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E-Mail für Will - Schatten der Vergangenheit

Weihnachtschallenge 2019

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Es ist vollbracht, es folgt meine Version von E-Mail für Will. Am Anfang dachte ich, dass die 3 Monate Schreibzeit mir locker reichen würden, aber dann entwickelte die Geschichte so ein Eigenleben, dass ich es am Ende gerade eben noch so, rechtzeitig schaffte. Ich bitte schon im Vorfeld, für meine sicherlich zahlreichen Rechtschreib - und Grammatikfehler um euer Nachsehen:-) und hoffe das euch die Geschichte denoch gefällt. Wie immer, würde ich mich über euer Feedback sehr freuen, positiv wie negativ, immer raus damit:-).

 

Die Weihnachtszeit war schon seit ich denken kann, meine liebste Zeit des Jahres. Seit ich ein kleiner Junge war, erliege ich jedes Jahr aufs Neue, der besonderen Magie dieser einmaligen Jahreszeit. Es ist nicht mal so sehr das Fest an sich mit den vielen Geschenken die man bekommt, sondern viel mehr die Vorfreude darauf und die ganz besondere Magie die zu dieser Zeit in der Luft liegt. Ich liebe alles an Weihnachten: Die Zeit mit der Familie, das winterliche Wetter, so viele Plätzchen zu essen bis einem schlecht wird, das Festessen, die Geschenke zu besorgen, ja sogar die sich jedes Jahr wiederholenden Songs die aus dem Radio dröhnen. Ich weiß ich bin nicht ganz normal, aber ich bin eben der totale Weihnachtsfreak. Damit ihr einen besseren Eindruck von mir bekommt, möchte ich mich mal vorstellen:

Mein Name ist William Turner, aber Freunde und Familie nennen mich einfach nur “Will”, außer ich habe etwas angestellt, dann werde ich von meinen Eltern natürlich bei meinem vollen Namen gerufen:-) Wieso ich so heiße,wie ich heiße? Naja mein Vater ist halber Amerikaner und meine Mutter hat eine besondere Vorliebe für das britische Königshaus. Ich bin 16 Jahre alt und gehe in die 11. Klasse des örtlichen Gymnasiums. In der Schule bin ich ganz ok, jetzt nicht gerade der totale Überflieger, aber auch nicht versetzungsgefährdet oder so. Wie sehe ich aus? Hmh, also ich bin 180 cm groß, trage eine stylische blonde Kurzhaarfrisur und bin recht sportlich. Ich spiele seit ich 5 Jahre alt bin leidenschaftlich gerne Tennis und habe es vor kurzem sogar in die lokale Presse geschafft, indem ich ein Juniorentunier gewann. So richtig mit Foto in der Zeitung, mit Siegerpokal und umrahmt von meinen Eltern. Geschwister habe ich leider keine, aber zu meinen Eltern habe ich ein sehr gutes Verhältnis. Mein Vater ist der Sohn eines Lieutenants bei der Army, der in Deutschland stationiert war und dort dann eine Deutsche Frau kennenlernte - meine Oma. Mittlerweile ist er pensioniert und mit Oma zurück in die USA gegangen. Sie haben sich ein schönes Häuschen in Sarasota/ Florida gekauft und lassen sich dort die Sonne auf den Bauch scheinen:-) Manchmal bin ich regelrecht neidisch auf sie, vor allem wenn ich im Deutschen Winter bei Minusgraden bibbern darf, mit Ausnahme von Weihnachten natürlich. Ich könnte mir Weihnachten unter Palmen bei 30 Grad, einfach nicht vorstellen. Für mich ist Weihnachten: Schnee, Kälte, Glühwein trinken, Plätzchen essen, vor dem prasselnden Kaminfeuer sitzen und nicht ein BBQ am Strand, aber gut - jedem das Seine. So, was gibt es noch über mich zu erzählen: Ach ja, ich bin übrigens schwul. Seit wann ich das weiß? Hmh ich weiß nicht genau, aus Mädchen habe ich mir eigentlich noch nie viel gemacht, aber so richtig habe ich es vor ungefähr einem Jahr bemerkt. Unter der Dusche im Tennisverein wanderten meine verstohlenen Blicke immer mehr zu den Gehängen meiner Mitspieler und mehr als einmal, musste ich hinterher zu Hause selbst bei mir Hand anlegen. Vor allem Lukas, ein Mitspieler aus meiner Mannschaft, hatte es mir besonders angetan. Er ist groß dunkelhaarig, hat einen Hammer Körper und für sein Alter bereits ein mächtiges Gehänge. Meiner ist jetzt im Vergleich zu meinen Mitspielern auch nicht so klein, aber Lukas überragt uns in dieser Hinsicht alle um Längen. Mehr als einmal, diente er mir schon als Wichsvorlage und naja, dann musste ich mir wohl aber übel eingestehen, dass ich schwul bin. Falls ihr jetzt glaubt das zwischen mir und ihm irgendetwas gelaufen ist, muss ich euch enttäuschen - Lukas ist leider stockhetero. Er ist ein echter Machotyp, der immer bei uns anderen mit seinen Weibergeschichten prallt und das schlimme ist, dass mich das noch mehr anmacht. Egal lassen wir dieses Thema:-) Ich habe circa ein halbes Jahr gebraucht, bis ich den Mut hatte mich vor meinem besten Freund zu outen. Mark und ich, sind sowas wie Sandkastenfreunde und kennen uns praktisch schon unser gesamtes Leben. Wir sind Nachbarn, gehen in die gleiche Klasse und sind im selben Tennisverein. Wir machen so ziemlich alles zusammen und vertrauen uns gegenseitig unsere großen und kleinen Geheimnise an. Ich habe ewig rumgeeiert bis ich endlich den Mut fand, mich ihm anzuvertrauen. Ich hatte natürlich wahnsinnige Angst vor seiner Reaktion und das wir dann keine Freunde mehr sind. Meine Angst war aber vollkommen unbegründet. Er grinste nach meinem Geständnis nur und meinte, dass er das schon länger vermutet hatte, vor allem waren ihm meine verstohlenen Blicke zu Lukas unter der Dusche, nicht verborgen geblieben. Danach war ich natürlich in heller Aufregung, ob die anderen und vor allem Lukas, dass dann auch mitbekommen haben könnten. Er beruhigte mich aber, indem er meinte das ich diskret vorgegangen bin und man das nur gemerkt hätte, wenn man mich so gut kennt wie er das tut. Naja auf jeden Fall reagierte er Mega locker und versicherte mir, dass sich zwischen uns nichts ändern würde. Natürlich musste er mich vorher noch damit necken, dass er für homoerotische Experimente nicht zur Verfügung stehe, da er ausschließlich hetero sei. Aufgrund des positiven Erlebnises mit Mark, fand ich auch kurz darauf den Mut mich vor meinen Eltern zu outen. Diese waren zwar ein wenig überrascht, also eigentlich nur mein Vater, reagierten aber sehr positiv und versicherten mir, mich immer lieben zu werden. Seitdem ist jetzt circa ein halbes Jahr vergangen. Für ein öffentliches Outing fehlt mir bisher noch der Mut, aber irgendwie sehe ich in der Hinsicht auch noch keine Notwendigkeit. Es ist schließlich meine Privatsache und ein Mr. Right ist auch noch nicht in Sicht. Ich habe bisher also noch keinerlei Erfahrungen mit anderen Jungen, nicht einmal geküsst wurde ich bisher. Deshalb bequatscht mich Mark auch schon die ganze Zeit damit, mich endlich auf einer schwulen Datingplattform anzumelden, aber ich bin noch nicht so weit. Das sich mein Leben bald schlagartig ändern würde, wusste ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Alles fing ganz profan mit einer seltsamen E-Mail an, die sich in meinem Posteingang verirrt hatte. Ich saß, wie jeden Abend an meinem PC und ging meine Mails durch. Mein Spam Ordner war mal wieder prall gefüllt mit IPhones und Tablets, die ich alle angeblich gewonnen hatte, alles was noch fehlen würde, wäre ein kurzer Klick auf einen beigefügten Link und schon könnte ich meinen Gewinn abholen. Ja ne - is klar, gibt es eigentlich noch irgendjemand der auf diesen Trick reinfällt? Unter dem ganzen Müll in meinem Postfach befand sich allerdings eine seltsame E-Mail, mit einem Absender denn ich überhaupt nicht zuordnen konnte: Finn.melchert@emailanbieter.de (E-Mailadresse von der Redaktion geändert)

Hmh, von einem Finn Melchert hatte ich noch nie etwas gehört. Sicher wieder nur eine versteckte Werbemail. Ich hatte die Maus schon auf den “Löschen” Button, als dann doch meine Neugierde überwiegte und ich mir sagte, dass ein kurzer Blick in die Mail ja nicht schaden könne. Also öffnete ich die E-Mail und sie hatte folgenden Inhalt:

Hi Bill,

Hier also nochmal die offizielle Einladung zu meinem 18. Geburtstag.

Die Party steigt am 22. Dezember bei mir im Partykeller.

Für Essen und Getränke ist gesorgt, du musst nur dich und

natürlich mein Geschenk mitbringen:)

Einlass ist ab 20 Uhr. Ich freu mich auf dich.

Gruß Finn

Was für eine schräge E-Mail. Da musste der gute Finn wohl ordentlich was durcheinander gebracht haben, denn er hatte ja offensichtlich nicht mich, sondern einen gewissen Bill gemeint. Ok, musste wohl ein Schreibfehler in der Empfänger Adresse gewesen sein. Wahrscheinlich hieß der Typ den er meinte Bill Turner und er hatte sich nur verschrieben, naja wie auch immer seltsam war es trotzdem. Als ich die E-Mail diesmal endgültig löschen wollte, fiel mir eine beigefügte Fotodatei auf, die ich zunächst übersehen hatte. Komisch von einer beigefügten Datei war doch im Schreiben keine Rede gewesen, also nahm ich mir den Text nochmal vor und dann fand ich doch noch, was ich suchte. Unter dem “Gruß Finn” war nach zahlreichen Returns, doch noch ein PS eingefügt und zwar Folgender:

PS: Ich habe dir ein Foto von meiner neuen Karre beigefügt, die ich von meinen Eltern zum Geburtstag bekommen habe. Geil, oder?

Neugierig geworden öffnete ich die Datei und sah mir das Foto an. Das Foto zeigte einen Typen der vor einem dunklen Audi stand. Da ich überhaupt keine Ahnung von Autos hatte, interessierte ich mich eher für den Typen auf dem Foto, als für das Auto im Hintergrund. Und dieser Typ sah einfach nur geil aus. Groß, dunkelhaarig, toller Körper und ein breites, sympathisches Lächeln. Wow, was für eine Sahneschnitte der gute Finn war, genau mein Typ Mann. Schade, das er nicht mich gemeint hatte. Den Geburtstag von diesem Traumboy würde ich mir auch nicht entgehen lassen. Ich überlegte einen kurzen Moment, ob ich Finn vielleicht antworten sollte, verwarf diese Idee aber gleich wieder, ich würde mich doch nur lächerlich machen. Ein bisschen wehmütig geworden schloss ich die Mail, fuhr meinen Computer herunter und beschloss ins Bett zu gehen. In den folgenden Tagen ging mir die E-Mail und vor allem der Typ auf dem Foto nicht mehr aus dem Kopf. Immer wieder las ich mir die E-Mail an Bill durch und sah mir natürlich ausgiebig das Foto, von dem süßen Finn an. Als ich mal wieder an meinem PC saß und die E-Mail aufrief, dachte ich mir, ich könnte ja mal, nur so zum Spaß, eine Antwort verfassen. Immerhin musste dieser Finn ja informiert werden, dass Bill seine Geburtstagseinadung nie bekommen hatte, sondern ich. Nachdem ich mir so eine Weile Mut zugesprochen hatte, tippte ich folgende Antwort in meinen PC:

“Sorry, ich bin Will und nicht Bill. Danke für die Einladung, aber ich bin wohl nicht gemeint:-)” in einem Anflug von Wahnsinn fügte ich noch ein Bild von mir als Anhang an, auf dem wie ich fand, ich ganz gut aussah und fügte noch als PS an:

“Damit du dir wegen deinem Bild nicht so blöd vorkommst, schicke ich dir auch eins von mir:-) und ging auf senden.

Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Ich musste komplett bescheuert geworden sein, einem wildfremden Typen einfach ein Bild von mir zu schicken. Die nächste Stunde verbrachte ich damit, immer wieder meinen Posteingang zu aktualisieren und auf eine Antwort von Finn zu warten. Doch leider Fehlanzeige. Da es schon spät geworden war, beschloss ich es für heute gut sein zu lassen und ins Bett zu gehen. Vielleicht kommt ja morgen eine Antwort - hoffentlich.

Am nächsten morgen, war ich bereits vor meinem Wecker wach und mein erster Weg führte mich wieder zu meinem PC. Als ich meinen Computer hochfuhr, kam ich mir plötzlich ziemlich albern vor. Wahrscheinlich ärgerte er sich nur, dass er die Einladung an den Falschen versandt hatte und kam gar nicht auf die Idee mir zu antworten. Ich hätte es an seiner Stelle wohl auch nicht getan. Jetzt nicht mehr sehr zuversichtlich, öffnete ich denoch mein Mailprogramm und tatsächlich zwischen zahlreichen Werbemails, versteckte sich die heißersehnte Antwort von Finn. Mit schwitzigen Fingern und pochendem Herzen, öffnete ich die Mail und las Folgendes:

“Egal, die Einladung gilt auch für dich! :-)”

PS: Schönes Bild:-)

Ich konnte es nicht fassen. Hatte Finn wirklich gerade mich, einen wildfremden Typen, zu seinem Geburtstag eingeladen? Sicher machte er sich nur einen Spaß daraus und hat nicht wirklich vor mich einzuladen, aber ich beschloss das Spiel mitzumachen und antwortete:

“Im Ernst? Das lasse ich mir doch nicht zweimal sagen, wo soll ich hin?:-)”

Seine Antwort, ließ nicht lange auf sich warten:

“Du gefällst mir:-) Wollte eigentlich nur witzig sein, aber warum nicht? Komm vorbei! Meine Adresse habe ich dir im Anhang geschickt.”

Zu meinen Bedauern musste ich feststellen, dass Finn nicht gerade um die Ecke, sondern am anderen Ende Deutschlands wohnte.

“Wow, du wohnst ja nicht gerade um die Ecke.”

“Wieso, wo wohnst du denn?”

“In Kitzingen/Bayern.”

“Oh, das ist weit. Hast du ein Auto?”

“Nein, ich bin erst 16 Jahre alt. Schade sieht aus, als könnte ich nicht kommen.”

Verdammt und schon hatten sich alle meine Träume in Luft aufgelöst. Warum musste Finn auch nur so weit weg wohnen?

“Warte mal kurz. Vielleicht gibt es noch eine andere Möglichkeit. Ich check das mal eben...”

