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The race is on

Eine etwas andere Perspektive eines "Coming out"

Teil 4

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Ich habe beim Schreiben dieses letzten Teils der Geschichte einige Probleme gehabt. Ich konnte mich nicht entscheiden, wie der Verlauf zum Ende sein sollte. Ich habe nun diese Variante gewählt und hoffe, sie wird den meisten Lesern gefallen.

Marc: Montagmorgen nach dem Rennen

Der gestrige Tag war ein voller Erfolg, sowohl renntechnisch als auch menschlich mit meinen Jungs. Wir hatten zum Ende des Tages mit allen ein wenig den Doppelsieg gefeiert. Leider hatte Mick wohl ein wenig zu tief ins Glas geschaut und war bereits um halb elf von mir ins Hotel geschickt worden. Heute Morgen sollte sich zeigen, wie er das überstanden hatte. Ich war bereits mit duschen fertig und die Uhr zeigte halb neun. Ich zog mich in meinem Zimmer an und packte gleichzeitig meine Sachen zusammen. Heute musste ich mich von meinen Jungs verabschieden. Ich würde sie zwar noch mit in die Schweiz begleiten, aber von dort flog ich weiter nach Deutschland. Es klopfte an mein Zimmer.

„Herein“, ich sah zur Tür und ein sichtlich gezeichneter Lukas kam in mein Zimmer. Ich hatte etwas Mitleid, denn er hatte wohl nicht viel geschlafen, denn Mick musste sich wohl ein wenig den Alkohol aus dem Körper kotzen.

„Guten Morgen Lukas, wie geht’s dir heute? So wie du aussiehst wohl nicht besonders.“

„Ach Marc, es geht. Mick hat sich bis ungefähr drei Uhr heute früh immer wieder übergeben, danach wurde es besser. Jetzt hat er bis eben geschlafen. Ich fürchte allerdings, er wird heute keinen guten Tag haben.“ Ich musste jetzt lachen. Lukas hingegen war das total unangenehm. Er meinte: „Warum hat er bloß so viel getrunken. Ich kann mich nur entschuldigen. Mir ist das echt peinlich. Leif war heute Morgen schon mit Nico und Tommy bei uns und sie haben sich echt lustig gemacht über Micks Zustand. Wie gut, dass er es nicht mitbekommen hatte.“

„Ach komm, da muss er durch. Dass sich die Drei allerdings lustig machen, finde ich nicht gut. Das werde ich gleich beim Frühstück mal ansprechen. Ich hoffe nur, er wird nachher auch flugtauglich sein. Wir müssen ja heute wieder zurückfliegen.“

„Ich weiß es nicht. Hoffentlich erholt er sich bald. Soll ich ihn eigentlich wecken oder lieber schlafen lassen?“

„Ich gehe gleich mal nach ihm sehen. Wenn es noch zu schlimm ist, lassen wir ihn noch etwas schlafen. Mach dir keine Vorwürfe, das ist ganz allein seine Verantwortung.“ Jetzt klopfte es erneut und Nico, Tommy und Leif kamen herein.

„Guten Morgen Marc, guten Morgen Lukas, na wie geht’s unserem Säufer denn heute Morgen?“ fing Nico mit etwas Häme das Gespräch an. Lukas wurde etwas ärgerlich und wollte direkt zurückschießen, ich gab ihm ein Zeichen das zu lassen. Ich hingegen gab einen Kommentar dazu ab: „Also erst mal auch einen guten Morgen, allerdings könnt ihr euch diese Häme sparen. Er hat zu viel getrunken und jetzt geht’s ihm halt schlecht. Das wird euch auch irgendwann mal passieren. Da gibt es gar keinen Grund sich jetzt über Mick lustig zu machen. Zumal Lukas dafür gar nichts kann. Wenn ihr euren Spaß haben wollt, dann bitte schön bei Mick persönlich. Klar!“

Ups - jetzt hatte ich den Dreien wohl den Wind aus den Segeln genommen. Selbst Tommy sagte nichts mehr. Ich ordnete in zehn Minuten Treffen beim Frühstück an. Lukas sollte bei Tim und Manuel Bescheid sagen und ich ging bei Mick mal nach dem Rechten schauen. Die anderen verließen dann mein Zimmer und ich schloss hinter mir die Tür.

Ich öffnete leise Micks Tür und mir kam schon ein etwas säuerlicher Geruch entgegen. Er musste wohl eine sehr unruhige Nacht gehabt haben. Ich öffnete zuerst mal die Fenster um etwas Sauerstoff hineinzulassen. Dabei schien mich Mick bemerkt zu haben, denn er bewegte sich in seinem Bett. Ich sah zu ihm und musste feststellen der Tod persönlich konnte nicht schlimmer aussehen. Er war blass und seine Augen waren gerötet.

„Guten Morgen mein Sohn“, sagte ich bewusst leise und ruhig. Er schaute mich traurig an und sagte noch nicht viel mehr als ein: „Morgen“

Er war noch nicht in bester Verfassung. Ich wollte aber, dass er langsam aufstand, damit sein Kreislauf in Bewegung kam. Ich setzte mich neben ihn auf sein Bett. Er lag noch auf dem Rücken und schaute recht traurig.

„Na Großer, das war wohl keine so gute Idee mit den Jungs mithalten zu wollen, oder?“ Ich musste dabei etwas lächeln. Mick hingegen war das sichtlich peinlich. Er wollte sich entschuldigen, ich blockte das aber erst mal ab.

„So, du gehst jetzt erst mal unter die Dusche und dann ziehst du dich an. Mach langsam und lass dir Zeit. Du bist nicht in Normalform.“

Er nickte nur vorsichtig und dann versuchte er aufzustehen. Ich musste wirklich schmunzeln. Es hatte ihn böse umgehauen. Aber er vertrug ja auch nicht viel. Er hatte bislang ja wenige Erfahrungen mit Alkohol gemacht.

„Ich gehe jetzt wieder zu den anderen, frühstücken. Wenn du Hilfe brauchst, bitte ruf mich an oder schick ne Nachricht. Ich komme dann sofort hoch. Ok?“

„Papa, ich ... also ... es tut mir leid, ich wollte das nicht. Ich weiß auch nicht was mir hier passiert ist. Lukas ist bestimmt auch sauer oder?“

„Mick, ich habe doch eben schon gesagt, nicht jetzt. Werde erst mal richtig wach und mach dich frisch. Darüber können wir immer noch später sprechen. Mach dir keine Sorgen. Das wird schon wieder.“ Damit stand ich auf, nickte ihm aufmunternd zu und verließ das Zimmer.

Auf dem Weg nach unten gingen mir doch einige Gedanken durch den Kopf. Ich würde wohl in Zukunft häufiger solche Erlebnisse mit den Jungs haben. Sie waren in dem Alter, wo so was schon mal passieren konnte. Ich würde wohl mit ihnen reden sollen, dass Alkohol kein Spielzeug sei. Aber andererseits gehörten diese Erfahrungen zum Erwachsenwerden hinzu. Ich hoffte, er würde aus dem Erlebten die richtigen Schlüsse ziehen und in Zukunft vorsichtiger sein. Auch mit Leif musste ich noch mal reden. Dass er nämlich gestern auch eine Bierflasche hatte, fand ich dann doch nicht ganz so witzig. Das würde ich auch seinen Freunden klar machen. Im Internat würde das gravierende Konsequenzen haben. Ich hoffte, das würde mir erspart bleiben. Allerdings wollte ich jetzt auch kein Drama daraus machen. Sie hatten es in meinem Beisein ausprobiert und nicht mal heimlich. Mir war das lieber so, als es dann von anderen zu erfahren. Deshalb wollte ich auch keine Vorwürfe machen. Sie sollten aber merken, dass ich das nicht gut finden würde. Allerdings nicht jetzt beim Frühstück. Erst wenn Mick wieder fit war, wollte ich das mit den Jungs klären.

Ich kam nun in den Frühstücksraum und setzte mich zu den Jungs. Was mich wirklich freute, Tom war auch mit Mika zum Frühstück gekommen. Er wollte sich gleich auf den Weg nach Hause machen und nutzte das Frühstück sich von uns zu verabschieden. Tom war für mich ein Freund geworden und ich war wirklich froh so einen Menschen als Teamkollegen zu haben. Nach einigen Minuten standen Mika und Tom auf, sie mussten zum Flughafen. Da meldete sich Leif noch mal zu Wort: „Tom, kann ich von Mika eine Telefonnummer haben. Ich würde ihn gerne mal anrufen oder zumindest mal schreiben. Wenn du nichts dagegen hast.“

Tom schaute etwas verwundert, er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass Leif sich mit Mika so angefreundet hatte. Mika war ja doch noch etwas jung für Leif. Ich fand das aber schön, denn Leif brauchte auch Freunde außerhalb des Internats. Mit Nico hatte er ja schon einen neuen Freund bekommen, aber Mika würde ihm sicher auch gut tun. Tom fragte also Mika, ob er damit einverstanden sei und da Mika sich auch sehr darüber freute, tauschten sie ihre Adressen und Nummern aus. Dann verabschiedeten sie sich. Ich bedankte mich bei Tom noch mal für das tolle gemeinsame Wochenende. Er meinte: „Warum kommst du nicht mal mit deinen Jungs zu uns nach Dänemark im Urlaub. Wir haben da noch ein schönes Ferienhaus. Da haben wir unsere Ruhe und könnten mal ein paar Tage richtig mit den Kindern ausspannen.“

„Mensch Tom, das finde ich von dir echt eine tolle Idee. Lass uns das mal planen. Wir sehen uns ja spätestens zu den Le Mans Trainingsfahrten. Da können wir mal nach einem Termin schauen.“ Wir verblieben so und dann gingen sie zum Fahrstuhl, um ihre Sachen zu holen. Ich setzte mich nun wieder zu den anderen und hoffte, dass Mick auch noch hinunterkommen würde. Lukas beobachtete mich die ganze Zeit genau. Ich ließ mir allerdings nichts anmerken und ging zum alltäglichen Ablauf über. Ich wollte kurz den zeitlichen Ablauf abklären.

„Heute geht um Viertel vor zwei unser Flieger. Wir müssen also hier um halb zwölf spätestens losfahren. Ich möchte, dass ihr gleich nach dem Frühstück eure Taschen packt und alles schon mal im Auto unterbringt. Dann könnt ihr hier noch etwas Zeit verbringen. Ich treffe mich gleich noch mit Wolfgang und Manuel zu einem Gespräch. Danach geht’s dann zum Flughafen.“

Tim meldete sich nun zu Wort: „Kann ich eigentlich an diesem Gespräch teilnehmen? Ich meine, es betrifft mich ja auch schließlich.“

Ich musste nun etwas schmunzeln und sagte ihm darauf: „Das wird leider nicht gehen. Es geht hier um Manuels Zukunft und ich weiß, dass Wolfgang das nicht wünscht. Ich würde dich eigentlich bitten wollen, die Abreise zu überwachen. Insbesondere bei deinem Bruder und Tommy. Leif und Mick wird Lukas überwachen.“ Dabei zwinkerte ich Lukas zu. Ich wollte das Ganze ein bisschen auflockern. Lukas grinste mich an und gab mir den Daumen hoch.

„Also gut“, meinte Tim. „Ich werde dafür sorgen, dass wir pünktlich abfahren können.“

In diesem Moment kam Mick aus dem Fahrstuhl, er ging etwas schlapp auf unseren Tisch zu. Alle Augen waren nun auf ihn gerichtet. Ich begrüßte ihn wie immer: „Na Großer, alles unter Kontrolle? Schön, dass du doch noch zu uns gekommen bist.“ Er nickte nur und die anderen grinsten sich einen. Lediglich Lukas wollte ihm etwas behilflich sein und schenkte ihm etwas Tee ein und Mick nahm schon mal an unserem Tisch Platz.

Er wollte sogar etwas essen. Das war doch ein gutes Zeichen. Ich hatte nun ein gutes Gefühl, dass wir pünktlich gemeinsam zurückfliegen könnten. Ich wollte nun aber auch die Gelegenheit nutzen, um für alle dazu ein paar Dinge zu sagen.

„So Leute, jetzt sind wir ja vollzählig. Ich möchte gar nicht auf Mick herumreiten. Diese Erfahrung gehört zum Erwachsenwerden dazu, aber ich möchte auch darauf hinweisen, dass ich es nicht dulden werde, wenn Leif oder irgendjemand, der dreizehn oder vierzehn ist, in der Öffentlichkeit Alkohol trinken will. Nicht wahr, Leif.“ Jetzt wurde Leif richtig rot und selbst Tim schaute etwas irritiert. „Außerdem möchte ich euch mit auf den Weg geben, ich verbiete euch nicht den Alkohol und ich finde es besser, ihr testet das in meinem Beisein, als irgendwo heimlich. Ich werde diese Sache heute hiermit beenden. Wenn ihr dazu mal Fragen habt, bitte kommt zu mir und lasst uns darüber reden. Jetzt was anderes. Ich fliege mit euch in die Schweiz. Bringe euch nach Hause und fliege dann nach Deutschland weiter. Was ich aber auch noch versprechen möchte, ist die Tatsache, dass ich euch in Zukunft häufiger besuchen werde. Ich habe so viel Freude mit euch hier und im Internat gehabt. Ich habe erst hier richtig gemerkt, wie sehr ihr mir fehlt. Das betrifft nicht nur Mick, Leif und Lukas, sondern auch euch als Freunde meiner Söhne.“

Nachdem ich das gesagt hatte, wurde es sehr ruhig. Leif freute sich sichtlich über meine Ankündigung und auch Lukas war sichtlich erfreut. Mick war einfach zu kaputt um sich äußerlich darüber zu freuen. Allerdings bat nun Tim um Gehör:

„Marc, ich möchte nun dir mal ein paar Gedanken mitteilen“, ich war nun doch sehr gespannt. Was würde jetzt kommen?

„Ich war schon lange nicht mehr so glücklich mit meinen Freunden und meinem Freund Manuel. Ich möchte mich bei dir ganz herzlich bedanken für deine Hilfe und deine Freundschaft. Ich wünsche uns, dass wir auch in Zukunft weiter zusammen etwas erleben werden.“ Dann stand er auf und kam auf mich zu. Ich stand ebenfalls auf und er umarmte mich wirklich sehr herzlich. Ich war sehr überrascht und freute mich wirklich. Das war absolut ehrlich gemeint, ich konnte das deutlich spüren.

„Danke Tim, es hat mir auch sehr viel Freude mit euch gemacht. Kümmerst du dich jetzt dann um die Abreise. Ich gehe dann mal mit deinem Freund dafür sorgen, dass er einen neuen Arbeitsplatz bekommt.“ Dabei gab ich dann Manuel ein Zeichen mit mir mitzukommen. Wir gingen dann in den Besprechungsraum in unserem Team Bus. Wolfgang wartete dort bereits auf uns. Ich konnte sehen, dass er bereits Unterlagen vorbereitet hatte. Manuel war schon sichtlich nervös und ich hatte ihm auf dem Weg in das Meeting schon Mut gemacht.

„Guten Morgen ihr zwei“, begrüßte uns Wolfgang. Wir setzten uns an den Tisch und Wolfgang fing direkt an die Fakten auf den Tisch zu legen: „Manuel, ich will gar nicht lange herumreden. Nach dem leider etwas schwierigen Beginn, dafür möchte ich mich übrigens erneut noch mal entschuldigen, muss ich sagen, du hast dich ganz hervorragend in das Team integriert und meine Chefmechaniker sind sich einig. Wir möchten dich in unserem Team behalten. Du kannst nach dem Abschluss deiner Prüfungen bei uns anfangen. Wir bieten dir einen Vertrag für ein Jahr an. Mit der Option für ein weiteres Jahr zu verlängern. Du bekommst also einen Werksvertrag. Ich habe hier den Vertrag bereits liegen und ich möchte dich bitten, den in Ruhe zu Hause zu prüfen und mir bis Ende der Woche dann deine Entscheidung mitzuteilen. Den Vertrag kannst du dann per Fax an mich senden. Alle weiteren Informationen dazu stehen in diesem Umschlag.“ Manuel war sichtlich überrascht und er wusste nicht so wirklich, was er machen sollte. Ich half ihm ein wenig aus der Situation:

„Also ich freue mich, dass ihr euch so entschieden habt. Ich habe Manuel ebenfalls als sehr lernwilligen und motivierten Jungmechaniker erlebt. Manuel, ich würde dich gerne wieder in dem Team sehen. Also überlege dir das in Ruhe. Sprich zu Hause mit deiner Familie und dann gib Wolfgang bitte rechtzeitig Bescheid.“

Jetzt hatte sich Manuel etwas gefangen und er antwortete: „Also ich bin wirklich sehr überrascht. Ich freu mich sehr, dass ich die Anforderungen erfüllt habe und sie mich übernehmen wollen. Ich denke, ich werde dem Angebot zustimmen. Ich möchte aber noch mit meinem Freund und meiner Familie sprechen. Ich melde mich spätestens Ende der Woche bei Ihnen in Ingolstadt.“

Damit gaben wir uns die Hände und verabschiedeten uns. Manuel und ich gingen wieder zurück ins Hotel. Auf dem Weg dorthin war er sichtlich erleichtert.

„Mensch Marc, vielen Dank für deine Hilfe. Ohne dich hätte das nie geklappt. Ich bin so froh, dass ich schon mal eine tolle Möglichkeit habe. Ich hoffe, Tim ist damit auch einverstanden. Ich werde ja viel unterwegs sein.“

„Du musst dich nicht bedanken. Mach was draus. Du hast es dir mit guter Arbeit verdient. Ich denke für Tim wird es jedenfalls besser sein, als wenn du irgendwo weiter weg arbeiten würdest. Hier kannst du ja jemanden zu den Rennen mitnehmen. Die Reisekosten sind auch günstiger für deinen Tim. Er kann über das Team vergünstigt reisen.“

Wir waren wieder im Hotel und die anderen waren bereits abreisefertig. Selbst Mick sah wieder einigermaßen normal aus. Etwas blass aber lebendig. Er sah mich allerdings etwas unsicher an und sagte zu mir: „Papa, kann ich kurz mit dir sprechen? Allein.“

„Klar, kein Problem, allerdings nicht so lange. Wir müssen gleich los.“ Also ging ich mit meinem Sohn in mein Zimmer. Ich wunderte mich etwas, dass Lukas nicht mitkommen wollte.

„So Mick, was hast du auf dem Herzen?“

„Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich war so dumm gestern. Meinetwegen hat Lukas keine schöne letzte Nacht gehabt und du sicher auch nicht. Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie viel ich getrunken habe. Es tut mir wirklich leid. Ich hätte nicht gedacht, dass es so schnell geht, betrunken zu sein. Kannst du mir verzeihen?“ Ich musste lachen, was für eine Entschuldigung. Ich nahm meinen Sohn in den Arm und sagte zu ihm: „Lieber Mick, ich finde es schön, dass du dich entschuldigen möchtest. Ich würde es allerdings eher begrüßen, wenn du daraus etwas lernen würdest und in Zukunft weniger und langsamer trinken würdest. Ich bin dir nicht böse. Ich habe es ja vorhin schon gesagt, lieber du machst so etwas wenn ich in der Nähe bin und nicht heimlich. Damit ist das für mich erledigt. Komm Großer, lass uns mit den anderen zum Flughafen fahren. Du solltest allerdings Lukas für seine Liebe dich zu pflegen zu Hause entschädigen.“ Dabei lachte ich laut und wir gingen Arm in Arm aus dem Zimmer zu den anderen. Wir fuhren zum Flughafen und ich gab meinen Wagen wieder zurück und dann checkten wir uns ein. Der Flug verlief ohne weitere besondere Vorkommnisse. Wir landeten in der Schweiz und zu meiner Überraschung wurden wir am Flughafen sowohl von Manuels als auch Tims Eltern empfangen. Wir begrüßten uns herzlich und Manuels Mutter war sehr dankbar über meine Hilfe für ihren Sohn. Manuel hatte ihr wohl bereits von den Ereignissen berichtet. Ich holte mir meine Schlüssel für das Auto ab und dann gingen wir alle gemeinsam zum Ausgang. Am Ausgang meinte Manuels Mutter zu mir:

„Marc, ich möchte mich hier noch mal für deine Unterstützung bedanken. Manuel ist sehr glücklich. Wie lange wirst du noch hier bleiben? Ich würde euch gerne gemeinsam zu uns zum Grillen einladen.“

„Das wird wohl warten müssen. Ich werde heute Abend noch weiter nach Deutschland fliegen. Ich bringe meine Jungs noch nach Hause und fliege dann weiter.“ Nico und Tommy bekamen das mit und sie waren wirklich traurig darüber. Insbesondere Tommy. Er sagte mir: „Marc, ich finde es wirklich schade, dass wir uns schon wieder verabschieden müssen. Es war ein tolles Erlebnis mit dir. Ich fahre mit Nico noch ein paar Tage zu ihm. Versprich bitte, dass du in Zukunft häufiger bei Leif und uns bist. Leif ist sehr traurig darüber, dass du so selten da bist.“ Damit umarmte er mich und ich musste ihm das versprechen. Wir verabschiedeten uns von Manuel und Tim und dann fuhren sie nach Hause und wir gingen zu unserem Leihwagen. Ich fuhr zum Internat und brachte die Jungs zu ihren Zimmern. Lukas und Mick wollten zuerst mal auspacken und dann zu mir in Leifs Zimmer kommen. Ich saß nun also mit Leif allein in seinem Zimmer. Die Stimmung war ein wenig gedrückt, denn Leif wusste, dass die schöne Zeit mit mir erst mal vorbei war. Es ging mir aber auch nicht anders.

„Papa, ich finde es wirklich schade, dass du heute wieder wegfährst. Ich habe diese Tage so schön gefunden. Ich will nicht wieder so lange auf dich warten müssen.“ Dabei umarmte er mich liebevoll. Ich konnte dem eigentlich nicht widersprechen, denn ich hatte den gleichen Wunsch.

„Ich verstehe dich sehr gut, mein Sohn. Ich fühle es nämlich genauso. Diese Tage waren wunderschön mit euch. Ich werde euch vermissen. Allerdings verspreche ich dir, ich werde nicht wieder so lange wegbleiben.“

„Was wirst du denn als Nächstes machen? Das nächste Rennen ist doch erst „Le Mans“ in mehreren Wochen.“

„Ja, das ist richtig aber wir haben an zwei Wochenenden die Vorqualifikation und Qualifikation anstehen. Außerdem stehen noch einige Termine für unsere Sponsoren an. Also volles Programm bis „Le Mans““

„Kommst du denn wenigstens zum Abschlussfest von Lukas und Micks Jahrgangsstufe im Sommer?“

„Ich habe es mir vorgenommen, aber ich will vorher auf jeden Fall noch mal herkommen. Das verspreche ich dir.“ Es klopfte und Lukas und Mick kamen herein.

„Hallo ihr zwei, habt ihr eure Sachen schon ausgepackt?“

„Nein, wir wollen das später machen“, sagte Mick. „Wir wollen noch so viel Zeit wie möglich mit dir haben.“ Ich war sehr erfreut über diese Aussage. Ich merkte immer mehr, wie sehr ich mir wünschte, mit meinen mittlerweile drei Söhnen zusammen zu sein.

„Bevor ich das vergesse, Lukas. Ich habe der Behörde mitgeteilt, sie sollen mir die Adoptionspapiere und Bestätigungen nach Deutschland schicken. Sobald ich die Papiere habe, werde ich dich informieren und dir das nötige schicken, damit du dann deinen Ausweis ändern lassen kannst.“ Dabei sah mich Lukas an und ich konnte sehen, dass er sehr gerührt war.

„Marc, ich habe immer noch so meine Schwierigkeiten zu begreifen, dass du mehr als nur der Vater meines Freundes bist. Sei mir nicht böse, ich brauche wohl noch etwas Zeit dafür.“

Ich ging auf ihn zu, umarmte ihn und sagte: „Alles in Ordnung Lukas. Ich verstehe das sehr gut. Mach dir keinen Stress deswegen. Wir werden schon als Familie zusammenwachsen. Ich werde jedenfalls alles versuchen, häufiger bei euch zu sein oder euch zu mir zu holen.“

„Papa, ich habe mal eine Frage“, meldete sich Mick nun zu Wort. „Ist Tommy jetzt eigentlich auch fest mit Nico zusammen? Ich habe das noch nicht so richtig verstanden.“

Ich schmunzelte etwas, ich war mir auch nicht so wirklich sicher. Ich versuchte das zu erklären.

„Also eine gute Frage, ich weiß es auch nicht so genau. Allerdings glaube ich schon, dass sie beide im Moment in diese Richtung gehen. Vergesst aber nicht. Beide sind erst vierzehn. Da kann sich noch so viel verändern. Lasst die doch erst mal so sein. Es scheint im Moment so zu sein, dass sie sich sehr mögen und ihre Erfahrungen gemeinsam machen möchten. Leif, für dich heißt das aber nicht, dass du Tommy nun nicht mehr als Freund hast. Im Gegenteil, ich denke, mit Nico ist für dich ein neuer Freund hinzugekommen. Also nehmt es als etwas Normales hin und wartet ab, wie sich das entwickelt.“

„Papa, ich habe mit Nico in Spa gesprochen. Er hat mir versprochen, mich als Freund genauso zu mögen. Also ich glaube, ich werde damit keine Probleme haben. Außer das ich wohl an den Wochenenden häufiger allein im Zimmer sein werde, wird sich nicht viel ändern. Nico darf ja nicht bei uns schlafen.“

Dabei lachten wir alle herzlich. Ich freute mich wirklich darüber, dass Leif das so locker sah. Dann machte Mick eine interessante Bemerkung.

„Wie sieht das denn bei dir eigentlich aus, hast du schon Ambitionen mit ner Freundin oder Freund?“ Leif wurde jetzt doch etwas verlegen und ich wollte nicht, dass Leif sich hier festlegen sollte.

„Du musst hier nichts dazu sagen, lass dir einfach Zeit und schau erst mal was du möchtest.“

„Ist schon ok, Papa. Ich möchte aber das beantworten. Ich habe nämlich noch kein Bedürfnis auf eine Beziehung. Ich glaube, ich bin noch nicht soweit. Papa, kann ich gleich noch mal kurz mit dir über etwas allein reden?“

„Natürlich, dafür ist immer Zeit. Ich möchte nur euch auch noch mal sagen, ich versuche auf jeden Fall zu eurem Abschluss zu kommen. Hoffentlich komme ich vorher noch mal her. Ich will euch auch häufiger sehen. Diese Tage waren einfach wunderschön mit euch. So, Lukas und Mick, ich muss ein wenig auf die Zeit gucken. Ich schlage vor, wir treffen uns in einer Viertelstunde am Auto. Dann kann ich mit Leif noch etwas reden und dann verabschieden wir uns dort. Ist das in Ordnung für euch?“

Mick und Lukas fanden das absolut in Ordnung und so gingen sie erst mal in ihr Zimmer zurück. Sie wollten dann schon ein paar Sachen auspacken. Sie nahmen sich in den Arm und verließen zusammen Leifs Zimmer.

Leif wartete noch einen Moment und dann wurde er doch etwas nervös. Ich spürte, er hatte ein Anliegen, das ihm nicht so leicht fiel.

„Papa, in Spa ist mir nachts etwas Seltsames passiert. Ich habe es nicht bemerkt aber morgens dann. Meine Boxershorts waren total feucht zwischen den Beinen. Ich meine, ich war abends normal zur Toilette und das kann doch nicht normal sein, dass ich mir dann in die Hose mache. Das ist voll peinlich gewesen, Mika hatte es nämlich gesehen.“

Es war ihm sichtlich unangenehm und er war beunruhigt. Ich nahm ihn in den Arm und sagte nur ganz beiläufig: „Das muss dir nicht peinlich sein. Für Jungs in der Pubertät alles ganz normal. Es hat auch nichts mit dem normalen Wasser lassen zu tun, sondern das war ein sogenannter „Feuchter Traum“. Du hast sozusagen nachts einen Samenerguss bekommen. Das kommt schon mal vor. Vor allem wenn du einige Tage keine Selbstbefriedigung gemacht hast. Was ja hier wohl etwas schwierig sein könnte.“ Dabei zwinkerte ich ihm zu. Er sollte merken, dass ich das sehr entspannt und locker nahm.

Leif war sichtlich erleichtert und ich wollte das auch gar nicht weiter vertiefen. Denn ich merkte, jedes weitere Wort fiel ihm schwer. Ich sagte ihm nur noch, er könnte jederzeit mit mir darüber sprechen, aber ich hätte auch keine Probleme damit, wenn er lieber mit Mick oder Lukas das mal besprechen würde. Dann ging ich mit Leif hinaus zum Auto. Dort standen bereits Mick und Lukas und wir umarmten uns alle zum Abschied noch einmal und dann stieg ich ein. Ich winkte aus dem Fenster und die Drei standen ebenfalls winkend auf dem Parkplatz.

Damit war diese gemeinsame Zeit zu Ende und ich fuhr zum Flughafen. Auf dem Weg dorthin gingen mir reichlich Gedanken durch den Kopf. Diese Zeit war eigentlich zu schnell vorüber gerast. Wir waren eine Woche zusammen und mir kam es vor wie zwei Tage. Ich hatte ja Tims Vater gebeten sich mal zu erkundigen, wie das mit einer passenden Immobilie hier so aussieht. Außerdem hatte ich meine Managerin gebeten, einem Makler einen unverbindlichen Auftrag zu erteilen. Ich sah auf die Uhr und ich hatte noch genug Zeit. Ich rief also erst mal Tims Vater an. Er hatte sich bereits mit seinen Fachleuten unterhalten und auch zwei interessante Objekte an der Hand. Allerdings war das noch nicht zu Ende vorbereitet. Ich bat ihn, mich umgehend zu informieren, sollte das konkret werden. Dann rief ich meine Managerin an und sprach mit ihr einige Termine ab und sie informierte mich auch über das Haus Projekt. Wir würden uns am nächsten Tag bei mir treffen und das in Ruhe besprechen. Dann ging es zum Flughafen und ich saß eine Stunde später im Flieger nach Deutschland. Der Flug verlief ruhig und so kam es, dass ich eine weitere Stunde später schon in meinem schönen Haus angekommen war. Ich stellte meine Tasche ins Haus und machte mir erst mal einen Tee. Nachdem ich Mick angerufen hatte, um Bescheid zu sagen, dass ich gut angekommen war, ging ich noch abends in Ruhe eine Kleinigkeit essen und am nächsten Tag begann der normale Alltag eines Rennfahrers wieder.

