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Enterprise - Krieg und Liebe im Weltraum - Staffel 6
Teil 4
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Informationen
- Story: Enterprise - Krieg und Liebe im Weltraum - Staffel 6
- Autor: KAY
- Die Story gehört zu folgenden Genre: Science Fiction
Der Morgen nach dem Sieg war grau. Nicht vom Licht her – die Beleuchtung im Konferenzraum war wie immer neutral – sondern in der Stimmung, die auf den Schultern der Anwesenden lastete. Die Kommandanten der Geschwader saßen um den langen Tisch, ihre Uniformen frisch, doch ihre Gesichter trugen die Schatten der Simulation. Elbrun lief langsam im Kreis, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, das Kinn leicht gesenkt. Seine Schritte waren ruhig, aber hart – ein gleichmäßiges Echo auf dem Boden, das mehr sagte als Worte.
Aljoscha saß schweigend am unteren Ende des Tisches. Was gestern noch ein Triumph gewesen war, fühlte sich heute nüchtern, beinahe düster an. Die Gesichter der Kommandanten spiegelten das wider: Admiral Tamek saß stumm, starrte auf einen unsichtbaren Punkt vor sich, die Hände wie gefaltet, aber verkrampft. Carsten blickte nicht auf, nur auf seine Hände, als hätte er darin einen Fehler gefunden, den er nicht benennen konnte. Top vermied konsequent jeden Blickkontakt mit Elbrun, als fürchte er, erkannt zu werden – oder entlarvt.
Dann, plötzlich, blieb Elbrun stehen. Er atmete hörbar aus, trat hinter Tops Stuhl. Eine Sekunde lang herrschte absolute Stille.
Er legte ihm die Hand auf die Schulter. „Tot“, sagte er leise, fast sanft.
Die Spannung im Raum schien sich in diesem einen Wort zu verdichten. Dann ging er weiter.
Tharil. „Tot.“
Sam. „Tot.“
Jan. „Tot.“
Lovok. Relza. Vorak. Sulon. Nojekoy. Oratqwa.
„Tot“, bei jedem Namen. Ohne Zorn. Ohne Vorwurf. Nur das schlichte, brutale Fazit. Die Gesichter der Kommandanten verhärteten sich, manche zuckten kaum merklich, andere schlossen die Augen. Jeder wusste, was es bedeutete: In der Simulation – ihrer Probe für den Ernstfall – hätten sie ihre Schiffe, ihre Crews, ihr Leben verloren.
Elbrun stand schließlich wieder an der Stirnseite des Tisches. Die Stille war fast ehrfürchtig – oder vielleicht nur gelähmt. Seine Stimme, als er zu sprechen begann, war ruhig. Zu ruhig. Jedes Wort messerscharf, jedes Satzende wie ein Schnitt.
„Diese Leistung war unterirdisch.“
Er ließ den Satz stehen. Kein Dramatisieren. Nur eine Feststellung.
„281 unserer Schiffe wurden zerstört. Das ist weit über die Hälfte. Es brach Chaos aus. Die Geschwader waren zum Teil unorganisiert, ohne klare Kommunikation, ohne Initiative. Viele von euch haben einfach nur auf Befehle gewartet – und sind im Stillstand untergegangen.“
Er ging langsam ein paar Schritte, musterte die Gesichter.
„Die Tzenkethi hätten kein schwerer Gegner sein dürfen. Nicht so.“
Sein Ton blieb sachlich, doch darunter war es unüberhörbar: Enttäuschung. Frust. Wut. Nicht laut, aber bohrend, wie ein Riss im Stahlträger.
In diesem Moment öffnete sich die Tür des Konferenzraums. Jongdae trat ein, hielt ein paar PADDs in der Hand. Elbrun hatte sie offenbar liegen lassen. Ohne ein Wort legte Jongdae die Geräte an das freie Ende des Tisches. Aljoscha nickte ihm kaum sichtbar zu, bedeutete ihm, sich nicht einzumischen. Jongdae ging. Die Tür schloss sich mit einem leisen Zischen.
Aljoschas Blick fiel beiläufig auf eines der PADDs – doch was er las, ließ ihn erstarren. Seine Stirn runzelte sich, dann nahm er es ganz in die Hand. Eine Sekunde, dann zwei.
