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Liebe! Liebe?

Die erste große Liebe

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Informationen

Teil 1 - The first real love...

Zu Beginn meiner Geschichte befinden wir uns in einem kleinen Ort in Nordhessen, nahe der Grenze zu Thüringen. Ich wohne hier seit 1991 zusammen mit meinen Eltern und meinen zwei Geschwistern. Alles war ganz normal, typisch Dorf eben. Ein paar Erfahrungen mit Männern hatte ich schon während einer Jugendfreizeit auf Pellworm mit dem großen Bruder eines damaligen Klassenkameraden und auf einer Klassenfahrt in Köln gemacht, aber nichts Wildes, das was in den folgenden Wochen und Monaten passieren sollte, übertraf einfach alles...

Alle Namen und Orte sind zum Schutz von Dritten verfremdet.

»Es ist 05.55 Uhr und sie hören die Nachrichten«, tönte es wie jeden Morgen aus meinem Radiowecker. »Ich habe keine Lust!«, dachte ich mir und drehte mich prompt wieder um. Doch es gab kein Entrinnen, Punkt 06.10 Uhr klingelte der zweite Wecker, und meine Mutter stand in meiner Zimmertür. Also, schnell meine Klamotten gerafft und ab ins Badezimmer, bevor der Rest wach wurde. Frühstück ließ ich wie gewöhnlich aus und hetze zum Bus, während mir meine Mutter noch irgendwas unverständliches hinterher rief.

Kassel

Nach mehr als eineinhalb Stunden Fahrt kam ich dann endlich in Kassel an, wo ich auf ein Berufliches Gymnasium (Biologietechnik) ging. Wo wir grad mal dabei sind, ich heiße Tommy, bin 16 Jahre alt und wohne noch bei meinen Eltern, bisher ohne offizielles Outing.

Ich stieg widerwillig aus dem Bus und wartete auf meine Straßenbahn, während ich eine Zigarette rauchte und wie so oft die Leute um mich herum beobachtete. Alles war so hektisch, das Wetter diesig und kalt, obwohl es grade erst Ende September war. Ich träumte vor mich hin, als plötzlich meine Augen ein interessantes Plakat streiften.

Da stand in großen Buchstaben:

Tag der offenen Tür
Bei der
Berufsfeuerwehr Kassel

29.09.1998 ab 10 Uhr

Das war heute, und wie viele Jungs in meinem Alter war ich ein begeistertes Mitglied unserer Freiwilligen Feuerwehr und großer Fan dieser Einrichtungen. Ich beschloss also kurzerhand meine Clique zu mobilisieren und dort mal in unserer Mittagspause vorbeizuschauen. An der Schule angekommen, warteten schon die anderen auf mich, Neuigkeiten wurden ausgetauscht und noch eine schnelle Zigarette durchgezogen.

Die anderen der Clique, das waren Miriam, Susann, Katrin, Sebastian, Gerrit und Andreas.

Der Rest des Vormittags zog sich wieder mal wie Kaugummi und ich fieberte der Mittagspause entgegen.

»Ding-Dong-Dang«, ich liebte dieses Geräusch der Pausenklingel. Es war jetzt 13 Uhr, das hieß, wir hatten nun eineinhalb Stunden Zeit, die Stadt unsicher zu machen. Ach nein, da war doch noch was... Schnell trommelte ich die anderen zusammen und erzählte ihnen von meinen Plänen. Miriam war schnell dabei, kein Wunder, denn sie war selbst ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig. Auch die anderen stimmten nach etwas Überredung schließlich zu, und wir machten uns auf den Weg. Zum Glück war die Feuerwache nur wenige Meter von der Schule entfernt.

»So, da wären wir!«, sagte ich voller Erwartung und schaute in die Runde. Doch irgendwie war aus den restlichen Gesichtern die Begeisterung gewichen, und so kam es, dass ich nach etwas Tumult enttäuscht und alleine die große Fahrtzeughalle betrat. Die anderen hatten es sich nun doch anders überlegt und wollten, typisch Frauen eben, lieber shoppen gehen. Auch die Jungs verließen mich in Richtung eines großen Fast-Food-Restaurants.