Mick: Abschied und gemeinsamer Abend mit Lukas

Diese Tage gemeinsam mit Papa hier im Internat und dann die Tage in Spa waren einfach nur grandios. Leider wieder viel zu schnell vorbei. Als Papa vom Parkplatz gefahren war, überkam mich eine richtige Traurigkeit. Ich hatte Lukas im Arm und wir gingen zurück in unser Zimmer, dennoch war ich traurig, dass die gemeinsame Zeit vorüber war und wir wieder mit uns allein waren. Im Zimmer räumten wir unsere Taschen aus und ich setzte mich auf unser Sofa und sah Lukas noch beim Ausräumen zu. Er bemerkte meine Nachdenklichkeit.

„Hey, was für Gedanken gehen dir durch den Kopf. Du siehst so aus, als ob du gerade ganz weit weg wärest.“

„Hmmm, ich bin einfach traurig. Papa ist schon wieder weg und wir werden ihn wohl nicht so schnell wieder sehen. Das finde ich sehr schade. Es war eine wunderschöne Zeit mit ihm zusammen zu sein.“

„Ja, das war es wirklich. Ich bin auch noch total beeindruckt von seiner Art mit uns zusammen zu sein. Ich hatte nie das Gefühl, er würde uns einschränken. Immer hat er uns bestärkt. Ich habe es nicht gemerkt, dass er manchmal auch Entscheidungen für uns getroffen hat. Früher hatte ich mit meinen Eltern immer mal wieder richtig Stress.“

„Ich würde so gerne mehr Zeit haben mit ihm. Und ich würde gerne als normale Familie leben können. Im Sommer werden wir in die Oberstufe gehen und ruckzuck sind wir erwachsen. Dann wird es noch schwerer werden.“

„Ach Mick, sei nicht so negativ. Weißt du was ich glaube?“

Ich war nun gespannt und sah ihn neugierig an: „Nein, aber du wirst es mir hoffentlich erzählen.“

„Ich glaube, dass Marc es genauso empfunden hat. Ich habe einige Male bemerkt, wie sehr er sich gefreut hat, dass wir alle hier waren. Hast du nicht gesehen, wie er reagiert hatte, als wir plötzlich mit Tim und Manuel hier waren? Er hat sich nicht eine Sekunde aufgeregt, dass wir einfach mitgekommen waren. Im Gegenteil. Er hat sich richtig gefreut.“

Ich konnte nicht widersprechen, aber was wollte mir Lukas damit sagen?

„Was meinst du denn damit?“

„Ich glaube, er macht sich genauso Gedanken darüber, wie wir. Er hat sich so viel zusätzlichen Stress gemacht, damit wir gemeinsame Tage haben konnten. Er kümmert sich sogar darum, dass Manuel einen neuen Job bekommt. Mann Mick, weißt du was für ein Glück wir haben? Wir sollten uns darüber freuen, dass er für uns da ist und nicht traurig sein, dass er wieder für einige Zeit nicht da ist.“

Was für ein Satz, ich konnte nicht anders als Lukas dafür zu umarmen. Er gab mir einen intensiven Kuss und dann war meine Nachdenklichkeit erst mal verflogen. Wir saßen einige Zeit noch eng kuschelnd auf dem Sofa. Irgendwann waren wir wieder im normalen Alltag angekommen und ich wusste, Papa würde nicht wieder so lange von uns getrennt sein. Das sagte mir mein Gefühl.

Marc: Zusammenfassung der Ereignisse der nächsten sechs Wochen

Ich hatte viele Termine im Werk und auf verschiedenen Rennstrecken in der Vorbereitung auf „Le Mans“. Das war der Saisonhöhepunkt und das prestigeträchtigste Rennen der Saison. Tom hatte es bereits acht Mal gewonnen. Ich war bislang erst einmal dort gefahren. Das war vor zehn Jahren und dann noch für die „Roten“ mit dem springenden Pferd. Also jetzt in der Prototypen Klasse war das etwas völlig anderes. Ich wollte unbedingt ein gutes Ergebnis erreichen und deshalb hatte ich die Vorbereitung sehr ernst genommen. Leider war das für den Kontakt zu meinen Kindern nicht von Vorteil. Ich hatte sie in den sechs Wochen nur per Telefon gesprochen. Mick hatte mir immer wieder berichtet, dass sowohl er als auch Lukas sehr gute Leistungen in der Schule brachten und somit ein sehr gutes Zeugnis zum Abschluss der Sekundarstufe 1 herauskommen würde. Lukas erinnerte mich jedes Mal daran, den Termin für die Abschlussfeier nicht zu vergessen. Mick traute es sich nicht, mir das immer wieder zu sagen. Die beiden waren mittlerweile auch im Internat sehr gut akzeptiert und Mick wurde sogar zum stellvertretenden Jahrgangssprecher gewählt. Das freute mich wirklich. Sie waren beide immer noch total verliebt ineinander. Das erzählten sie mir beide immer wieder. Ich fand das immer richtig lieb. Lukas hatte mittlerweile auch meinen Namen angenommen und die Adoption war rechtens.

Allerdings spürte ich bei jedem weiteren Telefonat, wie sehr sie sich wünschten, dass wir uns wieder sehen könnten. Mir ging es genauso. Noch stärker war das Gefühl, wenn ich mit Leif sprach. Er weinte sogar manchmal am Telefon, wenn ich mich wieder verabschieden musste. Er hatte zwar mit Tommy und Nico wirklich tolle Freunde, aber das konnte mich nicht ersetzen. Diese Verbindung war übrigens immer noch intakt. Das war für mich ganz wichtig. Es gab keine zusätzlichen Probleme durch die Beziehung von Tommy und Nico.

Mick und Lukas gingen regelmäßig zum Billard mit Tim. Manuel war mittlerweile mit seinen Prüfungen fertig und arbeitete seit zwei Wochen fest in unserem Rennteam. Tim war auch der Einzige, den ich von den Jungs häufiger gesehen hatte. Er war nämlich an einem Testwochenende bei Manuel zu Besuch gewesen. Allerdings war genau dieser Besuch ein wichtiger Punkt in meiner Entscheidung über die Zukunft. Tims Vater hatte mir mitteilen lassen, dass er für mich ein sehr interessantes Objekt gefunden hatte in der Nähe meiner Jungs. Er hatte bereits soweit alles vorbereitet mit Bildern und einer ausführlichen Beschreibung. Es gefiel mir wirklich sehr gut. Es war ein Haus im ländlichen Stil aber vollkommen modern und mit allen technischen Feinheiten ausgerüstet. Energieeffizient mit einer Solaranlage auf dem Dach und einer Wärmetauscherpumpe. Das Haus hatte im Prinzip zwei Wohneinheiten, die man relativ einfach miteinander verbinden konnte. Eine große Garage und einen wunderschönen Garten, der allerdings etwas Arbeit vor sich hatte, weil er in letzter Zeit vernachlässigt wurde.

Mick und Lukas hätten in die untere kleine Wohnung ziehen können, die momentan als Hausmeisterwohnung genutzt wurde und einen separaten Eingang hatte. Mit kleinem Aufwand wäre diese über eine Treppe mit der Hauptwohnung zu verbinden gewesen. Ich hätte mit Leif in der großen Erdgeschosswohnung leben können. Das Dachgeschoss war ausgebaut und konnte als Fitness und Bürobereich genutzt werden. Eigentlich ein perfektes Haus. Der absolute Höhepunkt war aber, es lag nur 15 Minuten mit dem Rad entfernt vom Internat der Jungs. Ich wollte dieses Objekt vor Ort sehen. Allerdings wollte ich noch nicht, dass meine Jungs davon etwas erfuhren. Ich wollte keine Unruhe erzeugen. Tim hatte versprochen nichts zu sagen. Ich hatte nun in der Woche vor dem ersten Qualifikationswochenende mit Tims Vater einen Termin zur Besichtigung gemacht. Außerdem hatte ich entgegen meiner Planungen entschieden, alle Jungs nach „Le Mans“ mitzunehmen. Sie sollten mich an dem Wochenende begleiten. Ich wollte mir an dem Dienstag das Haus ansehen und dann zu den Jungs fahren. Am Donnerstag flogen wir nach „Le Mans“ und am Montag wieder zurück. Ich hatte mit Herrn Steyrer schon alles abgeklärt. Da meine Jungs allesamt gute Schüler waren, auch Leif hatte seine Mathe-Probleme mit Lukas und Micks Hilfe bewältigt, konnten sie sich einen Tag in der Schule freimachen.

Ich hatte ihnen allerdings erzählt, ich würde sie am Donnerstag in „Le Mans“ am Flughafen abholen. Von der Hausbesichtigung hatte ich also nichts erzählt und ich würde sie am Dienstagabend einfach beim Billardtraining besuchen. Dann mit ihnen den Mittwoch gemeinsam verbringen und am Donnerstag nach „Le Mans“ fliegen. Der Mittwoch sollte auch mit den Freunden und Eltern von Tim und Manuel verbracht werden.

Marc: Dienstag vor dem „Quali-Wochenende“ auf dem Weg zum Termin mit Tims Vater

Ich hatte mich mit dem Wagen vom Flughafen aus direkt auf den Weg zum Treffen mit Tims Vater und dem Immobilienexperten seiner Agentur gemacht. Ich hatte die Adresse in das Navi-System eingegeben und bog nun von der Hauptstraße ab. Die Gegend wurde deutlich weitläufiger und die Häuser lagen an einer Berghangseite. Ich fuhr nun noch mal in eine Seitenstraße und kam dann ans Ziel. Ich stand nun vor einem Haus, das mich sofort ansprach. Es gefiel mir von der Art her. Ich parkte das Auto auf der Einfahrt hinter Tims Vater. Er schien bereits im Haus zu sein. Ich stieg aus, ging zur Tür und klingelte. Einen kurzen Moment später öffnete mir Tims Vater und wir begrüßten uns herzlich. Er bat mich hinein und er stellte mir seinen Experten, Herrn Stüber, vor. Wir unterhielten uns ein wenig über dieses und jenes und dann begann Herr Stüber mir das Haus zu zeigen. Wir begannen in der Hauptetage. Die Räume waren sehr hell und geräumig. Eine große offene Küche mit angrenzendem Essbereich. Das Wohnzimmer hatte zwei Stufen eingebaut. Die untere Ebene führte direkt über die Terrasse in den Garten. Es gab einen Kamin und drei Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad. Im Dachgeschoss gab es noch drei Räume und ein kleines Bad.

Oben gab es auch einen großen Balkon. Über eine Treppe gelangte man in die Garage, die sich im unteren Geschoss befand. Dabei handelte es sich aber nicht um eine gewöhnliche Doppelgarage, sondern hier konnte ich einige meiner Fahrzeuge unterbringen. Der Clou war, die Garage war wie das ganze Haus voll klimatisiert.

Nachdem ich diesen Bereich gesehen hatte, gingen wir über den Vorgarten in die kleine Einliegerwohnung für den Hausmeister. Diese war sehr gemütlich. Ein großes Wohnzimmer, eine Küche und Esszimmer und zwei Schlafzimmer. Vom Wohnzimmer gab es einen Zugang zum Garten. Die Wand vom Esszimmer grenzte an die Garage. Von dort gab es ja den Zugang zur Treppe nach oben. Ich würde dann in diese Wand eine Tür einbauen lassen, so konnte Mick jederzeit durch das Haus zu mir nach oben kommen und umgekehrt. Außerdem konnte er von dort auch in Garage zu den Autos gelangen. Er würde ja bald einen Führerschein machen, genau wie Lukas. Also ich war einfach begeistert von dem Haus. Die Lage war ebenfalls ein Traum. Die Jungs waren innerhalb weniger Minuten in der Schule im Internat. Mit dem Fahrrad waren das vielleicht fünfzehn oder zwanzig Minuten. Grundsätzlich war das Haus in einem exzellenten Zustand. Sicherlich hatte ich einiges was ich ändern lassen würde, aber die Substanz war hervorragend. Der Preis war auch angemessen. Ich hatte auch die Möglichkeit es zu mieten. Allerdings würde ich dann das Haus nicht so umbauen können, wie ich es mir wünschte.

Ich fragte Tims Vater, ob er vielleicht auch einen Architekten kennen würde, der hier meine Vorstellungen umsetzen konnte, ohne dass ich ständig anwesend sein musste. Er versprach mir, sich dann darum kümmern zu wollen. Alles in allem war ich total überzeugt von diesem Objekt. Ich bekam die Auskunft, das Haus wäre innerhalb von wenigen Wochen bezugsfertig, bzw. umbaufähig. Ich telefonierte mit meinem Notar und Anwalt, um die Anträge zu stellen in die Schweiz ziehen zu dürfen, und dann bat ich um ein Gutachten für das Haus. Tims Vater sollte mir ein Wertgutachten erstellen lassen und ich ließ das Haus für mich reservieren. Ich wollte darüber noch einige Tage nachdenken, aber innerlich gefiel mir das Ganze hier sehr gut. Wir verabschiedeten Herrn Stüber und dann besprach ich mich mit Tims Vater, wie wir den morgigen Tag verbringen würden. Er schlug vor, sich erneut bei ihm im Garten zu treffen, es würde gegrillt und wir würden uns sicher wieder einen schönen Abend machen. Mir war das etwas unangenehm, denn erneut würden Tims Eltern wieder die Arbeit haben. Er war allerdings der Meinung, dass sie das gerne machen würden und ich könnte ja dann alle zur Einweihungsparty einladen. Darüber mussten wir dann doch sehr herzlich lachen. Ich verabschiedete und bedankte mich bei ihm und ich sagte dann zu, am morgigen Mittwochabend mit Lukas, Mick und Leif vorbeizukommen. Tommy wäre eh dann schon da, wie mir Tims Vater noch erzählte. Ich wollte mich aber zumindest an dem Abend beteiligen und bestand darauf für das Grillgut zu sorgen. Ich würde das Fleisch dann abends mitbringen. Damit trennten wir uns, und ich stieg in meinen Wagen, um in die Stadt in mein Quartier zu fahren. Anschließend wollte ich abends beim Billardtraining auflaufen und Mick und Lukas überraschen. Tim wäre sicher auch da, aber ich war mir nicht sicher, ob er nicht doch etwas mitbekommen hatte. Ich fuhr also nun in die Einfahrt zu meinem Quartier und parkte meinen Wagen dort. Ich packte meine Tasche, stellte sie im Haus ab und dann machte ich mich zu Fuß auf den Weg zum Billard. Bei Salvatori wollte ich vorher noch etwas essen. Das Training begann um halb acht. Ich wusste ja, das Tim mit Manuel sonst immer vorher dort aßen, aber Manuel war ja schon in „Le Mans“. Allerdings hatte mir Mick gesagt, er würde sich nun mit Lukas und Tim dort vorher treffen. Also ging ich so los, dass ich erst um sieben dort ankam. Dann würden die Jungs schon wieder weg sein. Ich begrüßte Salvatori und bekam dann einen Tisch am Rand und konnte dort ungestört essen. Ich bezahlte und verließ das Restaurant. Wenige Minuten später betrat ich das Billardcafé. Ich ging in die obere Etage, dort fand das Training der Mannschaften statt. Ich ging die Treppe hoch und kam an den Tresen. Ich bestellte mir eine Cola und ging dann Richtung der Tische. Ich konnte erkennen, wie ein Mann - etwas jünger als ich - einigen Spielern bestimmte Dinge erklärte. Mick stand mit einem Jungen am Tisch, der höchstens 14 oder 15 war. Lukas wurde mit drei anderen Spielern vom Trainer gerade bearbeitet. Ich ging an den ersten Tischen vorbei und einer der Spieler hatte mich erkannt. Er schaute mich sehr erstaunt an, sagte aber nichts. Wenige Augenblicke später stand ich an dem Tisch mit Mick und dem anderen Jungen. Mick stand mit dem Rücken zu mir und wollte gerade einen Stoß spielen.

„Mach das bloß richtig“, sagte ich mitten in den Stoß hinein. Ich wollte Mick ein wenig ärgern. Er zuckte zusammen und versemmelte den Ball so richtig.

„Papa, was machst du denn hier? Ich glaube, ich träume!“ Er fiel mir förmlich um den Hals und freute sich tierisch. Nach der herzlichen Begrüßung stellte er mir den anderen Jungen vor. Sein Name war André und er war erst vierzehn. Mick erklärte mir, wie gut André schon sei und dass er schon viel von ihm gelernt hatte. Auch Tim und Lukas hatte mittlerweile mitbekommen, dass ich hier war. Tim stellte mir Michael den Trainer vor. Ich musste nun wohl oder übel mit den Jungs spielen. André war schon richtig gut und er spielte mich förmlich an die Wand. Ich hatte keine Chance. Ich sprach mit ihm einige Sätze, merkte aber wie schüchtern er war. Ich fragte ihn, wie denn so mit Mick und Lukas zurechtkommen würden und wie sich die beiden denn so machen würden beim Training. Er lobte beide sehr ausführlich. Allerdings kam Mick irgendwann hinzu und fragte André: „Sag mal hast du meinem Vater auch schon erzählt, wie wir uns hier kennengelernt haben?“ Jetzt wurde André rot und schüttelte beschämt den Kopf. Jetzt ergriff Michael das Wort und sprach mich auf diese Situation an: „Wissen sie Herr Steevens, am ersten Abend hatte André keine glückliche Hand mit einer seiner Bemerkungen. Er hatte sich unglücklich zur Beziehung der beiden geäußert. Das gab hier richtig Stress.“

Mick erklärte mir dann alles dazu und ich musste lachen. „Ich gehe mal davon aus, so wie ich das hier sehe, dass ihr mittlerweile gut miteinander klarkommt.“

„Ja, auf jeden Fall“, meinte Mick, „wir haben uns sogar richtig angefreundet. Aber wieso bist du denn eigentlich hier?“

„Das hört sich ja so an, als ob ich gar nicht erwünscht bin.“ Dabei machte ich bewusst ein trauriges Gesicht.

„Spinnst du“, warf Lukas sofort entrüstet ein, „das ist doch richtig geil. Endlich sehen wir uns wieder. Ich freue mich tierisch darüber. Mick wurde auch rot und meinte nur: „Natürlich Papa, ich bin nur total überrascht.“

Wir spielten nun noch einige Runden und ich bekam einen guten Eindruck von dem Training und den Leuten dort. Ich fand, dass meine Jungs hier gut aufgehoben waren. Nach dem die Trainingszeit zu Ende war, brachte ich Mick und Lukas zurück und ich erklärte ihnen, was wir morgen vorhatten. Ich kam noch mit ihnen ins Internat und wir unterhielten uns noch einige Zeit. Leif hatten wir natürlich auch informiert und er war zu Mick aufs Zimmer gekommen. Leif freute sich enorm und er saß die ganze Zeit ganz eng an mich gekuschelt neben mir auf dem Sofa. Für mich war es ein wunderschöner Abend und ich spürte sofort wieder, wie sehr mir meine Jungs gefehlt hatten. Es wurde wirklich Zeit, ich musste unsere Situation verändern.

Lukas berichtete über seine Gesprächstherapie mit dem Psychologen und ich spürte schon eine Veränderung. Er war viel selbstbewusster geworden in den vergangenen Wochen. Mick bestätigte meinen Eindruck in dem er sagte: „Du glaubst gar nicht, wie toll wir hier mittlerweile anerkannt sind. Lukas macht ganz viel schon in der Schülervertretung und kümmert sich um eine sechste Klasse als Paten. Er hat auch nur noch sehr selten Albträume. Ich bin so glücklich ihn als Freund zu haben.“ Dann nahm er Lukas, dem das sichtlich peinlich war so gelobt zu werden, in den Arm und sie küssten sich leidenschaftlich. Abends um elf Uhr verabschiedete ich mich von ihnen und wir vereinbarten, dass ich sie am nächsten Abend abholen würde, um zu Tims Familie zu fahren. Darüber freuten sich alle drei sehr.

Am nächsten Morgen ging ich nach dem Frühstück in die Stadt und wollte dort für ausreichend Grillfleisch sorgen. Ich hatte von Tim einen Hinweis bekommen, wo sie immer das Fleisch besorgten. Es war eine kleine Fleischerei und ich stand nun vor dem Laden und musste schmunzeln. Ein Laden wie zu meiner Kinderzeit. Ich trat ein und auch die Türglocke war genauso wie vor dreißig Jahren. Ich grüßte alle Anwesenden mit einem „Guten Morgen“ und wartete bis ich an der Reihe war. Ich hatte allerdings nur eine grobe Vorstellung von dem was ich haben wollte. Deshalb erklärte ich der Verkäuferin: „Ich benötige verschiedene Fleischsorten zum Grillen. Wir sind elf Personen. Und ich hätte gerne möglichst verschiedene Sachen.“

„Sehr gerne, gibt es etwas, was nicht dabei sein sollte? Also eine Fleischsorte, die nicht gewünscht wird?“

„Nein, sie können aus dem Vollen schöpfen“, sagte ich mit einem Lachen.

Sie bat mich einen Moment um Geduld, damit sie schauen konnte, ob genug Vorrat vorhanden war oder ob ich später wiederkommen sollte. Kurze Zeit später kam sie lächelnd wieder nach vorne und bat mich in einer halben Stunde wiederzukommen. Dann wäre alles fertig. Ich bedankte mich und wollte schon gehen. Da sprach mich eine Person an.

„Herr Steevens, könnte ich vielleicht ein Autogramm von ihnen bekommen?“ Ich drehte mich etwas überrascht um und sah einen vielleicht dreizehnjährigen Jungen vor mir stehen. Ich war etwas überrascht, denn es waren ja keine Ferien. Allerdings störte mich irgendetwas an diesem Jungen. Ich wusste nur noch nicht was. Er trug ein Piratentuch auf dem Kopf und er sah etwas blass aus. Ich sprach deshalb den Jungen an: „Hallo, wer bist du denn? Hast du heute keine Schule? Meine Jungs sitzen nämlich jetzt in der Schule.“

Er sah mich mit traurigen Augen an und antwortete mir mit leiser Stimme: „Ich wäre auch gerne in der Schule, aber ich darf noch nicht wieder zur Schule gehen. Ich bin noch zu schwach dafür.“ Ich war irritiert, gleichzeitig aber auch neugierig, was sich hinter dem Jungen verbarg. Ich fragte ihn erneut: „Wie heißt du denn? Und wohnst du hier in der Nähe? Wenn du noch zu schwach für die Schule bist.“

„Ja, ich wohne hier in der Nachbarschaft. Ich heiße Lucien und bin dreizehn.“ Der Junge bekam nun von der netten Verkäuferin eine Tüte mit Sachen und er bezahlte. Dann verließen wir den Laden. Ich musste ja noch etwas auf meine Bestellung warten, deshalb wollte ich von dem Jungen noch mehr erfahren, irgendetwas machte mich neugierig.

„Also natürlich gebe ich dir ein Autogramm, aber ich würde gerne wissen, warum du noch zu schwach für die Schule bist? Du kannst doch auch einkaufen gehen.“ Ich merkte nun, der Junge wurde sehr traurig und wusste nicht so recht, wie er darauf antworten soll. Ich wollte ihn nicht in Verlegenheit bringen.

„Hast du vielleicht etwas zu schreiben dabei für das Autogramm, ich habe leider nichts dabei.“ Er schüttelte traurig den Kopf und sagte: „Nein, leider nicht. Das ist aber sehr schade. Ich finde sie nämlich richtig toll. Sie sind eine Legende auf der Rennstrecke. Ich wusste gar nicht, dass sie hier in der Schweiz leben.“

Ich musste schmunzeln und antwortete: „Du, ich lebe auch nicht in der Schweiz. Ich besuche hier meine drei Söhne. Die leben hier im Internat. Kennst du das Internat hier?“

„Ja, sicher. Wer kennt das nicht. Sie haben zwei Söhne, richtig?“ Wir standen noch immer vor dem Geschäft und ich fand den Jungen wirklich sympathisch.

„Nein, mittlerweile habe ich drei Söhne, aber ich habe zwei echte und einen Stiefsohn, das kannst du aber noch nicht wissen. Sag mal, wie weit ist das denn bis zu dir nach Hause? Dann kann ich dir ja vielleicht da dein Autogramm geben.“ Er strahlte nun wieder und war fast ungläubig.

„Im Ernst, sie würden das tun? Ich wohne nur eine Straße weiter von hier.“

„Dann lass uns gehen. Ich muss eh noch auf meine Sachen hier warten. Also los.“

Wir gingen nun zu seinem Zuhause. Was mir auffiel, sein Gang war recht unsicher und langsam für einen dreizehnjährigen Jungen. Ich spürte mittlerweile, dieser Junge war anders. Er musste schon viel mitgemacht haben. Ich beobachtete ihn nun genau. Er musste sich wirklich anstrengen den Weg zu gehen. Was mir auffiel war, dass er keinerlei Haaransätze hatte. Da kam mir ein Verdacht. Er wollte sich keine Blöße geben und wollte den Weg in einem Stück bewältigen aber es war einfach zu anstrengend für ihn. Ich blieb nun stehen und sah mir den Jungen genau an.

„Lucien, es geht dir nicht so gut, wie du mir zeigen möchtest. Lass uns eine Pause machen. Ich glaube, du bist wirklich noch nicht stark genug.“

Er sah mich nun mit traurigen Augen an, nickte aber und sagte: „Es tut mir leid, dass ich Ihre Zeit so beanspruche, aber ich kann noch nicht so lange Strecken ohne Pause laufen. Ich bin erst seit fünf Tagen wieder aus dem Krankenhaus.“

„Mach dir keinen Stress. Wir nehmen uns die Zeit, die du brauchst. Möchtest du mir erzählen, weshalb du im Krankenhaus warst?“ Ich setzte mich nun auf eine Mauer eines Vorgartens und Lucien traute sich nicht, sich neben mich zu setzen.

„Komm setz dich zu mir. Wir machen eine Pause, bis du wieder Kraft hast weiterzugehen.“ Er setzte sich nun zu mir und stellte seine Tasche auf den Boden. Er war sehr niedergeschlagen. Ich wollte ihn nun etwas aufbauen.

„Es muss dir nicht unangenehm sein. Wenn du krank warst, dann musst du erst wieder trainieren. Da ist es ganz wichtig solche Wege zu machen. Es wird bald wieder ohne Pause gehen. Ganz sicher. Du musst etwas Geduld haben.“ Ich legte meine Hand auf seine Schulter und das brachte seine Augen zum Leuchten. Jetzt stand er wieder auf und wollte weiter gehen. Ich schaute ihn an und begleitete ihn.

„Wenn du eine weitere Pause brauchst, sag bitte Bescheid.“ Er nickte und wir gingen nun langsam weiter. Wir kamen an die Straßenecke und überquerten die Straße. Dann hatten wir noch etwa 50 Meter und standen vor einem Doppelhaus mit einem schönen Vorgarten. Dort stand eine dunkelblonde Frau, etwa Mitte Ende dreißig, kam auf den Jungen zu und umarmte ihn liebevoll. Sie sagte: „Hallo mein Schatz. Toll das du es alleine geschafft hast. Freust du dich?“ Der Junge wusste nicht, wie er sich jetzt verhalten sollte. Ich stand ja noch vor dem Rasen. Jetzt bemerkte seine Mutter mich und sah mich besorgt an.

„Hallo, hat mein Sohn etwas angestellt? Oder weshalb sind sie mitgekommen?“ Sie kam auf mich zu und gab mir die Hand mit den Worten: „ Entschuldigung, Sabine Maergener. Ich bin die Mutter von Lucien.“

„Marc Steevens“, stellte ich mich vor. Lucien schien sich zu wundern und musste etwas lachen.

„Mama, weißt du wer das ist? Ich habe ihn beim Fleischer getroffen. Er hat mir geholfen bei dem Weg nach Hause.“ Seine Mutter schaute nun ihren Sohn mit einem etwas verwunderten Blick an. Sie wusste es anscheinend nicht. Lucien ging nun ins Haus und sagte nur: „Ich bin gleich wieder da.“

„Entschuldigen sie bitte, mein Sohn ist manchmal etwas sprunghaft, aber er muss erst wieder lernen selbstständig zu werden. Ich bin schon glücklich, dass er gerade so lebhaft ist. Er hat eine ganz schwere Zeit hinter sich.“

„Sie müssen sich nicht entschuldigen. Ihr Sohn ist sehr gut erzogen. Wir haben uns gut unterhalten. Ich habe mich schon die ganze Zeit gefragt, was mir an diesem Jungen auffällt. Ich möchte sie etwas fragen, ich hoffe, ich bin nicht zu indiskret, hatte er eine Chemotherapie? Er hat kaum Haare am Körper.“ Die Frau sah mich erstaunt an und antwortete: „Ja, sie haben sehr gut beobachtet. Haben sie auch Kinder?“

„Ja, ich habe drei Söhne. Die Großen sind bald siebzehn und der Kleine ist bald vierzehn.“

Sie nickte: „Lucien hatte Leukämie und bekam vor einem halben Jahr eine Knochenmarktransplantation. Er ist erst kurze Zeit wieder zu Hause. Er fängt erst wieder an zu leben.“

Ich hatte es geahnt. Diese Familie musste eine ganz schwere Zeit erlebt haben. Jetzt tauchte Lucien wieder im Vorgarten auf. Er kam auf seine Mutter zu und zeigte ihr ein Buch. Sie sah sich ein Bild an und schaute mich an. Sie war etwas ungläubig, Lucien hatte aber auch einen Edding mitgebracht und bat mich in diesem Buch zu unterschreiben. Es war eine Dokumentation über die Formel 1. Dort gab es natürlich auch einige Bilder von mir. Ich unterschrieb vorne in dem Buch und schrieb ihm eine Widmung hinein. Er strahlte aus seinen blauen Augen und seine Mutter freute sich sichtlich, dass es dem Jungen so viel Freude machte. Für mich eine absolute Selbstverständlichkeit. Jetzt schaute ich aber auf meine Uhr und musste meine Bestellung abholen. Lucien war natürlich traurig, dass ich wieder los musste. Ich erfuhr noch einiges über Lucien, vor allem, dass er ebenfalls ein Motorsportfreak war. Genauso verrückt wie Nico. Er wurde jetzt aber auch sehr müde. Seine Mutter schickte ihn hinein, er sollte sich etwas ausruhen. Ich verabschiedete mich von dem Jungen und umarmte ihn zum Abschied. Er ging hinein und seine Mutter fragte mich noch, ob ich häufiger hier im Ort wäre. Ich erklärte ihr, warum ich hier sei, und bat sie aber, es nicht weiterzuerzählen. Sie versprach es mir und dann bat sie mich um einen Gefallen.

