zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Uglo der Steinzeitjunge

Teil 13 - Der lange Schatten des Schamanen-Vermisst!

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Tom trat nochmal ganz dicht an Uglo heran. Mit leiser Stimme begann er auf ihn einzureden. Ihm versagte die Stimme, er musste schlucken, als er mehrfach etwas wiederholte. Er schaute Uglo dabei bittend in die Augen und ergriff mit beiden Händen die des Größeren. Impulsiv wollte Uglo seine Hände zurückziehen, aber irgendetwas in Toms Augen und seiner Stimme ließ ein warmes Gefühl in ihm aufsteigen. Er fühlte, dass er Tom gern folgen würde, dass er mit ihm zusammen sein wollte… Aber wohin, in eine fremde, in Toms Welt?

Uglo rang mit sich. Tom zog wieder leicht an Uglos Händen, doch schnell löste der den Griff und trat einen Schritt zurück. Mit gesenktem Blick schüttelte er entschieden den Kopf. Nein er konnte sich nicht entschließen, dem blonden Jungen zu folgen. Zu verwirrt war er von dem, was er in den letzten Stunden erlebt und vor allem gefühlt hatte. Ja, er gestand es sich ein. Er mochte den kleinen Blonden, sehr sogar. Er war ihm doch schon so nah gekommen, auch hatte er gefühlt, da war etwas, das ihn zu Tom hinzog… Aber… er war doch ein Mann! Seine Aufgabe war es bis gestern noch gewesen, ein Krieger zu werden, die Sippe zu schützen und zu mehren… „Irana“, schoss es ihm in die Gedanken. Ihn fröstelte… er war hin- und hergerissen. Er hob den Blick und schaute Tom gerade in die Augen, unsicher schüttelt er nochmal den Kopf.

Traurig senkte Tom seinen Blick, überlegte einen Moment und trat dann wieder ganz nah an Uglo heran. Er legte ihm beide Hände in den Nacken, zog den Kopf des starken Jungen zu sich herunter. Überrascht und überwältigt ließ Uglo es geschehen, er spürte den aufgeregten Atem des Kleinen. Toms Augen suchten den Blick von Uglo. Der erstarrte, er fühlte sein Herz bis in den Hals hinauf schlagen. Funkelten da im Schein des niederbrennenden Feuers ein paar kleine glänzende Tropfen in den Augen des Kleinen? Hatte Tom Tränen in den Augen? Der zögerte kurz, als ob er überlegen würde, dann holte er tief Luft, mit einem entschlossenen Ruck zog er Uglos Kopf ganz zu sich heran und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Stirn. Ebenso rasch löste er seine Hände von Uglos Nacken, wischte sich über die Augen, zögerte wieder einen kleinen Moment, wendete sich ab und ging mit schnellem Schritt in die Dunkelheit. Im Gehen tippte er auf sein Armband und sprach dann leise hinein. Als er in das dichte Buschwerk eintauchte, flammte der Lichtstrahl seines rätselhaften Zauberstabes vor ihm auf.

Hilflos und betroffen von der Reaktion des Kleinen stand Uglo regungslos da, ein paar Augenblicke noch hörte er Toms Schritte und sah dem im Gebüsch tanzenden Lichtschein nach, dann war es wieder absolut still und dunkel.

Noch eine ganze Weile starrte er mit hängenden Schultern fassungslos auf die Stelle, an der die Zweige hinter Tom zusammengeschlagen waren. Er fühlte sich schlecht, irgendwie schuldig…

Das Feuer war inzwischen fast ganz erloschen, lediglich ein paar rötlich zuckende Glutreste glommen vor sich hin.

