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Enterprise - Krieg und Liebe im Weltraum - Staffel 6
Teil 15
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Informationen
- Story: Enterprise - Krieg und Liebe im Weltraum - Staffel 6
- Autor: KAY
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Science Fiction
Inhaltsverzeichnis
Einige Wochen später
Die Enterprise lag ruhig im Orbit der Erde. Nach der intensiven Mission rund um die Zhukov war etwas Zeit vergangen – genug, damit sich Elbrun vollständig erholen konnte. Auch die Gespräche mit dem Sternenflottenkommando hatten stattgefunden. Es war ein Abschluss. Und ein neuer Anfang.
An diesem Morgen lag Elbrun wach im Bett. Neben ihm schlief Aljoscha noch, leise atmend, das Gesicht halb im Kissen vergraben.
Elbrun lächelte. Heute war ein besonderer Tag – und er hatte bereits Pläne. Es fehlte nur noch eins: dass Aljoscha endlich aufwachte.
Nach einer Weile regte sich dieser tatsächlich, blinzelte verschlafen, zog sich dann leicht zusammen, als wolle er die Wärme unter der Decke nicht hergeben.
Elbrun beugte sich vor, küsste ihn sanft auf die Stirn.
„Alles Gute zum Geburtstag, Imzadi.“
Ein leises, kaum hörbares „Danke“ kam zurück, halb ins Kissen gemurmelt.
„Was hältst du davon: Wir stehen auf, frühstücken kurz – und dann beamen wir auf die Erde. Machen uns einen schönen Tag. Was du willst.“
Er grinste. „Misery Beach in Australien? Wandern in den Alpen? Schwimmen an der Küste von Mosambik? Oder ein Städtebummel – Paris, Tokio, ganz wie du willst.“
Aljoscha drehte sich langsam auf den Rücken, die Augen nun halb geöffnet, das Gehirn noch nicht ganz wach – aber genug, um zu reagieren.
„Dir ist klar, dass diese Orte in komplett unterschiedlichen Zeitzonen liegen? In Australien ist schon Nachmittag ...“
„Ich weiß“, sagte Elbrun schmunzelnd. „Aber der Transporter ist schnell.“
Aljoscha schloss kurz die Augen, dann lächelte er.
„Die Küste von Mosambik klingt gut. Sonne, Wasser, Ruhe – und du.“
„Perfekt.“ Elbrun warf die Decke zurück und stand auf. „Dann nichts wie raus aus dem Bett, Mister Geburtstagskind.“
Elbrun schwang sich mit sichtbarer Energie aus dem Bett, verschwand kurz im Bad und kam wenig später nur in Unterhose zurück.
„Na los, raus aus den Federn und ab ins Bad“, sagte er grinsend. „Ich mach in der Zeit Frühstück und pack die Tasche für unseren Ausflug.“
Aljoscha blinzelte ihm hinterher. „Du bist ja ziemlich motiviert.“
„Na klar“, antwortete Elbrun, während er sich bereits in Richtung Replikator bewegte. „Ich hab einfach Lust, einen schönen Tag mit dir zu verbringen.“
Aljoscha erhob sich, gähnte und schlurfte ins Bad. Elbrun stellte derweil ein kleines Frühstück zusammen – nichts Kompliziertes, aber mit allem, was Aljoscha mochte. Er packte eine Tasche: Handtücher, Badehosen, Sonnencreme, ein kleines Erste-Hilfe-Kit – man wusste ja nie. Dann zog er sich eine kurze Hose an und ein weit geöffnetes Hawaiihemd, das er nur halb zuknöpfte. Absichtlich.
Als Aljoscha aus dem Bad kam, trug er ebenfalls lockere Shorts und ein leichtes T-Shirt. Sein Blick fiel sofort auf Elbrun – genauer gesagt, auf dessen halb entblößte Brust.
Er blieb einen Moment stehen.
„Du weißt schon, dass du so aussiehst, als würdest du gleich eine Strandbar eröffnen.“
Elbrun grinste. „Und du weißt, dass du mich so anschaust, als wärst du mein erster Stammgast.“
Aljoscha schnaubte, versuchte das Lächeln zu verbergen – vergeblich.
„Dann los“, sagte Elbrun und schnappte sich die gepackte Tasche. „Zeit, das Paradies unsicher zu machen.“
Nach dem Frühstück ging es direkt in den Transporterraum. Ziel: Zavora Beach, Mosambik.
Sie materialisierten an einer kleinen, stilvoll eingerichteten Strandbar – der Geruch von Salz, Sonnenöl und frisch gegrilltem Fisch lag in der Luft. Es war noch früh am Tag, angenehm warm, die Sonne hing goldgelb über dem Wasser.
