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Kalte Tage, warme Nächte

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Vorwort

Hallo zusammen. Hier ist wieder eine Geschichte von mir über ein Paar, das glücklich zusammen kommen wird. Taucht erneut mit mir ein in die Welt der Furries!

Mit dieser Geschichte will ich euch diesmal nach Kanada entführen. Genauer gesagt, in die Nordwest-Territorien nach Yellowknife am großen Sklavensee.

Um vielen, ebenso mir, das Lesen zu erleichtern, wird die Geschichte und die gesprochenen Worte in Deutsch geschrieben.

Möge diese Geschichte euch gut gefallen und viel Spaß beim Lesen!

 

Da wären wir nun... Yellowknife. Das dichte Grün der Tannen und Fichten verleiht diesem Ort einen ruhigen Glanz. Als wären sie hier an einem magischen Ort. Jeden Moment könnten Feen aus den Baumkronen fliegen oder Trolle aus der Erde kommen.

Stattdessen fahren die Autos gemächlich am Fenster vorbei. Biegen da links ab, kommen da rechts aus der Straße heraus... Erstaunlich viel Verkehr am Nachmittag, auch wenn der Ort eher zu den kleinen Städten dieses Landstriches zählt.

Der silberne Wagen fährt die Hauptstraße entlang und biegt irgendwann nach rechts ab. Die Häuser stehen enger beieinander, dennoch sprießt da und dort ein Baum zwischen den Grundstücken und erhält dem Ort seine natürliche Schönheit.

Nach einer weiteren Biegung wird das Auto langsamer und bleibt schließlich ganz stehen. Hier und da steht ein anderer Wagen, weit und breit ist aber niemand zu sehen. Die Fahrertür öffnet sich, die Fahrerin steigt aus und verschwindet für einen Moment.

Nach einiger Zeit kommt sie zum Kofferraum zurück und fragt nach vorne: „Willst du nicht auch endlich aussteigen Lucas? Wir sind schon da.“ Wenn es eine Sache gibt, die seine Mutter neben Kochen sehr gut kann, dann ist es mittels Worten eine verstecke Aufforderung in eine Frage einzubauen.

Leise seufzend tritt der Junge aus dem Auto und vergräbt sich tiefer im grünen Pullover. Die Klimaanlage hat die kühle Luft aus dem Auto vertrieben und der Wärme der Heimat Platz gemacht. Jetzt aber sind sie hier zu Hause... In Yellowknife. Ein Ort, wo selbst der Sommer frisch ist.

Der Junge geht nach hinten und blickt in das lächelnde Gesicht seiner Mutter. Sie ist mit ihren 38 Jahren immer noch eine schöne Gestalt. Das beige Fell am Rücken und der Seite leuchtet kräftig und wirkt frisch gepflegt. Ebenso das weiße Fell am Bauch. Ach... seine Mutter ist eine Weißwedelhirschkuh und heißt Emily Montano.

Und das Häufchen Elend im grünen Pulli ist ihr Sohn Lucas, nur mit braunem Fell statt beigem. Den weißen Streifen an Brust und Bauch haben sie aber beide, so wie alle Weißwedelhirsche aus Nordamerika. „Jetzt schau nicht so traurig. Ich weiß, es ist alles neu. Aber es tut gut. Fernab von allem und neu anfangen.“

Lucas nickt nur, schnappt sich seinen Rucksack und die große Reisetasche und stapft schnellen Schrittes in Richtung Haus. Seine Hufe klappern deutlich hörbar auf dem Gehsteig und dem mit Ziegeln ausgelegten Weg zu ihrem neuen Zuhause.

Das Gebäude ist mehr hoch als breit und macht einen kleinen Eindruck. Innen wird der Weißwedelhirsch aber eines Besseren belehrt. Der Vorraum ist klein und bietet gerade mal Platz für zwei Furries. Kleiderhaken und Kommoden sind schon vorhanden.

Seine Mutter hat das Haus von einem alten Grizzlybären gekauft, der ihnen das gesamte Haus mitsamt Einrichtung billig überlassen hat. Leider ist er wenige Tage vor ihrem Einzug gestorben. Die Beerdigung findet nächstes Wochenende statt und Emily und er werden dabei sein.

Das sind sie ihm schuldig... Der Vorraum ist quadratisch angelegt und gegenüber der Eingangstür sind zwei weitere Türen. Durch die Linke kommt der Junge in die Küche. Diese ist doppelt so groß. Ein großes Fenster ziert die Wand gegenüber und bietet einen herrlichen Blick auf einen kleinen Garten.

Am Fenster entlang ist die Wand offen und führt ins Wohnzimmer, das durch die andere Tür, vom Vorraum aus erreichbar ist. Links weist eine Glastür zum Garten, der mit zwei Tannen und einer breiten Hecke bepflanzt ist. Das Wohnzimmer ist der größte Raum. Hier steht ein Esstisch gleich rechts neben der offenen Wand.

Zusätzlich sind ein großer Flachbildschirmfernseher, ein alter, modischer Holztisch und eine breite, dunkle Couch in dem Raum. Ein Kamin neben der Glastür ist ebenfalls vorhanden. Der alte Grizzly muss entweder viel Geld besessen haben, oder er hatte Verwandte, die ihm das alles ermöglichen konnten.

Lucas ist auf jeden Fall erstaunt. So einen Luxus hätten seine Mutter und er sich niemals leisten können. Ein Grund mehr den Verstorbenen bei seiner Beerdigung zu besuchen. Langsam trottet der Weißwedelhirsch zurück in den Vorraum und wendet sich nach rechts.

Zwischen den zwei Türen führen Stiegen in den oberen Bereich des Hauses. Die Räume hier oben sind identisch. Mit Blick auf den Garten sind ein Arbeitszimmer und das Badezimmer und mit Blick auf die Straße beide Schlafzimmer. Lucas Schlafzimmer war früher der Abstellraum.

Der Alte hat aber scheinbar gewusst, dass er eines Tages hier ausziehen wird und hat dementsprechend im Vorzimmer einen Raum dazu bauen lassen. Klein genug, dass das Haus seine Schönheit behält. Aber groß genug, um als neuer Abstellraum zu dienen.

Alles in allem eigentlich ein schönes Haus. Voll der Luxus im Vergleich zur heruntergekommenen Wohnung in Seattle. Langsam trottet er die Treppe wieder hinunter und erblickt seine Mutter mit einem Koffer im Vorraum. „Sei doch so gut und hilf mir bitte mal. Wir wollen doch schnell fertig werden und uns die Stadt genauer anschauen?“

Lucas seufzt leise und nickt. Holt noch drei Reisetaschen und einen Koffer ins Haus. Zwei weitere werden geliefert, da nicht alles ins Auto passte. Ebenso die eine oder andere Kiste mit Tellern oder Besteck. Seine Mutter deponiert erst mal alles in den unteren Zimmern, während er das Nötigste nach oben trägt.

„Lucas komm! Wir haben nicht mehr lange Zeit!“ „Ich komme ja schon, stresse doch nicht so!“, murrend trottet der Weißwedelhirsch in seiner blauen Jeans und im Pulli nach draußen zum silbernen Wagen seiner Mutter. Gemeinsam fahren sie zur Hauptstraße zurück zu ihrem ersten Ziel.

Die Tourismusinformation im hiesigen Landstrich. Dem „Industry, Tourism and Investment“. Lucas Mutter hat sich natürlich schlau gemacht und konnte dank ihrer Sprachkenntnisse einen Job ergattern. Eine Füchsin und ein Grizzlybär stehen hinter einer Theke und nehmen sie erst gar nicht wahr.

Selbst Lucas erkennt, dass die hier ziemlich überfordert sind und seine Mutter hier genau rein passt. Schließlich dreht sich die Füchsin zu ihnen und fragt höflich aber etwas außer Atem: „Herzlich Willkommen im Industry, Tourism and Investment! Was kann ich für Sie tun?“

„Guten Tag, Emily Montano ist mein Name. Darf ich bitte mit Frau Nisser sprechen? Ich bin die zukünftige Hilfe bei Ihnen.“ Der Grizzlybär hat bei dem Namen aufgehorcht und beginnt zu lächeln. „Ah Frau Montano! Schön Sie endlich persönlich kennen zu lernen. Wir haben miteinander gesprochen.“ „Ich erinnere mich, aber nennen Sie mich bitte Emily“, grinst die Weißwedelhirschkuh zurück.

Der Grizzlybär und die Füchsin lachen kurz und die Füchsin meint: „Freut mich auch. Ich werde die Chefin mal holen, Moment bitte.“ Emily nickt und die Mitarbeiterin ist weg. Nach einem kurzen Moment kommt sie mit einer Biber-Dame zurück, die ihre neue Fachkraft mit einem Lächeln begrüßt.

„Schön dass Sie hier sind Frau Montano. Josh hat mir alle Unterlagen schon vorbereitet. Eine letzte Frage habe ich aber noch... Sie wissen, was hier alles auf Sie zu kommt?“ „Selbstverständlich! Ich war eine Weile als Französisch-Lehrerin tätig und habe hin und wieder auch in dem einen oder anderen Reisebüro gearbeitet. Geben Sie mir ein paar Tage und Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen.“

Die Biber-Dame nickt lächelnd und meint: „Das tu ich jetzt schon nicht. Nehmen Sie sich das Wochenende noch Zeit, Montag 8 Uhr ist Dienstbeginn. Krawatte brauchen Sie keine und eine Bluse bekommen Sie von uns. Sandra und Josh werden Ihnen dann helfen.“

„Danke Frau Nisser!“, bedankt sich Emily freundlich und glücklich lächelnd. Selbst Lucas muss leicht schmunzeln. Es freut ihn seine Mutter so glücklich zu sehen. Erstaunlich, wo doch vor wenigen Wochen sein Vater sie verlassen hat... Schlagartig wandelt sein Lächeln sich in eine schmerzliche Mine und er muss sich abwenden, aus Angst, Tränen könnten seine Augen verlassen.

„Komm Lucas. Lass uns gehen, nun ist deine Schule dran“, meint Emily und streichelt dabei ihrem Sohn sanft den Rücken. Merkt sie doch wohl, wie es ihm geht. Die Fahrt zur Schule dauert nicht lange und zum Glück hat sie noch offen, auch an diesem Freitag. Die „Education District No. 1“, eine der bestbesuchten und begehrtesten Schulen in dieser Gemeinde.

Es ist viel los und sämtliche Schüler zwischen 14 und 19 schlendern durch die breiten Gänge. Furries jeglicher Art Kanadas sind anwesend. Silber- oder Grauwölfe, Grizzlybären, Biber, Elche und die in Kanada lebenden Karibus und Wapitis. Füchse sind auch einige zu sehen.

Oft blicken die Schüler neugierig zu Lucas und seiner Mutter. Er fühlt sich etwas unwohl, folgt seiner Mutter aber schnellen Schrittes in Richtung Direktion. Eine Füchsin sitzt als Sekretärin vor dem Büro des Direktors und ist in ein paar Unterlagen vertieft, blickt aber sofort auf und erhebt sich mit einem Lächeln.

„Schönen guten Tag. Kann ich Ihnen helfen? Haben Sie einen Termin beim Direktor?“ „Guten Tag. Ja, wir haben im Laufe des gesamten Tages einen Termin bei Herrn Walters. Emily und Lucas Montano.“ Die Füchsin nickt, setzt sich wieder hin und tippt etwas in ihrem Computer, ehe sie lächelnd nickt.

„Ah ja, unser Neuzugang! Einen Moment bitte.“ Die Füchsin öffnet die Tür zum Büro ein wenig und kündigt sie an: „Emily Montano und ihr Sohn Lucas sind eingetroffen. Der Neuzugang im Advanced Placement Modul.“

„Danke Hase, schick sie rein.“ „Nenn mich nicht so Schätzchen!“, knurrt die Füchsin, aber als sie sich den Wartenden zudreht grinst sie breit. „Bitte verzeihen Sie! Aber mein Gatte und ich sind manchmal etwas... direkt. Bitte kommen Sie nur rein.“

„Das habe ich gehört!“, kommt die tiefe Stimme des Direktors aus dem Büro. Und die Sekretärin kontert belustigt: „Umso besser!“ Selbst Emily hat ein belustigtes Grinsen auf dem Gesicht, aber in Lucas kommen wieder dunkle Erinnerungen hoch.

