zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Quartett

Teil 56 - Aktivierung

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

62. Aktivierung

“Sag mal, FX, wie stellst Du Dir das denn nun vor? Wie sollen wir denn durch diese Tunnel kommen?”

Der Tag der Arbeit sollte für die vier Freunde ein sowohl arbeits- als auch ereignisreicher Tag werden. Dadurch, dass dieser Feiertag auf einen Freitag fiel und das Wetter sich von seiner besten Seite zeigte, war die Uni nahezu ausgestorben, denn wer konnte, hatte sich aus dem Staub gemacht und war dem Alltag entflohen. Für ihr Vorhaben jedoch war diese Konstellation mehr als optimal, denn so konnten sie sich nahezu ungesehen in allen Ecken der Universität herumtreiben.

Emil und Paul waren ebenfalls instruiert worden, dass FX mit seinen Freunden einen ersten Versuch unternahmen die Zirkel zu aktiveren. Die beiden Schattenjäger nahmen das mit Spannung zur Kenntnis und trafen wiederum ihrerseits entsprechende Vorbereitungen, um das Portal, sollte es denn erscheinen, sofort zu beschützen und zu sichern.

“Naja, in Anbetracht der Tatsache, dass die Nummer schon etwas lebensgefährlich ist, schlage ich vor, dass wir für den Weg dorthin die Achte Dimension nehmen. Das ist definitiv der sicherste Weg. Lasst uns zwei Teams bilden: Beispielsweise bringt Ben Michel zu einem Zirkel und geht dann zu einem anderen weiter, während ich Henne bei einem Zirkel absetze und danach zu dem verbleibenden gehe.”

“Das finde ich eine ganz hervorragende Idee! Wenn ich an Dein Blutbad von damals denke, dann wird mir …”

Alleine schon der Gedanke daran ließ Michel wieder weiß um die Nase werden und vorsorglich stützte er sich an der Tischkante ab, nur für den Fall, dass er ohnmächtig werden würde. Bevor er jedoch ganz das Bewusstsein verlor, wischte er den gerade sehr plastischen und farbenfrohen Gedanken beiseite und dankte FX noch einmal für den Plan mit dem Geleitschutz.

“Unsere Burg ist ja nun rechteckig, sprich jedes Zweierteam sollte sich eine der kurzen Seiten vornehmen, damit sich die Lauferei in Grenzen hält, oder?”

Henne fand seinen Vorschlag ziemlich gut, hatte er doch sonst nichts weiter beizusteuern. Die ganze Arbeit würde voraussichtlich von Ben und FX gemacht werden.

“Du vergisst zwar, dass wir im verschränkten Zustand nicht viel arbeiten müssen. Diese Strecken sind nicht sonderlich anstrengend, da wir nicht in dem Sinne gehen müssen, sondern wie ein Geist fliegen können. Aber was anderes: Ben, traust Du Dir zu, von Hennes Zirkel aus quer durch die Walachei vom Ostturm zum Westturm zu schweben und Deinen Zirkel direkt zu erreichen? Oder willst Du Hennes Gang wieder zurück und dann Deinen wieder raus? Ich möchte zu Bedenken geben, dass Du auf dem kurzen Weg durch dichten Wald ohne große Orientierungsmöglichkeiten schweben musst. Es wäre unschön, wenn Du Dich auf dem Weg verfranzt.”

“Diggi, ich glaub, das bekomme ich hin. Ich muss ja nur im rechten Winkel zum Gang rüber schweben und schwupps …”

“... verfehlst Du Deinen Zirkel, genau. Sag mal, hast Du von Mathe überhaupt irgendetwas behalten?”

Michel holten seinen Notizblock aus der Tasche und zeichnete ein Rechteck auf das Papier. Dann verband er alle vier Ecken mit diagonalen Linien, die er außerhalb des Rechtecks verlängerte. Nach ein paar Zentimetern zeichnete er am Ende jeder Diagonalen einen Kreis.

“So, guck: Hier sind die Zirkel. Wenn Du jetzt von dem hier da rüber willst, ist das wohl kaum ein rechter Winkel, oder?”

“Natürlich nich, Diggi, das sind ja wohl 45 Grad, das sieht man doch!”

Michels Kopf knallte laut auf die Tischplatte und er gab nur einen Grunzlaut von sich.

“Okay, Ben nimm besser den Gang zurück, schweb dann in der Uni den kurzen Flügel entlang zum nächsten Turm und nimm dort den nächsten geheimen Gang. Sonst verlieren wir unseren Skaterboy noch im Wald.”

“Wobei, das wäre vielleicht gar kein so großer Verlust. Aua!!!”