Keine Ahnung was für eine Lösung Finn aus dem Hut zaubern wollte, aber ich hatte eher noch wenig Hoffnung. Ich fand es aber total süß, dass er sich für einen Jungen, den er gar nicht kannte, so ins Zeug legte.

“Ok ,ich habe eine Zugverbindung für dich gefunden. Du müsstest allerdings heute Abend schon los. Gibst du mir deine Handynummer? ÜberWhatsapp ist einfacher.”

Ich dachte nicht lange nach und schickte ihm meine Nummer. Kurz darauf hatte ich schon eine Nachricht.

“Schickst du mir ein Bild von deinem Personalausweis? Vorder - und Rückseite.”

“Was hast du vor?”

“Mach einfach.”

Etwas überfahren von der Situation, machte ich die Fotos und schickte sie ihm zu. Erst nach geschlagenen 10 Minuten, die mir wie eine Ewigkeit vorkamen, meldete er sich wieder.

“Ok, erledigt. Check deine E-Mails!”

Was sollte denn das schon wieder bedeuten? So langsam, kam der Junge mir echt seltsam vor, aber denoch tat ich, was er von mir verlangte. Zu meinem Erstaunen befand sich in meinem Posteingang eine Buchungsbestätigung der Deutschen Bahn, mit seperatem Ticket, ausgestellt auf meinen Namen. Eine Reiseverbindung war auch dabei, heute Abend sollte es schon los gehen und 2 Tage später am Sonntag vor Heiligabend, war die Rückfahrt ausgestellt . Jetzt war ich komplett baff, dieser Junge war total verrückt - er hatte mir tatsächlich ein Zugticket gekauft! Ich schnappte mir mein Handy und schrieb:

“Du hast mir jetzt nicht gerade ein Zugticket gekauft, oder?”

“Doch. Vergiss nicht das Ticket auszudrucken und deinen Perso mitzunehmen.”

“Krass, aber das kann ich doch nicht annehmen.”

“Doch kannst du. Ist außerdem schon zu spät, habe das Ticket bereits gekauft:-)”

“Bist du verrückt oder so? Du kennst mich doch gar nicht.”

“Nein verrückt bin ich nicht, obwohl dir da wohl einige Leute Recht geben würden:-) Fakt ist, ich habe dir eine Einladung geschickt, also muss ich auch dafür sorgen, das du kommen kannst.”

“Also ein wenig bist du schon verrückt:-) Ich gebe dir das Geld für das Ticket aber zurück.”

“Nein, musst du nicht. Ich habe dich ja quasi dazu genötigt:-) Aber auf ein Geschenk bestehe ich trotzdem:-)”

“Klar, das ist ja wohl das Mindeste:-)”

“Hör zu, ich muss mich für die Schule fertig machen, wir klären alles Weitere heute Abend, ok?”

“Ok”

Krass, Finn hatte mich tatsächlich zu seinem Geburtstag eingeladen und mir sogar ein Zugticket gekauft. Der Typ ist echt verrückt. Wer tut denn so etwas für einen wildfremden Jungen? Die ganze Nummer war echt komisch, aber irgendwie auch total aufregend. Sicher die Chance, dass Finn auch schwul ist und dann auch noch auf mich steht, war verschwindend gering, aber was hatte ich schon zu verlieren? Ich beschloss also hinzufahren. Jetzt galt es nur noch meine Eltern zu überzeugen, mich auch fahren zu lassen, aber erstmal musste auch ich mich mal langsam für den letzten Schultag vor den Ferien, fertig machen. Eine halbe Stunde später, verließ ich geduscht und fertig gestylt mein Zimmer und machte mich auf den Weg in die Küche.

“Du bist heute aber früh dran mein Schatz. Ich wollte eigentlich gerade in dein Zimmer und dich wecken gehen”, meinte meine Mutter.

“Ich bin schon seit einer Weile wach und habe mit jemandem geschrieben. Ich müsste da mal was mit euch besprechen.”

Sofort wurden meine Eltern hellhörig und sahen mich erwartungsvoll an. Da ich es gewohnt bin mit meinen Eltern offen reden zu können, erzählte ich ihnen die ganze Geschichte und wartete gespannt auf ihre Reaktion.

“Hmh, ich weiß ja nicht. Die ganze Geschichte hört sich schon komisch an. Mir ist ehrlich gesagt, nicht ganz wohl dabei, dich zu jemandem fahren zu lassen, denn weder wir, noch du kennen”, äußerte meine Mutter ihre Bedenken.

“Ach komm schon Mum. Das Zugticket ist doch schon bereits bezahlt. Wie würde ich denn dastehen, wenn ich jetzt noch absagen würde? Es wäre auch nur für 2 Nächte und pünktlich vor Heiligabend wäre ich auch wieder zurück.”

“Was sagen denn die Eltern des Jungen Mannes dazu? Sind sie damit einverstanden, dass du bei ihnen übernachtest”, schaltete sich mein Vater in das Gespräch mit ein.

“Ich denke schon, also so genau haben wir jetzt nicht darüber gesprochen.”

“Also bevor wir nicht mit seinen Eltern gesprochen haben, fährst du nirgendwohin und damit basta “, gab mir meine Mutter deutlich zu verstehen.

“Also gut, ich frage ihn nach der Nummer seiner Eltern, aber das ist ganz schön peinlich, dann hält er mich bestimmt für ein kleines Kind, dass erstmal Mummy und Daddy um Erlaubnis fragen muss.”

“ Du bist auch erst 16 Jahre alt und kannst noch nicht machen was du willst. Wir machen uns doch nur Sorgen um dich, Will.”

“Ja, ist ja schon gut. Peinlich ist es trotzdem”, meinte ich schmallippig und verließ den Tisch. “Ich muss jetzt los. Ich sage ihm Bescheid, dass seine Eltern sich bei euch melden sollen”.

“Ist gut, Schatz.”

Genervt schnappte ich mir meinen Rucksack und tippte eine Nachricht an Finn.

“Hab ein Problem. Meine Eltern stellen sich quer. Sie wollen mich nicht fahren lassen, bevor sie mit deinen Eltern gesprochen haben. Sie warten auf ihren Anruf. Sorry voll peinlich...”

Anschließend schickte ich ihm noch unsere Festnetznummer und verließ das Haus. Mein Weg führte mich wie jeden Morgen zuerst zu meinem besten Freund Mark. Ich klingelte an seiner Haustür und wartete. Seine Mutter öffnete mir die Tür und meinte lächelnd:

“Komm rein William. Mark ist gleich fertig. Du kennst ihn ja, immer macht er alles auf den letzten Drücker.”

Also betrat ich das Haus und machte mich auf den Weg in Mark’s Zimmer.

“Klopf, klopf” sagte ich und betrat sein Zimmer.

“He Will, bin gleich fertig. Mach’s dir bequem”, hörte ich ihn aus dem angrenzenden Badezimmer rufen.

In dem Moment, als ich mich auf sein Sofa setzte, vibrierte mein Handy. Eine Nachricht von Finn. Neugierig öffnete ich diese und laß:

“He mach dir keinen Kopf. Ich regele das schon, versprochen:-) Melde mich später nochmal.”

Verträumt, sah ich mir Finn’s Profilbild auf Whatsapp an. Man, dieser Junge war echt ein Traum, ich musste ihn einfach kennenlernen. Ich fuhr erschrocken zusammen, als mir mein Handy unsanft aus der Hand gerissen wurde.

“Mmh, was ist denn das für eine Sahneschnitte? Dein neuer Freund? Habe ich da was verpasst”, neckte mich Mark.

“Gib mein Handy wieder her, du Penner!”

“Erst erzählst du mir alles. Und lass bloß kein schmutziges Detail aus”, grinste er sich einen ab.

“Ok, ist ja gut. Ich erzähle dir alles auf den Weg zur Schule, sonst kommen wir noch zu spät. Und jetzt gib das Handy her”, lachte ich.

Da unsere Bildungsanstalt, keine 15 Minuten zu Fuß entfernt lag, beeilte ich mich Mark auf den neuesten Stand zu bringen und wartete gespannt auf seine Reaktion.

“Ist ja echt eine krasse Geschichte. Du hast diesen Typen noch nie zuvor gesehen und er kauft dir ein Zugticket zu seinem Geburtstag?”

“Wenn ich es dir doch sage. Nur meine Eltern stellen sich noch quer, aber Finn wollte das regeln.”

“Hmh, ich kann deine Eltern schon ein bisschen verstehen. Es könnte sich ja auch um irgendeinen alten Perversen handeln, der sich an dir vergehen will und die ganze Nummer mit der versehentlich verschickten Mail, war nur ein Trick um dein Vertrauen zu gewinnen.”

“Also jetzt spinnst du aber langsam. Du hast echt zu viele schlechte Krimis gesehen. Findest du nicht, dass deine Fantasie ein bisschen mit dir durchgeht?”

“Ja vielleicht, aber du solltest dennoch vorsichtig sein, ok?”

“Ja Mama, ich bin vorsichtig, versprochen.”

“Du stehst auf ihn, stimmts? Ist er denn wenigstens auch schwul?”

“Keine Ahnung, habe ihn nicht gefragt.”

“Echt jetzt, du fährst einfach dahin, auch auf die Gefahr, dass dein Traumtyp stockhetero ist?”

“Er hat mir die Zugtickets gekauft.”

“Hmh, guter Einwurf. Wieso sollte er das tun, wenn er kein Interesse an dir hat?”

“Vielleicht, hat er einfach nur zuviel Kohle und weiß nicht wohin damit?”

“Das glaubst du ja wohl selbst nicht?”

“Ach keine Ahnung, vielleicht mag er mich ja wirklich, aber er kennt mich doch gar nicht, aber ich ihn ja eigentlich auch nicht und trotzdem mag ich ihn. Ach ich weiß auch nicht...”

“Mach dir nicht zu viele Gedanken, fahr da hin und finde es heraus. Aber sei vorsichtig, wenn dich nicht der Typ auf dem Foto abholt, dann geh mit niemandem mit, ok?”

“Ja, ok. Versprochen. Ich steige zu keinen fremden Männern ins Auto, auch wenn sie mich mit Schokolade locken”, meinte ich grinsend.

“Du bist blöd. Ich meinte das ernst. Sei vorsichtig, ok.”

“Ja doch, versprochen. Jetzt muss ich nur noch hoffen, dass meine Eltern sich nicht mehr quer stellen.”

“Ach, das wird schon. Dein Finn, hat dir doch versprochen das zu regeln.”

“He, er ist nicht mein Finn” sagte ich grinsend und stupste ihn freundschaftlich gegen die Schulter.

“Ja, noch nicht”, meinte er grinsend.

“Musst du eigentlich immer das letzte Wort haben?”

“Klar, weißt du doch.”

Der letze Schultag zog sich wie Kaugummi hin. Zum Glück waren die Lehrer heute schon in Weihnnachsstimmung und zogen ihren Unterricht nicht wie gewohnt durch, denn mit meinen Gedanken war ich ganz weit weg. Ich konnte an nichts anderes als Finn’s Geburtstag denken, meine Eltern mussten mich da einfach hinlassen. Als die Schulglocke dann endlich mein Martyrium beendete, beeilte ich mich auch dementsprechend nach Hause zu kommen. Wie immer ging ich mit Mark von der Schule nach Hause. Als wir uns voneinander verabschiedeten, musste ich noch versprechen ihn in der Causa Finn, auf den Laufenden zu halten. Zu Hause angekommen, rief mich meine Mutter direkt zum Essen. Ich war mit meiner Mutter alleine, da mein Vater um diese Zeit noch arbeitete. Kaum hatte ich die Küche betreten, sprdelte es auch schon aus mir heraus:

“Und habt ihr mit seinen Eltern telefoniert? Was ist jetzt? Darf ich fahren?”

Meine Mutter zog ein nicht zu deutendes Pokerface auf, was mich schier um den Verstand brachte.

“Ja wir haben mit seinen Eltern telefoniert. Es scheinen ganz nette Leute zu sein und sie sind auch damit einverstanden, dass du bei ihnen übernachtest. Also um es kurz zu machen, du darfst fahren.”

Ich fiel meiner Mutter stürmisch um den Hals.

“Danke, Mama. Ich verspreche auch mich regelmäßig zu melden und mich dort gut zu benehmen.”

“Das will ich dir auch geraten haben. Du weißt schon, dass dein Vater und ich, dir da einen großen Vertrauensvorschub geben und ich hoffe das du dieses Vertrauen nicht missbrauchst.”

“Nein Mama, mach dir keine Sorgen, das werde ich nicht.”

Meine Mutter sah mich ernst an:

“William, wir haben doch schon über safer Sex gesprochen. Eigentlich würde ich mir wünschen, dass du dir mehr Zeit lässt in dieser Hinsicht. Falls es aber doch dazu kommen sollte, will ich das du vorbereitet bist und auf jeden Fall verhütest. Hier die hab ich dir besorgt, nimm sie bitte mit.”

Meine Mutter drückte mir eine Packung Kondome in die Hand.

“Extra feucht” stand auf der Verpackung. Mit hochrotem Kopf nahm ich die Packung entgegen und steckte sie weg.

“Mann Mama, das ist voll peinlich jetzt. Ich habe bisher noch nicht einmal einen anderen Jungen geküsst. Glaube mir, an Sex denke ich ganz bestimmt noch nicht. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob Finn auch schwul ist, geschweige denn ob er auf mich steht.”

“Du stehst aber auf ihn, dass kann ich dir ansehen. Ich will ja nur, dass du vorbereitet bist, wenn es soweit ist.”

“Ok, danke Mama.”

Meine Mum umarmte mich liebevoll und hatte dabei Tränen in den Augen.

“Ich habe dich lieb mein Kleiner. Dieser Finn ist ein Idiot, wenn er nicht sieht, wie unglaublich toll du bist.”

“Danke Mama, ich habe dich auch lieb”, erwiderte ich sichtlich bewegt.

4 Stunden später saß ich bereits mit meiner Reisetasche im Regionalzug nach Würzburg. Unterwegs besorgte ich auch noch einen Amazon Gutschein für Finn, weil mir ums verrecken kein besseres Geschenk einfiel. Meine Eltern, inklusive Mark, hatten mich zum Bahnhof gebracht. Bei der Verabschiedung wurden mir noch von allen Seiten eingebläut, mich auch bloß regelmäßig zu melden und nichts anzustellen. Dementsprechend erleichtert fiel ich dann in meinen Sitz im Zug. Allzu gemütlich machen durfte ich es mir aber nicht, da ich bereits in Würzburg wieder umsteigen musste und dafür auch nur 6 Minuten Zeit hatte. Bereits 10 Minuten vor Würzburg, stellte ich mich mit Sack und Pack an die Tür, um dann gleich nach erreichen des Bahnhofs, lossprinten zu können. Ich war so nervös, dass ich selbst meinem vibrierenden Handy keine Beachtung schenkte.