Eine Erinnerung wo seine Mutter und sein Vater sich liebevoll gezankt haben. Ehe er diesen Gedanken weiter führen kann, schiebt seine Mutter ihn in ein eher großes Büro. Es ist halbmondförmig angelegt. Links ein kleines Podest mit einem großen Schreibtisch und einem Ledersessel.

Ein Silberwolf im grauen Anzug und dunkler Krawatte erhebt sich dort und erwartet sie lächelnd. Auf der anderen Seite ist eine breite Couch mit einem Glastisch und einigen Pflanzen, auch eine Kaffeemaschine ist dort. An der rund angelegten Wand vom Schreibtisch zur Nische ist ein Regal mit Büchern und Antiquitäten.

Die zwei Weißwedelhirsche trotten auf das Podest und reichen dem Direktor erst mal die Hand. „Frau Montano, wie schön Sie endlich zu sehen. Und das muss dann wohl Lucas sein, sei willkommen!“ „Ehrm... danke“, bringt dieser gerade noch so heraus.

„Setzen Sie sich doch. Ich hole eben noch meine Unterlagen. Wollen Sie einen Kaffee?“ „Wenn Sie mich schon so fragen... ja bitte!“, antwortet Emily lächelnd, aber Lucas verneint. „Luise! Sei bitte so lieb und mach Frau Montano einen Kaffee!“

Die Füchsin kommt herein und nickt. „Gern. Schwarzer ist in Ordnung?“ „Ich trinke nichts lieber.“, meint Emily und erntet ein breites Grinsen von der Füchsin. „Gut! Muss meinem Lieben immer Milch dazu mischen... Der arme Kaffee!“

Die zwei Frauen lachen und der Silberwolf murrt leicht belustigt. Lucas fühlt sich etwas unsicher, schweigt daher und setzt sich mit seiner Mutter auf die Couch. Der Direktor kommt nach einer Weile mit einem dünnen Ordner zu ihnen. Kurz darauf stellt die Füchsin der Weißwedelhirschkuh den Kaffee hin und verlässt das Büro.

„Also Lucas. Erstmal möchte ich dich bei uns an der Education District No. 1 begrüßen. Das Modul, für das deine Mutter dich angemeldet hat und dem du auch beitreten kannst, ist das 'Advanced Placement'. Schwerpunkte sind Französisch, Mathematik, Physik, Chemie und Biologie. Also die Naturwissenschaft, wenn du so willst.“

„Das stimmt.“ „Gut. Ich sehe, du hast in deiner alten Schule als Schwerpunkte auch naturwissenschaftliche Fächer gehabt. Dann wird dir das hier keine Probleme bereiten, lernen und mitarbeiten musst du trotzdem.“ „Das ist mir bewusst.“ „Ausgezeichnet! Das Modul hat zwar schon angefangen, aber da es noch ziemlich am Anfang ist, wirst du schnell rein kommen.“

Emily trinkt genüßlich ihren Kaffee und mischt sich dann auch ein: „Das heißt jetzt offiziell, dass er ab Montag hier anfangen kann?“ „Ganz genau. Sei am Montag um Punkt 8 Uhr vor meinem Büro. Meine Frau wird dir deine Unterlagen überreichen und ich werde dich dann zu deiner Klasse begleiten und dich vorstellen. Sei also komplett vorbereitet.“

„Das werde ich“, stimmt der Junge nickend zu und der Silberwolf lächelt. „Dann sage ich es nochmal: Willkommen an der Education District No. 1!“ „Danke Herr Walters.“ Der Direktor nickt und schüttelt beiden die Hand, ehe seine Frau sie zum Ausgang zurück begleitet.

„Es wird dir sicher bei uns gefallen Lucas und die Schülerinnen und Schüler deines Moduls sind auch ziemlich freundlich.“ „Ich danke Ihnen Frau Walters.“ Die Füchsin lächelt und schüttelt dann auch beiden die Hand, ehe Emily und Lucas ins Auto steigen und los fahren. „Die wirken doch ziemlich nett und sympathisch. Ich meine, Kaffee als Begrüßung... da kann sich dein alter Direktor was abschneiden.“

Der Weißwedelhirsch nickt und meint: „Stimmt. Das ist schon ein wenig anders hier. Hoffentlich sind die Schulkollegen auch alle so.“ „Aber klar, das wird schon. Wer weiß... vielleicht ist da ja auch ein süßer Junge für dich dabei...“ „Mama!“ Emily grinst entschuldigend. „Tut mir leid, aber ich darf doch hoffen.“

Lucas schaut sie ernst an, beginnt dann aber schnell zu lächeln. „Solang die mich nicht auslachen... oder verlassen wie...“ Er stockt und redet nicht weiter. Seine Mutter legt ihm sanft die Hand auf ein Knie und meint: „Lucas... du weißt, ich bin immer hinter dir. Egal ob du auf Frauen oder auf Männer stehst.“

Lucas nickt. „Und das Pierre eben deswegen abgehauen und zurück nach Frankreich geflogen ist... Nun ja... Er hatte nicht den Mut die Wahrheit einzusehen. Wir sind besser ohne ihn. Darum sind wir auch hier. Um ihn zu vergessen...“

Vergessen... Lucas kann seinen Vater nicht vergessen. Er liebt seinen Vater zu sehr, selbst nachdem der ihn als Sohn verstoßen hat, nachdem Lucas sich an jenem Abend geoutet hat... Eine Träne löst sich aus seinem Auge und schnell wischt er sie weg. Egal was sein Vater getan hat... egal was er gerade tut... er wird ihn nie vergessen.

Emily hält bei einem Supermarkt an und sie kaufen noch etwas für die kommenden paar Tage. Zu Hause beginnen sie alles einzuräumen und haben dann ihr erstes, gemeinsames Abendessen in ihrem neuen zu Hause. Anschließend trottet der Junge in sein Zimmer.

Die Tür geht nach innen auf, wie alle anderen Türen im oberen Stockwerk auch. Gleich rechts an der Wand ist sein Bett und neben dem Bett sein Schreibtisch mit Wecker und die für Montag vorbereiteten Unterlagen. Auf der gegenüberliegenden Wand ist ein breiter Schrank, in dem er seine Kleider geordnet hat. Die restlichen Sachen werden im Laufe der nächsten Tage geliefert.

In seinem seidenen Schlafanzug liegt er im Bett und schaut in der Dunkelheit zur Decke hinauf. Das schwache Licht der Sterne und des Mondes dringen durch das Fenster und die vorgezogenen Stoffvorhänge. Da ist sie wieder... die Kälte, die seine Glieder langsam steif werden lässt.

Sein Herz wird schwer und sein Hals verknotet sich. Er schließt die Augen und versucht es zu unterdrücken, aber wie jede Nacht, so schafft er es auch diese nicht. Seine Augen brennen unter den Liedern und langsam rinnen die Tränen seine Wangen herab.

Er sieht seinen Vater, wie er noch bei ihnen ist. Den Arm um ihn gelegen hat und stolz auf ihn ist. Aber die Realität ist leer, einsam und kalt und so wie auch jede andere Nacht, seit sein Vater weg ist, so zittert und weint er sich auch diesmal leise in einen grauen Schlaf.

Das Wochenende verläuft ruhig. Emily und Lucas haben ihre Reisesachen schon aufgeteilt und den restlichen Samstag genutzt, um sich die Umgebung anzuschauen. Die Gemeinde ist an sich ziemlich groß für ein Dorf. Aber zu klein für eine Stadt. Trotzdem ist alles übersichtlich und, aufgrund des großen Sklavensees gleich nebenan, im Sommer ein beliebter Ort für Touristen.

Jetzt im Herbst schwimmen nur noch die Einwohner im See, die die kühle Temperatur gewohnt sind. Am Sonntag zu Mittag kommt die Lieferung mit ihren letzten Kisten und Koffern und der Tag wird mit Einräumen verbracht. Lucas nutzt die Zeit ebenso, um an seinen Zeichnungen weiter zu machen. Malen und Zeichnen tut er für sein Leben gern und es lenkt ihn ab.

So hat er eine Skizze eines Elches angefangen, der seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Die Tränen auf seinen Händen, die er immer hat wenn er das Bild anschaut, machen es nicht besser. Beim Abendessen am Sonntag sitzen sie an einem Tisch im Garten und beobachten den Sonnenuntergang.

„Du solltest dich dann langsam fertig machen Lucas. Morgen geht die Schule los. Geh rechtzeitig los, damit du ja nicht zu spät kommst!“ „Ja Mama. Als wäre ich jemals zu spät gekommen. Sei nicht so nervös, nur weil du morgen auch zu arbeiten anfängst! Das wird schon.“

Emily will darauf etwas erwidern, aber sie nickt und räumt dann den Tisch ab. Kurz vor dem Schlafengehen nimmt sie ihn nochmals in den Arm und drückt ihm einen Kuss auf die Stirn. „Viel Erfolg morgen! Du schaffst das! Und lass dich nicht unterkriegen!“

Der nächste Tag beginnt viel zu früh. Der Wecker läutet unverschämt um 6:30 Uhr. Verschlafen trottet der Weißwedelhirsch ins Bad und macht seine morgendliche Toilette. Im Wohnzimmer bereitet seine Mutter derweil das Frühstück vor.

Mehr als ein Nicken bringen sie nicht zustande. Sie sind beide keine Morgenmenschen und reden in der Früh geht schon mal gar nicht. Das Frühstück ist einfach, dafür vielfältig. Semmeln und Brot, Kaffee und Kräutertee, Butter und Marmelade, sowie Käse oder Honig.

Emily verschwindet oben, macht sich fertig und kommt dann nur für einen Kaffee zu ihm an den Tisch. Der Zeiger fließt langsam dahin und um halb acht verlassen beide das Haus. Sie fährt ihn mit dem Auto zur Hauptstraße und fährt dann zur Tourismusinformation weiter, während Lucas seinen Weg weiter in Richtung Schule fortsetzt.

Der Morgen ist sehr frisch für diesen Herbst und selbst unter dem grünen Pullover ist dem Jungen kalt. Ein paar Autos fahren gemächlich an ihm vorbei und der Himmel ist in ein schönes Farbspiel getaucht. Von Nachtschwarz bis hin zum orangenen Schein der Sonne. Auch Rosa mischt sich immer mehr dazu, gefolgt von dem Hellblau des Tages.

Schon erreicht er die Schule und stellt fest, dass er noch zehn Minuten Zeit hat. Ein paar Schüler haben sich schon versammelt und stehen in Gruppen zusammen. Hier und da geht der Rauch einer Zigarette in den Himmel und nach und nach werden es immer mehr.

Wie jede andere Schule, so sperrt auch diese fünfzehn Minuten vor Acht auf. Einige steuern direkt den Weg ins Gebäude an, somit ist der Platz vor dem Eingang nie komplett überfüllt. Lucas wartet eine Weile in etwas Abstand, ehe er sich auch daran macht, ins Innere zu gehen.

In den Gängen wimmelt es von Schülerinnen und Schülern und jeder steht bei seinem Spind, um sich für den Tag oder die ersten Stunden vorzubereiten. Hin und wieder wirft einer einen Blick auf den Weißwedelhirsch, aber sonst wird er in Ruhe gelassen.

Der Weg bis zum Büro des Direktors zieht sich in die Länge, aber kurz vor Schulbeginn erreicht er den Schreibtisch der Sekretärin. Die Füchsin beginnt zu lächeln und erhebt sich. „Ah Lucas! Schön dich pünktlich zu sehen. Moment bitte!“ Die Füchsin verschwindet kurz hinter der Eichentür im Büro ihres Mannes und winkt ihn dann herein.

Der Silberwolf steht breit lächelnd bei seinem Schreibtisch, auf dem ein Haufen Bücher liegt. „Das sind deine Unterlagen. Meine Frau gibt dir den Stundenplan und begleitet dich kurz zu deinem Spind, dass du dich einrichten kannst. 5 Minuten! Dann kommt ihr wieder her und ich stelle dich deiner Klasse vor.“

„Danke Herr Walters.“ Der Junge packt seine Sachen und folgt der Füchsin nach draußen, wo er den Stundenplan bekommt. Der Weg zum Spind führt sie dann nah an den Eingang der Schule, zu einem Spind mit der Nummer 18. „Das ist deiner. Schlüssel hast du hier. Pass aber gut darauf auf! Wenn du ihn verlierst, musst du die Anfertigung eines Neuen selber zahlen.“

Lucas nickt und nimmt den Schlüssel entgegen. Schnell einen Blick auf den Stundenplan und er sieht heute nur Biologie, Physik und Chemie. Die dafür nötigen Bücher werden in den Rucksack gesteckt, der Rest in den Spind. Anschließend folgt der Weißwedelhirsch der Sekretärin zurück zum Direktor, der schon außerhalb seines Büros auf sie wartet.