Marcus

Also nahm ich allen Mut zusammen, denn eigentlich bin ich recht schüchtern und fühle mich alleine unter Fremden nicht sonderlich wohl. Da stand ich nun, in der riesigen Fahrzeughalle mit all den großen roten Autos. Gemütlich, fast etwas verträumt, schlenderte ich an der ersten Reihe vorbei und sah in das Innere von einem LF 16, als mir plötzlich von hinten jemand auf die Schulter schlug. Ich zuckte zusammen, drehte mich blitzschnell um und wollte schon den Arm hochnehmen um mich zu wehren.

Doch was ich dann sah, ließ mich fast kollabieren. Da stand er, der Mann meiner schlaflosen Nächte! Natürlich kannte ich ihn nicht wirklich, aber das war völlig egal. Man, sah der gut aus! Schätzungsweise 1,90m groß, kräftig, aber keineswegs fett, sportlich, dunkler Hauttyp, kurze dunkelblonde Haare und blaue Augen wie ein klarer, tiefer Gebirgssee.

»Kann ich dir irgendwie weiterhelfen?«, riss mich eine männlich-markante, aber zugleich auch sanfte Stimme aus meinen Gedanken, »Kannst dich auch gerne mal hinein setzen...«, fuhr er weich fort und deutete auf das Wageninnere. Ich begriff erst nicht, aber er wiederholte sich anscheinend gerne. »Geduld scheint er ja auch zu haben«, träumte ich weiter, »Unglaublich«. Mein Blick wanderte immer wieder zwischen Fahrzeug und diesem äußerst sympathischen Bild von einem Mann hin und her. Dann entdeckte ich sein Namensschild:

M. Schulze

BF Kassel

»M?« Ich grübelte. »Michael? Martin?«

»Sorry, hab mich noch gar nicht vorgestellt. Heiße Marcus, bin 24 und seit 6 Jahren bei der Feuerwehr. Und wer bist du?«

»Wow, mit soviel Infos hatte ich jetzt nicht gerechnet!«, erschrak ich wieder ein wenig und stammelte bloß: »Thomas.«

Gut, das wäre geklärt und überstanden, auch mein Zittern und meine weichen Knie schienen etwas nachzulassen. Marcus war nicht nur schön, sondern auch ein echt helles Köpfchen. Zwar wusste ich auch schon einiges aus der Welt der Feuerbekämpfung und Unfallrettung, aber es reichte lange nicht an das Wissen von ihm heran. So schlenderten wir noch eine ganze Weile durch die Halle und ich begeisterte mich immer mehr, aber sicher nicht (nur) für die Fahrzeuge und die Feuerwehr!

Ein hastiger Blick auf die Uhr holte mich zunächst zurück auf den Boden der Tatsachen. Es war irgendwann nach 15 Uhr und ich hätte längst wieder in der Schule sein sollen. Aber das war mir grad so was von sch... egal.

»Ich habe gleich Feierabend. Wollen wir vielleicht dann noch zusammen einen Kaffee trinken gehen, oder so?«, fragte mich Marcus fast schon beiläufig und - da waren sie wieder, das Zittern und die weichen Knie!

Aus einem mir bis heute nicht logisch erklärbaren Grund hatte ich plötzlich großes Vertrauen in diese, mir doch eigentlich bis vor ein paar Stunden noch völlig unbekannte Person Marcus S. Fast schon erleichtert und fröhlich antwortete ich schließlich: »Klar, gerne. Wann und wo?«

»Gib mir ne viertel Stunde, hinten auf dem Hof steht ein dunkelblauer 3er BMW, kannst dort auf mich warten«, antwortete Marcus und verschwand, während ich noch eine Weile unsicher hinter ihm her schaute.

Hatte ich jetzt ein Date mit dem Kerl, oder was war los? Was beabsichtigte er mit der Einladung? Was beabsichtigte eigentlich ich? Machte ich mir tatsächlich Hoffnung, diesen Mann, der sicher an jedem Finger mindestens ein Mädchen hatte, für mich bekommen zu können? Ich Idiot! Ich musste hier weg...

»Halt! Wo willst du denn hin, der Parkplatz ist hinter dem Gebäude.«, rief plötzlich wieder diese sanft-markante Stimme, und ich blieb auf der Stelle wie angewurzelt stehen.

»Auch eine Zigarette?«

»Oh, die kann ich gut gebrauchen!«, rutschte es mir heraus. «Danke.«

Ohne meinen blöden Spruch zu kommentieren, bat er mich in sein Auto einzusteigen und fragte mich ob der »Pflaumenbaum« okay sei. Ich nickte.