Wir erreichten zum Glück pünktlich den Würzburger Hauptbahnhof, so dass ich am neuen Gleis, sogar noch die Position meines Wagens ausfindig machen konnte, bevor der ICE dort eintraf. 5 Minuten später hatte ich auch meinen reservierten Sitzplatz gefunden. Noch schnell mein Gepäck in den Ablagefächern verstaut und dann konnte ich mich endlich entspannen. Der Zug war stark überfüllt, weshalb ich echt froh war, dass Finn sogar an eine Sitzplatzreservierung für mich gedacht hatte. Ich hatte jetzt gute 4 Stunden Zeit, bis ich in Dortmund abermals umsteigen musste, also machte ich es mir an meinem Fensterplatz bequem, setzte meine Kopfhörer auf und drehte die Musik auf. Selbst die extrem nach Motte riechende alte Dame die neben mir saß, konnte meine gute Laune nicht trüben. Ich freute mich einfach total darauf Finn endlich kennenzulernen. Jetzt dachte ich auch endlich wieder an mein Handy und holte dieses aus meiner Hosentasche. Neben einer Nachricht von meiner Mum, ob auch alles mit meinen Umstieg in Würzburg geklappt hatte, befand sich auch eine Nachricht von Finn darauf. Zuerst beantwortete ich pflichtbewusst die Nachricht meiner Mutter, ehe ich mich dann Finn’s Textmitteilung widmete. Voller Vorfreude und mit Schmetterlingen im Bauch öffnete ich seine Nachricht:

“He Will, ich wollte nur fragen, ob mit deinem 1.Umstieg alles geklappt hat? Wir holen dich dann, falls du auch den nächsten Umstieg schaffst:-), um 23:10 in Herford ab. Schreibe mir nochmal, falls du den Regio in Dortmund verpassen solltest. Ich freue mich auf dich. Gruß Finn.”

Wie niedlich, dass er sich solche Gedanken um mich machte. Ich fand den Typen jetzt schon ganz toll, obwohl ich ihn ja noch nicht einmal in Natura kennengelernt hatte, aber das würde sich ja bald ändern. Oh man, wenn ich nur wüsste, ob Finn auch schwul ist, dann hätte ich zumindest eine Chance bei ihm. Wie ich mich selber kannte, würde ich auch bestimmt nicht den Mut aufbringen ihn von Angesicht zu Angesicht danach zu fragen, aber ich musste es einfach wissen. Daher fasste ich mir ein Herz und schrieb ihm folgendes zurück:

“Ja hat alles geklappt, sitze bereits im Zug nach Dortmund, gebe dir dann nochmal Bescheid, wenn ich auch den nächsten Umstieg geschafft habe:-). He darf ich dich mal was persönliches fragen?”

Ich überlegte eine gefühlte Ewigkeit, ob ich den letzten Satz wirklich wegschicken sollte. Nachdem ich den Satz bestimmt 10 Mal gelöscht und wieder neu geschrieben hatte, drückte ich dann doch mit leicht zitterndem Finger auf “senden”. Fuck, jetzt gab es kein zurück mehr. Die Zeit in der ich auf seine Antwort wartete, kam mir vor wie eine Ewigkeit. Immer wieder starrte ich hypnotisch auf mein Handy, bis dann endlich die erlösende Antwort eintraf.

“Ok super. Ja klar, frag mich einfach was du wissen willst.”

Ok, jetzt oder nie. So schnell würde diese Gelegenheit nicht wieder kommen.

“Hast du eigentlich eine Freundin?”

Oh man, was mache ich hier eigentlich. Ich muss komplett verrückt geworden sein. Jetzt würde er mir bestimmt gleich ein Bild von seiner Alten schicken, die wahrscheinlich aussieht wie ein Topmodel und mit der er schon seit Ewigkeiten zusammen ist und ich mich bis auf die Knochen blamieren. Ding - neue Nachricht. Oh man, ich war mir nicht sicher, ob ich die Nachricht überhaupt öffnen sollte, weil dann alle meine Träume wie eine Seifenblase zerplatzen würden, aber am Ende siegte natürlich doch die Neugier.

“Nein, habe ich nicht und du?”

Wow, mit dieser Antwort hatte ich jetzt ehrlich gesagt nicht gerechnet, daher freute ich mich diebisch. Ich ermahnte mich aber selbst, mich nicht zu früh zu freuen, nur weil er aktuell keine Freundin hat, heißt noch lange nicht, das er schwul sein könnte.

“Nein, ich auch nicht.”

Nach dieser zugegeben schwachen Antwort auf seine Frage, wartete ich die nächsten Minuten vergebens auf eine weitere Nachricht von ihm. Daher beschloss ich jetzt alles auf eine Karte zu setzen und schrieb:

“Aber ich möchte auch gar keine Freundin haben, sondern hätte lieber einen Freund.”

Fuck, hatte ich das eben wirklich geschrieben und abgeschickt. Jetzt hatte ich endgültig den Verstand verloren. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich musste von einer seltenen, vorübergehenden Geisteskrankheit befallen worden sein. Ich war mir sicher, dass er es inzwischen bereute mich eingeladen zu haben und er mich gleich bitten würde, wieder umzukehren. Jede Sekunde die ich auf seine Antwort warten musste, kam mir vor, wie Stunden. Jetzt war die Katze aus dem Sack und es gab kein zurück mehr, dass wurde mir gerade schlagartig bewusst. Ich hielt mein Handy in meinen schwitzigen Händen und mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Verdammt, schreib endlich zurück oder vielleicht lieber doch nicht? Ich hatte panische Angst vor seiner Reaktion und war mir auf einmal nicht mehr sicher, ob ich seine Antwort überhaupt wissen wollte. Ein Typ wie er konnte einfach nicht schwul sein, redete ich mir selber ein.

Als mein Handy dann endlich vibrierte, ließ ich es vor Schreck beinahe herunterfallen, was mir einen mahnenden Blick von der Mottenfrau einbrachte.

“Entschuldigung “, murmelte ich.

Mit pochendem Herzen starrte ich auf die Nachricht von Finn und beschloss es jetzt endlich hinter mich zu bringen, denn nichts war schlimmer als diese quälende Ungewissheit.

“Ok, das hätte ich jetzt nicht erwartet. Ich meine, ich hatte es gehofft, aber nicht zu träumen gewagt, dass ein Typ wie du auch schwul sein könnte.”

Ich musste die Nachricht gleich mehrmals lesen, weil mein überfordertes Gehirn, die Bedeutung des eben Gelesenen, einfach nicht begreifen wollte. Hatte er wirklich gerade geschrieben, dass er auch schwul ist? Ich brauchte unbedingt Gewissheit.

“Du meinst, du bist auch schwul?”

“Ja, das sage ich doch gerade. Ich muss dir gestehen, dass ich mich ein bisschen in dich verknallt habe. Ich weiß das klingt verrückt, weil wir uns noch nie gesehen haben, außer auf Fotos, aber ich glaube inzwischen, dass diese versehentlich abgeschickte Mail, Schicksal war, wir sollten uns einfach begegnen. Sorry, du hätst mich jetzt bestimmt für total durchgeknallt, aber ich glaube ein bisschen an so was.”

Ich konnte es einfach nicht glauben. Dieser Traumtyp hatte mir eben gestanden, dass er sich in mich verknallt hatte. Das war viel mehr, als ich je zu hoffen gewagt hatte. Meine Gefühle fuhren Achterbahn. Ich hatte Schmetterlinge im Bauch und das Gefühl das ich gerade die ganze Welt umarmen könnte, aber gleichzeitig hatte ich auch ein bisschen Angst, da ich noch überhaupt keine Erfahrung mit Jungs hatte und Finn bestimmt schon total erfahren war. Ich war so in meine Gedanken vertieft, dass ich total vergaß zurück zu schreiben, was mir aber erst bewusst wurde, als die nächste Nachricht von Finn einging.

“Oh man sorry, es tut mir leid. Ich muss dich jetzt total erschreckt haben, vergiss einfach was ich gerade geschrieben habe, ok.”

Scheisse, während ich hier in aller Seelenruhe meinen Gedanken nachhing, muss der arme Kerl Tode ausgestanden habe.

“Nein, sorry. Ich war einfach total überwältigt von deiner Nachricht, dass ich sie erstmal verdauen musste. Ich habe mich doch auch in dich verknallt, quasi vom ersten Moment an.”

Wie ihr euch vielleicht denken könnt, verging die Rest der Fahrt wie im Flug, weil schätzungsweise 1000 Nachrichten die Besitzter wechselten. Die einzigen Male, als ich von meinem Handy hochsah waren, als der Schaffner mein Ticket kontrollierte und die Mottenfrau neben mir, in Frankfurt endlich den Zug verließ. Wir kamen pünktlich in Dortmund an, weshalb mir die 13 Minuten Umstiegszeit in den Regionalexpress, dicke reichten. So, jetzt musste ich nur noch 1:15 Fahrzeit über mich ergehen lassen, bis ich Finn endlich zum ersten Mal gegenüberstehen würde. Die Fahrt im Regio, verbrachte ich mit einer Mischung aus Vorfreude und Angst. Einerseits freute ich mich total Finn endlich richtig kennenzulernen, aber andererseits hatte ich auch Angst, dass er mich dann vielleicht doch langweilig oder zu unreif findet. Ich schreckte erst aus meinen Grübeleien hoch, als mein Zielbahnhof als nächster Halt angesagt wurde. Hecktisch sammelte ich meine sieben Sachen zusammen und schaffte es gerade noch rechtzeitig aus dem Zug. Sofort, sah ich mich auf dem Bahnsteig nach Finn um, konnte ihn aber nirgendswo entdecken. Vielleicht steckte er imVerkehr fest oder so was, versuchte ich mich zu beruhigen. Ich schnappte mir daher meine Sachen und machte mich auf den Weg in Richtung Treppenabgang. Kurz bevor ich die Treppe erreichte, kam ein junger gutaussehender Mann, selbige hochgesprintet. Ich erkannte Finn sofort. Mit einem breiten Lächeln kam er auf mich zu und umarmte mich ganz ohne Scheu. Er sah in Natura noch wesentlich besser aus, als auf den Fotos und er roch so verdammt gut. Ich musste mir wirklich Mühe geben meinen kleinen Freund in der Hose zu kontrollieren, denn dieser Typ war einfach nur zum anbeißen. Als wir uns nach einer gefühlten Ewigkeit voneinander lösten, war er es der zuerst zu seiner Sprache wieder fand.

“Sorry, es gab einen Unfall und deswegen steckten wir ewig im Verkehr fest. Ich habe mich total beeilt, dass ich es noch rechtzeitig schaffe dich vom Bahnsteig abzuholen”, sagte er völlig außer Atem.

“He, alles gut. Ich bin doch eben erst angekommen”, erwiderte ich gerührt.

“Du siehst echt noch viel besser aus, als auf dem Foto das du mir geschickt hast.”

“Das ist witzig. Das gleiche hatte ich mir auch gedacht, als ich dich die Treppe hochkommen sah.”

Nach einem Augenblick angespannten Schweigens, meinte er dann:

“He lass mich dir mit deinem Gepäck helfen. Ich nehme dir die Reisetasche ab.”

Ich bedankte mich artig bei meinem edlen Ritter und zu zweit machten wir uns dann auf, in Richtung Ausgang.

“Meine Mum wartet im Auto. Sie steht gleich hier vorne”, meinte Finn bevor wir uns einem dunklen, ziemlich teuer aussehenden, BMW näherten.

Seine Mutter stieg aus den Wagen aus und begrüßte mich freundlich.

“Du musst William sein. Ich bin die Martina. Ich habe schon viel von dir gehört. Genau genommen hat Finn in den letzten Tagen, kein anderes Gesprächsthema mehr”, meinte sie grinsend.

“Mum, das war jetzt voll peinlich “, meinte Finn und lief knallrot an, was bei ihm total niedlich aussah.

“Ach, euch Teenies ist doch immer alles peinlich und vor allem die eigenen Eltern, hab ich Recht? Ach Finn jetzt sei doch nicht so, ich freue mich doch für euch.”

Danach wechselte Finn abrupt das Thema, so dass sich der Rest der Fahrt, über seinen bevorstehenden Geburtstag unterhalten wurde. Nach etwa 10 Minuten fuhren wir vor einem imposanten, modernen Haus vor. Man, Finn’s Eltern nagten definitiv nicht am Hungertuch, denn sie besaßen echt eine krasse Hütte. Bei Finn zu Hause angekommen, wurde ich auch gleich von seinem Vater freundlich begrüßt. Er stellte sich als Stefan vor und bot mir ebenfalls sofort das “Du” an, was ich auch gerne annahm. Finn’s Eltern waren definitiv schon in Weihnachsstimmung, denn das ganze Haus war bereits festtaglich geschmückt, inklusive imposantem Weihnachtsbaum im Wohnzimmer. Für mich als den größten Weihnachtsfan, war das einfach ein toller Anblick. In diesem Haus hatte jemand definitiv ein Händchen für so was. Als Finn meine bewunderten Blicke bemerkte, meinte er:

“Ja meine Mum, ist der totale Weihnachtsfreak. Jedes Jahr aufs Neue, verbringt sie Tage damit, das ganze Haus auf Weihnachten zu pimpen. Ein bisschen übertrieben, oder?”

“Nein, ich finde es toll. Es sieht einfach hammermäßig aus. Deine Mum hat echt Geschmack.”

“Danke William, wenigstens einer in diesem Haus, der meine alljährlichen Anstrengungen mal zu schätzen weiß”, kam es plötzlich aus der Ecke.

“Komm mit, du alter Schleimer. Ich bringe dich in dein Zimmer”, meinte Finn lachend.

Er dirigierte mich in das Gästezimmer des Hauses, indem ich die nächsten beiden Nächte verbringen sollte. Ich war schon ein klein wenig entäunscht, da ich eigentlich davon ausgegangen war, bei ihm im Zimmer zu schlafen.

“So, da wären wir. Dieses Zimmer haben meine Eltern für dich vorgesehen. Richte dich erstmal ein. Wenn du fertig bist kannst du, wenn du magst, nach nebenan in mein Zimmer kommen.”

“Ok, danke. Ich komme dann gleich rüber.”

Erst jetzt nahm ich mir die Zeit mich richtig in dem Zimmer umzusehen. Es war ein gemütlicher, geschmackvoll eingerichteter Raum, mit großem Doppelbett im Zentrum, inklusive hängendem Flachbildschirm Fernseher an der Wand und eigenem Bad. Hier fühlten sich die Gäste der Familie definitiv wohl. Ich warf meine Reisetasche aufs Bett und begann meine Sachen auszuräumen. Anschließend rief ich noch kurz meine Eltern an, um ihnen zu sagen, dass ich gut angekommen war. Nachdem ich das Gespräch beendet hatte, spürte auch bereits aufkommende Müdigkeit. Die lange Anreise hatte mich echt geschlaucht. Ich brauchte dringend eine Dusche. Ich nahm mir die Zeit und duschte ausgiebig. Meine Gedanken wanderten unter der Dusche immer wieder zu Finn. Er hatte sich in mich verknallt, ich konnte es immer noch nicht fassen. Ich hoffte, dass er den ersten Schritt machen würde, denn ich hatte überhaupt keine Ahnung wie man so etwas anstellt und war auch ehrlich gesagt zu schüchtern dafür. Mir fehlte einfach komplett die Erfahrung in Liebesdingen. Als ich gerade so richtig schön in Gedanken vertieft unter der Dusche stand, wurde plötzlich die Badezimmertür aufgerissen und Finn stand mit offenen Mund vor mir. Intuitiv schrie ich auf und hielt mir die Hände vor dem Intimbereich. Finn sah mich mit großen Augen entsetzt an.