„Das ging schnell. Gute Arbeit! Komm Lucas! Ach Hase, Frau Schell kommt heute vorbei...“ Die Füchsin seufzt und nickt. „Ich seh schon... ich mache den Aktenordner zu Ende, dann geh ich los.“ „Du bist die Beste!“, meint der Direktor lächelnd, gibt ihr einen Kuss und führt den Jungen dann durch die Gänge.

Lucas' Blick ist ein wenig getrübt. Er freut sich innerlich für die Zwei, aber andererseits tut es ihm weh, weil sein Vater nicht da ist und genauso ist. Als er gegen den Silberwolf prallt wird er aus seinen Gedanken gerissen. Sie stehen in einem Gang und die Tür gleicht jeder anderen. Einzig ein Schild an der Mauer zeigt an, dass es sich hier um den „Biologieraum“ handelt.

Ehe er klopft und dann eintritt, meint der Direktor: „Warte hier draußen!“, Sofort erheben sich sämtliche Schüler, aber der Direktor winkt mit der Hand ab. „Bleibt sitzen!“ Die Schüler setzen sich wieder und blicken zwischen dem Silberwolf und der Bärin, ihrer Lehrerin, hin und her.

„Herr Walters, was kann ich für Sie tun?“ „Frau Smith, heute ist es soweit. Ihr Neuzugang kommt.“ Da deutet der Direktor dem Jungen einzutreten und er tut es. Unsicher hat er die Arme um seinen Körper geschlungen und versucht den Blicken standzuhalten. Er beginnt zu zählen... „1, 2, 3, ...“

„Ah ja, ich erinnere mich. Sie haben in der Besprechung vor Beginn des Schuljahres davon erzählt.“ Der Direktor nickt und legt Lucas eine Hand auf die Schulter, ehe er zu den Schülern spricht: „Dieser junge Mann wird ab heute bei euch mitlernen. Dieses und hoffentlich euer nächstes Jahr, euer Abschlussjahr.“ „... 10, 11, 12, ...“

Die Schüler tuscheln miteinander und blicken immer wieder neugierig zum Jungen, der bei 19 Schülern angekommen ist. „Also dann, auf ein gutes Gelingen! Ich lass euch dann wieder allein.“ Erneut erheben sich alle Schüler und warten, bis der Direktor draußen ist, ehe sie sich wieder setzen.

Die Braunbärin mustert den Weißwedelhirsch ebenso neugierig wie die Schüler, ehe sie spricht: „Also... Lucas Montano, richtig? Erzähl mal was von dir.“ Der Junge schluckt und beginnt leise: „Nun... ich heiße Lucas Montano und bin mit meiner Mutter am Wochenende von Seattle hierher gezogen.“

Nach einer kurzen Pause spricht er etwas lauter: „Ich bin 17 Jahre alt, ein Weißwedelhirsch und habe in meiner alten Schule auch schon Naturwissenschaften als Hauptfächer gehabt, daher habe ich mich für dieses Modul entschieden.“ Schweigen. Die Bärin fragt schließlich: „Und was tust du in deiner Freizeit? Hast du Hobbys oder betreibst du Sport?“

Lucas schüttelt den Kopf. „Nein... na ja, also ich zeichne und male gerne...“ Hier und da beginnt einer der Schüler zu grinsen und die Lehrerin nickt. „Gut, da in der Mitte links, neben Kathy, ist noch ein Platz frei.“ Dabei deutet Frau Smith auf eine Wapiti, die ihren neuen Sitznachbar breit grinsend erwartet.

Der Junge schluckt leicht und nickt, trottet langsam zu seinem Platz und setzt sich hin. Die Wapiti grinst ihn immer noch an, als die Lehrerin dann mit dem Unterricht beginnt und sich jeder konzentriert. Nach der Doppelstunde und dem Läuten der Glocke wendet sie sich ihm erneut zu und streckt ihm die Hand entgegen. „Kathy.“

Etwas überrumpelt braucht der Weißwedelhirsch einen Moment, schüttelt ihr dann aber die Hand. „Lucas.“ „Wie kommt es, dass ein Amerikaner den Weg zu uns nach oben findet?“ Lucas räumt seine Bücher ein und zuckt mit den Schultern. „Mutter hat mich rauf gebracht.“

„Ah. Na dann gibt’s sicher auch einen Grund dafür.“ Lucas schweigt einen Moment. Er kennt sie kaum, aber ihre direkte Art gefällt ihm irgendwie. Er dreht sich ihr zu und sie öffnet gerade das Maul um erneut zu sprechen, er kommt ihr aber zuvor: „Sie will neu anfangen. Neues Leben und so.“

„Und du willst nicht. Das sieht man dir an! Wieso bist du nicht bei deinem Vater geblieben?“ Volltreffer... Schnell wendet der Junge den Blick ab, packt seinen Rucksack zu Ende und verlässt den Raum. Er folgt den anderen in den Gemeinschaftsraum, wo die erste, fünfzehnminütige Pause stattfindet. Auch da wird er von allen Seiten angestarrt und hier und da hört er sie flüstern.

„Ein Neuer.“ „Ein Weißwedelhirsch? Die hab ich hier oben ja noch nie gesehen“ „Was der hier will?“ Ein wenig eingeschüchtert trottet der Junge zum Buffet, wo jetzt ein paar Frühstücksbrötchen verkauft werden. Schnell ergattert er sich eines und setzt sich dann in eine Ecke.

Gerade will er in Ruhe sein Brot verspeisen, kommt schon ein Muskelberg von einem Elch auf ihn zu. „He Neuling! Willkommen an der Education District No. 1. Was sind deine Stärken?“ Erneut überrumpelt schweigt er diesmal länger und schaut den Elch einfach nur verwirrt an.

„Hast du mich nicht gehört Südländer? Was sind deine Stärken?“ Kathy und ein Grauwolf kommen zu ihnen und der Wolf meint: „Jason lass gut sein. Bei ihm wirst du nichts erreichen.“ „Was geht dich das an Sam? Du bist nicht mehr im Team, also hau ab!“ „Aber er geht in unsere Klasse, also verschwinde du lieber!“, mischt sich Kathy nun auch ein und der Elch schnaubt auf.

Erneut dreht er sich dem Weißwedelhirsch zu und fragt zum dritten Mal: „Beantworte mir wenigstens diese Frage! Was sind deine Stärken?“ „Wenn es um Sport geht... keine“, murmelt Lucas kleinlaut, woraufhin der Elch erneut schnaubt.

„Schwuchtel. Kein Wunder dass ihr Südländer solche Weicheier seid.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen dreht sich der Elch um und stapft davon. Lucas hat den Satz aber nicht mitbekommen. Allein vom ersten Wort hat er die Augen aufgerissen.

Der Wolf und Kathy setzen sich zu ihm dazu und der Wolf meint: „Mach dir keine Sorgen. Jason ist im Sportmodul und da sowas wie das Alphatier. Sport ist sein Leben und jeder Kerl der diese Meinung nicht teilt ist in seinen Augen schwul, ein Weichei, schwach... such dir was aus.“

Langsam nickt Lucas und zwingt sich zur Ruhe. Ja nichts anmerken lassen... „Danke“, bringt er hervor und der Wolf nickt lächelnd. „Haben uns noch nicht richtig vorgestellt. Sam. Ich bin in der Reihe ganz hinten.“ Lucas schüttelt auch ihm die Hand und blickt unsicher zu Kathy. Diese lächelt ihn aber einfach an.

„Du solltest dein Brot weiter essen. In den nächsten drei Stunden geht es mit Chemie weiter.“ Der Weißwedelhirsch nickt und isst seine Jause, ehe er Kathy und Sam zurück in den Unterricht folgt. Der Tag verläuft sonst ziemlich ruhig, abgesehen von dem Stoff, den Lucas nachholen muss.

Aber da die Naturwissenschaften schon immer seine Interessen waren, ist er sich sicher, dies in wenigen Tagen intus zu haben. Um 16 Uhr ist Schulende. Im Gang merken die drei, dass ihre Spinde ziemlich nahe beieinander sind und gemeinsam verlassen sie auch das Gelände.

„Dann bis morgen Lucas. Hat mich gefreut dich kennen zu lernen“, meint Sam, ehe er mit Kathy, die ihm freundlich zuwinkt, den Weg in die entgegengesetzte Richtung geht. Der Weg nach Hause dauert gut 20 Minuten und er merkt, dass er noch alleine ist.

Ab nach oben und Hausaufgaben gemacht. Währenddessen kommt seine Mutter nach Hause und ruft nach ihm: „Hallo Schatz! Ich komme grad vom Einkauf.“ „Hey Mom, ich komm runter wenn ich hier fertig bin!“ Noch ein paar Momente des Denkens und Schreibens und schon ist er fertig und trottet nach unten, wo es sich seine Mutter mit einem Kaffee auf der Couch gemütlich macht.

„Na Lucas, wie war der erste Tag?“ „Anders als in der alten Schule... aber ich glaube, ich werd's überleben. Wie war's bei dir?“ Die Weißwedelhirschkuh lächelt und nimmt einen Schluck, ehe sie nickt: „Das freut mich... Ja, bei mir war alles in Ordnung. Für zwei war wirklich zu viel zu tun.“

„Na dann ist es gut, dass du dort die Stelle gefunden hast.“ „Oh ja das ist es... und schon Freunde gefunden?“ Lucas schüttelt den Kopf und meint verlegen: „Nein... also es gibt da eine Wapiti namens Kathy und einen Wolf namens Sam... die wirken sehr freundlich und nett...“

„Halt dich ran! Freund sind immer gut.“ Lucas nickt, wirklich überzeugt oder erfreut wirkt er aber noch nicht. „Um 19 Uhr gibt es Abendessen. Vielleicht hast du ja Lust dir den See anzuschauen derweil oder die Umgebung zu erkunden?“ Der Junge schaut einen Moment unsicher, nickt dann aber.

„Ok, dann lass uns zum See gehen.“ Emily nickt und trinkt ihren Kaffee leer. Schnell per Hand abgewaschen und schon sind die zwei auf dem Weg durch die Straßen nach Norden in Richtung See. Der See ist nicht weit entfernt. 10 Minuten Fußweg. Aber um zu einem der Versammlungsplätze am Strand zu kommen, braucht es nochmals 5 Minuten Fußweg.

Der Versammlungsplatz ist ein breiter Streifen Wiese mit Bäumen und großen Steinen als Strand, ehe es in den See geht. Viele Jugendliche oder Familien mit Kindern sitzen auf der Wiese und genießen die letzten Strahlen der Sonne. Emily deutet auf eine Gruppe Jugendliche und meint: „Der dritte von Links, wie wäre es mit dem?“

„Mom! Nicht hier!“ Aber Emily lächelt nur entschuldigend, während Lucas heimlich seine Blicke zu eben gezeigter Person schweifen lässt. Ein Fuchs. Er schaut gut aus... wäre da nicht die Füchsin in seinen Armen. Lucas hat es aufgegeben nach dem passenden Freund zu suchen.

„Also ich mag es hier. Schön ruhig, trotz der paar Kinder und Schwimmer. Ich glaube ich komme öfters hier vorbei und entspanne mich nach der Arbeit“, meint Emily und Lucas nickt. „Mach das. Ich kümmere mich erst mal um meine Hausaufgaben und lerne. Tests stehen nächste Woche schon an.“

„Braver Bub. Komm, ich will dir an der Hauptstraße etwas zeigen.“ Gemeinsam gehen sie ein paar Minuten zur Hauptstraße. Rechts führt die Straße auf eine kleine Insel, die von den eher Reicheren bewohnt wird. Aber ziemlich nahe ist ein großes Einkaufzentrum. Kleidergeschäfte, Restaurants, Supermärkte, Technikläden... alles was das Herz begehrt, ist hier zu finden.

„Dass du weißt, wo du hin musst, wenn du mal was brauchst. Hier findest du nämlich wirklich alles“, meint die Weißwedelhirschkuh, während ihr Sohn aus dem Staunen nicht mehr raus kommt. „Das ist riesig!“ Emily lacht und führt ihn ein wenig herum, ehe sie den Heimweg antreten.