„Sagen sie Herr Steevens, wenn sie das nächste Mal herkommen, kommen sie doch auf einen Kaffee vorbei. Ich denke, für Lucien sind sie ein Vorbild. Seit dem Tod seines Vaters hat er sich immer wieder mit dem Motorsport abgelenkt. Erst als er schwer krank wurde, konnte er sich nicht mehr so damit beschäftigen. Ich habe ihn schon lange nicht mehr so strahlen sehen.“

Ich fand die Mutter irgendwie sehr nett. Eine völlig unkomplizierte und offene Frau. Ich versprach ihr, mich zu melden, wenn ich wieder im Ort sein würde. Sie gab mir ihre Telefonnummer, dann ging ich zurück zum Fleischladen. Auf dem Weg dorthin bekam ich seltsame Gedanken. Irgendwie hatte mich diese Situation berührt. Mehr als alle anderen derartigen Begegnungen. Ich war irritiert. Ich stand nun wieder vor dem Laden, ging hinein und holte meine Fleischbestellung ab. Ich bedankte mich und ging zu meinem Auto, fuhr zu meinem Quartier, legte das Fleisch in den Kühlschrank und musste erst mal bei einer Tasse Tee über das Erlebte nachdenken. Was war das gerade? Diese Frau hatte eine Art an sich, die mich fesselte. Ich hatte so ein Gefühl schon Ewigkeiten nicht mehr. Auch die Art des Jungen faszinierte mich. Er war todkrank gewesen und nun auf dem Weg ins Leben zurück. Dennoch hatte er eine unheimliche Lebensfreude ausgestrahlt. Das beeindruckte mich schon sehr. Vom Alter her konnte Lucien bei Nico in der Jahrgangsstufe sein. Ich wollte Nico heute Abend mal danach fragen. Dieser Ausflug hatte jetzt doch etwas länger gedauert als geplant. Ich schaute auf die Uhr und es war bereits nach zwölf. Ich wollte ja heute Nachmittag noch einmal bei Tims Vater vorbei und mich erkundigen und beraten wegen des Hauses. Ich hatte innerlich bereits entschieden, ich werde hierher ziehen. Ob es dieses Haus sein würde, war ich mir nicht sicher. Ich machte mir eine Kleinigkeit zu essen und fuhr anschließend bei Tims Vater in der Agentur vorbei. Ich betrat den Empfangsbereich und war angenehm überrascht. Es war ein sehr heller und freundlicher Empfangsbereich. Ich meldete mich am Empfang an und ich wurde gebeten, mich einen Moment zu gedulden. Ich nahm mir aus einer noblen Kaffeemaschine einen Cappuccino und setzte mich in die Sitzecke.

Nach wenigen Minuten kam Herr Stüber auf mich zu und bat mich ihm zu folgen. Wir gingen über eine Treppe hinauf in den ersten Stock. Dort hatte er sein Büro. Wir redeten über das bereits besichtigte Haus und ich hatte mich entschieden, hierher zu ziehen. Ich teilte ihm das mit, und dass er sich mit meinem Anwalt in Verbindung setzen möchte, um die Details zu klären. Ich brauchte ja eine Genehmigung, um in die Schweiz zu ziehen. Die war bereits beantragt und ich musste nun auf diese Erlaubnis warten. Ohne diese Urkunde würde es keinen Sinn machen, sich hier ein Haus zu kaufen. Ich bat ihn allerdings ruhig noch ein anderes interessantes Objekt für mich zu suchen. Damit verabschiedete ich mich von ihm und verließ die Agentur wieder.

Ich dachte noch mal an Luciens Mutter. Seltsam, so eine Situation war mir etwas fremd geworden. Sollte ich wirklich dort noch mal zum Kaffee hinfahren, einfach so? Ich wusste in diesem Moment nicht so richtig, was ich denken sollte. Ich saß in meinem Auto und dann fuhr ich zu mir. Auf dem Weg dorthin machte ich noch einen Stopp bei einem Feinkostladen. Ich wollte doch eine Kleinigkeit für Tims Eltern mitbringen. Ich kaufte zur Feier des Tages eine kleine Dose Kaviar, um diesen als Vorspeise heute Abend zu verarbeiten. Ich besorgte dazu noch ein paar Baguettes.

Mick: Mittwoch in der Schule

Also eines musste ich meinem Vater ja lassen. Er konnte einen immer wieder überraschen. Gestern beim Billard tauchte er einfach mal so auf und spielte den ganzen Abend mit uns mit. Lukas und ich waren überrascht und gleichzeitig auch total glücklich. Für Leif war der Abend sicher noch viel wichtiger. Er litt sehr unter der langen Trennung. Ich hatte ja mit Lukas einen liebevollen Partner und konnte darüber einiges Überspielen. Allerdings hatte ich nun auch ein schlechtes Gefühl. Ich hatte in der nächsten Woche meinen siebzehnten Geburtstag, und wenn Papa jetzt mit uns zusammen war, wurde mir klar, dass er wohl an meinem Geburtstag nicht kommen würde. Das machte mich schon etwas traurig. Allerdings hatte ich jetzt gerade keine Gelegenheit mich damit zu beschäftigen. Es stand nämlich eine Matheklausur an. Lukas und ich hatten uns aber gut vorbereitet und wir sollten das sicher bewältigen können. Lukas hatte sich wirklich in den letzten Wochen toll entwickelt. Seine Defizite hatte er sehr diszipliniert aufgeholt und er hatte eigentlich fast vergessen, dass er vor einem halben Jahr seine Eltern verloren hatte. Wir waren eine richtige Familie geworden. Was mir dazu fehlte, war allerdings ein gemeinsames Heim.

Nachdem ich meine Arbeit fertig geschrieben hatte, ging ich aus dem Klassenraum nach draußen. Allerdings nicht ohne meinem Lukas einen Kuss auf die Wange zu geben. Das war für mich eigentlich der größte Pluspunkt in den letzten Wochen. Unsere Schule und insbesondere unsere Jahrgangsstufe hatten uns als Paar vollkommen akzeptiert und wir genossen eine tolle Gemeinschaft. Hin und wieder gab es zwar ein paar Bemerkungen, aber meistens brauchten wir uns gar nicht darum kümmern. Das regelten die anderen Freunde meistens für uns. Da Lukas auch Pate einer sechsten Klasse war, wurde Homosexualität auch in den unteren Jahrgängen ein Thema. Dort wurden wir von Beginn an akzeptiert und das gab Lukas ein unheimliches Selbstvertrauen. Er nahm seine Aufgabe sehr ernst und ich freute mich über seine Art mit den „Kleinen“ umzugehen. Ich stand nun auf dem Schulhof und wartete darauf, dass Lukas auch fertig wurde. Wir hatten noch ungefähr zehn Minuten bis zur großen Pause. Meine bereits ebenfalls fertigen Klassenkameraden standen neben mir und wir redeten über die erzielten Ergebnisse, bislang hörte sich das für mich ganz gut an. Dann kam Lukas auch zu uns. Wir umarmten uns und Lukas gab mir einen herzlichen Kuss. Mittlerweile war das für alle ganz normal geworden und wir genossen diese Freiheit. Ich sah, dass Marco, unser Schülersprecher, aus der Zwölf auf uns zu kam. Ich war ja seit zwei Wochen zum Stellvertreter gewählt worden.

„Hallo Mick, hallo Lukas. Schön, dass ich euch treffe. Ich habe mal eine Frage. Ihr habt ja in einigen Wochen euer Abschlussfest und wir unser Sommerfest. Wie ihr ja sicher schon mitbekommen habt, wird das Sommerfest dieses Jahr mit dem Abschluss der zehnten Klassen zusammen gefeiert. Ich wollte mal fragen, ob ihr nicht euren Vater fragen könnt, etwas für unsere Tombola zu stiften? Ich denke wir haben auch einige andere „Promi“-Eltern und die werden zum größten Teil auch etwas beitragen.“

„Gute Idee, ich kann mal Papa darauf ansprechen, aber wie wäre es, wenn du ihn nicht selbst fragst?“

„Sehr witzig, wie soll ich das denn machen? Nach „Le Mans“ fahren oder wie?“ Dabei mussten wir jetzt doch alle lachen.

„Nein, ganz so weit musst du nicht dafür fahren, wenn du Glück hast und nachher Zeit hast, brauchst du gar nicht fahren, denn er kommt uns abholen. Er ist nämlich seit gestern wieder hier.“

„Echt, das wäre ja cool. Wann denn?“

„Nach der sechsten Stunde auf dem Parkplatz.“ Meinte nun Lukas. Marco staunte nicht schlecht, aber wollte sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen. Mittlerweile hatte die Pause begonnen und Leif und Tommy waren auch zu uns gekommen. Leif wollte noch mal nachfragen, ob es bei der Zeit bleiben würde. Tommy würde ja schon am Nachmittag zu seinem Freund fahren. Wir wollten den Nachmittag mit Papa in seiner Ferienwohnung verbringen. Jetzt standen wir in der Sonne auf dem Schulhof und ich hatte meinen Lukas im Arm und wir redeten über den schönen Abend, den wir vor uns hatten. Leider wurden wir schnell dabei gestört, denn plötzlich stand ein Junge vor uns und sprach Lukas an. Ich kannte den Jungen nicht.

„Lukas, hast du mal Zeit für mich. Wir haben ein Problem in unserer Klasse.“

„Hallo Benny, was gibt es denn?“

Lukas schien den Jungen zu kennen, also nahm ich an, dass er aus der sechsten Klasse kam, wo Lukas die Patenschaft hatte.

Der kleine Junge traute sich nun nicht so recht im Beisein der anderen „Großen“ mit Lukas zu reden.

„Lukas, geh doch mit Benny ein paar Schritte über den Hof. Das dürfte besser sein“, schlug ich vor. Benny sah mich dankbar an und Lukas löste sich aus meinen Armen und ging mit dem Jungen ein paar Schritte. Ich konnte sehen, wie Benny sehr aufgeregt mit Lukas sprach. Lukas versuchte beruhigend auf ihn einzuwirken, aber Benny war immer noch sehr aufgeregt. Ich überlegte, ob ich zu Lukas gehen sollte, um ihn zu unterstützen, aber es war seine Klasse. Ich blieb bei den anderen und beobachtete nur was dort geschah. Nach einigen Minuten hatte sich Benny wieder beruhigt und verabschiedete sich von Lukas. Ich konnte sofort erkennen, es war etwas Größeres vorgefallen. Lukas sah nicht gerade erleichtert aus. Lukas kam wieder zu uns und wollte mit mir allein sprechen. Wir gingen nun über den Hof und er begann zu berichten. Es musste dort wohl ein Problem mit einigen älteren Schülern geben. Benny hatte berichtet, dass ein Mitschüler von Schülern aus der Neunten wohl bedrängt wurde. Vielleicht sogar erpresst. Das schockierte mich doch schon ziemlich. So etwas war mir bislang hier noch nicht begegnet. Es ging wohl auch um Drogen, die dieser Schüler für die „Großen“ transportieren sollte. Das wurde mir jetzt doch zu heftig. Ich schlug Lukas vor, sofort mit dem Beratungslehrer der Sechsten zu reden. Das nahm doch Dimensionen an, die Lukas nicht mehr alleine regeln sollte. Benny wollte aber auf keinen Fall das an die Lehrer weitergeben. Er hatte Angst, dass dann seinem Mitschüler etwas passieren würde. Ich bat dennoch Lukas eindringlich nicht allein zu handeln.

„Lukas, das können wir nicht mehr allein regeln. Wir sollten mit dem Schüler sprechen, um den es geht. Geh zu deiner Klasse und rede mit ihnen. Ich werde dich bei uns entschuldigen. Das geht jetzt wohl vor.“

„Meinst du wirklich? Ich sollte jetzt sofort mit der Klasse reden, was ist, wenn der Lehrer das nicht will?“

„Mach ihm klar, dass das jetzt wichtig ist. Hier dürfen wir nicht zögern den Leuten Einhalt zu gebieten. Ich sage da nur: Wehret den Anfängen!“

„Ok, ich gehe da jetzt mal hin. Wir sehen uns später.“ Dann ging Lukas zu seiner Klasse. Toll wie er sich für diese Sache einsetzte. Wenn ich an die Anfänge hier dachte, wie zögerlich und verängstigt Lukas war, freute ich mich einfach nur. Ich hatte einen tollen Freund.

Ich ging in unsere Klasse und erklärte unserem Lehrer vor dem Unterricht, dass Lukas ein Problem in seiner Patenklasse zu regeln hatte. Dann nahm ich auf meinem Stuhl Platz und der Unterricht verlief normal. In der nächsten Pause wartete ich auf Lukas vergeblich. Ich konnte allerdings auch niemanden aus dieser Klasse auf dem Schulhof erkennen. Mein Unterrichtstag endete ohne besondere Ereignisse, allerdings begann ich mir langsam Gedanken zu machen, warum Lukas immer noch nicht zurück war. Auf dem Weg über den Hof zu unserem Zimmer lief mir ein Sechstklässler über den Weg. Ich fragte ihn, ober Lukas gesehen hätte. Da erfuhr ich, dass es wohl ein Gespräch mit einem Schüler und Herrn Steyrer gab, bei diesem sollte Lukas auch dabei sein. Ich bedankte mich für die Auskunft und ging in unser Zimmer. Ich legte meinen Rucksack an den Schreibtisch und legte mich einen Moment auf mein Bett um mich etwas zu entspannen. Dabei kamen mir einige Gedanken durch den Kopf. Wir hatten noch nie ein derartiges Problem bei uns am Internat. Was für ein Schüler musste das wohl sein, der die kleinen Sechstklässler hier bedrohte. Ich hoffte, Lukas würde mir gleich mehr berichten und vor allem hoffte ich, dass er bald zurückkommen würde. Ich wurde müde und dann war ich wohl eingeschlafen. Jedenfalls wurde ich erst wieder wach, als ich ein schönes Gefühl auf meinen Lippen spürte. Lukas saß an meinem Bett und hatte mir einen Kuss zum Wachwerden gegeben.

„Oh, so einen Weckdienst möchte ich öfter haben. Kannst du das nicht morgens auch machen?“ Dabei mussten wir beide lachen. Ich setzte mich auf und umarmte meinen Lukas und wir küssten uns wirklich intensiv. Das hatte mir den ganzen Tag schon gefehlt. Wir fielen wieder rücklings auf mein Bett und ich spürte, wie sehr Lukas das wohl auch vermisst hatte. Wir ließen uns einfach treiben und genossen unsere Nähe. Dabei wurden wir immer fordernder und erregter. Ich wollte einfach mehr von meinem Lukas. Es dauerte auch nicht lange, bis wir beide unsere mittlerweile störende Kleidung losgeworden waren. Wir lagen nun aufeinander und unsere Körpermitte rieb aneinander. Ich spürte eine totale Lust. Es dauerte auch nicht mehr lange und dann waren wir beide mit einem nahezu gleichzeitigen Höhepunkt gekommen und lagen nun erschöpft und glücklich in meinem Bett. Die Spuren waren allerdings auch nicht zu übersehen. Lukas musste lachen und wir beschlossen nun erst mal duschen zu gehen.

Nach wenigen Minuten saßen wir frisch und munter auf meinem Sofa und Lukas lag in meinem Arm. Er berichtete nun von den Ereignissen und ich wurde richtig sauer über diese Schüler der neunten Klasse. Er berichtete von Drohungen und Einschüchterungen gegenüber dem Schüler aus der Sechsten. Es wurde nun beschlossen, diesen Schüler aus der Neun genau zu beobachten und wenn möglich auf frischer Tat zu erwischen. Dem Sechstklässler wurde empfohlen, erst mal nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Die Internatsleitung würde hart durchgreifen, wenn dieser Verdacht sich bestätigen würde. Leider gab es bisher nur die Aussage des Schülers und keine Beweise. Herr Steyrer nahm diese Hinweise des Schülers aber sehr ernst und ließ durch die Aufsicht und Lehrer diese Schüler besonders beobachten. Wir hofften beide, dass sich dieses Problem schnell auflösen würde. Während Lukas weiter von dem Verlauf des Gespräches berichtete, klopfte es an unserer Tür. Ich stand auf und ging zur Tür und schloss auf. Wir hatten vorher vorsichtshalber unsere Tür abgeschlossen, damit es nicht zu unangenehmen Überraschungen kam.

Vor mir stand ein Junge, der höchstens elf oder zwölf war und mich überrascht ansah.

„Hallo, wer bist du denn“, sagte ich etwas erstaunt. Es kam nicht so oft vor, dass sich Unterstufenschüler zu uns verirrten. Der Junge sah mich etwas ängstlich an und sagte:

„Hallo, ich bin der Mathias und suche Lukas Steevens. Der wohnt doch hier oder?“

„Ja, sicher wohnt der hier. Komm doch herein. Ich bin übrigens Mick Steevens.“ Ich gab ihm die Hand und er betrat vorsichtig unser Zimmer. Ich spürte seine Verunsicherung. Lukas sah nun vom Sofa auf und erkannte Mathias sofort.

„Hallo Matze, was machst du denn hier? Ist was passiert?“ Dabei stand er sofort vom Sofa auf und ging auf den Jungen zu. Mathias war nun doch sichtlich erleichtert, dass er Lukas gefunden hatte.

„Ich wollte mich bei dir bedanken für deine Hilfe. Alleine hätte ich nicht mehr lange den blöden Typen widerstanden.“ Dabei sah er wirklich sehr traurig aus. Ich bat ihn sich doch erst mal zu setzen und bot ihm eine Cola an. Wir setzten uns an unseren Couchtisch und er erzählte dann von den Problemen. Ich konnte richtig fühlen, je länger er von den Sachen redete, desto erleichterter und sicherer wurde er wieder. Allerdings was wir zu hören bekamen, war überhaupt nicht erfreulich. Ich wurde richtig wütend. Ich war ja stellvertretender Schülersprecher und ich hatte für mich beschlossen, dieses Thema in der nächsten Schülervertretungssitzung zum Thema zu machen. Wir redeten noch eine gute dreiviertel Stunde und Mathias taute richtig auf. Er berichtete von sich und seiner Situation. Er war hier noch recht neu und seine Eltern lebten in Deutschland und hatten beruflich zu wenig Zeit sich um ihn zu kümmern. Deshalb war er hier zu uns gekommen. Wir boten ihm an, er könne jederzeit zu uns kommen, wenn er Fragen hätte. Außerdem gaben wir ihm Leifs und Tommys Zimmernummer. Die waren ja in seinem Trakt untergebracht und konnten dann vielleicht schneller helfen. Ich versprach Leif zu informieren. Dann wollte er sich verabschieden und hatte aber noch etwas auf dem Herzen. Er zögerte und war sich nicht sicher, ob er das fragen sollte. Ich kam ihm zuvor, indem ich ihn aufforderte:

„Was hast du noch auf dem Herzen? Ich sehe es dir an, dass du noch etwas wissen willst.“ Er sah mich erstaunt an und wurde auch etwas rot, zögerte noch einen Moment aber dann gab er sich einen Ruck: „Also ich weiß nicht, ob ich das so einfach fragen darf. Ich habe gehört ihr seid zusammen? Stimmt das wirklich? Ich dachte, ihr seid Brüder.“

Er stand nun wirklich verlegen vor uns und Lukas und ich schauten uns an und dann mussten wir lachen. Wir lachten richtig befreit auf. Mathias war irritiert. Dann sagte Lukas:

„Jop, Matze. Mick und ich sind ein Paar und richtig, wir sind Brüder. Du hast gute Informanten.“ Dabei grinste Lukas ihn an. Mathias war sichtlich verwirrt. Ich klärte ihn dann auf, dass Lukas halt mein Stiefbruder ist und deshalb sollte er sich keine schlimmen Gedanken machen. Allerdings wollte Lukas nun noch von ihm wissen:

„Hast du ein Problem damit, dass wir schwul sind?“ Er zögerte etwas, aber er war nicht ablehnend. Dann sagte er: „Nein, aber ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der schwul ist und es auch so direkt sagt. Ich hatte damit einfach nicht gerechnet. Für mich seid ihr nur gute Freunde. Es spielt keine Rolle, ob schwul oder nicht.“ Dann ging er auf Lukas zu, umarmte ihn und bedankte sich für die Hilfe und er umarmte mich danach ebenfalls sehr herzlich. Dann verließ er sichtlich erleichtert unser Zimmer.

„Netter Junge oder?“, sagte ich zu Lukas. „Ja ich mag ihn auch. Ich finde es nur bitter, dass die Neuner ihn so unter Druck setzen.“

„Das stimmt, wir müssen das so schnell wie möglich beenden. Ich werde in der nächsten Schülervertretungssitzung das zum Thema machen. Ohne Namen zu nennen. Jeder soll die Augen aufmachen und sich einmischen, wenn so etwas auftritt.

„Gute Idee aber wir sollten uns langsam fertig machen. Marc kommt uns schon bald abholen. Ich möchte nicht, dass wir wieder nicht fertig sind. Er hasst es doch wenn Leute unpünktlich sind.“ Ich musste schmunzeln aber Lukas hatte recht. Papa wurde wirklich sauer, wenn man sich nicht an Zeiten hielt. Also räumten wir noch etwas auf und nahmen unsere Jacken und gingen dann rüber zu Leif. Wir wollten ihn abholen und dann gemeinsam zum Parkplatz gehen. Wenige Minuten später klopfte Lukas an Leifs Tür und wir gingen hinein. Allerdings war Leif nicht allein. Tommy war wie erwartet schon zu Nico gefahren. Die Person, die bei Leif im Zimmer war, war uns unbekannt und wir schauten doch etwas überrascht. Denn es war ein Mädchen. Eigentlich sogar ein sehr hübsches Mädchen. Sie saßen beide am Schreibtisch und machten irgendwelche Schulsachen. Leif stellte sie uns mit Stefanie vor. Sie stand auf und gab jedem von uns die Hand. Wir stellten keine weiteren Fragen, nur dass wir Leif jetzt mitnehmen wollten. Leif war überrascht, dass es schon Zeit war. Er entschuldigte sich bei Stefanie und sie packte ihre Schulsachen zusammen und dann verabschiedete sie sich von uns. Lukas sah Leif etwas fragend an. Ich wollte mich gar nicht weiter damit beschäftigen, ich hatte nicht mal daran gedacht, dass hier etwas in der Entwicklung war. Für mich war das nur eine Klassenkameradin, die mit Leif Hausaufgaben machte oder lernte. Deshalb reagierte ich nicht auf das Ganze. Wir gingen nun gemeinsam zum Parkplatz, Lukas hingegen stellte nun doch eine direkte Frage: „Sag mal Leif, geht Stefanie in deine Klasse?“

„Ja, sie hat Schwierigkeiten in Physik und Chemie, da hat sie mich gefragt, ob ich ihr helfen würde. Dafür hilft sie mir in Englisch.“

„Cool, gute Idee wie ich finde. Scheint ja ganz nett zu sein.“ Lukas wollte Leif etwas aus der Reserve locken. Leif jedoch blockte sofort ab:

„Stimmt, sie ist wirklich nett. Wir haben auch schon viel gemeinsam gelernt, aber nur damit das klar ist. Sie ist nur eine gute Klassenkameradin.“

Ich grinste und sah wie Lukas etwas enttäuscht drein blickte. Ich sagte nur: „Alles klar, finde ich gut, dass du jetzt mehr Freunde hast, mit denen du etwas machst.“

„Bleibt mir ja auch nichts anderes über, Tommy ist oft bei Nico und ich will nicht immer allein rumhocken.“ Damit verließen wir dieses Thema und standen nun auf dem Parkplatz und warteten auf Papa.Ich konnte nun auch Marco erkennen, wie er durch das Eingangstor auf uns zu schritt.

„Hallo Marco, Papa wird wohl jeden Moment erscheinen. Am besten lässt du mich dich kurz vorstellen und dann erklärst du ihm deinen Wunsch.“

„Alles klar, danke schon mal für deine Unterstützung.“

„Kein Problem, andere Eltern helfen uns ja auch bei der Tombola.“

„Aber haben wir eigentlich schon entschieden für wen der Erlös der Tombola sein soll dieses Jahr? Papa wird das sicherlich wissen wollen.“

„Nein, wir haben noch keine Entscheidung getroffen, es gibt aber drei Favoriten. Ich kann aber zusagen, sobald es eine Entscheidung gibt, dich zu bitten, deinen Vater zu informieren.“ In diesem Moment bog Papa in die Einfahrt des Parkplatzes. Er stellte den Wagen in eine Parkbucht und stieg aus. Wir gingen auf ihn zu und begrüßten uns. Lukas, Leif und mich umarmte er wie immer sehr herzlich. Dann bemerkte er erst, dass noch jemand bei uns war.

„Hallo, Marc Steevens, wer sind sie?“, sagte Papa. Marco war sichtlich überrascht mit „Sie“ angesprochen zu werden.

„Guten Tag Herr Steevens. Ich bin Marco und bin hier der Schülersprecher. Sie dürfen mich aber duzen.“

„Ah, also der Chef sozusagen von meinem Mick.“ Jetzt mussten wir doch alle lachen und die Stimmung lockerte sich. Ich wollte nun kurz erklären, warum Marco hier war, da kam mir Papa zuvor.

„Ich hoffe du hast Mick gut im Griff, manchmal ist er nämlich etwas eigensinnig.“ Dabei grinste er mich an. Ich wurde rot.

„Das stimmt übrigens, Marc.“ Ergänzte nun auch noch Lukas. Leif stand neben uns und wunderte sich über unsere Albereien.

Marco stand nun etwas verlegen bei uns und begann nun sein Anliegen zu erläutern.

„Herr Steevens, ich habe eine Bitte. Wir machen zu unserem Sommerfest und dem Abschlussfest der zehnten Klassen eine Tombola für einen wohltätigen Zweck. Wir haben zwar schon einige tolle Spenden von Sponsoren und Eltern, aber ich wollte sie fragen, ob sie vielleicht bereit wären, auch etwas dafür zur Verfügung zu stellen?“

Ich konnte sehen wie Papa überlegte und er die Frage stellen würde, für welches Projekt.

„Wenn du mir sagen kannst, für welchen wohltätigen Zweck ihr das machen wollt, sicherlich gerne.“ Bingo, wusste ich es doch. Ich kannte meinen Papa genau. Ich begann zu lachen. Papa und die anderen sahen mich verwundert an. Leif sagte: „Mick, welchen Witz hast du dir denn gerade erzählt? Oder weshalb lachst du?“

„Ich habe gewusst, dass Papa genau diese Frage jetzt stellen würde.“

Papa sah mich etwas böse an, allerdings nicht ernsthaft böse, nur gespielt böse. Marco war das sichtlich peinlich.

„Also Mick, du bist aber nicht gerade nett mit deinem Vater.“

„Ach Marco, das kenne ich gar nicht anders, das passt schon so. Ich werde mich bei Gelegenheit dafür revanchieren. Aber Spaß beiseite, für was plant ihr die Tombola?“

„Ich kann es noch nicht genau sagen, wir haben uns noch nicht endgültig entschieden. Es gibt drei Möglichkeiten, die in die engere Wahl kommen. Ein Projekt wird allerdings in diesem Jahr favorisiert. Wir haben in der sechsten Klasse einen Schüler, der unverschuldet in Not geraten ist. Sein Vater wurde bei einem unverschuldeten Verkehrsunfall schwerst verletzt und ist seitdem arbeitsunfähig. In dieser Familie fehlt nun viel Geld und der Junge kann vielleicht nicht hier bleiben. Allerdings würde er zu Hause auch keine guten Bedingungen haben. Wir würden diese Familie gerne etwas unterstützen.“

Papa konnte ich ansehen, dass er sofort an Lukas dachte. Dieser stand jetzt direkt neben mir und ich spürte, dass er mit seinen Gefühlen zu kämpfen hatte.

„Ich finde, das ist eine gute Idee. Das solltet ihr machen, denn dann hat das Ganze einen direkten Bezug zum Internat. Allerdings solltet ihr euch genau überlegen, ob es gut wäre, den Namen dieses Schülers öffentlich zu nennen. Vielleicht wäre es besser, nur zu sagen, dass es für eine Familie eines Schülers des Internates ist. Überlegt euch das. Ich hätte eine andere Idee. Macht die Tombola für ein Projekt und macht eine Spendensammlung beim Sommerfest für diese Familie. Sprecht die anderen „Promi“-Eltern direkt an für diese Sammlung. Ich persönlich werde mich an beiden Projekten beteiligen. Ich bin schließlich selbst betroffen mit der Geschichte von Lukas.“

Jetzt nahm Papa Lukas in den Arm, denn der hatte sichtlich mit seinen Gefühlen zu kämpfen. Marco spürte diese besondere Situation und wollte das Thema beenden. Papa wollte aber die Gelegenheit nutzen.

„Was habt ihr euch denn vorgestellt, was ich dazu beitragen soll?“

„Eigentlich ist das vollkommen egal. Wir freuen uns über jede Unterstützung.“

„Also gut. Ich sage euch drei Gegenstände für die Tombola zu. Ich werde mir etwas überlegen. Außerdem möchte ich diese Familie unterstützen. Ich finde das toll, dass ihr euch um solche Schüler kümmert. Ich bin in der glücklichen Lage, meine Kinder gut absichern zu können und wir werden finanziell immer abgesichert sein. Das empfinde ich nicht als selbstverständlich. Ich möchte hiermit zusagen, diesen Schüler zu unterstützen. Wenn eure Planungen konkret sind, lasst uns darüber noch mal sprechen, wie meine Hilfe dann aussehen kann. Ist das so in Ordnung für dich, Marco?“ Marco war sichtlich beeindruckt über diese Reaktion von meinem Vater, allerdings hatte ich so auch nicht damit gerechnet.

„Herr Steevens, ich freue mich wirklich über ihre derart umfangreiche Unterstützung. Ich werde mit Mick über das weitere Vorgehen beraten, und wenn im Organisationsteam eine Entscheidung gefallen ist, werden wir sie informieren, um Weiteres zu besprechen.“ Dann gaben sich Marco und mein Papa die Hand und Marco verabschiedete sich von uns.

