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Riding the Devil

Teil 3

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort:

Okay, hier ist der dritte Teil von Riding the Devil. Jetzt geht es schon ziemlich zur Sache und das "Viel Spaß!" bleibt mir ehrlich gesagt im Hals stecken. Trotzdem finde ich natürlich, dass es sich lohnt, auch diesen Teil zu lesen, besonders, weil ich einige Punkte anders geplant hatte, aber Chris und Daniel haben sich gelegentlich selbständig gemacht...

Chris

An dem Abend saß ich noch lange am Fenster und der Aschenbecher wurde immer voller. Karl hatte mal gemeint, dass ich früher sterbe, wenn ich rauche, ich hab ihn nur angeguckt und gemeint, dass ich nicht vorhabe, so lange zu leben, dass das 'n Problem werden könnte. Aber jetzt war das Problem da.

Und es hieß Daniel. Oh, scheiße, wo hatte ich mich da bloß reingeritten?

Er verstand mich viel besser, als ich gedacht hatte, aber das Schlimmste kommt noch ... mein Therapeut hatte mir ganz am Anfang erklärt, dass Leute wie ich nur vier Möglichkeiten haben: Opfer bleiben, Täter werden, einen

auf Helfer machen oder jagen.

Du kannst es dir schon denken, die ersten drei Möglichkeiten sind nicht

meine. Einen tollwütigen Hund kannst du nur erschießen und diese Leute sind schlimmer.

Als es der erste von diesen Typen geschafft hatte, seinen Hinterkopf an die Wand zu schmieren, waren auf einmal 'n paar Liter Benzin auf dem Fußboden und unglücklicherweise ist mir ein brennendes Streichholz runtergefallen, komisch, passiert mir sonst nie.

Ich hab keine Spuren hinterlassen und als die Bullen die Überreste seiner DVD-Sammlung entdeckten, haben sie sich nicht gerade ein Bein ausgerissen.

Hätte ja sein können, dass das Schwein in den Spiegel geguckt und spontan beschlossen hatte, dass die Welt ohne ihn schöner wäre. War sie ja auch. Als ich nach Hause gekommen bin, wartete schon mein Therapeut auf mich und meinte, er müsste mir helfen. So ein Schwachsinn, ich hatte mich seit vielen Jahren nicht mehr so gut gefühlt. Ich hab ihm dann meinen Grabstein gezeigt, also, das was mal auf meinem Grabstein stehen soll:

"Chris. Defender of every child but himself.

Manager of everyone's pain but his own.

A warrior who finally fell.

Down in the Zero, still searching."

Da hab ich ihn zum ersten Mal weinen gesehen. Er hat nie wirklich verstanden, wer ich bin... und jetzt sollte Daniel das kapieren.

Jemand hat mal gesagt "Du musst mit den Karten spielen, die du in der Hand hast", okay, dann wollen wir mal...

Daniel

Hier war alles 'n bisschen einfacher, also gab's nur 'ne normale Dusche ohne Spielereien, dafür war ich auch schnell genug, um den Butler noch in der Küche zu erwischen

"Guten Morgen!"

"Guten Morgen, Daniel. Was kann ich für dich tun?"

Interessante Frage für jemanden, der in der rechten Hand eine Pfanne und in der linken zwei Eier hält

"Ich habe die Eier und den Speck beim letzten Mal wirklich genossen, aber wissen sie... ich... ich bin noch im Wachstum und..."

Er nickte

"Verstehe ich dich richtig, du möchtest eine etwas größere Portion?"

"Wenn sie das 'etwas' streichen, verstehen sie mich richtig. Abgesehen davon, also, ich wollte sagen... wenn ich etwas helfen kann, dann sagen sie es bitte! Ich komme mir komisch vor, wenn ich so bedient werde."

Stimmt zwar nicht, zu Hause macht Dad das ja auch, aber Josef war nicht Dad.

Er lächelte - zum ersten Mal.

"Ich glaube, du hilfst schon viel mehr, als du weißt. Übrigens hat Chris mich gebeten, dich um 9:30 Uhr in die Sporthalle zu bringen, du hast also noch Zeit für ein ruhiges Frühstück."

"Sporthalle? Ich hab aber kein Sportzeug mit und eigentlich tun mir die Knochen noch von gestern weh."

"Lass dich überraschen."

Was blieb mir anderes übrig. Die Portionen waren heute wirklich größer, nicht wirklich genug, aber woher sollte Josef wissen, was ich sonst so esse. War aber trotzdem komisch, ich mein, die hatten doch echt Kohle ohne Ende, aber für so'n paar blöde Frühstückseier reicht's nicht mehr?