Zu Hause gibt es dann Abendessen und der Abend wird getrennt verbracht. Sie schaut erst Nachrichten und liest dann ein Buch. Er hockt in seinem Zimmer und zeichnet die Bilder seines Vaters weiter, was ihm wieder die Tränen in die Augen bringt, ehe er sich ins Bett legt und sich weinend in einen weiteren, kalten Schlaf kuschelt.

Die nächsten Tage verlaufen ruhig, sowohl in der Schule als auch zu Hause. Lucas hat sich erstaunlich schnell in das System eingelebt und kommt schon ziemlich gut mit dem Stoff mit. Mit Kathy und Sam verbringt er die meiste Zeit gemeinsam und der Junge findet die zwei immer freundlicher und sympathischer.

Am Freitag kommt Kathy in der Mittagspause zu ihm und meint: „He Luc, heute und morgen Abend ist Bar-Abend. Unsere Klasse trifft sich meist im 'Panda Mall', komm doch mit.“ „Danke Kathy, aber Bars sind nicht so mein...“ „Ach komm schon! Du kennst es doch gar nicht. Schau es dir an und wenn es dir nicht gefällt kannst du immer noch gehen!“

Lucas sucht verzweifelt nach einer Ausrede, aber gegen die direkte Art Kathys ist er machtlos. So meint er leise: „Na schön... aber du gehst mit mir gemeinsam dorthin! Sonst komm ich nicht.“ Die Wapiti grinst siegessicher. „Sam kommt auch mit, also keine Sorge. Treffpunkt um 19 Uhr vor der Schule, dass du weißt wo wir hin müssen.“

„Na schön...“ „Komm schon! Das wird ein riesen Spaß“, grinst Kathy und knufft ihm freundlich in die Seite, was Lucas mit einem Nicken erwidert, ehe der Schultag weiter geht.

Seine Mutter kommt abwechselnd, mal vor ihm, mal nach ihm nach Hause. Heute ist es früher und sie begrüßt ihn mit einem „Hallo Schatz!“ aus dem Wohnzimmer.

„Hey Mom... Kathy hat mich heute dazu... genötigt mit ihr und ein paar anderen aus der Klasse in eine Bar zu gehen.“ „Na endlich! Wann geht’s los?“, grinst Emily und Lucas verdreht die Augen. „Ich mache noch die Hausaufgaben. Um 19 Uhr treffen wir uns vor der Schule.“

Gesagt, getan und so kümmert sich der Junge erst um seine Hausaufgaben. Viertel nach 18 Uhr beginnt er dann sich langsam vorzubereiten. Duschen, Fell pflegen, nach passenden Kleidern suchen... „Wofür... dort finde ich eh niemanden“, murmelt Lucas zu sich und entscheidet sich dann für eine dunkelbraune Hose und ein weißes, dünnes Shirt.

Darüber sein grüner Pullover. Kurz entfährt ihm ein trauriger Seufzer, ehe er nach unten geht. Seine Mutter sitzt mit ihrem Laptop auf dem Sofa und scheint mehr über Yellowknife zu erkunden, steht dann aber rasch auf, als er den Raum betritt.

„Bereit für den ersten großen Abend?“ „Ich freue mich, wenn er vorbei ist...“ „Es wird dir gut tun! Vielleicht triffst du ja auch einen schönen Jungen.“ Lucas seufzt und zuckt mit den Schultern. Emily lächelt leicht und umarmt ihn, ehe sie murmelt:

„Pass auf dich auf und wenn was ist, ruf mich an, ja? Ich hole dich dann ab.“ Lucas nickt und steckt sich Schlüssel und Handy ein, ehe er das Haus verlässt und in Richtung Schule geht. Auf dem Weg wird er sich unsicher, ob er das wirklich tun sollte. Außerdem ist es verdammt kalt. Selbst unter dem Pullover zittert er und er schlingt die Arme um seinen Oberkörper.

Da ist schon die Schule in Sichtweite und Kathy und Sam stehen schon dort und warten. Der Grauwolf bemerkt ihn und winkt ihm zu, während er ruft: „Hey Lucas, gerade pünktlich!“ Der Weißwedelhirsch seufzt in sich hinein und kommt auf die zwei zu. „Nabend...“

„Ach komm schon Luc! Das wird ein riesen Spaß!“ „Nenn mich nicht immer Luc, Kathy“, schmollt der Weißwedelhirsch die Wapiti an, doch diese grinst nur breit und hängt sich in einen seiner Arme. „Komm! Zur Panda Mall ist es nicht weit... Ach und Kathy, lass ihn vorher los. Sonst glaubt man noch ihr seid ein Paar“, fordert Sam auf.

„Vielleicht sind wir das!“, meint die Wapiti grinsend und zwinkert Lucas zu, was dem Jungen ein leichtes Grinsen entlockt. Der Weg führt an der Hauptstraße entlang in Richtung See. Wenn sie weiter gehen würden, würde linker Hand das Einkaufzentrum kommen.

Doch auf halbem Wege biegen sie in eine Straße ein, entfernen sich von der Hauptstraße und gehen in einen Stadtteil, den Lucas mit seiner Mutter noch nicht erkundet hat. Sie gehen einfach gerade aus, als vor ihnen ein Schild erscheint, welches das Gesicht eines Pandas ziert.

Kathy löst sich von Lucas und erklärt: „Der Gründer war Asiate. Ist auch schon wieder Jahre her. Die Meisten aus unserer Klasse sind hier schon Stammgäste.“ Die Wapiti tritt in die Bar, die deutlich gefüllt ist, aber einen guten Überblick aufweist.

Besteht das Gebäude außen aus geschliffenem Stein, so ist innen nur Holz. Wände, Tische, Bänke, Stühle... einfach alles wurde aus dunklem Tannenholz gebaut. Einzig hinter der Theke wurde eine Kieselsteinwand gemacht und durch einen Eingang kommt man in die Küche. Gut erkennbar an dem Rauch, der aus der Öffnung kommt.

Seitlich am Rand führen zwei Treppen zu einem Obergeschoss mit weiteren Holztischen und Stühlen. Zusätzlich befinden sich ein paar Shishas hier oben, um den Aufenthalt gemütlicher zu machen. Gegessen wird aber nur unten.

Die Bar ist gut gefüllt. Ein paar Erwachsene sitzen bei einer Poker-Runde oder einer Partie Karten an den unteren Tischen, während ein Krug Bier und ein Teller voll mit Essen die Gesellschaft abrundet. Im oberen Bereich sitzen eindeutig Jugendliche, die bei Musik und Shisha den Abend genießen.

Hinter der Theke steht eine junge Karibu-Dame, die gerade ein paar weitere Krüge mit Bier einschenkt. Ein Elch und ein Damhirsch laufen als Kellner im Raum herum und versorgen ihre Gäste mit Speisen, Getränken und anderen Wünschen, wie zum Beispiel die Zutaten für die Shishas.

Sam nickt dem Damhirsch grüßend zu und geht dann eine Treppe nach oben. Lucas und Kathy folgen ihm dicht auf. Oben sitzen ein paar aus ihrer Klasse und rufen laut durcheinander, als sie kommen. „Da seid ihr ja endlich!“ „Wurde auch Zeit!“ „Was hat das so lange gedauert?“

Der Grauwolf hebt die Hände und meint: „Nur die Ruhe, wir haben jemanden mitgebracht.“ Sam tritt zur Seite und lässt den Blick auf Lucas frei, der verlegen neben der Treppe steht. Es ist wahrlich fast jeder aus der Klasse hier. Ebenso ein Elch und ein Wapiti, welche er beide zum ersten Mal sieht.

Sie wirken beide trainiert. Jetzt nicht übertrieben wie Bodybuilder, aber man sieht an ihrer Statur, dass sie ausreichend Sport betreiben. Der Wapiti scheint selber noch jung zu sein. Sein Fell ist ziemlich dunkelbraun und weißt eine Ähnlichkeit mit Kathy auf.

Diese geht auch auf den Wapiti zu und umarmt ihn, meint dann laut genug: „Steve, das ist Lucas. Luc, mein Bruder Steve.“ Das Lächeln, das der Wapiti dem Jungen zuwirft, lässt diesen positiv erschaudern und schüchtern reicht Lucas dem Älteren die Hand. Ist Kathys Bruder groß und trainiert, so ist seine Stimme warm und angenehmen als er spricht:

„Freut mich Lucas! Kathy hat mir am Montag schon erzählt, dass sie einen Neuen in der Klasse hat. Wie gefällt es dir bisher?“ Der Weißwedelhirsch braucht einen Moment, ehe er meint: „Ja... läuft gut. Bist du auch in der Schule?“ „Nicht mehr. Ich arbeite seit einem Jahr im 'Overlander Sports'. Das ist ein Fahrradgeschäft hier in der Nähe. Dies ist mein Arbeitskollege Simon.“

Dabei deutet der Wapiti auf den Elch neben sich, der ihm grüßend zunickt und dann meint: „Ich schau mal wie lange Thomas noch arbeiten muss. Setzt dich derweil auf meinen Platz Lucas.“ Sprach es und schon ist der Elch die Treppe runter.

Unsicher schaut sich der Junge um. Kathy sitzt auf Steves einer Seite und redet mit ihren Freundinnen, Sam hat es sich in der Menge gemütlich gemacht und nimmt gerade einen Zug von der Shisha. Langsam und mehrmals schluckend setzt sich Lucas neben dem Wapiti, der ihn anlächelt.

„Willst du etwas trinken? Bier oder so?“ „Ehmm...“ Lucas braucht einen kurzen Moment, ehe er murmelt: „Etwas ohne Alkohol bitte.“ Steve schaut erstaunt, nickt dann aber und verschwindet ebenfalls die Treppe runter. Lucas blickt sich unter den anderen um. Ein jeder ist in irgendein Gespräch vertieft. Hier und da wird auch gelacht oder getuschelt.

Als sich eine Hand auf seine Schulter legt, zuckt der Junge zusammen und blickt in das lächelnde Gesicht Steves, der ihm einen Krug mit zischendem Getränk hinhält. „Hier! Soda-Himbeer. Wollte dir nicht die Speisekarte mitbringen.“ Lucas nickt dankbar und nimmt den Krug entgegen. Steve setzt sich derweil wieder neben ihn und nimmt einen Zug aus der Shisha.

Moment... „Saß der vorhin auch schon so nahe?“, denkt sich der Weißwedelhirsch, als ihm der Schlauch von der Shisha angeboten wird. „Hm? Oh... danke nein. Ist nicht so meins.“ Steve schaut den Jungen erneut erstaunt an, nickt dann aber und reicht den Schlauch weiter.

Der Abend verstreicht ruhig. Schweigt Lucas erst einen Moment, so wird er nach und nach ausgefragt. Beginnend mit Sam, der sich vorbeugt und laut genug für alle fragt: „Also Lucas, dann sag mal woher du jetzt genau kommst.“ „Ehm... Ja also, aus Seattle.“

„Dann wohntest du eh ziemlich nahe an der kanadischen Grenze. Hab schon mit San Diego oder Los Angeles gerechnet“, wirft Kathy ein und Steve meint grinsend: „Los Angeles? Dann wird er wohl kaum den weiten Weg hier nach Yellowknife auf sich nehmen.“

„Es hätte ja sein können!“ Allgemeines Gelächter, ehe eine Waschbärin fragt: „Und, wie gefällt es dir hier?“ „Nun... es ist schön. Ruhig und auch irgendwie abgeschieden. So anders als die große Stadt. So ungewohnt...“ Erneut allgemeines Lachen. „Das wird schon Luc. Nach einigen Tagen fühlt sich hier jeder heimisch.“

Lucas nickt, doch richtig überzeugt wirkt er nicht. Jetzt ist es Steve der fragt: „Bist du mit deinen Eltern hier?“ Lucas wird vorsichtig und meint: „Mit der Mutter...“ „Wo ist der Vater?“ „Steve!“, zischt Kathy, aber Lucas hat es gehört. Eine innere Trauer kämpft sich nach oben, aber tapfer hält er sie noch zurück und murmelt: „Nicht hier.“

Steve öffnet den Mund, aber ein strenger und funkelnder Blick seiner Schwester lässt ihn schweigen. So nickt er nur und legt Lucas eine Hand auf die Schulter. „Verstehe. Trotzdem heiße ich dich hier in Yellowknife willkommen. Auf dass es dir gefallen wird bei uns!“

Der Rest stimmt mit ein und jeder erhebt sein Getränk. So auch Lucas, aber so richtig Freude kann er keine mehr empfinden. Der Schmerz über den Verlust seines Vaters nimmt wieder zu und immer stärker kämpft er gegen die Trauer an.