„So Leute, jetzt aber einsteigen, wir haben einen schönen Tag vor uns. Wie war euer Schultag?“ Wir stiegen ein und Lukas berichtete von unserem Tag und Leif von seinem. Innerhalb weniger Minuten waren wir in dem kleinen Haus von Papa angekommen. Wir betraten das Wohnzimmer und wir staunten nicht schlecht, auf dem Tisch stand bereits eine wunderschön angerichtete Kaffeetafel. Mit Kuchen und Keksen und frischem Kaffee und Kakao. Leif staunte und meinte:

„Papa, hast du das für uns vorbereitet? Das sieht ja toll aus.“ Dabei strahlte er unseren Papa an. Wir setzten uns alle an den Tisch und genossen die gemeinsame Zeit, die wir nun allein für uns hatten. Papa berichtete aus dem Team und wie sich Manuel so anstellte. Wir freuten uns für ihn, denn er hatte wohl schon eine gute Position im Team durch seine gute Arbeit bekommen. Wir erzählten aus der Schule und dann kam mir die Idee, Papa von dem aktuellen Problem aus der sechsten Klasse zu erzählen. Lukas fand das nun nicht so toll:

„Mick, musste das jetzt sein. Ich meine, Marc hat doch schon genug andere Probleme am Hals. Das wird ihn doch nicht wirklich interessieren.“

„Warum sollte mich das nicht interessieren? Ich finde das ganz wichtig, was Mick da erzählt. So eine Geschichte muss sehr ernst genommen werden. Ich finde es übrigens absolut richtig, diese Geschichte nicht im Alleingang zu regeln. Ganz besonders für dich Lukas, ich will nicht, dass du dich da alleine vorwagst. Ist das klar?“ Papa wurde richtig bestimmend. So erlebte ich ihn nicht oft. Lukas interpretierte dies so, als ob er etwas falsch gemacht hätte. Entsprechend niedergeschlagen war seine Reaktion. Papa spürte das aber, er reagierte direkt darauf:

„Lukas, du hast bislang doch alles richtig gemacht. Aber mit Drogen und Erpressung ist nicht zu spaßen. Ich will, dass das hier sofort unterbunden wird. Wehret den Anfängen. Und ihr seid als Schüler damit überfordert. Das ist nicht eure Aufgabe. Eure Aufgabe ist, das nicht zu decken und das den Lehrern und der Polizei zu überlassen.“ Lukas verstand nun, wie Papa das gemeint hatte und wir widmeten uns den leckeren Sachen. Wir hatten einen tollen Familiennachmittag mit gemeinsamen Spielen und Unterhaltungen. Es war einfach nur schön gemeinsam mal nur zu entspannen. Papa hatte auch sichtlich seinen Spaß. Ich hatte schon ganz lange nicht mehr so ein tolles Gefühl. Ich würde mir wünschen, diese Situationen würden häufiger sein. Ich war schon Monate nicht mehr in Deutschland. Warum hatten wir eigentlich noch das große Haus in Deutschland, wenn wir eh nie dort sind?

Nach diversen Spielrunden und tollen Gesprächen schaute ich zur Uhr.

„Wann müssen wir eigentlich bei Tim sein? Es ist bereits Viertel vor sechs“, warf ich nun ein. Papa erschrak etwas.

„Was, so spät schon. Wir sollten um sechs bei Tim sein. Das wird knapp. Ich muss noch die Sachen zum Grillen einpacken. Lukas, ruf doch bitte bei Tim an und sag Bescheid, dass wir ein paar Minuten später kommen. Ich packe die Grillsachen ein und ihr räumt hier etwas auf. Das Geschirr in die Spülmaschine einräumen und den Kuchen in den Kühlschrank.“

Innerhalb von zehn Minuten hatten wir alles soweit aufgeräumt und Papa hatte den großen Korb mit dem Fleisch und einem kleinen Paket in einem schönen Geschenkpapier. Wir nahmen alle unsere Jacken und dann ging es zum Auto. Wenige Minuten später bog Papa auf das Grundstück von Tim. Wir waren noch nicht ganz ausgestiegen, da kamen uns Tommy und Nico schon entgegen. Nico freute sich richtig Leif wieder zu sehen und sie umarmten sich. Nico gab Leif sogar einen kleinen Kuss auf die Wange. Uns begrüßte er ein wenig distanzierter aber nicht weniger herzlich. Tommy begrüßte Papa, uns hatte er ja heute schon gesehen. Nico gab meinem Vater die Hand und dann gingen wir direkt um das Haus in Richtung Garten. Dort standen bereits alle um den Grill und unterhielten sich. Sogar Manuels Mutter war auch da. Das fand ich sehr schön, denn Manuel konnte leider nicht bei uns sein, er musste arbeiten und war bereits mit dem Team in „Le Mans“. Tim war bereits mit dem Grill beschäftigt und die Kohlen waren schon dabei auf Temperatur zu kommen. Tims Eltern standen ebenfalls vor dem Grill. Nachdem sich alle begrüßt hatten, kam Tim auf das Wichtigste zu sprechen:

„Ich will ja nicht unhöflich sein, aber mir fehlt irgendwie das Material für den Grill.“ Jetzt schaute Papa richtig blöd und meinte:

„Oh Mann, Tim danke. Ich werde wohl alt. Ich habe doch glatt die Sachen im Auto vergessen. Ich gehe sie grade mal holen.“ Wir mussten alle lachen und Papa ging kurz zum Auto. Er kam gleich wieder zurück und hatte neben einer Plastikkiste mit dem Fleisch noch eine kleine Schachtel oben drauf liegen. Er kam zu Tim an den Grill und stellte die Kiste dort auf einem Tisch ab.

„Hier, Meister des Grills. Ich denke, das sollte für uns heute reichen. Ich habe mal von allem etwas mitgebracht. Diesmal habe ich sogar etwas Lammfleisch mitgebracht. Das solltest du zuerst auf den Grill legen, das muss etwas länger garen.“ Tim nickte und seine Mutter gab ihm noch ein paar Hinweise dazu. Jetzt nahm Papa das kleine Geschenk und kam auf Tims Mutter zu. Er bedankte sich erneut für die Einladung und das sich Tims Eltern so viel Mühe mit uns machten. Dann übergab er Tims Mutter das kleine Präsent. Wie schauten alle ziemlich neugierig, was könnte das wohl sein? Tim legte schon die ersten Stücke Lamm auf den Grill. Die Salate standen wirklich toll angerichtet auf dem Tisch. Als Tims Mutter das Papier entfernt hatte, staunten wir nicht schlecht. Echter russischer Kaviar. Tims Vater war richtig erstaunt.

„Mann Marc, das war doch nun wirklich nicht nötig. Das ist ja Luxus pur jetzt.“ Nico kam nun hinzu und wollte wissen: „Was ist das eigentlich? Russischer Kaviar, das habe ich noch nie gegessen.“ Ich musste lachen, denn so wirklich hatte ich den auch noch nicht probiert. Tims Vater erklärte nur: „Ich kann dich beruhigen Nico, ich glaube wir alle haben noch nicht oft so etwas Besonderes gegessen. Das ist nämlich richtig teuer und edel. Schatz nimmst du diese Dose mal mit rein und richtest das etwas her. Ich denke, wir sollten das zur Feier des Tages auch gleich mal probieren. Hast du vielleicht noch etwas Toast dazu?“

„Ach ja, ich habe noch etwas Baguette dazu mitgebracht. Ich habe das schon in die Küche gelegt“, sagt nun Papa noch.

„Marc, du hast ja wirklich an alles gedacht. Das war aber alles überhaupt nicht nötig“, meinte Tims Mutter und nahm den Kaviar nun mit in die Küche. Wir standen nun alle am Grill und unterhielten uns über viele Dinge. Lukas stand bei mir und ich legte meinen Arm um seine Hüfte, Nico kuschelte mit Tommy und Leif stand bei Tim am Grill und nahm auch mal die Grillzange in die Hand. Tims Mutter kam wieder hinaus und wir nahmen jeder ein Stück Baguette und nahmen einen Löffel Kaviar dazu. Als alle davon probiert hatten, machte Papa einen etwas nachdenklichen Eindruck. Als ob er überlegte etwas sagen zu wollen.

Marc: Entscheidung ist gefallen

Wir standen nun gemeinsam am Grill von Tims Eltern und ich überlegte ernsthaft, meinen Entschluss heute bekannt zu geben. Ich wollte endlich Klarheit für meine Jungs schaffen. Sie hatten das Recht darauf auch mitzubestimmen, ob sie das überhaupt wollten, dass ich in ihre Nähe ziehen würde. Also heute sollte die Wahrheit ans Tageslicht.

„Also liebe Jungs und an alle, die wir nun beisammen sind. Ich möchte euch etwas mitteilen. Ich habe Tims Vater in den letzten Wochen gebeten, für mich etwas zu erledigen.“ Ich konnte nun sehen, wie alle Augen meiner Jungs auf mich gerichtet waren. Sie hatten vermutlich wirklich noch keine Ahnung. Tim schien dicht gehalten zu haben.

„Ich habe für mich eine Entscheidung getroffen. Allerdings betrifft diese Entscheidung nicht nur mich, sondern euch genauso. Deshalb habe ich meinen Plan geändert und werde heute bekannt geben, was ich vorhabe. Ich habe mich entschieden“, nun wurde es wirklich still. Ich merkte, wie insbesondere Leif jetzt ganz genau hinhörte, „unseren Wohnsitz von Deutschland in die Schweiz zu verlegen. Ich möchte in eurer Nähe sein, wenn ich denn mal Zeit habe. Außerdem seid ihr ja in den letzten Monaten nicht einmal in Deutschland gewesen. Von daher habe ich Tims Vater gebeten uns hier ein neues Domizil in eurer Nähe zu suchen.“

Jetzt war die Katze aus dem Sack. Meine Jungs waren absolut sprachlos. Keiner sagte etwas und ich wusste erst mal nicht, wie ich das zu deuten hatte.

„Was ist los? Ihr sagt ja nichts. Gefällt euch das nicht?“

„Papa“, meldete sich Mick, „ist das dein Ernst? Ich bin total überrascht. Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll.“

„Wie wäre es mit - ja gefällt mir - oder - ne gefällt mir nicht?“ Da mussten nun alle erst mal herzhaft lachen.

Dann mischte sich Leif ein und sprang mir fast um den Hals. „Ja, gefällt mir. Papa du bist richtig cool. Wie geil ist das denn.“

„Ich finde das auch ziemlich heftig diese Überraschung. Aber geil finde ich das auch.“ Meinte nun Lukas dazu. Mick stand immer noch mit offenem Mund in unserer Runde. Aber ich konnte an seinem Gesicht sehen, diese Überraschung war gelungen und ich hatte wohl genau ins Schwarze getroffen. Mick war sogar schon weiter in den Gedanken.

„Hast du denn schon was Konkretes gefunden? Und wann soll das denn passieren mit dem Umzug? Du hast ja kaum Zeit uns zu besuchen. So ein Umzug ist ja nicht mal so nebenbei zu machen.“

„Also was Konkretes habe ich noch nicht, ich will ja erst mal sicher sein, dass ich hier überhaupt erwünscht wäre.“

„Du spinnst doch wohl“, meinte nun Leif, „ich würde nichts lieber haben, als dich bei mir zu haben und ein richtiges zu Hause. Aber dürfen wir dann weiter hier im Internat zur Schule gehen?“

„Es wird sich erst mal nichts für euch ändern. Außer, dass ich nicht mehr so viel reisen muss, um euch zu besuchen und ihr jedes Wochenende nach Hause fahren könnt, auch wenn ich mal nicht da bin.“

„Cool, ich bin absolut dafür, was meint ihr?“, fragte Leif nun in die Runde. Der Reihe nach hörte ich nun von den Jungs.

„Bin auf jeden Fall dabei.“ Kam von Mick.

„Geile Aktion, dabei!“ kam von Lukas.

„Ich glaube wir werden die Gegend hier dann richtig rocken“, kam von Tim. Da musste ich herzlich lachen. Die anderen Jungs, und auch Tims Eltern sowie Manuels Mutter grinsten nun dabei.

„Also damit ist wohl eine Entscheidung gefallen. Ich ziehe mit euch in die Schweiz hier in den Ort.“ Damit war das Thema erst mal beendet, denn das Essen stand nun an. Da wollte ich das Thema nicht mehr diskutieren.

Beim Essen waren wirklich andere Themen dran. Tim erzählte von der neuen Situation und das ihm Manuel schon etwas fehlt. Allerdings war er schon sehr froh, bei den Wochenendveranstaltungen zumindest hin und wieder bei ihm sein zu dürfen. Manuel war jedenfalls, so berichteten Tim und auch Manuels Mutter, sehr zufrieden mit dem neuen Job.

Mick und Lukas erzählten von der Entwicklung am Internat und wie positiv sich das alles entwickelt hatte. Lukas stand dabei die ganze Zeit neben Mick und ich konnte spüren, er hatte irgendetwas was ihn beschäftigte. Nachdem Mick fertig mit seinen Ausführungen war, gingen die beiden ein paar Schritte in den Garten. Ich konnte sehen, dass Lukas mit ihm etwas besprach. Ich hatte ja auch noch eine Frage an Nico. Es war gerade günstig, Tommy stand mit Leif am Grill und Nico war in meiner Nähe.

„Ich habe mal eine Frage, kennst du einen Lucien Maergener?“ Nico schaute mich verblüfft an und meinte dann.

„Woher kennst du Lucien? Er ist eigentlich in meiner Klasse, aber er ist leider schon sehr lange sehr krank. Wir wissen auch im Moment gar nicht so genau, wie es ihm geht. Wieso fragst du ausgerechnet nach ihm?“

„Nun, ganz einfach, ich habe ihn beim Metzger getroffen, bzw. er hatte mich angesprochen und um ein Autogramm gebeten.“ Danach erzählte ich ihm noch die ganze Geschichte. Allerdings meine Reaktion auf die Begegnung mit seiner Mutter verschwieg ich. Nico war sehr erfreut zu hören, dass Lucien wieder zu Hause war. Seine Mutter hatte in der Schule darum gebeten, so lange mit Besuchen zu warten, bis sie sich melden würde. Nico mochte Lucien und war eine Zeit sehr beunruhigt, als klar wurde, dass Lucien sehr krank war. Das berichtete mir Nicos Mutter.

„Wenn es ihm besser geht, würdet ihr ihn wieder in eure Klasse aufnehmen?“

„Natürlich, warum sollten wir denn nicht? Er war sehr beliebt bei uns. Ich war gut mit ihm befreundet.“

„Nun, er wird viel Stoff versäumt haben und braucht sicher viel Hilfe, um das aufarbeiten zu können. Er wird sonst wohl das Schuljahr wiederholen müssen und dann in eine neue Klasse kommen. Das macht es nicht unbedingt einfacher für ihn.“

„Also ich würde auf jeden Fall für ihn da sein. Und die meisten aus unserer Klasse sicher auch. Ist er jetzt wieder zu Hause?“

„Ja, ich denke er ist wieder zu Hause und erholt sich von der Chemo und der Operation. Warum fragst du?“

„Dann würden wir versuchen ihn zu besuchen. Oder zumindest bei seiner Mutter fragen, ob wir ihn besuchen dürfen.“

„Macht das mal. Ich glaube es würde ihm guttun. Seine Mutter hatte mich zum Kaffee eingeladen, wenn ich das nächste Mal in die Schweiz kommen würde.“

Nico versprach mir, sich mit Lucien oder seiner Mutter in Verbindung zu setzen. Mittlerweile saßen wir alle auf der Terrasse und auch Mick und Lukas waren wieder bei uns. Sie hatten sich auch ein Glas Rotwein genommen und es sah so aus, dass sich Lukas wieder etwas entspannt hatte. Wir sprachen über die kommenden Wochen mit dem Rennen in „Le Mans“ und ich hatte in einem günstigen Moment mit Tims Vater noch mal über die Situation mit dem Haus gesprochen. Er sollte mir das bereits gesehene Haus reservieren und er hatte noch ein weiteres Objekt gefunden. Allerdings würde das schwierig werden, das zeitnah zu besichtigen. Ich hatte nur eine einzige Gelegenheit in den nächsten Wochen. Nämlich an Micks Geburtstag. Ich wollte auf jeden Fall aus „Le Mans“ für den Tag herkommen. Mick sollte nichts davon wissen. Ich wollte ihn mit etwas ganz Besonderem überraschen. Lukas hatte ich bereits eingeweiht, damit sie nicht an diesem Tage wegfahren würden. Also gab ich Tims Vater den Terminwunsch für morgens, denn da wäre Mick ja in der Schule. Er sagte mir zu, sich darum zu kümmern.

Die Jungs hatten nun die Idee, wieder in den Keller zum Kicker zu gehen, als Lukas plötzlich um Ruhe bat.

„Ich möchte kurz um Aufmerksamkeit bitten“, meinte aber Mick dann. „Lukas möchte dich etwas fragen Papa.“ Ich wollte erst einen Spruch dazu sagen, weil Lukas nicht selbst darum fragte, aber ich ließ das besser sein. Ich hatte das Gefühl, es würde eine besondere Frage sein.

Lukas stand nun vom Tisch auf und sah mich an.

„Also, ich bin ja nun seit einigen Wochen in der Familie Steevens offiziell aufgenommen und habe auch den Namen Steevens. An dieser Stelle möchte ich mich bei Marc einmal bedanken für die Fürsorge und auch die Liebe, die ich von ihm und seiner Familie bekommen habe, bedanken. Ich empfinde Marc mittlerweile als richtigen Vater und ich möchte nun um etwas bitten.“ Ich war jetzt sehr erstaunt und auch gespannt. Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet. Alle anderen sahen auch sehr gespannt zu Lukas. Mick hatte sich neben ihn gestellt und hielt ihm die Hand. Lukas zitterte sogar etwas, als er fortfuhr:

„Marc, ich habe an dich folgende Bitte, darf ich zu dir ... „Papa“ sagen?“

Jetzt war ich aber mal richtig sprachlos. Ich spürte eine heftige Gefühlsregung bei mir. Ich wusste einen Moment gar nicht, ob er das wirklich so gesagt hatte. Alle Augen waren nun auf mich gerichtet. Ich stand nun auch von meinem Stuhl auf und sagte:

„Lukas, kommst du bitte mal zu mir.“ Er war nun sehr nervös und kam um den Tisch zu mir. Wir standen uns nun gegenüber und ich umarmte ihn und bekam wirklich feuchte Augen. Ich sagte dann: „Lukas, mein Sohn, wenn du dir sicher bist, dass du das möchtest, dann soll es so sein. Ich würde mich sehr darüber freuen.“ Dann brach großer Jubel bei allen Anwesenden aus. Tims Vater meinte dann nur zu Nico:

„Holst du mal aus dem Keller zwei Flaschen Sekt. Darauf sollten wir anstoßen. Und bring auch genug O-Saft mit, zum Mischen für euch.“ Kurze Zeit später wurde angestoßen und wir spielten auch im Keller noch einige Runden Kicker. Ich hatte für mich schon beschlossen, in dem neuen Haus würde es einen Kicker und auch einen Billardtisch geben. Wir hatten nämlich wieder viel Spaß gemeinsam.

Allerdings hatte auch dieser Abend irgendwann ein Ende und wir mussten uns von unseren Freunden wieder verabschieden.

Kurz bevor wir aufbrachen, sprach mich Tommy noch mal an.

„Marc, ihr fliegt ja morgen Nachmittag erst nach „Le Mans“. Leif geht ja erst mit uns zur Schule und ich wollte fragen, ob Leif nicht heute hier bei Nico und mir schlafen darf?“

Ich war jetzt sehr überrascht und sah zu Leif, der sich aber scheinbar sehr darüber freuen würde, also sagte ich unter einer Bedingung zu. Sie mussten mir versprechen, pünktlich am nächsten Morgen in der Schule zu sein. Sie versprachen mir hoch und heilig pünktlich zu sein und damit fuhren also nur Mick und Lukas mit mir zurück. Im Auto herrschte richtige Euphorie bei den beiden Jungs. Sie wollten immer noch nicht so richtig glauben, was ich vor einigen Minuten gesagt hatte.

„Papa, ist das wirklich schon entschieden, dass du zu uns kommst? Ich meine, wie lange wird das denn noch dauern?“ meinte Mick.

„Und wie ist das mit den Einreisebedingungen? Man darf ja nicht einfach so in die Schweiz ziehen. Die haben doch so ein Prüfverfahren“, ergänzte Lukas.

„Leute, beruhigt euch wieder. Ich habe natürlich an all diese Dinge bereits gedacht. Die Anträge sind bereits gestellt und ich denke bis Ende des Jahres spätestens werden wir hier zusammen wohnen. Wenn ihr denn wollt. Ihr könnt auch weiterhin euren Wohnsitz im Internat haben und nur am Wochenende bei mir wohnen. Ich meine, das ist ja nicht so, dass ich dadurch häufiger zu Hause bin. Ihr müsstet euch dann selbst versorgen und alles selbst regeln. Bei Leif kann ich mir das noch nicht vorstellen. Ich habe es eigentlich erst mal so gedacht, für euch ändert sich nichts, solange ich noch aktiv fahren werde. Allerdings könnt ihr dann jedes Wochenende im eigenen Haus und Garten verbringen. Auch wenn ich mal nicht da bin. Aber ich versuche viel häufiger hier zu sein. Denn die Zeit, die ich jetzt in Deutschland verbracht habe, würde ich ja hier bei euch sein.“ Dass ich ebenfalls über ein Ende meiner aktiven Zeit nachdachte, wollte ich noch nicht sagen. Ich musste das erst mit mir selber klären.

Mick wollte nun noch wissen: „Papa, hast du denn schon jemanden, der sich um die Suche für ein Haus kümmert?“

Ich musste lachen, „Ja auf jeden Fall, Tims Vater wird sich auch weiterhin darum kümmern.“

„Weiterhin? Heißt das, du hast bereits dich nach einem Haus umgesehen? Ohne uns das zu sagen? Das war aber nicht nett“, meinte nun Lukas etwas enttäuscht.

„Ich weiß, aber ich wollte erst absolut sicher sein, dass ich das auch wollte. Nicht das ihr dann enttäuscht seid, wenn es nicht klappt.“ Ich konnte nun spüren, dass Lukas sehr melancholisch wurde. Er hatte mit seinen Gefühlen zu kämpfen. Deshalb führte ich dieses Gespräch jetzt nicht weiter. Lukas saß hinten allein und ich konnte im Spiegel sehen, dass er schwer zu kämpfen hatte mit den Tränen. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, was in seinem Kopf gerade vorging. Wir bogen nun auch schon auf den Parkplatz vom Internat. Mick stieg schnell aus und wartete auf seinen Freund vor dem Auto. Ich hatte ihm mit einem Blick zu verstehen gegeben, dass wir besser schweigen sollten. Lukas stieg auch aus und Mick nahm ihn liebevoll in den Arm und er tröstete seinen Freund wirklich toll. Es war ein schönes Bild. Ich wollte sie auch nicht stören und blieb etwas abseits stehen. Mick streichelte seinem Freund den Kopf und langsam beruhigte sich Lukas wieder. Dann kamen sie beide zu mir und wir gingen gemeinsam nach oben. Im Zimmer hatte sich Lukas wieder richtig gefangen und meinte dann: „Papa, es tut mir leid. Ich habe einfach an mein altes zu Hause gedacht und ich habe einfach noch nicht begriffen, wieder ein echtes zu Hause zu bekommen.“ Ich nahm ihn ebenfalls in den Arm und beruhigte ihn.

„Ich habe es mir schon gedacht. Du brauchst dich dafür nicht entschuldigen. Ich finde es völlig normal. Lass deine Gefühle raus. Wir werden dir helfen sie zu verarbeiten. Und hoffentlich werden wir bald eine richtige Familie sein.“ Dann gab ich Lukas einen Kuss auf die Wange und ich drückte Mick noch einmal und verließ die beiden großen Jungs. Ich würde sie morgen nach der Schule abholen und zum Flughafen mit ihnen fahren. Tim würde direkt zum Flughafen kommen. Tommy und Nico mussten noch zur Schule und blieben dieses Mal hier.

Mick: neues Heim und Qualifikation „Le Mans“

Ich ging nun mit Lukas im Arm durch unser Treppenhaus, wo mir Stephen über den Weg lief. Er sah, dass Lukas nicht gerade in bester Stimmung war.

„Hi Mick, hi Lukas, alles in Ordnung bei euch? Lukas sieht etwas unglücklich aus.“

„Hi Stephen, ja danke der Nachfrage aber es ist alles schon ok. Papa hat uns gerade etwas mitgeteilt. Da hatten wir nicht mit gerechnet und Lukas war sehr überrascht darüber.“

„Oh aber ich hoffe mal, es ist nichts Schlimmes gewesen.“

„Nein, nein, eher im Gegenteil. Aber lass uns da morgen oder die Tage mal drüber reden. Ich möchte mich jetzt lieber um Lukas kümmern.“

Stephen grinste nun und sein Kommentar war eindeutig. „Ja ja, schon ok. Kümmer dich mal um deinen Liebsten und mach ihn glücklich.“ Lukas streckte ihm nun die Zunge raus und zeigte ihm den berühmten Mittelfinger. Natürlich nicht ernst gemeint und Stephen musste lachen. Er wusste genau, wie er das zu nehmen hatte. Wir kamen nun zu unserem Zimmer und ich legte zuerst mal meine Jacke weg. Lukas tat es mir gleich und dann ließ er sich ins Sofa fallen. Ich setzte mich neben ihn und wir saßen einen Moment schweigend nebeneinander und ließen unsere Gedanken schweifen.

„Sag mal Lukas“, meinte ich dann, „hattest du damit gerechnet, dass Papa sich so entscheiden würde?“

„Ich? Nein, absolut nicht. Ich war total überrascht. Vor allem, uns das mitten in der Saison zu sagen. Er hat doch eigentlich gar keine Zeit sich darum zu kümmern.“

„Nun, ich glaube Tims Vater übernimmt die Suche wohl und irgendwann kommt er dann und schaut sich das an.“

„Meinst du nicht, er wird uns fragen, ob wir das gut finden?“

Ich wusste genau, wie Papa das machen würde. Er würde erst genau das Objekt prüfen und erst wenn er sich sicher war, würde er uns fragen. Vorher ließ er uns damit in Ruhe. Vor allem Leif würde er damit nicht belasten wollen. Ich erklärte meinem Schatz das und dann machten wir uns fertig, um ins Bett zu gehen. Morgen würde wieder ein anstrengender Tag werden. Innerhalb weniger Minuten kuschelten wir uns aneinander und schliefen den Schlaf der Gerechten.

Der nächste Morgen begann wirklich so, wie ich es scherzhaft gesagt hatte, Lukas weckte mich mit seinen liebevollen Küssen und ich wünschte, dass ich liegen bleiben könnte. Leider war dem nicht so, Lukas ließ mich nicht lange liegen, sondern entzog mir seine Liebe für einen Moment, so dass ich auch keinen Grund mehr hatte im Bett zu bleiben. Dennoch gefiel mir diese Weckmethode viel besser als der nervende Wecker.

Wir hatten also noch mal einen Tag Unterricht. Lukas ging zuerst in seine sechste Klasse, um dort nach dem Rechten zu schauen. Ich war schon auf dem Weg in unsere Klasse, als mich Stephen und Moni kurz aufhielten. Sie wollten sich erkundigen, wie es uns so geht und uns viel Spaß in „Le Mans“ wünschen. Dann ging ich in den Unterricht. Ich hatte noch etwa fünf Minuten bis zum Unterrichtsbeginn. Lukas war noch nicht zurück. Langsam wurde ich etwas unruhig. Dann ging die Tür auf und Lukas kam herein. Er sah etwas ärgerlich aus. Als er sich neben mich setzte, kochte er innerlich.

„Diese Arsch … aus der Neun. Sie haben heute Morgen Matze vor der Schule aufgelauert und erneut bedroht und auch geschlagen. Jetzt ist es endgültig genug. Ich gehe in der Pause zum Direx. Jetzt muss hier was passieren.“ Er zitterte richtig vor Erregung. Ich beruhigte ihn erst mal, in dem ich ihn in den Arm nahm und sagte: „Ich komme mit. Ich werde auch Marco Bescheid sagen, er soll dabei sein. Ich möchte, dass wir in dieser neunten Klasse persönlich mit Direx vorstellig werden. Ich will das nicht länger hinnehmen.“ Ich schrieb Marco eine Nachricht und er antwortete umgehend mit den gleichen Gedanken. Da würde heute noch etwas passieren. Unsere erste Unterrichtsstunde ging deshalb an Lukas ein wenig vorbei. Auch ich musste mich konzentrieren, um nicht immer wieder abzuschweifen. In der ersten Pause gingen Lukas und ich in Richtung Sekretariat und wir trafen Marco vor der Tür. Er wartete bereits mit Mathias auf uns. Der Junge sah richtig verängstigt aus und hatte auch einige blaue Flecken davongetragen, wie er uns zeigte. Ich klopfte nun bei Frau Schnyder an und wir traten gemeinsam ins Sekretariat ein. Frau Schnyder war sichtlich erstaunt, als wir alle hineinkamen. Marco fragte sofort nach Herrn Steyrer und Frau Schnyder merkte sofort, hier war etwas Größeres im Busch. Sie ging direkt zum Direktor hinein und dankenswerterweise nahm sich Herr Steyrer sofort Zeit für uns. Marco begrüßte unseren Direktor und dann erklärte er ihm die Lage. Mathias musste nun auch seine Position beschreiben und was von ihm verlangt wurde. Er erklärte unter Tränen, dass er am Anfang einmal Haschisch für die Neuner verteilt hatte und gehofft hatte, sie würden ihn dann in Ruhe lassen. Unser Direx war entsetzt, als er von den Misshandlungen hörte.

„Jungs, das wird sofort ein Ende haben. Ich bin wirklich sehr froh Mathias, dass du dich Lukas anvertraut hast. Wartet bitte im Besprechungszimmer auf mich. Ich werde sofort in diese neunte Klasse gehen und mir diese Schüler herausholen.“

Wir gingen gemeinsam in das Besprechungszimmer und ich konnte Mathias Angst spüren. Er zitterte am ganzen Körper. Ich legte ihm meinen Arm auf seine Schulter und sprach beruhigend auf ihn ein. Lukas stand vor ihm und strich ihm die Tränen mit der Hand aus dem Gesicht. Marco war sehr ungehalten und tobte förmlich vor Wut. Wie gut das er nicht allein sein würde mit den Tätern. Das würde, glaubte ich, ein böses Ende nehmen. Dann klopfte es und wir fuhren herum und blickten zur Tür. Lukas rief „Herein“ und Frau Schnyder, unsere gute Seele, brachte für alle heißen Kakao und ein paar Kekse. Sie unterrichtete uns auch darüber, dass unser Direktor bereits einige Schüler sofort vom Unterricht suspendiert hatte und wir uns nicht sorgen müssten. Es würde heute keine direkte Konfrontation geben. Das wollte er Mathias ersparen. Sie setzte sich sogar einen Moment zu uns, und sie tröstete den völlig aufgelösten Mathias ganz liebevoll und Marco beruhigte sich ein wenig. Wir redeten nun ein wenig über den Sachverhalt und plötzlich ging die Tür auf und unser Direktor stand ziemlich ernst und wütend aussehend in der Tür. Er bat uns noch eine halbe Stunde bei Mathias zu bleiben, bis die Täter das Internat verlassen hatten. Er hatte diese Schüler umgehend nach Hause geschickt und bis auf Weiteres vom Unterricht suspendiert. Er wollte nicht, dass jetzt noch ein Zwischenfall passierte. Wir blieben natürlich bei Mathias und unser Direktor lobte noch einmal ausdrücklich unser Verhalten. Er bat nun Mathias die ganze Geschichte ausführlich zu berichten. Nachdem dieser den Bericht beendete, konnten wir einen sichtlich erbosten aber auch fassungslosen Direktor sehen. Er sagte dann: „Mathias, du bist für heute vom Unterricht befreit. Lukas soll dich bitte auf dein Zimmer bringen und Mick und Marco möchte ich bitten, gleich in deine Klasse zu gehen und dort zu berichten, was jetzt passiert ist.“

Ich erwiderte allerdings darauf: „Herr Steyrer, wäre es nicht besser ich würde Mathias aufs Zimmer bringen und Lukas ginge mit Marco in die Klasse. Er ist ja der Pate der Klasse.“ Herr Steyrer war einverstanden und so wurde es auch gemacht. Nachdem ich Mathias in seinem Zimmer noch einige Minuten Gesellschaft geleistet hatte, ging ich wieder in Richtung unserer Klasse. Ich hatte noch zwei Stunden Mathe. Nach der Klausur hatten wir ein neues Thema begonnen und ich wollte nicht so gerne am Anfang etwas verpassen. Meine Klasse schaute mich gespannt an und als Lukas auch zu uns kam, bekamen wir spontanen Applaus. Sogar unser Mathelehrer lobte unseren Einsatz. Das tat schon gut. Allerdings war es auch sehr aufregend für mich. Ich war sehr froh, dass unser Direktor so konsequent gehandelt hatte und uns vor der direkten Konfrontation geschützt hatte.