Auf dem Weg dorthin sprachen wir kein Wort, was mir allein schon peinlich genug war.

»Was mache ich hier eigentlich?«, fragte ich mich immer wieder selbst.

Im Café

Schon bald waren wir am besagten Café, Marcus öffnete mir die Tür und wir gingen hinein. Es war fast leer, was um diese Uhrzeit aber auch kein Wunder war, die meisten mussten ja noch arbeiten. Und ich sollte eigentlich in der Schule sitzen. Egal.

Trotzdem saßen wir uns ganz hinten an einen kleinen, fast schon versteckt - romantischen Tisch. Marcus zündete das kleine Teelicht an, welches zwischen uns auf dem Tisch stand und winkte die Bedienung freundlich zu sich. Die kam natürlich sofort. Während er schon bestellte, zündete ich mir die nächste Zigarette an. Ich bekam einen Milchkaffee.

Schon bald waren wir in einem tiefen Gespräch versunken, so dass wir nicht mal mitbekommen hatten, dass unsere Bestellung längst da war. Wir unterhielten uns zunächst rein über die Aktionen der Berufsfeuerwehr, Jobchancen dort, Karrieremöglichkeiten, etc. Später kamen wir dann auf Autos zu sprechen (ich liebte seinen dunkelblauen BMW), sprachen über das Leben in Kassel und unsere Lieblings-Orte zum Ausgehen. Ich erzählte ihm, dass ich nicht aus Kassel komme und nur hier in die Schule ging. Daraufhin bot er an, mir ein paar Orte zu zeigen und mich mit einigen Leuten bekannt zu machen. Dieser Mann faszinierte mich immer wieder aufs Neue. Die Zeit verging wie im Flug...

Irgendwann klingelte sein Telefon, es war ein Kumpel von ihm, den er wohl wegen mir versetzt hatte. Man, war mir das peinlich. Aber Marcus entschuldigte sich bloß für die Unterbrechung und fragte mich ob wir denn mal wieder etwas miteinander unternehmen wollten. Ich nickte deutlich zustimmend und wir grinsten beide wie zwei Breitmaulfrösche.

Ich schaute auf die Uhr, sch... es war schon nach 23 Uhr und mein letzter Zug heimwärts fuhr bald. Marcus merkte meine plötzliche Unruhe und fragte mich, ob er mich irgendwo absetzen könne. Darüber war ich mehr als nur froh, denn ich wusste nicht mal wie ich von dem Café zum Bahnhof komme. Etwa eine viertel Stunde später standen wir beide auf dem Bahngleis und Marcus wartete noch bis der Zug abfuhr.

Der Zug fuhr ab, ich winkte ihm noch kurz und schon war er nicht mehr zu sehen.

Das Ende?

Da saß ich nun alleine im Zug und begann noch tiefer zu Grübeln als ich es eh schon die ganze Zeit tat.

Warum war er so freundlich zu mir?

War es einfach seine Art mit Menschen umzugehen, oder steckte mehr dahinter?

Welche Absichten hatte er?

War es vielleicht alles nur ein Spiel? Ein Traum?

Ich zwickte mich. Nein, ein Traum schien es nicht zu sein!

Ich musste es herausfinden, ich musste ihn wieder sehen! So schnell wie möglich!

Aber wie? Ich hatte ja nicht mal... - Sch...! - Ich hatte ja nicht mal seine Nummer!!! Und er meine auch nicht, aber das war eigentlich auch egal, denn ich konnte eh nicht so ganz glauben dass er sich wirklich bei mir melden würde...! Oder doch? Aber wie? Sch...!

War das das Ende? Sollte alles aufhören, bevor es überhaupt richtig begonnen hatte?

Endlich zuhause

Unterwegs aus dem Zug rief ich meine Mutter an und bat sie, mich vom Bahnhof abzuholen. Sie war nicht wirklich begeistert, schließlich war es nach Mitternacht, und sie war mal wieder vor dem Fernseher eingeschlafen. Widerwillig stimmte sie trotzdem zu und bemerkte wohl schon, dass etwas nicht stimmte, denn sie war ganz ruhig und freundlich, als sie etwa zehn Minuten später am Bahnhof in Witzenhausen eintraf. Eigentlich hatte ich ein Riesendonnerwetter erwartet, denn ich hatte nicht mal Bescheid gesagt, dass ich später heimkommen würde. Aber sie sagte nichts, wir sagten beide nichts, die ganze Fahrt bis zuhause nicht. Eigentlich war mir das absolut recht, aber irgendwie war es auch der Horror für mich. Vielleicht wusste sie ja einen Rat? Aber ich traute mich zunächst nicht, sie anzusprechen.

