Davids Gesicht denselben Ausdruck, den er selbst so oft im Spiegel gesehen hatte. „Das klingt, als ob du nicht nur deinen Job verloren hast.“
David zögerte, aber dann nickte er. „Es war nicht nur der Job. Es war… alles. Mein Freund hat vor ein paar Monaten Schluss gemacht. Und jetzt, ohne den Job, ist meine Wohnung auch in Gefahr. Zehn Jahre hab ich mich abgerackert, um etwas aufzubauen und jetzt steh ich vor dem Nichts.“
Felix pfiff leise. „Klingt, als wärst du genauso pleite wie ich.“
David funkelte ihn an, doch Felix hob beschwichtigend die Hände. „Hey, war nicht böse gemeint. Ich meine nur, vielleicht sind wir gar nicht so verschieden.“
David antwortete nicht, aber Adrian spürte, dass sich etwas verändert hatte. Die Schutzmauern der drei Männer waren nicht komplett gefallen, doch Risse hatten sich gebildet.
Kapitel 5: Eine unerwartete Offenheit
Die Zeit verging langsam und schließlich rückten die drei Männer näher zusammen – nicht aus Zuneigung, sondern aus Notwendigkeit. Der Raum wurde kälter und sie saßen jetzt alle in der Nähe des kleinen Heizkörpers, der leise summte.
„Okay“, sagte Felix nach einer Weile. „Wenn wir die ganze Nacht hier verbringen, könnten wir uns genauso gut besser kennenlernen. Schließlich scheinen wir alle in einem beschissenen Jahr zu stecken.“
Adrian lächelte schwach. „Das ist wohl wahr.“
Felix deutete auf ihn. „Also, Patient. Krankenhaus… und jetzt? Hast du jemanden, der auf dich wartet?“
Adrian schüttelte den Kopf. „Nein. Mein Freund hat Schluss gemacht, als die Diagnose kam. Er meinte, er könne das nicht ertragen. Ich glaube, er wollte einfach nicht mit einem kranken Mann zusammen sein.“
David und Felix sahen ihn beide überrascht an. Adrian lachte trocken. „Ja, nicht gerade die romantischste Geschichte, oder? Aber ehrlich gesagt… ich kann’s ihm nicht mal verdenken. Ich war selbst so wütend und verzweifelt, dass ich kaum mit mir selbst klarkam. Wie hätte ich erwarten können, dass jemand anderes das aushält?“
Felix sah ihn nachdenklich an. „Trotzdem, das klingt wie ’ne verdammte Ausrede. Wenn du jemanden liebst, dann bleibst du.“
„Das sagt der Mann, der wahrscheinlich nie länger als eine Nacht mit jemandem verbracht hat“, erwiderte David trocken.
Felix grinste. „Da liegst du falsch, Anzugträger. Ich hatte eine Beziehung – bevor ich reingekommen bin. Drei Jahre. Wir haben Pläne gemacht, ein Haus, Kinder, alles. Und dann hab ich einen Fehler gemacht, der alles kaputtgemacht hat.“
Adrian schaute ihn neugierig an. „Was für einen Fehler?“
Felix zuckte mit den Schultern. „Ich hab Mist gebaut, okay? ’Ne dumme Geschichte mit einem Überfall. Ich war der Fahrer. Sie haben mich geschnappt und das war’s. Sie hat nicht gewartet.“
David runzelte die Stirn. „Kannst du es ihr verdenken?“
Felix zuckte wieder die Schultern, aber diesmal war sein Lächeln verschwunden. „Nein. Ich hab’s verbockt. Aber weißt du was? Ich hab gelernt, damit zu leben.“
Adrian nickte langsam, und für einen Moment herrschte Schweigen.