Verwirrt, durcheinander und aufgewühlt wendete er sich wieder dem Fluss zu. Gegenüber vom Wasserfall ließ er sich auf einem großen Stein am Ufer nieder und schaute versonnen in die Fluten. Immer noch klopfte sein Herz mächtig, nur langsam beruhigte es sich. In Gedanken nickte er, mit dem Fluss hatte alles begonnen, als er Tom, um sein Leben kämpfend, im Fluss entdeckt hatte. „Tom, Tom, Tom!“, seine Gedanken kreisten um diesen Namen herum. Sein Herz begann wieder stärker zu klopfen.

Was war nur los mit ihm? Hatte der Fluch des Schamanen ihn nicht nur dermaßen verzaubert, ihm diesen zauberhaften Jungen gesendet, den er nicht mehr aus den Gedanken und dem Herzen bekam, sondern auch in diese andere, unbekannte Welt geschickt? Hatte das tosende Unwetter gestern damit zu tun? Oder beides, war das Gewitter die Rache des Schamanen gewesen?

Der Sternenhimmel war immer klarer geworden, inzwischen war auch der Mond schon so weit gewandert, dass er direkt durch das ringförmige Felsenloch schien. Die Mondscheibe war so hell, dass die wirbelnden Perlen des Wasserfalls kurz silbrig aufblitzen. So wie gestern Abend, als er den Schamanen in die tiefe Grube gestoßen hatte und der ihm seinen Fluch entgegen schleuderte. Seltsam dachte Uglo bei sich, genau die gleiche Stunde, dann kam das Gewitter… Genau in diesem Moment krachte wie aus heiterem Himmel ein einzelner hell aufzuckender Blitz in die Bäume am gegenüberliegenden Ufer… danach Totenstille. Uglo war zusammengezuckt.

Der Schamanenfluch, der Gewittersturm - Uglo begann intensiv zu zittern, sein Körper fing an zu kribbeln, die Hände und Beine zuckten, er konnte das Summen, das in seinen Ohren begann, im ganzen Körper spüren… Er glaubte die hässliche Stimme des Schamanen zu hören.

Komm zurück, Uglo mit dem großen Zauberstab! Du hast einen Tag und eine Nacht, wenn du den größten Schatz nicht findest und für dich gewinnen kannst, musst du zu mir zurück, ha ha ha…“ Laut krächzend verhallte das Lachen. Die Stimme verhöhnte ihn. Sie befahl ihm kreischend aufzustehen und in die Strömung zu gehen.

Komm zurück Uglo, komm zu mir, komm…!“

Und wieder griff die magische Kraft der kleinen bläulichen Feuer nach ihm, die zunächst um die alte Eiche gelaufen waren, sie zerfetzt hatten und dann über den Fluss nach ihm griffen. Sie zogen ihn unweigerlich an das Ufer, ins Wasser… Widerstandslos, wie vom Federgeist geführt, lenkte er seine Schritte zum Wasser und watete hinein… Das kalte Wasser schwappte ihm schon über den Bauchnabel, erreichte seine Brust und die Kehle… er erwachte aus seiner Starre.

Nein!

Er würde nicht so einfach aufgeben, er hatte die Zuneigung des blonden Jungen gespürt und fühlte auch in sich selbst, dass… Ja was? Welchen Schatz sollte er finden? Mit kraftvollen Bewegungen strebte er ans Ufer zurück. Was war das eben, wollte er wirklich zurück? Er hockte sich wieder auf den Stein am Ufer. Nur langsam konnte er sich wieder beruhigen.