Zuhause angekommen ging ich ohne ein weiteres Wort auf mein Zimmer. Meine Mutter kümmerte sich nicht weiter darum und ging zurück ins Wohnzimmer. Ich war also allein. Mal wieder. Ich schmiss mich aufs Bett und fing aus heiterem Himmel an zu weinen. Zum einen wohl aus Wut über meine eigene Dummheit, zum anderen wahrscheinlich aus Angst, Marcus nie wieder zu sehen. Irgendwann bin ich dann tränenüberströmt eingeschlafen...

Verliebt?

An diesem Morgen wachte ich sogar noch vor den beiden Weckern und meiner Mutter auf. Mein Kopfkissen war noch völlig nass von meinen Tränen, meine Augen verheult aufgequollen.

Mein erster Gedanke? Marcus! Natürlich...

Ich ging die Treppe hinunter ins Bad, duschte mich und ging in den Hof eine rauchen, denn das ist bei meinen Eltern nur außerhalb des Hauses gestattet, obwohl sie selber beide rauchen. Licht ging im Haus an und meine Mutter machte das Wohnzimmerfenster zum Hof hin auf. Sie fragte mich warum ich schon wach sei, und was gestern mit mir los gewesen sei. Ich antwortete völlig unglaubwürdig, dass alles in Ordnung sei. Diskret zog sie sich wieder zurück, und ich schlenderte Richtung Bus.

Immerzu musste ich an Marcus und den schönen Tag gestern denken.

War ich im Begriff mich zu verlieben? Oder hatte ich es mich vielleicht längst? Fragen über Fragen, leider keine handfesten Antworten.

Zum Glück konnte ich im Bus noch etwas vor mich hin schlummern, so dass ich relativ entspannt in Kassel ankam.

Das änderte sich jedoch schlagartig, als ich mit der Straßenbahn fast direkt an seiner Feuerwache vorbeifuhr. Sofort war alles, war er, wieder absolut präsent, und der gestrige Tag zog immer und immer wieder vor meinem inneren Auge vorbei.

An der Schule angekommen, hoffte ich eigentlich von meiner Truppe liebevoll wie immer begrüßt zu werden. Aber ich wurde enttäuscht, niemand war weit und breit zusehen. War mal wieder Unterricht ausgefallen, und ich wusste nichts davon? Das konnte eigentlich nicht sein, denn ich war meist der Erste, der solch angenehme Nachrichten in Erfahrung brachte. Ich wollte mich schon umdrehen und zurück zur Straßenbahn laufen, als ich meine Leute aus der Bäckerei nebenan kommen sah.

»Na du, willst du etwa schwänzen?«, fragte Sebastian mich fast schon vorwurfsvoll.

»Nee, ich doch nicht!«, scherzte ich zurück. »War bloß verwirrt, dass niemand da war.«

»Kannst dich relaxen, siehst echt fertig aus.« Bemerkte Kathrin mit ihrer stets spitzen Zunge. »Der Meier ist mal wieder krank, Französisch fällt aus.«

Ja so sind sie, die wahren Freunden, immer offen und ehrlich. Aber sah ich wirklich so fertig aus? Sah man mir tatsächlich meinen inneren Kampf an? Ich musste etwas tun! Nur was?

Da das Wetter richtig schön war, gingen wir zu Fuß in die Innenstadt. Leider, oder zum Glück kamen wir dabei fast direkt an der Feuerwache vorbei.

Echte Freunde

»Wie war es eigentlich gestern bei der BF? Kamst ja gar nicht mehr zurück. Muss wohl extrem interessant gewesen sein!«, fragte Miriam und deutete Richtung Feuerwache.

Ich zuckte kurz zusammen. Wie recht sie doch hatte!

»Och, war ganz nett. Mir wurde dann bloß übel, so dass ich gleich heimgefahren bin«, log ich etwas verlegen.

»Sag mal, ist irgendwas mit dir?«, fragte fast die ganze Clique wie im Chor.

Plötzlich merkte ich wie mir die Tränen in die Augen schossen. Zum einen wegen dem Gedanken an Marcus, zum anderen weil ich ehrlich gerührt war über soviel Fürsorge.