„Und du, David?“, fragte Felix schließlich. „Was war dein großer Fehler?“
David zögerte, dann seufzte er. „Ich hab mich angepasst. Mein ganzes Leben lang. Ich wollte immer der perfekte Sohn, der perfekte Angestellte, der perfekte Freund sein. Und dann wurde mir klar, dass ich all das getan habe, weil ich dachte, ich müsste beweisen, dass ich als schwuler Mann genauso gut bin wie jeder andere. Aber weißt du was? Es hat nichts geändert. Am Ende war ich genauso ersetzbar wie jeder andere.“
Felix schüttelte den Kopf. „Scheiße. Das ist bitter.“
David nickte und Adrian sah ihn nachdenklich an. „Vielleicht… vielleicht musst du nicht beweisen, dass du perfekt bist. Vielleicht reicht es, einfach du selbst zu sein.“
David schaute ihn an und für einen Moment huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Das ist einfacher gesagt, als getan.“
Kapitel 6: Wärme in der Kälte
Die Nacht schritt voran und die Männer rückten dichter zusammen – diesmal nicht nur wegen der Kälte. Die Gespräche wurden weniger angespannt und es war, als hätten sie einen Teil ihres Schutzes aufgegeben.
„Das ist irgendwie surreal, oder?“, sagte Felix irgendwann. „Drei Typen, die sich nie zuvor gesehen haben, sitzen in einem verschneiten Bahnhof und teilen ihre Lebensgeschichten.“
Adrian lächelte. „Vielleicht ist das genau das, was wir gebraucht haben.“
„Eine Therapiestunde?“, fragte David mit einem spöttischen Unterton, aber er wirkte nicht mehr so distanziert wie zuvor.
„Vielleicht“, erwiderte Adrian. „Oder einfach nur… etwas Menschlichkeit.“
Felix lachte leise. „Wenn das so weitergeht, feiern wir noch zusammen Weihnachten.“
David hob eine Augenbraue. „Wir haben keine Geschenke, keinen Baum und der Ofen da hinten bringt uns auch nicht gerade in festliche Stimmung.“
„Aber wir haben uns“, sagte Adrian leise und die Worte ließen einen Moment lang Stille im Raum einkehren.
Felix sah Adrian an und etwas in seinem Gesicht veränderte sich. Es war keine Abwehr mehr, sondern etwas Weicheres, fast Sanftes. David bemerkte es ebenfalls und für einen Moment schien die Kälte des Raumes zu schwinden.
Kapitel 7: Eine unerwartete Nähe
Die Details dieser Szene müssen natürlich diskret und respektvoll gestaltet werden. Die wachsende Nähe zwischen den drei Männern ist weniger körperlich als emotional, aber die Wärme, die sie füreinander empfinden, manifestiert sich in einer stillen, tröstenden Geste.
Felix breitete die alte, kratzige Wolldecke, die er in seinem Rucksack gefunden hatte, über sich aus. „Ist nicht viel, aber besser als nichts.“
Adrian und David zögerten kurz, bevor sie schließlich einwilligten, sich unter der Decke zusammenzusetzen. Der kleine Heizofen kämpfte immer noch gegen die zunehmende Kälte des Schneesturms draußen, doch die Decke brachte eine Art körperliche Nähe, die auch das Eis zwischen ihnen weiter schmelzen ließ.
„Das ist irgendwie absurd, oder?“, sagte David schließlich. „Drei Typen, die sich vor ein paar Stunden noch gegenseitig nicht ausstehen konnten, sitzen jetzt unter einer Decke zusammen wie alte Freunde.“
Felix grinste. „Vielleicht liegt’s daran, dass wir alle am Boden sind. Da spielt es keine Rolle mehr, woher du kommst oder was du gemacht hast. Am Ende wollen wir doch alle das Gleiche: Wärme, ein bisschen Trost und das Gefühl, nicht allein zu sein.“
Adrian nickte und sein Blick wanderte zu Felix. „Das ist wohl wahr. Vielleicht ist das die einzige Lektion, die wir aus all dem ziehen können.“
David sah die beiden an und zögerte, bevor er sagte: „Ich bin nicht gut darin, Leute nah an mich heranzulassen. Aber ich muss zugeben… diese Nacht hat mich schon jetzt mehr verändert, als ich erwartet hätte.“
Felix hob eine Augenbraue. „Wird da etwa der steife Anzugträger ein bisschen weich?“
David lächelte, ein ehrliches, fast scheues Lächeln. „Vielleicht. Aber erzähl das bloß keinem.“
Adrian lachte leise und zum ersten Mal fühlte er sich nicht wie ein Fremder unter ihnen. Es war, als hätten sie eine Art unausgesprochenes Band gefunden, das sie zusammenhielt – nicht trotz, sondern wegen ihrer unterschiedlichen Geschichten.
