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Liberation

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Die folgende Story ist anders. Den meisten Lesern wird dies mit Sicherheit nicht auffallen und sie werden sich möglicherweise im Laufe der Story fragen, was dieses Vorwort hier sollte – deswegen möchte ich es kurz (hust) erklären.

Liberation unterscheidet sich schon insofern von meinen anderen Geschichten, als dass sie für mich am Anfang die vielleicht Persönlichste war. Geschrieben habe ich sie schon vor weit über einem Jahr, zu einer Zeit, zu der ich von Seiten wie Nickstories.de noch gar nichts wusste. Es war damals die allererste Geschichte, die ich je geschrieben habe. Ich hatte auch nie geplant, sie zu veröffentlichen oder generell irgendwem zu zeigen – am Anfang wollte ich mit ihr einfach nur mein Coming Out und das damals noch relativ neue und etwas seltsame Gefühl, schwul zu sein, verarbeiten.

Die Charaktere in dieser Story sind natürlich fiktiv, aber trotzdem basieren sehr viele von ihnen auf realen Personen aus meinem Umfeld, allen voran natürlich Paul, der in dieser Geschichte mehr oder weniger ich selbst sein sollte. Gerade zu Beginn kommen auch sehr viele Elemente der Handlung aus dem echten Leben. Da das allein auf Dauer dann aber doch etwas zu langweilig gewesen wäre, habe ich mir die darauffolgende Liebesgeschichte und das „Drama“ rund um Pauls Coming Out ausgedacht – dieser Teil der Story ist nicht mehr wirklich persönlich und zu größtenteils frei erfunden.

Obwohl also der vielleicht interessanteste Teil der Story doch einfach nur der Fantasie entsprungen ist, habe ich sehr lange gezögert, diese Geschichte überhaupt zu veröffentlichen. Die ursprüngliche Fassung, in der die Story noch „We’re the Pet Shop Boys“ hieß, wird vermutlich auch nie jemand zu lesen bekommen (aus verschiedenen Gründen die hier nicht näher erläutert werden sollen), doch als ich mir die Geschichte vor kurzem nach langer Zeit mal wieder durchgelesen habe, fand ich es doch etwas schade, sie komplett unveröffentlicht zu lassen. „Liberation“ ist also eine umfassende Überarbeitung der alten Geschichte, in der viele unangenehme Abschnitte gestrichen wurden und ich außerdem etwas an der Logik gearbeitet habe, so dass das Ganze hoffentlich auch etwas leichter zu lesen ist.

Eines der Details, dass ich bei der Überarbeitung der Geschichte geändert habe, ist das Alter von Paul und der anderen Figuren. In „We’re the Pet Shop Boys“ war Paul noch 18 und ging in die 13. Klasse einer FOS, in „Liberation“ habe ich sein Alter auf 17 heruntergesetzt, dementsprechend geht er nun in die 12. Klasse. Ich hatte mich damals für die 13. Klasse und 18 als Alter entschieden, weil ich während der Entstehung der Story selbst 18 war und damals ebenfalls in die 13. Klasse ging. Da viele der Charaktere und vor allem Paul selbst auf meinem echten Leben basierten, machte das für mich damals einfach am meisten Sinn. Zum Zeitpunkt meines inneren Coming Outs war ich zwar noch 17, ansonsten hatte aber zeitlich alles dazu gepasst. Der Grund, warum ich das Alter nun geändert habe, ist der, dass ich es bei genauerer Überlegung doch etwas ungewöhnlich fand, dass Paul sein inneres Coming Out erst mit 18 hat. Keine Frage, solche Fälle gibt es auch – für viele Schwule ist 18 vielleicht sogar ziemlich früh – aber irgendwie hat sich 17 für diese Story am Ende nach langem Überlegen realistischer angefühlt. Das macht die Geschichte zwar für mich unpersönlicher, aber für die meisten anderen Leser dürfte sie dadurch etwas logischer wirken, denke ich.

All das ist ja schön und gut, trotzdem mag sich der ein oder andere nach dem Lesen vielleicht fragen, was eigentlich der Sinn dieser Geschichte ist. Sie ist im Prinzip eine klassische und manchmal etwas berechenbare Coming-Out-Story mit sehr viel Kitsch, wie es sie in ähnlicher Form allein auf dieser Seite schon unzählige Male gibt. Aber vielleicht unterhält sie ja doch den ein oder anderen oder lenkt zumindest für eine kurze Zeit von all der Negativität da draußen ab – wenn das der Fall wäre, wäre ich eigentlich schon zufrieden. Und außerdem – nur weil es etwas in ähnlicher Form schon oft gibt, heißt das ja noch lange nicht, dass es deswegen schlecht sein muss, im Gegenteil. Ich persönlich lese jede Coming-Out-Geschichte aufs Neue sehr gerne, egal wie oft ich zuvor schon etwas Vergleichbares gelesen habe, und gegen eine gute Liebesgeschichte habe ich eigentlich nie etwas. Und scheinbar scheint es auch vielen anderen Lesern so zu gehen, denn sonst gäbe es Storys dieser Art wohl kaum so häufig, oder? Also warum nicht noch eine veröffentlichen oder lesen? Diese Geschichte mag also nicht unbedingt künstlerisch wertvoll oder neuartig sein, aber ich hoffe trotzdem, dass der ein oder andere Leser Freude an ihr haben wird.

Nochmal kurz zurück zum Thema Logik: ich möchte hier noch nichts Inhaltliches vorwegnehmen, aber der ein oder andere wird sich bestimmt fragen, wie realistisch es ist, dass all das hier in so kurzer Zeit hintereinander passiert. Zugegeben, es ist extrem unwahrscheinlich, und das ist mir auch selbst klar (und manchmal musste ich beim Korrekturlesen auch selbst ein wenig mit den Augen rollen, ich gebe es ja zu). Andererseits wären die beiden Alternativen gewesen, die Geschichte entweder so zu schreiben, dass zwischen den einzelnen Ereignissen immer Zeitsprünge von mehreren Wochen oder Monaten liegen, was meiner Meinung nach ein wenig den Lesefluss gestört hätte, oder einzelne Handlungselemente einfach komplett zu streichen, was bestimmt realistischer, aber, ehrlich gesagt, auch langweiliger gewesen wäre. Deswegen jetzt also in dieser Form – es muss ja nicht immer alles nah an der Realität liegen, manchmal ist die Fantasie auch einfach viel schöner.

Am Ende noch eine kurze Anmerkung zu den Pet Shop Boys Zitaten in dieser Story. Diese hatte ich damals in die Originalstory eingebaut, weil ich erstens Lust darauf hatte (um ehrlich zu sein hatte ich die Story ursprünglich nur angefangen zu schreiben, um irgendwo die Zitate einbauen zu können) und sie zweitens in gewisser Weise der „Soundtrack meines Lebens“ waren und sind, so komisch das auch klingen mag.

Bei der Überarbeitung von der ursprünglichen Geschichte zu „Liberation“ hatte ich lange überlegt, ob ich die Songtexte rausstreichen oder drinnen lassen sollte – am Ende habe ich mich offensichtlich für drinnen lassen entschieden. Ich weiß, dass die meisten Leser damit nicht viel anfangen können werden, aber irgendwie fand ich die Idee immer noch schön und in gewisser Weise sind diese Zitate ja auch das Alleinstellungsmerkmal der Story. An dieser Stelle daher mein Tipp: Wer in den Songtexten keinen Sinn sieht, der sollte sie einfach überspringen, die Story funktioniert ohne sie genauso.

Dass die Idee mit Songtexten in Geschichten nicht neu ist, sondern gerade hier auf Nickstorys.de schon sehr oft so praktiziert wurde, ist mir übrigens auch erst hinterher aufgefallen. Damals beim Schreiben der Originalfassung hielt ich mich noch für unfassbar revolutionär… ;)

Da es kaum ein Gefühl oder eine Lebenslage gibt, über die die Pet Shop Boys kein Lied geschrieben haben, war es gar nicht so schwer, für jeden Teil der Story die passenden Zitate zu finden. Trotzdem könnte dem ein oder anderen PSB-Nerd im Folgenden vielleicht auffallen, dass einige der Textzeilen aus Liedern stammen, die inhaltlich eigentlich von einer ganz anderen Situation handeln, als sie in der Story beschrieben wird. Bestes Beispiel ist hier vielleicht das Lied „To face the truth“, in dem es eigentlich ziemlich eindeutig um das Ende einer Beziehung geht. Trotzdem habe ich es nach der Outing-Szene in diese Story eingebaut, da die beiden Zeilen „It hurts too much to face the truth / To face the truth“ meiner Meinung nach sehr gut an diese Stelle gepasst haben. Außerdem ging es mir sehr oft auch eher um die Grundstimmung eines Songs als darum, dass der Inhalt eins zu eins zur Story passt. Die meisten Leser wird das sowieso nicht interessieren, aber ich wollte es zur Sicherheit mal erwähnt haben.

So, das waren erst mal genug Vorbemerkungen, die aber meiner Meinung nach nötig waren, um den Kontext der Geschichte ein wenig zu erklären. Viel mehr gibt es erst mal nicht zu sagen, außer natürlich viel Spaß beim Lesen!

1. Kapitel

„The night is a time to explore who you are

Are you what you want to be?

Could you really be a star?

Sometimes you want something you never had

In the middle of the night, you can let yourself go slightly mad”

(Pet Shop Boys – The night is a time to explore who you are*)

Das Klingeln des Weckers riss mich unsanft aus dem Schlaf. Wer kennt das nicht, gerade ist man noch tief in den schönsten Träumen versunken und im nächsten Moment holt einen die Realität ein – und aus dem Bett, leider. Man hat es nicht leicht als Schüler.