Als der Unterricht endete, ging ich mit Lukas im Arm noch in die Mensa zum Essen. Wir wurden von unseren Freunden dort erwartet und es hatte sich bereits herumgesprochen. Wir wurden ausnahmslos von allen gelobt und dann stand plötzlich ein Junge an unserem Tisch. Er war vielleicht zwölf oder dreizehn.

„Ich wollte mich noch mal bei euch im Namen unserer Klasse bedanken, dass ihr euch für uns eingesetzt habt.“ Wir fanden das eine tolle Geste und bedankten uns dafür. Dann nahmen wir unser Essen ein und ich war eine halbe Stunde später mit Lukas in unserem Zimmer.

„Man, was war denn das bloß für ein Vormittag. Ich hoffe, das wird nicht zum Alltag.“

„Auf jeden Fall“, meinte Lukas und, „ich glaube, ich bin heute um Jahre gealtert.“ Dann nahm er mich in den Arm und drückte mir einen Kuss auf die Lippen und sagte noch: „Danke mein Schatz, dass du mich unterstützt hast. Wollen wir jetzt unsere Taschen nehmen und uns mit Papa treffen. Ich will nicht zu spät kommen. Wir müssen ja noch bei Leif vorbei.“

„Also los, dann lass uns mal losgehen.“

Als wir bei Leif klopften und ein „Herein“ hörten, trafen wir erneut auf das nette Mädchen in Leifs Zimmer. Stefanie saß erneut mit Leif am Schreibtisch und sie hatten ihre Bücher auf dem Tisch.

„Sag mal Stefanie, wohnst du jetzt hier, seitdem Tommy mehr bei Nico ist?“ Sie wurden beide rot und Leif war sichtlich verärgert. Stefanie hingegen nahm das sehr locker und konterte:

„Nein Mick, aber eigentlich keine schlechte Idee. Ich werde mal darüber nachdenken, denn dein Bruder ist richtig nett und hat Ahnung in den Naturwissenschaften.“ Danach verabschiedete sie sich mit einem fetten Grinsen von uns.

„Touché, Mick. Ich glaube, damit hat sie dir aber gewaltig den Wind aus den Segeln genommen“, grinste mich Lukas an. Leif hingegen war das sichtlich peinlich.

„Hey Leute, da läuft nichts zwischen ihr und mir. Ich lerne nur mit ihr zusammen, sonst nichts.“

„Ja ne, schon klar“, ich lachte Leif an und er wurde richtig rot. Plötzlich stürmte er auf mich los und begann mich zu kitzeln. Innerhalb von Momenten lag ich auf dem Boden und Leif saß auf mir. Ich war leider unheimlich kitzelig und Leif wusste das natürlich. Ich ergab mich und dann ließ Leif von mir ab. Lukas lachte sich halb tot über mich. Jetzt war die Stimmung auch wieder gelöst und wir gingen gemeinsam zum Parkplatz. Papa wartete schon auf uns, und als er uns kommen sah, tippte er auf seine Uhr, wir waren natürlich jetzt zu spät.

„Wenn die Herrschaften ihren Kaffeeklatsch beendet haben, können wir ja starten“, meinte Papa dann noch und wir stellten unsere Taschen in den Kofferraum und dann ging es los Richtung Flughafen. Ich hatte in den letzten Monaten so viele Flugkilometer wie schon lange nicht mehr gemacht. Deshalb war das Ganze mittlerweile Routine geworden, einchecken, Gepäck abgeben, Bordkarte nehmen und rein in den Flieger. Der Flug dauerte ja nicht besonders lange und es gab auch keine besonderen Ereignisse. Papa musste ein paar Autogramme geben und ich konnte mich mit Lukas beschäftigen. Leif saß direkt neben Papa und wir bekamen auch in Frankreich schnell unsere Taschen zurück. Der Fahrdienst holte uns am Flughafen ab und innerhalb weniger Minuten waren wir in unserem Hotel direkt an der Strecke. Allerdings was ich dort dann erlebte, war schon etwas anderes. Was für ein Aufwand und wie viel Presse hier herumlief. Und das war ja nur das Qualifikationswochenende. Ich verstand nun auch, warum Papa nicht wollte, dass wir beim Rennen in „Le Mans“ dabei waren. Lukas und ich stellten unsere Taschen in unserem Zimmer ab und dann gingen wir erst mal unter die Dusche. Wir hatten vereinbart, uns in einer halben Stunde zum Essen zu treffen. Papa war direkt zum Team um sich dort zu erkundigen, welche Neuigkeiten es gab. Tim war auch direkt zu Manuel gegangen, da sie sich sonst später wohl nicht so lange sehen würden. Für Manuel war das halt ein volles Arbeitswochenende.

Wir saßen nun gemeinsam, Tim, Leif, Lukas, Papa und ich beim Essen. Wir waren allerdings nicht im Hotel, sondern in der Teamhospitality. Es war aber mindestens auf Hotel Niveau. Einfach grandios, was die Küche dort zauberte. In zwei Stunden sollten die ersten Qualifikationsrunden gefahren werden. Es gab heute zwei Sessions. Eine Tages- und eine Nachtsession. Leif und Tim waren schon in Richtung Boxen gegangen und wir saßen noch bei einer Tasse Kaffee am Tisch, als Tom plötzlich zu uns kam. Wir begrüßten uns herzlich und er alberte mit Lukas ein wenig herum. Er zog ihn etwas mit der Geschichte bei dem Wochenende in Spa auf. Lukas war aber mittlerweile so locker geworden, dass ich beruhigt sein konnte. Er würde sich melden, wenn es ihm zu unangenehm würde.

Papa schaute auch sehr entspannt den beiden zu. Dann sagte er zu Tom:

„Hey Tom, muss ich jetzt aufpassen, dass du meinen Sohn hier zu Blödsinn verführst?“ Tom schaute etwas verblüfft und antwortete: „Moment, Lukas ist doch nicht dein Sohn, sondern nur der Freund deines Sohnes.“

„Falsch, mittlerweile ist Lukas auch mein Sohn.“ Dabei grinste er Tom an. Tom verstand und damit war das auch endgültig geklärt. Wolfgang ließ uns über den Ingenieur von Tom ausrichten, dass Papa und Tom sich in der Box einfinden sollten. Für uns hieß das erst mal Abschied von Papa. Wir würden ihn erst später wieder treffen. Hier durften wir uns mittlerweile absolut frei bewegen, Wolfgang hatte Vertrauen zu uns, dass wir kein Blödsinn machen würden. Wir durften auch in der Box sein, wenn nicht an den Autos gearbeitet wurde. Das Team war hier wieder mit zwei Fahrzeugen am Start. Es gab bis zum Beginn des Trainings keine Probleme und von daher waren zwar alle konzentriert aber recht entspannt. Lukas und ich standen nun Arm in Arm in der Box und wir bemerkten gar nicht, dass wir von den Fotografen reichlich abgelichtet wurden. Erst als Papa zu uns kam und meinte: „Jungs, ihr wisst aber schon, dass ihr hier die volle Aufmerksamkeit der Presse habt. Ich bin schon mehrfach nach euch befragt worden.“

„Nein Papa, bemerkt haben wir das noch nicht aber wenn schon. Es ist ja kein Geheimnis mehr. Wir werden wohl damit leben müssen. Dann lassen sie Leif wenigstens in Ruhe.“

„Wenn es euch zu viel wird, geht einfach in den Bereich, wo die Presse keinen Zutritt hat. Oder sagt einfach, dass ihr eure Ruhe haben wollt. In der Box dürfen gleich nur wenige Leute sein.“

„Danke Papa, ich denke, wir bekommen das schon hin.“ Lukas gab mir nun einen Kuss auf die Wange und ich konnte das Klicken der Kameras hören. Mal sehen, wie sich das hier noch entwickeln würde.

Leif konnten wir bei Wolfgang vorne am Kommandostand sehen. Dort waren Fotografen nicht erlaubt. Dort war er also gut aufgehoben. Nun begann das erste Training und wir begaben uns in die Beobachterlounge. Dort konnten wir das Geschehen sehr gut verfolgen. Lukas und ich unterhielten uns über den gewaltigen Trouble, der hier veranstaltet wurde. Was würde erst los sein, wenn das Rennwochenende sein würde.

„Mick, wie gut dass wir nicht zum Rennen hier sind. Ich habe jetzt schon Platzangst. So viele Pressevertreter und Zuschauer. Wie schafft Papa das bloß immer so locker zu bleiben. Ich würde irgendwann einfach zu viel bekommen.“

„Jetzt verstehst du auch, warum er uns bislang immer aus der Sache rausgehalten hatte. Wir sind nun für die Fotografen ein interessantes Motiv. Die Söhne des Marc Steevens an der Strecke und dann auch noch ein schwules Paar. Das dürfte am Montag wohl in der „Blöd“-Zeitung die Schlagzeile sein.“

Jetzt mussten wir beide richtig lachen. Eigentlich war das die Schlagzeile, die wir nie wollten. Mittlerweile war es uns egal. Unsere Freunde wussten es alle und sie würden zu uns stehen und uns unterstützen. Papa war jetzt auf der Strecke und ich setzte die Kopfhörer auf. Damit konnte ich den Funk mithören. Nach wenigen Minuten hörte ich Papa über Funk, wie er sich mit seinem Ingenieur über ein Problem mit dem Getriebe unterhielt. Er konnte nicht mehr richtig schalten. Ich konnte förmlich spüren, wie nun Bewegung in das ganze Team kam. Ich nahm Lukas am Arm und wir gingen etwas nach hinten aus der Box. Das Auto würde gleich hineinkommen und da würden wir nur im Weg stehen. Papa konnte jetzt gar keinen anderen Gang mehr einlegen und fuhr ganz langsam im dritten Gang zur Box zurück. Das war kein guter Start in die Qualifikation. Leif kam zu uns hinter die Box und er war sichtlich beunruhigt.

„Weißt du warum Papa so langsam fährt?“

„Ja, er hat ein Getriebeproblem. Er kommt zurück an die Box.“

„Man, so ein Mist. Das geht ja gut los. Wenn das nicht zu beheben ist, wird’s schwer sich zu qualifizieren.“

Ich konnte Leifs Anspannung fühlen. Ich versuchte ihn zu beruhigen.

„Mach dir kein Stress. Selbst wenn das Getriebe gewechselt werden muss, dann ist immer noch genug Zeit zum Fahren. Das geht mit der Modulbauweise recht schnell, ein Getriebe zu wechseln.“ Leif sah mich verwundert an und meinte: „Komisch, Manuel hatte mir mal gesagt, bei einem Straßenauto dauert ein Getriebewechsel mehrere Stunden. Ein Rennwagen ist doch viel komplizierter.“

Ich musste wirklich lachen. Mein kleiner Bruder wollte ernsthaft ein Straßenauto mit einem Rennwagen vergleichen. „Leif, dieses Auto wurde so konstruiert, dass man bei Bedarf alle wichtigen Teile schnell tauschen kann. Selbst ein Motor kann in einer Stunde gewechselt werden. Da gibt es erst mal keinen Grund zur Sorge.“

Papa war mittlerweile zurück in der Box und wir konnten sehen, wie die Heckabdeckung abgenommen wurde und sich die Mechaniker auf das Auto stürzten. Papa stieg sofort aus dem Auto und ging in Richtung Ingenieure. Es schien wohl doch ein größeres Problem zu sein. Ich konnte über Funk hören wir gesagt wurde, dass das komplette Getriebe gewechselt werden musste. Also kein elektronisches oder hydraulisches Problem, sondern ein mechanischer Defekt. Das bedeutete erst mal eine längere Pause. Die Mechaniker fingen fieberhaft an, an dem Auto zu schrauben. Es war schon sehr beeindruckend, wie präzise jeder Mann wusste, was er zu tun hatte. Es wurde schnell, aber ohne Hektik gearbeitet. Das war toll anzusehen, wenn auch der Anlass sicher weniger toll war. Plötzlich stand Tom neben uns und fragte uns: „Na ihr beiden, ist das nicht langweilig für euch, Marc hat mir mal erzählt, dass ihr auch lieber selbst im Auto sitzt.“

„Oh nein, ich muss das nicht haben. Mick ist derjenige, der immer Geschwindigkeit braucht. Ich mag es lieber gemütlich. Allerdings heißt das nicht, dass ich es langweilig finde. Ich genieße einfach die Zeit mit unserem Papa zu verbringen.“

„Hast du dich mittlerweile in der Familie Steevens eingelebt? Ist ja nicht so einfach einen so bekannten Vater zu haben. Ich habe schon bemerkt, es ist euch mittlerweile ziemlich egal, wenn es Bilder von euch beiden gibt. Das finde ich persönlich gut. Nur ich weiß nicht, ob das für Marc immer so toll sein wird.“ Jetzt staunten wir aber nicht schlecht.

„Wie meinst du das? Ich meine, wir sind doch schwul, nicht er. Und warum sollte das für ihn ein Problem werden?“ Wollte ich nun wissen.

„Schaut mal, wir haben doch auch unsere Sponsoren und Partner. Manche haben da eine recht altmodische Haltung gegenüber der Gesellschaft. Sie empfinden das so, dass ein Werbeträger sich entsprechend zu verhalten hat. Ich sage jetzt nicht, dass es bereits Probleme gibt, aber es könnte welche geben.“

„Hast du schon etwas mitbekommen? Ich meine, Papa hat uns davon bislang niemals berichtet.“ Für mich war das nun ein völlig neuer Gesichtspunkt. Aber Papa hatte das nie erwähnt.

„Hört mal ihr beiden, glaubt ihr im Ernst Marc würde euch davon berichten? Das glaube ich nicht. Er weiß genau, wie schwer das Ganze für euch war und sein wird. Er freut sich momentan unheimlich, dass ihr euch gefunden habt und endlich auch offen so leben wollt und nicht mehr versteckt. Da würde er euch niemals mit diesen Dingen belasten. Ich werde wohl auch böse Ärger mit ihm bekommen, wenn er erfährt, dass ich mit euch darüber gesprochen habe. Aber ich möchte euch auch nicht anlügen. Ich möchte aber auch, dass ihr euch jetzt nicht zurückzieht. Macht genau so weiter. Je mehr sich so offen verhalten, desto eher wird sich die Gesellschaft verändern und begreifen, dass ihr normal seid und die Gesellschaft nicht.“

Ich begriff sofort, was Tom da gesagt hatte. Ich war beeindruckt und auch sehr froh ihn als Freund zu haben.

„Vielen Dank Tom. So haben wir das noch nie gesehen. Wir werden es für uns behalten. Aber denkst du wirklich, unser Auftreten wird Papa nicht schaden oder sollten wir nicht mehr herkommen?“ meinte nun Lukas. Ich zuckte innerlich zusammen. Tom hingegen war ernst aber auch locker. „Spinnst du? Marc würde euch den Hintern versohlen, wenn ihr euch zurückzieht. Er steht voll hinter euch. Übrigens ich auch, also wenn es mal euretwegen Probleme mit Sponsoren geben sollte, können die sich auf was gefasst machen.“ Dabei lachte er und wir mussten grinsen. Tom wusste, wie er Lukas die Angst nehmen konnte.

Jetzt kam Papa zu uns, er sah, dass wir guter Stimmung waren, und meinte:

„Hey, was ist denn hier los? Unser Auto rührt sich nicht und ihr macht hier einen Joke nach dem anderen.“ Dabei lachte er aber auch und wir wussten, das war nicht ernst gemeint. Er legte seinen Arm um uns beide von hinten und dann erklärte er uns die Lage. Das Auto würde erst in einer halben Stunde wieder laufen. So lange hatten die Piloten Pause.

Wir gingen in die Box und Papa erklärte uns, welche Arbeiten gerade gemacht wurden. Glücklicherweise fuhr das zweite Auto ohne Probleme sehr gute Zeiten. Also wenn das Getriebe wieder funktionierte, sollte es kein Problem sein, das Auto zu qualifizieren. Wir standen alle drei Arm in Arm in der Box an der Seite, damit wir niemandem im Wege standen. Da kam Wolfgang zu uns.

„Marc, ich habe eine Bitte. Wir haben doch in Spa damals ein Interview mit dieser Journalistin gemacht. Mit deinen Jungs. Sie würde gerne ein weiteres Gespräch mit euch machen. Sie will glaube ich einen Bericht über euch machen. Sprichst du mal mit ihr? Sie hat mich gebeten euch zu fragen.“ Das war ja eine Überraschung. Ich konnte mich noch gut an das Gespräch in Spa erinnern. Sie war wirklich sehr nett und hat sich vor allem an alle Absprachen gehalten.

„Papa, wenn das die gleiche Frau ist wie neulich, dann finde ich das ok. Sie war echt nett und sie hat sich tatsächlich daran gehalten, was wir besprochen hatten.“

„Wenn du dich nicht für Jungs interessieren würdest, könnte man fast meinen du hast Ambitionen bei der jungen Dame. Wie hieß sie doch gleich?“ Typisch Papa, dachte ich nur.

„Natalie Jong“, warf nun Lukas ein und grinste bis über beide Ohren.

Wolfgang musste sich das Lachen verkneifen, konnte aber ebenfalls ein Grinsen nicht vermeiden.

„Also kann ich ihr zusagen?“, wollte Wolfgang jetzt wissen.

„Auf jeden Fall“, kam es gleichzeitig von Lukas und mir. Papa guckte etwas komisch aber dann:

„Ok ok, da kann ich ja jetzt nicht mehr Nein sagen. Mach das, Wolfgang.“ Von uns beiden gab es dazu nur den Daumen hoch.

„Aber erst nach der Qualifikation. Also vielleicht so gegen 18 Uhr. Oder vielleicht wäre es ja noch besser, wir laden sie zum Essen ein. Dann können wir erst mal ein wenig so beim Essen reden ohne Kameras, da lernt sie dann auch mal Leif kennen und anschließend dann das Interview. Was meint ihr, Jungs?“

„Coole Idee, finde ich gut“, meinte ich dazu.

So wurde es dann auch gemacht. Die Zeit war nun vorangeschritten und ich konnte sehen, dass das Auto bereits wieder komplett zusammengebaut war und jetzt konnte man auch hören, dass etwas passierte. Denn der Motor wurde gestartet und die Gänge wurden durchgeschaltet. Dazu stand das Auto aufgebockt und ein Mechaniker saß im Cockpit und bediente die Schaltwippen. Es sah alles soweit gut aus. Die Ingenieure überprüften die Werte auf der Telemetrie und dann wurde der Motor wieder abgestellt. Das Auto wurde abgelassen und Papa hatte sich bereits den Helm wieder aufgesetzt. Er stieg nun ein und ließ sich festschnallen. Dann legte er den Gang ein und rollte aus der Box wieder auf die Strecke. Er hatte noch eine gute Stunde Trainingszeit. Allerdings war es in „Le Mans“ so, dass alle Fahrer eine Runde in der erforderlichen Mindestzeit absolvieren mussten, um zugelassen zu werden. Das hieß also, jeder der drei Piloten musste noch eine Runde auf Zeit fahren. Das Auto war noch nicht richtig abgestimmt, es könnte also mit der Zeit eng werden. Nach wenigen Minuten bekam ich über meinen Kopfhörer mit, dass Papa grünes Licht gab. Das Auto lief sehr gut und er wollte nun mit der Zeitenjagd beginnen. Innerhalb von vier Runden hatte Papa das Auto auf den sechsten Platz gefahren. Das würde völlig reichen und er kam zurück an die Box, um das Auto an Loic zu übergeben. Das Training verlief nun also völlig normal und am Ende der Session war Tom die viertschnellste Zeit gefahren. Damit waren alle zufrieden.

Nun hatten wir bis zur Nightsession etwas Zeit. Papa ging, wie die anderen Piloten, zum Duschen und wir ins Hotel zurück. Dort konnten wir im TV einen aktuellen Bericht über diese Qualifikation sehen. Komischerweise waren auch wir des Öfteren im Bild gewesen. Nun wurde angekündigt zu einer Boxenreporterin zu schalten. Wir staunten nicht schlecht. Es war Natalie, die jetzt aus den Boxen berichtete und einige Interviews mit anderen Piloten machte. Sie kündigte auch für später einen Bericht von unserem Team an. Lukas und ich machten uns auch ein wenig frisch und dann gingen wir zu Leif ins Zimmer. Papa war ja wieder zurück zum Meeting gegangen. Wir klopften also bei Leif an und nach dem „Herein“ betraten wir das Zimmer. Leif saß nur mit T-Shirt und Boxershort mit nassen Haaren auf dem Sofa vor dem Laptop. Er schrieb mit irgendwem. Er hatte uns noch nicht richtig bemerkt. Ich ging zu ihm und stand nun hinter ihm. Ich konnte also jetzt sehen, mit wem er schrieb. Es war jedenfalls weder Tommy noch Nico. Ich hatte so einen Verdacht. Erst jetzt bemerkte er, dass ich hinter ihm stand. Da beendete er recht schnell dieses Gespräch. Allerdings kamen zum Schluss drei Herzen von der anderen Seite. Das konnte ich noch sehen. Was war das denn? Mein kleiner Bruder auch auf dem Pfad der Liebe? Ich tat so, als ob ich das nicht bemerkt hätte. Lukas zog Leif nun mit seinem Outfit auf.

„Also Leif, so können wir aber nicht zum Essen mit dir gehen. Oder willst du alle Mädels auf dich ziehen?“ Leif streckte ihm die Zunge raus und da wollte ich noch einen draufsetzen.

„Ich denke eher nicht alle Mädels, aber wohl eines.“ Dabei grinste ich richtig fies. Leif wurde rot und er stürzte sich auf mich und begann mich zu kitzeln. Damit hatte ich nicht gerechnet. Innerhalb kürzester Zeit lag ich auf dem Boden und war machtlos. Lukas half mir aber glücklicherweise und hob Leif einfach von mir weg. Das fand Leif wiederum nicht besonders toll. Nach wenigen Augenblicken hatten wir uns beruhigt und Leif zog sich seine Sachen an und wir gingen nun zum Essen in den Catering-Bereich. Dort wollten wir uns ja mit Papa treffen. Papa wartete bereits auf uns und er war nicht allein. Er unterhielt sich bereits mit Natalie, und als wir zu ihnen kamen, stellte er sie insbesondere Leif vor. Wir begrüßten uns und dann setzten wir uns an einen Tisch. Ich war jetzt schon etwas neugierig, was denn eigentlich geplant war.

„Entschuldigung aber warum sind wir wieder mit dem Bericht dran? Es gibt doch auch viele andere Fahrer.“

Natalie schmunzelte und gab eine direkte Antwort: „Aber es gibt keinen Rennfahrer, der so berühmt ist und sich gleichzeitig noch so toll um seine Kinder kümmert. Schon gar nicht an der Rennstrecke.“

„Ich wäre auch froh, wenn er sich nicht nur hier so um uns kümmern würde, sondern auch zu Hause.“ War der absolut nicht ernst gemeinte Kommentar von Leif dazu. Natalie sah ihn an, als wenn er gerade ein Gespenst sei. Papa lachte sich halb tot und das verwirrte die gute Natalie noch mehr.

„Also nehmen sie das bloß nicht so wörtlich, was mein Jüngster da sagt. Er meint das nicht so wörtlich. Allerdings hat er ja schon irgendwo recht. Ich bin viel zu selten bei meinen Jungs zu Hause. Und das wollte er damit wohl sagen. Ich kann es auch verstehen. Wir haben uns in den letzten Wochen eigentlich immer nur an den Rennstrecken länger gesehen. Ich versuche ja schon, das so oft wie möglich einzurichten, aber für eine richtige Familie ist das eindeutig zu wenig.“

Natalie war überrascht über diese direkte Art von Papa. Sie stellte nun Leif folgende Frage dazu: „Wie würdest du es denn gerne haben wollen. Ihr lebt ja in einem Internat in der Schweiz und gerade du wirst deinen Vater noch am ehesten brauchen.“ Leif überlegte einen Moment und ich spürte, er wollte am liebsten von dem Hausprojekt erzählen, aber das ließ er dann doch sein.

„Also am liebsten wäre mir, er würde nicht nur alle paar Monate mal mit uns an der Rennstrecke sein, sondern wir würden an den normalen Wochenenden zusammen irgendwo leben und ich könnte ihn immer mal fragen, wenn ich ein Problem oder so habe.“

Papa spürte auch, in dieser Aussage steckte viel Wahrheit. Natalie hatte ein gutes Gespür für die Situation.

„Du vermisst ihn schon oft, oder?“

„Ja, absolut. Ich bin ja noch nicht so alt wie meine Brüder. Die wollen oft allein unterwegs sein. Ich würde gerne häufiger mit Papa abends zu Hause sitzen und gemeinsam etwas machen.“

„Nun, das stimmt so auch nicht ganz“, warf Lukas nun ein, „ich bin auch gerne mit Papa zusammen und genieße diese Zeit. Für mich ist das absolut etwas Besonderes wieder eine Familie zu haben. Der Verlust meiner Eltern hat mich sehr belastet und ich bin sehr glücklich darüber, dass mich Marc in seine Familie aufgenommen hat und ich mit Mick zusammen bin.“

„Es ist schon einigen Kollegen aufgefallen, mir insbesondere, weil ich euch aus Spa schon kenne, dort ward ihr noch viel zurückhaltender.“

„Was ist schon aufgefallen?“, wollte Papa nun wissen.

„Nun ja, ihre Söhne zeigen sich offen und sie haben auch kein Problem mehr damit allen zu zeigen, dass sie ein Paar sind. Es gibt viele Bilder, wo sie gemeinsam zu sehen sind und das in eindeutiger Position.“ Papa war das nicht so wirklich angenehm, aber als ich auch klar dazu sagte: „Ich habe mit meinem Freund darüber gesprochen. Wir lieben uns und stehen dazu, dass wir schwul sind. Mittlerweile weiß es auch jeder aus unserem Freundeskreis und in der Schule. Also warum hier wieder verstecken. Ich finde, wer damit ein Problem hat, ist selber Schuld und das werden wir nicht zu unserem Problem machen. Wer es wissen will, bekommt eine ehrliche Antwort. Bislang hat uns aber noch niemand ernsthaft belästigt. Einige Problemsituationen gab es sicherlich, aber mit einem offenen Gespräch konnte das geregelt werden.“

Papa wollte jetzt auch dazu etwas sagen, aber Leif war schneller:

„Ich finde, wer heute mit Menschen ein Problem hat, nur weil sie das gleiche Geschlecht lieben, sollte zum Außenseiter werden. Es ist doch eigentlich völlig egal, welches Geschlecht der Mensch hat, den man liebt.“

„Nicht nur eigentlich, es ist egal. Klasse Aussage, mein Sohn. Ich freue mich darüber, dass du so klare Worte findest.“ Kam nun von Papa dazu.

„Respekt“, meinte nun auch Natalie und stellte nun eine schwierige Frage: „Möchtest du nicht diese Aussage nachher auch vor der Kamera machen? Ich finde das toll, wie du mit deinen dreizehn Jahren so klar Stellung beziehst. Davon können sich viele Erwachsene eine Scheibe abschneiden.“ Allerdings war Papa bei dieser Frage unerbittlich.

„Nein, Leif wird nicht vor der Kamera sein und auch kein Interview geben. Es gelten die gleichen Regeln wie in Spa.“ Leif merkte, das war endgültig und er zeigte auch kein Interesse, sich da mit Papa anzulegen.

„Selbstverständlich, ich kann es auch gut verstehen, wenn Leif noch nicht in die Öffentlichkeit soll. Ich werde das respektieren.“

Wir unterhielten uns nun noch einige Minuten über unser Internat und die Schule und andere normale Dinge. Dann wurden wir gebeten, mit Natalie in das improvisierte Studio im Pressezentrum zu gehen. Dort sollte das Interview aufgenommen werden. Die Sitzordnung war nur dieses Mal etwas anders. Jetzt saß Lukas direkt neben mir und Papa saß seitlich von uns am Tisch. Das Interview verlief sehr konzentriert und bis zu dem Moment als Natalie folgende Frage stellte, auch recht unspektakulär.

„Was würdet ihr tun, wenn eure Schule euch nicht akzeptieren würde. Ihr habt ja eine Schule, die euch gut unterstützt. Oder kennt ihr vielleicht den Fall aus Deutschland, wo ein Paar ähnlich wie ihr die Schule verlassen musste, weil sie schwul waren. Sie wurden sogar von einigen Lehrern gemobbt.“

„Nein, diesen konkreten Fall kennen wir nicht, aber ich würde für unsere Schule behaupten, dass so etwas nicht vorkommen wird. Gerade unsere Lehrer und insbesondere unser Direktor, an dieser Stelle mal liebe Grüße Herr Steyrer, sind sehr offen für solche Dinge. Er hat uns sehr unterstützt, als wir merkten, dass wir zusammen sein wollten. Es war nicht einfach, aber mittlerweile ist es absolut normal an unserer Schule. Ich bin sogar seit einigen Wochen der stellvertretende Schülersprecher. Lukas ist Pate einer sechsten Klasse und auch dort sehr beliebt und anerkannt.“

Natalie wunderte sich doch etwas über unsere offenen Antworten und wir diskutierten sehr angeregt, als sie dann das Thema wieder auf dieses andere Paar lenkte, welches die Schule verlassen musste. Sie bat nun zwei weitere Personen zu uns an den Tisch. Ich sah zwei Jungs, die in etwa so alt sein mussten wie wir. Natalie stellte sie uns vor. Sie hießen Stefan und Mario, waren fünfzehn und sechzehn Jahre alt und kamen aus dem Süden Deutschlands. Papa begrüßte sie auch sehr herzlich und bat sie darum ihre Geschichte zu erzählen. Allerdings war diese Geschichte weitaus weniger erfreulich. Sie hatten wirklich schlimme Dinge erlebt. Es gab wohl sogar einige Drohungen. Sie waren gezwungen, mit ihren Eltern den Wohnort zu wechseln. Allerdings hatte das ihre Liebe nicht zerstört. Ihre Eltern hatten zu ihnen gehalten. Papa war sichtlich beeindruckt von den Jungs. Er stellte dann allerdings eine Frage, die ich so nicht erwartet hatte.