Dann stand er auf.
„Ist das dein Ernst?“, sagte er laut. Seine Stimme war nicht aufgebracht, aber ungläubig, wie von einem unerwarteten Schlag getroffen.
Alle Blicke richteten sich auf ihn. Elbrun sah ihn an – reglos, nur die Augen verengten sich ein wenig.
Aljoscha hielt das PADD hoch. „Du hast die Simulation auf Extrem schwer gestellt. Kein Wunder, dass wir überrannt wurden. Kein Wunder, dass die Kommandostruktur zusammenbrach. Wir waren nicht schlecht – du hast uns gegen einen Gegner antreten lassen, der jenseits realistischer Parameter agiert hat!“
Elbrun antwortete nicht sofort. Es war, als müsse er erst selbst abwägen, wie viel von dem, was jetzt kam, noch als Rechtfertigung gelten durfte.
„Ja“, sagte er dann leise. „Ich habe sie hochgestuft.“
Ein Raunen ging durch den Raum.
Elbrun hob die Hand, wie um sich gegen einen noch nicht ausgesprochenen Vorwurf zu verteidigen. Seine Stimme blieb ruhig, doch sie verlor etwas von ihrer Kälte – sie wurde verletzlich.
„Ich meine – wenn wir das schaffen, dann schaffen wir auch den Ernstfall. Wir wissen nie, wie gut die Feinde wirklich sind. Vielleicht sind sie wirklich so hart. Oder schlimmer. Ich wollte uns vorbereiten. Uns härten. Damit ... damit ihr alle lebend rauskommt, wenn es nicht nur eine Simulation ist.“
Sein Blick traf Aljoscha. Keine Trotz, kein Zorn – nur eine stille, erschöpfte Hoffnung, dass jemand verstehen würde, was ihn zu dieser Entscheidung getrieben hatte.
Einen Moment lang blieb der Raum stumm. Dann erhob sich Vorak, der massige Klingone mit der donnernden Stimme und dem wilden Funkeln in den Augen. Er schlug sich mit der Faust gegen die Brustplatte seiner Uniform und lachte rau.
„Ha! Eine glorreiche Entscheidung, Elbrun! Eine Herausforderung, wie sie sich ein Krieger nur wünschen kann!“ Er blickte in die Runde, sein Blick fordernd, stolz. „Ein guter Tag zu sterben – auch wenn es nur in der Simulation war! Und wer gefallen ist, wird es in der echten Schlacht nicht noch einmal tun.“
Einige warfen sich gegenseitig skeptische Blicke zu, aber Voraks Enthusiasmus war – wie immer – ansteckend.
Direkt danach meldete sich Sulon zu Wort. Der Vulkanier hob eine Augenbraue, faltete die Hände ineinander und sprach in ruhigem, analytischem Tonfall:
„Unter den gegebenen Umständen ist es eine logische Maßnahme. Eine extreme Herausforderung erlaubt es, Schwächen offenzulegen, die unter normalem Stress verborgen geblieben wären. Ich stimme der Herangehensweise zu, auch wenn die Art der Kommunikation vorab ... optimierbar gewesen wäre.“
Ein Nicken von einigen Offizieren. Andere blickten auf ihre PADDs, still abwägend.
Tamek hingegen lehnte sich in seinem Stuhl zurück, schüttelte mit einem halb belustigten, halb resignierten Grinsen den Kopf.
„Natürlich hast du das getan, Elbrun“, sagte er trocken. „Du und dein verdammter Perfektionismus. Ich hätte es wissen müssen.“ Er seufzte, dann fügte er leise hinzu: „Aber wenigstens starb niemand wirklich – das war unsere Probe, nicht unser Grabstein.“
Top, der die ganze Zeit über sichtlich nervös gewirkt hatte, atmete jetzt hörbar aus und rieb sich mit einer Hand über das Gesicht.