Gemütlich machten sie sich auf die Suche nach einem ruhigen Plätzchen. Auf dem Weg hatte Elbrun sein Hawaiihemd schon ausgezogen, warf es sich lässig über die Schulter. Sie fanden eine etwas abseits gelegene Stelle, aus feinem Sand, mit gutem Blick aufs Meer.
Elbrun breitete die Decke aus, dann zogen beide ihre Shorts aus – die Badehosen hatten sie bereits auf der Enterprise angezogen. Aljoscha streifte sich noch sein T-Shirt ab und legte sich auf den Bauch. Elbrun setzte sich mit einem zufriedenen Seufzen, zog eine Sonnenbrille aus der Tasche und ließ sich zurück in den Sand fallen.
„Perfekt“, murmelte er.
Sie lagen eine Weile einfach nur da und genossen die Stille – das Meeresrauschen, die wärmenden Strahlen, das Gefühl, endlich mal nicht denken zu müssen.
Ein junger Kellner näherte sich, mit einem PADD in der Hand. „Darf ich Ihnen etwas bringen?“
Elbrun setzte sich halb auf. „Zwei Cocktails, bitte. Irgendwas mit Ananas. Und Rum.“
Aljoscha hob den Kopf und blinzelte zu ihm rüber.
„Elbrun. Es ist Vormittag.“
Elbrun grinste unter seiner Sonnenbrille.
„Genau. Dein Geburtstag. Besser wird’s nicht.“
Aljoscha schüttelte lachend den Kopf und ließ ihn gewähren.
Der Kellner kehrte mit den Cocktails zurück – zwei hohe Gläser, verziert mit Ananasscheiben, Minze und kleinen Papier-Sonnenschirmen. Eis klirrte leise, als Elbrun das Glas anhob.
„Nicht schlecht“, murmelte er nach dem ersten Schluck. Aljoscha probierte ebenfalls, nickte zustimmend.
Die Sonne stand inzwischen etwas höher, der Strand wurde belebter. Leute flanierten am Wasser entlang, spielten Beachball oder trugen Handtücher wie Trophäen über der Schulter.
Eine Gruppe junger Frauen ging an ihnen vorbei, lachte hell. Eine von ihnen warf Elbrun einen neugierigen Blick zu – dann noch einen. Er bemerkte es natürlich. Und schenkte ihr ein charmantes, geradezu freches Lächeln zurück, die Sonnenbrille lässig auf der Nase.
Aljoscha sah es, seufzte leise – aber ohne echten Groll.
Dann, ohne jede Ankündigung, beugte sich Elbrun rüber, nahm Aljoschas Gesicht in die Hand und küsste ihn – nicht flüchtig, sondern tief, leidenschaftlich. Ein echter Zungenkuss, der keine Fragen offenließ.
Als sie sich trennten, war die Frauengruppe stehengeblieben. Kurz. Verwirrt. Und dann – enttäuscht. Einige kicherten, andere rollten die Augen, eine drehte sich gleich ganz um.
Aljoscha schüttelte grinsend den Kopf.
„Du bist unmöglich.“
„Ich bin transparent“, sagte Elbrun. „Und ein bisschen territorial.“
„Na dann. Revier markiert.“
Sie lachten, standen auf und liefen barfuß über den heißen Sand ins Wasser. Die Wellen waren ruhig, das Meer angenehm kühl – ein Kontrast zur Hitze des belebten Strandes.
Sie schwammen nebeneinander hinaus, ließen sich treiben, tauchten unter, riefen sich gegenseitig neckische Sprüche zu – für einen Moment existierte nichts außer Sonne, Wasser und dem Gefühl, dass genau jetzt alles gut war.
Zavora Beach – Abend
Die Sonne war längst im Ozean versunken, hatte den Himmel in warme Gold- und Rottöne getaucht, ehe sie verblasste. Jetzt lag das Licht weich und samtig über dem Strand, nur noch gebrochen von den Fackeln, die rings um die kleine Bar im Sand steckten. Der Wind war lau, das Meer flüsterte in stetigem Atem.
Elbrun und Aljoscha saßen barfuß am Tisch – nur fünf Schritte von der Wasserlinie entfernt. Über ihnen spannte sich ein leichtes Sonnensegel, das in der Abendbrise kaum mehr als ein sanftes Rascheln von sich gab. Das Essen war schlicht, aber perfekt: pflanzenbasierte Küche mit Replikator-Finesse – täuschend echter Thunfischersatz, gegrillte Jackfruit, Seegras mit Sesam und Limette. Dazu Weißwein und ein zweiter Cocktail. Vielleicht auch ein dritter. Weil einer eben nicht reicht.