Ich war mit der Zeitung gerade halb durch, als Josef kam

"Können wir?"

Klar konnten wir. Auf dem Weg gab's noch ein paar Erklärungen

"Chris hat heute Morgen Besuch von seinem Kenjutsu-Lehrer, er heißt Dahille. Ich nehme an, er wird dir gleich eine Übung zeigen. Es ist sehr wichtig, dass du absolut ruhig bist und seine Konzentration nicht störst!"

Von mir aus. Wir gingen in einen der Schuppen und dann stand ich auf ein Mal in einem Dojo. Chris und ein anderer Typ, musste wohl Dahille sein, saßen auf dem Fußboden und rührten sich nicht.

Bestimmt konnte ich gleich zugucken, wie Kendo wirklich funktioniert ... hm, stören sollte ich nicht, also, dieser Dahille sah ungefähr so nervös aus wie 'n Yoga-Meister nach 'nem Eimer Valium und Chris war auch nicht besser.

Und so langsam wurde ich auch ruhig, muss wohl an diesem Dojo liegen und als ob sie es gemerkt hätten, standen die beiden auf, verbeugten sich und dann brüllten sie los.

Dauerte nur ein paar Sekunden und ging so schnell, dass ich nicht wirklich was erkennen konnte, aber als es vorbei war, hab ich mitgekriegt, was da gerade gelaufen war und wenn Josef mir nicht die Hand auf die Schulter gelegt hätte, wäre ich wohl zu Chris hingelaufen. Die waren doch wohl völlig bescheuert! Nicht mehr ganz dicht! Lebensmüde! Die hatten keine Bambusstöcke in der Hand - das waren Schwerter.

Richtige Schwerter! So wie im Film! Ja, sonst noch was! Da ist ja russisches Roulett 'n Kinderspiel gegen. Die Beiden steckten die Dinger weg und verbeugten sich. Dann setzte Chris sich wieder hin und Dahille kam auf mich zu und nahm mich mit nach draußen

"Leben ... Sterben ... das ist nicht wichtig. Was du tust ist wichtig. Das Schwert ist die Seele eines Kriegers und wenn du mit dir selbst im Reinen bist, kannst du keinen Fehler machen."

"Ja, aber ..."

Tja, was aber? Irgendwo musste da ein Fehler sein, ich mein, es ist doch nicht normal, dass zwei Leute mit scharfen Schwertern aufeinander losgehen. Andererseits gibt's Leute, die mich für wahnsinnig halten, wenn ich aus dem dritten Stock falle oder vor ein Auto laufe, nur hab ich das 'n paar hundert Mal geübt und... Chris bestimmt auch. Irgendwie war das auch nur 'n Stunt, nur hatte es mehr zu bedeuten, für Chris jedenfalls. Dahille schien irgendwie zu merken, was ich dachte. Er beugte den Kopf ganz leicht

"Ein Kind wird von Erwachsenen kontrolliert. Ein Mann wird von denen kontrolliert, denen er es erlaubt. Ein Krieger kontrolliert sich selbst. Dein Freund wird gejagt... von dem, was gewesen ist. Manchmal braucht er den Beweis, dass er nun die Kontrolle hat."

Ich nickte. Das war so was Ähnliches wie das Holz hacken gewesen, nur besser... viel besser. Ich verstand jetzt, dass Dahille Chris geholfen hatte und ich wollte Danke sagen, deshalb hab ich mich verbeugt

"Sie sind ein weiser Mann."

Sein Lächeln war freundlich... so was spürt man, wenn man jemandem gegenübersteht, der einen im Handumdrehen zu Filet verarbeiten kann

"Auf dem Weg des Schwertes ist Weisheit zu finden, aber ich habe gerade erst begonnen, ihn zu gehen. Du hast auch einen interessanten Weg begonnen, ich wünsche dir viel Erfolg. Ich bin sicher, dein Freund wartet schon auf dich, geh zu ihm."

Irgendwie wusste ich, dass das für ihn 'ne ziemlich lange Rede gewesen war. Wir verbeugten uns und dann ging ich ins Dojo. Josef hatte sich mal wieder unauffällig in Luft aufgelöst, aber Chris saß noch auf dem Boden. Ich hab meine Schuhe ausgezogen, bin zu ihm gegangen und hab mich hingesetzt.