Kälte durchdringt seine Glieder und er beginnt leicht zu zittern. Erinnerungen an seinen Vater strömen auf ihn ein. Gute wie Schlechte. Er sieht die gezeichneten Bilder, die er selber von seinem Vater gemalt hat, vor sich. Farblos, leer, unvollständig.

Plötzlich spürt er wieder eine Hand an seiner Schulter und schreckt aus seinen Gedanken. Steve schaut ihn an und meint leise: „Alles in Ordnung?“ Der Weißwedelhirsch nickt, aber den Wapiti überzeugt es wohl nicht. „Komm. Ich bringe dich nach Hause.“

Lucas will widersprechen, doch kommt kein Wort heraus. So nickt er und erhebt sich. Der dunkelbraune Wapiti spricht derweil zur Runde: „So ihr Lieben. Es ist spät. Ich bringe Lucas mal nach Hause und werde, denke ich, dann auch einen Abstecher nach Hause machen.“

„Was!? So früh schon?!“, protestiert Kathy und ihr Bruder nickt. „Ja, heute so früh schon. Feiert schön weiter und benehmt euch.“ „Alles klar, auf bald ihr Zwei!“ werden sie nach und nach verabschiedet und schon verlassen die zwei die Bar. War es drinnen noch warm, schlägt ihnen nun kalte Luft entgegen. Lucas friert sogar und zittert diesmal auffällig.

Steve legt einen Arm um ihn und meint leise: „Komm!“ Lucas versucht sich schwach aus der Umarmung zu befreien, aber Steves Griff ist stark. „Ganz ruhig. Ich sehe doch, dass dir kalt ist. Ich halte dich nur warm bis wir bei dir sind.“ Der Junge will sich erneut wehren, tut es aber nicht.

Stattdessen nickt er und schmiegt sich enger an Steve, der mit ihm zur Hauptstraße zurück und dann in Richtung Lucas' Haus geht. Mit jedem Schritt nimmt der Weißwedelhirsch den Geruch des Älteren auf. Im Laufe des Abends hat er sein Alter von 21 Jahren offenbart.

Er schaut jung und verdammt gut aus. Sein Geruch beruhigt den Jungen irgendwie und tatsächlich wird ihm in seiner Umarmung warm. Er macht aber keine Anstalten sich nun von ihm zu lösen. Ihm so nahe zu sein tut... irgendwie gut.

Erschreckend, wie schnell er sich in der Gegenwart eines solch sympathischen Kerls wohl fühlt. Schweigend gehen sie nebeneinander, als auch schon das Haus in Sichtweite ist. Steve bringt Lucas bis zur Tür und meint: „Hübsche Gegend.“

„Danke... Mutter hat es vom Besitzer direkt verkauft bekommen. Nächstes Wochenende fahren wir zu seiner Beerdigung.“ „Verstehe. Ich wünsche dir dann eine gute Nacht Lucas. Wir sehen uns.“ Der Wapiti umarmt den Weißwedelhirsch komplett.

Lucas umarmt zurück. Diese Umarmung, so warm... so sorgenfrei... „Ach Lucas, Kathys und meine Eltern sind morgen Abend nicht da. Ich hab eine kleine Feier zu Hause am laufen. Kommen nur ein paar Freunde, nicht so viele wie heute. Start ist so um 20 Uhr. Freue mich, wenn du kommst.“

Lucas schaut zu ihm hoch und nickt. Steve lächelt, lässt ihn los und steckt ihm einen Zettel zu, ehe er davon trottet. Lucas bleibt noch eine Weile stehen, als langsam die Kälte wieder an ihm hoch klettert. Schnell ins Haus und die Treppe nach oben, nimmt der Junge sofort eine warme Dusche.

Leise, um seine Mutter nicht zu wecken, trottet er in sein Zimmer und legt sich in sein Bett. Immer noch spürt er Steves Arm um sich und dies verschafft ihm ein Gefühl der Wärme und der Zuversicht. Schlagartig zerbricht jedoch diese Illusion und die Kälte der Leere dringt in ihn ein.

Trotz der dicken Decke beginnt er zu zittern. Sein Bauch verkrampft sich und ein Kloß bildet sich wieder in seinem Hals. Er schluchzt leise und schließt die Augen, aber das Brennen ist zu stark. Die Tränen bahnen sich durch geschlossene Lieder einen Weg und salziges Nass rinnt seine Wangen herab. Diese Nacht ist eine der Schlimmsten von allen.

Der Morgen beginnt wie die Nacht geendet hat. Kalt und leer. Diesmal zittert er wenigstens nicht und keine Tränen rinnen herab. Schnell ins Bad gelaufen und sich gewaschen und angezogen, um den Tag zu überstehen.

Seine Mutter wartet unten mit Frühstück schon auf ihn und lächelt als er runter kommt. „Hey da bist du ja! Hab dich gar nicht nach Hause kommen gehört. Wie war es?“ „Nett.“ Ohne ein weiteres Wort setzt er sich zu ihr und beginnt zu essen.

Seine Mutter schaut ihn weiterhin an und meint dann: „Noch zu müde um zu reden oder zu schüchtern weil du jemanden gefunden hast?“ „Mutter nein!“ Aber Emily lächelt ihren Sohn einfach nur an. Dieser seufzt und erklärt dann: „Wir waren im Panda Mall. Eine Bar im Holzstil in einer Seitenstraße der Hauptstraße.“

„Ah das war wohl irgendwo im nördlichen Bereich?“ „Genau. Die Stimmung war nett. Ziemlich ruhig, aber auch gut gefüllt. Fast die ganze Klasse war da und auch von einer Mitschülerin der Bruder.“ „Klingt nach einem gelungenen Abend.“ Statt zu antworten nickt der Junge, während er sein Frühstück verspeist.

„Ich werde heute Nachmittag zu den Angehörigen unseres verstorbenen Hausbesitzers fahren. Nächste Woche ist ja seine Beerdigung. Da werde ich mich denen mal vorstellen und in Erfahrung bringen wie das dann ablaufen wird. Es steht dir frei mitzukommen.“

„Nun... heute Abend hat die eine Schulkollegin und ihr großer Bruder bei sich zu Hause eine Feier laufen...“ Seine Mutter unterbricht ihn sofort. „Alles klar, du gehst da hin. Du wirst die Angehörigen eh nächste Woche sehen.“ Lucas seufzt. Er wird wohl wieder gezwungen fort zu gehen.

Aber freut er sich diesmal nicht drauf? Die Aussicht, Steve wieder zu sehen... er ist immerhin ein netter Kerl und dieses warme Gefühl bei der Umarmung... Schnell schüttelt er den Kopf und nickt dann: „Ok, dann geh ich dort heute Abend hin.“ „So gefällst du mir“, meint seine Mutter grinsend.

Der Tag wird mit Hausaufgaben und Zeichnen verbracht. Seine Mutter kümmert sich um den Haushalt und fährt dann so gegen 14 Uhr zu den Angehörigen des Verstorbenen. Lucas ist bis zum Abend am Zeichnen. Er hat ein neues Bild angefangen. Bisher ist nur der Kopf und die Schultern zu sehen, aber deutlich sieht er Steve vor sich.

Um 19 Uhr macht er sich fertig, isst eine Kleinigkeit und 20 Minuten nach Punkt geht er außer Haus. „Ach... wo muss ich denn eigentlich hin?“ Da wird er eingeladen und niemand sagt ihm wo er hin muss... Da fällt ihm der Zettel ein und glücklicherweise findet er diesen in seiner Hose.

Auf diesem steht die genaue Adresse und sogar Steves Telefonnummer. Lucas wird etwas verlegen, tippt die Nummer aber schnell in sein Handy ein. Die Adresse führt ihn die Hauptstraße entlang. An Schule und Einkaufzentrum vorbei bis zu einer kurzen Brücke.

Diese führt auf eine kleine Insel an der einige noble Häuser stehen. Weiter hinten ist eine kleine Landzunge im See, wo ebenfalls noble Häuser stehen. Die Adresse führt ihn auf die kleine Insel und zu einem Haus zu seiner Rechten. Seine Handyuhr zeigt ihm, dass er noch gute fünf Minuten hat.

Das Haus zu welchem er muss ist mehr breit als hoch. Die Fassade ist rot gestrichen und das Dach besteht aus roten Ziegeln. Zur Straße hin ist ein großer Garten mit geschnittener Hecke und einigen Bäumen. An der Seite geht es zum See, wo ein hauseigener Steg in das Nass führt.

Kurz tief Luft geholt und schon klingelt er. Es dauert nicht lange, dann öffnet Kathy und breit strahlend kommt sie zum Straßentor gerannt. „Luuuuuc! Das ist ja eine Überraschung! Schön dass du auch da bist. Los komm rein!“ Lucas lächelt und wird dann sogar von einer Umarmung überrascht, die er aber erwidert.

„Steve hat heute morgen gesagt, dass er dich eingeladen hat. Er wird sich ebenso freuen, dass du gekommen bist!“, plappert Kathy und zieht den Weißwedelhirsch ins Haus. Statt einem Vorraum wie bei ihm, stehen sie gleich direkt im Wohnzimmer. Nur ist dieses tausend Mal größer.

Man nehme von Lucas Haus das Wohnzimmer und die Küche zweimal, dann kommt das gut auf die Breite hin. Alles schon fast luxuriös eingerichtet. Massive Holzregale mit Büchern, DVDs und anderen Dingen. Drei breite Sofas stehen in der Mitte des Raumes. Dazwischen ein Glastisch mit einer Blume in entsprechender Vase.

Links führen zwei Türen aus den Raum, rechts nur eine. Gegenüber vom Eingang ist eine breite Glastür, durch die man direkt zum Steg kommt. Staunend blickt Lucas sich um und murmelt: „Wow... so nobel...“ Kathy kichert und meint: „Danke. Ich weiß, man sieht es Steve und mir nicht an. Ich verberge es auch so gut es geht. Gehören nicht zu den egoistischen, reichen Idioten.“

Lucas nickt, kommt aus dem Staunen aber nicht raus, als die Wapiti ihn durch die rechte Tür führt. Der Weg führt durch eine Küche, die genau wie bei Lucas zu Hause aufgebaut ist, nur größer. Und in der Mitte ist sogar ein zusätzlicher Tisch mit Grill und Abstellplatten.

Auf der anderen Seite ist eine weitere Tür, aus der Musik zu ihnen kommt. Kathy zieht Lucas durch jene Tür und ruft in just dem Moment als die Musik endet: „Seht mal wer da ist!“ Steve, dieser Elch Simon, Sam und der Damhirsch, der wohl Thomas ist, sowie die Karibu-Dame aus der Panda Mall sind hier und blicken auf.

Was Lucas ein wenig irritiert – dieser Simon hat die Arme um den Damhirsch gelegt und dieser sitzt mit dem Rücken an dessen Brust gelehnt, während ihre Hände miteinander verkeilt sind. Steve steht lächelnd auf und breitet die Arme aus. „Lucas! Schön dass du gekommen. Willkommen im Haus der Familie Glob!“

Der Wapiti kommt auf den Jungen zu und nimmt ihn in den Arm. Da ist es wieder. Dieses Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit. Wärme kriecht seinen Körper hoch und vertreibt die Kälte von draußen. Erstarrt von diesem Gefühl regt sich Lucas kaum, bis Steve ihn loslässt und anlächelt, ehe er zu den anderen deutet.

„Komm und setzt dich! Wir haben hier genug Platz.“ Steve hat einen Arm um Lucas gelegt und zieht ihn mit sich zu den anderen. Es handelt sich wohl um ein Schlafzimmer, welches fast doppelt so groß wie Lucas' ist. Ein breites Bett, ein Sofa, ein großer Fernseher und Regal, sowie Schreibtisch. Ebenso eine Tür.

Überall liegen Klamotten herum und das Regal ist mit Büchern, DVDs und Spielen für eine Konsole beladen. Auf dem Sofa haben es sich der Elch mit dem Damhirsch im Arm gemütlich gemacht. Daneben sitzt die Karibu-Dame, die sich als Elisabeth vorstellt.

Auf dem Bett sitzen Sam und Kathy dicht nebeneinander und Steve bugsiert sich mit dem Weißwedelhirsch ebenfalls darauf. Aus einer Stereo-Anlage spielt es im Moment Musik zum Entspannen und Relaxen und auf den Schreibtisch wurden Schüsseln mit Chips und Nüssen, sowie einige Krüge mit Säften und ein paar Bierdosen hingestellt.