Elbrun schnitt sich ein Stück von seinem Teller ab, kaute mit geschlossenen Augen.
„Wenn mir jemand sagt, das sei kein echter Fisch – dann will ich den Unterschied schmecken.“
Aljoscha grinste, hob sein Glas.
„Du rettest damit wahrscheinlich einen Ozean. Und deine Figur.“
„Heute retten wir gar nichts“, sagte Elbrun leise. „Nur uns selbst.“
Sie stießen an. Ein leises Klingen. Dann war da ein Moment, der kein Gespräch brauchte. Nur Nähe.
Nach dem Essen zogen sie sich die Hemden über und schlenderten – barfuß wie sie waren – am Wasser entlang. Ihre Füße versanken leicht im Sand, das Mondlicht zeichnete silberne Linien über die Wellen.
„Weißt du“, sagte Aljoscha schließlich, „vor ein paar Wochen hätte ich nicht gedacht, dass du so bald wieder … so wirst.“
Elbrun hob eine Augenbraue. „So wie was? Charmant? Sexy?“
„Bei dir ist das eh chronisch.“ Aljoscha lächelte. „Ich meinte: ruhig, frei. Aber egal. Reden wir nicht darüber.“
Sie gingen weiter. Nicht schneller, aber enger. Ihre Schatten zogen sich über den Sand, begleitet vom sanften Plätschern des Meeres.
Dann blieb Elbrun stehen, drehte sich zu ihm. Das Fackellicht reichte gerade noch bis hierher, der Rest war nur noch Mond und Glanz.
„Du weißt, dass ich dich liebe, oder?“
Aljoscha sah ihn an – ein Hauch von Müdigkeit im Blick, aber Wärme in der Stimme.
„Jetzt weiß ich’s wieder.“
Elbrun grinste, verschob das Gewicht spielerisch von einem Fuß auf den anderen.
„Was meinst du ... Quicky am Strand?“
Aljoscha blieb stehen, blinzelte – und bekam sofort Farbe ins Gesicht.
„Was?! Du spinnst!“
„Mondschein, Palmen, du mit salzigen Lippen …“, flüsterte Elbrun. „Das ist doch die Definition von 'perfekter Moment'.“
„Das ist die Definition von: drei Zeugen in Hörweite und ein Sicherheitsprotokoll.“
Elbrun zuckte mit den Schultern, sein Blick glitt neckisch über Aljoschas Körper.
„Dann musst du eben sehr ... leise sein, außerdem dachte ich, du stehst auf Risiko. “
„Ich steh auf dich“, konterte Aljoscha. „Nicht auf ein Protokoll für öffentliches Fehlverhalten.“
„Dann eben kein Quicky.“ Elbrun trat näher, strich ihm ganz unabsichtlich mit den Fingerspitzen über die Hüfte. „Nur ein kleiner Anlauf für später.“
Aljoscha seufzte – gespielt genervt, aber seine Augen verrieten ihn. Da war Hitze. Ein kleiner Funke, der längst übergesprungen war.
„Du bist unmöglich.“
„Aber nackt in deinem Kopf.“
„Leider … immer.“
Sie gingen weiter. Langsam. Eng beieinander. Und irgendwo zwischen Sternenstaub, warmem Sand und dem salzigen Duft des Meeres wusste Aljoscha genau:
Er war jetzt definitiv ein bisschen horny.
Und der Abend war noch lang.
Sie hatten sich dann später wieder zur Strandbar zurückgezogen, saßen auf der breiten Liege unter dem Sonnensegel, in bequeme Kissen versunken. Der Wein war halb geleert, das Meer rauschte gedämpft in der Ferne. Menschen waren kaum noch zu sehen. Nur noch ein paar leise Stimmen von weiter hinten, sonst nichts. Nur sie zwei.
Elbrun lehnte sich zurück, eine Hand hinter dem Kopf verschränkt, die andere hielt sein Glas. Sein Hemd war längst wieder offen, nur locker über die Schultern gelegt. Die Brise strich über seine Brust, und Aljoscha versuchte, nicht zu starren – versuchte es wirklich.
„Du glotzt“, sagte Elbrun, ohne aufzusehen.
„Tue ich nicht“, log Aljoscha sofort.
Elbrun drehte sich langsam zu ihm, das Grinsen schlich sich wie von selbst in sein Gesicht.
„Du bist so schlecht im Lügen.“
„Ich trainier das ja auch nicht ständig“, konterte Aljoscha – doch seine Stimme war schon etwas zu hoch.