Der Wind hatte sich gelegt und wider Erwarten wurde es jetzt in der beginnenden Nacht doch etwas kälter. Ein fröstelnder Schauer überzog seine Arme und den Rücken. Die Härchen an seinem Körper stellten sich auf, vom Fluss zog die Kälte herüber ans Ufer. Aber Uglo wusste immer noch nicht, wie es weiter gehen sollte. Zwar hatte er etwas gegessen, aber bald würde der Hunger wiederkommen. Er hatte weder einen Speer, war nackt und hatte auch keine Bleibe für die Nacht… Er war allein, was würde der nächste Morgen bringen? Er lauschte, versuchte das Rauschen des Flusses und des Wasserfalls auszublenden und die Geräusche der Nacht zu erkennen. Aufmerksam horchte er in die Richtung, in der er die Höhlen wusste. Am Tag waren dort viele Menschen unterwegs gewesen, er hatte sie gesehen. Er merkte, dass die vielen Geräusche des Tages, die von dort gekommen waren, verstummt waren. Nur vereinzelt schallten noch ein paar Wortfetzen oder ein Lachen zu ihm an den Fluss herüber. Vielleicht konnte er ja in der Höhle seiner Familie übernachten? Sie würde ihm Schutz bieten vor der Kälte und auch vor streunenden Tieren. Ob Toms Zelt noch dort am Rand der Lichtung stand?

Uglo fasste einen Entschluss, er schaute zum langsam aufreißenden Himmel, die Wolken hatten sich weit verteilt. Erschrocken erkannte Uglo daran und auch am Stand der Sterne, dass wohl schon viel Zeit verstrichen war, seit Tom gegangen war. Hatte er wirklich so lange gegrübelt? Und ja er hatte auch an Tom gedacht. Bestimmt war der längst in seinem Zelt und schlief - oder ob er auch an ihn, an Uglo, dachte?

Uglo schüttelte seinen Kopf… Rasch erhob er sich, löschte die letzten Glutreste seines Feuers.

Gewohnheitsgemäß begann er die Spuren seines kleinen Lagers zu verwischen. Mit kleinen Zweigen aus den Büschen fegte er die nur noch handwarme Asche in die Strömung, die sie gemeinsam mit den kleinen Holzresten, die er mit dem Fuß ins Wasser gestoßen hatte, davontrug. Sorgsam bedeckte er die verkohlte Stelle am Boden mit Ufersand, den er mit den Fingern gleichmäßig verteilte. Zufrieden schaute er nochmal auf den Lagerplatz, im fahlen Mondlicht waren keine verdächtigen Spuren mehr zu sehen.

Er drehte sich um und blieb im gleichen Moment wie vom Donner gerührt erstarrt stehen. Ein starker Lichtstrahl blendete seine Augen, er wurde von hinten an den Armen gepackt und ein starker Arm legte sich um seine Kehle. Starke Hände zwangen ihn auf die Knie. Kurz versuchte er sich zu wehren, aber vergeblich, erbarmungslos hielten ihn die Hände gepackt.

Der Lichtstrahl wanderte über seinen Körper, verharrte kurz auf seiner Körpermitte, um dann wieder in sein Gesicht zu stechen. Jetzt vernahm er eine bedrohliche Stimme, die ihn leise anzischte. Er verstand nicht, was man von ihm wollte. Kurz drückte der Arm um seinen Hals zu. Uglo begann zu krächzen, er musste schlucken. Gleich darauf wieder die Stimme vor ihm aus dem Dunkel hinter dem Lichtstrahl. Uglo verstand die Sprache nicht, er hörte aber jetzt, dass man ihm eine Frage stellte und ganz deutlich hörte er das Wort „Tom“ heraus, und noch einmal „Tom“. Diesmal ganz nah vor seinem Gesicht wieder die Frage, eine deutliche Drohung schwang in der Stimme mit. Trotz der Drohung erkannte er die Stimme wieder. Es war die Stimme des Mannes, mit dem Tom am Nachmittag mitgegangen war und der auf dem Ding, was Tom ihm gezeigt, ihm zugewunken und mit ihm gesprochen hatte. Toms Vater!

Die Frage galt Tom! Er verstand, er wollte von ihm wissen, wo Tom ist. Auf einmal griff ihm jemand von hinten in die Haare und riss seinen Kopf hoch, ganz dicht vor ihm schaute Toms Vater ihm in die Augen. Ganz langsam und deutlich fragte er wieder, „wo ist Tom?“ Uglo traten vor Scham und Traurigkeit Tränen in die Augen, verzweifelt schüttelte er den Kopf. Mühsam presste er heraus, „Uglo weiß nicht, wo Tom ist, er ist gegangen, ich weiß es nicht.“ Wieder schüttelte er den Kopf.