„Na dann bin ich ja doch kein kompletter Versager“, murmelte er fast erleichtert und warf Elbrun einen Blick zu, der Dankbarkeit und Frust zugleich ausdrückte. „Aber sag das nächstes Mal vorher, okay?“
Dann erhob sich Jasminka Laatz. Sie war die Letzte, die sprach, aber ihre Stimme füllte den Raum, klar und aufrichtig – mit einem Ton, der keine Strenge brauchte, um ernst genommen zu werden.
„Elbrun, ich verstehe, was du wolltest. Wirklich. Und ich glaube dir sogar, dass du es aus Sorge getan hast.“ Sie trat um den Tisch herum, ihre Augen fest auf ihn gerichtet. „Aber wir sind nicht nur Figuren in deinem Schachspiel. Wenn du uns helfen willst, dann musst du uns auch vertrauen. Vorbereitung ist nicht nur Härte – es ist auch Vertrauen. Und Führung heißt, nicht nur die Schlacht zu gewinnen, sondern die Menschen mitzunehmen, die sie schlagen sollen.“
Ein leiser Moment. Elbruns Blick senkte sich kurz. Dann nickte er kaum merklich.
Jasminka lächelte sanft, ging zurück zu ihrem Platz – und ließ damit mehr Wirkung zurück als mancher Schrei es gekonnt hätte.
Carsten Enke hob ruhig die Hand und wartete, bis sich alle Blicke auf ihn richteten. Seine Stimme war kontrolliert, aber fest, mit einem Anflug von Nachdruck, der seine Worte unterstrich.
„Ich muss dir widersprechen, Jasminka“, begann er. „Natürlich hätte Elbrun uns vorbereiten können – aber dass er es nicht getan hat, hat die Realität widergespiegelt. In einer echten Schlacht warnt uns auch niemand vor. Keine Simulation kann Chaos vollständig abbilden. Und genau das hat er versucht: uns durch das Chaos zu schleifen. Nicht, weil er uns etwas verheimlichen wollte – sondern, weil er wusste, dass wir es aushalten können.“
Jasminka nickte langsam, aber ihre Miene blieb ernst. „Ich verstehe, was du meinst, Carsten. Und ja – vielleicht war es sogar die realistischste Variante.“ Sie atmete kurz ein. „Aber Elbrun muss doch nicht immer versuchen, die ganze Galaxis alleine zu retten. Er ist unser Freund. Unser Kollege. Er kann mit uns sprechen. Er darf sich nicht jedes Mal selbst opfern, um uns zu schützen – auch nicht emotional.“
Ein Moment stiller Zustimmung senkte sich über den Raum. Dann erhob sich Jan Kiffer, lehnte sich mit den Händen auf den Tisch und ließ seinen Blick über die Gruppe schweifen.
„Damit hast du auch recht“, sagte er zu Jasminka, mit einem warmen, aber nachdenklichen Ton. „Aber ich sehe es ähnlich wie Carsten. Ich glaube nicht, dass Elbrun uns etwas vorenthalten hat, weil er uns nicht vertraut. Im Gegenteil. Ich glaube, er hat uns nichts gesagt, gerade weil er uns vertraut hat. Weil er wusste, dass wir es durchstehen – auch wenn wir dabei an unsere Grenzen gehen.“
Er richtete sich wieder auf und sah zu Elbrun hinüber. „Du hast uns auf deine Art getestet. Es war hart. Aber wir leben noch – und wir sind stärker als gestern.“
Ein Nicken ging durch die Runde, mal entschlossen, mal zögerlich, aber keiner widersprach offen. Die Stimmung im Raum wandelte sich – nicht in vollständige Versöhnung, aber in ein stilles, geteiltes Verständnis.
„Ich danke euch für eure Meinungen“, sagte Elbrun schließlich, seine Stimme wieder ruhig, fast neutral – aber in seinen Augen lag ein Funke mehr Offenheit als zuvor. Er ließ den Blick über die versammelten Kommandanten schweifen, als wolle er jede einzelne Reaktion festhalten.
„Ich würde vorschlagen, dass wir nun zur Analyse übergehen.“
Er aktivierte das zentrale Display, auf dem sich sofort ein holografisches Bild des Gefechtsfeldes entfaltete – blinkende Markierungen, Flugvektoren, Verluststatistiken. Die Stimmung wechselte, als hätte jemand einen Schalter umgelegt: vom emotionalen Nachhall zum sachlichen Fokus.