„Solltest du aber. Wenn du so guckst, merkt jeder in fünf Lichtjahren, was du denkst.“
„Ich denke gar nichts!“, rief Aljoscha empört.
Elbrun lachte leise, stellte sein Glas ab, rückte ein Stück näher. Seine Hand glitt ganz zufällig an Aljoschas Oberschenkel entlang, nur sanft – nicht fordernd. Nur genug, um etwas auszulösen.
„Weißt du noch, was du vorhin gesagt hast? Dass das mit dem Quicky verrückt wäre?“
„Ja ...“, sagte Aljoscha misstrauisch.
„Und trotzdem wirst du seit zwanzig Minuten immer stiller, atmest ein bisschen tiefer ...“
„Ich atme völlig normal.“
„Natürlich.“ Elbrun nickte, als würde er ihm ganz zustimmen – und ließ seine Finger wieder ein Stück höher wandern. Fast beiläufig. Fast.
Aljoscha räusperte sich. „Du willst mich nur provozieren.“
„Ich? Niemals.“ Er senkte die Stimme, ganz nah an Aljoschas Ohr. „Ich möchte dich nur ein kleines bisschen wahnsinnig machen.“
Aljoscha schloss die Augen. Seine Stimme war leise, rau:
„Du bist so ein Mistkerl.“
„Aber dein Mistkerl.“ Elbruns Hand verharrte an der Hüfte, genau dort, wo Stoff auf Haut traf.
Ein Moment Schweigen. Keine Worte mehr nötig.
Aljoscha wandte sich ihm zu, die Stirn an seine Schulter gelehnt, seine Hand suchte Halt auf Elbruns Brust – warm, vertraut. Der Puls darunter war ruhig. Kontrolliert. Was ihn nur noch verrückter machte.
„Wir sollten zurück zur Enterprise“, murmelte er schließlich. „Bevor ich wirklich die Kontrolle verliere.“
Elbrun küsste ihn sanft auf die Stirn. „Ich nehm das als Kompliment.“
Sie blieben noch eine Minute so. Nur eine. Dann standen sie auf. Der Sand unter den Füßen war noch warm.
Und sie gingen. Langsam. In Richtung Transporterpunkt.
Aber in ihren Blicken stand längst fest:
Der Abend war noch nicht zu Ende. Nicht im Geringsten.
Das vertraute Summen der Schiffssysteme begrüßte sie, als sie aus dem Transporterstrahl materialisierten. Die Atmosphäre war kühler als am Strand, aber angenehm. Gedämpftes Licht empfing sie im Quartier, auf niedriges Abendniveau gestellt.
Die Tür schloss sich hinter ihnen.
Aljoscha trat zuerst ein, streifte sich die Schuhe ab, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. Elbrun blieb hinter ihm stehen – einen Moment nur, dann legte er ihm die Hände auf die Schultern, ganz ruhig.
„War ein schöner Tag“, murmelte Aljoscha.
„Ist er immer noch.“
Elbrun ließ die Hände langsam über Aljoschas Oberarme gleiten, dann über die Seiten seiner Brust. Ein stilles Nachziehen des Moments – keine Eile, kein Druck. Nur Nähe.
Aljoscha drehte sich um. Ihre Blicke trafen sich im Halbdunkel, das Licht reflektierte sanft in seinen Augen.
„Du bist heute den ganzen Tag wie ein Raubtier um mich herumgeschlichen“, sagte er leise.
„Ich hab nur gewartet, dass du mich reinlässt“, entgegnete Elbrun. Er beugte sich vor, seine Lippen strichen sacht über Aljoschas Wange, dann tiefer – zum Hals, zur Schlüsselbeinlinie. Es war kein Angriff. Es war ein Versprechen.
Aljoscha legte die Arme um ihn. Zog ihn näher.
„Dann komm“, flüsterte er. „Aber langsam.“
Sie bewegten sich wortlos durch das Quartier. Kleidung fiel. Stück für Stück. Ohne Hast. Kein Drängen – nur das vertraute Erforschen, das sich nie gleich anfühlt, aber immer richtig.
Im Schlafzimmer schaltete sich das Licht automatisch herunter, kaum heller als der Mond über Zavora Beach. Die Decke war weich, die Kissen kühl, ihre Körper warm.
Ein Kuss. Tief. Langsam. Und dann noch einer.
Sie sagten kaum etwas. Nur ein paar Worte. Flach geflüstert. Namen. Atem. Haut auf Haut.
Und dann … war da nichts mehr zu sagen.
Nur Nähe. Bewegung. Wärme.