Kaum sitzen sie alle, spricht Elisabeth schon als erste: „Du bist also der Neue? Hab dich gestern nur kurz gesehen, als Sam und Kathy dich durch die Tür geschleift haben.“ „Hey! Er kam freiwillig mit rein!“, protestiert Kathy, aber Sam grinst nur schief und legt der Wapiti eine Hand auf die Schulter.

Lucas nickt und meint dann: „Ja, voriges Wochenende bin ich hergezogen.“ „Merkt man. Deine Unsicherheit ist dir ins Gesicht geschrieben“, merkt nun Thomas an, der sich ein wenig aufgerappelt hat und dem Elch einen Kuss auf die Wange gibt.

Allein die Geste lässt Lucas' Inneres sich zusammen ziehen. Er muss wohl auch einen etwas gequälten Gesichtsausdruck gemacht haben, weil Kathy rempelt ihn an und spricht schon ein wenig barsch: „Sag jetzt ja nichts falsches!“ „Sei nicht so streng Kathy. Vielleicht sieht er das zum ersten Mal. Hast du ein Problem damit?“

Lucas spürt Steves Blick auf sich und schüttelt schnell den Kopf. „Nein! Also... nein, ich habe kein Problem damit“, gibt er kleinlaut kund. Simon nickt und fragt: „Bist wohl so alt wie Kathy oder? 17?“ Lucas nickt und Simon meint dann grinsend: „Nicht mehr lang, dann gehörst du zu den 'Großen'“ „Pah! Nur weil Steve schon 21 und du 24 zählen, seid ihr noch lange nicht 'groß'!“ „Kathy ich bitte dich. Was soll ich dann mit meinen 26 sagen?“, meint Thomas lachend und erntet ein Grinsen, sowie ein Grummeln von Steves Schwester.

Sam legt nun den Arm um die Wapiti und meint grinsend: „Lass dich nicht ärgern Kathy.“ Diese grummelt erneut, schweigt aber sonst. Steve hat grinsend gelauscht und erhebt sich schließlich. „Ich zeig mal Lucas das Haus mit dem Garten.“

Lucas blickt kurz erstaunt zu dem Wapiti, nickt dann aber und folgt ihm. „Mein Zimmer kennst du ja schon, die Tür führt in mein eigenes Bad. Küche und Wohnzimmer hast du auch schon gesehen. Durch die Tür links geht’s in Kathys Zimmer, durch die Tür rechts in Schlafzimmer unserer Eltern. Beide wieder mit ihrem eigenen Bad.“

„Euer Haus ist ziemlich groß. Also vom Platz her und so.“ „Danke. Lange Familiengeschichte mit noblen Vollidioten. Ein Glück dass Mutter Vater geheiratet hat.“ Steve hat ein wenig das Gesicht verzogen und vorsichtig fragt Lucas, während er in Richtung Garten geführt wird: „Warum?“

„Die ältere Familiengeneration besteht auf ihre Etikette und ihren 'Schicki-Micki-Kram'. Alle, die nicht den gleichen Lebensstandard haben, sind niederes Volk und werden so behandelt. Mutter hätte zu einem ausgesuchten Kerl gehen und ihn heiraten sollen... sie weigerte sich und stellte sich gegen die Regeln auf.“

Steve macht kurz eine Pause. Inzwischen sind sie draußen am Steg angekommen. Die Sterne spiegeln sich im dunklen Seewasser wieder. „Es gab einen Streit, den Mutter für sich gewinnen konnte. Jetzt leben wir hier, während der Rest der Familie uns nicht mehr als Mitglieder betrachtet.“

„Tut mir leid...“, murmelt Lucas, aber der Wapiti schenkt dem Weißwedelhirsch ein Lächeln. „Braucht es nicht Luca. Wir sind froh darüber. Wir sind frei, leben unser eigenes Leben. Glücklich. Und auch wenn der noble Glanz an unserem Haus anhaftet, sind wir doch alle rein auf der Seele.“

Lucas nickt und blickt auf den See hinaus. Ein sanfter Wind weht vom See her und lässt den Jungen frösteln. Er schlingt die Arme ein wenig um sich und hofft, dass Steve es nicht bemerkt. Da spürt er aber wie sich zwei Arme sanft um ihn legen und eine warme Brust an seinem Rücken.

„Komm. Lass uns reingehen, dir ist kalt“, murmelt Steve an seinem Ohr. Sein heißer Atem bringt ihn zum Zittern und er nickt kaum merklich. Langsam lässt Steve ihn los und die Wärme verschwindet schlagartig. Als hätte ihm jemand eine feste Ohrfeige verpasst.

Erstarrt steht er da und rührt sich nicht. Nicht mal als Steve seinen Namen sagt. Erst als Steve wieder die Arme um ihn legt und den Weißwedelhirsch ins Haus trägt, regt er sich wieder. „Alles in Ordnung Lucas?“ Selbst im warmen Haus spürt er eine Leere die seine Glieder steif werden lässt.

Lucas nickt nur leicht, was den Wapiti aber nicht überzeugt. Stattdessen setzt sich dieser aufs Sofa und zieht den Jungen mit sich. Fest im Arm gehüllt und wohl behütet fragt er leise: „Was ist denn los? Du bist auf einmal so verspannt?“ „Ist nichts...“, gibt Lucas kleinlaut von sich. Diese Umarmung, diese Nähe... Lucas kann nicht anders, er genießt es. Er will es und kuschelt sich an Steve.

Dieser bekommt große Augen und schaut verwirrt, als Lucas plötzlich wie vom Blitz getroffen aufspringt, seine Sachen packt und ohne ein Wort zu sagen verschwindet.

„Lucas du verdammter Narr!“, schimpft er sich selber einen Dummkopf und rennt die Hauptstraße entlang zu sich nach Hause. Er rennt wie im Leben noch nie zuvor. Seine Beine schmerzen und seine Lungen brennen, aber er rennt einfach weiter.

Dieses Gefühl hat er schon früher gehabt, als sein Vater noch da war. Diese Wärme, wenn er ihn umarmt hat. Diese Liebe die er gespürt hat... Zu Hause angekommen achtet er gar nicht darauf was um ihn herum passiert. Zum Glück ist seine Mutter noch nicht da.

Er knallt die Tür zu, rennt die Stufen hoch, lässt sich ins Bett fallen und beginnt zu heulen. „Was passiert nur mit mir!?“, denkt er sich verzweifelt und dreht das Radio auf volle Lautstärke. Als genau just in dem Moment ein altbekanntes Lied zu hören ist...

Roxette – Listen to your Heart

Listen to your Heart.

When he's calling for you.

Listen to your Heart.

There's nothing else you can do.

I don't know where you going and I don't know why,

but listen to your heart

before you tell him goodbye.“

Die Tränen rinnen sein Gesicht herab und seine Brust schmerzt. Das Atmen fällt ihm schwer und jeder Ton ist ein schmerzvolles, trauriges Schluchzen. Er deckt sich zu, aber selbst unter der dicken Decke ist ihm eiskalt. Es dauert eine Weile, bis er sich wimmernd in einen leeren Traum geweint hat.

Der nächste Tag ist alles andere als erholsam. Immer wieder muss er an jenen Abend denken, diese Wärme und diese Nähe zu Steve. Das zufriedene Gefühl, das er verspürte. Und was hat er gemacht?

„Feige davon gerannt bin ich!“, schalt er sich selbst einen Narren. „Ich hätte bleiben sollen... aber da war auch diese Angst, diese Unsicherheit...“ Wieder beginnt sich sein Hals langsam zuzuschnüren und so lenkt er sich weiterhin mit Zeichnen ab.

Er hat am neu gemalten Bild weitergemacht und der Figur einen Kopf verpasst. Hier und da ein paar Feinheiten begonnen und so langsam nimmt Steves Abbild Gestalt an. Es fehlt da zwar noch ein Arm, aber der fehlt mit Absicht. Er hat gerade begonnen, die Umrisse einer zweiten Person dazu zu malen, als seine Mutter ihn begrüßt, die in spät in der Nacht nach Hause gekommen war.

„Hey Schatz! Bin wieder da!“ „Hey Mom! Ich komm gleich runter!“ Eben noch ein paar Striche zu Ende gezeichnet und schon kommt er die Treppe runter. Es ist wie immer frisch, so hat er seinen grünen Pulli angezogen und umarmt seine Mutter. „Wie war's?“, fragt Lucas.

„Trübe Stimmung irgendwie. Tochter und Sohn vom Verstorbenen, beide mit ihren Ehepartnern und jeweils einem Kind. Also wird es eher eine kleine Runde werden nächstes Wochenende.“ „Weißt du ungefähr wie viele?“ „Die zwei Familien und wir beide… Acht bis zehn Leute ungefähr.“

Der Weißwedelhirsch nickt und will wieder hoch gehen, aber seine Mutter hält ihn auf. „Nächsten Samstag ist die Beerdigung am hiesigen Friedhof. Halte dir den Tag bitte frei. Um 15 Uhr geht es los.“ „Irgendetwas, das ich beachten muss? Kleidung, Verhalten,...?“

„Zieh dir was Schwarzes an. Sonst sei einfach du selbst.“ Lucas nickt und trottet wieder nach oben, um weiter zu zeichnen. Am Abend gibt es was Gekochtes zum Essen und früher als gestern ruft das Bett, weil morgen die Schule wieder anfängt.

Wie die restliche Woche auch, ist der Morgen noch dunkel und kalt. Ein einfaches Frühstück und Schweigen im Hause der Montanos, bis Mutter und Sohn sich auf den Weg machen. Am Schulgelände geht Lucas wie immer zielstrebig zu seinem Spind und holt die erst mal wichtigsten Sachen heraus.

Anschließend geht er ohne Umwege in den Klassenraum und setzt sich als einer der Ersten auf seinen Platz. Fünf Minuten hat er noch und es dauert nicht lange, schon füllt es sich. Schließlich kommen Kathy und Sam und lachen gerade herzhaft, als ihr Blicke auf den Weißwedelhirsch fallen.

„Luuuuuc! Wo warst du denn auf einmal am Samstag?“, will Kathy von ihm wissen und knufft ihm leicht in die Seite. Dieser lächelt ein wenig gequält und murmelt: „Hey Kathy. Hat Steve nicht gesagt, dass ich dringend nach Hause musste?“ „Er sagte nur, dir ging es nicht gut und du willst nach Hause“, meint nun Sam.

„Pah! Ich kenne meinen Bruder gut genug, um zu wissen, dass da mehr dahinter war. Wir reden in der großen Pause ausführlicher darüber!“, zischt Kathy, als schon die Stunde beginnt und der Tag bis Mittag mit Mathematik vollgestopft ist.

Zu Mittag versucht Lucas sich zu drücken, aber Kathy bleibt ihm dicht auf den Fersen. Im großen Pausenraum mit der Mittagessensausgabe gibt er es auf und seufzt in sich hinein. Mit einem Teller voll mit Spaghetti und einer Fleischsauce und einem Glas Wasser setzen sich Kathy, Lucas und Sam an einen Tisch.

„Also Luc, raus damit! Mein Bruder hat schon geschwiegen wie ein Grab. Allein das zeigt, dass da mehr war als nur ein 'Mir ist schlecht ich muss nach Hause'!“ Lucas seufzt erneut, diesmal hörbar, ehe er meint: „Na ja, es ging mir wirklich nicht so gut. Mir war kalt und ich fühlte mich nicht so richtig wohl.“

„Liegt es vielleicht daran, dass Steve und du nahe beieinander ward?“ Lucas hat gerade ein paar Nudeln auf der Gabel und wollte diese zum Maul führen, als er in der Bewegung erstarrt und große, erschrockene Augen bekommt. „Kathy!“, knurrt Sam leise und schaut sich um, aber es ist wohl zu spät.

Am Tisch nebenan sitzt Jason, der Elch, der Lucas letzte Woche wegen seinen Stärken gefragt hat. Dieser erhebt sich und schnaubt leise, aber für die Drei dennoch hörbar genug: „Ich wusste, dass er eine Schwuchtel ist. Schwach, hilflos, klein... für den Sport nicht geeignet.“

Lucas beginnt zu zittern und nur mit Mühe bringt er die Gabel leise auf den Teller zurück. Kathy merkt wohl jetzt erst, dass sie ein wenig zu laut und zu direkt gefragt hat. Sam blickt sie wütend und Lucas besorgt an. Aber der Weißwedelhirsch erhebt sich einfach und rennt aus dem Pausenraum.