Der Traum, aus dem ich heute gerissen wurde, war aber irgendwie anders. Soweit ich mich noch erinnern konnte, war er zwar auch ganz schön, in erster Linie aber seltsam. Ich hatte mit irgendwem gekuschelt, aber mit wem? Täuschte ich mich, oder war das einer meiner Freunde gewesen? Nein, bestimmt nicht, konnte gar nicht sein.

Nachdem ich den Wecker mit einem gezielten Schlag (geschieht ihm recht) für die nächsten vierundzwanzig Stunden wieder verstummen ließ, stand ich auf und ging noch etwas benommen ins Bad, um mich auf einen weiteren Schultag vorzubereiten. Den genannten Traum hatte ich bereits wieder vergessen, stattdessen ging ich in Gedanken die zu erwartenden Ereignisse des heutigen Tages durch.

Ich heiße übrigens Paul. Ich bin 17 Jahre alt, habe kurze dunkelblonde Haare und gehe in die 12. Klasse einer Fachoberschule (FOS). Letzteres war auch der Grund, warum ich so früh aufstehen musste. Nach dem Frühstück ging es für mich zuerst zum Bahnhof und von dort mit der S-Bahn, die heute mal nur zwei Minuten zu spät dran war, in die Schule, die recht zentral in München lag. Da wir in einem kleinen Vorort wohnten, bedeutete das für mich jeden Tag einiges an Zeit, die ich in der Bahn verbringen musste, aber dieses Problem konnte man sehr einfach mit einem guten Buch lösen. Oder alternativ mit Schulsachen, falls man am Tag zuvor zu faul zum Lernen war, aber das kam nie vor. Ich war schließlich auch in der S-Bahn zu faul dafür…

So wirklich aufs Lesen konnte ich mich heute aber nicht konzentrieren, und so beobachtete ich etwas verträumt die verschiedensten Mitpendler, die das schreckliche Schicksal, eine S-Bahn morgens um kurz nach Sieben benutzen zu müssen, teilten. Etwas weiter entfernt telefonierte gerade jemand in einer mir völlig fremden Sprache, was den Mann offensichtlich dazu verleitete, noch ein bisschen lauter zu reden, da ihn ja sowieso niemand verstehen würde. Die Frau auf dem Sitzplatz gegenüber hatte ein kleines Notizbuch vor sich aufgeschlagen und zeichnete mit schnellen Bleistiftstrichen alle möglichen Leute, die mit ihr im Zug saßen. Und der Junge dort hinten, der gerade eingestiegen war, sah eigentlich ganz hübsch aus… Stopp! Nein, sicher nicht. Aber das Mädchen eine Tür weiter war doch ganz nett. Viel attraktiver! Oder?

„But every now and then, often at night

a particular feeling would surface in spite

of what I’d told myself and tried to deny

I kept on asking the question: why?”

(Pet Shop Boys – Metamorphosis*)

In der Schule angekommen, war meine Laune schließlich ziemlich gemischt. Einerseits war ich unbewusst noch etwas verwirrt von meinen Gefühlen, auch wenn ich mir natürlich einredete, dass diese nicht existierten. Außerdem war ich noch müde und der Gedanke an die kommenden Unterrichtsstunden ließ mich auch nicht fröhlicher werden. Dafür aber die Vorfreude, meine Freunde und Klassenkameraden zu sehen.

„Morgen“ begrüßte ich Felix, mit dem ich jetzt schon sechs Jahre lang zusammen in eine Klasse ging und der in dieser Zeit einer meiner besten Freunde geworden war. Wir hatten uns in der Realschule kennengelernt und sind danach gemeinsam auf die FOS gegangen. Er erwiderte ein noch etwas verschlafenes „Hi“, verwickelte mich dann aber doch in ein Gespräch darüber, welches unserer heutigen Fächer am unnötigsten war – wir einigten uns auf Religion – was in einem kleinen Wettkampf darum endete, wer heute am wenigsten Bock auf all das hatte. Dieser wurde schließlich von unserem Wirtschaftslehrer unterbrochen, der hereinkam und versuchte, uns allen die Ergebnisverwendung beizubringen. Mit wechselhaftem Erfolg.

So wirklich konnte ich mich nicht auf den Unterricht konzentrieren, denn dafür war ich zu sehr abgelenkt von Simon, der schräg vor mir saß. Mit ihm war ich, seit wir vor zwei Jahren auf die FOS kamen, in einer Klasse und inzwischen auch ganz gut befreundet, allerdings kannte ich ihn noch nicht so gut wie andere langjährige Freunde. Jedenfalls sah er schon ziemlich gut aus, wie er da so saß – er war für unser Alter normal groß und normal gebaut, vielleicht sogar etwas zierlich, seine hellbraunen bis dunkelblonden Haare waren zu einer von allen Seiten ziemlich perfekten Frisur geschnitten und die Klamotten die er trug, sahen an ihm einfach perfekt aus, dabei waren es eigentlich nur ganz gewöhnliche Jeans und Pullis. Ab und zu drehte er sich um und lächelte mich an, wenn er dabei meinem Blick begegnete, was in mir jedes Mal ein seltsam warmes Gefühl auslöste.

„Paul?“ Die Stimme von Herrn Bergmüller unterbrach mich in meinen Träumereien.

„Hm?“

„Könntest du vielleicht meine Frage beantworten? Wie finden wir jetzt den Jahresüberschuss heraus, nachdem wir den Bilanzgewinn berechnet haben?“

„Ähm… Tut mir leid, ich war gerade ein bisschen abgelenkt…“, antworte ich etwas verlegen.

„Hab ich gemerkt, ja. Beim nächsten Mal passt du bitte besser auf, okay?“

Wenn es denn so einfach wäre. Erst nachdem ich Simon einige Zeit unterbewusst angehimmelt hatte, wurde mir plötzlich bewusst, was ich hier gerade tat. Und es schockierte mich. Wie kann das sein, dachte ich mir. Er ist ein Junge. Ich bin doch nicht schwul. Und ich will es auch nicht sein. Ich versuchte eine Weile, Argumente zu finden, warum ich auf Mädchen stehen musste, und als ich irgendwann halbwegs überzeugt war, beschloss ich mich abzulenken, indem ich tatsächlich dem Unterricht folgte. Simon warf mir zwar weiterhin vereinzelte Blicke zu, doch ich ignorierte ihn und blickte starr an ihm vorbei auf die Tafel.

Der Rest des Tages ging vorüber, ohne dass ich allzu viel davon mitbekam. In den Pausen unterhielten Felix, Simon, Lukas, den ich ebenfalls seit Beginn der FOS kannte, und ich uns über alles Mögliche, aber wirklich anwesend war ich wohl nicht, was auch Felix nicht ganz entging. Nach dem Unterricht sprach er mich auf dem Nachhauseweg darauf an:

„Sag mal, was ist eigentlich heute los mit dir? Du wirkst so abwesend…“

„Ach nichts, hab nur schlecht geschlafen“ versuchte ich mich raus zu reden. Es klang zwar nur halbwegs überzeugend, aber immerhin wechselten wir danach das Thema und machten noch irgendwelche blöden Witze über verschiedene Lehrer, anstatt über tiefer gehende Dinge zu sprechen.

„I’m building a wall, a fine wall

Not so much to keep you out

more to keep me in”

(Pet Shop Boys – Building a wall*)

2. Kapitel

„See boy strange on the horizon of love

he’s calling to you

What do you say?

See boy strange as an example of youth

so close to the truth

but still far away

And he’s such a strange boy

will he make a good exchange for

the one before the closed door

that you left behind?”

(Pet Shop Boys – Boy strange*)

Zuhause angekommen, machte ich mich erst mal daran, den heutigen Hausaufgabenberg zu bearbeiten – allerdings war ich auch dabei etwas unkonzentriert. Als die Pflicht für diesen Tag endlich erledigt war, setzte ich mich also auf mein Bett und dachte über einen bisher verdrängten Teil meines Lebens nach.

Als ich gerade 16 geworden war hatte meine kleine Schwester Marie mich gefragt, wann ich mich denn endlich als schwul outen würde, da ich doch jedes Anzeichen dafür erfüllen würde. Spaßeshalber. Und eigentlich hätte es mich auch nicht stören sollen, schließlich war ich es ja nicht. Gut, ich hatte noch nie eine Freundin gehabt, aber das lag ja wohl eher an meiner Schüchternheit. Aber sonst?

Das Problem war nur, dass mich seit diesem Tag eine gewisse Angst davor verfolgt hatte, tatsächlich schwul zu sein. All die Jahre hatte ich es immer abgestritten, hatte für mich Argumente gesucht, warum ich es nicht sein konnte und hatte auch gegenüber anderen versucht, so hetero wie möglich zu wirken. Nicht, dass die auch noch angefangen hätten, irgendwelche Dinge über mich zu denken.

Vermutlich konnte ich auch alle sehr gut damit täuschen, nur bei mir selbst blieben die Zweifel, sie wurden sogar von Tag zu Tag stärker, meine Gegenargumente immer schwächer. Wie konnte das sein? Ich wollte das schließlich nicht! Warum ich?

Bis vor zwei oder drei Wochen war ich mir noch sicher, dass das nur eine Phase sein konnte, dass das normal sei und wieder vorbeigehen würde. Mein allerletzter Schutzschild, hinter dem ich mich nochmal einige Zeit wegducken konnte. Aber rückblickend war auch mir klar, dass das nicht so weitergehen konnte. Irgendwann musste ich mich nun einmal der Wahrheit stellen, so unangenehm sie auch zu sein schien. Klar, ich hätte auch so weitermachen können, und außer mir selbst hätte vermutlich niemand je Zweifel an meiner Sexualität gehabt, aber was dann? Heiraten, Kinder kriegen, alt werden – immer geplagt von Selbstzweifeln und nie so wirklich glücklich?