Und ein stilles Lächeln, irgendwann – als ihre Hände ineinander ruhten und der Schlaf sie langsam einholte.
Der perfekte Abschluss für einen Geburtstag, der keiner Worte mehr bedurfte.
Am nächsten Morgen lagen die beiden noch immer im Bett, dicht aneinandergeschmiegt. Sie waren längst wach, aber keiner hatte die Absicht, sich zu bewegen – geschweige denn, das Bett zu verlassen.
„Das war wirklich ein schöner Tag gestern“, murmelte Aljoscha, während er seinen Kopf etwas fester an Elbruns Brust drückte.
„Ja, fand ich auch“, antwortete Elbrun und streichelte ihm langsam über den Rücken.
Aljoscha seufzte zufrieden. „Leider haben wir nicht oft die Gelegenheit für so was.“
„Stimmt“, sagte Elbrun. „Aber genau deswegen genießen wir’s mehr. Und – na ja … in deinem Alter ...“
Er sagte es so beiläufig, als wäre es ein neutraler Fakt.
Aljoscha hob den Kopf, blinzelte ihn empört an. „Willst du damit andeuten, ich sei alt?“
Elbrun grinste – dieses unschuldige Grinsen, das immer das Gegenteil bedeutete.
„Ich wollte nichts andeuten“, sagte er. „Ich hab’s direkt gesagt.“
„Du Mistkerl!“ Aljoscha boxte ihm leicht gegen die Schulter. „Ich bin 38. Nicht 83.“
„Schon klar. Aber trotzdem älter als ich.“ Elbrun legte die Stirn in Falten, als müsste er rechnen. „Zwei Jahre. Das ist fast eine ganze Akademie-Ausbildung.“
Aljoscha stöhnte. „Weißt du was? Wenn du heute Abend mit Rückenschmerzen vom Sitzen klagst, sag ich einfach: Tja, das Alter!“
„Du meinst dein Alter, oder?“
„Elbrun ...“, begann Aljoscha warnend, dann schüttelte er den Kopf, lachte leise und kuschelte sich wieder an ihn. „Du bist so ein Blödmann.“
„Ein charmanter Blödmann.“
„Mit Glück“, murmelte Aljoscha, „lieb ich dich trotzdem.“
Sie lagen still. Die Decke warm, die Welt weit weg – und genau richtig.
Elbrun schob das Kinn leicht in Aljoschas Haar und schloss kurz die Augen.
„Weißt du, in deinem Alter sagt man sowas nicht mehr einfach so – ‚Ich lieb dich trotzdem‘. Das ist dann schon fast ein Antrag auf Lebensabschnittsverschonung.“
Aljoscha hob langsam eine Augenbraue, ohne sich aus der Umarmung zu lösen.
„Du willst es heute echt wissen, was?“
„Ich hab Ferienlaune. Und du hattest Geburtstag. Da ist ein bisschen Altersfrechheit doch im Preis inbegriffen.“
„Wenn du so weitermachst, gibt’s heute keine Nachspeise. Und damit meine ich nicht das, was du schon wieder denkst.“
„Also gar keine? Nicht mal was Kleines nach dem Abendessen? So ein ... Tiramisu der Zuneigung?“ Elbrun grinste unschuldig.
Aljoscha starrte ihn an.
„Tiramisu der Zuneigung? Ich glaub, du bist als Kind zu oft mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen, kann das sein?“
Aber sein Grinsen verriet ihn. Dann wurde er kurz ernst.
„Aber wirklich ... danke. Für den gestrigen Tag. Für alles.“
Elbrun wurde ruhiger, seine Hand wanderte sanft über Aljoschas Rücken.
„Immer. Wenn ich’s mir aussuchen kann, dann bist du mein Alltag. Mein Abenteuer. Und meine Auszeit.“
„Das war jetzt fast romantisch“, murmelte Aljoscha.
„Ich bin vielseitig. Ich kann charmant, sexy und poetisch.“
„Dreifachdrohung, sag ich doch.“
Sie kicherten beide, ganz leise, unter der Decke, mit den Füßen ineinander verschlungen.
Und so blieben sie liegen. Noch zehn Minuten. Oder zwanzig. Vielleicht auch eine Stunde.
Zeit war schließlich relativ – besonders, wenn man sie mit jemandem verbringt, der das Herz ein kleines bisschen zu schnell schlagen lässt.
Am Nachmittag betraten Aljoscha und Elbrun gemeinsam die Brücke. Die Tür öffnete sich mit dem gewohnten Zischen, und sofort wanderten einige Blicke zu den beiden – nicht aus Neugier, sondern mit stiller Routine.