Ich wusste genau, was er wissen wollte

"Dahille hat's mir erklärt. Du kannst die Vergangenheit nicht totschlagen, aber du kannst dafür kämpfen, dass sie dich nicht kontrolliert."

Chris lächelte, ziemlich erleichtert, wie's aussah

"Du hast es kapiert."

Nur war ich jetzt doch neugierig geworden

"Darf ich es mal sehen?"

Ja, schon klar, das Schwert ist die Seele eines Kriegers und so. Also, wenn's so was wie 'ne Seele gibt, dann sicher nicht in 'nem Stück Metall, aber wenn das Ding für Chris wichtig war, dann war's auch für mich wichtig. Punkt. Er zog es aus der Hülle und gab es mir

"Fass die Klinge nicht an, sie ist extrem scharf, aber auch extrem empfindlich..."

So wie Chris... vielleicht war an dem Ding mit der Seele ja doch was dran

"... und die Pflege ist ziemlich aufwendig."

Na, das könnte auch für Chris passen. Das Schwert war leichter, als ich gedacht hatte und es lag gut in der Hand. Ich stand auf, um es mal ein bisschen auszuprobieren. Chris sagte nichts, sondern ging nur ein paar Schritte zur Seite. Gute Idee, denn ich führte mich auf wie Bruce Lee für Arme, irgendwie funktionierte das nicht richtig

"Nicht schlagen, sondern schneiden. Das ist keine Axt, sondern ein langes Messer."

Er zeigte es mir und als ich es ein bisschen geübt hatte, fühlte es sich schon viel besser an

"Das Schwert fühlt sich sehr gut an."

Chris nickte, auch ein bisschen stolz

"Es ist von der Kanenobu-Familie geschmiedet worden, um 1860. Keine berühmte Klinge, aber ein sehr gutes Schwert."

"Wenn das Schwert die Seele eines Kriegers ist, dann passt es zu dir."

Ist gar nicht so leicht, ein Kompliment zu machen, aber ich glaub, es hat funktioniert. Chris hatte es geschafft, mich dauernd zu überraschen, aber er war immer noch der Junge, den ich sehr, sehr mochte... und dieser komische Anzug steht ihm wirklich gut, aber ich glaub, Chris sieht in allen

Klamotten gut aus. Ich grinste.

"Was meinst du, kannst du deine Seele wegpacken und wir gehen ein ruhiges Eckchen suchen?"

"Willst du eine rauchen?"

"Danach schon."

Chris lachte.

"Du kannst ganz schön direkt sein."

Na ja, vielleicht war ich das, aber... ich mein, ich hatte ja irgendwie kapiert, wie Chris versucht hat, mit der ganzen Scheiße klarzukommen, aber ich hatte auch was gelernt... von Dad, damals als meine Mutter weggegangen ist. Er hat gesagt 'Sie liebt uns nicht mehr und ohne Liebe ist es sinnlos.'

Kann ja sein, dass diese ganze Schwerter-Geschichte Chris geholfen hat, aber da gibt's noch was mehr und das wollte ich ihm zeigen. Ich hab ihn einfach geküsst

"Also, hast du eine Idee?"

Er nickte.

"Ich geh mich schnell umziehen und sag Josef, er soll uns was zum mitnehmen machen. Ich hab dir doch versprochen, dass wir viel Zeit haben werden. Lauf nicht weg!"

Fast hätte ich gelacht. Wo sollte ich schon hinlaufen? Aber dann hab ich gesehen, dass er das ernst meinte und dass er so'n Blick hatte wie 'n Kind vor Weihnachten und da wusste ich, dass ich was richtig gemacht hatte. Chris hätte fast noch Walsh umgelaufen und der kam dann zu mir

"Warst du das?"

Ich hatte keinen blassen Schimmer, was er meinte

"Ohne meinen Anwalt sage ich nichts."

"Na, dann werde ich deinem Anwalt mal schreiben, dass ich Chris noch nie so lebendig gesehen habe."

"Och, in dem Fall war ich's bestimmt."

Walsh schlug mir auf die Schulter, tat überhaupt nicht weh, und ging weiter.

Chris

Ich hatte wirklich Angst. Aber ich bin ziemlich gut darin, das nicht zu zeigen. Josef hatte uns etwas zu essen eingepackt und ich nahm Daniel mit, zu unserem kleinen See. Das hört sich jetzt großartig an, ist aber nur ein besserer Tümpel, gerade groß genug, um die Mücken anzuziehen. Hier gehe ich immer hin, wenn ich es im Haus nicht mehr aushalte, die Anderen wissen das und kommen nicht hier hin.