Toms Vater schien ihn zu verstehen, er zögerte, dann hob er die Hand, der Arm um Uglos Hals lockerte sich, auch die Hände, die ihn auf den Knien hielten, gaben ihn frei. Erleichtert bleib Uglo auf den Knien hocken. Er rieb sich den schmerzenden Hals. Toms Vater setzte sich neben ihn und starrte auf den Fluss. Erst jetzt konnte Uglo erkennen, wer ihn so stark gepackt hatte. Der große dünne Mann und der Dicke, die er schon am Nachmittag gesehen hatte, waren mit an den Fluss gekommen. Sie standen ratlos daneben und sprachen Toms Vater an, der zuckte nur wortlos mit den Schultern. Vorsichtig strich Uglo dem großen starken Mann über den Arm. Der schaute Uglo traurig an und sagte wieder irgendetwas, wieder verstand er nur das Wort „Tom“. Er tippte dem Mann auf den Arm, zuckte mit den Schultern und fragte „Was ist mit Tom?“ Wieder nickte Toms Vater, er verstand aber nicht, was Uglo ihn gefragt hatte. Ratlos und traurig schaute er sich um.

Uglo glaubte zu begreifen, was ihn so traurig machte, Tom war verschwunden! Er erinnerte sich, dass Tom, als er von ihm abgewendet hatte, nochmal kurz auf sein Armband getippt hatte, hineingesprochen hatte und dann in Richtung der Höhlen losgegangen war.

Er zupfte den Großen an seiner Kleidung und zeigte ihm, indem er auf sein Handgelenk tippte, dann mit dem Mund darüber gebeugt so tat, als ob er sprechen würde. Fragend sah er dabei Toms Vater an. „Tom?“, fragte er.

Der nickte wieder und hob ratlos die Schultern. „Er ist aber nicht angekommen.“ Uglo begriff, ohne das Gesagte wirklich zu verstehen.

Uglo wies mit der Hand in die Richtung, in die Tom gegangen war „Tom.“ Jetzt sprudelte es nur so aus ihm heraus. Mit leuchtenden Augen berichtet er dem Vater alles, was er mit Tom erlebt hatte. Vom Moment an, als er Tom im Fluss entdeckt hatte, ihn gerettet und dann den ohnmächtigen Tom betrachtet hatte. Dass er ihn gestreichelt und gemustert hatte, nein, das nicht. Aber auch, dass Tom ihn gefunden hatte und ihm zu Essen gebracht hatte. Dass Tom ihn geküsst hatte, verschwieg er aber auch. Der dicke Mann sprach mit Toms Vater und deutet dann ungeduldig auf Uglo. Der Lange schaute Uglo ungläubig an und redete ebenfalls auf Toms Vater ein. Der sah nachdenklich zu dem Nackten, überlegte kurze Zeit und tippte Uglo dann an. Er machte Gesten und Bewegungen, als ob er etwas suchen würde, zeigt auf die Büsche und schaute Uglo dann auffordernd an. Der verstand sofort, was gemeint war und nickte zustimmend. Rasch erhob er sich und forderte mit einer Handbewegung die beiden Männer hinter sich auf, dort zu bleiben. Entschlossen fasste er jetzt Toms Vater an einer Hand und bedeutet ihm, mit dem Lichtstrahl den Boden vor ihnen auszuleuchten.