“Sorry, ich wusste nicht...also...ach verdammt”, stammelte er und verließ fluchtartig das Badezimmer.

Schlagartig war ich auf den Boden der Realität zurückgekehrt. Scheiße, warum hatte ich auch nicht daran gedacht abzuschließen. Und dann auch noch dieser peinliche Schrei von mir. Finn musste mich doch jetzt für eine total frigide Klemmschwester halten. Na super, das hatte ich ja mal wieder toll hinbekommen. Ich beeilte mich aus dem Bad zu kommen und mir etwas anzuziehen. Vielleicht war ja noch etwas zu retten? Ich verließ das Gästezimmer und klopfte zaghaft an die Tür nebenan.

“Ja, herein.”

Ich betrat ein riesiges Zimmer, sicher doppelt so groß, wie mein Gästezimmer und das hatte ich ja schon für überdimensional gehalten. Finn lag gerade auf seinem Bett, als er mich sah sprang er auf und stürzte direkt auf mich zu.

“Du Will, das eben tut mir echt voll leid. Ich wusste nicht, dass du gerade am duschen bist, sonst wäre ich nicht einfach so hereingeplatzt.”

“He, ist schon gut. Ich habe nur so heftig reagiert, weil ich mich voll erschrocken habe. Du hast sicherlich nichts gesehen, dass du nicht auch hast”, sagte ich in der Hoffnung möglichst cool rübergekomnen zu sein.

“He cool, das du nicht sauer auf mich bist.”

“Quatsch, bin ich nicht. Ich hätte nur nicht gedacht, dass schon nach so kurzer Zeit bei uns die Hüllen fallen, also bei mir zumindest”, lachte ich.

“Ja, ich auch nicht. Du legst ja ein ganz schönes Tempo vor.”

“So bin ich halt, gleich in die Vollen.”

Danach war die Anspannung verflogen und wir unterhielten uns noch eine ganze Weile über Gott und die Welt. Ich war einfach total gerne mit ihm zusammen. Ich hatte das Gefühl mit ihm über alles reden zu können. Als wir das nächste mal auf die Uhr sahen stellten wir fest, dass es schon 3 morgens war, also beschlossen wir ins Bett zu gehen. Morgen war schließlich noch eine Menge für Finn’s Geburtstag zu erledigen. Finn verabschiedete mich mit einer Umarmung und ich ging zurück ins Gästezimmer. Ich war ein klein wenig entäunscht, da ich gehofft hatte meinen ersten Kuss zu bekommen, aber Finn machte in der Hinsicht leider keine Anstalten. Naja vielleicht, will er es ja langsam angehen lassen, das hoffte ich zumindest.

Ich lag lange Zeit wach und konnte keinen Schlaf finden, zu viele Fragen gingen mir im Kopf herum: Warum hatte er mich nicht zum Abschied geküsst? Will er überhaupt mein fester Freund werden? Und wenn ja, wie regeln wir das mit der Entfernung? War ich überhaupt bereit für eine Fernbeziehung? Und, und und...

Tja auf diese Fragen würde ich morgen versuchen, Antworten zu bekommen.

Am nächsten Tag, wurde ich erst gegen Mittag wach. Ich verfluchte mich mal wieder, so ein elender Langschläfer zu sein und machte mich in Rekordzeit fertig. Ich ging nach nebenan und klopfte vorsichtig an, aber es kam keine Reaktion. Hmh, vermutlich war Finn schon lange auf und voll mit Besorgungen für heute Abend beschäftigt. Ich war echt so ein Idiot. Warum hatte ich nicht daran gedacht mir einen Wecker zu stellen? Ich wollte ihm doch eigentlich meine Hilfe anbieten. In der schwachen Hoffnung, dass er vielleicht doch noch in seinem Zimmer war, öffnete ich die Tür und sah - Finn splitterfaser nackt vor mir stehen. Für einen Moment starrte ich ihn einfach nur an und kam nicht daran herum, seinen tollen Körper zu bewundern. Er war muskulös und hatte einen tollen Sixpack. Und das Ding, was da zwischen seinen Beinen hing, sah schon in nicht ausgefahrenen Zustand, ziemlich ansehnlich aus. Als mir bewusst wurde das ich ihn gerade ungeniert anstarrte, lief ich knallrot an und verließ fluchtartig das Zimmer. Da ich nicht wusste, wo ich sonst hingehen sollte, kehrte ich in das Gästezimmer zurück, ließ mich auf das Bett fallen und versteckte mich unter meinem Kissen. Oh man, ich lief hier echt von einem Fettnäpfchen in das nächste. Finn hielt mich jetzt bestimmt für einen notgeilen Perversen, so lange wie ich ihn gerade angegafft hatte.

Gerade als ich beschloss, am besten das Zimmer heute nicht mehr zu verlassen, klopfte jemand zaghaft an die Tür.

“Ja, bitte”, sagte ich um einen möglichst neutralem Tonfall bemüht.

“He, können wir kurz mal reden?”

Finn steckte seinen Kopf in die Tür und war zum Glück bereits wieder vollständig angezogen.

“He, hör zu. Es tut mir Leid... Ich wollte dich gerade nicht so anstarren..”, stammelte ich.

“He mach dir keinen Kopf. Ich würde sagen, das wir jetzt quitt sind. Jetzt haben wir uns beide bereits unfreiwillig nackt gesehen. Wir legen ja ein ganz schönes Tempo vor”, meinte Finn lachend.

“Dann bist du also nicht sauer und hältst mich auch nicht für einen Perversen?”

“Nein, sauer bin ich nicht. Und was die Sache mit dem Perversen betrifft, da bin ich mir ehrlich gesagt, nicht ganz sicher, so wie du mich eben angestarrt hast”, neckte er mich.

“He, mach dich nicht lustig über mich, das ist ganz schön gemein”, meinte ich entrüstet.”

“Ok, ich mach es wieder gut”, lachte er.

Er kam zu mir auf das Bett, sah mir tief in die Augen und griff nach meiner Hand. Mir lief es heiß und kalt den Rücken herunter und ich hatte Millionen Schmetterlinge im Bauch. Dann beugte er sich vor und küsste mich, einfach so. Ich konnte es nicht glauben, es war endlich passiert - mein erster Kuss und was für einer. Seine Lippen fühlten sich total weich an. Ich schloss die Augen, gewährte seiner Zunge Einlass und gab mich einfach nur diesem wundervollen Moment hin. Viel zu schnell ließ er leider von mir ab. Ich hätte ihn ewig küssen können.

“Und immer noch sauer”, fragte er mich frech.

“Nein, du hast es mehr als wieder gut gemacht”, antwortete ich verträumt.

“Komm lass uns runter gehen. Meine Mum wartet schon mit dem Essen.”

Nach einem schnellem Mittagessen begleite ich Finn und seine Mum noch in die Stadt, um diverse Besorgungen für die Geburttagsparty zu machen. Es dauerte Stunden bis wir den ganzen Kram besorgt hatten und abgekämpft wieder bei Finn zu Hause ankamen. Dort machten wir uns auch gleich an die Arbeit und vestauten die Einkäufe in der Küche. Die Getränke brachten wir gleich zum kühlen in die Kühlschränke im Partykeller. Als ich den Partykeller betrat, staunte ich nicht schlecht: Ich stand in einem riesigen Raum, der total gemütlich eingerichtet war. In der Ecke stand ein riesiger Tisch an dem locker 20 Personen Platz hatten. Darüber hinaus gab es eine kleine Bar, mit richtiger Theke, einen Billardtisch, eine gemütliche Sitzecke und sogar eine kleine Tanzfläche. Hier konnte man definitiv geile Partys feiern.

“Wow, das nenn ich mal einen geilen Partykeller”, entfuhr es mir.

“Ja, ist echt gut geworden. Ich habe aber auch echt viel Zeit und Mühe hier reingesteckt.”

“Ja, das sieht man. Es ist wirklich toll geworden.”

Wir machten uns an die Arbeit und verstauten Unmengen an Getränken, in die dafür vorgesehenen Kühlschränke. Anschließend deckten wir mit Martinas Hilfe noch den Tisch festlich ein. Circa 2 Stunden vor offiziellem Partybegin, waren alle Vorbereitungen abgeschlossen. Diese Zeit nutzen wir noch um ein bisschen zu Chillen und uns anschließend für die Party so richtig aufzubrezeln. Ich war bereits mächtig nervös Finn's Freunde kennenzulernen. Was ist wenn die mich nicht ausstehen konnten oder ich denen zu jung und unreif war? Ich wechselte auch gefühlte 1000 Mal mein Outfit, bis ich endlich einigermaßen zufrieden war. Ich war echt voll nervös. Finn schien das zu spüren, sagte mir immer wieder das ich in meinem Outfit gut aussehe und nahm mir so ein wenig die Anspannung. Auf der Party selber stellte sich dann heraus, dass meine Angst völlig unbegründet und Finn’s Freunde echt total nett waren.

Ich lernte auch endlich diesen ominösen Bill kennen, der zwar eigentlich Ben heißt, aber von Finn aufgrund seiner Verehrung für den Film “Kill Bill” immer Bill getauft wird, oder so. Genau habe ich da auch nicht durchgeblickt, aber ist ja auch egal. Auf jeden Fall waren Finn’s Freunde sehr nett zu mir. Ich wurde zwar neugierig beäugt und wir mussten erzählen wie und wo, wir uns kennengelernt hatten, aber ansonsten war es wirklich eine tolle Party.Die Verwechslungsstory mit den E- Mail Adressen fanden alle richtig krass, wobei einige anmerkten, dass sie die E-Mail Adresse von Ben gar nicht kannten, aber er hat wohl mehrere. Wie auch immer. Der Höhepunkt der Feier war , als wir uns kurz vor Mitternacht alle vor dem Haus versammelten und alle den Countdown bis Mitternacht abzählten. Um Punkt Zwölf Uhr wurden wir alle von einem Feuerwerk überrascht, dass Finn’ s Eltern vor dem Haus zündeten und allen wurde ein Glas Sekt in die Hand gedrückt. Es war einfach nur toll, sie hatten wirklich keine Kosten und Mühen gescheut. Danach war der Andrang an Gratulanten natürlich groß, so dass ich mich ganz hinten anstellen musste, bis ich Finn dann auch endlich gratulieren konnte.

“Da bist du ja endlich. Ich habe dich schon die ganze Zeit gesucht.”

“Ja der Andrang war groß. Ich musste mich in der Schlange ganz hinten anstellen”, lachte ich. “Ich wünsche dir auf jeden Fall alles gute zu deinem 18. Geburtstag und mögen alle deine Wünsche in Erfüllung gehen.”

“Eigentlich, habe ich gerade nur einen Wunsch”, meinte er und lachte mich anzüglich an.

“Du meinst, vor all deinen Freunden...”, stammelte ich ungläubig.

“Es ist ok. Sie wissen Bescheid. Ich bin schon seit einer Weile geoutet.”

Also fasste ich mir ein Herz und küsste ihn, während seine Freunde lautstark applaudierten und uns anfeuerten. Es war einfach zu schön, um war zu sein, der perfekte Moment. Anschließend wurde Finn von seinen Eltern noch die Schlüssel zu seinem neuen Flitzer übergeben und er freute sich natürlich wie ein Schnitzel und lag seinen Eltern daraufhin in den Armen. Nachdem das Auto ausgiebig von seinen Freunden bewundert wurde, machten wir uns wieder auf den Weg in den Partykeller, indem auch die restlichen Geschenke überreicht wurden. Ich kam mir aufgrund meines unpersönlichen Gutscheins richtig schäbig vor, aber Finn schien sich ehrlich darüber zu freuen. Den Rest der Nacht war Party angesagt. Die Musik wurde aufgedreht und es wurde abgetanzt. Die Stimmung war fröhlich und ausgelassen ,der Alkohol floss. Später in der Nacht wurde die Musik immer langsamer, so dass sich bald einige Pärchen auf der Tanzfläche bildeten, die eng umschlungen miteinander tanzten. Finn und ich waren auch dabei und obwohl wir das einzige Homopaar waren, störte sich niemand daran. Ich schwebte auf Wolke 7 und hoffte, dass diese Nacht niemals enden würde. So gegen 4 Uhr, als die meisten nicht mehr ganz nüchtern waren, lösten Finn’ s Eltern die Feier auf und spendierten Taxis für die Partygesellschaft, die dann alle wohlbehütet nach Hause brachten. Nachdem alle weg waren spürte ich, dass ich auch ganz schön angetrunken und müde war.

Daher war ich auch froh, dass wir uns direkt auf den Weg nach oben machten. Als ich schon im Begriff war ins Gästezimmer zu gehen, fragte Finn mich, ob ich heute bei ihm schlafen möchte und natürlich willigte ich sofort ein. Kaum waren wir in Finn’ s Zimmer, fingen wir an uns bis auf die Unterwäsche auszuziehen und wild miteinander zu knutschen, bis ich abrupt stoppte.

“Was ist los? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?”

„Nein Finn, du hast gar nichts falsch gemacht. Ich muss nur wissen, ob wir jetzt so richtig zusammen sind oder du nur ein bisschen Spaß mit mir haben willst, denn für so was bin ich nicht zu haben. Also,willst du mein fester Freund sein?”

Finn zog mich daraufhin zu sich und meinte:

“Klar, will ich das. Ich dachte, wir sind bereits zusammen und du wüsstest was ich für dich empfinde.”

“Naja, ich habe es gehofft, aber so richtig ausgesprochen hast du es nie, deswegen war ich mir nicht so sicher.”

“Will?”

“Ja”

“Halt die Klappe und küss mich.”

Wir verbrachten die Nacht zusammen in seinem Bett, aber außer küssen ist nichts gelaufen. Ich wollte zwar, aber Finn meinte das wir alle Zeit der Welt haben und er es langsam angehen lassen will, gerade weil er mein erster Freund ist. Einerseits fand ich das ganz süß von ihm, andererseits war ich aber auch richtig rattig und wäre gerne wenigstens ein bisschen weiter gegangen, aber so blieb es bei kuscheln und küssen.

Um 13 Uhr wurden wir von meinem Wecker, denn ich in weiser Voraussicht vorher noch gestellt hatte, unsanft aus den Schlaf gerissen.

Man hatte ich Kopfschmerzen und Finn neben mir der mich gerade aus verschlafenen Augen anblinzelte, sah auch nicht gerade wie das blühende Leben aus.

“Müssen wir schon aufstehen, können wir nicht noch ein bisschen liegen bleiben”, nuschelte er verschlafen.