„Habt ihr oder vielmehr eure Eltern nicht daran gedacht, eure alte Schule zu verklagen? So wie ich das von euch gehört habe, ist da vieles falsch gelaufen. Auch rechtlich einiges, das nicht korrekt war.“ Mario wurde nun sehr traurig und verbittert. Er gab dazu folgende Antwort:

„Sicherlich haben wir das überlegt. Was wäre nur dann gekommen? Wir hätten doch auch nicht an unserer Schule bleiben können. Außerdem hätte das sehr viel Geld gekostet, das konnten sich unsere Eltern nicht leisten.“ Das machte uns, insbesondere Lukas und mich sehr betroffen.

„Würdet ihr heute den Namen der Schule nennen wollen?“, fragte Natalie nun.

„Nein, wir wollen keinen neuen Ärger. Ich bin nur froh, dass unsere neue Schule uns so gut aufgenommen hat, obwohl wir gleich gesagt hatten, dass wir schwul sind. Auch unsere Klassenkameraden haben das sehr gut aufgenommen.“

Papa wurde richtig ärgerlich: „Also ich finde das einfach nur peinlich in einem Land wie Deutschland noch derart mittelalterliche Haltungen zu haben. Lehrer und Schulleiter haben an dieser Stelle klar versagt. Sie haben sich für alle Schüler gleich einzusetzen, da darf es keine Rolle spielen, ob hetero oder schwul. Es geht doch um den Schüler als Mensch. Traurig, dass Deutschland da leider keine Vorbildfunktion hat.“

Stefan sagte dazu: „Wissen sie Herr Steevens, dass ein so prominenter Mann wie sie, sich so klar dazu äußert, ist sehr selten. Ich finde es auch richtig mutig von ihren Söhnen, so offen mit ihrer Homosexualität umzugehen. Ich finde diese Haltung leider viel zu selten in unserer Gesellschaft. Hätten wir damals eine derartige Unterstützung gehabt, hätten wir zumindest versucht, dafür zu kämpfen dort bleiben zu können.“

Dieses Gespräch entwickelte sich immer mehr mit einer Eigendynamik. Wir merkten gar nicht, wie schnell die Zeit um war. Erst als der Aufnahmeleiter Natalie ein Zeichen gab, beendete sie unser Gespräch. Wir waren sehr zufrieden, denn wir hatten so dieses Thema öffentlich gemacht. Papa hatte uns sehr unterstützt, und als wir fertig waren, luden wir Stefan und Mario noch zu uns ein. Wir gingen in das Hotel und tranken noch einige Cola. Wir unterhielten uns noch recht lange. Ihre Eltern waren auch da und wir tauschten noch unsere Adressen und Telefonnummern aus. Dann verabschiedeten wir uns, und ich hatte mir ganz fest vorgenommen, die beiden wieder zu treffen. Lukas fand sie auch sehr nett. Papa und Leif waren an der Strecke geblieben. Denn das Nachttraining hatte bereits begonnen, als ich mich mit Lukas auch wieder auf den Weg in die Boxen machte.

Diesmal sollte das Training ohne große Zwischenfälle verlaufen. Papas Auto fuhr auf den dritten Startplatz und das Schwesterauto auf den zweiten Platz. Damit waren alle sehr zufrieden. Die Autos und das Equipment wurden bereits noch in der Nacht wieder verpackt und am nächsten Morgen sollten alle Richtung Deutschland aufbrechen. Wir gingen nun weit nach Mitternacht ins Hotel zurück und Leif, Lukas und ich waren völlig erschöpft. Ich ging mit Lukas direkt ins Bett. Leif und Papa bleiben auch nicht mehr viel länger wach.

Am nächsten Morgen fehlten mir einige Stunden Schlaf und entsprechend müde und erschöpft fühlte ich mich. Lukas kam genauso schwer aus dem Bett und wir quälten uns unter die Dusche. Als wir danach dann einigermaßen wach unsere Sachen anzogen und uns zum Frühstück bewegten, stellten wir fest, dass Papa und Leif schon an der Strecke waren. Also waren wir allein beim Frühstück. Wir hörten schon die ersten Motoren. Wir waren wohl spät dran. Allerdings bemerkte ich eine andere Stimmung beim Frühstück. Ich hatte das Gefühl, wir würden beobachtet. Auch einige Mitarbeiter des Hotels beäugten uns genau. Irgendwie ein seltsames Gefühl. Der Kellner kam an unseren Tisch und begrüßte uns sehr freundlich und legte uns eine französische Tageszeitung auf den Tisch. Er klopfte uns beiden auf die Schulter und wünschte uns einen schönen Tag. Kurze Zeit später kam ein junger Mann zu uns an den Tisch. Er begrüßte uns auf Deutsch mit einem französischen Akzent und bat uns um ein Autogramm. Jetzt wurde ich aber doch nachdenklich. Mich hatte noch nie jemand um ein Autogramm gebeten. Deshalb fragte ich den jungen Mann, warum er denn von uns ein Autogramm möchte. Er antwortete mir, dass er den Bericht im Fernsehen gesehen hatte und er uns für den Mut bewunderte, so offen zu erklären schwul zu sein. Auch dass mein Vater sich so klar dazu äußerte, fand er toll. Leise fügte er hinzu, dass er auch schwul sei, sich aber im Hotel nicht trauen würde sich zu outen. Er hatte Angst seinen Job zu verlieren. Wir gaben ihm wie gewünscht unser Autogramm. Dann nahm Lukas die Zeitung und bekam große Augen. Auf der Sportseite wurde ein großes Bild von uns gezeigt, wie wir in dem Studio saßen. Außerdem wurden zwei Bilder gezeigt, auf denen wir uns eindeutig küssten. Ich schaute etwas überrascht aber irgendwie war es auch nicht mehr unangenehm.

Dann gingen wir rüber zur Strecke. Auch dort wurden wir genau beobachtet und von viel mehr Leuten persönlich begrüßt. Papa hatte sich von der Boxenmauer zu uns umgedreht und beobachtete das Geschehen. Ich konnte sein Grinsen genau erkennen. Er schien es zu genießen, dass wir so viel Aufmerksamkeit bekamen. Also dass unser Interview ein derartiges Echo haben würde, hatten wir überhaupt nicht erwartet. Endlich waren wir bei Papa angekommen.

„Guten Morgen meine neuen Pressestars. Alles gut überstanden?“ Dabei grinste er und umarmte uns zur Begrüßung.

„Man Papa, das ist ja schon peinlich. Wir mussten sogar schon ein Autogramm geben. Ich hoffe, das geht schnell wieder vorbei.“

„Nun, dieser Bericht hat große Wellen geschlagen. Ach ja, ich habe übrigens eine Mail bekommen von eurem Direktor.“ Jetzt musste ich aber schlucken. Was hatte denn das zu bedeuten? Auch Lukas wurde zusehends angespannter. Leif hingegen stand neben Papa und lachte sich halb tot, als Papa uns das sagte.

„Was hat er denn geschrieben? Und wieso weiß der denn da schon von?“

„Nun, er ist halt ein Motorsportfan und der Bericht wurde bereits gestern dort gesendet. Er bedankt sich für die Grüße von euch und wünscht uns ein schönes Wochenende - Allerdings will er euch auch am Dienstag wieder pünktlich in der Schule sehen.“ Dabei zwinkerte uns Papa freundlich zu. Ich bekam große Augen. Lukas freute sich sichtlich und irgendwie war heute ein besonderer Tag. Ich hatte eigentlich noch gar nicht bemerkt, dass das letzte Training bereits begonnen hatte. Es wurde von Papas Team aber auch nur noch für Funktions- und Verbrauchstests genutzt. Die Qualifikation war geschafft und es wurde nicht mehr auf Topzeiten gefahren. Allerdings hatten sich noch nicht alle Teams qualifiziert und von daher war auch noch viel los auf der Strecke. Wir standen nun mit Papa in der Box an seinem Auto. Es wurde gerade neu betankt und Papa sollte jetzt einen Verbrauchstest fahren. Tom hatte schon einen Run gemacht und war sehr zufrieden mit dem Auto. Er gab Papa noch einige Informationen zur Strecke und dann stieg Papa in sein Auto. Wir wünschten ihm viel Glück und dann wurde die Tür geschlossen, der Motor angelassen und er rollte aus der Box. Leif stand wie schon gestern bei Wolfgang an dem Kommandostand vorne an der Boxenmauer. Die Stimmung war deutlich gelöster als gestern. Die technischen Probleme von gestern waren vergessen, alles lief völlig reibungslos. Dann fiel mir auf, wir hatten in dem ganzen Trubel gestern Tim gar nicht mehr groß gesehen. Er stand bei Manuel in der Box und ich hatte ein richtig schlechtes Gewissen. Wir hatten uns gestern kaum gesehen. Das wollte ich jetzt aber nachholen. Ich ging also zu ihm und wir begrüßten uns sehr herzlich.

„Mensch Tim, entschuldige bitte, dass wir gestern so wenig zusammen waren. Ich hatte zu viele andere Dinge im Kopf. Wie war denn dein Wochenende bisher?“

„Moin Mick, ist schon alles in Ordnung. Ich habe es ja mitbekommen. Auch heute Morgen die Resonanz eures Fernsehauftritts. Respekt, kann ich da nur sagen. Manuel war total begeistert von euch. Wer hätte das vor einigen Wochen gedacht.“

„Ach hör bloß auf. Das war heute schon fast peinlich. Aber wie meinst du das mit deiner Aussage?“

„Naja, ihr seid doch so unsicher und ängstlich gewesen, und heute ist davon überhaupt nichts mehr zu sehen. Ich finde das wirklich ganz toll.“ Dabei umarmte er mich und ich freute mich wirklich über seine Worte.

Nachdem das Training ohne weitere Zwischenfälle für unser Team zu Ende ging, trafen wir uns alle im Hotel wieder. Auch Papa war schon zu uns gekommen. Es gab wohl kaum besondere Dinge zu besprechen. Es war mittlerweile Sonntagnachmittag und das Team packte nun das Equipment zusammen und wir überlegten, was nun als Nächstes kommen würde. Papa erklärte uns sein Programm für die nächsten Wochen. Zuerst kam ja „Le Mans“ am kommenden Wochenende und bereits in vier Wochen das wichtige Rennen in den USA. Es war eine Premiere auf der Strecke. Er würde also morgen früh schon nach Deutschland fliegen. Für uns war nun die Entscheidung gekommen, ob wir schon heute zurückfliegen würden. Dann könnten wir morgen schon wieder zur Schule gehen und Papa hatte nicht den Stress mit uns ganz früh zum Flughafen zu müssen. Allerdings hatte Papa meinen Geburtstag in der kommenden Woche überhaupt nicht erwähnt.

„Papa, ich habe eine Frage. Wie sieht das am Donnerstag aus? Ich werde wohl auf dich verzichten müssen, oder?“ Nun spürte ich eine gewisse Beklemmung bei allen. Auch Leif sah nun Papa erwartungsvoll an.

„Mick, es tut mir leid, aber ich werde an deinem Geburtstag nicht kommen können. Dafür komme ich auf jeden Fall zu eurem Abschlussfest. Ihr kommt dann auch mit nach Texas. Das ist versprochen.“ Ich hatte es schon fast erwartet, dass er nicht kommen würde, dennoch war ich enttäuscht. Papa spürte das auch und er nahm mich tröstend in den Arm. Lukas baute mich allerdings mit einem lockeren Spruch wieder auf.

„Ok Papa, aber dann musst du versprechen, beim Sommerfest den Geburtstag gebührend nachzuholen.“ Wir brachen alle in lautes Gelächter aus. Dann entschieden wir uns schon heute nach Hause zu fliegen.

Zum Abschied am Flughafen sprach Papa noch mal mit uns über das Sommerfest.

„Bevor ich das vergesse. Ich habe drei Dinge für eure Tombola bereitgestellt. Ich werde sie euch Dienstag aus Deutschland schicken, damit ihr sie rechtzeitig für die Tombola einplanen könnt. Du kannst also Marco ausrichten, dass ihr das fest einplanen könnt. Es wird ein Helm, ein Rennanzug und eine Team-Jacke mit allen Unterschriften sein.“

„Papa, darüber werden sich alle sicher unheimlich freuen. Vielen Dank dafür.“ Ich umarmte ihn noch einmal, dann ergänzte er noch: „Sag bitte Marco noch, ich möchte mit ihm am Fest ein Gespräch haben. Es geht um diese Familie, die ihr unterstützen wollt. Ich habe mir auch dazu noch etwas überlegt.“

Dann wurde es Zeit. Tim hatte sich von Manuel bereits an der Strecke verabschieden müssen. Wir trennten uns nun und ich spürte wieder diese Traurigkeit bei mir. Wieder würde ich einige Wochen ohne Papa auskommen müssen. Leif war auch deutlich anzumerken, wie traurig er war. Was uns aber aufbaute, war der Gedanke, dass es ja bald anders werden würde. Papa hatte ja zugesagt sich ein Haus zu suchen in unserer Nähe. Wir gaben unser Gepäck auf und bekamen unsere Bordkarten. Dann waren wir wieder allein auf dem Weg zum Flugzeug. Lukas hatte ich im Arm und Leif ging mit Tim zusammen die Treppe zum Flugzeug hoch. Wir waren alle etwas müde von dem Wochenende und auch nachdenklich.

Marc: Abschied von den Jungs und Planung für die nächsten Wochen

Schon wieder war die gemeinsame Zeit mit meinen Jungs vorbei. Ich musste schnellstmöglich diese Situation verändern. Je mehr wir gemeinsam Zeit verbrachten, desto stärker wurde das Gefühl, wir müssten ein Familienleben haben. Ich winkte meinen Jungs noch einmal, dann war ich wieder allein. Ich hatte jetzt schon wieder ein schlechtes Gewissen. Mein Flieger ging erst am nächsten Morgen, deshalb fuhr ich ins Hotel zurück und machte noch einige Telefonate. Ich klärte mit Tims Vater den Termin mit dem Haus und ich stimmte mich mit meinem Management ab, einige Termine zu ändern. Ich würde ja am Donnerstag noch mal in die Schweiz fliegen zu Micks Geburtstag. Am nächsten Morgen ging es wieder nach „Le Mans“ zum Rennen. Anschließend hatte ich drei Tage frei. Die waren allerdings für Termine in Deutschland belegt. Dann flog ich für ein paar Tage in die USA zu einer Repräsentationsveranstaltung unseres Herstellers. Eigentlich wollte ich dann eine Woche in den USA bleiben bis zu dem Rennen in Texas. Das hatte ich aber nun anders geplant. Ich würde zurückfliegen, um an dem Abschluss von Mick und Lukas teilzunehmen. Dann wieder mit den Jungs nach Texas. Erst nach dem Rennen in Texas hatte ich drei Wochen Urlaub. Den wollte ich auch mit den Jungs gemeinsam in den Staaten verbringen. Allerdings, sollte der Hauskauf bis dahin klar sein, würden wir in dieser Zeit unseren Umzug machen. Für mich also sehr anstrengende Wochen bis zum Urlaub. Einen weiteren Termin wollte ich noch persönlich klären für den Donnerstag. Es ging um Micks Geschenk. Er bekam von mir einen Gutschein für seinen Führerschein und etwas ganz Besonderes. Das musste ich noch klären, dass dieses Geschenk dann auch fertig war.

Die ersten Tage der neuen Woche war ich in Deutschland im Werk in Ingolstadt. Es gab dort einiges an den Wagen für „Le Mans“ zu tun. Die Ingenieure hatten für das 24 h Rennen einige besonderen Dinge entwickelt, die ich noch testen sollte. Alles lief recht routiniert ab und ich konnte alle Aufgaben abarbeiten. Ich telefonierte jeden Tag mit meinen Jungs und hörte auch von dort keine besonderen Ereignisse. Nur dass Mick für den Donnerstagabend seine engsten Freunde zum Essen und Billard eingeladen hatte. Das fand ich eine schöne Idee. Lukas hatte mir gesagt, dass sie nachmittags nichts vor hätten. Ich konnte also mit ihnen den Nachmittag verbringen. Vielleicht würde ich auch den Abend noch mitfeiern.

Marc: Micks Geburtstag und weitere Überraschungen

Ich hatte mir für den heutigen Tag ein ganz besonderes Fahrzeug ausgesucht. Das Wetter war schön und ich hatte mir ein Trike ausgesucht. Damit würde ich dann mit Mick und Lukas eine Runde drehen zum Geburtstag. Ich holte also am Flughafen die Schlüssel, hinterlegte die Kaution und fuhr damit zuerst einmal zu Tim. Dort stellte ich mein Gepäck ab. Das Geschenk für Mick hatte ich auch schon dabei. Ich ließ alles bei Tim und fuhr dann mit Tims Vater zu dem ersten Termin. Er hatte noch ein weiteres Haus für uns ausgesucht. Als wir uns zu der „Geheimmission“ aufmachten, fragte er mich noch:

„Sag mal Marc, wie schaffst du das alles zurzeit. Du bist ja mehr im Flieger als irgendwo anders. Ist das nicht sehr anstrengend?“

„Sicher aber ich will so oft wie möglich mit den Jungs zusammen sein. Außerdem ist das ja bald vorbei. Ich denke, du wirst für uns schon das richtige Haus finden.“

„Ich glaube sogar, dass ich bereits das passende gefunden habe. Lass uns fahren.“

Also fuhren wir mit dem Trike, er wollte unbedingt damit fahren. Er hatte so etwas bislang noch nicht gefahren. Nach wenigen Minuten Fahrzeit standen wir vor einem Haus, nein eigentlich eher ein Anwesen. Wunderschön etwas außerhalb gelegen mit einem tollen Garten rund um das Haus herum. Es hatte auch eine Dachterrasse und ich konnte eine Solaranlage auf dem Dach erkennen. Was mich allerdings stutzig machte, war eine Außentreppe zum seitlichen Dachgiebel. Der Garten war perfekt gepflegt und machte dabei aber dennoch den Eindruck von einem nutzbaren Garten. Also nicht nur schön, sondern auch zu nutzen. Es gab eine kleine Holzhütte hinter dem Haus und davor gab es eine tolle Feuerstelle mit einem großen Schwenkgrill. Das überzeugte mich schon mal auf Anhieb. Wir standen nun hinter dem Haus im Garten und schauten auf das Gebäude. Es war ebenfalls in einem Landhausstil gehalten und hatte dunkle Dachziegel. Es gab eine großzügige Terrasse mit Rattan-Möbel darauf. Einzig die Metalltreppe nach oben störte mich etwas. Der erste Eindruck war toll. Tims Vater ging nun voran und wir betraten das Haus. Das Erdgeschoss bestand aus einem Flur, ähnlich einer kleinen Empfangshalle. Von dort gelangte man in alle Bereiche des Hauses. Der Zugang zur Küche war offen, genau wie zum Wohnzimmer. Das Wohnzimmer lag drei Stufen tiefer und man konnte von dort direkt über die Terrasse in den Garten gehen. Es gab überall helle Böden und viel Licht. Die offene Gestaltung fand ich sehr schön. Man konnte von der Küche über den Essbereich auch ins Wohnzimmer gelangen. Lediglich die Schlafzimmer waren vom Flur aus zu erreichen. Das große Schlafzimmer hatte ebenfalls einen Zugang zum Garten über eine kleine Terrasse. Es gab unten noch zwei weitere kleinere Schlafzimmer mit jeweils eigenem Bad. Ich hatte mir im Kopf schon ausgemalt, hier würde Leif sicher eins davon bekommen aber für Lukas und Mick war das andere Zimmer zu klein. Es war ein sehr schönes Gästezimmer. Die Küche war ein Traum. Modernste Technik und dennoch gemütlich. Viel Platz um auch mit mehreren Leuten hier zu kochen. Vom Flur gab es noch zwei Türen, die wir noch nicht geöffnet hatten. Tims Vater meinte nun, wir sollten mal eine Etage nach unten gehen. Also gingen wir durch die rechte Tür über eine sehr breite und schöne Treppe nach unten. Dort verschlug es mir fast die Sprache. Wir kamen in eine von außen nicht erkennbare Tiefgarage. Dort hatten mindestens sechs oder sieben Autos Platz. Es gab noch eine Sauna und einen kleinen Raum, der als Fitnessbereich ausreichend groß war. Die Luft war überhaupt nicht feucht oder muffig. Wie mir Tims Vater erklärte, war das gesamte Haus voll klimatisiert. Auch dieses Kellergeschoss. Ich war total beeindruckt. Allerdings hatte ich das Problem, wo sollte ich Mick und Lukas unterbringen. Tims Vater sah in meinem Gesicht die Skepsis.

„Marc, was geht dir gerade durch den Kopf? Irgendetwas stört dich doch.“

„Kannst du Gedanken lesen? Ich sehe noch keine geeignete Lösung für Mick und Lukas in diesem Haus.“

Er lachte nun und meinte vielsagend: „Ganz ruhig, wir sind ja noch nicht fertig. Komm lass uns wieder nach oben gehen.“ Kurze Zeit später standen wir wieder in dem Flur und dann öffnete er mit einem weiteren Schlüssel die letzte noch unbekannte Tür. Dahinter lag erneut eine Treppe. Diesmal aber führte die nach oben. Dort kamen wir in eine komplette weitere Wohnung. Mit einem großen Wohnzimmer mit Dachterrasse. Eine kleine Küche und ein Schlafzimmer mit angrenzendem Bad. Ebenfalls alles sehr gemütlich aber Modern eingerichtet. Über den kleinen Flur gelangte man auch zur Außentreppe. Also ein eigener Eingang für diese Wohnung. Die Außentreppe war allerdings wie schon gesagt nicht sonderlich schön. Das würde ich auf jeden Fall ändern lassen. Es gab auch hier noch ein Gäste- oder Kinderzimmer. Was für ein Haus!

Ich hatte innerlich für mich eine Entscheidung getroffen. Jetzt musste ich nur noch meine Jungs davon überzeugen. Was sie auch noch nicht wussten, ich hatte seit einer Woche die Zusage der Schweizer Behörden hierher ziehen zu können. Also konnte ich nun auch ein Haus kaufen.

„Also eines muss ich dir lassen. Du hast hier einen Traum von Haus gefunden. Ich würde es sofort nehmen, allerdings habe ich zwei Dinge, die ich noch klären muss.“

„Was stört dich noch?“, meinte nun Tims Vater.

„Also die Treppe draußen geht für mich so gar nicht. Da muss eine Holztreppe hin, passend zum Haus, und ich muss meine Jungs davon überzeugen, hier einziehen zu wollen. Es ist ja ein wenig weiter vom Internat als das andere Haus.“

„Das stimmt schon, aber Mick und Lukas werden ja irgendwann einen Führerschein haben und es gibt eine sehr gute Busverbindung. Mit dem Rad sind es auch nur 20 Minuten bis zum Internat. Es gibt da einen direkten Radweg. Mit dem Auto ist es deutlich weiter.“

Ich war einfach nur begeistert, Tims Vater hatte wirklich an alles gedacht. Ich hätte am liebsten sofort zugeschlagen. Aber erst die Jungs würden es entscheiden.

„Sag mal, schaffen wir das heute mit den Jungs hierherzukommen? Ich möchte, dass sie sich das ansehen.“

„Sicherlich. Ich denke, das lässt sich einrichten. Wie wäre es denn, wenn du hier die Geschenkübergabe machen würdest. Also sozusagen als Höhepunkt dann das Haus ansehen.“

„Klasse Idee, könntest du das hier mit Tim vielleicht vorbereiten? Die Geschenke habe ich ja schon bei euch liegen. Und heute Abend hat Mick ja zum Essen und Billard eingeladen. Er weiß ja noch gar nicht, dass ich doch zu seinem Geburtstag komme.“

„Klar, ich werde mit Tim und Nico das hier vorbereiten. Du kommst dann mit deinen Jungs einfach hierher. Ich bin mal gespannt, wie sie reagieren werden. Manuel ist ja auch schon bei uns. Er hat sich ja bis Freitag freigenommen, um dann auch nach „Le Mans“ zu fliegen. Das klappt schon.“

Ich bedankte mich bei ihm und wir fuhren nun zurück zu Tims Haus. Dort tranken wir noch einen Kaffee und Manuel begrüßte mich ebenfalls. Tim und Nico waren ja noch in der Schule. Ich nahm nun die Tasche mit den Tombola Sachen und verstaute sie auf dem Trike. Damit würde ich nach einem kleinen Umweg nun zum Internat fahren und Mick gratulieren.

Mick: Donnerstagmorgen, Geburtstag

Ich lag noch im Tiefschlaf, als ich einen leichten Druck in meinem Gesicht spürte. Der Wecker hatte noch nicht geklingelt und ich schreckte etwas hoch. Als ich die Augen öffnete, sah ich in die Augen meines Schatzes. Sie strahlten mich an und ich bekam einen leidenschaftlichen Kuss zum wach werden. Als ich dann richtig wach wurde, konnte ich erkennen, dass sich mein Lukas richtig Mühe gegeben hatte. In unserem Zimmer roch es einfach herrlich nach frischen Blumen. Auf dem Tisch stand ein herrlicher Strauß frischer Blumen mit einer blauen Schleife. An dieser Schleife hing ein Umschlag. Außerdem war Lukas bereits komplett angezogen. Ich wunderte mich doch schon sehr.

„Was geht denn hier ab? Du bist schon angezogen und der Wecker hat noch nicht mal geklingelt.“ Lukas strahlte mich an und meinte nur:

„Ja, heute ist ja ein besonderer Tag für dich, ich wollte dir auf diesem Wege einen guten Morgen und alles Gute wünschen. Jetzt musst du dich aber schnell anziehen, denn die anderen warten auf dich beim Frühstück.“ Dabei umarmte er mich liebevoll und ich wusste noch so gar nicht, was mir hier geschah. Ich zog mich also an und dann nahm ich erst mal die Karte von meinem Strauß Blumen. Dort las ich dann folgenden Text:

Guten morgen mein geliebter Schatz,

ich habe mit dir die schönste Zeit meines bisherigen Lebens verbringen dürfen und du hast mir meinen Lebenssinn zurückgegeben. Nach dem Tod meiner Eltern hast du immer ohne Fragen zu stellen, an meiner Seite gestanden. Mich in den Arm genommen, wenn ich traurig war und auch als es schwierig wurde hast du immer zu mir gestanden. Ich habe wieder eine Familie bekommen und du bist an meiner Seite. Die letzten Wochen hast du mir so viel Kraft gegeben und wir sind auf dem Weg eine wirklich tolle Familie zu werden. Unser Vater hat mir das Vertrauen gegeben und ich möchte mit dir zusammen in die Zukunft schauen. Hoffentlich werden wir noch lange eine so schöne Zeit haben.

Alles Gute zu deinem 17. Geburtstag! Bleib gesund und ich will dich nicht mehr missen.

Dein in dich verliebter Freund Lukas

Das haute mich förmlich um. Mir standen die Tränen in den Augen, ich sah meinen Lukas vor mir stehen und er gab mir einen Kuss und wir umarmten uns ganz lange.

„Vielen Dank, mein Schatz. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Eine tolle Überraschung.“

„Los komm jetzt mit. Die anderen wollen auch ihr Recht bekommen dir zu gratulieren.“ Damit zog er mich am Arm aus dem Zimmer und nach unten in den Frühstücksraum. Dort hatten sich alle meine Freunde hinter einem Tisch zu einem Halbkreis aufgebaut und erwarteten mich mit einem „Happy Birthday“. Auf dem Tisch stand eine riesige Torte mit 17 brennenden Kerzen. Daneben lagen einige kleine Päckchen und Umschläge. Ich konnte wirklich niemanden sehen, der nicht da war von meinen Freunden. Es war ein tolles Gefühl, auch einige aus den unteren Klassen waren gekommen, um mir zu gratulieren. Insbesondere Mathias mit seiner Clique. Das freute mich wirklich. So wurde also das Frühstück zum einen kleinen Event. Ich musste natürlich die Kerzen ausblasen, leider gelang mir das nicht mit einem Mal. Das führte natürlich zu Gelächter. Dann bekam ich ein riesiges Messer um die Torte anzuschneiden. Ich verteilte die Stücke an jeden meiner Freunde und zu guter Letzt bekam ich auch ein Stück davon. Nach einer viel zu kurzen halben Stunde mussten wir leider aufbrechen, um in den Unterricht zu gehen. Lukas wich mir keinen Schritt von der Seite. Heute wollte er besonders zeigen, dass wir zusammengehörten. Ich fand es einfach niedlich. Wie ein frisch getrautes Ehepaar liefen wir durch die Schule. Manchmal fand ich es auch etwas unangenehm, aber Lukas genoss es. So gönnte ich ihm den Spaß. Leider konnte ich dem Unterricht nicht fern bleiben. Allerdings sorgten meine Mitschüler dafür, dass in jeder Stunde ein wenig Zeit für die Glückwünsche draufging. Die Lehrer spielten aber auch geduldig mit und ich hatte jetzt wirklich die Bestätigung, dass wir voll akzeptiert und auch anerkannt waren. Bei nahezu allen Lehrern. Das war ein tolles Gefühl.

Ich hatte meine engsten Freunde ja abends zum Essen und zum Billard eingeladen. Allerdings hatte ich das Gefühl, irgendetwas lag noch in der Luft. Denn ich hatte noch keine Nachrichten von Tim und Manuel bekommen. Das wunderte mich doch schon etwas. Mittlerweile waren wir bereits in der letzten Stunde Unterricht angekommen. Lukas saß wie immer neben mir. Allerdings schaute er immer wieder auf sein Handy. Ich hatte das Gefühl, er wartete auf etwas.

Dann klingelte es zum Unterrichtsende und wir packten unsere Sachen. Lukas ließ sich auffallend viel Zeit und er trödelte förmlich rum. Er unterhielt sich noch mit einigen unserer Freunde und so leerte sich unsere Klasse schnell, bis wir alleine waren. Ich war etwas ungehalten über diese Trödelei.