Ich hatte also begonnen, mich zumindest mal mit dem Thema Homosexualität auseinanderzusetzen. Nicht dass es mich betreffen würde, hatte ich mir am Anfang gesagt, einfach nur, um mich mal zu informieren. Zwei Jahre lang hatte ich alles verdrängt, was auch nur ansatzweise etwas mit dem Thema zu tun hatte – Leute, Filme, sogar die Pet Shop Boys, meine absolute Lieblingsband, hatte ich nur noch mit schlechtem Gewissen gehört.

Inzwischen war ich also immerhin an einem Punkt angelangt, an dem zumindest meine Angst vor dem Thema etwas geschmälert war. Ich war mir aber trotzdem noch sicher, auf Mädchen zu stehen, obwohl alles so offensichtlich war. Ich konnte es mir einfach nicht eingestehen.

Bis heute. Die Blicke von Simon, mein seltsames Gefühl dabei – all das hatte in mir etwas geweckt, und nach all den Jahren stand ich kurz davor, endlich eine Tür zu öffnen, die ich bisher panisch verschlossen halten wollte.

„Guess there’s no place to hide, when you’re screaming inside

There’s no place to hide, when you’re screaming inside”

(Pet Shop Boys – Screaming*)

Ich nahm mein Handy, öffnete zur Sicherheit einen möglichst anonymen Internetbrowser und tippte mit zitternden Fingern die Wörter „Schwul Coming Out“ in die Suchleiste. Es war das erste Mal, dass ich explizit nach diesem Thema suchte und dabei auch das erste Mal, dass ich mir selbst eingestand, dass es mich betreffen könnte.

Es wurde mir die Seite von DBNA angezeigt, von der ich zuvor schon gehört hatte – bisher hatte ich mich aber nie getraut, sie anzuklicken. Diesmal tat ich es. Ich las mir einen Artikel nach dem anderen zum Thema „inneres Coming Out“ und „wie erkenne ich, dass ich schwul bin“ durch, und dabei merkte ich mit einer gewissen Erleichterung, dass das, wovor ich mich all die Jahre versteckt hatte und was ich einfach nicht wahrhaben wollte, tatsächlich zutraf. Ich war schwul. Nicht das, was ich wollte. Aber gut, es ließ sich nicht ändern. Und jetzt? Jetzt war es vorbei, kein inneres Versteckspiel vor mir selbst mehr. Immer noch leicht zitternd legte ich mein Handy weg und ließ mich seltsam befreit auf mein Bett fallen.

„Then we went on, after hours, there was a place down below

It was there I realised the meaning of the show

You’ve got to love, to learn to live, where angels fear to tread

You need to cast off any guilt or shame

When thunder roars and lightning scores, you’ll still be glad you’d came

Are you gonna go to the Sodom and Gomorrah show?

It’s got everything you need for your complete entertainment and instruction

Sun, sex, sin, divine intervention, death and destruction

The Sodom and Gomorrah show is a once-in-a-lifetime production”

(Pet Shop Boys – The Sodom and Gomorrah show*)

Am Abend war ich schließlich seltsam fröhlich und irgendwie erleichtert. Das, wovor ich die letzten zwei Jahre lang am meisten Angst gehabt hatte, war wahr geworden. Eigentlich nicht gut. Aber so schlimm wie befürchtet war es objektiv betrachtet gar nicht. Ja, ich würde mich von vielen Idealvorstellungen und Lebenszielen verabschieden müssen und es würde sicherlich auch nicht immer einfach werden. Aber ansonsten? Ansonsten könnte ich mein Leben so leben, wie ich es offensichtlich wollte, auch wenn ich etwas Zeit gebraucht hatte, um das herauszufinden.

Ich konnte lange nicht einschlafen, und so lag ich wach in meinem Bett und dachte zum zweiten Mal an diesem Tag über mein Leben nach, diesmal aber deutlich positiver gestimmt als noch am Nachmittag. Als ich irgendwann einschlief, war ich dabei überraschend glücklich.

3. Kapitel

„Ask me why, I’ll say it’s most unusual

How can I even try to explain why today I feel like dancing

singing like lovers sing, when I wouldn’t normally do this kind of thing?

I wouldn’t normally do this kind of thing”

(Pet Shop Boys – I wouldn’t normally do this kind of thing*)

Wieder einmal riss mich das Klingeln des Weckers unsanft aus dem Schlaf. Mein erster Gedanke war: Jetzt schon? Mein Zweiter: Ich will nicht. Mein Dritter: Ich bin schwul. Und dann kamen langsam alle Erinnerungen des gestrigen Tages zurück.

Während ich auf dem Weg zum Bahnhof fast am Erfrieren war – in solchen Momenten hasste ich den Winter – fühlte es sich irgendwie so an, als könnten die Leute sehen, was in mir vorging. Als hätte ich mich von einem Tag auf den anderen verändert, als würden sie mich alle neugierig mustern. Der Gedanke daran, schwul zu sein, kam mir plötzlich extrem seltsam vor und obwohl ich immer noch derselbe Mensch wie gestern war, fühlte sich alles anders an.

In der Schule angekommen bekam ich von Felix die neuesten Neuigkeiten zu der Party, die diesen Freitag bei ihm stattfinden sollte. Dabei würden nicht nur einige Leute aus unserer jetzigen Klasse, sondern vor allem unser Freundeskreis aus der Realschule kommen. Ich freute mich schon sehr darauf, bestimmte Leute mal wieder zu sehen.

„Lena kommt übrigens auch“ erwähnte Felix gerade und zwinkerte mir dabei vielsagend zu.

„Aha. Toll.“ gab ich eher weniger begeistert von mir. Ich mochte Lena, sie war eine gute Freundin. Eine Zeit lang dachte ich, dass ich mich in sie verliebt hatte, doch mir wurde bald klar, dass dem nicht so war. Das schien alle anderen aber nicht daran zu hindern, uns beide verkuppeln zu wollen. Dass Lena selbst dem gegenüber nicht abgeneigt gewesen wäre, war dabei eine Art offenes Geheimnis.

„Jetzt komm schon Paul, ich weiß doch, dass du auf sie stehst. Und sie auf dich. Ihr würdet perfekt zusammenpassen.“ meinte Felix, der bei diesem Thema gerade nicht lockerlassen wollte.

„Nicht so laut“ murmelte ich mehr so vor mich selbst hin und schaute dabei etwas peinlich berührt durch die Klasse, ob es jemand mitbekommen hat. Natürlich, Simon und Lukas hatten beide ein Grinsen im Gesicht.

„Willst du sie uns nicht mal vorstellen am Freitag, Paul?“ zog Simon mich gerade auf. „Die würde ich schon gerne mal kennenlernen.“

„Joa, mal schauen.“ antwortete ich nur kurz und war zum ersten Mal in meinem Leben froh, dass gerade unser Mathelehrer Herr Krämer hereinkam. „Sorry“ flüsterte mir Felix noch zu, der offensichtlich mitbekommen hatte, dass ich mich bei dem Thema gerade etwas unwohl fühlte, dann begann bereits die Stunde.

Auch heute konnte ich dem Unterricht nur so halb folgen und auch diesmal war Simon der Grund dafür. Da ich mir ja jetzt eingestanden hatte, dass ich wohl schwul war, konnte ich ohne allzu schlechtes Gewissen über so was nachdenken. Täuschte ich mich oder sah er heute noch besser aus als gestern? Ab und zu drehte er sich wieder zu mir um, und während ich gestern noch schockiert darüber war, dass ich überhaupt über ihn nachdachte, überlegte ich heute, warum er das tat. Gut, wahrscheinlich war er einfach nur nett, es ist ja nicht ungewöhnlich, einen Freund anzulächeln. Aber wusste er denn nicht, was er damit anrichtete? Er sah so süß aus, wenn er mich so anstrahlte. Und jedes Mal, wenn er sich umdrehte, hätte ich ihn am liebsten in den Arm genommen und mich an ihn gekuschelt.

Aber solche Gedanken sollte ich lieber gar nicht erst haben, denn er war eben wahrscheinlich genauso hetero wie alle anderen auch, und sollte er jemals davon erfahren, könnte ich mir gut vorstellen, dass er davon nicht so begeistert wäre. Vielleicht sollte ich einfach versuchen, einen Freund zu finden, dachte ich mir, denn dann müsste ich nicht ständig irgendwelche Leute anhimmeln, bei denen ich keine Chance hätte und denen das auch nicht recht ist.

„It’s mad, to be in love with someone else

When you’re in love with he, she’s in love with me

but you know as well as I do

I can never think of anyone but you, all my life

Play with fire, play with guns

it’s easy to impress someone

Turning in my sleep, you called me a fool

To fall in love, is it so uncool?

Now I want to wake up

How I want to wake up”

(Pet Shop Boys – I want to wake up*)

Der Rest der Woche verging überraschend schnell. In meiner Freizeit informierte ich mich noch weiter über das Thema Homosexualität, Outing und alles was damit zusammenhing. Dabei wurden die Ängste, die ich bis dahin noch hatte, stückweise immer weniger und ich konnte mich von Tag zu Tag besser damit abfinden, schwul zu sein. Ich fragte ich mich oft, warum ich eigentlich so lange gebraucht hatte, es zu akzeptieren, denn davor ging es mir oft nicht gut damit und Selbstzweifel plagten mich. Doch so schlimm war es jetzt gar nicht. Warum also die Angst?

Nach außen hin fühlte ich mich zuerst oft komisch, so als wäre ich plötzlich jemand anderes und alle würden es merken, doch recht schnell wurde mir klar, dass dem nicht so war. Im Gegenteil, niemand schien etwas bemerkt zu haben, weder in der Familie noch im Freundeskreis. Dies half mir, wieder etwas lockerer und entspannter zu werden und ich schaffte es nach und nach auch, das Thema einfach zu vergessen und damit wieder zu einer gewissen Normalität zurückzukehren.