“Nein, leider nicht. In 2 Stunden geht mein Zug nach Hause”, sagte ich niedergeschlagen.

Mit einem Mal war Finn plötzlich hellwach.

“Oh Fuck, das hatte ich ja total vergessen.”

“Ich will nicht nach Hause. Wir sind doch gerade erst zusammen gekommen. Wer weiß wann wir uns das nächste Mal sehen können?”

Ich war den Tränen nahe. Finn nahm mich liebevoll in den Arm und sagte:

“Ich will doch auch nicht das du gehst, aber morgen ist Weihnachten und ich glaube nicht, dass deine Eltern da auf dich verzichten möchten.”

“Ja ich weiß. Sie würden mir niemals erlauben hier zu bleiben und eigentlich freue ich mich ja auch auf Weihnachten mit ihnen. Am liebsten würde ich dich einfach mitnehmen, aber auch deine Eltetn werden wohl kaum auf dich verzichten können.”

Mit einem Mal sprang Finn aus dem Bett auf und zog sich an.

“Was hast du denn jetzt vor?”

“Ich kläre das mit meinen Eltern.”

“Ist das dein Ernst? Du willst wirklich Weihnachten bei mir zu Hause feiern?”

“Klar, ruf deine Eltern schon mal an und frag sie, ob das klar geht.”

Finn schaffte es irgendwie seine Eltern zu überzeugen in fahren zu lassen und auch meine Eltern hatten, nachdem sie nochmal Rücksprache mit Finn’ s Eltern gehalten hatten, nichts dagegen und so saßen Finn und ich 2 Stunden später im Zug zu mir nach Hause. Ich konnte es einfach nicht glauben, dieses Weihnachten würde das beste aller Zeiten werden.

Die Verabschiedung von Finn’ s Eltern, die natürlich noch darauf bestanden uns zum Bahnhof zu fahren, fiel sehr herzlich aus. Vor allem Martina beteuerte mir, dass ich ihn ihrem Hause immer willkommen sei und bei der Verabschiedung von ihrem Sohn liefen auch ein paar Tränchen. Finn hatte wirklich coole Eltern. Ich war ihnen so dankbar, dass sie uns diese Möglichkeit gaben, noch mehr Zeit miteinander verbringen zu können, das war ihnen sicher auch nicht leicht gefallen, gerade an Weihnachten. Deshalb rechnete ich ihnen das auch sehr hoch an. Unsere Route führte uns diesmal mit einem Doppelstock Intercity über Hannover, dort mussten wir dann auch bereits wieder umsteigen. Diesmal hatten wir für den Umstieg aber maßig Zeit, so dass keinerlei Stress auf kam. Unser ICE fuhr in Hannover dann auch pünktlich ein und wir konnten wirklich von Glück reden, dass wir unsere Plätze bereits vorreserviert hatten und vor allem das der Platz neben mir noch frei war, denn der Zug platzte aus allen Nähten. Finn und ich verbrachten die Zeit hauptsächlich mit Musik hören und waren dankbar für unsere Sitzplätze. Circa 2,5 Stunden später waren wir dann auch endlich in Würzburg angekommen und legten das letzte Stück mit dem Regio zurück. Keine 20 Minuten später wurde dann auch schon Kitzingen angesagt. Kurz vor dem Verlassen des Zuges drückte Finn nochmal kurz meine Hand und sie war schweißnass.

“Alles klar bei dir?”

“Ja passt schon. Ich hab nur ein bisschen Schiss, dass deine Eltern mich nicht mögen werden.”

“Ach, Quatsch. Die werden dich lieben und weißt du warum?”

“Nein, warum denn?”

“Ganz einfach, weil ich dich liebe und du mich glücklich machst”

Oops, jetzt hatte ich ganz ausversehen, die 3 großen Worte gesagt. Es war mir einfach so rausgerutscht. Finn sah mich mit großen Augen an. Oh nein, hoffentlich hatte ich ihn jetzt nicht mit meinem überstürzten Liebesgeständnis total erschreckt. Die Türen gingen auf und es blieb leider keine Zeit mehr, das klarzustellen. Man, warum konnte ich nicht mal erst nachdenken und dann sprechen. Kaum hatten wir den Bahnsteig betreten erblickte ich auch schon meine Eltern, die auch Mark noch im Schlepptau hatten. Meine Eltern begrüßten mich, als wäre ich ewig weg gewesen und umarmten mich stürmisch. Mark und ich begrüßten uns wie immer mit unserem coolen Check. Dann kam Finn an die Reihe und er gab meinen Eltern und Mark höflich die Hand, stellte sich artig vor und bekam der Reihe nach, noch naträgliche Geburtstagsglückwünsche. Es war total niedlich wie schüchtern er die Glückwünsche entgegennahm. Danach verstauten wir unser Gepäck im Auto und begaben uns auf die kurze Fahrt nach Hause. Meine Eltern und Mark löcherten uns natürlich die Fahrt über mit Fragen und wir mussten ausführlich, also vor allem ich, Finn hielt sich nämlich vornehm zurück, über die Geburtstagsparty berichten. Zu Hause angekommen aßen wir noch alle gemeinsam zu Abend, bevor Mark, Finn und ich, uns in mein Zimmer abseilen wollten.

“Also wir gehen dann mal hoch”, meinte ich.

“Wir haben Finn bereits das Gästezimmer hergerichtet. Ihr könnt seine Sachen dort hochbringen” sagte meine Mum plötzlich.

“Mum, das wird nicht nötig sein. Finn wird bei mir im Zimmer schlafen. Ihr habt euch die Mühe umsonst gemacht.”

“Das glaube ich nicht. Wir möchten, das Finn im Gästezimmer schläft und jetzt keine Widerrede”, mischte sich jetzt auch mein Vater ein.

“Oh man, ich bin doch kein kleines Kind mehr, also behandelt mich nicht auch so. Finn und ich sind zusammen. Ich möchte nicht, dass er wo anders schläft.”

“Wir möchten das aber”, übernahm meine Mum jetzt wieder das Ruder. “Nichts für Ungut Finn, das geht überhaupt nicht gegen dich, aber wir wollen dich einfach noch ein bisschen besser kennenlernen und würden uns einfach wohler fühlen, wenn du so lange im Gästezimmer schläfst.”

“Ja, natürlich Frau Turner. Das ist doch überhaupt kein Problem”, schleimte Finn rum.

“Nenn mich doch bitte Linda. Bei Frau Turner, fühle ich mich immer so alt”, meinte meine Mutter honigsüß.

“Und ich bin übrigens der Marcus”, schloss mein Vater sich gleich an.

Etwas angesäuert verzog ich mich danach mit Finn und Mark, in mein Zimmer.

“Schön das du dich gleich mit meinen Eltern verbrüdert hast und mir in den Rücken gefallen bist”, meinte ich vorwurfsvoll an Finn gerichtet.”

“Ok, bei eurer ersten Ehekrise wäre ich ungern dabei”, witzelte Mark unpassend und machte sich schnell aus dem Staub.

“Deine Eltern machen sich doch nur Sorgen um dich. Es ist doch OK, wenn ich erstmal im Gästezimmer schlafe.”

“Ja ich weiß, trotzdem kotzt es mich an, dass sie mich immer noch wie ein kleines Kind behandeln.”

Finn kam auf mich zu und nahm mich in den Arm.

“Bist du böse auf mich, dass ich dich nicht unterstützt habe?”

“Nein, bin ich nicht. Deine Antwort hat meinen Eltern offensichtlich auch gefallen, sonst hätten sie dir nicht gleich das “Du” angeboten. Kleiner Schleimer du”, lachte ich und küsste ihn zärtlich.

Doch es gab noch eine Sache die mir auf der Seele brannte und die ich unbedingt mit Finn noch klären musste.

“Du Finn, wegen vorhin am Bahnsteig...also wegen der “Ich liebe dich” Geschichte, das ist mir einfach so, ohne nachzudenken rausgerutscht... vergiss einfach was ich gesagt habe”, stammelte ich.

“He, mach dir keinen Kopf. Ich fand deine Liebeserklärung ja echt süß, aber die 3 großen Worte will ich erst sagen, wenn ich mir auch wirklich ganz sicher bin. Das verstehst du doch, oder?”

“Ja, klar. Sorry das war dumm von mir. Ich wollte dich nicht damit so überfahren. Ist alles gut zwischen uns?”

Statt einer Antwort, nahm er mich in den Arm und küsste mich zärtlich. Oh Man, ich war noch nie in meinem Leben so verliebt, Finn war einfach perfekt.

Den Rest des Abends zockten wir noch etwas auf meiner PlayStation, bevor wir uns dann, nicht ohne ausgiebigen Abschiedskuss, leider voneinander trennen mussten. Zu gerne hätte ich die Nacht mit ihm zusammen verbracht und ich glaube ihm ging es genauso. Kaum hatte er mein Zimmer verlassen, stattete meine Mum mir auch schon einen Kontrollbesuch ab. Obwohl sie erst anklopfte, wusste ich das sie es war.

“Du musst nicht klopfen Mum, er ist schon weg.”

“Darf ich reinkommen?”

“Ja komm rein.”

Meine Mum schloss die Tür hinter sich und setzte sich auf mein Bett.

“Es ist nicht so, dass wir dich für ein kleines Kind halten. Ich weiß du bist schon 16 Jahre alt und fängst an deine eigenen Entscheidungen zu treffen, aber denoch wirst du immer unser kleiner Junge bleiben. Wir wollen dich doch nur beschützen.”

“Vor was denn beschützen, Mum? Vor Finn?”

“Es ist nicht so, das wir Finn nicht mögen würden, aber das zwischen euch ging so verdammt schnell. Ihr schützt euch doch William?”

“Oh Mum, wir haben bisher noch nicht einmal an Sex gedacht. Wir sind doch gerade erst zusammen gekommen.”

Ich sah meiner Mum an, dass sie wirklich erleichtert war.

“Liebst du ihn Schatz?”

“Ja, so sehr wie ich noch nie einen anderen Menschen geliebt habe.”

“Ja, das habe ich mir schon gedacht. Man kann es dir ansehen. Deine Augen strahlen richtig, wenn du ihn ansiehst. Empfindet er das gleiche für dich?”

“Ja, ich denke schon, sonst wäre er wohl nicht mit zu mir nach Hause gekommen und hätte auf Weihnachten mit seinen Eltern verzichtet.”

“Ja, da ist schon was dran. Ich freue mich für dich, wirklich. Es gibt nichts schöneres, als die erste große Liebe. Ich will nur nicht das du verletzt wirst, verstehst du das?”

“Ja Mama das verstehe ich. Du musst dir keine Sorgen machen. Finn liebt mich und er wird mir ganz sicher nicht weh tun.”

“Ok, aber du versprichst mir, das ihr es langsam angehen lasst. Und falls es irgendwann in ganz ferner Zukunft zum Sex kommt, euch unbedingt zu schützen.”

“Ja, ich verspreche es”, meinte ich grinsend.

Meine Mum nahm mich ganz fest in den Arm und sagte:

“Ich hab dich lieb”

“Ich dich auch, Mama.”

In der Nacht lag ich noch eine Weile wach und hing meinen Gedanken nach. Ich war einfach nur glücklich: Morgen war Weihnachten und ich würde das Fest der Liebe, zum ersten Mal auch tatsächlich mit meinem Freund verbringen. Mein Freund? Das hörte sich immer noch komisch an für mich. Wie lange schon hatte ich mich nach jemandem wie Finn gesehnt und jetzt hatte ich ihn endlich gefunden. Ich hätte nicht glücklicher sein können. Der morgige Tag würde einfach perfekt werden. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, wie sehr ich mich da irrte.

Am nächsten Morgen wachte ich voller Vorfreude auf. Heute würde das beste Weihnachtsfest aller Zeiten werden, da war ich mir ganz sicher. Voller Energie stand ich auf und ließ die Rolläden in meinem Zimmer hoch. Der Anblick der sich mich dann bot, war einfach nur magisch. Es musste in der Nacht geschneit haben, denn draußen war alles von einer dichten, weißen Schneedecke bedeckt. Wie viele Jahre war ich bitter enttäuscht, weil ich meine weiße Weihnachten nicht bekommen hatte, doch diesmal kam alles zusammen - es war einfach perfekt. Ich zog mir schnell etwas an und ging nach nebenan ins Gästezimmer. Ohne anzuklopfen trat ich ein und sah das mein Freund noch tief und fest schlummerte. Kurzentschlossen ließ ich bei ihm die Rolläden hoch und ließ etwas Tageslicht in das Zimmer. Finn zog sich die Decke über den Kopf und jammerte:

“Man, was machst du denn? Es ist doch noch mitten in der Nacht. Lass die Rolläden wieder runter, ich will noch schlafen.”

“Nichts da, du Schlafmütze. Steh auf! Es ist Weihnachten und es hat geschneit. Draußen ist alles weiß. Du musst mit mir raus kommen. Komm, zieh dir was an!”

“Man, Will. Wieso bist du am frühen Morgen schon so aufgekratzt? Hast du schon einen Liter Kaffee intus oder was ist mit dir los?”

“Man Finn. Jetzt komm schon. Ich habe mir schon so lange weiße Weihnachten gewünscht und jetzt ist es endlich so weit. Komm mit mir raus! Wir bauen einen Schneemann oder machen eine Schneeballschlacht!”

“Ist das dein Ernst,” meinte Finn grummelig.

“Ja, mein voller ernst und jetzt steh endlich auf!”

Ich zog energisch seine Decke zurück.

“Man Will, gib mir meine Decke wieder. Ich friere. Mir ist voll kalt.”

“Mi mi mi”, neckte ich ihn.

“Na warte, du kleiner Frechdachs.”

Mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm nicht zugetraut hätte, sprang Finn vom Bett auf, schnappte mich und warf mich auf selbiges. Er fixierte meinen Oberkörper, indem er sich auf mich setzte und hielt meine Arme fest.

“So sind wir jetzt immer noch so frech”, fragte er mit einem überlegenen Grinsen im Gesicht. “Entschuldige dich dafür, dass du mir die Decke weggezogen hast!”

“Niemals!”

“Dann werde ich dich wohl, aber übel bestrafen müssen.”

“Also, die schlimmste Strafe die ich mir vorstellen könnte wäre, wenn du mich mit deinem Morgen Mundgulli küssen würdest”, meinte ich lachend.

“Du kleines, freches Stück”, sagte Finn grinsend.

Danach trafen sich unsere Lippen zu einem gigantischem Kuss. Die Situation Finn so hilflos ausgeliefert zu sein, machte mich tierisch an, so dass sich in meiner Hose bald eine verräterische Beule bildete.

“Nanu, da ist wohl noch jemand anderes wach geworden”, witzelte Finn.

Die Situation war mir ziemlich unangenehm, also entwandte ich mich seinem Griff und sprang mit hochrotem Kopf vom Bett auf.

“Sorry, die Situation war nur so geil”, meinte ich entschuldigend.

“He, nichts für das man sich schämen müsste und es ist ja auch irgendwie ein Kompliment für mich.”