Langsam, Schritt für Schritt drangen sie auf dem fast unsichtbaren Pfad, auf dem die Männer, aber auch Tom, gekommen und gegangen waren, vorwärts. Aufmerksam schaute Uglo sich die Spuren und Abdrücke auf dem Weg an, sie waren im hellen Schein des Leuchtstabes deutlich sichtbar. Es führten drei größere kantig eingedrückte Fährten zum Fluss. Es mussten die Abdrücke sein, die die drei Männer mit ihren harten Fußkleidern vorhin hinterlassen hatten. Abdrücke von Tom fanden sich zunächst nicht, er war viel leichter als die Männer und vor allem, er war barfuß unterwegs gewesen. Die abgeknickten Zweige in der Schulterhöhe der Männer, die ihm alle drei langsam folgten, zeigten ihm deutlich, dass schon einige Zeit vergangen war, seit sie ihn am Ufer festgehalten hatten. Scheinbar hatten sie ihn vorher schon beobachtet. Sie erreichten die kleine Lichtung, auf der Uglo am Nachmittag aus seinem Versteck heraus die beiden Jungen beim Pinkeln und ihren gegenseitigen Spielereien beobachtet hatte. Überrascht blieb er stehen. Auf dem Boden waren jetzt weitere Spuren mit harten Kanten zu erkennen. Sie kamen aus einer seitlichen Buschgruppe, zwei große Fährten führten auf die Lichtung. Hier waren sehr viele dieser beiden Abdrücke zu sehen, als ob sie sich mehrfach im Kreis gedreht hätten und dann wieder in der Buschgruppe seitlich des Pfades verschwunden waren. Sie unterschieden sich eindeutig von denen der Männer hinter Uglo. Uglo ging auf die Knie und betrachte die Spurenansammlung genauer. Jetzt aus der Nähe erkannte er, dass an dieser Stelle eine leichte Spur lag, die eindeutig von kleineren nackten Füßen stammte. Diese schien ihm wie verwischt, als ob der oder diejenigen hinweggezogen worden wäre. Diese unscheinbare Schleifspur führte auch zu der Buschgruppe, in der die fremden Spuren verschwanden.

Uglo winkte Toms Vater heran und zeigte auf die Spuren. Er umfuhr die Spuren mit einer Hand und machte dann Gesten und Bewegungen, als ob er mit einem unsichtbaren Gegner kämpfen würde und schließlich weggeschleppt worden wäre. Er deutete dabei eindeutig auf die Buschgruppe an der Seite der Lichtung. Toms Vater schaute ihn ungläubig an. „Du meinst, Tom ist überfallen worden.“ Uglo verstand außer dem Namen kein Wort, wiederholte aber die Kampfbewegungen, sagte „Tom“ und tat so, als wenn er gefesselt worden wäre. Er hielt zwei Finger hoch. Ungläubig schaute Toms Vater. „Zwei Leute?“ Fragend hielt er Uglo zwei gespreizte Finger entgegen. Der nickte. Er bedeutete ihm das Licht auf die Buschgruppe zu richten und stehen zu bleiben.

Gleich am Rand des Gebüschs fand er ein paar weitere, seltsame, ihm unbekannte Dinge. Er hob vorsichtig zwei kleine weiße Stöckchen auf, sie sahen jeweils an einem Ende aus, als ob sie verbrannt seien. Er roch daran, sie stanken wie ein schlechtes Feuer nach dem Regen, er zuckte mit den Schultern. Als er noch genauer hinsah, entdeckte er wenige Schritte weiter zwei größere Steine, sie waren wie Kürbisse geformt, durchsichtig und hatten an einem Ende ein kleines Loch. Seltsam, so etwas hatte er noch nie gesehen. Bunte Zeichen waren auf den Rundungen der Kürbisse. Sie blitzten und glänzten im Schein des Lichtstabes. Waren das Zauberdinge? Uglo zeigte auf die neuen Spuren am Boden hin, fragend sah er Toms Vater an. Der beugte sich darüber, hob eine der Bierflaschen auf, roch daran und schüttelte sich angeekelt. Sein Gesicht wurde immer sorgenvoller.