»Ach, nichts, was von Bedeutung wäre, ich...«, weiter konnte ich nicht reden.

»Du?«, hakte Miriam nach.

»Ich hatte dort eine nette Unterhaltung mit einem sympathischen jungen Mann...«

Zu meinem großen Glück war ich an der Schule geoutet, habe wohl die Gunst der Anonymität der Stadt genutzt. Und ich würde sie nicht meine Clique, meine Freunde nennen, wenn sie nicht trotzdem, oder grade deswegen absolut zu und hinter mir standen!

»So? Erzähl doch mal, und lass dir nicht jeden Wurm aus der Nase ziehen!«, kam Katrin näher.

Also fasste ich mir ein Herz und erzählte ihnen alles. Bis zu dem Punkt, dass ich ihn wohl nie wieder sehen würde. Aber vielleicht sei es auch besser so.

»Ach quatsch, wieso seht ihr euch denn nicht wieder?«, hängte sich plötzlich der sonst eher ruhige und zurückhaltende Andreas rein.

»Weil ich seine Nummer nicht habe...«, antwortete ich kleinlaut und fast schon beschämt.

»Das ist nicht dein Ernst!«, man sah Miriam direkt an, wie entsetzt sie war.

»Doch, leider!«, ich war am Ende mit meinen Nerven und heulte einfach drauf los. Selbst unbeteiligte Passanten begannen sich nach uns, wohl eher nach mir, umzudrehen.

»Dir kann geholfen werden, kenne zum Glück genügend bei dem Verein!« sprach sie und rannte los.

Ich wollte noch »Halt! Stopp!« schreien, aber ich wusste, was sie vorhatte, denn sie hatte wieder dieses Funkeln in den Augen. Und es sollte mir eigentlich recht sein, sehr sogar.

In der Zwischenzeit rauchten wir anderen eine, und kaum hatten wir unsere Kippen aufgeraucht, war auch schon die liebe Miriam zurück. Mit einem kleinen gelben Zettel in der Hand.

»Hier hast du seine Nummer und seine Adresse. Mach das Beste daraus! Ach, und den Zettel hast du nicht von mir!«, zwinkerte sie und wieder standen mir die Tränen in den Augen. Diesmal aber gerne, diesmal aus riesiger Freude und Erleichterung!

Der Rest des Tages verging wie im Flug, mal abgesehen davon, dass ich den Mädels von nun an ständig in den Ohren lag, wie ich es am Besten anstellen sollte, Marcus anzuschreiben. Denn obwohl ich jetzt quasi alle Möglichkeiten hatte, traute ich mich einfach nicht, bekam absolut kein gescheites Wort zusammen. Schließlich wollte ich etwas schreiben, was diesem Mann annähernd gleich kam. Und das war nun mal nicht grade einfach!

Schließlich lieh sich Miriam, heute weiß ich unter einem Vorwand, mein Handy und schrieb ihm heimlich. Wenige Minuten später, ich hatte mein Telefon längst wieder, klingelte es. Die Nummer kam mir bekannt vor...

Unglaublich...

Es war... Marcus!

Obwohl ich zwischenzeitlich schon im Bus Richtung Heimat saß, sprang ich auf und jubelte. Naja, zumindest so lange, bis ich die dummen Gesichter der anderen sah.

»Was hast du gesagt?«, fragte ich mit zittriger Stimme.

»Wo bist du?«, kam es sanft und sexy zurück.

»Ich bin auf dem Heimweg. War ein stressiger Tag. Und wo treibst du dich rum?«

»Blöde Frage!«, dachte ich mir still. Schließlich geht mich das gar nichts an.

»Ich habe heute frei. Habe mich grad gefragt ob du mit mir ein bissl durch die Stadt schlendern möchtest. Könnten anschließend noch was zusammen essen gehen.«

Ich war wie von Sinnen. Hatte mich Marcus tatsächlich um eine zweite Verabredung gebeten? Aber warum ausgerechnet mich? Der kennt doch sicher eine Menge Leute.

»Klar! Gerne!«, trällerte ich froh, während ich an der nächsten Haltestelle spontan aus dem Bus fast direkt vor ein Auto sprang. Reifen quietschten.

»Was ist denn bei dir los?«, fragte er fast schon mit echter Sorge in der sonst so markanten Stimme.