Ben hatte Henne in die Seite gepiekt, da er diesen Witz gar nicht lustig fand. Natürlich musste er seinen Freunden insgeheim Recht geben, aber das würde er hier und jetzt mit Sicherheit nicht freiwillig zugeben. Stattdessen versuchte er das Thema zu wechseln.

“Diggi, was is denn mit der zeitlichen Synchronisierung? Wie sollen wir denn überhaupt kommunizieren? Telefon?”

“Es würde mich nicht wundern, wenn Technik dort generell versagt. Daher schlage ich vor, dass wir uns wieder gedanklich vernetzen, weil wir es zumindest in der Verschränkung ohnehin brauchen, auch wenn der Teil fix geht.”

“Also ich wäre wohl soweit!”

Henne trat einen Schritt an Ben heran und fasste ihn an die Hand. Ben seinerseits überlegte kurz, ob er die Augen schließen sollte, um sich besser zu konzentrieren, entschied sich aber kurzerhand dagegen. Er erfasste zunächst sich und danach Henne, inklusive dessen wiedermal extravaganter und bunter Frisur. Ein Lächeln umspielte dabei seine Lippen, musste er doch daran denken, dass er in der Anfangszeit seiner Ausbildung an Hennes Iro fast verzweifelt wäre. Doch mittlerweile war er dank FX sehr geübt darin, selbst die verrücktesten Dinge mit in die Verschränkung zu nehmen. Er sprang mit Henne an der Hand nach links und war sodann verschwunden.

“Hat er heimlich geübt oder was?”

Michel blickte fragend zu FX.

“Er hat unheimlich viel geübt. Ich hätte nie damit gerechnet, dass unser Ben, mit der Konzentrationsspanne eines Eichhörnchens, sich dermaßen intensiv mit seinen Fähigkeiten beschäftigen könnte. Aber es scheint, als würde ihm das so richtig Spaß machen! Du glaubst gar nicht, wie oft er im letzten Jahr hier schon durch die Gemäuer gegeistert ist.”

“Ich hätte es wissen müssen.”

“Ja, hättest Du in der Tat. Vielleicht mal weniger Muckibude und mehr Gehirnjogging?”

Michel wollte FX freundschaftlich in die Seite boxen, traf jedoch nur seinen Gipsarm und rieb sich danach seine schmerzenden Knöchel.

“Du hast gewonnen. Also los.”

FX griff seinerseits nach Michels Hand und auch sie entschwanden in die Achte Dimension der Welt zwischen den Atomen.

Ein paar Mal war Michel nun schon mit seinen Freunden mit der Materie verschränkt und durch sie hindurch geglitten. Dennoch konnte er sich nie so richtig an diesen Zustand gewöhnen. FX war nicht müde geworden, ein ums andere Mal zu beteuern, dass wirklich nichts passieren könnte und wenn sie den Kontakt untereinander verlören, der andere einfach nur von der Materie ausgespuckt werden würde. Dennoch war er wieder sehr froh, als ihre kurze Reise endete und FX ihn in seinem Zirkel absetzte.

Michel sah sich um. Direkt vor ihm war der unverschlossene Eingang zum Tunnel zurück in die Universität. Die Burg selber konnte er nicht sehen, er befand sich weit abseits der Gemäuer tief in einem undurchdringlichen Wald, umringt von meterhohen Tannen und dichtem Gebüsch. Er kam sich klein und verlassen vor. Er stand mitten in einem exakt runden Kreis, der durch eine Trockensteinmauer begrenzt war. Er schätzte den Durchmesser auf etwa fünf Meter, vielleicht etwas weniger. Ein Gedanke schoss ihm durch den Kopf: Vermutlich waren es exakt vier Meter!

Er ließ seinen Blick schweifen. In den Wald konnte er nicht hineinsehen. Direkt hinter der kniehohen Mauer begann schon dichtes Gestrüpp. Und sein Kreis? Der war das genaue Gegenteil von dem Wald. Nicht ein bisschen Vegetation wuchs auf dem aufgelockerten Boden. Es war, als hätte ein Bauer gerade gestern erst das kleine Feld umgegraben und holte nur die Kartoffeln, um sie hier in den lockeren Boden einzupflanzen. Natürlich wusste Michel, dass kein Bauer kommen würde und dass auch keiner den Boden gerade erst umgegraben hatte. Nein, er war sich sicher, dass das hier bereits seit viel längerer Zeit genau so aussah. Und durch ein kleines oder größeres Wunder, änderte sich hier nichts: Die Erde wurde nicht platt getreten oder durch Regen verwaschen, es wuchsen keine Pflanzen hier und nisteten auch keine Tiere. Nein, es war der Zirkel des Elements ERDE.