Na ja, hier passierte es, ich meine, was willst du hören? Dass sich unsere Körper in Ekstase wanden und Daniels glutheißes Sperma quer über den See spritzte und eine Ente ins Auge traf?

Quatsch! Als Daniel anfing, sich auszuziehen, hab ich eine kleine Übung gemacht, die ich ganz am Anfang von Dahille gelernt habe, ist gut gegen Panik und die hatte ich. Es war mein erstes Mal, ich meine, seit den Filmen. Daniel hatte es gesehen... Daniel hatte ein paar Szenen gesehen, aber er konnte es nicht wissen. Woher auch, meinen Super-Gau-Albtraum habe ich noch nie jemandem erzählt.

Aber ich träume immer noch davon. Es war bei diesem letzten Film. Da, wo sie mich umbringen wollten. Der Mann stand nackt vor mir und erzählte, was sie alles mit mir machen wollten.

Dass sie mir die Hände an einen Querbalken nageln wollten und mich dann hochziehen, damit ich langsam ersticke und was sie dann noch alles machen wollten. Und wie sein Schwanz immer steifer wurde, als er es erzählte und mir die Nägel zeigte.

In meinem Albtraum kommen die Anderen nicht rechtzeitig. Und Walsh hält dem Schwein nicht die MP an den Schädel und drückt ab. Und Dahille macht nicht ein ganzes Magazin in den anderen Typen leer. Ich hab ihn später mal gefragt, warum er, ein Kenjutsu-Meister, eine Maschinenpistole benutzt hat und nicht sein Schwert.

Er hat gesagt, dass ein Krieger sein Schwert nicht benutzt, um Schweine zu schlachten, sondern um ehrenvoll zu kämpfen.

Da hab ich ihn gefragt, ob ich das auch lernen könnte. Dahille hat mir viel mehr beigebracht, als mein Therapeut. Walsh hat mir alles beigebracht, was ich über moderne Waffen weiß. Er hat hinter mir gestanden, als ich das erste Schwein erledigt habe. Töten kann ich ziemlich gut... aber lieben?

Daniel

Chris hatte mich zu einem wunderschönen Fleckchen Erde gebracht, war so richtig romantisch, aber der schönste Anblick war natürlich Chris. Ich mein, ist ja nicht so, als hätte ich mir das nicht schon mal vorgestellt, aber so richtig, wie jetzt, ich mein, aber hallo! Als wir uns so gegenüberstanden, so richtig nackt, da hab ich gemerkt, dass das jetzt irgendwie meine Show war, weil, na ja, ich war schon ziemlich steif und Chris... brauchte da wohl noch was. Wir haben erst mal gekuschelt und so ganz langsam war Chris dann auch mit dabei und dann war alles ganz anders, als ich mir das vorgestellt hatte. Klar hatte ich mir vorgenommen, mit meinen Zähnen aufzupassen, wenn ich seinen Schwanz im Mund haben würde und natürlich wollte ich ganz vorsichtig sein, wenn ich meinen Schwanz reinstecke.

Ha, war wohl nichts! Chris lag auf mir und ich wollte ihn nie wieder loslassen und er mich wohl auch nicht und wir wurden immer geiler, weil unsere Schwänze so zwischen uns lagen und bei jeder Bewegung... na ja, es war wunderschön und irgendwann zuckte Chris 'n bisschen und mein Bauch war feucht und dann konnte ich's auch nicht mehr halten und dann haben wir noch lange einfach da gelegen.

Chris

Auf dem Weg zurück habe ich Daniel erzählt, was ich mache. Das ich sie jage und töte. Weil's sonst keiner macht. Und weil ich nicht weiß, was ich sonst machen soll. Ich hab ihm nicht alles erzählt, von meinem kleinen USA-Trip brauchte er nichts zu wissen, ich meine, hier in Deutschland gehe ich für maximal 10 Jahre in den Knast, aber in den Staaten vielleicht lebenslänglich und das muss ja nicht sein.

Er hat es ziemlich gut aufgenommen, viel besser, als ich gedacht hatte

"Du meinst, du legst die Leute um, die diese Kinder töten? Ich wünschte, ich wär dabei gewesen."

"Echt? Und was hättest du gemacht?"

Er überlegte kurz

"Ich glaub, ich verstehe, warum du es tun musst. Aber der Arsch sollte wissen, dass du nicht der einzige bist, der so denkt, deshalb hätte ich auch geschossen, damit er's merkt."