„Commander Niwan, setzen Sie Kurs auf Lae’nas III. Gehen Sie auf Warp 8, sobald wir das Sonnensystem verlassen haben“, befahl Elbrun, während er sich in Richtung Kommandosessel bewegte.
„Kurs gesetzt. Verlassen den Erdorbit, gehe auf vollen Impuls“, bestätigte Niwan konzentriert.
Elbrun ließ sich in seinen Sessel sinken, Aljoscha nahm den Platz neben ihm ein.
„Lae’nas III?“, fragte er leise. „Du willst zum Bewahrerarchiv?“
Elbrun nickte knapp. „Ja. Ich habe da eine Idee. Und das Sternenflottenkommando hat die Reise autorisiert.“
Aljoscha sah ihn einen Moment lang prüfend an. „Klingt, als würde da mehr dahinterstecken.“
Elbrun erwiderte seinen Blick nur mit einem leisen „Das tut es auch“.
Die Reise nach Lae’nas III dauerte einige Tage. Als die Enterprise schließlich in den Orbit des Planeten eintrat, offenbarte sich ein seit dem letzten Besuch deutlich verändertes Bild. Orbitale Verteidigungsplattformen umgaben das System, mehrere Föderationsschiffe hielten in stabilen Umlaufbahnen Wache – ein klarer Hinweis auf die gewachsene Bedeutung des Bewahrerarchivs.
Elbrun betrachtete die taktische Anzeige einen Moment lang, dann wandte er sich zu Aljoscha.
„Willst du mich begleiten?“
Aljoscha nickte sofort. „Natürlich.“
„Commander Mamaav, Sie haben die Brücke“, sagte Elbrun dann. Ohne weitere Worte verließen die beiden die Kommandoebene und betraten den Turbolift, der sie direkt zum Deck des Transporterraums brachte.
Wenige Augenblicke später materialisierten sie im Inneren des Archivs. Der Transporterstrahl ließ nach, und um sie herum spannte sich dieselbe gewaltige Halle auf wie bei ihrem ersten Besuch – kalt, ruhig, durchzogen von blassem Licht und flimmernden Energiefeldern. Doch etwas war anders.
Es war niemand hier.
Keine Wissenschaftler. Keine Techniker. Keine Sicherheitskräfte. Nur ein einziger, vertrauter Anblick: das Hologramm des Bewahrers, das sie damals schon aktiviert hatten. Es stand dort, als hätte es nie aufgehört zu warten.
Elbrun trat ein paar Schritte näher.
„Meine Söhne,“ sagte der Bewahrer mit sanfter, künstlicher Stimme. „Schön, euch wiederzusehen.“
Elbrun nickte knapp. „Ich habe Fragen. Kannst du sie mir beantworten?“
„Natürlich, mein Sohn“, antwortete das Hologramm
„Was kannst du mir über die Iconianer sagen?“, fragte Elbrun direkt.
Aljoschas Augen wurden groß.
Das Hologramm neigte leicht den Kopf. „Die Iconianer – unsere ältesten Kinder. Sie waren hochentwickelt, friedliebend, wie ihr sagen würdet. Auf dem Planeten Iconia entwickelten sich zwei intelligente Spezies: die Iconianer selbst und ihre genetisch veränderten Diener – die Herolde.“
Elbrun hörte aufmerksam zu, das Hologramm fuhr fort:
„Die Herolde wurden durch die Iconianer geschaffen. Sie waren treue Helfer, aber sie wurden nicht wie Sklaven behandelt – sondern wie Kinder. Die Iconianer waren weise, langlebig. Ihre Lebensspanne betrug Jahrhunderte, vielleicht Jahrtausende. Aber sie hatten eine extrem niedrige Fertilitätsrate. Nur alle tausend Jahre wurde ein Iconianer geboren.“
„Und dennoch wurden sie vernichtet?“, fragte Elbrun leise.
„Ja. Ihre Technologie, ihre Macht – sie zogen Neider an. Die Dinasianer. Die Iccobar. Die Dewaner. Drei Spezies, die sich gegen die Iconianer verbündeten. Der Angriff war koordiniert, überraschend. Die Iconianer waren stolz, aber nicht vorbereitet. Ihre Zivilisation wurde ausgelöscht.“
„Wirklich vollständig?“, hakte Elbrun nach.
Das Hologramm schüttelte den Kopf.