»Nichts, da hatte nur jemand Tomaten auf den Augen.«

Marcus lachte laut auf. »Also, wann und wo kann ich dich abholen?«

»Bin quasi schon auf dem Weg in die Stadt...«

»Gut, freut mich. Treffen uns dann in einer halben Stunde, am - ähm...«

»Am Stern?«, fragte ich ungeduldig.

»Gut. Bis gleich...«, hörte ich noch, und dann war die Leitung tot.

Plötzlich schien die Zeit nur noch im Schneckentempo zu verstreichen. In Wirklichkeit war er bereits nach einer viertel Stunde am vereinbarten Treffpunkt und begrüßte mich mit einer innigen und herzlichen Umarmung.

Man, niemand kann sich wohl so richtig vorstellen, wie gut das tat!

Ich hätte Stunden einfach nur so dastehen können. Es war ein wunderschönes Gefühl. Diese starken und doch zärtlichen Arme, dieser Body und dieser Geruch. Einfach traumhaft. Und doch schöne Realität!

In den folgenden Wochen trafen wir uns ziemlich regelmäßig. Manchmal in meiner großen Mittagspause, manchmal nach meinem Unterricht oder ich wartete, bis er Feierabend hatte. Oft gingen wir einfach nur was essen, hin und wieder machten wir aber auch richtig witzige Kneipentouren und andere teilweise echt verrückte Sachen. Wir hatten unseren Spaß und lachten unglaublich viel. Es störte mich auch nicht, das hin und wieder Freunde von ihm mit von der Partie waren. Hauptsache ich war bei ihm. Außerdem waren die meisten echt in Ordnung. Eines war sicher, ich hatte eine zweite Clique gefunden. Natürlich vergaß ich meine erste Truppe dabei nie, denn ich hatte ja schließlich ihnen das alles zu verdanken! Außerdem hatte ich eh keine Chance zu entkommen, denn es war klar, das ich jeden Tag Bericht erstatten musste. Aber das tat ich gerne, sehr gerne sogar.

Tag X

Es schüttete wie aus Eimern. Und das schon die ganze Nacht durch. Es schien fast, als würde die Welt untergehen.

Wie so oft saßen ich und meine Leute in der Caféteria unserer Schule. Doch irgendwas war anders. Wir schlürften fast wortlos unseren Kaffee, und ich beobachtete wie die Regentropfen draußen an der Scheibe herunter liefen. Aus irgendeinem Grund waren wir alle mies drauf. Miriam hatte sich getrennt, die anderen nervte einfach nur das schlechte Wetter und ich...

Ja ich war traurig, weil die übliche Guten-Morgen-SMS von Marcus ausgeblieben war.

Ich fragte mich, ob wenigstens unsere Verabredung zum Mittagessen bleiben würde. Aber eigentlich war Marcus ein sehr zuverlässiger Mensch.

Es war 13 Uhr und ich machte mich mal wieder in meiner Mittagspause, es war ja wieder Mittwoch, übrigens der 27.10.1998, auf den Weg zur Feuerwache. Zwar hatte Marcus auf meine Nachricht nicht geantwortet, aber gerade deswegen musste ich hingehen und herausfinden, was los war.

Dort angekommen, und völlig durchnässt, traf ich auf Achim der gerade aus dem Hauptgebäude herauskam. Ich kannte Achim schon von früheren Unternehmungen mit Marcus, denn er war, soweit ich das beobachten konnte, sein bester Freund. Die beiden kannten sich schon seit Ewigkeiten. Und obwohl ich sonst ein von Natur aus eher sehr eifersüchtiger Mensch bin, traute ich den beiden und sah Achim auch schon bald als guten Freund.

»Hey Thomas, wie geht es dir? Sch... Wetter heute, oder!?«, kam er freundlich wie immer auf mich zu.

Typisch Achim, eine echte Frohnatur, egal was kam.

Schnell erkannte er meine Absichten und wies mich darauf hin, dass Marcus noch am Duschen sei, denn sie hatten grad einen schweren Einsatz gehabt. Jetzt sah ich es auch, er schien richtig erledigt zu sein.

Ich beschloss unter dem kleinen Vordach Schutz zu suchen und dort auf Marcus zu warten

»Geh doch ruhig hoch, gehörst doch eh quasi schon zum Team«, rief Achim hinter mir her und grinste.