„Sag mal Schatz, was soll eigentlich diese Trödelei heute? Du hast doch irgendwas noch im Schilde. Ich will hier keine Wurzeln schlagen.“ Lukas lachte mich an und dann nahm er mich wortlos in den Arm und wir gingen gemeinsam aus dem Klassenraum. Auf dem Weg nach unten bekam Lukas eine SMS. Er las sie und bekam ein Lächeln auf sein Gesicht. Wir gingen nun nach vorne aus der Tür in Richtung Parkplatz. Dort sah ich dann, was ich befürchtet hatte. Tim und Manuel standen dort und hatten ein großes Paket in der Hand. Sie kamen nun auf mich zu und sie umarmten mich und gaben mir beide einen Kuss auf die Wange. Dann gratulierten sie mir herzlich. Ich war wirklich total überrascht und freute mich aber auch sehr über diese Aktion. Ich begann nun das Paket zu öffnen. Es war wirklich eine Herausforderung, wie sich schnell herausstellte. Das Paket war eine Mogelpackung. Ich wühlte mich durch immer mehr Verpackung, bis nur eine wirklich kleine Schachtel über blieb. Diese war allerdings sehr edel und aufwendig. Ich hatte nun einen riesigen Berg mit Papier vor mir liegen. Ich öffnete nun die Schachtel und dann blieb mir fast die Luft weg. Ich sah eine Armbanduhr mit einem ganz edlen Lederarmband. Es war eine Schweizer Uhr, die garantiert sehr teuer war. Ganz schlicht aber wunderschön. Ich schaute Tim und Manuel völlig fassungslos an:

„Leute, seid ihr verrückt geworden, mir so ein Geschenk zu machen. Ich weiß gar nicht was ich dazu sagen soll.“

Typisch Manuel, kam die Antwort: „Wie wäre es mit: Danke.“

Dann brach allgemeines Gelächter aus. Allerdings hatte diese Situation zur Folge, dass ich nicht bemerkt hatte, dass sich ein seltsames Gefährt auf dem Parkplatz näherte. Es war ein Trike mit drei Personen an Bord. Vorne saß jemand mit einem Helm und hinten auf der Sitzbank konnte ich Nico erkennen mit Tommy. Wir sahen uns nun alle staunend an, insbesondere Leif bekam ganz große Augen. Er hatte etwas bemerkt, was mir entgangen war.

„Mick, ich glaube ich spinne. Weißt du, wer da kommt?“ Leif hatte irgendeine Kleinigkeit gesehen, die ihn sicher sein ließen.

„Man Leif, ich habe keinen Schimmer, aber das Trike ist voll geil.“ Dann hielt das Fahrzeug vor unserer Gruppe und Tommy und Nico sprangen von dem Sitz. Nico lief zu mir und gratulierte mir ebenfalls. Tommy hatte mir ja schon heute Morgen gratuliert. Ich stand nun vor dem Trike und schaute mir dieses Gerät an. Der Fahrer saß immer noch mit seinem Helm auf dem Kopf am Lenker. Allerdings dämmerte es mir langsam. Denn irgendwie kam mir der Helm bekannt vor. Es war kein normaler Motorradhelm.

Marc: Die Überraschung nimmt ihren Lauf

Ich stand nun mit dem Trike und meinem Helm auf dem Kopf zur Tarnung, auf dem Parkplatz des Internates. Die Tasche mit den Tombola Sachen hatten Tim und Manuel glücklicherweise mitgenommen. Ich hatte ja Tommy und Nico unterwegs aufgegabelt. Da hatten wir die Sachen getauscht. Tim und Nico hatten auch meine Geschenke schon im neuen Haus deponiert.

Mick und Leif standen völlig ratlos vor dem Trike und ich konnte sehen, Leif hatte etwas bemerkt. Er schaute auf den Helm. Mick war absolut ahnungslos. Er hatte nur Augen für das Trike. Dann sagte Tommy zu Mick:

„Hier ist dein Geschenk von uns. Du bekommst eine Fahrt mit deinem Lukas auf diesem Trike“ Mick sah ihn fragend an und dann strahlte er über sein ganzes Gesicht. Lukas nahm ihn in den Arm und das war die Gelegenheit, meinen Helm abzunehmen. Mick war einen Moment mit Lukas beschäftigt und ich stand nun neben dem Trike und sagte:

„Happy Birthday mein Sohn. Alles Gute zum 17.“ Danach waren alle Gesichter zu mir gewandt und Mick sah mich an, als wäre ich ein Geist. Leif fand als erster seine Sprache wieder:

„Papa, ich habe es mir gedacht, dass du dahinter steckst. Der Helm hat dich verraten.“ Dabei stürmte er auf mich zu und wir umarmten uns sehr liebevoll. Leif strahlte über das ganze Gesicht. Jetzt war auch Mick wieder in der Lage zu reden. Ich ging aber wortlos auf ihn zu und wir nahmen uns auch ganz intensiv in den Arm und ich konnte sehen, dass meinem Mick eine kleine Träne vor Freude über die Wange lief.

„Papa, ich fasse es nicht. Du bist extra meinetwegen hergekommen, trotz deiner Termine mit „Le Mans“. Ich bin einfach nur platt.“

„Tja mein Sohn, dein alter Herr Papa ist doch noch immer für eine Überraschung gut.“

„Das kannst du aber laut sagen“, meinte nun auch Lukas.

Nachdem sich Mick etwas beruhigt hatte, bat ich Tim Mick doch die Tasche für Marco zu geben. Er stellte sie an die Seite und er wollte sich erst mal das Trike ansehen. Ich bat ihn aber zuerst die Tasche an Marco zu übergeben. Mick hatte aber eine andere Idee. Er nahm sein Handy, rief irgendjemanden an und meinte dann: „Papa, Marco kommt sofort zu uns runter. Dann gib ihm doch die Sachen persönlich. Das fände ich viel schöner.“

„Also gut, so viel Zeit muss sein. Dann warten wir noch einen Moment. Ich habe nämlich noch mit euch etwas vor.“ Mick sah mich an und stutzte. „Warum? Du hast doch schon das schönste Geschenk mitgebracht. Dich!“ Jetzt musste ich lachen.

„Danke aber ich habe doch noch mehr mitgebracht. Dafür müssen wir aber eine kleine Fahrt mit diesem Gerät hier machen.“ Ich konnte spüren, Nico war kurz davor sich zu verplaudern. Er war so aufgeregt. Ich schlug deshalb vor: „Tim, fährst du mit Manuel und den anderen schon mal vor. Ich komme dann mit Mick und Lukas nach. Du weißt ja Bescheid.“ Tim grinste mich an und er lud die anderen fünf in sein Auto und somit standen Mick, Lukas und ich allein auf dem Parkplatz und warteten auf Marco. Mick konnte immer noch nicht ganz glauben, dass ich doch zu seinem Geburtstag gekommen war.

„Papa, ich bin so glücklich, dass du doch gekommen bist. Ist das nicht sehr stressig? Du musst doch Freitag schon wieder in „Le Mans“ sein.“

„Ach Mick, dafür mache ich das wirklich gerne. Ich habe aber noch ein paar Dinge, die wir machen müssen, bevor du heute Abend mit deinen Gästen feierst.“ Jetzt kam auch Marco zu uns und er war sichtlich überrascht, mich hier zu sehen. Mick zeigte auf die Tasche mit den Sachen und dann sagte er: „Hier Marco, das sind die versprochenen Sachen für unsere Tombola.“ Ich nickte ihm zu und er gab mir erst mal die Hand zur Begrüßung. Ich erklärte:

„Ich glaube, damit könnt ihr etwas anfangen. Es ist ein Helm, ein Rennanzug und eine Teamjacke. Alles wurde von mir signiert. Selbstverständlich habe ich diese Sachen auch im Rennen bereits benutzt.“ Marco sah mich mit großen Augen an und bedankte sich überschwänglich. Er musste sich leider sofort wieder verabschieden, weil er aus dem Unterricht gekommen ist. Ich meinte nur noch, dass wir uns ja beim Sommerfest wieder sehen würden. Das freute ihn sehr, dass ich hier zusagte zu kommen. Jetzt war es aber an der Zeit aufzubrechen. Ich forderte Mick und Lukas auf, sich hinten auf die Sitzbank zu setzen, startete den Motor und dann fuhren wir los. Ich konnte das Grinsen der beiden Jungs in den Spiegeln sehen. Sie aßen Arm in Arm und genossen die Fahrt. An einer Ampel fragte mich Mick dann, wo wir denn hinfahren würden. Ich schwieg wie ein Grab und dann bogen wir in die Straße ein, wo unser mögliches neues Zuhause sein würde. Die anderen waren schon da. Auch Tims Vater erwartete uns bereits. Ich parkte in der Einfahrt und meine beiden Jungs standen ziemlich sprachlos vor dem schönen Anwesen.

„Papa, warum sind wir hier? Was ist das für ein Haus und warum sind die anderen auch alle hier?“ Ich konnte bei Lukas bereits sehen, er hatte eine Vorahnung. Dann sagte ich:

„Jungs, hier habe ich für Mick seine Geschenke gelagert und hier möchte ich euch Dreien etwas zeigen. Das könnte unser neues Zuhause werden, wenn es euch gefällt.“ Nun waren alle sprachlos. „Ist das dein Ernst? Hier könnten wir wohnen?“, meinte Lukas völlig konsterniert. Ich bejahte und dann gingen wir hinein. Zuerst sollte aber Mick seine Geschenke bekommen. Ich hatte zwei längliche Koffer mitgebracht und einen Umschlag. Mick öffnete den Umschlag und er fand dort den Gutschein für seinen Führerschein drin. Er sah mich ungläubig an, dann zeigte ich auf die beiden Koffer. Er wollte eigentlich erst noch etwas sagen, aber ich gab zu verstehen, dass er erst diese Geschenke öffnen sollte. Er öffnete den ersten Koffer und in diesem waren zwei Teile eines Billard Queues. Im anderen Koffer war ebenfalls ein zweiteiliges Queue. Das Besondere daran war, bei beiden waren ihre Namen eingraviert und sie waren im Partnerlook ausgeführt. Ein Queue hatte einen dunklen Griff und einen hellen Schaft, das Andere einen hellen Griff und einen dunklen Schaft. Ich hatte sie extra anfertigen lassen. Das hatten beide nicht erwartet und ich wurde stürmisch umarmt und die Jungs freuten sich wirklich sehr. Nun konnte die Besichtigung beginnen und nach einer halben Stunde waren wir wieder in dem großen Flur im Erdgeschoss angekommen. Mick, Leif und Lukas sahen mich fassungslos an und Lukas meinte nur:

„Du musst verrückt sein, Papa. Das ist ein Traumhaus und der Garten ist der Hammer. Sag mal, willst du das ernsthaft kaufen? Das wird doch ein Vermögen kosten.“ Ich lächelte nun und fragte die anderen: „Wie gefällt euch das hier, Mick und Leif? Ich finde es hier sehr schön und würde es gerne kaufen. Aber nur wenn ihr einverstanden seid.“

„Spinnst du? Was für eine Frage, natürlich wollen wir mit dir hier wohnen“, meinte nun Leif völlig begeistert. Mick nickte nur, er war immer noch gefangen von den Eindrücken. Also ich hatte die Zustimmung von meinen Jungs, das bedeutete nun:

„Also gut, damit ist es beschlossen. Wir werden hier einziehen. Das Haus wird gekauft.“ Ich gab danach Tims Vater meine Hand und bat ihn das Notwendige zu veranlassen und die Verträge mit meinem Anwalt zu regeln. Ich gab dann noch bekannt: „Wir werden, wenn alles gut klappt, hier in der Zeit nach dem Rennen in Texas einziehen. Also keinen USA Urlaub machen, sondern Umzug in die Schweiz.“ Tims Vater hatte nun für alle noch einige Flaschen Sekt zum Anstoßen vorbereitet. Wir stießen auf eine neue gemeinsame Zukunft mit unseren neuen Freunden an und es wurde ein richtig emotionaler Moment. Insbesondere Lukas hatte zu kämpfen. Ich nahm ihn immer wieder in den Arm und beruhigte ihn. Er war sehr bewegt, dass er nun wieder ein richtiges Zuhause haben würde.

Nachdem wir nun noch einige Zeit in dem Haus verweilten und die Jungs sich mit ihren Freunden darüber freuten, hier bald ein neues Heim zu haben, fuhren wir zurück zu Tims Haus. Tim brachte dann mit dem Trike Mick und Lukas ins Internat zurück. Sie mussten sich ja noch umziehen für die abendliche Feier. Nach einer dreiviertel Stunde, ich saß mit den anderen mittlerweile im Garten, kamen sie wieder zurück und Mick stand nun direkt vor mir. Ich hatte eine Ahnung, was nun kommen würde.

„Na, mein Sohn. Was möchtest du jetzt?“ ich schaute ihn lächelnd an und er antwortete:

„Ich möchte, dass du mit uns heute Abend feierst. Ich will, dass du mitkommst zum Essen und Billard spielen.“ Ich lachte und meinte: „Meinst du nicht, ich bin schon etwas zu alt für euch. Ich mache dir einen anderen Vorschlag. Ich bleibe hier bei Tim noch einen Moment zum Essen. Wir haben noch ein paar Dinge zu regeln und ich komme dann irgendwann später und spiele mit euch ein paar Runden Billard. Aber feiern sollst du mit deinen Freunden allein. Es soll deine Feier sein.“

Mick umarmte mich und dann brachen die Jungs auf. Leif, Tommy und Nico durften bis 21 Uhr mit. Tims Mutter würde sie dann abholen und Leif und Tommy ins Internat bringen. Sie hatten ja wieder Schule am nächsten Tag.

Nachdem ich mit Tims Vater noch einige Dinge bezüglich des Hauskaufes und der Umbauarbeiten besprochen hatte, wollte ich nun Micks Wunsch erfüllen und ein paar Partien Billard mit den Jungs spielen. Bevor ich allerdings zu den Jungs ging, wollte ich entgegen der Absprache bei Salvatori die Rechnung für das Essen bezahlen. Mick hatte eigentlich darauf bestanden, alles aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Er hatte dafür gespart. Er wollte das ohne meine zusätzliche Hilfe regeln. Das gefiel mir aber überhaupt nicht. Er würde ganz sicher keine Luxusparty veranstalten. Dafür war er nicht der Typ. Ich ging also zu Salvatori und erkundigte mich nach der Rechnung und wie sich die Jungs so benommen hatten. Es war wie erwartet alles im normalen Rahmen und niemand hatte sich auffällig benommen. Also beglich ich die Rechnung und ging dann gegen halb neun ins Billard Café. Die Stimmung war bereits ziemlich gelöst. Ich konnte insgesamt zehn Personen zählen ohne die drei kleinen Jungs. Die großen Jungs hatten allesamt außer Mick irgendein alkoholisches Getränk in der Hand oder auf dem Tisch stehen. Nachdem ich von allen freudig begrüßt wurde, spielte ich ein paar Runden mit. Ich sah aber immer wieder zwischendurch in die Runde und beobachtete die Jungs. Einige kannte ich noch nicht wirklich. Mick stellte mir sie aber alle der Reihe nach vor, und ich hatte ein gutes Gefühl in diesem Kreis. Ich sah nun auch mal nach den drei „Kleinen“. Leif und Nico hatten vorbildlich eine Cola, allerdings Tommy hatte irgendein Cocktailgetränk, das ich nicht zuordnen konnte. Das gefiel mir überhaupt nicht. Ich ging also unauffällig zu Tommy hin und unterhielt mich einen Moment mit ihm. Dabei konnte ich eine deutliche Alkoholfahne riechen. Das war nicht gut. Wieso hatte der Bengel hier Alkohol bekommen? Ich überlegte einen Moment, ob ich das sofort regeln sollte oder Mick das machen sollte. Ich entschied mich für die letztere Variante. Mick war Gastgeber und verantwortlich für seine Gäste. Außerdem hätte das sicher eine viel bessere Wirkung. Als ich Mick davon unterrichtete, wurde er richtig sauer. Er nahm sich Tommy vor und ich konnte sehen, dass Mick da recht deutliche Worte gefunden haben musste. Tommy sah ziemlich geknickt aus, außerdem wurden sie nun von Tims Mutter abgeholt. Ich sprach auch noch kurz mit ihr und dann verabschiedete ich mich von Leif und Nico. Tommy war bereits nach draußen gegangen. Nach einer weiteren Stunde ging ich zu Mick und wollte mich verabschieden.

„Man Mick, du hast wirklich tolle Freunde hier. Es macht mir Spaß euch zuzusehen. Ich muss jetzt aber wieder los. Das Wochenende wird sehr anstrengend. Bevor ich das vergesse. Bei Salvatori ist bereits alles bezahlt. Ich will nicht, dass du das von deinem Geld bezahlst. Ich werde auch hier gleich alles begleichen, was bisher hier angefallen ist. Du musst dann nur noch den Rest begleichen. Und ich freue mich sehr, dass du als Gastgeber keinen Alkohol trinkst. Sehr verantwortungsbewusst.“ Dann umarmte mich Mick und ich verabschiedete mich. Wir würden sicherlich in den nächsten Tagen telefonieren. Ich verabredete mich mit Manuel noch für den nächsten Morgen, um gemeinsam nach „Le Mans“ zu fliegen.

Mick: Am nächsten Morgen und der Tag vor den 24 Stunden von „Le Mans“

Als ich mit Lukas gegen Mitternacht zurückkam, hatte ich einen wundervollen Tag erlebt. Die schönste Überraschung hatte mir allerdings Papa bereitet. Er war extra für einen Tag zu meinem Geburtstag hergeflogen. Damit hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Allerdings die Tatsache, dass wir bald in ein wunderschönes Haus ziehen würden, war dann die Krönung des Ganzen. Ich lag bereits wach am Morgen in meinem Bett und Lukas neben mir. Der allerdings schlief noch tief und fest. Er hatte sicherlich auch das eine oder andere Bier mehr getrunken. Es war aber niemand betrunken, wir mussten ja alle heute entweder zur Schule oder arbeiten. Also raffte ich mich nun auf und ging schon mal im Bad duschen. Ich verließ das Bad gut gelaunt und in Erwartung des Tages und vor allem des Wochenendes. Lukas war mittlerweile wach und saß im Bett, als ich ins Zimmer zurückkam.

„Guten Morgen mein Schatz, hast du deinen Tag gut überstanden?“, fragte er mich gut gelaunt.

„Hallo Lukas, ich habe geschlafen wie ein Stein, allerdings leider zu kurz“, dabei musste ich grinsen. Lukas stand nun aus dem Bett auf und gab mir einen guten Morgen Kuss. Wir umarmten uns und ich flüsterte ihm ins Ohr, wie sehr ich ihn liebte und bedankte mich noch einmal für den gestrigen Tag. Heute war ein normaler Schultag ohne besondere Ereignisse. Keine Klausuren oder Tests. Als wir uns dann zum Frühstück begaben, begegneten uns einige unserer Freunde und wir wurden freudig begrüßt. Stephen und Marco stellten sich zu uns und wir sprachen noch über den gestrigen Abend.

„Mick, dein Vater ist aber echt absolut cool. Er kommt extra aus Frankreich rüber und dann spielt er noch mit uns ein paar Partien Billard. Er ist einer der besten und berühmtesten Rennfahrer und dabei so völlig normal geblieben. Ich bin wirklich immer wieder beeindruckt“, meinte Marco zu uns. Ich wurde ein wenig verlegen, aber Marco hatte Recht.

Unser Tag verlief, bis auf die für heute normalen Gespräche über den gestrigen Tag, völlig normal und ohne besondere Vorkommnisse. Abends telefonierte ich mit Tim, wir wollten das Rennen am Wochenende gemeinsam am Fernsehen beobachten. Wir hatten uns für Samstag 15 Uhr verabredet. Tims Eltern hatten uns angeboten, im Gartenhaus gemeinsam die 24 Stunden zu gucken. Wir würden also ein Rennwochenende daraus machen. Kommen wollten Lukas, Leif, Tommy und Tim und ich. Für Samstagabend hatte sich noch Marco angekündigt. Er musste vorher erst noch arbeiten in der örtlichen Tankstelle. Lukas und ich sollten das Grillfleisch mitbringen, dafür würde Tim für die Getränke sorgen. Marco und Leif sollten Chips und andere Knabbereien mitbringen. Tommy wollte grillen und Tims Eltern hatten zugesagt, für uns ein paar Salate zu machen. Also alles war gut geplant für das Rennen. Irgendwie wurde ich langsam sogar etwas nervös. Ich war noch nie bei einem Rennen richtig aufgeregt gewesen. Diesmal war das anders. Ich wunderte mich doch etwas darüber. Lukas schien das auch zu bemerken, als wir dann abends in unserem Zimmer saßen:

„Nun beruhig dich doch mal langsam. Du läufst ja schon den ganzen Tag wie eine Raubkatze im Käfig herum.“ Ich musste echt lachen über die Bemerkung von Lukas.

„Du bist doof. Ich bin nicht nervös. Ich weiß auch nicht was mit mir los ist. Ich war noch nie vor einem Rennen nervös aber heute ist es schon etwas anders als sonst.“ Er nahm mich liebevoll in den Arm und meinte: „Komm, lass uns noch etwas kuscheln. Dann kommst du auf andere Gedanken.“ Wir setzten uns aufs Sofa und schmusten noch einige Zeit. Das ließ mich wirklich auf andere Gedanken kommen, allerdings waren diese Gedanken alles andere als langweilig. Nach kurzer Zeit lagen wir ohne unsere Sachen im Bett und ich war äußerst erregt. Lukas ging es nicht anders, dann allerdings flüsterte er mir etwas ins Ohr, was mich wirklich überraschte aber auch sehr freute.

„Schatz, ich möchte, dass wir heute das erste Mal miteinander schlafen.“ Ich sah meinem Lukas tief in die Augen und wir erlebten eine wundervolle Nacht. Das war ein unvergessliches Erlebnis.

Marc: Samstag in „Le Mans“ vor dem Rennen

Heute gings also los. Die „24 Stunden von Le Mans“. Unser Team war perfekt vorbereitet und ich fühlte mich gut, allerdings war der Rummel hier bei diesem Rennen gigantisch. Ich war froh, dass meine Jungs sich das nicht antun mussten. Sie wollten aber gemeinsam bei Tim sich das Rennen ansehen. Mick hatte mir das heute Morgen am Telefon berichtet. Ich freute mich, dass die Jungs eine feste Clique hatten, mit der sie etwas unternahmen und die aufeinander aufpassten. Auch Tims Eltern gaben mir ein gutes Gefühl. Dort waren Mick, Lukas und Leif gut aufgehoben. Sie konnten am TV sicher viel mehr sehen als hier vor Ort.

Wir hatten in einer halben Stunde das „Warm up“ und bis dahin standen noch einige Interviews und Fototermine an. Es waren schon hunderttausende von Besuchern da und die Stimmung war wirklich wie bei einem Volksfest. Um 16 Uhr war Rennbeginn. Vorher das „Warm up“ war der letzte richtige Test ob alles funktionierte. Tom, Loic und ich hatten uns zum Meeting getroffen und besprochen, dass Tom das „Warm up“ fahren sollte. Er hatte die meiste Erfahrung hier und kannte jeden Zentimeter der Strecke. Also standen wir nun gespannt in der Box, als Tom das Auto aus der Boxengasse bewegte. Hoffentlich würde es kein Problem noch vor dem Start geben. Wir hatten alle einen Kopfhörer auf und konnten so mitbekommen, wie Tom mit den Ingenieuren über das Auto und die Werte sprach. Alles hörte sich völlig normal an und auch bei unserem Schwesterauto gab es keinerlei Probleme. Nach einer dreiviertel Stunde stellten wir das Auto wieder in die Box. Bis zum Start um vier konnten wir nun nichts mehr auf der Strecke testen. Es gab noch einige Rahmenrennen. Unter anderem von historischen Fahrzeugen. Das war immer ein großes Spektakel. Ich hatte eine Anfrage bekommen, mit einem legendären Auto ein paar Runden fahren zu dürfen. Ich saß also nun in einem ehemaligen Siegerauto aus den 60er Jahren. Einem GT 40 mit sieben Liter Motor. Ein richtiges Monster, wenn man bedachte, dass das Auto fast 50 Jahre alt war. Auch damals wurden Geschwindigkeiten von fast 360 km/h gefahren. Allerdings auf einer etwas anderen Strecke. Damals gab es noch keine Schikanen auf der „Hunaudière-Geraden“. Es war aber schon beeindruckend, wie gut dieses Auto ging. Es war auch in einem perfekten Zustand und hervorragend vorbereitet. Als ich wieder in die Boxen rollte und aus dem Fahrzeug stieg, konnte ich mir ungefähr vorstellen, was die damaligen Piloten leisten mussten. Keine Servolenkung und normale nicht synchronisierte Getriebe. Das war Schwerstarbeit, da ging es uns heute wirklich gut. Allerdings waren die Durchschnittsgeschwindigkeiten nicht annähernd so hoch wie heute. Heute wurde das Rennen von Beginn voll auf Angriff gefahren. Also 24 Stunden Vollgas fahren.

Die Uhr rückte immer weiter vor. Wir zogen uns nun zum Teamessen vor dem Rennen zurück. Dort wurde traditionell auch die Strategie besprochen. Um halb drei mussten alle Autos auf der Startlinie aufgestellt werden. Wir hatten uns wieder für sogenannte „Doppelstints“ entschieden. Also einmal tanken ohne Reifenwechsel und erst beim Fahrerwechsel auch Reifen tauschen. Jeder Pilot saß also jeweils zwei bis zweieinhalb Stunden am Stück hinter dem Steuer. Ich sollte erst um 20 Uhr, also den dritten Turn fahren. Ich sollte in die Dunkelheit hineinfahren. Eigentlich hatte ich gedacht, dass Tom das machen sollte, aber Tom sollte den Start fahren und mich dann in der Nacht ablösen.

Wir hatten noch viele Pressegespräche oder Fotos mit Sponsoren zu machen. Hier hatte man wirklich erst mit Beginn des Rennens seine Ruhe. Oder eben im Auto selbst. Das Drumherum war gigantisch anstrengend und auch manchmal nervig.

Eine viertel Stunde vor Beginn telefonierte ich noch einmal mit meinen Jungs. Sie hatten sich schon alle bei Tim eingefunden und wünschten mir viel Erfolg. Wenn alles gut lief, würden wir nun erst wieder am Sonntag nach dem Rennen telefonieren. Tom saß nun bereits im Auto und ich stand neben dem Wagen. Es sah alles normal aus, der Motor war vorgewärmt und die Reifen in den Heizdecken. Ein beeindruckendes Bild, wenn über 60 Fahrzeuge an der Strecke aufgereiht standen. Jetzt wurde es wirklich ernst. Die französische Nationalhymne wurde gespielt und dann begann das Feld sich auf die Einführungsrunde zu machen. Wir verließen nun die Strecke und gingen in die Boxen. Von dort würden wir den Start erleben. Ich ging zu meinen Mechanikern und wir wünschten uns alle viel Glück und Hals und Beinbruch. Manuel und ich standen nun nebeneinander in der Garage. Er wirkte sehr angespannt. Es war ja sein erstes „Le Mans“ Rennen. Ich versuchte so locker wie möglich mit ihm zu sprechen. Er sollte sich nicht zu sehr unter Druck setzen, aber ich hatte auch eine tolle Crew. Collin, unser Chefmechaniker, nahm ihn irgendwann mit und ich konnte schnell sehen, dass Manuel sich nur noch auf seine Arbeit konzentrierte. Dann kamen die Autos in den unterschiedlichsten Klassen auf die Ford-Schikanen zu. Von dort ging es auf Start und Ziel und das Rennen wurde dann um exakt 16 Uhr gestartet. Jetzt wurde es wirklich ernst. Das wichtigste Rennen des Jahres in der Langstrecken Weltmeisterschaft war gestartet!

Mick: Bei Tim im Garten den Start des Rennens verfolgen

Nachdem Lukas und ich vom Metzger noch die bestellten Sachen abgeholt hatten, waren wir seit etwa einer Stunde bei Tim und warteten noch auf Leif, Tommy und Nico. Sie waren ebenfalls gemeinsam einkaufen. Tim und ich bauten schon mal den Beamer und die Leinwand in der Hütte auf. Tims Vater hatte in weiser Voraussicht bereits einen TV-Anschluss in die Hütte gelegt. So war es für uns kein großes Problem die TV-Übertragung aus „Le Mans“ in die Hütte zu bekommen. Der Start war für 16 Uhr vorgesehen und somit hatten wir noch eine halbe Stunde Zeit. Ich wurde wirklich richtig hibbelig. Das kannte ich von mir nicht. Es würde ja nicht das erste Rennen sein, welches ich von Papa sehen würde. Ich konnte es mir nicht erklären, aber es war einfach so. Tim kam irgendwann zu mir und gab mir eine kalte Cola. Wir standen nun mit Lukas gemeinsam im Garten vor der Hütte und bereiteten den Grill für später schon einmal vor. Tims Vater wollte auf jeden Fall heute Abend mit uns grillen und ein bisschen das Rennen sehen. Es dauerte auch nicht mehr lange, da erschienen unsere drei Jüngsten mit ihren Einkäufen. Sie hatten genug Chips für eine ganze Mannschaft gekauft. Gut gelaunt kamen sie zu uns in den Garten und luden ihre Tüten in der Hütte ab. Nico und Tommy blieben einen Moment noch in der Hütte, während Leif zu uns nach draußen kam. Er sah auch sehr gespannt aus und fragte mich dann:

„Du Mick, was denkst du zum Rennen? Wird Papa eine Chance auf den Sieg haben?“

„Oh man, Leif, da kann so viel passieren. Wenn sie keine Probleme bekommen, können sie auf jeden Fall um den Sieg fahren. Ich weiß aber auch, dass gerade bei einem 24-Stunden-Rennen alles passieren kann. Und mit der neuen Konkurrenz aus Stuttgart wird es nicht leichter werden.“

Jetzt kamen auch Tommy und Nico zu uns und das war für Nico das Stichwort. Er fing an mit uns über das neue Hybridsystem zu reden. Warum das so komplex war und wie es die Fahreigenschaften beeinflussen würde und so weiter. Ich war immer wieder aufs Neue überrascht, wie viel Nico über die Technik wusste. Erst als Tommy ihn mit einem intensiven Kuss sozusagen zum Schweigen brachte, konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen. Allerdings schien Nico das nicht unangenehm zu sein, denn die Beule in seiner Hose war eindeutig. Ich hatte in den letzten Wochen irgendwie nicht mehr so auf die beiden geachtet. Es schien aber so zu sein, dass ihre Beziehung mittlerweile deutlich intensiver geworden war.