Für einen Augenblick herrschte eine angespannte Stille im Raum, bis Finn plötzlich meinte:

“Komm lass uns raus gehen. Ich hätte Bock auf eine Schneeballschlacht.”

Damit war das Eis gebrochen. Finn zog sich schnell was über und keine 5 Minuten später tollten wir ausgelassen, wie die kleinen Kinder im Garten und warfen uns die Schneebälle um die Ohren.

Das ging so lange bis meine Mutter uns hinein rief, damit wir uns nicht erkälten. Sie verordnete uns dann auch gleich noch eine heiße Dusche, die wir leider getrennt einnahmen. Man, Finn zog das mit “es langsam angehen lassen” echt durch. Ginge es nach mir, würden wir auch mal einen Schritt weiter gehen, als bloß küssen. Aber gut ich will mich nicht beschweren, die Ferien haben ja gerade erst angefangen und wir haben noch jede Menge Zeit, bis Finn wieder nach Hause muss. Daran mag ich gar nicht denken, aber wir werden uns wohl damit abfinden müssen, die nächsten Jahre eine Fernbeziehung zu führen, aber Finn ist mir alle mal die Mühe wert.

Meine Mum machte uns Rührei mit Speck zum Frühstück und wir langten kräftig zu. Wie immer an Heiligabend, begann meine Eltern danach das Festmahl gemeinsam zuzubereiten und wollten freie Bahn in der Küche. Das gab mir und Finn die Gelegenheit uns in mein Zimmer zu verkrümeln und erst einmal ausgiebig an der Playsi zu daddeln. Dieses Jahr werden wir Weihnachten zu viert verbringen, da meine Großeltern ja leider in die USA gezogen sind und zu den Eltern von Mum haben wir keinen Kontakt. Ich habe sie, wenn es hoch kommt, ein paar Mal gesehen und immer endete es im Streit. Ich weiß nur das irgendetwas in der Vergangenheit vorgefallen ist, aber Mum möchte nicht darüber reden. Schade eigentlich, dabei wäre Weihnachten doch echt eine gute Gelegenheit, um sich endlich miteinander zu versöhnen. Letztes Weihnachten versuchte ich Mum davon zu überzeugen sich endlich mit ihren Eltern auszusöhnen, aber keine Chance - sie wohlte partout nicht darauf eingehen. Naja was soll ich machen, wenn sie so unversöhnlich ist. Was kann denn bitte so schlimm sein, dass man den Kontakt komplett abbricht und nicht mehr miteinander redet, nicht einmal an Weihnachten? Ich verstehe es einfach nicht und Mum erzählt mir auch nichts. Die ganze Sache hat natürlich letztes Jahr ein wenig die Stimmung getrübt, aber diesmal würde ich mir von nichts die Stimmung verderben lassen. Warum auch? Ich habe alle Menschen, die ich liebe dieses Jahr dabei, da konnte es ja nur ein großartiges Fest werden.

Gegen Mittag, wurden Finn und ich von meinem Dad nach unten gerufen, um den Weihnachtsbaum zu schmücken. Traditionell war es eigentlich die Aufgabe von mir und meinem Dad, aber dieses Jahr bekam Finn die Ehre mir dabei helfen zu dürfen. Die Geschenke lagen bereits unter dem noch ungeschmücktem Baum und da wurde mir schlagartig bewusst, dass ich ja noch gar kein Geschenk für Finn hatte.

“Scheiße, mir ist gerade eingefallen, dass ich ja gar kein Geschenk für dich habe. Ich muss nochmal in die Stadt und dir was besorgen.”

Als ich schon panisch nach meiner Jacke griff, hielt Finn mich fest und sagte:

“He, hast du schon mal auf die Uhr gesehen? Es hat doch gar kein Geschäft mehr auf. Schon gar nicht hier. Dann müsstest du schon nach Würzburg fahren.”

“Egal, ich schaffe das schon.”

“Jetzt hör mir mal zu: Ich erwarte überhaupt kein Geschenk von dir. Wir haben uns gerade erst kennengelernt und du konntest gar nicht wissen, dass ich Weihnachten hier verbringen würde.”

“Trotzdem das ist voll blöd. Es ist Weihnachten und für den Menschen, der mir am meisten bedeutet, habe ich kein Geschenk.”

“He, mein größtes Geschenk bist du. Ich bin so froh, dass ich dich endlich gefunden habe.”

“Oh man, du bist so süß. Ich liebe dich. Verdammt, jetzt habe ich es schon wieder gesagt...”

Mitten in meinem Redeschwall, küsste Finn mich.

“Schon gut. Es ist alles gut.”

Ich hätte mir zwar eine andere Antwort gewünscht, aber man nimmt ja, was man kriegt. Nein, Finn hat schon Recht, wir haben uns ja gerade erst kennengelernt und eigentlich ist es noch zu früh für die 3 Worte, aber was soll ich denn machen, ich liebe ihn nunmal. Das ich an Weihnachten auch immer so sentimental werden muss, aber ich war einfach nur glücklich.

Wir holten die Weihnachtsdeko aus dem Keller und machten uns an die Arbeit und das Ergebnis konnte sich auch wirklich sehen lassen. Nachdem meine Eltern ihre Vorbereitungen in der Küche abgeschlossen hatten, nahmen sie sich die Zeit das Ergebnis unserer Bemühungen, ausdrücklich zu loben. Der Baum sah auch wirklich toll aus und strahlte mit mir um die Wette.

Wie jedes Jahr wurde die Weihnachtsgans pünktlich um 18 Uhr aufgetragen. Meine Eltern hatten sich dieses Jahr besonders viel Mühe gegeben, denn es sah wirklich toll aus was sie uns so auftischten und es schmeckte noch besser. Satt und zufrieden, näherten wir uns endlich dem Höhepunkt des Abends - der Bescherung. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, dass Finn heute Abend gar keine Geschenke bekommen würde, aber er meinte nur, dass sie ja bei ihm zu Hause auf ihn warten würden. Ich bekam von meinen Eltern endlich die neue Babolat Tennistasche, die ich mir schon so lange gewünscht hatte, samt 4 neuer Rackets vom gleichen Fabrikat. Ich war einfach nur baff und viel meinen Eltern freudestrahlend in die Arme. Für das Geschenk an meine Eltern, hatte ich mir dieses Jahr besonders viel Mühe gegeben. Ich hatte in mühevoller Kleinstarbeit die Höhepunkte meines bisherigen Lebens, von meiner Geburt bis jetzt, in einem dicken Fotoalbum zusammengefasst und übereichte es nun meinen Eltern. Diese waren dann auch so begeistert, dass sie Tränen in den Augen hatten und sich gleich daran machten das Fotoalbum mit mir durchzublättern. Wir hatten beim durchsehen der Fotos einen Riesenspaß und immer wieder vielen meinen Eltern Anekdoten zu den einzelnen Bildern ein. Nur Finn hielt sich trotz meiner Einladung die Fotos mit uns gemeinsam anzusehen, seltsamerweise zurück und blieb starr auf seinen Platz sitzen. Zunächst dachte ich mir auch nichts dabei, ich vermutete das er uns als Familie diesen emotionalen Moment lassen wollte, ohne sich da einzumischen. Doch dann meinte er plötzlich:

“Man, was seid ihr nur für eine Bilderbuchfamilie - einfach die perfekte Familie, hab ich Recht? Ich habe auch noch ein Geschenk für euch, genauer gesagt, eigentlich für dich, Linda.”

Ohne eine weitere Erklärung, übergab er meiner Mutter ein Kouvert. Ich war sichtlich irritiert von Finn’s seltsamen Verhalten und meiner Mum schien es genauso zu gehen. Mit einem leichten Stirnrunzeln nahm sie das Kouvert entgegen und sagte:

“Aber das wäre doch nicht nötig gewesen. Du musst mir doch nichts schenken Finn.”

“Doch, doch. Es ist mir ein Bedürfnis, dir dieses Geschenk zu überreichen” meinte Finn geheimnisvoll. “Willst du es denn nicht aufmachen?”

“Doch, klar.”

Meine Mum öffnete das Kouvert und zog ein altes, leicht verblichenes Foto heraus. Sie betrachte das Foto und wurde plötzlich ganz blass.

“Wo hast du das her”, fragte sie tonlos.

“Wieso gefällt es dir nicht?”

“Ich habe gefragt, wo du das Foto her hast”, schrie sie Finn plötzlich an.

Ich verstand jetzt nur noch Bahnhof und rieß daher meiner Mum das Foto aus der Hand. Es zeigte eine Junge Frau mit einem neugeborenen Säugling auf den Arm. Bei genauerer Betrachtung war die Ähnlichkeit von der Frau auf dem Foto, mit meiner Mutter unverkennbar.

“Mum, bist du das?”

“Halt dich da raus William! Antwortete mir jetzt gefällig, wo hast du dieses Foto her?”

Meine Mum machte mir langsam Angst, irgendetwas stimmte hier gewaltig nicht.

“Das Foto hast du mir mitgegeben, als du mich damals in die Babyklappe entsorgt hast. Ich habe es all die Jahre aufgehoben.”

“Oh mein Gott”, entfuhr es meiner Mutter, die ihre Tränen nicht länger zurückhalten konnte.

“Wie ist es dir ergangen? Bist du in eine nette Familie gekommen ”, fragte sie mit zitternder Stimme.

Ich lauschte Finn’s folgender Erklärung wie gelähmt, unfähig auch nur einen klaren Gedanken zu fassen.

“Eine nette Familie? Ich bin im Heim aufgewachsen und habe mir jeden verdammten Tag gewünscht, dass du mich bald abholen kommst. Als ich noch klein war, war es besonders schlimm, speziell an meinen Geburtstagen und an Weihnachten. Das Leben im Heim war hart. Schläge und Beleidigungen waren an der Tagesordnung. Ich war 5 Jahre alt, als ich zum ersten Mal in eine Pflegefamilie kam. Ich war so froh endlich das Heim hinter mir lassen zu können und in einer richtigen Familie leben zu können. Doch was mich dort erwartete war schlimmer, als alles das ich mir vorstellen konnte. Meine Pflegeeltern waren Monster und machten sich einen Spaß daraus mich zu quälen. Die Schläge und die Demütigungen steckte ich ja noch einigermaßen weg, schließlich war ich vom Heim auch nichts anderes gewöhnt. Doch es wurde immer schlimmer. Eines Tages kam mein Pflegevater mal wieder völlig besoffen nach Hause. Da ich schon aus leidvoller Erfahrung wusste, wie gewaltätig er in diesen Zustand werden konnte, brachte ich mich sicherheitshalber in meinen Zimmer in Sicherheit. Doch auch dort war ich nicht vor ihm sicher. Er kam in mein Zimmer und schlug mir mitten ins Gesicht. Doch diesmal war es anders als sonst: Er zog sich die Hose herunter und verlangte das ich ihn dort unten anfasse. Als ich nicht gleich tat, was er verlangte, setzte es noch mehr Schläge. In dieser Nacht zwang er mich ihn oral zu befriedigen. Obwohl ich damals erst 6 Jahre alt war, wusste ich das es von jetzt an, immer schlimmer werden würde. Noch in dieser Nacht, packte ich meine wenigen Habseligkeiten zusammen und haute ab. Es dauerte nicht lange, bis ich von der Polizei aufgelesen wurde und in das Heim zurückgebracht wurde. Obwohl ich weder der Polizei, noch der Heimleitung erzählte was vorgefallen war, wurde aufgrund meines traumatisierten Zustandes entschieden, dass ich nicht mehr in die Pflegefamilie zurückkehren musste. In den folgenden Jahren blockte ich jeden Vermittlungsversuch in eine neue Pflegefamilie erfolgreich ab und irgendwann gab ich auch die Illusion auf, dass meine leibliche Mutter mich doch noch abholen kommen würde. Hoffnung verwandelte sich in Wut und ich rutschte immer mehr ab. Durch einen Zufall lernte ich dann mit 12 Jahren Martina kennen. Ich wurde gerade im Kaufhof von einem Ladendetektiv beim klauen erwischt, als sie sich vor ihm als meine Mutter ausgab und mir eine Menge Ärger ersparte. Von diesem Tag an, trafen wir uns regelmäßig. Ich mochte sie vom ersten Augenblick an, denoch dauerte es lange bis ich Vertrauen zu ihr fasste und ihr alles erzählte. Irgendwann lernte ich auch Stefan kennen. Wie ihr euch vorstellen könnt, hatte er es besonders schwer, an mich ranzukommen. Als ich 13 Jahre alt war, entschlossen sich die Melchert’s mich als Pflegekind bei sich aufzunehmen und 2 Jahre später adoptierten sie mich sogar. Ich hatte wirklich großes Glück Martina begegnet zu sein, keine Ahnung was sonst aus mir geworden wäre. Bei den Melchert’ s fühlte ich mich endlich angekommen, aber dennoch ließ mich der Gedanke an meine leibliche Mutter nicht los. Ich musste einfach wissen, wo ich her kam und warum sie mich damals wie ein Stück Müll in der Babyklappe entsorgt hat. Vor allem Martina unterstützte mich sogar bei der Suche nach dir. Wir setzten Himmel und Hölle in Bewegung, doch aus den Behörden war einfach nichts rauszubekommen. Irgendwann gab ich dann die Suche frustriert auf, bis ich dann durch einen Zufall diesen Zeitungsartikel über Will in den Händen hielt. Auf dem Foto, dass in der Zeitung abgedruckt war, habe ich dich sofort erkannt. Danach habe ich Nachforschungen über Will angestellt und ihn auch tatsächlich auf Facebook gefunden. Ich hatte keine Ahnung wie ich am besten mit ihm Kontakt aufnehmen sollte. Ihn einfach anzuschreiben kam für mich nicht in Frage, ich wollte schließlich nicht das er mich für einen Stalker oder sowas hält und den Kontakt sofort wieder abbricht. Dann entdeckte ich aber, dass auf seinem Profil eine E-Mail Adresse hinterlegt war. Zusammen mit meinem besten Freund dachten wir uns dann diese Nummer mit der versehentlich verschickten E-Mail aus und Will biss tatsächlich auch an. Ich lud ihn zu meiner Geburtstagsfeier ein, um mich mit ihm anzufreunden. Naja ich merkte dann ziemlich schnell, dass Will auch schwul und an mir interessiert war. Das spielte mir natürlich in die Karten. Mein Plan war von Anfang an, dass er mich an Weihnachten zu sich nach Hause einlädt, denn ich wollte unbedingt an Heiligabend die Bombe platzen lassen, genau an dem Tag als du mich in der Babyklappe ausgesetzt hast. Mir war bewusst, dass er nur irgendeinen Kumpel nicht an Weihnachten mit nach Hause nehmen würde, also musst ich einen Schritt weiter gehen. Ich spielte ihm also vor, dass ich mich in ihn verliebt hätte und bumm, kamen wir zusammen und er lud mich wie geplant, an Weihnachten zu sich nach Hause ein. Und jetzt sitze ich hier mit der perfekten Familie, in der für mich offensichtlich kein Platz war. Ich könnte kotzten wenn ich euch so sehe. Wie emotional ihr euch diese Fotos von eurem perfekten Leben anseht. William hat es offensichtlich nie an etwas gefehlt. Er ist liebevoll und wohl behütet aufgewachsen, während ich durch die Hölle ging. Ich wollte euch weh tun und es tut gerade so gut, das könnt ihr mir glauben.