Henne genoss den Vorteil, dass er als einziger seinen Zirkel bereits kannte. Sie waren vor gut einem Jahr bereits hier und hatten sich verwundert umgeschaut. Inzwischen ergab das alles mehr Sinn. Zumindest ein Bisschen mehr. Die verkohlten Holzstücke in der Mitte des gemauerten Kreises ließen nur einen Schluss zu: Der Zirkel des Elements FEUER.

Natürlich wusste FX, dass Ben das Abenteuer liebte. Umso enttäuschter war er, dass er die Geometrie der Burg und die daraus resultierenden Winkel nicht verstand. Aber kurz vor der Abreise hatte er von FX noch einen entscheidenden Tipp bekommen: Die Burg war akkurat nach Norden ausgerichtet. Er hatte Henne bei ‘ihrem’ Zirkel ausgesetzt, so dass Ben jetzt einfach nur geradeaus nach Osten schweben musste, um seinen Zirkel zu erreichen. Umso erfreuter war er, dass FX ihm nun dafür quasi Prokura erteilt hatte. Musste er sich also im Nachhinein keine Vorwürfe gefallen lassen.

So einfach, wie es sich anhörte, war es in der Tat. Lediglich bei der Entfernung war sich Ben etwas unsicher, hatte er doch immer noch nicht so viel Selbstsicherheit, dass er zurückgelegte Entfernungen in der Verschränkung sicher beurteilen konnte. Eigentlich hatte er vor, gemäß dem Stand der Sonne seine Richtung konstant zu halten. Jedoch musste er ziemlich bald feststellen, dass die Bäume hier viel zu dicht waren, als dass sich der Stand der Sonne zuverlässig ausmachen ließ. Daher orientierte er sich an der Wetterseite der Bäume, was gleichzeitig den Vorteil hatte, dass er die Bäume, die er hinter sich ließ, gleich zählen konnte, und so ein gewisses Gefühl für die zurückgelegte Strecke hatte.

Doch je länger er sich durch den dichten Wald bewegte, desto verwirrter wurde er. Dieser Wald sah überall gleich aus. Egal, in welche Richtung er blickte, es machte keinen Unterschied. Zumindest fast keinen. Er musste sich sehr genau darauf konzentrieren, die Wetterseite der Bäume ausfindig zu machen. Zweifel stiegen in ihm auf und er überlegte, wie er aus dieser Situation bestmöglichst wieder herauskommen sollte, als er plötzlich unvermittelt in einem Steinkreis stand. Sein Zirkel.

Er war etwas überrascht. War er doch gerade noch bei Henne, dessen Kreis aussah wie nach einem Großbrand. Seiner hingegen war ganz anders: Der Boden war mit glatt behauenen Steinen ausgelegt, die untereinander nahezu keine Fugen mehr zeigten. Alles passte makellos zusammen und hatte eine fast spiegelglatte Oberfläche. Dieser Boden konnte sich definitiv mit jedem Marmorfußboden in einem Museum messen lassen. Hier war Ben als kleiner Wirbelwind mit Sicherheit in seinem Element: LUFT.

So zufrieden war FX schon seit langer Zeit nicht mehr. Der heutige Tag mit seine Freunden war die perfekte Mischung aus Abenteuer und Vertrautheit, Freude und Herausforderung. Er freute sich auf das, was der Tag noch bringen mochte, auch wenn er nicht wusste, was es war. Aber FX ahnte, ohne seine Kräfte einzusetzen, dass sie heute einen sehr erfolgreichen Tag haben würden, wozu seine Freunde einen sehr großen Teil beitragen würden.

Er war so stolz darauf, was seine Freunde in den letzten Monaten geleistet hatten, wie sie ihre Fähigkeiten ausgebaut hatten und trotz des Schweißes und der Tränen der Verzweiflung immer noch am Ball geblieben und immer noch einen Schritt weiter gegangen waren, als er es als ihr Trainer gefordert hatte. FX war so neugierig, was die nahe und ferne Zukunft bringen würde, dass er sich nur mit größter Mühe zurückhalten konnte um nicht doch nachzuschauen. Aber er blieb standhaft und konzentrierte sich fortan auf die vor ihnen liegende Mission.