Insgesamt lief also alles ganz gut. Bis Freitag.

4. Kapitel

„I’d rather die than satisfy their curiosity

I’m kind of shy and dry and verging on ugly

They wonder what that I have got that they have not

They’ll never understand that none of that matters

Every boy and man feeling lonely

can’t understand why you’d be with me

Furthermore, we laugh and we draw

more attention every day so they say

Bet she’s not your girlfriend

Oh no, you couldn’t make her happy”

(Pet Shop Boys – Bet she’s not your girlfriend*)

Es war Freitag, die Schule war vorbei und ich voller Vorfreude auf die Party heute Abend bei Felix. Ich überlegte kurz, was man als Schwuler denn so anziehen sollte und landete dann bei dem, was ich immer trug. Wäre ja noch schöner sonst. Danach verbrachte ich ein paar Minuten vor dem Spiegel – nicht, dass ich da jetzt besonders penibel wäre, aber ganz egal ist mir mein Aussehen dann doch nicht – und als das Resultat von mir für okay befunden wurde, packte ich noch kurz mein Zeug zusammen, verabschiedete mich von meiner Mutter und machte mich auf den Weg.

Bei Felix angekommen war dort schon einiges los, so dass ich mich gleich unter die Anwesenden mischte, nachdem ich in der Küche ein passendes Getränk bekommen hatte. Laura, Maja, Emma, Hannah und Julian, die ich noch aus der alten Klasse in der Realschule kannte, waren schon da. Und Lena. Vor der Begegnung mit ihr hatte ich irgendwie ein bisschen Angst, trotzdem lächelte ich ihr zu, als ich den Raum betrat. Es fehlten nur noch Simon und Lukas, die ja etwas weiter entfernt wohnten und daher auch immer etwas länger brauchten.

„Und Paul, wie geht’s so? Lange nicht mehr gesehen!“ begrüßte mich Julian, mit dem Felix und ich in der Realschule viel gemeinsam gelacht hatten. Es war schön, ihn mal wieder zu sehen, nachdem wir nach unserem Schulwechsel und dem Beginn seiner Ausbildung leider nur noch wenig miteinander zu tun gehabt hatten.

„Alles bestens, und bei dir?“ antwortete ich.

„Jo, läuft soweit ganz gut. Was gibt’s Neues bei euch?“

„Ach, nichts eigentlich.“ Ein kleiner Teil von mir hätte inzwischen gerne geantwortet, dass ich schwul war, ich wollte einerseits irgendwie, dass die Leute es wussten und ich offen damit umgehen konnte. Gottseidank behielt aber der Teil, der damit lieber etwas vorsichtiger umgehen und es erstmal geheim halten wollte, die Kontrolle.

Nachdem Julian weitergegangen und ich kurz in meinen Gedanken versunken war, stand plötzlich Lena neben mir.

„Hi“ meinte sie und lächelte mich an.

Mit Lena war das wie gesagt so eine Sache. Ich mochte sie sehr gerne – als Freundin. Und es gab mal einen Teil von mir, der in ihr mehr als nur eine Freundin gesehen hatte. Da ich so gerne mit ihr zusammen war, dachte ich eine Zeit lang, ich wäre in sie verliebt gewesen, doch recht schnell erkannte ich, dass dem nicht so war. Inzwischen weiß ich, dass ich wohl eher auf der Suche nach einer Freundin gewesen war, um mir beweisen zu können, auf Mädchen zu stehen. Gut also, dass zwischen uns damals nicht mehr passiert war, denn sie hätte es nicht verdient gehabt, von mir für solche Zwecke „missbraucht“ zu werden.

Die Sache war nur, dass es eine Art offenes Geheimnis war, dass Lena seit längerer Zeit sehr wohl etwas für mich empfand – deswegen auch Felix Kommentar neulich in der Schule. In den Augen unserer Freunde waren wir wahrscheinlich so etwas wie das perfekte Pärchen, das sich nur noch finden musste – zumindest hatte ich manchmal den Eindruck. Ich selbst hatte wie gesagt irgendwann geahnt, dass das mit uns keine gute Idee gewesen wäre und inzwischen hatte sich das ja auch bestätigt, nur leider wusste sie davon eben nichts. Und ich konnte ihr nicht sagen, dass sie lieber nach jemandem suchen sollte, der sie auch verdient hätte, da ich erstens offiziell ja nicht wusste, dass sie Gefühle für mich hatte, ich sie zweitens nicht verletzen wollte und ich drittens sonst hätte erklären müssen, warum es nicht funktionieren konnte. Und zum letzten Punkt, der Frage nach dem warum, hatte ich selbst ja auch erst seit ein paar Tagen die Antwort, nämlich, dass ich schwul war.

„Hey. Wie geht’s dir?“ antwortete ich und lächelte etwas verunsichert zurück.

„Ganz okay soweit. Wie läuft es bei dir so?“

„Es geht schon. Eigentlich ist alles gut.“

In diesem Moment kamen Simon und Lukas in den Raum, die wohl gerade angekommen waren. Mein Blick fiel sofort auf Simon, der wie immer umwerfend aussah. Sein Blick wirkte aber für einen Moment etwas getrübt, als er in meine und Lenas Richtung schaute, dann setzte er aber ein Lächeln auf, dass leider bei weitem nicht so liebenswert war wie sonst, und kam auf uns zu.

„Hey, na? Du musst Lena sein, oder? Ich habe schon viel von dir gehört!“ begrüßte er uns beide. Lukas stand einen Schritt hinter ihm und grinste mir zu. Ich war für einen kurzen Moment etwas verwirrt, was ich jetzt tun sollte und überließ daher lieber Lena das Reden.

„Stimmt. Und du bist…?“

„Simon. Paul und ich kennen uns aus der FOS.“

„Ach ja, er und Felix haben von dir erzählt. Du bist dann wohl Lukas?“ fragte sie außerdem mit einem Nicken in seine Richtung.

„Genau“ antwortete Lukas.

„Und was hast du schon alles von mir gehört, Simon?“ fragte Lena nun. „Nur Gutes, hoffentlich!“

„Klar, natürlich. Aber nichts Bestimmtes ansonsten…“ erwiderte Simon etwas zögerlich und warf mir einen kurzen Blick zu, den ich nicht so ganz deuten konnte. Fragend, etwas bedrückt vielleicht, unsicher. Danach lächelte er wieder als wäre nichts gewesen, meinte, er wolle uns beide nicht weiter stören und verabschiedete sich in Richtung Felix und Julian, die gerade mit Emma und Maja angeregt über irgendwas diskutierten. Die Musik scheinbar. Als ob es da noch groß etwas zu bereden gab, wo doch sonnenklar war, dass jeder von ihnen auf seine Art keinen Musikgeschmack hatte, oder?

„Paul? Was ist los?“ fragte Lena plötzlich.

„Hm?“

„Du wirkst so abwesend und hast den Beiden die ganze Zeit hinterher gestarrt. Ist wirklich alles gut bei dir?“

„Oh, ja, alles okay, war nur gerade etwas abgelenkt…“ antwortete ich leicht verlegen. War das etwa so offensichtlich, dass ich Simon ab und zu länger als normal anblickte?

„Abgelenkt, soso“ grinste Lena jetzt. „Und das, obwohl du gerade mit mir redest? Sachen gibt’s…“

„Tja, hehe, also, es ist zurzeit eben viel los in der Schule und so, weißt du? Da bin ich dann wohl manchmal etwas unkonzentriert…“ versuchte ich mich irgendwie erklären, während ich mich insgeheim fragte, wie ich es jetzt schon wieder geschafft hatte, mich ohne wirklichen Grund in eine so unnötig peinliche Situation zu bringen.

„Klar, alles gut, schon okay. Ich glaube, es gibt jetzt Essen, oder?“ meinte Lena, die gottseidank nicht weiter nachhaken wollte.

Tatsächlich waren gerade die Pizzen, die Felix für uns bestellt hatte, geliefert worden, so dass wir uns alle zusammen an den Tisch setzten und aßen. Zwar saßen Lena und ich nebeneinander, aber da wir nicht mehr unter uns waren, machten wir mehr Witze mit den anderen und unterhielten uns über alles Mögliche. Danach spielten wir verschiedene Spiele, bei denen ich meistens verlor (aber wie sagt man so schön, Pech im Spiel, Glück in der Liebe), bevor irgendwer auf die Idee kam, die Musik noch lauter zu drehen, woraufhin wir alle nach und nach anfingen, zu tanzen und herumzualbern. Bei uns war das manchmal sowieso etwas schwer zu unterscheiden. Und auch wenn ich bei so was absolut null Taktgefühl hatte, machte es trotzdem sogar mir Spaß. Bis zu dem Moment, in dem Lena mir langsam immer näher kam und mich beim Tanzen fast berührte. Sie war dabei zwar auf keinen Fall aufdringlich, sondern eher vorsichtig, aber trotzdem eindeutig. Vielleicht hatte sie doch schon den einen oder anderen Drink zu viel gehabt? Nein, bestimmt nicht, davon hielt sie nicht allzu viel.

Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, warum ich dann das tat, was ich tat. Es war ziemlich voreilig und unüberlegt, aber andererseits wirkte es wie die einzige Möglichkeit. Jedenfalls dachte ich mir in diesem Moment, dass das so nicht weitergehen konnte zwischen uns. Sie hatte jemanden verdient, der sie im Gegensatz zu mir wirklich lieben konnte, und außerdem spürte ich, dass unsere Freundschaft auf Dauer darunter leiden würde, wenn ich jetzt schon manchmal ein unangenehmes Gefühl dabei hatte, mit ihr zusammen zu sein. Also nahm ich meinen ganzen Mut zusammen, lächelte sie etwas unsicher an und sagte „Hey, können wir vielleicht kurz draußen miteinander reden?“

„Klar, immer.“ Sie wirkte kurz erfreut, dann schien sie an meinem Blick zu bemerken, dass irgendetwas nicht stimmte.