Ich wollte grade die Treppe zu den Umkleiden und Duschen hinauf gehen, da sah ich ihn...

Wow, was für ein Anblick! Ich erstarrte und merkte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg. Da stand er, Marcus, in voller Pracht. Wie er da so stand, nur ein weißes Handtuch um seine Hüfte, die Haut so zart und braun gebrannt, kleine Wassertropfen rannen seine Brust hinunter. Fast jeden Muskel konnte ich sehen, und ich schmolz förmlich hin bei diesem göttlichen Anblick.

»Erde an Thomas! Darfst gerne auch hinauf zu mir kommen.«, sprach er mit seiner sexy Stimme und grinste frech.

»Dein Wunsch ist meiner!«, dachte ich kurz und schwebte fast schon die Treppe hoch, um ihm in die Umkleiden zu folgen.

Dort angekommen, versuchte mein Schwarm sich die recht enge Jeanshose über die noch feuchten Beine zu streifen. »Männer konnten ja manchmal echt unbeholfen und ein bisschen blöd sein«, dachte ich mir und beobachtete genüsslich das Schauspiel. Es war besser als jede Comedy.

»Kannst du mir mal bitte helfen, irgendwie...«

Doch da war ich längst zur Stelle und zerrte mit an seiner Hose. Es knisterte nur so vor purer Erotik in der Luft!

Plötzlich...

Marcus packte mich an meinen Armen, zog mich ganz nah an sich und gab mir einen tiefen, langen und sehr sinnlichen Kuss direkt auf die Lippen!

Und wieder...!

Und wieder...!

Ein Gewitter aus puren Glücksgefühlen brach über mich herein, und es war fast besser als jeder Orgasmus...!

Leise, fast schon heimlich, begann ich etwas zu schluchzen. Vor purem Glück!

Marcus schaute mich verwundert an.

»Drück mich einfach nur und halt mich ganz doll fest!«, hauchte ich ihm entgegen.

Plötzlich merkte ich, wie es in meiner Hose sehr eng wurde, auch Marcus schien sehr erregt zu sein.

Eine ganze Weile genossen wir diesen Augenblick bis...

Ja, bis die Tür aufflog und Stefan in ihr stand.

»Sorry vielmals«, stotterte er, »will nur kurz meine Jacke holen. Bin schon wieder weg!«

Ich schaute Marcus an, Marcus schaute mich an und gemeinsam schauten wir Stefan nach und grinsten zufrieden.

»Ist alles okay, mein Großer?«, fragte ich ihn vorsichtig.

»Mir ging es nie besser! Ganz ehrlich!«, sagte er und fügte hinzu: »Stefan weiß Bescheid, alles ist okay! Mehr noch, ich bin so froh, dass jetzt alles klar ist. Ich bin so glücklich.«

Und wieder grinsten wir uns beide absolut glücklich an.

Noch konnte ich ja nicht ahnen, was alles auf mich zukommen würde...

Aber alles der Reihe nach...!

Als ich das Gebäude verließ, denn ausgerechnet heute Nachmittag sollten wir unsere wichtigste Klausur schreiben, schien für mich die Sonne in ihrer schönsten Pracht. Andere behaupten bis heute, es hätte nach wie vor geschüttet wie aus Eimern. ?

Typisch Ich

Völlig aufgewühlt kam ich zurück an unsere Schule. Die anderen waren längst drin und warteten auf Frau Schulze, unsere Lehrerin für Laborpraxis.

Wie im Alleingang schien sich mein schönes intimes Geheimnis fast ohne mein Zutun wie ein Lauffeuer herumzusprechen. Natürlich wollten alle die ganze Geschichte wissen, und es entstand eine unglaubliche Unruhe in der Klasse. Ich stand, mal wieder ungewollt, im Mittelpunkt des Interesses und der Neugier meiner Kameraden. Aber was sollte es mir ausmachen, schließlich bin ich ein Löwe. Außerdem hätte ich eh am liebsten die ganze Welt umarmt und ihr von meinem Glück erzählt.

Zwischendurch bekam ich ein paar Mal mit, dass Frau Schulze versuchte, ihre Meute zusammenzuraffen, aber irgendwann verkündete sie bloß noch etwas entnervt die Verlegung der Klassenarbeit auf die folgende Woche.

Wir jubelten kurz auf und schon steckten wieder (fast) alle Köpfe zusammen. Unsere Lehrerin kämpfte sich noch kurz den Weg durch die Massen zu mir.