Zwar hatte er die vier Elemente seinen Freunden nicht zugeteilt, vielmehr hatte sich die Zuordnung einfach so ergeben. Aber wie es der Zufall wollte, hatte sich jeder den für ihn passenden Zirkel ausgesucht. Ob bewusst oder unbewusst, vermochte er nicht zu sagen. Aber die Treffgenauigkeit war verblüffend. Ben als kleiner Wirbelwind, der nie auch nur eine Minute in Ruhe sitzen konnte, sondern umtriebig durch die Gegend zog. Michel, der bodenständige, er nie den Kontakt zur Erde verlor. Und natürlich Henne, in dessen Augen er mehr als nur ein Mal das Feuer hatte lodern sehen.

Und er selbst? FX? Für ihn blieb nur noch das Wasser übrig. Tief und unergründlich. Mal eiskalt, mal wunderbar warm. Tödlich für einige und doch der Quell des Lebens. Halt! Das waren gerade nicht seine Gedanken. FX erschrak. Eggsy der Lump! Nein, er war wirklich nicht in seinem Kopf gewesen. Aber unschuldig war er mit Sicherheit auch nicht. Diese abwegigen Assoziationen konnten nur von ihm kommen. Und doch gefielen sie FX, beschrieben sie sein vielschichtiges Leben doch erstaunlich genau. Das vierte Element war das seine: WASSER.

Etwas ratlos stand Ben nun da und wusste nicht was er nun machen sollte. Sein Zirkel mit dem glatten Boden sah durchaus verlockend aus. Er ließ sein Skateboard aus den Händen zu Boden gleiten. Als es auf den Steinen aufprallte, gab es nahezu kein Geräusch von sich und das Bisschen, was von dem Aufprall noch zu hören war, verschluckten die umliegenden Bäume sofort.

Luft. Ben hatte nicht die leiseste Ahnung, wie er hier für ein kleines Lüftchen sorgen sollte. Hier wehte überhaupt kein Wind. Alles war durch Bäume und dichtes Gestrüpp abgeschirmt. Hier konnte gar kein Wind wehen. Frustriert stieg er auf sein Board und rollte langsam im Kreis. Holte erneut Schwung und fuhr weiterhin im Kreis. Stieß sich ab und rollte die nächste Runde im Kreis.

Sein Kopf war leer. Er hatte keine Idee. Ihm war langweilig. Er fuhr im Kreis.

Er streckte seine Hand in Richtung des Kreismittelpunktes, um den er schon unzählige Runden gedreht hatte. Er stieß sich ab und drehte mit ausgestreckter Hand eine weitere Runde. Und dann spürte er ihn, den Luftzug. Er schloss die gespreizten Finger, damit er mehr Luft aufwirbeln konnte, stieß sich erneut ab, fuhr schneller im Kreis, wirbelte mehr Luft auf, gab ihr immer mehr Schwung.

Und plötzlich war er da, ein winzig kleiner Wirbelsturm, der sich in der Mitte der Steinplatte bildete und die wenigen Staubkörner aufsaugte und im Kreis herumwirbelte.

Ben war begeistert! LUFT! Er hatte sein Element zum Leben erweckt!

Insgeheim freute sich Henne total, dass er das Feuer bekommen hatte. Zwar hatte er nicht damit gerechnet, um so glücklicher war er aber, dass es der Zufall so wollte. Dass er immer ein Feuerzeug bei sich trug, und das obwohl er Nichtraucher war, machte es unglaublich einfach, seine Aufgabe zu lösen. Routiniert tastete er die vielen Taschen seiner mit Reißverschlüssen und Knöpfen verzierten Hose auf der Suche nach dem Feuerzeug ab. Fast wäre ihm das Herz in selbige gerutscht, schließlich fand er das Feuerzeug in der allerletzten Tasche. Kurz überlegte er, wann er es das letzte Mal benutzt hatte, als ihm einfiel, dass er damit kürzlich erst das Feuer im Kaminzimmer entfacht hatte.

Glücklicherweise meinte es der April gut mit ihnen, denn es hatte bereits seit Wochen nicht mehr geregnet, so dass das Holz in seinem Zirkel knochentrocken war. Offensichtlich hatte es auch schon einmal gebrannt und so leistete es auch keinerlei Widerstand, als er versuchte, es mit der kläglichen Flamme seines Feuerzeuges zu entzünden.

Erschrocken wich er zurück, so schnell loderten die Flammen empor. Es war, als hätte jemand das alte Holz zuvor in Brandbeschleuniger getaucht. Natürlich war das nicht der Fall, aber dennoch entzündete es sich dermaßen schnell, dass er sich fast seinen bunten Iro angesengt hätte. Aber er konnte noch rechtzeitig zurückweichen und betrachtete mit Stolz sein Werk! FEUER! Das zweite Element war zum Leben erwacht!