Wir bahnten uns einen Weg aus dem Zimmer heraus in Richtung Haustür, wobei es mir teilweise so vorkam, als würden uns vereinzelt neugierige Blicke zugeworfen werden. Ich fing etwas an zu zittern und mir wurde heiß. War das wirklich eine gute Idee? Noch konnte ich es einfach bleiben lassen. Nein, es muss wohl sein, redete ich mir Mut zu.

Draußen angekommen gingen wir ein paar Schritte die Straße entlang, ich wollte nicht, dass uns am Ende noch jemand zuhörte. Lena schaute mich fragend von der Seite an, folgte mir aber ohne Widerspruch.

„Was ist denn los?“ fragte sie schließlich, als ich immer noch kein Wort gesagt hatte. Wahrscheinlich wirkte ich total unfreundlich, dabei fühlte es sich einfach nur so an, als wäre meine Kehle zugeschnürt.

„Nichts, ähm, also…“ brachte ich nicht sehr geistreich heraus.

„Bin ich dir da drinnen gerade zu nahegekommen? Tut mir leid, ich hätte das nicht tun sollen…“

„Hm, schon gut.“ meinte ich. Ich konnte das nicht.

„Nein, offensichtlich nicht. Was ist eigentlich los mit dir? Ist alles okay?“ fragte sie weiter, jetzt klang ihre Stimme plötzlich einfühlsam und ich wusste wieder genau, warum ich sie als Freundin so sehr schätzte.

„Also, ja, alles okay, aber... ähm…“

„Komm schon Paul, raus mit der Sprache. Was auch immer du sagen willst, ich werde dir deswegen nicht böse sein.“

„Also, es tut mir leid, ich habe gemerkt, dass du dir zwischen uns vielleicht mehr vorstellen könntest, aber das wird leider nichts. Es geht einfach nicht…“ stotterte ich und starrte dabei an ihr vorbei in die Dunkelheit.

„Ja, das habe ich mir schon gedacht. Es ist okay. Du musst nicht sagen warum, aber ich hoffe, ich habe nichts falsch gemacht oder dich irgendwie verletzt?“ antwortete sie etwas niedergeschlagen, aber gefasst.

„Nein, du kannst nichts dafür. Es ist nur… ähm…“

„Ja?“

„Also… Versprich mir, dass du es niemandem verrätst, okay?“ Oh Gott, ich konnte das wirklich nicht. Ich hatte Angst vor ihrer Reaktion, ich zitterte überall, mir war plötzlich nochmal viel heißer und ich konnte kaum geradeaus reden.

„Natürlich, Paul. Du kannst mir vertrauen, okay?“

„Ich… also, ähm… ich… bin schwul.“ Hatte ich das gerade wirklich gesagt? Was hatte ich nur getan? Was, wenn sie es nicht verstand, was, wenn sie jetzt zurück nach drinnen ging und es allen erzählte? Warum habe ich es nicht einfach bleiben lassen? Zweifel überkamen mich und auf einmal hatte ich wirklich Angst vor dem, was jetzt passieren könnte.

„Oh, okay. Das ist etwas… unerwartet, aber doch nicht schlimm!“ sagte sie leise und lächelte mich aufmunternd an. Ich konnte währenddessen nicht glauben, dass das gerade wirklich passierte.

Als ich nicht antwortete, sondern nach wie vor nur an ihr vorbei in die Dunkelheit starrte, kam sie einen Schritt auf mich zu und legte mir ihren Arm um die Schulter.

„Du brauchst keine Angst zu haben, okay? Ich habe kein Problem damit und ich werde es auch niemandem erzählen, solange du es mir nicht ausdrücklich erlaubst, okay?“ sagte sie sanft. „Zugegeben, ich hätte nicht damit gerechnet und bin natürlich etwas enttäuscht, da ich mir mit dir… wie du schon gesagt hast… mehr hätte vorstellen können, aber für meine Gefühle kannst du ja nichts. Und ich werde immer hinter dir stehen, egal was passiert.“

„Danke“ brachte ich endlich über die Lippen, auch wenn ich mich eigentlich immer noch nicht in der Lage dazu sah, zu sprechen.

„Bitte. Dafür sind Freunde doch da, oder?“ lächelte sie mich nun an. Ich nickte nur langsam.

„Sollen wir wieder reingehen, oder magst du dich erst noch etwas beruhigen?“ Irgendwie fühlte es sich seltsam an, von ihr so umsorgt zu werden, trotzdem war ich ihr im Moment einfach nur unendlich dankbar dafür.

„Kurz noch. Ich glaube nicht, dass ich da jetzt wieder rein kann…“ murmelte ich leise, erstraunt, dass ich offensichtlich wieder sprechen konnte. Gleichzeitig fühlte ich eine gewisse Panik davor aufkommen, jetzt wieder zu den anderen nach drinnen zu gehen und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Ich war erleichtert, aber trotzdem noch extrem unsicher und es fühlte sich so an, als hätte jeder sehen können, was passiert war, wenn wir jetzt wieder reingegangen wären.

„Hm, das verstehe ich… Wenn du magst können wir auch noch kurz eine Runde drehen und darüber reden…?“ fragte Lena vorsichtig.

„Ich glaube nicht, dass ich gerade viel reden kann, dafür zittere ich beim Sprechen noch viel zu sehr…“ Ich versuchte zu lachen, doch es gelang mir nicht wirklich. Vielleicht sollte ich besser heimgehen und mich beruhigen?

„Okay. Vielleicht brauchst du jetzt erstmal ein bisschen Ruhe, oder?“ sprach Lena genau das aus, was ich mir gerade noch gedacht hatte. „Wir können ja kurz reingehen, deine Sachen holen, du verabschiedest dich von Felix und sagst, dass es dir gerade nicht so gut geht… Oder?“

„Ja, du hast Recht!“ Gemeinsam gingen wir zu dem Haus zurück, in dem Felix wohnte. „Und danke!“ sagte ich noch leise hinterher, kurz bevor wir die Haustür erreichten.

Drinnen war es im Vergleich zur kalten Nachtluft draußen extrem heiß und laut. Wie in Trance ging ich hinter Lena her zurück zu den anderen, während ich immer noch nicht ganz greifen konnte, was gerade passiert war.

„Na, wo habt ihr zwei euch denn herumgetrieben?“ begrüßte uns Felix und sah uns neugierig an.

„Ach, nur kurz frische Luft schnappen, ihm ging’s grad nicht so gut.“ antwortete Lena zum Glück für mich – ich fühlte mich nicht so, als könnte ich jetzt sprechen.

„Oh, okay? Ist denn wieder alles gut, Paul?“ fragte Felix. Er klang jetzt etwas besorgt, sein Grinsen verblasste zunehmend.

„Ja, geht schon wieder…“ stotterte ich so vor mich hin. „Ich denke aber, ich gehe trotzdem lieber mal nach Hause und ruhe mich etwas aus…“

„Hm, schade, aber wenn du meinst ist das wahrscheinlich am besten…“

„Ja, wahrscheinlich. Danke nochmal für die Einladung, hat trotzdem echt Spaß gemacht!“ brachte ich noch heraus, danach begleitete mich Lena in den Flur, wo ich schnell meinen Rucksack packte und mich wieder anzog.

„Gehst du schon?“ hörte ich plötzlich die Stimme von Simon hinter mir. Er stand im Türrahmen zwischen Wohnzimmer und Flur, hinter ihm war die Party in vollem Gange. Seinen Gesichtsausdruck konnte ich nicht deuten.

„Ja, mir geht’s nicht so gut leider. Aber wir sehen uns dann am Montag in der Schule wieder.“

„Okay, schade. Dann komm gut nach Hause und gute Besserung!“

„Danke“ stammelte ich, lächelte ihm etwa verlegen zu und drehte mich zu Lena, die meinte, sie würde mich noch kurz vor die Tür bringen.

„Tschüs“ verabschiedete ich mich noch schnell von Simon, er lächelte uns zurück, sagte „Tschüss, bis Montag“, drehte sich um und ging wieder zurück zu den anderen.

Endlich draußen an der frischen Luft fühlte ich mich wieder etwas besser und ich merkte, wie ich wieder die Kontrolle über meinen Körper bekam und etwas ruhiger wurde.

„Schaffst du es alleine nach Hause oder soll ich dich heimbringen?“ fragte Lena jetzt, sie klang immer noch etwas besorgt.

„Nein, passt schon, danke. Außerdem will ich dir jetzt nicht komplett den Spaß verderben.“

„Okay, wie du meinst. Vielleicht hast du ja Lust, dass wir uns morgen nochmal treffen, dann könntest du mir ja ein bisschen mehr erzählen?“

„Mal schauen, wenn du magst…“ Einerseits wollte ich mit ihr darüber reden, jetzt, wo sie sowieso Bescheid wusste, andererseits fühlte sich der Gedanke, mit irgendwem über mein schwul sein, das ich selbst erst vor wenigen Tagen akzeptiert hatte, zu reden, komisch an.

„Klar. Wenn es für dich okay ist, natürlich. Aber du kannst mit mir wirklich über alles reden.“

„Danke. Und viel Spaß noch mit den anderen. Bis morgen!“

„Gute Nacht Paul. Bis morgen!“ Ihr Blick war liebevoll, besorgt, traurig und fröhlich zugleich und am liebsten hätte ich jetzt gleich mit ihr über all das geredet. Schließlich war es für sie wohl auch nicht gerade einfach. Aber das hatte Zeit bis morgen. Ich lächelte ihr dankbar zu, winkte ihr zum Abschied und machte mich durch die kalte Winternacht auf den Weg nach Hause.