Aufmerksam sah Uglo sich weiter um, plötzlich schluchzte er laut auf. Er rief Toms Vater heran und deutete auf etwas dunkles, das dort zwischen den Zweigen hing. Er hatte sofort erkannt, was es war- ein dunkelblauer Rucksack, offen und achtlos weggeworfen. Diesen Sack hatte Tom bei sich als er losgegangen war. Mit zitternden Händen, schwer atmend hielt er den Fund Toms Vater entgegen, der wurde blass. Sie blickten sich entgeistert in die Augen, gleichzeitig, wie aus einem Mund entfuhr beiden das Wort „Tom“.

Der große starke Mann begann schwer zu atmen, hastig durchsuchte er den Rucksack-er war leer. Sein Körper bebte und zitterte, hektisch schaute er sich um, leuchtete mit seinem Lichtstrahl mal hierhin, dann dorthin, als ob er etwas suchen würde.

Überhastet und ziellos wollte er gerade in das Dickicht stürzen, als Uglo ihm fest die Hand auf den Arm legte und ihn kopfschüttelnd ansah. Den fragenden Blick von Toms Vater beantwortete er mit einer Geste, die klarmachte, dass er erst noch weiter nach Spuren suchen wollte. Nach kurzem Überlegen zog Toms Vater einen flachen Gegenstand aus seinem Beinkleid. Uglo erkannte, dass es ein ähnliches Ding war, auf dem Tom ihm am Fluss die Bilder gezeigt hatte und in das er hineingesprochen hatte. Kurz wischte er darüber und hielt es an ein Ohr. Er lauschte hinein. Deutlich hörte Uglo, dass nur ein wiederholtes leises Tuten aus dem Ding kam. Mit angstvollem Gesicht strich der Vater wieder darüber und steckte es wieder weg. Fragend schaute Uglo ihn an „Tom?“, er schüttelte nur den Kopf.

Nach kurzem Überlegen blickte Toms Vater ihm wieder in die Augen und wollte Uglo den leuchtenden Stab in die Hand drücken, der erschrak. Er schüttelte entsetzt den Kopf und ging vor Angst auf die Knie. Nein, diesen Zauberstab zu berühren, das traute er sich nicht. Vehement schob er die Hand des Großen zurück. Toms Vater stutzte, verstand aber sofort. Ganz langsam hob er die Hand, Uglo zuckte zurück und schlug die Augen nieder. Nein, schlagen wollte ihn der Mann nicht. Zum ersten Mal berührte er den Körper des vor ihm knieenden Jungen ganz sachte. Vorsichtig strich er ihm über die Schulter, dann durch die Haare. Sachte zog er Uglos Kopf nach oben, so, dass der ihm in die Augen schauen musste. Er hielt ihm mit der anderen Hand den Leuchtstab hin, mit bittenden Augen flüsterte er etwas, Uglo verstand wieder nur „Tom“. Uglo starrte auf den Stab, mit zitternden Händen griff er danach. Toms Vater begann zu lächeln. Wieder fuhr er dem wilden Burschen durch die Haare, er wiederholte „für Tom“ und nickte. Entschlossen griff Uglo jetzt nach dem leuchtenden Stab, er stand auf und richtete den Lichtstrahl auf den Busch, auf seine Füße, auf Toms Vater und dann in den Himmel. Er lachte laut auf, „uff, uff“. Sofort aber wurde er wieder ernst, nickte den Männern zu und zeigte ihnen, sie sollten hier auf ihn warten. Rasch verschwand er zwischen den Zweigen, nur der Lichtstrahl seines neuen Spielzeugs verriet den Männern, wo er gerade war. Nur kurze Zeit hörten die Männer einen unterdrückten Aufschrei aus dem Dickicht, gleich darauf tanzte der Lichtstrahl wieder zu den Wartenden zurück. Mit Tränen in den Augen zerteilte Uglo die Zweige vor sich.

In der Hand hielt er das zerrissene weiße T-Shirt von Tom…

Lesemodus deaktivieren (?)