Was konnte sie nur von mir jetzt noch wollen?

»Darf ich dir gratulieren Thomas?«, fragte sie ziemlich verlegen.

»Ja!«, sprudelte es ihr wie im Chor entgegen und sie reichte mir die Hand, dann war sie weg.

Mittlerweile war es knapp 23 Uhr und ich lag völlig erledigt mit meiner Mum auf der Couch. Ihre neugierigen Blicke durchbohrten mich, und man konnte förmlich merken, wie sie versuchte meine Gedanken zu lesen.

Doch was sollte ich ihr sagen? Mama, du hast ab heute einen Schwiegersohn?!

Nein, soweit war ich nicht, obwohl ich es gerne getan hätte.

Zwar hatten wir schon einige Male über das Thema Homosexualität gesprochen, doch ich bestätigte nie die Vermutung meiner Eltern. Sicher, wer meine Eltern kennt, meint das sei kein Problem, aber ich hielt es trotzdem für besser, mein süßes Geheimnis für mich zu behalten. Zumindest vorerst.

Am nächsten Morgen hatte ich voll verpennt. Selbst mein lebendiger Notfallwecker schlief noch tief und fest. Ich hatte gestern Abend noch Stunden mit Marcus telefoniert, wir fanden einfach kein Ende. Wir tauschten uns aus, schmeichelten einander, schmiedeten Zukunftspläne und planten die nächsten Tage. Es war so schön, wenigstens seine liebevolle Stimme zu hören!

Ich hastete ins Bad, mein Handy war von nun an noch intensiver mein ständiger Begleiter, schließlich war es das einzige Verbindungsglied zwischen Marcus und mir, wenn wir uns schon nicht sehen konnten. Ich legte es auf den Rand vom Waschbecken und begann zu duschen. Zwischendurch kam meine Schwester mit ins Bad und wusch sich.

»Thooooooooomas!«, hörte ich sie wenig später völlig entsetzt und dem Weinen nahe schreien. Sofort sprang ich aus der Dusche.

Ich traute meinen eigenen Augen nicht, was ich da sah konnte, nein, durfte nicht wahr sein! Mein Handy lag am Grund des Waschbeckens und über ihm ungefähr zehn Zentimeter Wasser!

Ich zog es eilig heraus, doch schnell war klar, da war nichts mehr zu retten!

Ich legte meine getrocknete SIM-Karte in das Handy meiner Eltern, doch nichts tat sich, in einfachen Worten stand dort bloß:

»SIM-Karte nicht erkannt. Bitte legen Sie ihre SIM-Karte ein.«

Mir standen die Tränen in den Augen, alle Daten weg, auch die Nummer von Marcus!

Das konnte kein guter Tag werden...

Als ich an der Haltestelle ankam, war natürlich auch mein Bus längst weg, und ich musste mit dem Zug fahren. Irgendwann gegen zehn traf ich dann an der Schule ein.

Und da stand...

Ich musste mir wirklich die Augen reiben! Da stand... Marcus!

Ich ließ meine Tasche fallen und rannte so schnell wie ich konnte zu ihm. Aber es war ja nicht mein Tag, also stolperte ich über einen fast schon winzigen Stein und drohte mich voll aufs M... zu legen. Aber ich hatte ja jetzt einen echten Schutzengel, denn kaum drohte ich zu fallen, war mein Held zur Stelle und fing mich mit seinen starken und trotzdem so unglaublich zärtlichen Armen auf!

»Kannst ja richtig stürmisch sein, mein Schatz!«, scherzte er und drückte mich fest. »Warum hast du mir heute Morgen nicht geantwortet, hab mir echt Sorgen gemacht?!«, hakte er noch nach. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte und wir fingen beide lauthals an zu lachen.

Ansonsten hatte der Tag wenig Spektakuläres.

Marcus und ich sahen uns von nun an jeden Tag und unternahmen unheimlich viel miteinander. Nichts konnte uns gefährlich werden. Alles machten wir gemeinsam, wir waren wie Topf und Deckel! Oft waren wir auch mit unseren Cliquen unterwegs, und alles schien perfekt. Die ganze Welt drehte sich nur um uns beide, und alles war so schön. Ja, wir verliebten uns jeden Tag ein bisschen neu!

Ende? Nein, ganz sicher nicht... Fortsetzung folgt!

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