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Der Knirps aus Kasachstan

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Vorwort:

Als ich in einem großen Forum unter dem Thema "Hobby" über meine Redaktionsarbeit und die Community schrieb, bekam ich einen netten Kommentar:

"Du bist ja genauso krank wie dieses schwule Pack!" Den weiteren Kommentar erspare ich Euch. Nun, es ist nicht zum Lachen, also kann man nur die Schultern zucken und sich denken: "Ich kann die Welt auch nicht verändern!"

Oder doch?

Manchmal kann man es doch, wenn auch nur im Kleinen … aber das ist doch besser als gar nichts. Deshalb habe ich mir diesmal keine Story ausgedacht, sondern ich möchte Euch von einem positiven Erlebnis berichten, das ich vor ein paar Tagen hatte.

 

Vor einiger Zeit bemerkte ich, dass mein Englisch doch sehr eingerostet ist und entschloss mich, online einen Englisch-Kurs zu besuchen, um mehr Englisch zu lernen und um bei Unterhaltungen mit anderen das Gelernte auch in die Tat umzusetzen.

Gesagt, getan, ich habe mich auf einer großen Online-Seite angemeldet, auf der Menschen aus aller Welt alle möglichen Sprachen lernen. Und bisher schon etliche Menschen kennengelernt, mit denen ich mich nun auf Englisch unterhalte … nicht immer ganz einfach, aber okay, diese Übungen sind ja Sinn und Zweck des Ganzen.

Zum Beispiel habe ich einen Rechtsanwalt aus Polen kennengelernt, der vor Kurzem seine Praxis aus Altersgründen aufgegeben hat und nun, um geistig nicht einzurosten und weil er nun endlich Zeit dafür hat, 4 (in Worten: vier!) Sprachen auf einmal lernt. Echt irre!

Aber es war ein Erlebnis, das ich neulich hatte, über das ich schreiben möchte.
Ein Junge piepste mich an und fragte, ob ich mit ihm eine Unterhaltung führen würde. Ich willigte ein und wir "sprachen" miteinander.

Er sei 14 Jahre alt, erzählte er, und fügte hinzu: "Aber in 3 Monaten werde ich 15!"

Donnerwetter, meinte ich, dann bist Du ja schon fast erwachsen.

Er fragte mich, ob ich schon Großmutter sei, was ich verneinte. Da reagierte er sehr erstaunt, denn, so meinte er, in seinem Land sei wohl fast jede Frau schon Großmutter in meinem Alter *gg* … der Kleine kommt aus Kasachstan, ich hoffe, ich habe es richtig geschrieben.

Er sei sehr stolz auf sein Land, schrieb er. Nach der Schule wolle er studieren und zur Entwicklung seines Landes beitragen.

Ich erklärte ihm dann, dass ich keine Enkelkinder hätte, weil mein Sohn "gay" ist.

Daraufhin ist ihm wohl fast die Tastatur aus den Händen gefallen, denn es dauerte eine Weile, bis er antwortete.

Wie ich denn das so einfach schreiben könne?

Das dürfte er in seinem Land nicht tun, da sei Homosexualität verboten!

Und dann wollte er einfach alles wissen. Wegen der Sprache war es nicht immer ganz einfach, aber wir konnten uns doch gut verständigen.

Ich erzählte ihm vom Zusammenleben meines Sohnes mit seinem Freund, von dem Erlebnis, mit Beiden in ein Geschäft zu gehen, in dem sie sich ihre Freundschaftsringe kauften, von meiner Frage an meinen Sohn, wie viele seiner Kollegen im Hotel schwul seien und seiner Antwort: "Frag lieber, wer hier NICHT schwul ist, die sind in der Minderheit"

Er fand das einfach unglaublich toll!

Der Kleine meinte dann, er interessiere sich für Mädels, er sei "normal". Daraufhin fragte ich ihn, warum er Homosexualität für "unnormal" hielte. Da musste er eine ganze Weile überlegen. Er hatte sich ja noch nie mit diesem Thema so ausführlich beschäftigt.

Und er meinte, es sei eine total fremde Welt für ihn, aber eine Welt, die ihn begeisterte … eine Welt, in der jeder leben kann, wie er will, völlig frei.

Nun ja, da musste ich ihm doch widersprechen, denn unsere Welt ist nicht so.

Doch er meinte, er wolle nicht nur dazu beitragen, dass sein Land wirtschaftlich besser da stünde, er wolle auch dazu beitragen, dass in seinem Land Menschen frei leben könnten, der Jugend gehöre die Zukunft! Er war richtig enthusiastisch!

Nun, vielleicht hat unser Gespräch ein klein wenig dazu beigetragen, die Welt zu verändern, zumindest im Kleinen. Man sollte halt miteinander reden!

Und dann fragte mich dieser Knirps, ob er mich in dieser Sprachschule als seine Freundin eintragen dürfe! Er fände mich so toll, hätte aber Verständnis, wenn ich nicht mehr so viel mit ihm reden wolle, er sei ja schließlich noch fast ein Kind.

Daraufhin habe ich IHN als meinen Freund eingetragen und nun gibt es uns beide nur noch im Doppelpack unter dem Namen " the young boy and the old lady"

Er hat sich so unglaublich drüber gefreut, dass er mir an dem Abend noch recht spät eine Mail schickte, in der er meinte, es mache nichts, dass ich noch keine Großmutter sei, ich könne ja nichts dafür … er wollte mir wohl was Nettes sagen und ihm fiel nichts anderes ein … ich hab glatt einen Lachflash bekommen … bin aber immer noch total gerührt. *ggg*

Morgen Nachmittag sind wir wieder verabredet. :-)

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