Äh, nach meinem ersten Schuss hat keiner der Schweine mehr etwas gemerkt, aber die Absicht zählt. Ich hab ihn ganz fest in den Arm genommen.

"Komm, ich zeig dir was."

Ich sagte eben Walsh Bescheid und dann gingen wir auf die Schießbahn. Ich weiß, das hört sich jetzt ziemlich heftig an, aber es ist eigentlich nur ein schalldichter Keller. Walsh hat als einziger von uns offiziell einen Waffenschein und deshalb müssen wir anderen hier unten üben und Schießen hat sehr, sehr viel mit üben zu tun. Ich holte meine Pistole aus dem Regal, lud sie, sorgte für Ohrstöpsel - das wird hier echt tierisch laut - und dann legte ich los. Sieben Schuss. Wie immer. Sechs Löcher waren nahe beieinander, eins ungefähr drei Fingerbreit zu weit links, den ersten Schuss verziehe ich immer etwas. Ohrstöpsel raus und mal sehen, was Daniel macht... er schaute ziemlich neugierig

"Was ist'n das für eine? Sieht ja heiß aus!"

Ja, der Meinung bin ich auch...

"Smith&Wesson 1911, Kaliber..."

"45, was sonst. Chris ist ein Freund von Sachen, die groß sind und viel Lärm machen."

Walsh natürlich. Er ärgert mich gern wegen meiner Vorliebe für große Kaliber

"Ich habe dir eine andere Waffe mitgebracht, falls du auch mal schießen möchtest. Das hier ist eine Glock, 9mm. Macht nicht so große Löcher wie die von Chris, ist aber wesentlich effektiver."

Natürlich kam jetzt sein alter Vortrag

"Chris muss auf den Kopf zielen, denn sein Gegner könnte eine schusssichere Weste tragen und da kommt er nicht durch. Mit der Glock kannst du auf die Brust zielen, denn sie schluckt jede 9mm Munition, auch die aus MP's - und die geht durch jede Weste. Abgesehen davon ist die Glock leichter und einfacher zu handhaben, kurz gesagt, die ideale Waffe für jeden, der nicht mit Scheuklappen durch die Gegend läuft."

Selbstverständlich lag Walsh völlig richtig, was er nicht über Schusswaffen weiß, kann man auf eine Postkarte schreiben, aber er hat nie verstanden, warum ich trotzdem Recht habe. Waffen sind für Leute, die Angst haben und ich habe eine ganze Menge davon... eigentlich habe ich nur dann keine Angst, wenn ich meine Pistole in der Hand halte. Acht Schuss Kaliber 45 im Magazin, dass lässt sogar mich ziemlich ruhig werden. Sieben Kugeln sind für die, die ich tot sehen will, die letzte für mich... falls etwas schief geht.

Daniel

Am Montag bin ich dann vor die Wand gelaufen. Ich mein, so richtig vor die Wand gelaufen. Die aus Stein, nicht die sprichwörtliche. So was passiert, wenn man in Gedanken woanders ist. Terry hat sich fast 'n Wolf gelacht und die anderen haben auch nicht gerade Mitleid geheuchelt, ist ja klar, der große Stuntman baut Scheiße und so. Eigentlich war's 'ne Standardübung zum Warmwerden, Sprung durch ein Fenster und weil Fenster Geld kosten, gab's keins, nur die Wand drumherum war echt - mein Wort drauf, ich weiß, wovon ich rede. Zum Glück gingen bei mir nicht die Lichter aus, sonst hätte Terry mich zum Doc geschleift, so gab's nur 'ne Beule und 'ne Handvoll Aspirin oder was immer das für 'n Zeug war. Unser Erste-Hilfe-Kasten ist ein ganzer Schrank und weil Terry immer mal wieder 'n Karton voll Tabletten aus dem Urlaub in Rumänien mitbringt, kannst du nur hoffen, dass du nicht gerade was gegen Dünnschiss schluckst.

Einer der Jungs ist mal in die Klinik gefahren, weil seine Pisse orange war. Natürlich haben die ihn gefragt, ob er Antibiotika genommen hat... na ja, woher sollte er wissen, dass die Dinger nicht gegen Heuschnupfen waren. Ach so, nur damit du keinen falschen Eindruck kriegst, Terry hat zwar 'n Problem mit dem Aufräumen und kein Problem mit Medikamenten, aber bei Drogen ist echt Schluss.