„Beginnen wir mit der Bewegungskoordination in Sektor Sieben – Galaxy-Geschwader 2.1. Hsente, das war deine Zone.“ Elbrun trat zur Seite, gab dem Kollegen Raum zur Erklärung.
Trotz des harten Einstiegs begann sich die Besprechung wie ein vertrautes Manöver zu entfalten – taktisch, professionell, aber unterlegt mit einer neuen, unausgesprochenen Verbundenheit. Vielleicht war genau das die wahre Stärke dieser Gruppe.
Nach mehreren Stunden intensiver Analyse, in denen jede Formation, jede Kursabweichung, jeder Kommunikationsfehler bis ins Detail seziert worden war, wussten die Kommandanten, woran es gehapert hatte – und was sie beim nächsten Mal anders machen würden.
Als die letzten PADDs geschlossen wurden und das holografische Gefechtsfeld verblasste, blieb ein stilles Einvernehmen zurück: Die Flotte war durch diese Prüfung enger zusammengerückt. Einer nach dem anderen verließen die Kommandanten den Konferenzraum – erschöpft, aber mit erhobenem Kopf.
Nur Aljoscha blieb zurück. Er trat zu Elbrun, der noch vor der nun dunklen Konsole stand und gedankenverloren auf die Stelle starrte, an der zuvor die Frontlinie der Simulation pulsiert hatte.
Aljoscha sagte nichts, sondern zog Elbrun einfach in eine feste Umarmung. Für einen Moment stemmte sich Elbrun noch dagegen, wollte professionell bleiben – doch dann ließ er los, atmete durch, legte die Stirn gegen Aljoschas Schulter.
„Du hättest wenigstens mir etwas sagen können“, flüsterte Aljoscha leise. Nicht vorwurfsvoll – nur ehrlich. „Ich war da. Ich bin immer da.“
Elbrun antwortete nicht sofort. Dann hob er langsam die Arme, schlang sie um Aljoscha und hielt ihn fest.
„Ich weiß“, sagte er schließlich.
Etwas später. Im Quartier war es ruhig geworden. Das leise Brummen der Lebenserhaltungssysteme, gedämpftes Licht und das entfernte Summen der startenden Schiffe verliehen dem Moment eine friedliche Schwere. Elbrun saß halb zurückgelehnt auf dem Sofa, ein PADD in der Hand, das er mehr hielt als las. Aljoscha saß dicht neben ihm, die Beine leicht überkreuzt, die Augen halb geschlossen – nicht schlafend, nur erschöpft entspannt.
Ein Klingeln durchbrach die Stille.
Elbrun rief mit der ihm eigenen, unmissverständlichen Autorität: „Herein.“
Die Tür öffnete sich mit einem Zischen, und Top trat ein. Seine Uniform war makellos wie immer, doch der Blick war weicher als gewöhnlich – vielleicht etwas müde, aber warm. Ohne zu zögern ging er zu Elbrun, legte eine Hand an dessen Nacken und zog ihn in einen kurzen, festen Kuss. Dann wandte er sich Aljoscha zu und wiederholte die Geste, sanfter, beinahe verspielt.
„Für mehr habe ich leider keine Zeit“, sagte Top mit einem angedeuteten Lächeln. „Aber wenigstens einen Kuss wollte ich mir noch abholen, bevor ich mit der Sojourner wieder aufbreche. Erkundung eines Sonnensystems im Beta-Quadranten.“
Aljoscha lächelte, ein wenig errötet, aber aufrichtig. „Dann komm heil zurück, damit’s beim nächsten Mal nicht bei einem Kuss bleibt.“
Elbrun neigte den Kopf leicht, seine Stimme ruhig, aber durchdrungen von echter Wärme. „Gute Reise, Top. Und viel Glück mit den Unbekannten da draußen.“
Top nickte nur, drehte sich auf dem Absatz um und verließ das Quartier – so rasch und zielgerichtet, wie er gekommen war. Die Tür schloss sich, ließ einen Moment nachklingen, in dem nichts als das gleichmäßige Atmen der beiden zurückblieb.
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