Kapitel 8: Ein Moment der Verbundenheit
Die Gespräche wurden mit der Zeit leiser, intimer. Adrian erzählte von den Nächten im Krankenhaus, als er dachte, er würde den nächsten Morgen nicht mehr erleben. Felix sprach von den ersten Tagen im Gefängnis, als er sich fragte, ob er jemals wieder frei sein würde. Und David, der bis dahin so verschlossen war, öffnete sich schließlich und erzählte von den Momenten, in denen er sich selbst in der kalten, unpersönlichen Welt seines Jobs verloren hatte.
„Ich glaube, wir alle sind auf eine Art… gefangen gewesen“, sagte Adrian leise. „Im Krankenhaus, im Gefängnis oder in einem Leben, das sich falsch anfühlt. Vielleicht ist das hier unsere Chance, auszubrechen.“
Felix schaute ihn an, und in seinen Augen lag etwas, das fast wie Stolz wirkte. „Du bist ein verdammt kluger Kerl, weißt du das?“
Adrian zuckte die Schultern. „Ich glaube, man lernt einiges über sich selbst, wenn man mit dem Tod konfrontiert wird.“
David nickte langsam. „Vielleicht sollten wir alle aufhören, uns selbst im Weg zu stehen. Vielleicht… vielleicht ist es Zeit für einen Neuanfang.“
Felix lachte leise. „Klingt wie das Ende eines kitschigen Weihnachtsfilms.“
„Vielleicht ist das genau das, was wir brauchen“, erwiderte Adrian mit einem kleinen Lächeln.
Kapitel 9: Die Nacht vergeht
Die Männer rückten noch ein Stück näher zusammen, ihre Körper unter der Decke eng aneinander gedrängt. Die Wärme, die sie miteinander teilten, war mehr als nur physisch – es war eine Wärme, die aus dem gegenseitigen Verständnis und der Akzeptanz entsprang.
Irgendwann legte Felix seinen Arm um Adrians Schultern, fast wie um ihn zu stützen. „Du bist leichter, als du aussehen solltest. Musst wohl wieder ein bisschen Fleisch auf die Knochen kriegen.“
Adrian lächelte schwach. „Das ist der Plan.“
David lehnte sich gegen Felix und schloss für einen Moment die Augen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine Nacht erleben würde. Aber vielleicht ist das hier genau das, was ich gebraucht habe.“
„Wir alle“, murmelte Felix, seine Stimme leise und ungewohnt sanft.
Die Nacht verging in einer Mischung aus Gesprächsfetzen, gelegentlichem Schweigen und einem Gefühl von Nähe, das so intensiv war, dass es die kalte Welt draußen vollkommen ausblendete.
Kapitel 10: Ein Morgen voller Möglichkeiten
Als der Morgen graute, ließ der Schneesturm nach. Die ersten Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken und verwandelten die verschneite Landschaft in ein glitzerndes Winterwunderland. Der kleine Bahnhof, der in der Nacht so trostlos gewirkt hatte, schien plötzlich fast einladend.
Die Männer wachten auf, noch immer eng beieinander unter der Decke. Felix streckte sich und gähnte. „Na, meine Herren. Bereit für einen neuen Tag?“
Adrian lächelte. „Mehr als das. Ich bin bereit für ein neues Leben.“
David nickte und zum ersten Mal sah er wirklich entspannt aus. „Vielleicht sollten wir uns gegenseitig daran erinnern, was wir uns heute Nacht gesagt haben. Dass es nie zu spät ist, neu anzufangen.“
Felix grinste. „Klingt wie ein Deal. Wer weiß, vielleicht treffen wir uns ja nächstes Jahr um diese Zeit wieder – an einem schöneren Ort.“
Adrian und David lachten und für einen Moment fühlte sich die Welt leicht an.
Als die ersten Züge wieder fuhren, verabschiedeten sich die drei Männer mit festen Umarmungen. Jeder von ihnen hatte eine Reise vor sich, doch sie wussten, dass sie diese Nacht niemals vergessen würden. Sie hatten sich gegenseitig etwas gegeben, das sie in ihren dunkelsten Momenten verloren hatten: Hoffnung.
Und so fuhren sie in verschiedene Richtungen davon, bereit, das Leben wieder anzupacken – mit einem neuen Gefühl von Stärke und einem Lächeln auf den Lippen.
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