"Drogen töten Stuntmen schneller als andere" - eine von Terrys goldenen Regeln. Ist ja auch egal, jedenfalls ging's mir nicht so sonderlich und natürlich hat das keinen interessiert und natürlich hatte Terry was besonders gemeines auf der Pfanne: Sturz von der Stange. Du balancierst auf 'ner ziemlich hohen Stange und tust dann so, als ob du abrutscht und stürzt. Hört sich simpel an und soll auch so aussehen, kann aber so richtig fies werden. Nur Idioten fallen mit dem linken Bein nach links und dem rechten nach rechts und haben dann noch eine Millisekunde Zeit, sich über das Pferd zu wundern, dass da gerade voll zwischen die Beine getreten hat, aber du kannst trotzdem hängen bleiben, zu früh fallen oder die Drehung vermasseln.

Ich wollte nur noch nach Hause und als ich endlich da war, bin ich erst mal Dads Tabletten suchen gegangen, er hat immer 'n Pack Codein rumliegen, falls es mal so richtig schlimm wird und bei mir war's so richtig schlimm.

'Ne Handvoll Heparin auf die Beule, keine Ahnung, ob das Zeug wirklich hilft, aber was soll's und nach 'ner halben Stunde war ich wieder Mensch und ging auf 'ne Kippe zu Dad.

"Du siehst beschissen aus."

"Du solltest erst mal die Wand sehen! Ich hab mir zwei von deinen Tabletten genommen und jetzt geht's wieder.

Sag mal, was würdest du machen, wenn ich mal nicht mehr nach Hause kommen würde?"

Dad ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen.

"Hängt davon ab, ob ich dich rausgeschmissen hab oder ob dir was passiert ist."

"Heute bin ich nur vor die Wand gelaufen, aber vielleicht versaue ich mal 'n Stunt, ich mein, so richtig."

Eigentlich dachte ich dabei nicht so sehr an Stunts, sondern eher an Pistolen und Leute, die Kinder umbringen. Walsh hatte mit mir drei Stunden Schießen geübt und Walsh macht keine sinnlosen Sachen.

Dad überlegte

"Daniel, ich weiß nicht, ob ich dann einfach aus dem Fenster springe oder ob ich darüber wegkomme, aber... es würde mich trösten, wenn es bei etwas passiert, was du tun möchtest. Hast du vor, in nächster Zeit abzutreten?"

Diesmal war ich dran mit dem Nachdenken

"Nee, ich hab nur das Gefühl, dass ich langsam erwachsen werde und ich weiß nicht, ob mir das gefällt."

"Hey, ich dachte, du wärst frisch verliebt!"

"Bin ich auch und da fängt´s schon an. Du hast mal gesagt, Chris wäre nicht kompliziert, ich würde ihn nur noch nicht verstehen. Okay, jetzt verstehe ich ihn. Also, es ist so..."

Ich hab's ihm erzählt, nur das mit den Filmen. Dad und ich haben nicht viele Geheimnisse, aber irgendwie glaub ich nicht, dass ihm die Vorstellung von Chris mit 'ner 45er in der Hand gefallen hätte. Oder von mir als Killer-Kid.

Dad nickte

"Ja, das erklärt einiges. Glaubst du, dass du damit klar kommst? Das ist etwas anderes, als eine Beule und ein bisschen Kopfschmerzen und..."

Ein 'bisschen' Kopfschmerzen, also wirklich!

"...du hast da eine ziemlich große Verantwortung."

"Ich glaub, das hab ich gemeint mit dem erwachsen werden."

Na ja, das und 'n paar andere Sachen. Chris' Vater hatte mir ja die Bilder von den Kindern gezeigt, die diese Hunde umgebracht hatten. Die würden nie wieder lachen oder Spaß haben oder auch lieben. Verantwortung kann echt hart sein.

"Ich glaube, du kannst das. Und Liebe kann vieles heilen, vielleicht auch Chris. Und jetzt leg dich hin, du siehst so aus, als wärst du vor die Wand gelaufen. Ich schreib dir eine Entschuldigung für die Hausaufgaben."

Ich hab nicht protestiert, ich wollte sowieso ein bisschen nachdenken, dauerte aber nicht lange, dann war ich eingeschlafen.

Irgendwo weinte ein Junge namens Jacques.

Hinweis:

Chris' Grabsteinspruch ist von Andrew Vachss "Pain Management" und es ist ein Nachruf für jemanden namens Skot Travis. Ich glaube nicht, dass Vachss sonderlich großzügig mit solchen Worten umgeht, Skot Travis dürfte daher ein interessanter Mann gewesen sein.

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