„We all make a mess of our lives from time to time

It’s part of the process that you stumble as you climb

And if you ever feel the pain is far too big a deal

I say with pride I’ll be on your side

You’ve got a home here

Call it what you want, you’ve got a home here

You’re gonna want it when you can’t

face the world and you need some support to succeed

You’ve got a home”

(Pet Shop Boys – Here*)

5. Kapitel

Als ich am nächsten Morgen erwachte – es war Samstag, das heißt, ich musste immerhin nicht mitten in der Nacht aufstehen – hatte ich immer noch nicht so ganz realisiert, was in den letzten Stunden alles passiert war. Meine Mutter war etwas überrascht gewesen, dass ich so früh bereits wieder daheim war, aber sie hatte mir die kleine Notlüge, dass es mir nicht so gut ging und ich daher etwas Ruhe brauchte, abgekauft. Nachdem ich mich bettfertig gemacht hatte, lag ich noch sehr lange wach und war einerseits erleichtert über den Verlauf meines ersten Outings, andererseits überkamen mich bereits wieder Zweifel, ob das der richtige Schritt gewesen war oder ob ich nicht noch hätte warten sollen. Gleichzeitig machte ich mir Sorgen, was passieren würde, wenn alle anderen Partygäste über irgendeinen Weg herausgefunden hätten, was passiert war, während ich nicht dabei war. Dieser Gedanke machte mir sogar ziemlich Angst, aber ich versuchte ihn zu verdrängen. Lena würde niemals jemandem davon erzählen und belauscht kann uns eigentlich niemand haben, dachte ich mir, doch ein ungutes Gefühl blieb trotzdem. Erst spät in der Nacht schlief ich schließlich ein.

Beim Frühstück mit der Familie am nächsten Morgen war ich nicht sehr gesprächig und mit den Gedanken bei allen möglichen anderen Dingen. Den anderen fiel das vermutlich auch auf, allerdings sprachen sie es zum Glück nicht an. Jeder hat schließlich mal einen schlechten Tag.

Danach las ich die neuen Nachrichten auf meinem Handy. Ganz oben stand eine von Lena, die mich fragte, ob und wann wir uns denn heute treffen wollten, um zu reden. Ich schlug ihr vor, dass wir uns am Abend treffen könnten.

Außerdem hatte mir unter anderem Felix, und zu meiner Überraschung auch Simon, geschrieben. Beide schienen wohl wissen zu wollen, ob es mir wieder besser ging. Ich öffnete die Nachrichten nicht, schaltete mein Handy aus, packte meinen Rucksack und fuhr mit der S-Bahn zum Fotografieren in die Stadt. Ich musste jetzt einfach mal abschalten, den Kopf frei bekommen und auf andere Gedanken kommen, und das funktionierte bei mir eben am besten, wenn ich mit der Kamera in der Hand durch die Gegend zog. Um die anderen konnte ich mich später auch noch kümmern, jetzt brauchte ich erst mal Zeit für mich.

„Cross a windy bridge, one winter night

Past Embankment Gardens, enter warmth and light

Face the music (it’s never easy), forget the chill

Face the future (it’s never easy), find the will

If life is worth living, it’s got to be done

One might be forgiven for thinking it’s a life on the run

Many roads will cross through many lives

but somehow you survive”

(Pet Shop Boys – The survivors*)

Am Abend traf ich mich mit Lena auf einen Spaziergang. Das war zwar wegen der Kälte etwas ungemütlich, allerdings wollte ich mich weder bei einem von uns zuhause noch in einer Bar oder einem Café treffen, aus Angst, belauscht zu werden. Nicht, dass das allzu wahrscheinlich war, aber mir war das Risiko zu hoch. Ich tat mich schon schwer bei dem Gedanken, überhaupt darüber zu sprechen, denn jeder Gedanke, der aus meinem sicheren Inneren als Wort hinaus in die Welt ging, konnte theoretisch irgendwann auf mich zurückkommen.

Lena war vor mir an unserem Treffpunkt, sie stand im Schein der Straßenlaterne und hatte ihre Jacke bis oben hin zugezogen.

Ich begrüßte sie und sie schien sich zu freuen, mich zu sehen. Immerhin.

„Wie geht’s dir?“ fragte sie nun.

Naja, was sollte ich da jetzt sagen. Einerseits gut, weil sie es wusste. Und andererseits schlecht, weil sie es wusste. Kompliziert. Ich wusste die Antwort auf die Frage ehrlich gesagt selbst nicht.

„Hm. Ganz okay. Denke ich zumindest. Es fühlt sich einfach extrem ungewohnt an, dass du es weißt, und irgendwie macht mir der Gedanke, dass es kein Geheimnis mehr ist, Angst. Aber ich bin dir trotzdem wirklich dankbar, dass du so reagiert hast, wie du reagiert hast.“

„Verstehe. Und… wie hast du… es eigentlich herausgefunden?“ scheinbar tat sich auch Lena etwas schwer, die richtigen Worte zu finden, aber ihre Neugier schien am Ende zu siegen.

„Naja, es war eigentlich schon länger offensichtlich, dass mich Mädchen einfach nicht wirklich interessieren und Jungs eben schon. Wenn ich ehrlich zu mir gewesen wäre. Aber… ich habe es nicht akzeptiert, ich wollte nicht schwul sein und habe zwei Jahre lang versucht es zu verdrängen, habe versucht, mich selbst zu überzeugen, dass es nicht sein kann. Ich hatte einfach Angst und erst vor kurzem habe ich langsam versucht, mich vorsichtig mit dem Thema auseinanderzusetzten. Wahrscheinlich, weil ich das sonst nicht mehr lange durchgehalten hätte. Und irgendwann war meine Angst dann weg und ich konnte es für mich akzeptieren.“

„Oh, okay. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht einfach war…“

„Tja…“ Erstaunlicherweise fühlte es sich gut an, mit jemandem über das zu sprechen, was mich so lange beschäftigt hatte und was mit der Zeit zu meinem bestgehüteten Geheimnis geworden war. So sehr, dass ich es sogar vor mir selbst versteckt und verdrängt hatte.

„Bist du mir böse, dass das mit uns nichts wird? Ich wollte es ja selbst eine Zeit lang wenn ich ehrlich bin, aber ich habe irgendwann einfach gemerkt, dass es nicht klappen kann. Und irgendwann konnte ich mir auch eingestehen warum.“ Auch wenn es komisch klang – diese Frage hatte mich die ganze Zeit lang beschäftigt gehabt, denn irgendwie verspürte ich ihr gegenüber den Hauch eines schlechten Gewissens.

„Naja, … wie gesagt, ich bin natürlich etwas enttäuscht, da ich nicht damit gerechnet habe. Aber ich habe irgendwie auch schon gespürt, dass du das nicht willst, ich kannte nur den Grund nicht, was für mich deutlich schlimmer war. Ich bin tatsächlich ein bisschen erleichtert, dass es nicht an mir liegt. Aber ganz ehrlich, du kannst ja auch nichts dafür, warum sollte ich dir also böse sein. Ich freue mich einfach für dich, dass du endlich zu dir selbst gefunden hast.“

„Okay, gut. Ich wünsche dir wirklich jemanden, der dich so lieben kann, wie ich es nicht konnte!“ meinte ich, und auch wenn das eigentlich ziemlich ernst klingen sollte, konnte ich einfach nicht anders, als sie nun neckisch anzugrinsen.

„Na danke.“ Lena lachte nun auch. Das tat gut und gefiel mir deutlich besser als so ein ernstes Gespräch, wie wir es zuvor geführt hatten. „Woher wusstest du eigentlich überhaupt, dass ich etwas von dir wollte? Ich meine, natürlich habe ich entsprechende Tendenzen gezeigt, aber war das wirklich soooo offensichtlich?“

„Bitte? Natürlich war das offensichtlich!“ Ich konnte nicht anders, ich musste einfach lachen. „Felix hat mir sogar schon die ganze Zeit eingeredet, was für ein perfektes Paar wir wären. Ich will auch lieber gar nicht wissen, was er nun denkt, was gestern zwischen uns passiert ist, nachdem ich plötzlich geflüchtet bin…“

„Oh“ Das schien ihr jetzt doch ein bisschen peinlich zu sein. „Ja, stimmt schon, er hat mich gestern schon noch ein paar Mal seltsam angeschaut, nachdem ich nicht erzählen wollte, was passiert ist, aber ich habe mir eigentlich nicht mehr viel dabei gedacht…“

„Naja, er ist in Zukunft wohl eher mein ‚Problem‘, schließlich sehe ich ihn jeden Tag, und er wird bestimmt nicht so schnell lockerlassen.“ meinte ich. Naja, sollte er nur fragen, irgendwann würde er schon die Lust daran verlieren.

Ein kalter Windstoß wehte an uns vorbei und brachte die Bäume neben dem Gehweg dazu, unruhig hin und her zu schwingen. In der Dunkelheit sah das nahezu gespenstisch aus. Wir gingen einige Meter schweigend nebeneinander her, jeder in seinen Gedanken versunken.

„Gibt es denn eigentlich jemanden anderen, auf den du stehst?“ fragte Lena jetzt auf einmal. Das kam dann doch etwas unerwartet und so wirklich hatte ich selbst noch nicht darüber nachgedacht, aber…

„Naja, … ähm ne, eigentlich nicht…“ antwortete ich etwas verlegen.