„Unwahrscheinlich. Ihre Portale gaben ihnen Zugang zu vielen Welten. Es ist wahrscheinlich, dass einige überlebten – vielleicht in eine andere Galaxie flohen. Die Andromeda-Galaxie ist eine logische Vermutung.“
„Könnten sie zurückkehren?“
„Ja“, antwortete der Bewahrer schlicht. „Und wenn sie es tun, dann möglicherweise mit dem Wunsch nach Rache. Die Iconianer beherrschten die Genetik auf höchstem Niveau. Es ist denkbar, dass sie die Herolde – ihre einst treuen Diener – zu Kampfmaschinen weiterentwickeln.“
„Arbeiten die Iconianer mit anderen Spezies zusammen?“, fragte Elbrun weiter.
„Möglich. Historisch pflegten sie enge Beziehungen zu den Elachi, den Vaadwaur, den Solanae und auch zu den Devidianern. Diese Allianzen könnten in der Gegenwart – oder Zukunft – wieder aktiviert werden.“
Elbrun verschränkte die Arme. „Es ist also alles so, wie ich es bereits vermutet habe. Die Konflikte mit den Elachi und den Vaadwaur – beide wurden von uns geschlagen. Die von den Vaadwaur kontrollierten Planeten stehen inzwischen unter unserem Schutz.“
„Dann habt ihr nur einen Aufschub gewonnen“, sagte der Bewahrer. „Nicht den Frieden.“
„Was kannst du mir noch erzählen?“, fragte Elbrun.
Das Hologramm hob den Blick, als würde es für einen Moment nachdenken – oder in gewaltige Datenströme eintauchen, die längst nicht mehr für menschliche Sinne zugänglich waren.
„Zu viel, um es in einer einzigen Sitzung zu begreifen“, antwortete es schließlich. „Doch ich kann euch Fragmente geben. Muster. Dinge, die euch helfen, wenn ihr zuhören wollt.“
Elbrun nickte. „Ich höre zu.“
Das Licht des Hologramms wurde ein wenig wärmer, als würde es die Verbindung vertiefen.
„Die Galaxis ist älter, als ihr sie messt“, sagte das Hologramm. „Noch bevor die ersten Warptriebwerke zündeten, vor euren Kriegen, euren Bündnissen – existierten Netzwerke. Keine politischen Systeme, sondern ideologische Ströme. Kollektive Intelligenzen. Bewusstseine, die sich in Maschinen, Gedankenfeldern und organischer Materie manifestierten.“
„So wie die Elachi? Oder die Devidianer?“, warf Aljoscha ein.
„Teilweise. Die Devidianer sind ... Fragmente. Splitter eines größeren Systems, das einst überdimensionale Energiekanäle kontrollierte. Als es zerbrach, wurden sie zu dem, was ihr heute kennt – Wesen, die Zeit und Bewusstsein manipulieren. Sie leben phasenverschoben. Und sie sind gefährlich.“
„Und die Elachi?“, fragte Elbrun.
„Werkzeuge. Sensibel. Psionisch begabt. Aber leicht zu lenken – sofern man weiß, wie. Die Iconianer wussten es. Sie korrumpierten die Elachi. Diese Wesen können im Subraum existieren – das wisst ihr bereits. Die Vaadwaur versuchten, es zu kopieren. Doch ihre Gier war größer als ihre Weitsicht. Sie wurden besiegt – vor achthundert Jahren. Von einer Allianz. Euer Volk hat sie schließlich wiedererweckt.“
Elbrun nickte kaum merklich.
„Gibt es noch andere?“ Seine Stimme war ruhig, aber angespannt.
„Ja. Wesen, die nicht erscheinen – sondern durch Erinnerungen wandern. Entitäten, die nicht in eurer Realität leben, aber sie beeinflussen. Ihr habt sie vielleicht gespürt. In Albträumen. In verlorenen Missionen. In Schiffen, die leer zurückkehren.“
Elbrun fröstelte. Seine Gedanken streiften ein bestimmtes Schiff – doch er sprach den Namen nicht aus.
„Was sollen wir tun?“, fragte er schließlich.
Das Hologramm richtete seinen Blick direkt auf ihn – ohne zu blinzeln.
„Verstehen. Beobachten. Und wenn nötig: vergessen.“
Dann schwieg es. Einen Moment lang sagte niemand etwas.
Und dann:
„Doch manche Dinge lassen sich nicht nur erzählen. Man muss sie sehen, um sie zu begreifen.“
Ein leiser, vibrierender Ton erfüllte den Raum – kaum hörbar, aber tief. Die Lichter an den Wänden begannen sich zu verändern. Die Umgebung flackerte, flimmerte – ein holografisches Abbild schob sich über die reale Architektur. Keine einfache Projektion – sondern vollständige Immersion.
Innerhalb von Sekunden standen Elbrun und Aljoscha nicht mehr im Archiv.