„Lucas!“, brüllt Sam hinterher, aber dieser rennt einfach weiter. Sämtliche verwirrte Blicke ignorierend, rennt der Junge auch aus der Schule und versteckt sich seitlich an der Mauer. Weg von der Straße, weg von den anderen, sackt er in sich zusammen und starrt auf den Boden.

Nach einer Weile setzt sich jemand... nein zwei, neben ihn und eine Hand legt sich vorsichtig auf seinen Arm. Der Weißwedelhirsch hebt den Kopf und blickt in Kathys entschuldigendes Gesicht. Auf der anderen Seite Sam, der ihm zunickt. „Entschuldige bitte Luc... ich hab mal wieder nicht nachgedacht.“

Lucas schnieft auf und Sam spricht beruhigend: „Du kennst Kathy. Sie hat ein leichtes Temperament und denkt nicht immer nach, aber sie steht hinter ihren Freunden. Also wenn du reden magst... bei ihr und auch bei mir ist es gut aufgehoben.“

Kathy hat den Grauwolf kurz böse angeschaut, nickt dann aber. „Ich hab nichts gegen Schwule, Sam auch nicht. Niemand hier. Manche wie Jason meiden solche Leute, aber sie haben noch nie jemanden offen fertig gemacht oder diskriminiert.“

Lucas schweigt eine Weile. Weder die Wapiti, noch der Grauwolf drängen ihn. Es sind seine Freunde oder? Zumindest sie sehen ihn als Freund an. Leise murmelt er also: „Ja... ich bin schwul...“ Die zwei nicken und erheben sich allmählich, Lucas nach ihnen.

Der restliche Tag verläuft schweigend. Weder Kathy, noch Sam, noch sonst irgendwer sucht das Gespräch mit ihm. Zum Schulende lässt Lucas sich Zeit. Absichtlich langsam geht er durch die Gänge, räumt er seine Bücher in den Spind und wartet sogar einen Moment dann.

Als einer der Letzten verlässt er das Schulgebäude, aber doch ein wenig überraschend stehen Kathy und Sam etwas Abseits und warten scheinbar auf ihn. Der Weißwedelhirsch tritt zu den beiden und schon wird er von der Wapiti umarmt.

„Magst du reden?“, fragt sie sofort und der Grauwolf verdreht nur die Augen, nickt dann aber kaum merklich und meint: „Da drüben ist ein Café. Wir laden dich ein wenn du willst.“ Lucas nickt und schon sitzen sie bei Kaffee und einem Schokoladenkuchen an einem etwas abseits stehenden Tisch.

„Es war... vor ungefähr einem halben Jahr“, beginnt Lucas. „Ich merkte dass Mädchen und Frauen mich nicht interessierten, dafür Kerle umso mehr. Erst dachte ich, es wäre nur eine Phase, aber dann wusste ich es und hab halt angefangen damit zu leben.“

„Seid ihr deswegen hierher gezogen?“, will Kathy wissen und Lucas lächelt traurig. „Nein. Die einzigen die es erfuhren waren meine Eltern...“ Kurz herrscht Schweigen, dann knurrt der Grauwolf: „So langsam versteh ich... da nur du mit deiner Mutter hier bist, hat dieser Arsch euch wohl verlassen deswegen.“

Der Weißwedelhirsch nickt und wischt sich mit dem Ärmel seines grünes Pullovers übers Auge. Kathy nimmt ihn in den Arm und versucht ihn zu trösten, doch diesmal hält Lucas seine Tränen nicht zurück während er schluchzt: „Ich... ich habe ihn geliebt. Und dann... dann hat er gesagt, ich bin nicht mehr sein Sohn und... ist abgehauen.“

Kathy drückt ihn fest und tröstet ihn, aber es dauert einen Moment bis der Weißwedelhirsch sich beruhigt hat. Schweigend isst er seinen Kuchen fertig, während Sam die Wapiti eisern im Blick behält. Diese will scheinbar etwas sagen, wartet damit aber, bis es aus ihr heraus kommt: „Und jetzt hast du dich in meinen Bruder verliebt? Oder stehst kurz davor?“

Lucas blickt nun ein wenig verlegen, aber auch unsicher und kaum hörbar spricht er: „Er ist ein toller Typ...“ „Er mag dich auch sehr gern. Ich glaube du hast auch bei ihm etwas ausgelöst.“ Der Junge blickt Kathy nun erstaunt an, als Sam dazwischen redet: „Zieh daraus keine voreiligen Schlüsse, das braucht Zeit um sich zu entwickeln.“

Lucas nickt, aber seine Augen scheinen ein Leuchten angenommen zu haben. Ist es Freude? Zufriedenheit? Lucas weiß es nicht. „Egal was kommt, wir stehen hinter dir Luc. Wir sind schließlich Freunde und Freunde halten zusammen“, spricht Kathy voller Inbrunst, was dem Jungen ein Lächeln entlockt.

„Und manchmal sind Freunde auch zusammen“, meint Sam grinsend und erntet einen sanften Seitenhieb der Wapiti. Die Zeit bis zum Heimweg sprechen sie über Sam. Der Grauwolf erzählt, dass seine Eltern mit den damals zwei Kindern auch aus Amerika nach Kanada gezogen sind. Hier haben sie dann Sam und ein weiteres bekommen.

Sam ist mit seinen 18 der Dritte, sein Bruder Josh ist zwei Jahre jünger. Seine Zwillingsschwestern Sabine und Sarah sind 22... und das nächste Kind ist schon unterwegs. Bei einigen Geschichten über Sam muss Lucas schmunzeln oder sogar lachen.

Auf dem Heimweg fühlt Lucas sich dann frei. Gelöst. Als wäre eine große Last von seinen Schultern genommen worden. Seine Mutter ist erstaunlicher Weise noch nicht zu Hause, aber als er in die Küche geht liegt da ein Zettel auf dem Tisch. Auf ihm steht, dass sie mit ihren Arbeitskollegen einen Trinken geht und so gegen Mitternacht wieder zu Hause sein wird.

Der Abend wird mit Hausaufgaben, Lernen und Zeichnen verbracht. Wobei ausschließlich zweiteres, da am Freitag ein Test in Chemie ansteht. Auch die restlichen Tage wird fleißig gelernt und am letzten Wochenschultag wird der Test mit Leichtigkeit geschrieben.

Sein Leben beginnt allmählich wieder zu laufen. Immer noch weint er sich hin und wieder in den Schlaf oder verspürt die Leere. Aber seit er es seinen zwei Freunden erzählt hat, ist es nicht mehr so schlimm. Das Bild zeigt inzwischen Steve und ihn.

Steve, der den Arm um ihn gelegt hat und an sich drückt. Lucas ist sich mittlerweile sicher, er liebt den Wapiti. Freitagabend ist wieder Bartreffen im „Panda Mall“ und innerlich hofft er, Steve wieder zu sehen. Auch wenn er extrem nervös und unsicher ist. Aber von Steve ist weit und breit nichts zu sehen.

Auch von seinem Arbeitskollegen Simon ist nichts zu sehen, ebenso wenig dessen Freund Thomas. Einzig Elisabeth steht hinter der Theke und füllt gerade ein paar Krüge mit Bier, als Lucas zu ihr kommt. „Hey Lucas! Schön dich wiederzusehen. Einen Moment bitte!“ „Klar, hallo Elisabeth.“

Die Karibu-Dame schenkt noch ein paar Getränke aus und schiebt sie einem Biber zu, ehe sie sich mit einem Lächeln an den Weißwedelhirsch wendet. „So Lucas. Was kann ich für dich tun?“ „Weißt du ob Steve und die anderen zwei heute kommen?“

„Also wenn dann später. Steve und Simon müssen meines Wissens nach noch arbeiten und Thomas hat heute frei. Wenn dann wird nur Steve kommen. Wann... keine Ahnung.“ „Ok, dank dir.“ Nun doch ein wenig enttäuscht trottet Lucas zu den anderen, auch wenn er diesmal mit den Gedanken nicht ganz beim Gespräch dabei ist.

Nach einer Weile erhebt er sich und meint: „Ich geh mal nach Hause. Wir sehen uns am Montag.“ „Was schon? Ist doch noch nicht mal 23 Uhr!“ „Morgen ist Beerdigung vom ehemaligen Besitzer unseres Hauses“, erklärt der Weißwedelhirsch und schon wünschen ihm alle eine Gute Nacht und viel Erfolg morgen.

Der nächste Tag beginnt kalt und zusätzlich regnet es von einem grauen Himmel. Als würde der Tag mittrauern über den Tod des alten Grizzlybären. Selbst Emily scheint heute betrübt zu sein. Keine Sprüche, keine Freude, einfach nur leeres, monotones Handeln.

Sowohl in der Früh, als auch zu Mittag bekommen die zwei kaum einen Bissen runter, ehe sie beide, schwarz gekleidet, durch den Regen zum Friedhof fahren. Während der Fahrt wird der Regen dichter und hin und wieder ist auch eine Schneeflocke zu sehen.

Am Friedhof herrscht Stille. Gestalten in grauen oder schwarzen Gewändern stehen im Schutz der Mauer, um dem Regen zu entfliehen. Ohne Erfolg. Der Regen scheint aus allen Richtungen zu kommen und durchnässt alles und jeden.

Emily und Lucas treten an eine Gruppe aus Grizzlybären heran, denen die Trauer des heutigen Tages deutlich ins Gesicht geschrieben steht. „Hallo Frau Montano. Danke, dass Sie und Ihr Sohn gekommen sind. Hallo Lucas.“ Werden die Zwei von einem der männlichen Grizzlys begrüßt.

„Grüße Herr Wellinger. Wir haben es Ihnen ja versprochen und außerdem sind wir Ihrem Vater dankbar“, meint Emily und schüttelt erst mal die Hände der Anwesenden, ehe Lucas ihrem Beispiel folgt und sich vorstellt. Die Kinder der zwei Familien sind schweigsam, schon fast schüchtern und verstecken sich hinter ihren Eltern, als wollten sie den heutigen Tag als bösen Traum abschaffen.

Leider war noch kein Ende in Sicht, denn schon gehen sie in die Kirche hinein, wo der Sarg mit dem Verstorbenen liegt. Ein jeder, sogar die Kinder, treten an den Sarg und murmeln Worte wie: „Leb wohl…“ „Auf bald…“ oder „Danke für Ihre Hilfe.“ Anschließend kommt ein Priester und wechselt ein paar mitfühlende Worte mit den Angehörigen, ehe Helfer den Sarg schließen und nach draußen tragen.

Der Rest folgt und der Priester stimmt einen leisen, traurigen Gesang an, in den die Grizzlybären nach und nach einsteigen. Der Sarg wird zu einem Grab getragen und hineingelegt. Der Priester tritt neben das Grab und spricht: „Wir haben uns hier versammelt, um eine treue Seele zu verabschieden, die ein glückliches Leben geführt hat. Möge der Herr im Himmel den Geist zu sich nehmen und ihm den Zutritt im ewigen Paradies ermöglichen.“

Weihwasser und Erde wird nach und nach auf den Sarg geschüttet, während die Kinder des Verstorbenen ebenfalls ein paar rührende Worte aussprechen. Alle bis auf Emily spritzen das Weihwasser auf den Sarg. Hier und da wird sogar eine Rose hinein geworfen.

Anschließend tritt die Weißwedelhirschkuh vor und murmelt: „Lieber Herr Wellinger… Ich danke Ihnen nochmals für Ihre Mithilfe, dass es meinem Sohn und mir gelungen ist in Yellowknife Hufe zu fassen. Wären Sie nicht gewesen, hätten wir es gar nicht geschafft. Mögen Sie in Frieden ruhen.“

Mit einem Nicken des Priesters beginnen die Helfer das Grab zuzuschütten. Am Ende wird ein Grabstein eingesetzt und ein kurzes Gebet aufgesagt, ehe die Familien sich auf den Heimweg machen. Kaum haben sie das Friedhofsgelände verlassen hört der Regen auf… und Schnee fällt vom Himmel. Als wolle der Tag sich gegen so viel Trauer wehren und den Abend mit Zuversicht segnen.

Emily und Lucas verabschieden sich von der Familie Wellinger und fahren schweigend nach Hause. Der Tag hat sie gezeichnet. Kein einziges Wort wurde zwischen ihnen gewechselt. Hin und wieder umarmen sie sich für einen Moment, aber sonst bleibt der Tag ohne weitere Vorfälle.