Missmutig starrte Michel auf seinen Acker. Eigentlich sah alles perfekt aus, so wie es war. Frische, lockere Erde. Was sollte er tun um hier noch mehr Leben einzuhauchen? Hätte an der Mauer ein Spaten gelehnt, wäre seine Mission klar gewesen. Und nur zu gerne hätte er sich bei dieser Gartenarbeit verausgabt. War es doch deutlich produktiver, als im Fitnessstudio Gewichte zu stemmen. Im Falle des Gartens würde man am Ende das Resultat deutlich sichtbar sein. Bis an seinem durchtrainierten Körper ein bisschen Erfolg ablesbar war, musste er sehr viel Schweiß investieren. Mittlerweile war er auf einem Niveau angekommen, ab dem es ihm viel Mühe kostete, wenn er Fortschritte sehen wollte.

Verträumt griff er nach einem Klumpen Erde und ließ ihn durch die Finger zerbröseln. Er folgte den einzelnen Krümeln mit den Augen, wie sie ihm durch die Finger rannen und zu Boden fielen um sich dort mit den anderen Klumpen wieder zu vereinen. Er ergriff den nächsten größeren Brocken. Und mit der anderen Hand noch einen. Er spürte die feuchte Erde zwischen seinen Fingen zerbröseln und fast lautlos zu Boden fallen. Er beobachtete, wie sich die Krümel zwischen seinen Fingern plattdrücken ließen und sich erst verzögert von seiner Haut lösten.

Erneut griff er nach einem Klumpen Erde und führte ihn zur Nase. Er roch frisch und feucht. Nicht moderig oder vergammelt. Er roch das Neue, Unbekannte darin. Seine Gedanken schweiften ab. Faszinierend, was das für ein Zeug war. Egal was man hinein steckte aus der Natur. Es würde sich mit Hilfe der Erde vervielfältigen und so neues Leben erschaffen. Wieder zerbröselte ein Klumpen zwischen seinen Fingern.

Und plötzlich kam Leben in seinen Acker. Die einzelnen Brocken Erde entwickelten ein gewisses Eigenleben, bewegten sich etwas. Natürlich wusste Michel, dass vermutlich unter der Erde ein kleiner Maulwurf sein Unwesen trieb, angelockt durch seine anfänglichen kleinen Erschütterungen, die er in den Boden übertragen hatte. So wusste Michel, dass er das dritte Element, ERDE, nun zum Leben erweckt hatte.

Klischeehafter hätte sein Zirkel nicht sein können, schoss es FX durch den Kopf. Ein Kreis aus Stein in einem Kreis aus Stein, war sein Brunnen in der Mitte des Zirkels angeordnet. Und natürlich war dieser Brunnen so hoch mit Wasser gefüllt, dass es fast schon unheimlich war, weil schon alles vorbereitet schien.

Kurz musste FX überlegen, was er mit dem Wasser jetzt anstellen sollte. Und er war versucht, seine Kräfte zu bemühen und verrückte Dinge damit anzustellen. Aber so verlockend das alles auch war, so sicher war er sich, dass es nicht zielführend wäre. Es ergab schlichtweg keinen Sinn, dass die Zirkel von Menschen mit besonderen Fähigkeiten aktiviert werden mussten. Denn wenn dem wirklich so wäre, hätten seine Freunde keine Chance gehabt, ihren Teil der Mission zu erfüllen. Und er wusste jetzt schon, dass sie nicht gescheitert waren. Zu viele positive Emotionen hatte er gerade aus allen drei Richtungen empfangen, so dass ihm klar war, dass er der Letzte war, der seinen Zirkel jetzt aktivieren musste.

Er steckte seine linke Hand ins Wasser, um festzustellen, dass es überraschend warm war. Lauwarm, um genau zu sein, hatte es exakt die Temperatur seiner Hand. Es fühlte sich komisch an, so gar keinen Temperaturunterschied zu spüren. Das Einzige, was er wahrnahm, war die Feuchtigkeit, wie sie sich an seine Handflächen schmiegte und an ihn haften blieb.

Plötzlich, einer inneren Eingebung folgend, machte er das, was er als kleines Kind schon immer mit Wasser gern getan hatte: Mit einer schnellen Bewegung schöpfte er eine Hand voll Wasser aus dem Brunnen und schleuderte es in die Luft, so dass es zu tausende kleine Tropfen zerbarst um dann als feiner Nieselregen auf dem Boden zu landen.

Doch der Nieselregen hörte nicht auf. Es kam mehr und mehr Wasser vom Himmel, viel mehr, als er jemals hochgeschleudert hatte. WASSER! FX hatte das vierte Element aktiviert!

Lesemodus deaktivieren (?)