Ich will einfach nur wissen warum ich euch nicht gut genug gewesen bin?”

Meiner Mum liefen stumme Tränen über die Wange und mein Vater schien einfach nur entsetzt zu sein. Während Finn’ s Ausführungen war ich in eine Art Schockstarre gefallen, aus der ich jetzt erst allmählich erwachte. Mir wurde schlagartig bewusst, dass Finn die ganze Zeit nur mit mir gespielt hatte, um an meine Mum ranzukommen. Ich war nur eine Figur auf seinem kranken Schachbrett.

“Du hast mir also die ganze Zeit nur etwas vorgespielt? Du liebst mich gar nicht?”

“Wir sind Brüder, du Idiot. Hast du mir gerade nicht zugehört?”

“Aber, du hast mich geküsst!”

“Hättest du mir sonst abgenommen, dass ich in dich verknallt bin?”

“Was bist du nur für ein krankes Schwein. Ich hasse dich!”

Daraufhin gab ich ihm eine saftige Ohrfeige und verließ den Raum. Ich dachte nicht lange nach und schnappte mir meine Jacke. Ich musste einfach raus hier. Ich konnte keine Minute länger mit Finn unter einem Dach verbringen. Ich verließ das Haus und rannte so schnell, wie mich meine Füße trugen. Ich hörte meinen Vater noch hinter mir her rufen, aber ich hielt nicht an. Ich rannte immer weiter ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Tränen liefen mir die Wangen herunter. Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so verletzt worden. Ich hatte ihn wirklich geliebt, aber ich war einfach nur ein Spielball in seinem perversen Plan für ihn. Wie konnte ich nur so dumm sein? Ich hatte ihn seine gespielten Gefühle voll abgenommen und nicht eine Sekunde an seiner Aufrichtigkeit gezweifelt. Er hat sich bestimmt, mit seinem besten Kumpel über mich kaputt gelacht, wie blöd und naiv ich doch sei. Ich bin geradezu mit Anlauf in seine Falle getappt und habe diese ganze Geschichte mit der Mail, nie hinterfragt. Ich fühlte mich so benutzt. Was war Finn nur für ein Mensch? OK, er hatte sicherlich eine schwere Kindheit, aber das gibt ihm noch lange nicht das Recht, so mit Menschen und ihren Gefühlen zu spielen. Wir waren tatsächlich Brüder! Ich konnte es einfach nicht fassen.Meine Eltern hatten in all den Jahren, nie ein Wort über einen Bruder verloren. Wie hatte es meine Mutter nur fertig gebracht, ihren eigenen Sohn in einer Babyklappe abzugeben? Und was hatte Dad mit dieser ganzen Sache zu tun? Ich verstand die Welt nicht mehr. Meine Eltern hatten mich mein ganzes Leben lang belogen. Ausgerechnet die Menschen, denen ich am meisten in dieser Welt vertraute, haben mich ebenfalls verraten. Ich rannte weiter bis meine Lungen brannten und erst jetzt sah ich, dass ich mich mitten vor einem Bahnübergang befand. Die Schranke ging runter - ein Zug würde bald einfahren. Für einen kurzen Moment ging mir tatsächlich durch den Kopf mich einfach vor diesen Zug zu stellen, dann könnte mir nie wieder jemand weh tun. Ich hörte meinen Vater im Hintergrund schreien. Er musste mir die ganze Zeit über gefolgt sein. Ich drehte mich nicht um. Die Lichter des Zuges kamen näher, sie hypnotisierten mich irgendwie und wirkten seltsam tröstlich auf mich. Ich war wie in Trance.

“Will runter von den Gleisen. Bist du wahnsinnig “, hörte ich meinen Vater rufen.

Ich erwachte aus meiner Starre und ging einen Schritt zurück - gleichzeitig wurde ich grob von meinen Vater nach hinten gezerrt. Wir verloren beide das Gleichgewicht und fielen nach hinten - mein Vater vorne weg und ich auf ihn drauf. Danach brachen bei mir alle Dämme und ich bekam einen Heulkrampf. Gleichzeitig schlug ich mit den Fäusten immer wieder auf meinen Vater ein.

“Wie konntet ihr mich nur all die Jahre so belügen. Ich hasse euch!”

Mein Dad wehrte meine Schläge so gut es ging ab und versuchte mich irgendwie zu beruhigen.

“Will, hör auf. Beruhige dich endlich! Deine Mutter hatte ihre Gründe dir nichts zu erzählen, glaube mir.”

“Was willst du damit sagen, sie hatte ihre Gründe?”

“Will, deine Mutter hatte es nicht leicht früher. Selbst mir, hat sie diese Geschichte erst nach Jahren erzählt. Bitte gib ihr die Chance, dir alles zu erklären.”

Er wiegte mich ihm Arm und gab beruhigende Laute von sich. Er konnte nun auch seine Tränen nicht länger zurückhalten.

“Will sei jetzt bitte ehrlich zu mir: Hattest du gerade wirklich vor, dich vor diesen Zug zu werfen?”

“Nein. Ich bin einfach blind losgerannt. Ich war so verzweifelt und dann stand ich auf einmal vor diesem Bahnübergang. Ich hätte es aber nie fertig gebracht, mich vor den Zug zu werfen. Ich will leben, ok - trotz allem.

“Du glaubst gar nicht wie froh ich bin, das zu hören”, sagte mein Vater und nahm mich ganz fest in den Arm.

“Will, wir müssen zurück. Du musst deiner Mum die Chance geben, dir die ganze Sache zu erklären.”

“Ja ich weiß, aber ich will Finn nicht mehr sehen, ok? Sorgst du bitte dafür das er abhaut?”

“Ich verspreche es. Und wenn ich ihn persönlich nach Hause fahren muss.”

“Danke, Dad.”

Kurze Zeit später standen wir bereits wieder vor unserem Haus. Es hatte gerade wieder das schneien angefangen.Wie hatte ich mich nur auf dieses Weihnachten gefreut, dachte ich mir bitter und jetzt stand mein Leben vor einem Scherbenhaufen. Ich atmete tief durch.

“Will bist du bereit?”

“Eigentlich nicht, aber ich brauche Antworten. Also lass es hinter uns bringen.”

Als ich gemeinsam mit meinem Vater das Haus betrat, stellte ich mir wirklich viele Szenarien vor, aber nicht dass, was ich dann tatsächlich dort vorfand. Meine Mum und Finn lagen sich in den Armen und weinten beide heftig. Dieses Bild machte mich so wütend, dass es einfach so aus mir herausplatzte:

“Na verbrüderst du dich gerade mit der Person, die mir am meisten auf der Welt weh getan hat? Aber eigentlich passt ihr ja ganz gut zusammen. Ihr seid beide nämlich, elende Lügner.”

“Will du verstehst das nicht. Er ist mein Sohn!”

“Ach und ich nicht, oder was?”

Mein Vater legte mir seine Hand auf die Schulter.

“Will lass deine Mum bitte ausreden.”

“William, es tut mir so Leid”, sagte meine Mutter mit tränenerstickter Stimme.

“Wieso hast du in all den Jahren nie etwas gesagt?”

“Ich konnte einfach nicht, Will. Ich wollte das du deine Großeltern unbelastet kennenlernst. Ich bin in einem furchtbar konservativen Elternhaus aufgewachsen. Wir lebten in einem kleinen Gemeinde, in der mein Vater der örtliche Pfarrer war. Von mir als Tochter wurde stets Schicklichkeit und Zurückhaltung erwartet. Als kleines Kind war das ja auch noch in Ordnung, aber als ich dann in die Pubertät kam, änderte sich alles. Als ich das erste Interesse an Jungs zeigte, wurde ich auch auf eine katholische Mädchenschule geschickt, damit ich bloß mit dem anderen Geschlecht nicht in Berührung kam. Meine Eltern waren sehr streng und schreckten auch vor körperlicher Gewalt nicht zurück, wenn ich nicht spurte. Mir wurde mehr und mehr von ihnen die Luft zum Atmen genommen, ich hielt es zu Hause einfach nicht mehr aus. Eines Tages hatten wir einen Rummel in unserem Dorf und obwohl mir meine Eltern ausdrücklich untersagten dort hinzugehen, ging ich doch heimlich mit einer Freundin hin. Ich war ganz euphorisch: Die bunten Lichter, die vielen Stände mit köstlichen Leckereien und sogar einige Fahrgeschäfte - ich hatte mich in meinem ganzen Leben noch nie so frei gefühlt. In einem Fahrgeschäft viel mir ein Junge auf, er arbeitete dort. Es war bei mir Liebe auf den ersten Blick, wie man so schön sagt. Er war groß, dunkelhaarig und hatte ein Lächeln zum niederknien. Ich war natürlich viel zu schüchtern, um mit ihm ins Gespräch zu kommen, aber er lächelte mich die ganze Zeit an. Als er zu uns rüber kam, waren ich und meine Freundin ganz aufgeregt. Wir kamen ins Gespräch und ich war sofort hin und weg. Er sah mich an, als wenn ich das einzige Mädchen auf dieser Welt wäre und meine Freundin war sofort abgeschrieben. Selbst als meine Freundin wütend davonstampfte, blieb ich bei ihm. Er zeigte mir seinen Wohnwagen, indem er in der Zeit während des Rummels mit seinem Dad lebte. Naja, ich hatte überhaupt keine Ahnung von Jungs, geschweige denn von Verhütung. Wir schliefen auf jeden Fall miteinander und ich war einfach nur glücklich, weil ich mir einem Menschen noch nie so nahe gefühlt hatte. Gleich am nächsten Tag, ging ich nach der Schule wieder auf den Rummel. Ich konnte es kaum abwarten Filipo, so hieß der Junge, ich glaube er stammte aus Italien, wiederzusehen. Ich war so verliebt in diesen Jungen und war damals so blöd und naiv, dass ich dachte er würde dasselbe für mich empfinden. Doch als ich voller Vorfreude an dem Fahrgeschäft seines Vaters ankam, sah ich Filipo mit einer anderen, als er ihr gerade die Zunge in den Hals steckte. Für mich brach eine Welt zusammen. Ich rannte weinend davon und sah Filipo nie wieder. Doch unsere Begegnung, blieb nicht ohne Folgen. Erst bemerkte ich eine ganze Weile nichts von der Schwangerschaft, ich wunderte mich nur das meine Regel ausblieb, aber machte mir nicht weiter Gedanken darüber. Als mein Bauch langsam immer mehr anschwoll, war selbst mir langsam klar, dass ich schwanger sein musste. Es war eine Katastrophe. Ich war gerade einmal 15 Jahre alt und mein Vater war Pfarrer. Ich wusste das meine Eltern mich umbringen würden, sobald sie davon erfuhren. Panisch versteckte ich meinen Bauch unter immer weiteren Klamotten, bis meine Mutter irgendwann misstrauisch wurde und mich im Bad überraschte, als ich mir gerade ein Bad einlassen wollte. Meine Eltern rasteten aus und schlugen mich trotz Schwangerschaft grün und blau. Sie meinten das ich eine billige Hure und eine Schande für die ganze Familie sei. Um den guten Ruf meines Vaters im Ort zu wahren, brachten sie mich in einer Nacht- und Nebelaktion bei meinen Großeltern, die weit genug weg wohnten das niemand im Ort etwas davon mitbekam, unter. Dort bekam ich dann auch Finn mit Hilfe meiner Mutter und Großmutter, heimlich zur Welt. Ich war überglücklich als ich meinen kleinen Finn zum ersten Mal in die Arme schließen konnte und bat meine Großmutter, als ich mit ihr alleine im Zimmer war, ein Foto von uns zu schießen. Da ich Angst hatte, dass meine Mutter mir das Foto gleich wieder wegnehmen würde, versteckte ich es unter dem Kissen im Maxi Cosi und schrieb Finn’s Namen auf die Rückseite des Bildes. Kurz nach Finn’s Geburt bekam ich starke Blutungen. Trotz allem weigerte meine Mutter sich, mich in ein Krankenhaus zu bringen, damit bloß niemand etwas von meiner Schwangerschaft mitbekam. Erst als es fast schon zu spät war, ließ sich meine Mutter breitschlagen einen Bekannten meiner Großeltern, einen pensionierten Arzt, um Hilfe zu bieten. Naja aus dieser Zeit, fehlen mir mehrere Tage in meiner Erinnerung. Ich überlebte auf jeden Fall, aber als ich aufwachte war mein kleiner Finn verschwunden. Sowohl meine Eltern, als auch meine Großeltern weigerten sich standhaft mir zu erzählen, wo sie meinen Finn hingebracht hatten. Ich flehte sie an mir mein Baby zurückzubringen, doch sie blieben hart. Ich habe ihnen bis heute nie verziehen und werde es auch niemals tun. Meine Eltern brachten mich wieder nach Hause und taten so, als ob es Finn niemals gegeben hätte. Wie ihr euch denken könnt, habe ich es zu Hause mit meinen Eltern unter einem Dach, nicht länger ausgehalten. Ich musste da einfach raus und bin in der Stadt bei einer Freundin unter gekommen. Kurze Zeit später lernte ich dann auf einer Party deinen Vater kennen und verliebte mich Hals über Kopf in ihn. 6 Monate später haben wir geheiratet und denn Rest kennst du ja.”

“Mum, es tut mir ja so Leid. Wenn ich nur geahnt hätte was sie dir angetan haben, dann hätte ich letztes Weihnachten nicht versucht, euch miteinander zu versöhnen.”

“Schon gut, William. Du konntest es ja nicht wissen, aber jetzt verstehst du warum ich deinen Großeltern gegenüber, immer so reserviert war. Ich hoffe du kannst mir verzeihen, dass ich nie etwas gesagt habe. Ich konnte es aber einfach nicht. Das wäre zu schmerzhaft für mich gewesen. Bitte verzeih mir Will!”

Meine Mum tat mir plötzlich total Leid. Ich konnte einfach nicht ertragen, sie so traurig zu sehen, also gab ich mir einen Ruck und nahm sie in die Arme. Ich war zwar immer noch sauer, dass sie mir jahrelang einen Bruder verschwiegen hatte, aber irgendwie konnte ich sie sogar verstehen.

“He Will, ich wollte mich auch noch bei dir entschuldigen..”

Ich fiel Finn barsch ins Wort.

“Nein Finn. Für die Nummer die du mit mir abgezogen hast, gibt es keine Entschuldigung. Ok ich kann verstehen, dass du wütend warst, aber ich hatte mit dieser ganzen Geschichte überhaupt nichts zu tun. Ich wusste ja noch nicht einmal, dass es dich überhaupt gibt. Du hast, obwohl du wusstest das ich total in dich verknallt bin, mir Gefühle vorgespielt, ja mich sogar geküsst und dabei wusstest du die ganze Zeit das wir Brüder sind. Nein, das werde ich dir niemals verzeihen können!”