Über Nacht hat der Schneefall zugenommen. Die Flocken sind dicker, die Landschaft wird immer weißer und die Temperaturen sinken in den Minusbereich. Am Morgen weigert sich der Junge schon fast das Bett zu verlassen, aber der Hunger treibt ihn schließlich doch nach unten.

Ein Glück hat seine Mutter eingeheizt, auch wenn die Kälte von draußen ihren Weg ins Haus zu ihm findet. Seine Mutter ist nicht da, die muss heute arbeiten. Dafür hat sie ihm aber schon Frühstück und Tee vorbereitet und einen Zettel geschrieben, wann sie ungefähr zu Hause sein wird.

Den Vormittag verbringt der Weißwedelhirsch damit, an seinem Bild die letzten Striche aufzuzeichnen und dem ganzen endlich ein passendes, gutes Aussehen zu verleihen. Oft blickt er dabei aus dem Fenster und schaut dem Schnee zu.

Plötzlich läutet es an der Tür und der Junge schreckt von seiner Arbeit hoch. Wer das wohl ist? Ruhig trottet der Junge nach unten und öffnet die Tür. Schlagartig stockt ihm der Atem. Eisige Kälte kommt ihm entgegen, aber dies ist nicht der wahre Grund.

Ein ihm bekannter, großer Wapiti steht vor der Tür und lächelt ihn freundlich an. „Hallo Lucas. Wie geht’s dir?“ „Ehm… danke gut. Dir?“ „Auch gut. Wird nur langsam etwas kalt. Darf ich rein kommen?“ Der Weißwedelhirsch nickt und schon steht Steve neben ihm und schaut sich um. „Nettes Haus“, meint Steve, während er langsam durch die Räume geht. Lucas dicht hinter ihm, zu schüchtern um irgendwas zu sagen.

Schließlich lassen sich die zwei auf dem Sofa im Wohnzimmer nieder und schweigen eine Weile, ehe der Wapiti zu reden beginnt: „Weißt du Lucas… Es tut mir leid, falls ich dir irgendwie voriges Wochenende zu Nahe getreten bin. Diese eine Woche, wo wir keinen Kontakt hatten und uns nicht sahen… Nun, es ist ein komisches Gefühl, wenn ein Freund so abweisend ist.“ Lucas braucht einen Moment und dann nickt er erst mal nur.

„Jedenfalls bin ich hier um mich zu entschuldigen und hoffe wir zwei kommen wieder klar?“ Erneut schweigen, als Lucas murmelt: „Du hast nichts falsch gemacht… Ich wusste nur nicht… wie ich…“ Lucas bricht ab und ringt mit den Worten. Steve schaut ihn aus kastanienbraunen Augen an.

Dunkle Augen, in denen Lucas sich verliert und er zu Ende murmelt: „Wie ich darauf reagieren soll…“ Diesmal ist es Steve der nicht antwortet. Stattdessen kommt er langsam näher und legt einen Arm um den Weißwedelhirsch. Den anderen legt er auf dessen Oberschenkel ab und ehe Lucas sich versieht, berühren sich ihre Lippen.

Ein komisches Gefühl durchflutet ihn. Sein Körper beginnt zu zittern, aber innen steigt eine Wärme auf, der er sich hingibt. Es mag kaum eine Minute gewesen sein, fühlt sich aber an wie eine Ewigkeit, als Steve sich von ihm löst und lächelt. Langsam beruhigt Lucas sich und merkt, dass er eine Hand auf Steves Brust gelegt hat.

„Ist dir das eine Antwort auf alles?“, murmelt der Wapiti leise in Lucas Ohr, worauf der Junge nickt und sich an ihn kuschelt. Als wäre eine Last von seinen Schultern gefallen und Probleme, die sich in Luft auflösen, beginnt er zu weinen. „Hey Süßer. Nicht weinen. Shhhh…“, versucht Steve ihn zu beruhigen.

Lucas aber kann sich nicht beruhigen. All der Schmerz den er in den letzten Tagen ertragen musste. Diese Leere und das Alleinsein, die Kälte… All dies macht der Glückseligkeit Platz. Zum ersten Mal in seinem Leben, ist dem Weißwedelhirsch warm und er fühlt sich geborgen und in Sicherheit.

Ohne je gefragt zu haben, verschwinden seine letzten Zweifel, als er Steves Stimme hört: „Ich bin froh endlich jemanden gefunden zu haben… ich will, dass du weiß, dass ich für immer bei dir sein werde mein Süßer.“ Lucas hebt den Kopf und küsst seinen Freund.

So geht es eine Weile weiter, bis Steve sich verabschiedet und nach Hause fährt. Fast schlagartig ist die Kälte wieder da, aber jetzt weiß der Junge, dass diese verschwindet, wenn er bei seinem Freund ist. Als seine Mutter nach Hause kommt mustert sie ihren Sohn erst mal aufmerksam, sagt aber nichts.

Selbst in der Schule schweigen seine Klassenkameraden und seine zwei Freunde Kathy und Sam ihn an. Auch wenn Kathys breites Dauergrinsen selbst in zehn Meter Entfernung zu sehen ist. Am Freitag müssen Steve und Simon wieder länger arbeiten, dafür murmelt Kathy ihm in der Bar zu:

„Morgen Abend ist er allein zu Hause. Er würde sich freuen wenn du vorbei kommst.“ Mit einem Lächeln nickt er ihr zu, was sie mit einem Grinsen erwidert und dann mit Sam herum albert. Es würde Lucas nicht wundern, wenn die zwei eines Tages zusammen kommen würden.

Samstagabend ist es dann soweit. In dicker Hose und mit seinem grünen Pulli geht der Weißwedelhirsch zum Haus seines Freundes, wo er schon mit einer Umarmung und einem Kuss erwartet wird. „Schön, dass du da bist!“ Lucas lächelt erfreut, aber die Kälte von draußen steckt ihm in den Knochen und er zittert.

Steve zieht den Jungen mit in sein Schlafzimmer, wo schon Tee und eine dicke Decke auf sie warten. „Sag mal Lucas… hättest du Lust diese Nacht bei mir zu bleiben?“ Der Weißwedelhirsch schaut den Wapiti erstaunt an, nickt dann aber voller Freude und küsst ihn.

Gemeinsam schauen sie sich dann noch einen Film an und gehen anschließend gemeinsam ins Bad. Verlegen und schüchtern blickt Lucas von seinem Freund weg, als dieser sich auszieht und unter die Dusche geht. Der Junge putzt sich derweil die Zähne, aber ein Spiegel bietet ihm guten Blick nach hinten.

Seine Augen bekommen ein verliebtes Leuchten, wie er seinen Freund so beobachtet. Aber ebenso werden seine Wangen rot, als er sieht wie Steve ausgestattet ist. Ein Körper, der wohlgeformter kaum sein kann. Mehr Muskeln wie er erst gedacht hatte, aber noch immer nicht übertrieben.

Und dann sein Glied… Allein bei dem Anblick bekommt der Junge zittrige Beine und kann seinen Blick kaum noch abwenden. Und als wäre das nicht genug, tritt Steve nach der Dusche hinter ihn und umarmt ihn. Steves Glied drückt dabei gegen seinen Hintern und dem Jungen entkommt ein leises, verliebtes Stöhnen.

„Du bist so süß, wenn du schüchtern bist“, murmelt der Wapiti und beginnt den Hals des Jungen mit sanften Küssen zu bedecken. Dieser schließt die Augen und genießt es, legt dabei den Kopf immer seitlicher. Seinerseits beginnt er seinen Freund zu streicheln.

Noch etwas zaghaft und äußerst sanft fährt seine Hand über Steves Flanke, seine Hüfte, sein Oberschenkel… und wieder zurück. Nach einer Weile lösen sich die beiden voneinander und machen sich auf den Weg in Steves Schlafzimmer. Dort zieht sich der Wapiti eine Jogginghose an und legt sich ins Bett.

Lucas kuschelt sich in seinem Schlafanzug an ihn und gemeinsam schauen sie noch einen Film. Ihre Hände betasten dabei den Körper des anderen. Steve geht dabei zielstrebiger, aber nicht fordernd vor. Lucas ist ihm dankbar und kuschelt sich an ihn.

Immer wieder küssen sie sich und der Film wird immer uninteressanter, bis Lucas sich traut und seine Hand auf Steves Schritt legt. Dieser lächelt und streichelt den Weißwedelhirsch weiter, woraufhin dieser langsam sanften Druck ausübt.

Der Wapiti schließt genüsslich die Augen und Lucas traut sich einen Schritt weiter und fährt mit der Hand in Steves Hose und massiert dessen Glied nun direkt. Steve gibt ein leises Stöhnen von sich und lässt sich langsam rückwärts aufs Bett fallen.

Lucas betrachtet lächelnd seinen Freund. Es freut ihn zu sehen, wie Steve es genießt und sich entspannt. Er selber entspannt sich ebenfalls und entkleidet sich langsam, was Steve ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Gemeinsam verschwinden sie unter der Decke, den Film mittlerweile komplett ignorierend.

Wieder spürt der Junge diese Wärme in ihm. Eine Wärme der Zuversicht und der Geborgenheit. Steve beginnt ihm den Hals zu küssen und wandert mit den Küssen langsam tiefer. Er verwöhnt Lucas Brust, seine Achseln, seinen Bauch… der Weißwedelhirsch genießt es und nimmt die Welt immer weniger wahr.

Plötzlich spürt er etwas Nasses und Warmes an seinem Glied. Er öffnet die Augen und erblickt Steve, der sanft lächelnd über sein Glied leckt. Dieses wird schnell hart und Lucas entkommt ein Stöhnen. Es tut gut so behandelt zu werden. Solch ein schönes Gefühl…

Ein bisschen ist es auch eine Qual. Schnell wird dem Weißwedelhirsch heiß und er schnauft immer wieder. Er klammert sich an Steves Geweih, während er sich immer stärker unter ihm windet, aber der Wapiti hält ihn fest und leckt immer weiter.

Die Welt um Lucas explodiert in einem Meer aus Farben, als es ihm unter Stöhnen kommt. Zitternd und nach Luft ringend liegt er da, während Steves tiefbraune Augen von oben auf ihn herab schauen. Eine versinkende Tiefe, die voller Zuneigung und Liebe ist.

Lucas umschließt mit seinen Beinen die Hüfte seines Freundes. Steves Glied drückt gegen seinen Hintern und der Junge murmelt noch unter Anstrengung: „Bitte Steve… ich will mit dir…“ Weiter kommt er nicht. Der Wapiti küsst seinen Freund innig.

Ihre Zungen spielen miteinander, während der Wapiti vorsichtig in seinen Freund eindringt. Dieser stöhnt in den Kuss und klammert sich an ihm fest, scheint aber keine Schmerzen zu haben. Vorsichtig und sanft dringt Steve immer weiter vor. Sie beide stöhnen vor Lust und drücken sich einander entgegen.

Schließlich beginnt Steve zu stoßen. Sanfte Stöße, die dennoch voller Kraft sind. Lucas presst die Augen zusammen und drückt den Kopf gegen das Kissen. Laut stöhnt er immer wieder auf, während er Steve immer fester umklammert. Dieser stützt sich seitlich von seinem Freund ab und wird langsam immer schneller.

Sie beide nehmen nur noch sich selber wahr, während die Zeit verrücktspielt. Es mag eine Ewigkeit gewesen sein, aber auch nur wenige Minuten. Irgendwann entkommt Steve ein tiefes, lustvolles Stöhnen, das einem Brüllen schon fast gleicht, als es ihm kommt. Lucas kommt ebenfalls ein zweites Mal und ringt wieder schwer keuchend nach Atem.

Verliebt schauen sie sich an und küssen sich innig, während Steve sich zur Seite fallen lässt und seinen Freund an sich drückt. Die Spuren die sie hinterlassen haben sind ihnen egal. Es gibt nur sie beide. Lucas spürt eine innere Zufriedenheit. Als wäre er endlich dort, wo er hingehört. Zuhause.

Der Film ist schon lang zu Ende und draußen hat es angefangen zu schneien. Ein starker Wind wirbelt die Flocken herum und bringt sicherlich kalte Temperaturen mit sich. Aber ihm ist warm. In den Armen seines Wapitis und mit einem glücklichen Lächeln schläft er ein und träumt von seinem Freund und sich.

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