Sie standen auf einer offenen Plattform, unter einem violetten Himmel, erleuchtet von drei Sonnen. In der Ferne: Türme, die nicht gebaut, sondern gewachsen waren. Sie schwebten – wie organische Konstrukte. Überall vibrierte ein tiefer Ton, fast musikalisch. Die Luft roch süß – nach etwas, das sich nicht benennen ließ. Erinnerung. Erwartung. Ewigkeit.
„Das ist Iconia“, sagte das Hologramm. Die Stimme kam nun von überall.
„So, wie es war. Ein Bruchteil. Ein Echo.“
Aljoscha trat langsam vor. „Es ist wunderschön.“
„Und tragisch“, fügte das Hologramm hinzu. „Denn diese Welt existiert nicht mehr. Sie wurde ausgelöscht – nicht nur materiell, sondern geistig. Ihre Denker, ihre Künstler, ihre Erinnerungen. Fast alles wurde gebrochen.“
Elbrun spürte, wie etwas in ihm reagierte. Kein Wissen. Etwas Tieferes. Eine Resonanz.
„Du bist kein Iconianer“, sagte das Hologramm. „Aber dein Geist vibriert auf einer ähnlichen Frequenz. Du spürst, was andere nur sehen.“
„Warum ich?“, fragte Elbrun leise.
„Vielleicht, weil du gesucht hast. Vielleicht, weil du bereit warst, zu fühlen, statt nur zu analysieren. Du willst verstehen.“
Die Landschaft veränderte sich.
Dunkle Schatten fielen über das Panorama, als würde eine riesige Präsenz über den Horizont kriechen. Türme stürzten. Licht implodierte. Die drei Sonnen verdunkelten sich.
Dann – nur noch Schwarz.
Sie waren zurück im Archiv.
Nur Elbrun, Aljoscha, das Hologramm.
Und das Gefühl, dass etwas mitgekommen war.
Das Hologramm richtete den Blick wieder auf Elbrun – nun sehr direkt. Persönlich.
„Du willst wissen, ob das, was kommt, verhindert werden kann. Aber vielleicht ist das nicht die richtige Frage.“
„Sondern?“, fragte Elbrun.
„Frag lieber: Was wird bleiben, wenn es vorbei ist?“
Dann schwieg es.
Und der Raum war wieder still.
Einige Sekunden lang standen sie einfach nur da. Das Hologramm war erloschen. Der Raum war still. Keine fremden Bilder mehr. Kein Ton. Nur das eigene Atmen – und das Gefühl, als würde das Echo des Gesehenen noch durch ihre Gedanken wandern.
Aljoscha war der Erste, der sich bewegte. Er drehte sich langsam zu Elbrun, seine Stimme vorsichtig:
„Geht’s dir gut?“
Elbrun antwortete nicht sofort. Dann nickte er ein wenig zögerlich.
„Ja. Ich glaube ... ja. Aber ich habe das Gefühl, ich habe gerade etwas gesehen, das größer ist als alles, was ich mir bisher vorgestellt habe.“
Aljoscha trat näher zu ihm. „Und was fühlst du jetzt?“
Elbrun sah ihn an. Seine Stimme war leise. „Demut.“
Ein Moment. Ein echtes Wort. Schwer, aber ehrlich.
„Und ein bisschen Angst.“
Aljoscha nickte. „Ich auch.“
Sie standen nebeneinander, blickten auf den Raum, der wieder ganz Archiv war – nüchtern, ruhig, voller Geschichte und doch plötzlich leer. Elbrun atmete einmal tief durch.
„Wir müssen das der Sternenflotte melden“, sagte er schließlich. „Nicht nur das, was gesagt wurde – sondern auch das, was wir gesehen haben. Sie müssen verstehen, dass da draußen etwas wartet. Vielleicht nicht jetzt. Vielleicht nicht morgen. Aber irgendwann.“
„Und du glaubst, man wird dir glauben?“, fragte Aljoscha.
„Nein.“ Elbrun lächelte schwach. „Aber ich erzähle es trotzdem. Und sei es nur, damit es nicht verloren geht.“
Er öffnete seinen Kommunikator. „Tiran an Enterprise.“
„Enterprise hier“, meldete sich Mamaav.
„Zwei zum Hochbeamen.“
„Verstanden. Transport wird eingeleitet.“
Ein letzter Blick durch das Archiv. Die Lichter flackerten noch einmal kurz – nur ein Stromimpuls vielleicht. Oder ein stiller Gruß.
Dann löste sich das Licht um die beiden Männer auf.
Und das Archiv – das uralte Gedächtnis eines Volkes – war wieder allein.
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