Finn trat einen Schritt auf mich zu.

“Will du hast ja Recht. Ich habe dir Anfangs meine Gefühle für dich nur vorgespielt, aber als ich dich dann erst richtig kennenlernte, stellte ich fest das du ganz anders bist, als den verwöhnten Snob den ich mir immer vorgestellt hatte. Ich fing an dich wirklich gern zu haben, obwohl ich mir fest vorgenommen hatte, dich zu hassen. Am Ende fing ich wirklich an Gefühle für dich zu entwickeln, aber was sollte ich denn machen. Ich wusste nunmal, dass du zumindest mein Halbbruder bist - also kämpfte ich gegen meine aufkommenden Gefühle für dich an und es ist mir echt nicht leicht gefallen, weil du so verdammt süß und richtig cool bist. Bitte verzeihe mir Will, lass uns nochmal von vorne anfangen, diesmal als Brüder, Ok?”

Finn hatte Tränen in den Augen. Ich konnte sehen, dass er sichtlich bewegt war, was auch mich nicht ganz kalt ließ. Immerhin kann man nicht von heute auf morgen seine Gefühle abstellen.

“Man Finn, ich war total in dich verliebt. Ich kann nicht einfach von jetzt auf gleich meine Gefühle für dich abstellen und dich als meinen Bruder ansehen.”

Finn griff nach meinen Händen.

“Ich weiß mir geht es doch genauso und ich wünschte wirklich, dass es anders wäre, aber wir sind nunmal Brüder und dürfen uns nicht lieben, zumindest nicht auf die Weise, wie wir es gerne täten.”

Jetzt brachen bei uns beiden alle Dämme und wir lagen uns in den Armen und schluchzten hemmungslos.

“Ich muss dir noch was sagen, Will. Vielleicht hätten wir das schon viel früher tun sollen, aber irgendwie war nie der richtige Zeitpunkt dafür, aber du musst mir glauben das wir es dir spätestens zu deinem 18. Geburtstag gesagt hätten, das hatten wir uns fest vorgenommen.”

“Ich glaube das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür ist, Linda.”

“Doch Marcus, jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt. Siehst du denn nicht wie die Beiden leiden?”

“Kann mich mal bitte jemand aufklären, von was ihr da gerade redet?”

“William, Schatz. Bitte glaube mir, dass wir dich lieben wie einen eigenen Sohn.”

“Was soll das heißen Mama? Ich bin euer Sohn.”

“Ja für uns bist du das auch. Bei mir sind damals nach der Geburt von Finn Komplikationen aufgetreten, die viel zu spät behandelt wurden. Ich habe zwar gerade so überlebt, aber ich konnte danach keine Kinder mehr bekommen. Als ich deinen Vater kennenlernte, haben wir uns aber so sehr Kinder gewünscht, also gingen wir ins Kinderheim und verliebten uns sofort in dich. Ab diesem Zeitpunkt warst du unser Sohn und bist es noch.”

Ich stand total unter Schock und konnte es einfach nicht glauben. Wie viele Offenbarungen kamen denn heute noch ans Licht.

“Was ist mit meinen richtigen Eltern?”

“Sie sind bei einem Autounfall ums Leben gekommen und da du keine anderen Vetwandten hattest, bist du mit 2 Jahren bereits in ein Kinderheim gekommen. Es tut mir so Leid William.”

“Das wird mir alles gerade zu viel. Ich weiß gerade echt nicht was ich dazu sagen soll. Ich muss hier raus. Ich packe meine Sachen zusammen und bin erst mal bei Mark.”

“Ja Schatz nimm dir so viel Zeit wie du brauchst, aber vergiss nicht das wir dich lieben.”

Ich verbrachte die nächsten Tage bei Mark. Ich brauchte einfach die Zeit um nachzudenken und musste unbedingt mit einem Unbeteiligten sprechen. In dieser Zeit wollte ich niemanden sehen, nicht einmal Finn. Wir waren doch keine Brüder. Eigentlich sollte ich mich freuen, aber ich kam nicht über die Tatsache hinweg, dass die Personen die mich jahrelang liebevoll aufgezogen hatten, gar nicht meine richtigen Eltern waren. Machte es überhaupt einen Unterschied ob sie nun meine leiblichen Eltern waren oder nicht? Ich hatte eine tolle Kindheit und meine Eltern standen immer bedingungslos hinter mir, auch oder gerade nach, meinem Outing. Finn ist der richtige Sohn meiner Mutter und ich adoptiert. Man, warum musste denn alles so kompliziert sein? Am Tag nach denWeihnachtsfeiertagen saß ich gerade auf den Sofa in Mark’ s Zimmer und spielte Videospiele um mich abzulenken, als Finn plötzlich ins Zimmer platzte.

“Wir müssen reden.”

“Was willst du hier? Ich habe doch gesagt, das ich niemanden sehen will.”

“Mann Will, deinen Eltern geht es echt mies. Sie leiden, vor allem deine Mum. Sie ist echt total fertig und die ganze Zeit nur am weinen.”

“Du meinst wohl deine Mum. Meine ist bei einem Autounfall ums Leben gekommen.”

Finn wurde auf einmal laut.

“Jetzt rede nicht so ein dummes Zeug. Sie und dein Vater haben dich aufgezogen, seit du ein kleines Kind warst. Sie lieben dich wie einen eigenen Sohn. Für sie macht es keinen Unterschied, ob du nun ihr leibliches Kind bist oder nicht und das weißt du genau. Glaube mir, ich spreche aus eigener Erfahrung: Du hattest riesiges Glück das die Beiden dich adoptiert haben, so ist dir eine Menge Scheiß erspart geblieben.”

“Ja ich weiß, aber sie hätten es mir früher sagen müssen. Wie lange wollten sie denn noch damit warten, bis ich alt und grau bin?”

“Sie wollten dich doch nur beschützen. Sie wussten, dass es dich sehr verletzen wird. Ich bin sicher, dass sie es dir noch gesagt hätten. Man Will, Linda und Marcus sind deine Eltern und sie lieben dich, check das doch endlich.”

“Ja ich weiß, dass sie mich lieben, aber das war einfach ein riesiger Schock für mich und ist es noch. Verstehst du das denn nicht?”

“Klar verstehe ich das, aber wenn ich Linda verzeihen konnte, dann kannst du das wohl auch, oder findest du nicht?”

“Du hast ja Recht.”

“Sprich mit ihr, ok? Versprich mir das.”

“Ja, ok.”

“Kommst du bitte wieder mit nach Hause?”

Er sah mich mit seinen niedlichen Dackelblick an. Man, dieser Junge wusste echt mich zu überzeugen.

“Ok, gib mir 10 Minuten. Ich packe nur schnell meine Sachen zusammen und gebe Mark Bescheid.”

Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, betrat Mark das Zimmer.

“ Na, wie es aussieht verlässt du mich wieder?”

“Ja, Finn hat mich überredet, dass es an der Zeit ist mit meinen Eltern zu sprechen und er kann echt überzeugend sein.”

“Das denke ich mir”, antwortete Mark grinsend.

“Was grinst du denn so blöd. Wir haben nur geredet, nichts weiter.”

“Klar, was denn sonst? Ich lass euch dann mal wieder alleine, dann könnt ihr in Ruhe deine Sachen zusammenpacken.”

“Was war denn mit dem los?”

“Ach, beachte ihn einfach nicht. Er zieht mich nur die ganze Zeit mit dir auf.”

“He, wie meinst du das?”

“Naja, das Linda zwar deine Mutter ist, wir aber keine Brüder sind und worauf ich jetzt eigentlich warte und so.”

“Und worauf wartest du?”

Finn sah mich mit seinem durchdringenden Blick an, bei dem mir schon wieder ganz flau im Magen wurde.

“Ich...ich weiß nicht. Es ist einfach so kompliziert.”

Finn nahm meine Hände in seine.

“Also, ich weiß was ich will. Wenn ich ehrlich bin, hast du mich schon total umgehauen, als ich dich das erste Mal am Bahnsteig gesehen habe. Du sahst so niedlich und unsicher aus. Wenn ich nicht gedacht hätte, dass wir Brüder sind, hätte ich mich sofort in dich verliebt. Ich war so dumm, bitte vergib mir Will. Alles was ich will ist eine zweite Chance. Man, ich liebe dich, Will Turner.

“Ich liebe dich doch auch.”

Unsere Lippen trafen sich und was dann folgte war die schönste und intensivste Knutscherei meines Lebens. Erst nach einer gefühlten Ewigkeit ließen wir voneinander ab. Ich war einfach nur glücklich.

Anschließend packten wir in Windeseile meinen Kram zusammen und machten uns auf den Weg nach Hause. Dort folgte eine tränenreiche und emotionale Ausspache mit meinen Eltern, in der sie mir immer wieder versicherten, dass ich für immer ihr Kind bleiben würde und ich glaubte ihnen. Wir versöhnten uns alle wieder und verbrachten ein tolles Silvester zusammen. Finn blieb noch bis zum Ende der Weihnachtsferien und meine Eltern erlaubten sogar, dass er in meinen Zimmer schlief. Nein, nicht was ihr wieder denkt. Ja wir erkundeten unsere Körper zusammen und hatten auch Oralsex, aber für unser erstes Mal wollen wir uns Zeit nehmen.

1 Jahr später

“Will beeil dich endlich. Wir wollen los. Ich habe keine Lust, wegen dir die ganze Fahrt auf der Autobahn im Stau zu stecken.”

“Ja ist schon gut. Ich komme ja schon, Mama.”

Ich machte schnell den Reißverschluss meiner Reisetasche zu, warf sie mir über die Schulter und rannte vollgepackt die Treppe herunter.

“Da bist du ja endlich. Mama ist schon ganz ungeduldig”, meinte mein Vater.

“Ja, das war auch nicht zu überhören “ sagte ich genervt.

“Können wir dann los? Mama sitzt schon im Auto.”

Ich warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel im Flur.

“Ja, wir können los.”

Wir verstauten meine Sachen im Kofferraum und fuhren los. Wir waren auf den Weg zu Finn’s Adoptiveltern nach Herford. Sie hatten uns dieses Weihnachten zu sich nach Hause eingeladen. Inzwischen war ich mit Finn schon ein Jahr zusammen und wir sind immer noch super glücklich und ja unser erstes Mal hatten wir auch schon zusammen. Es ist in den letzten Sommerferien endlich passiert und es war super schön. Ich würde Finn gerne öfter sehen, aber die Entfernung und die Tatsache das wir beide noch zur Schule gehen müssen, macht es nicht gerade leicht. Finn verbrachte aber immerhin alle Ferien bei uns. Finn ist mittlerweile im letzten Schuljahr und wenn mit seinem Abi alles gut läuft, wovon ich ausgehe, wird er zu uns ziehen und in Würzburg auf die Uni gehen. Ich kann es kaum noch erwarten. Seine Adoptiveltern fanden daher, dass es endlich an der Zeit wird, dass die Eltern sich auch untereinander kennenlernen und prompt bekamen wir alle eine Einladung zum Weihnachtsfest für dieses Jahr. Die Fahrt war lange und öde. Zu meinem Glück schlief ich irgendwann ein und wurde von meiner Mum erst geweckt, als wir bereits bei den Melchert's in die Einfahrt fuhren. Mit einem Schlag war ich hellwach und voller Vorfeude. Das Wetter spielte auch mit, denn draußen fing es gerade leicht das schneien an. Es war einfach perfekt. Kaum war ich aus dem Wagen gestiegen, eilte Finn aus dem Haus und fiel mir freudestrahlend in die Arme.

“Ich habe dich so vermisst”, sagte er und küsste mich stürmisch.

“Und ich dich erst. Alles gute nochmal nachträglich zum Geburtstag”, meinte ich lachend, sobald sich unsere Lippen trennten.

“Danke, mein Schatz.”

Finn begrüßte unsere Mum mit einer herzlichen Umarmung und musste auch von ihr noch nachträgliche Geburtagswünsche, entgegennehmen. “Unsere Mum” das hört sich immer noch komisch für mich an. Naja eine normale Familie sind wir wohl nicht. Auch mein Dad wurde freundlich von ihm begrüßt und dann stellte er meinen Eltern, seine Adoptiveltern vor. Und was soll ich sagen? Sie verstanden sich auf Anhieb prächtig. Stefan und mein Dad schienen den gleichen schrägen Humor zu haben und lachten viel miteinander. Und meine Mum und Linda teilten die gleiche Vorliebe für opulenten Weihnachtsschmuck, so dass meine Mum gleich begeistert war, wie Linda ihr Haus geschmückt hatte und mit ihr darüber fachsimpelte. Da unsere Eltern offensichtlich auch ohne uns zurecht kamen, nutzen wir gleich die Gunst der Stunde und zogen uns in Finn’ s Zimmer zurück, um unser längst überfälliges Wiedersehen, gebührend zu feiern.

“Ich glaube, die verstehen sich ganz gut”, meinte Finn grinsend als wir endlich alleine waren.”

“Ja die kommen schon zu Recht. Ich will jetzt nicht reden, zieh dich endlich aus”, meinte ich anzüglich.

“Oh Will, ich habe dich so vermisst.”

Die nächste Stunde gaben wir uns ganz unseren Jugendlichen Trieben hin und hatten tollen Sex miteinander. Nachdem jeder von uns bereis zweimal gekommen war, gönnten wir uns eine ausgiebige Dusche, natürlich auch zu zweit und was soll ich sagen, es blieb auch diesmal nicht jugendfrei. Ich konnte von diesem unverschämt gutaussehenden Typen einfach nicht genug bekommen. Nach der Dusche beschlossen wir, doch dann mal nach dem Rechten zu sehen und fanden unsere Eltern in der Küche vor.

“Na, habt ihr auch mal beschlossen runter zu kommen? Wir dachten, dass wir euch heute gar nicht mehr zu Gesicht bekommen”, meinte Martina grinsend.

Finn und ich liefen natürlich gleich knallrot an.

“Ach ja, frisch verliebt müsste man nochmal sein”, lachte meine Mum.

“He, was soll das denn heißen”, erwiderte mein Dad und schlang besitzergreifend seine Hände um meine Mum.

Was die ganze Runde, einschließlich uns zum Lachen brachte.

“Naja, frisch verliebt, kann man ja nicht mehr bei uns sagen, aber lieben tu ich dich immer noch.”

“Und ich dich erst” meinte mein Dad und küsste meine Mum liebevoll.

“Ich bitte euch. Es sind Kinder anwesend”, neckte Martina meine Eltern und schon waren alle Eltern wieder am gagern.

Anschließend halfen Finn und ich noch den Tisch einzudecken. Wir hatten während des Essens jede Menge Spaß. Die Stimmung war einfach nur locker und gelöst. Ich war in diesem Augenblick so glücklich wie noch nie. Es war Weihnachen und ich verbrachte es mit allen Menschen die ich liebte. Ich wünsche euch allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

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