„Sicher? Simon vielleicht?“ Sie meinte das als Spaß, aber damit traf sie bei mir wohl genau ins Schwarze. Ich hatte es selbst noch nicht realisiert, aber jetzt, wo sie es aussprach, wurde mir klar, dass ich ihn die letzten Tage und Wochen schon ziemlich angehimmelt hatte. Peinlich. Hoffentlich ging ich dabei nicht so offensichtlich vor wie sie bei mir, denn dann hatte ich ein paar Probleme.

„Wie kommst du denn darauf?“, wagte ich vorsichtig zu fragen, und betete, dass sie nicht bemerkt hatte, wie sich meine Stimme etwas verändert hatte, wie ich angespannter wurde.

„Du hast ihn gestern ab und zu so seltsam angeschaut finde ich. Und er dich. Aber wahrscheinlich täusche ich mich, oder?“

„Ja, bestimmt.“ Ich versuchte, meine Verlegenheit mit einem Lachen zu überspielen, was sie mir abzukaufen schien. Glück gehabt. Nicht, dass es schlimm gewesen wäre, wenn sie gleich noch mein nächstes Geheimnis gekannt hätte, aber alles brauchte sie dann doch nicht zu erfahren. Ein Mann braucht seine Geheimnisse, das hatte ich irgendwo mal gelesen.

Wir redeten noch eine Weile über dies und das, dann verabschiedeten wir uns und machten uns auf den Heimweg.

„Looking back now, I can see, the ghost of myself as I used to be

Looking back now, I can see, the ghost of myself haunting me

Looking back now, I can see, the ghost of myself wondering what to be

Looking back now, I can see, the ghost of myself searching for the key”

(Pet Shop Boys – The ghost of myself*)

Der nächste Tag war ein Sonntag und ging relativ schnell vorüber. Ich versuchte mich abzulenken, indem ich verschiedene Sachen für die Schule erledigte, ansonsten passierte nicht viel. Ich war ein bisschen angespannt, wenn ich an den nächsten Tag dachte, da ich nicht wusste, was Felix, Simon und Lukas sagen würden. Wenn sie denn etwas sagen würden. Eigentlich war aus ihrer Sicht ja nicht viel passiert, trotzdem war ich mir unsicher.

6. Kapitel

„We’re meant to be friends, that’s what it says in the script

Is it really the end if sometimes I stray just a bit?

Oh no! It should be poetry not prose

I’m in love with you, do you think it shows?

And everyone knows when they look at us

of course they do it must be obvious

I’ve never told you, now I suppose

that you’re the only one who doesn’t know”

(Pet Shop Boys – It must be obvious*)

In der Schule wurde ich bereits von Felix empfangen, der mich sogleich mit Fragen überschüttete.

„Na, was war denn am Freitag los bei dir? Es ist doch noch irgendwas anderes passiert, oder?

„Nein, mir ging’s plötzlich einfach nicht so gut…“ versuchte ich abzuwehren, aber so schnell konnte ich mich natürlich nicht rausreden.

„Komm schon, irgendwas war mit Lena! Habt ihr euch geküsst? Oder gestritten? Aus ihr habe ich am Freitag ja nichts mehr rausbekommen, sie meinte nur, das müsste ich dich schon selbst fragen…“

„Nein, wir haben uns nicht geküsst und es ist auch alles okay zwischen uns…“

„Aber würdest du sie denn gerne küssen?“ fragte Felix nun. Er hatte ein spannendes Thema gewittert, und grundsätzlich konnte auch ich den ganzen Tag mit ihm über das Liebesleben von irgendwelchen Leuten diskutieren, das war meistens lustig. Aber nicht, wenn es um mein eigenes ging und erst recht nicht, wenn er dabei meinem Geheimnis näherkommen könnte.

„Nein, eigentlich nicht, aber egal…“

„Nein? Warum denn nicht? Ihr würdet doch so gut zusammenpassen?“

„Naja, nein, wir sind einfach nur Freunde, sonst nichts.“

„Bist du dir sicher? Das glaube ich dir irgendwie nicht. Sie sieht doch außerdem auch gut aus, oder was meinst du?“ Er wollte einfach nicht so recht aufgeben, was ich ihm so früh an einem Montagmorgen schon ein kleines bisschen übelnahm. Anstrengend war das ja nachgerade.

„Ja, weiß nicht, schon. Aber…“ Weiter kam ich nicht, denn nun kam gerade Simon ins Klassenzimmer und auf uns zu. Ich verstummte, doch er schien bereits mitbekommen zuhaben, um was es ging.

„Wie, du weißt nicht? Warum denn nicht? Sie passt doch eigentlich total gut zu dir…“ meinte dieser auch sofort – hatten sich denn nun alle gegen mich verschworen?

„Ach bitte, fang du nicht auch noch damit an…“ versuchte ich, ihn abzuwehren, doch es war wohl endgültig zu spät.

„Stell dir vor, er möchte sie auch nicht küssen.“ mischte sich Felix nun wieder ein.

„Wirklich? So eine Gelegenheit kannst du doch nicht einfach liegen lassen?“ grinste Simon mich nun schelmisch an. Ich fühlte mich gleich wieder etwas schlechter, als ich daran dachte, wen ich gerade wirklich gerne küssen würde. Das durfte auf keinen Fall herauskommen.

Ich überlegte gerade noch, wie ich jetzt wieder aus dieser peinlichen Situation rauskommen sollte, als mich die Ankunft unserer Deutschlehrerin mal wieder rettete. „Guten Morgen“ verkündete sie mit einer Stimme, die darauf hindeutete, dass es sich für sie nicht nach einem solchen anfühlte. „Ich brauche noch ein paar Noten von euch, weswegen ihr alle ein Projekt bearbeiten werdet.“, kam sie gleich zur Sache. „Ihr werdet in Zweiergruppen zusammenarbeiten, die Teams habe ich schon eingeteilt, damit das Ganze nicht zu sehr ausartet. Eure Themen stehen jeweils auf dem Infoblatt, dass ich euch austeilen werde. Noch Fragen?“ Niemand meldete sich. „Wer freut sich und kann es kaum erwarten, anzufangen?“ Sehr lustig. Aber gut, machen wir das halt auch noch…

Als sie uns die von ihr festgelegte Gruppenverteilung präsentierte, staunte ich allerdings nicht schlecht. Ich würde mit Simon zusammenarbeiten. Dieser drehte sich auch gleich um und lächelte mir zu.

Na endlich mal was Positives. Gleichzeitig kamen mir aber wieder die ersten Zweifel. Was, wenn er dann Verdacht schöpfte? Ich musste mich mit dem Anhimmeln auf jeden Fall zurückhalten, und insgesamt sollte ich aufhören, mir Gedanken über ihn zu machen, denn das würde zu nichts führen. Außer vielleicht dazu, dass die Freundschaft zerstört wird. Im schlimmsten Fall.

Wir sollten die Epoche des Expressionismus in einem Referat vorstellen. Na gut, zu früh gefreut. Simon kam auch gleich zu mir, um unser Vorgehen zu besprechen.

„Wie wollen wir es machen? Ich denke, wir sollten uns zumindest einmal treffen, damit wir zusammen alles erledigen und vorbereiten können, oder?“ meinte er.

„Ja, stimmt. Wann hättest du denn Zeit?“ fragte ich.

„Hm, heute vielleicht? Würde bei mir ganz gut reinpassen.“

„Ja, okay, bei mir auch. Wo wollen wir uns treffen?“

„Mir eigentlich egal, kann aber sein, dass es bei mir etwas schwierig wird.“ antwortete er und schaute mich fragend an.

„Du kannst gerne zu mir kommen, wenn du willst! Meine Eltern und meine Schwester sind heute Nachmittag sowieso nicht da…“ Hatte ich ihn gerade wirklich zu mir nach Hause eingeladen? Na ob das so eine gute Idee war? Aber gut, warum nicht, wir wollten ja sowieso nur lernen.

„Klar, gerne!“ meinte Simon und strahlte mich an. Wenn er nur wüsste, was er mit diesem Blick alles anrichtete bei mir…

„Wäre es für dich okay, wenn ich dann gleich nach der Schule mitkomme? Weil, bis ich heimfahre und dann zu dir komme, dauert das ein bisschen.“ fragte er.

„Kein Problem, können wir so machen.“ Damit war alles geklärt und ich verbrachte den Rest des Schultages damit, mich abwechselnd auf den Nachmittag zu freuen, ein wenig Angst zu haben und mir einzureden, dass wir nur Schulsachen machen wollten und es nichts Besonderes war.

„In the air I can feel something magical becoming real

From the other side looking in

Come on throw the dice and tonight we’ll win

(Live it) It’s the story of our lives

(Don’t give it) It’s the way we’ve always been

Though the mountains may divide, we can reach the sea

And I believe, we can change, we can make it more than a dream

And I believe, we can change, it’s not as strange as it might seem”

(Pet Shop Boys – More than a dream*)

Als der Unterricht endlich vorbei war, fuhren wir zusammen heim, wobei wir uns in der S-Bahn die ganze Zeit über alle möglichen Themen unterhielten, nur nicht über die Schulsachen, die wir eigentlich machen sollten. Wie immer halt. Wir lachten viel und ich war erleichtert, dass ich kein Problem damit hatte, mit ihm alleine zu sein oder normal mit ihm zu reden.

„Willst du noch was essen?“ fragte ich, als wir bei mir ankamen. Ja, eine kleine Stärkung wäre vielleicht gar nicht schlecht, bevor wir den Pflichtteil erledigten, fanden wir Beide, und so verbrachten wir noch einige lustige Minuten damit, uns etwas Essbares zu suchen, es zuzubereiten und zu verspeisen.

Danach gingen wir in mein Zimmer, aber anstatt wie geplant Deutsch zu machen, begann Simon erst mal, meine Regale genauer unter die Lupe zu nehmen, während wir uns weiter unterhielten.

Auf einmal wurde er aber wieder ernst und fragte „Warum willst du eigentlich nicht mit Lena zusammen sein?“ Einfach so, ohne Vorwarnung, und nicht mehr neckisch wie noch am Vormittag vor Felix und Lukas, eher neugierig und interessiert.

Die Antwort „weil ich schwul bin“ fiel schon mal raus, aber ansonsten merkte ich, dass ich ihm zumindest zu einem Teil die Wahrheit sagen wollte. Also zumindest so weit wie möglich. Ich weiß nicht wieso, aber die Situation war ganz anders als in der Schule, wo es mir sonst einfach nur peinlich war.

„Ich weiß nicht. Kennst du das Gefühl, wenn du wirklich in jemanden verliebt bist, wenn du nur noch an diese Person denken kannst und alles dafür geben würdest, ihr näher zu kommen? Das spüre ich bei Lena einfach nicht. Ich mag sie, sie ist eine sehr gute Freundin, aber mehr leider nicht.“ Wow. Hatte ich, der in 17 Jahren noch nie eine Beziehung geführt hatte und von seiner Umwelt allgemein als „unromantisch“ abgestempelt wurde, das gerade gesagt?

„Hm ja, ich glaube ich verstehe, was du meinst. Ich kenne das Gefühl.“ antwortete Simon, immer noch ernst.

„Echt? Wie sieht es eigentlich bei dir aus? Hast du eine Freundin?“ traute ich mich zu fragen.

„Nein, aber…“ startete er, verstummte dann aber mitten im Satz.

„Aber?“ hakte ich vorsichtig nach – keine Ahnung, woher ich plötzlich den Mut nahm.

„Naja, das Gefühl, was du gerade beschrieben hast. Da gibt es bei mir schon jemanden, auf den das zutrifft…“

„Cool“ antwortete ich nur, da ich gerade irgendwo zwischen Neugier, Hoffnung und Enttäuschung war.

„Und bei dir? Gibt es jemanden…?“ fragte Simon und schaute mich dabei ernst und fragend an. Sein Blick war irgendwie komisch und schwer zu deuten.

„Hm, ja. Ich glaube schon, aber…“ stotterte ich, denn das kam der Wahrheit nun doch näher, als mir eigentlich lieb war. Aber irgendetwas in mir brachte mich dazu, nicht vom Thema abzuweichen wie ich es gerne getan hätte, sondern seinem Blick standzuhalten.

Simon sah mich leicht traurig an, dann versuchte er ein Lächeln, welches mich aber nicht wirklich überzeugen konnte. Die Situation war seltsam, ich saß auf meinem Schreibtischstuhl, er auf meinem Bett nur etwa einen Meter entfernt. Irgendwie war ich extrem angespannt, mir wurde heiß und ich merkte, wie ich leicht anfing zu zittern.

„Paul…?“ begann Simon, brach dann aber ab, schaute zur Seite und meinte. „Sorry, vielleicht wird dir das zu persönlich, lassen wir es lieber.“

„Nein, schon okay, sag ruhig.“ erwiderte ich und versuchte meine Stimme freundlich und nicht allzu nervös klingen zu lassen.

„Weißt du, also… Die Person, die ich meinte, … bist du.“ murmelte er leise, vermied es aber, mich dabei anzuschauen. Ich war fassungslos und konnte nicht glauben, dass er das gerade gesagt hatte. Konnte es wirklich sein, dass hier gerade meine heimlichsten Träume wahr wurden?

„Tut mir leid, das hätte ich nicht sagen sollen… Vielleicht sollte ich lieber gehen?“ fragte Simon jetzt angespannt, da ich die Information noch verarbeiten musste und noch nichts sagen konnte.

„Nein, es ist okay… weißt du, … mir geht es genauso…“ stammelte ich jetzt endlich und blickte unsicher zu Simon, der jetzt ebenfalls ziemlich erstaunt aussah. Dann stand ich auf, ging auf ihn zu, setzte mich neben ihn und legte ihm vorsichtig meinen Arm um die Schulter, um ihn zu trösten und gleichzeitig um mich zu versichern, dass es kein Traum war.

Simon schien ebenfalls so langsam zu realisieren, was gerade geschehen war. Er sah mich immer noch unsicher an und fragte „Wirklich?“

„Ja. Das ist auch der Grund, warum es mit Lena nichts wird. Ich… bin schwul.“ Obwohl er da wahrscheinlich schon von selbst draufgekommen war, fand ich es immer noch extrem schwer, diese Worte auszusprechen.

Jetzt erhellte sich seine Miene etwas, die Anspannung schien von ihm abzufallen.

„Tja, ich auch.“ murmelte er verlegen.

Und dann umarmten wir uns, kuschelten uns aneinander und ließen uns nach hinten auf das Bett hinabsinken. Es fühlte sich unglaublich und unbeschreiblich schön an, ihm so nahe zu sein, seinen Körper zu spüren und ihn langsam zu streicheln. Wir blickten uns in die Augen, lächelten uns an und dann kamen sich unsere Gesichter immer näher und wir küssten uns. Einmal. Zweimal. Und noch ein bisschen öfter. Dies war mit Sicherheit einer der schönsten Momente meines bisherigen Lebens und es fühlte sich so extrem gut an, dass ich am besten gar nicht erst anfange, es zu beschreiben, da es für dieses Gefühl wahrlich keine Worte gibt. So muss sich “Glück” anfühlen.

„A nervous boy in several ways

I never knew the world could operate this way

I was nervous when we stopped to speak

and the world came crashing around my feet

We don’t talk of love, we’re much too shy

but nervously we wonder when and why”

(Pet Shop Boys – Nervously*)

Ich spürte, wie die stetigen Berührungen am ganzen Körper mich immer mehr erregten, und Simon schien es ähnlich zu gehen. So war es nur eine Frage der Zeit, bis unsere Hände sich immer näher an die intimeren Stellen herantasteten. Bevor ich vor Erregung nicht mehr klar denken konnte, unterbrach ich das Streicheln für einen kurzen Moment und blickte Simon unsicher an. „Sollen wir aufhören?“ fragte ich ihn leicht nervös. Ich wollte ihn zu nichts drängen, was er hinterher vielleicht bereuen würde. Anstatt zu antworten, lächelte er mich aber nur glücklich an, schüttelte den Kopf und fuhr mit seinen Streicheleinheiten fort, die nun gefährlich zielstrebig in Richtung meines Schrittes führten. Er kommentierte dies mit einem frechen Grinsen und ich musste ihn einfach nochmal küssen. Ich glaube, ich war verliebt.

Später lagen wir beide erst mal für mehrere Minuten still auf meinem Bett und versuchten zu begreifen, was da gerade passiert war, dann drehte ich mich auf die Seite und küsste ihn. Er fühlte sich immer noch genauso unglaublich an wie zu Beginn. Niemals hätte ich für möglich gehalten, dass ich in der Lage war, so etwas zu fühlen.

„I don’t know why

it always comes as a surprise

to find I’m here with you

You smile and I am rubbing my eyes

at a dream come true”

(Pet Shop Boys – It always comes as a surprise*)

Nachdem wir uns nach einiger Zeit wieder angezogen hatten, merkten wir, dass es inzwischen schon ganz schön spät geworden war. Deutsch hatten wir natürlich nicht gemacht, aber das war uns Beiden in diesem Moment so was von egal!

„Ich glaube, ich liebe dich!“ flüsterte ich ihm leise ins Ohr, woraufhin er mich anlächelte, nochmal küsste und „Ich dich auch“ sagte.

Es gab natürlich eine Menge Fragen, die wir uns gegenseitig stellen wollten, da er allerdings so langsam nach Hause musste, beschlossen wir, damit bis zum nächsten Tag zu warten.

„Ich glaube, ich schaff das morgen nicht, in der Schule so zu tun als sei nichts passiert.“ meinte Simon zum Abschied, und ich musste ihm zustimmen.

„Egal, es muss einfach klappen. Es darf keiner etwas merken.“ sagte ich. Er nickte ernst und dann ging er, nachdem wir uns zum Abschied nochmal geküsst hatten.

Als meine Eltern und meine Schwester etwas später heimkamen, hatte ich bereits alle möglichen Spuren beseitigt und tat so, als wäre nichts geschehen, was man mir auch abkaufte, auch wenn sich die Anderen sicher fragten, warum ich plötzlich so ungewohnt fröhlich war.

„You can live your life lonely, heavy as stone

Live your life learning and working alone

Say this is all you want, but I don’t believe that it’s true

‘cause when you least expect it, waiting round the corner for you

Love comes quickly, whatever you do, you can’t stop falling

Love comes quickly, whatever you do, you can’t stop falling

I know it sounds ridiculous but speaking from experience

It may seem romantic and that’s no defence

love will always get to you”

(Pet Shop Boys – Love comes quickly*)

Nachwort

Das war Teil eins von Liberation – ein zweiter wird demnächst folgen. Ich hoffe, dem ein oder anderen hat die Geschichte bis hierhin schon mal gefallen – mal sehen, was in Teil zwei noch so alles passieren wird…

*

Pet Shop Boys – The night is a time to explore who you are

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Metamorphosis

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Building a wall

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Boy strange

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Screaming

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe / Tom Stephan

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – The Sodom and Gomorrah show

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – I wouldn’t normally do this kind of thing

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – I want to wake up

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Bet she’s not your girlfriend

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Here

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – The survivors

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – The ghost of myself

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – It must be obvious

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – More than a dream

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe / Miranda Cooper / Brian Higgins / Jason Resch / Kieran Jones

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Nervously

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – It always comes as a surprise

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe

Verleger: Parlophone Records Ltd

Pet Shop Boys – Love comes quickly

Songwriter: Neil Tennant / Chris Lowe / Stephen Hague

Verleger: Parlophone Records Ltd

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