Leif bemerkte meinen staunenden Blick und lenkte mich ein wenig ab. Allerdings, als wir dann kurze Zeit später etwas abseits am Grill standen, fragte er mich:

„Hast du das in letzter Zeit nicht bemerkt? Tommy und Nico sind richtig ein Paar geworden. Tommy ist an den Wochenenden oft bei Nico und schläft auch hier. Ich glaube, das wird richtig was Festes.“

„Und wie ist das für dich mit Tommy? Kommst du noch gut mit ihm zurecht?“

„Ja, er gibt mir immer wieder zu verstehen, dass ich ihm wichtig bin. Wir machen auch immer wieder mal was alleine. Ich fühle mich gut im Moment.“ Das wollte ich nun mal zur Gelegenheit machen, mal nach dem Mädchen zu fragen, was ich bereits mehrfach in seinem Zimmer angetroffen hatte. „Wie ist das denn eigentlich mit Stefanie? Machst du mit ihr mittlerweile auch häufiger etwas zusammen außer lernen?“ Dabei grinste ich ihn mit einem leichten Augenzwinkern an. Leif wurde richtig rot und wusste nicht was er antworten sollte. Ich schob direkt folgende Frage nach: „Sag mal weiß Papa eigentlich schon davon, dass du eine Freundin hast?“ Jetzt wurde er nicht mal sauer, sondern schüttelte nur ganz leicht und ängstlich seinen Kopf. Er kämpfte mit seinen Gefühlen. Ich wollte ihm das nicht zu unangenehm machen, im Gegenteil, ich war sehr froh darüber, dass er für sich einen Weg für seine Gefühle gefunden hatte. Ich nahm ihn einfach in den Arm und meinte nur: „Du magst sie schon, oder? Und jetzt traust du dich nicht offen zu sein oder was ist dein Problem?“ Ich spürte seine Verlegenheit und seine Angst. Ich ging noch ein Stück weiter in den Garten mit ihm hinein, so dass die anderen, vor allem Tommy und Nico, nichts davon mitbekamen. Nach einigen Momenten des Schweigens sagte Leif unter Tränen: „Ich mag sie wirklich, aber ich will eigentlich noch keine Beziehung. Ich möchte sie lieber nur als Freund.“

„Wo ist das Problem? Will sie schon mehr von dir?“ Leif schaute mich nun angsterfüllt mit großen Augen an und nickte. Dann begann er zu erzählen. Er sagte mir, dass sie sich schon häufiger geküsst hätten und er auch dabei ein schönes Gefühl bekam. Sie wollte aber schon, dass er sie überall auch streicheln sollte. Das wollte er nicht. Jetzt fing sie an, ihn ab und zu unter Druck zu setzen und er war unsicher, wie er sich verhalten sollte. Ich war richtig sauer auf das Mädchen. Ich sagte zu Leif: „Kleiner, wenn du etwas nicht möchtest, musst du das ganz deutlich sagen. Ein klares Nein hilft da wirklich. Wenn sie dich dann nicht in Ruhe lässt, solltest du dir die Frage stellen, ob sie dich dann auch respektiert oder nicht nur an ihren Spaß denkt. Hast du denn schon mal mit ihr sexuellen Kontakt gehabt?“ Er sah mich peinlich berührt an, schüttelte aber den Kopf und sagte: „Nein, ich will das auch noch überhaupt nicht. Ich habe aber Angst ihr das zu sagen. Ich will nicht als Feigling da stehen.“

„So ein Blödsinn, feige ist es, wenn du nichts sagst und etwas tust, was du nicht willst. Mein lieber Leif, ich möchte, dass du mir versprichst, zu mir zu kommen, wenn sie dich weiter bedrängt. Dann werde ich mich damit mal beschäftigen. Ich werde da nicht zusehen. Ok?“

Er war nun sichtlich erleichtert, dass ich ihn ernst nahm und ihm Hilfe angeboten hatte. Er bat mich dann auch darum, mal mit ihr zu reden. Er traute sich einfach nicht. Ich einigte mich mit ihm, gemeinsam mit ihm das Gespräch mit Stefanie zu suchen. Damit war er beruhigt und er konnte wieder lächeln. So gefiel mir mein kleiner Bruder doch gleich wieder viel besser.

Wir gingen nun in die Hütte zurück, wo die anderen bereits den Start gesehen hatten. Die ersten Runden waren gelaufen und Papas Auto lag an dritter Position. Allerdings fuhr Tom den Start und Papa war dementsprechend noch nicht im Auto. Tims Vater berichtete uns noch von einem kleinen Interview, welches Papa noch kurz vor dem Start gegeben hatte. Wir setzten uns nun zu den anderen und verfolgten das Geschehen. Das Wetter war dort, wie wir vom Kommentator erfuhren, recht angenehm und warm. Also es gab keine Regenprognosen bislang. Die erste Rennstunde verlief ohne große Zwischenfälle und auch nach den ersten Tankstopps waren die Positionen vorne unverändert. Tim meinte dann irgendwann: „Sagt mal, wann wollen wir denn den Grill anmachen?“

Ich hatte noch keinen so großen Hunger und meinte: „ Am besten erst so gegen sieben Uhr. Dann können wir essen bevor Papa im Auto ist.“

Tim widersprach: „Wenn wir den Grill erst um sieben anmachen, sind wir garantiert nicht fertig mit essen. Wir sollten spätestens um sechs dann den Grill anmachen.“ Ich stimmte dem natürlich zu und entschuldigte mich für meinen Denkfehler. Unsere Stimmung war wirklich gut und entspannt. Leif meinte dann sogar, wir sollten doch mal eine Runde mit dem Kicker spielen. Das würde mal eine Abwechslung sein. Ich fand, das war eine gute Idee. Ich ging also mit Leif und Tim in den Keller. Wir spielten einige Partien Kicker und so war es recht schnell schon kurz vor sechs Uhr. Da kam Tims Vater zu uns in den Keller und meinte, dass es wohl ein Problem an Papas Auto geben würde. Ob wir nicht hochkommen wollten. Wir bedankten uns für den Hinweis und als wir in die Hütte kamen, sprach der Kommentator von der langsamen Fahrt von Tom auf der Strecke. Das fanden wir natürlich alle nicht besonders toll. Ich fragte Nico, ob er schon etwas Genaueres wüsste. Der schüttelte nur mit dem Kopf und in dem Moment zeigten die Kameras das Auto, wie es langsam am Streckenrand in Richtung Boxen rollte. Wir konnten es nun sehen. Es war ein Reifenschaden hinten rechts. Das war ärgerlich, aber wenn sonst nicht mehr kaputtgegangen war, sollte das kein großes Problem werden. Tom hatte mittlerweile die Box erreicht und dann konnten wir Manuel sehen. Er war der Mechaniker, der den hinteren Reifen mit dem Schlagschrauber löste, ein anderer Mechaniker entfernte den Rest des Reifens und ein neuer wurde montiert. Dabei konnten wir auch sehen, wie Tom ausstieg und Loic einstieg. Es gab vier neue Reifen und eine Tankfüllung Diesel. Der Fahrerwechsel fand nun etwas früher statt, aber dadurch würden sie nicht noch mehr Zeit verlieren. Nachdem das Auto wieder im Rennen war und auch recht ordentliche Zeiten fuhr, beruhigte ich mich wieder etwas und ging mit Tim hinaus den Grill anzuwerfen. Tim legte einige von den Grillanzündern unter die Holzkohle. Dann steckte er die Würfel an. Die Flammen züngelten nun durch die Kohlestücke. Wir unterhielten uns über den bisherigen Verlauf und ob es wohl große Nachteile für Papa geben würde. Nico stellte sich zu uns zum Grill und wir diskutierten über die weitere Strategie. Eigentlich eine recht sinnlose Diskussion, weil wir ja keinerlei Einfluss auf diese Entscheidungen hatten, aber irgendwie beruhigte es mich und lenkte auch von meiner Nervosität ab. Tim bat nun Lukas schon mal das Fleisch aus dem Haus zu holen. Tommy und Leif gingen ebenfalls mit hinein, um die Salate zu holen und alles schön auf den Tischen zu verteilen. Also eines musste ich festhalten, Tims Mutter konnte wirklich tolle Salate machen. Tims Vater kam nun auch mit nach draußen und nachdem er sich kurz über den Zustand des Feuers erkundigt hatte, ging er in die Hütte und schaute nach dem aktuellen Verlauf in „Le Mans“. Wir blieben draußen am Grill. Tim fragte mich nach meiner Meinung zum Umzug.

„Sag mal, wie planst du denn das mit dem Umzug? Werdet ihr dann komplett aus dem Internat herausgehen? Oder wie soll das werden?“

„Ich habe darüber noch nicht wirklich nachgedacht. Aber ich glaube nicht, dass Papa es zulassen würde, dass Leif dann allein im neuen Haus wäre, wenn er unterwegs ist. Ich denke, wir werden die Woche über im Internat bleiben, dort weiter zur Schule gehen und am Wochenende oder in den Ferien dann zu Hause sein. Auch wenn Papa dann unterwegs wäre, würde er damit klarkommen. Wir sind ja nicht mehr die kleinen Jungs.“

„Was meinst du, wird er noch lange fahren? Ich habe schon daran gedacht, dass er nach dieser Saison euretwegen aufhört.“

„Wie kommst du denn darauf? Er wollte doch noch mal fahren. Das zu Hause Herumsitzen liegt ihm doch überhaupt nicht.“

„Nun, aber er hat doch gemerkt, wie gut es auch ihm tut mit euch Dinge zu unternehmen. Das war doch früher anders. Er hat in Deutschland gesessen und ihr ward hier in der Schweiz. Er hat doch gar nicht bemerkt, wie sehr ihr euch gegenseitig gefehlt habt.“

„Das stimmt, ich glaube aber nicht, dass er schon auf das Fahren komplett verzichten will. Außerdem hat er meines Wissens einen Vertrag bis einschließlich nächstes Jahr.“

„Ich glaube nicht, dass er sich darum Gedanken macht. Wenn er für sich entscheidet, aufhören zu wollen, wird ihn der Vertrag nicht daran hindern werden.“ Damit hatte Tim allerdings recht. Papa würde das nicht stören. Da war ich mir auch ziemlich sicher.

Der Grill strahlte mittlerweile eine ordentliche Hitze aus und Tim legte die ersten Stücke auf den Rost. Schnell bildete sich eine Wolke aus Qualm und Duft. Das zog doch alle anderen auch aus der Hütte und nun standen wir alle bis auf Nico am Grill. Tims Mutter kam nun auch hinzu und wir unterhielten uns über die letzten Wochen. Was alles so passiert war. Dabei kamen wir immer wieder auf den Punkt, dass sich sehr viel bei uns allen verändert hatte. Dann hörten wir plötzlich eine laute Auto-Hupe und wir schauten uns etwas verwundert an. Dann fiel es Tim ein. Marco wollte doch auch noch kommen. Und tatsächlich, kurze Zeit später kam Marco durch die Terrassentür in den Garten. Wir begrüßten uns und er erkundigte sich nach dem Essen und natürlich nach dem Stand beim Rennen. Zur Info über das Rennen schickten wir ihn direkt zu Nico. Er würde ihn auf den neusten Stand bringen. Das Fleisch entwickelte sich sehr zügig zum Garpunkt und so bat mich Tim eine Schale zu holen, um das bereits fertige Fleisch darauf zu lagern. Ich ging in das Haus hinein und Tims Mutter gab mir gleich zwei von den großen Platten. Tommy kam mir mit Nico im Arm entgegen und sie fragten mich, ob ich schon Besteck hätte. Das würde nämlich noch fehlen. Ich schickte sie in die Küche. Dabei sah ich beiden Jungs hinterher. Sie waren wirklich mittlerweile ein festes Paar geworden und hatten sich sehr positiv dabei entwickelt. Tims Vater bemerkte meinen Blick und kam zu mir hinzu.

„Na Mick, du schaust den beiden so hinterher, als ob du dir Gedanken machen würdest.“

„Ja das stimmt tatsächlich. Ich wundere mich, wie sich die Drei entwickelt haben, und dass vor allem Leif sich so gut mit den beiden versteht. Es war ja nicht so einfach zu Beginn.“

„Richtig Mick aber du vergisst, wie viel ihr dazu beigetragen habt. Ihr habt Nico immer mit einbezogen in eure Aktivitäten. Er hat sich toll entwickelt. Dafür sind wir euch sehr dankbar. Tim hat neulich noch mal erwähnt, wie froh er ist, dass er euch kennengelernt hat. Ich kann das auch nur unterstützen. Umso glücklicher ist Nico und auch Tommy, dass ihr bald gemeinsam hier wohnen werdet. Tim vermisst zwar oft seinen Manuel, aber er fährt ja häufiger zu ihm zu den Rennen. Dein Vater hat sich sehr für die beiden eingesetzt. Das wird Tim ihm nicht vergessen. Auch Manuels Mutter ist äußerst dankbar für eure Hilfe.“

Ich wurde etwas verlegen, denn mir war schon durchaus bewusst, dass gerade Manuel und Tim für Lukas und mich auch sehr viel getan hatten. Ich freute mich einfach, dass wir uns so gut angefreundet hatten. Auch mein Papa mit den anderen Eltern. Ich wusste, dass wir hier Freunde hatten und es von meinem Papa eine tolle Entscheidung war, sein zu Hause unseretwegen aufzugeben. Nico kam nun zu uns und nahm mir die Platten ab, denn ich hatte mich ja mit Tims Vater festgequatscht.

„Sorry Nico, ich habe nicht daran gedacht, dass Tim die braucht.“ Nico lachte mich an und ich freute mich wirklich über dieses Lachen. Wenn ich daran zurückdachte, wie unsicher Nico zu Beginn war. Eigentlich konnten wir alle glücklich sein über unsere Situation. Das Einzige, was mir nun noch fehlte, war meinen Papa häufiger bei uns zu haben. Ich ging nun zu Tim und Nico an den Grill. Nico stand mit Tommy neben seinem großen Bruder, als er mich fragte:

„Sag mal Mick, erinnerst du dich noch an die Geschichte mit deinem Vater und Lucien aus meiner Klasse?“

„Du meinst den Jungen, der an Leukämie erkrankt war? Den Papa beim Metzger getroffen hatte?“

„Ja genau, es geht ihm schon viel besser. Er war sogar schon mal wieder bei uns in der Schule und nimmt jetzt an zwei Tagen in der Woche wieder am Unterricht teil. Ich hatte ihm erzählt, dass wir mittlerweile gute Freunde sind und er hat vorhin angerufen und gefragt, ob er heute Abend mal eine Stunde zu Besuch kommen darf.“

„Klasse, das freut mich echt, dass es ihm besser geht. Ich hoffe, du hast ihm gesagt, dass er kommen darf?“

„Ja aber ich wollte nur sagen, dass er halt noch sehr schwach ist und noch nicht so viel Kraft hat. Er darf auch nicht so lange weg sein. Es ist noch zu anstrengend für ihn. Aber ich weiß, dass er sich sehr darauf freut, dich kennen zu lernen. Seine Mutter wird ihn gleich zum Essen bringen und ihn dann später wieder abholen.“

Das freute mich wirklich. Die Klasse hatte ihn wieder aufgenommen und unterstützte ihn bei dem Weg zurück in den Alltag. Ich hatte glücklicherweise bislang noch nie eine ernsthafte Krankheit und war auch froh, dass uns das bisher bei allen anderen erspart geblieben ist. Wir gingen nun zum Grill und Tim meinte, in wenigen Minuten sollten wir uns zum Essen einfinden. Wir setzten uns schon mal in die Hütte an den Tisch und konnten dabei das Rennen weiter verfolgen. Unsere beiden Autos fuhren ohne Probleme ihre Runden. Das Auto von Papa hatte nun zwar einen Rückstand von vier Minuten auf den Führenden, aber das Schwesterauto lag auf einem sehr guten zweiten Rang. Die Zeiten waren aber ziemlich identisch. Also Papas Auto hatte den Reifenschaden scheinbar ohne weitere Schäden überstanden. Von Manuel hatten wir per SMS die Information bekommen, dass alles wieder normal lief und sie sogar etwas Treibstoff gespart hätten und somit Loic wieder in den normalen Wechselrhythmus kommen würde. Er grüßte uns alle und wünschte uns viel Spaß beim zusammen Zuschauen. Wir saßen nun alle am Tisch und plötzlich ging die Tür auf und ein blonder Junge stand mit einer schlanken Frau in der Tür. Nico stand sofort vom Tisch auf und begrüßte den Jungen sehr herzlich. Er umarmte ihn sogar. Ich konnte ein Lächeln im Gesicht seiner Mutter erkennen und auch Tommy freute sich sichtlich. Es war Lucien, eigentlich ein sehr hübscher Junge, leider war er noch sehr schmal im Gesicht und auch noch sehr blass. Er hatte sehr kurze blonde Haare. Aber ich erinnerte mich an Papas Worte, dass er damals gar keine Haare mehr hatte. Also ein schöner Fortschritt für den Jungen, wieder normal auszusehen.

Jedenfalls begrüßte uns seine Mutter und wir baten doch beide sich zu uns an den Tisch zu setzen. Wir hatten genug für alle und so rückten wir alle etwas zusammen und wir stürzten uns auf das hervorragend von Tim gegrillte Fleisch und die Salate.

Lucien schaute insbesondere mich genau an. Ich konnte spüren, wie er mich genau studierte und seine Mutter sich irgendwann meldete.

„Lucien, ich glaube, Mick fühlt sich von dir beobachtet. Warum fragst du ihn nicht einfach, was du wissen willst. Ich glaube, er wird dir nicht böse sein.“

Ich schaute zu seiner Mutter und ich musste wohl etwas irritiert ausgesehen haben, denn Lukas und auch Leif sahen mich mit einem Grinsen im Gesicht an. Im Hintergrund lief weiterhin die Übertragung aus „Le Mans“ und der Kommentator berichtete gerade von einer Gelbphase aufgrund einer Kollision zwischen zwei GT-Fahrzeugen. Es gab aber keine Verletzten und von daher konnten wir das als normalen Rennunfall registrieren. Lucien war dieser Kommentar seiner Mutter sichtlich peinlich. Er schaute nämlich jetzt weg. Ich nahm ihm ein wenig den Druck und wollte eh mal mit ihm ein paar Worte wechseln.

„Hey, das muss dir jetzt nicht unangenehm sein. Ich wollte dich eh fragen, wie das damals eigentlich war, als du unseren Vater kennengelernt hast.“

Er schaute nun etwas weniger ängstlich zu mir und begann mir das zu erzählen. Als er dann die Situation erzählte, als er zu schwach war weiter zu gehen und sich nicht getraut hatte, Papa das zu sagen, wurden wir alle sehr nachdenklich. Ich konnte mir aber sehr gut vorstellen, wie Papa damit umgegangen war.

„Lass mich raten, Papa hat sich einfach hingesetzt und dir die Pause gegeben ohne etwas zu sagen.“ Dabei musste ich etwas schmunzeln. Lucien sah mich dankbar an und nickte etwas schüchtern. Jetzt war aber das Eis endgültig gebrochen und auch Lukas mischte sich nun in unsere Unterhaltung ein. Er fragte Lucien nämlich, ob er denn damals das Autogramm auch tatsächlich noch bekommen hätte. Lucien wurde nun richtig lebendig. Er berichtete, wie sehr er sich damals gefreut hatte und das er natürlich das Buch nun in einer Vitrine in seinem Zimmer stehen hatte, damit er es sich immer wieder ansehen könnte. Wir hatten nun unsere Essen beendet und ich erzählte ihm noch ein paar Geschichten von Papa, vor allem wie er uns hier manchmal überrascht hatte. Luciens Mutter saß mittlerweile mit Tims Mutter draußen auf dem Rasen. Sie unterhielten sich angeregt. Ich ging mit Lukas und Lucien ebenfalls nach draußen um frische Luft zu schnappen. Lukas gab mir einen Kuss und Lucien schaute uns plötzlich entgeistert an. Er wusste gar nicht, was er sagen sollte. Da kam Leif von hinten und meinte nur ganz locker:

„Mach dir nichts draus. Die beiden machen das öfter. Falls sie es dir noch nicht gesagt haben, die beiden sind genau wie Tim und Manuel und Tommy und Nico ein Paar.“ Dabei grinste er übers ganze Gesicht. Lucien bekam seinen Mund kaum zu. Er war völlig platt.

„Stimmt das wirklich? Ihr seid ein Paar? Und Nico ist auch schwul? Das … das wusste ich nicht.“

Ich blieb nur ganz ruhig und dann hörte ich Tims Mutter: „Ist doch kein Problem, woher solltest du das denn wissen. Aber ich hoffe mal du hast damit keine Probleme, denn für uns ist das alles ganz normal mittlerweile.“ Ich staunte nicht schlecht, sie hatten das also mitbekommen. Luciens Mutter lächelte dabei und sie schaute mich anerkennend an. Dann meinte sie: „Mick, ich hätte das wirklich nicht erwartet, aber ist das nicht unheimlich schwer bei so einem berühmten Vater. Ihr müsst doch immer aufpassen, was ihr in der Öffentlichkeit tut.“

„Nein“, sagte ich nun. „mittlerweile ist das ganz einfach. Ich habe mich mit meinen Brüdern und Papa darauf geeinigt, offen damit umzugehen. Und das klappt auch bislang ganz gut.“

Jetzt rief uns aber Nico in die Hütte, denn es stand der Boxenstopp an, bei dem Papa ins Auto steigen würde. Das wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Wir gingen hinein und konnten auf der Leinwand erkennen, wie Papa in der Box stand, fertig angezogen mit dem Helm auf dem Kopf. Er wartete auf das Auto. Jetzt wurde ich doch wieder richtig nervös. Lukas spürte das und nahm meine Hand. Es tat mir gut ihn an meiner Seite zu haben. Auch Leif sah gebannt auf das TV-Bild. Die Einblendung gab uns die Information, dass Loic sich bis auf dreißig Sekunden an die beiden Führenden herangekämpft hatte. Das Auto rollte nun in die Box, Papa öffnete die Tür. Loic schnallte sich los und sprang aus dem Auto, Papa setzte sich hinein und Loic schnallte ihn fest. Die Flaschen zum Trinken wurden getauscht und Loic gab ihm einige Hinweise. Ich vermutete zum Zustand der Strecke und des Autos. Als Papa dann die Tür schloss, begannen sofort die Mechaniker die Reifen zu wechseln. Während des Fahrerwechsels durfte nur getankt werden. Erst wenn der Tankvorgang beendet war, durften die Mechaniker am Auto arbeiten. Mittlerweile war es kurz nach acht Uhr und die Dämmerung brach langsam herein. Die Autos fuhren bereits mit Licht und ich wollte nun natürlich diesen Stint von Papa genau verfolgen. Wir saßen eigentlich nun alle wieder auf der großen Bank in der Hütte und schauten auf das Geschehen. Papa rollte nun wieder aus der Box hinaus auf die Strecke. Ich hätte jetzt gerne mit ihm noch vorher gesprochen, so wie in Spa. Was allerdings richtig toll war, Manuel schickte uns zwischendurch immer mal eine SMS mit Insider-Informationen. So wussten wir, ob wirklich alles im grünen Bereich war. Wir warteten nun darauf, dass Papa die ersten Runden absolvieren würde und hofften natürlich, dass seine Zeiten mindestens genauso gut waren, wie die von Loic oder Tom. Lucien saß nun mit Nico und Tommy zusammen. Ich war froh, dass Lucien mit der Situation keine Probleme hatte. Allerdings konnte ich auch erkennen, dass er schon sehr erschöpft war. Er wollte natürlich jetzt nicht nach Hause, aber ich fand es würde für ihn besser sein, sich nicht zu sehr zu verausgaben. Ich stand deshalb kurz auf und ging zu seiner Mutter. Sie saß immer noch mit Tims Mutter zusammen. Sie schaute mich an, als ich bei ihnen stand.

„Ich denke Frau Maergener, Lucien ist ziemlich erschöpft. Er sitzt zwar glücklich bei Nico und Tommy aber ich fürchte, er ist sehr kaputt. Vielleicht sollten sie doch besser jetzt nach Hause fahren.“ Er war ja nun schon fast zweieinhalb Stunden bei uns im Trubel. Frau Maergener war dankbar für den Hinweis und ging mit mir in die Hütte. Sie schaute nur kurz und nickte nur mit dem Kopf. „Danke Mick, du hast vollkommen recht. Lucien, kommst du bitte. Du musst dich wieder etwas ausruhen.“ Der Junge schaute nun sehr traurig. Denn es hatte ihm sichtlich gefallen, hier unter so vielen Freunden zu sein. Das hatte er schon lange nicht mehr machen können. Er stand aber nun auf und ging doch etwas wackelig zu seiner Mutter. Ich machte schnell einen Schritt auf ihn zu und stützte ihn etwas. Seine Mutter wollte ihn mir abnehmen aber ich gab ihr zu verstehen, dass ich ihn zum Auto begleiten würde. Auf dem Weg dorthin spürte ich, wie Lucien versuchte sich zusammenzureißen und selbst bis zum Auto zu laufen. Ich griff ihm nun fester unter die Arme, um ihm das zu ermöglichen. Seine Mutter sah das allerdings, sie sagte aber nichts. Erst als ich Lucien ins Auto gesetzt hatte und er sich auf der Rückbank hinlegte, kam sie zu mir und bedankte sich mit einer herzlichen Umarmung. Dann verabschiedete sie sich und ich versprach, mich bei ihnen zu melden. Der Junge war mir sehr sympathisch geworden. Ich fand, er brauchte uns als Freunde und das sollte er auch bekommen. Ich ging nun wieder zurück zu den anderen. Ich wollte ja wissen, wie es Papa weiter ergehen würde.

Marc: Der erste Stint in „Le Mans“

Ich stand nun bereit in das Auto zu steigen. Loic hatte sich hervorragend an die Spitze herangearbeitet. Ich würde nun also in die Nacht hineinfahren. Das war etwas einfacher sich an die beginnende Dunkelheit zu gewöhnen, als später dann in völliger Dunkelheit zu beginnen. Tom hatte ja viel mehr Erfahrung hier. So, nun wurde es ernst. Loic rollte in die Box und parkte perfekt auf den Markierungen. Ich öffnete die Tür und er sprang aus dem Auto. Ich hinein und es ging alles reibungslos. Er informierte mich noch über eine Besonderheit vor der zweiten Bremsschikane auf der „Hunaudière“ Geraden. Dort hatte wohl ein GT Fahrzeug etwas Flüssigkeit verloren und so war es auf der rechten Seite etwas rutschiger. Ich sollte diesen Bereich wenn möglich meiden. Somit schloss er die Tür und ich wartete bis die neuen Reifen montiert waren, dann startete ich den Motor und legte den ersten Gang ein. Ich rollte zurück auf die Strecke und über Funk hörte ich die Information, dass ich keinen Verkehr zu erwarten hatte für die ersten Runden. Das war strategisch gut. So konnte ich sehr schnelle Rundenzeiten fahren und Zeit gutmachen.

Ich kam sehr schnell in einen guten Rhythmus und so hatte ich bereits nach fünf Runden, also etwa zwanzig Minuten, die ersten Fahrzeuge wieder vor mir. Einige waren langsamere GT Fahrzeuge, die per Blauer Flagge gewarnt wurden. Sie mussten dann dem schnelleren Auto Platz machen. Ein Fahrzeug war aber ein ebenfalls sehr schnelles LMP 1 Fahrzeug und ich näherte mich langsam. Pro Runde holte ich etwa eine Sekunde auf. Über Funk erhielt ich die Information, dass es sich dabei um den zweitplatzierten Wagen aus Zuffenhausen handelte. Das war ein ganz neu entwickeltes Fahrzeug und die Schwaben waren wieder in den Langstreckensport zurückgekehrt. Jedenfalls kamen wir immer näher zusammen. Ich konnte deutlich schneller fahren, vermutlich, weil ich vom Verbrauch her deutlich besser lag. In den Porsche Kurven kam ich in den Windschatten. Ich konnte aber auch erkennen, dass einige langsamere Fahrzeuge davor fuhren. Ich musste also warten bis wir beide diese Autos nach den Porsche Kurven überholen konnten. Dann setzte ich vor der Ford-Schikane zum Überholen an. Ich scherte aus dem Windschatten und bremste meinen Gegner aus. Ich lag nun also an zweiter Position hinter unserem Schwesterauto. Allerdings hatten die ungefähr vierzig Sekunden Vorsprung. Ich versuchte aber immer schnellere Runden zu fahren. Ich war richtig gut drauf und das Auto lief perfekt. Die kühlere Abendluft bekam der Leistung auch sehr gut. Ich fuhr wie in einem Rausch, allerdings hoch konzentriert. Ich machte keine Fehler und der Rückstand schmolz auf zwanzig Sekunden innerhalb der nächsten Stunde. Es war mittlerweile dunkle Nacht und nur noch die Scheinwerfer erhellten die Strecke. Nur an Start und Ziel war die Strecke beleuchtet.

Ich fuhr auf der „Hunaudière“-Geraden auf die zweite Bremsschikane zu und hatte so ungefähr 330 Km/h auf der Uhr stehen und wollte ein langsames GT-Auto überholen. Ich sah die blauen Blinklichter und der Pilot blieb auf seiner Linie, also zog ich nach rechts und wollte ihn dort überholen. In diesem Moment zog er ebenfalls nach rechts und er touchierte mich an meinem linken Hinterreifen. Das Auto bog fast rechtwinklig nach links Richtung Leitplanke ab. Scheiße, das würde böse werden. Ich sah im Scheinwerferlicht die Leitplanken kommen, stand voll auf der Bremse und wartete auf den Aufprall. Ich nahm instinktiv die Hände vom Lenkrad und dann gab es einen furchtbaren Knall und ich hörte noch das Geräusch von zersplitterndem Karbon und Metall. Ich wurde furchtbar in die Gurte geworfen und dann wurde es dunkel. Ich bekam es schon nicht mehr mit, wie das Auto oder das, was noch übrig war, von einer Seite der Strecke quer über die Fahrbahn nach rechts geschleudert wurde. Nach etwas mehr als 150 Metern blieb mein Auto völlig zerstört, rauchend an der Strecke stehen. Ich hing bewusstlos in meinem Gurt.

Manuel: In der Box

Sofort waren auf der gesamten Strecke gelbe Lichter angegangen und der Rennleiter ließ sofort das „Safety-Car“ auf die Strecke. Das Rennen wurde neutralisiert. Nachdem klar wurde, dass es sich um einen ganz bösen Crash gehandelt haben musste, standen wir in der Box und wussten noch gar nicht, welches Fahrzeug so schlimm verunglückt war. Dann merkte ich, wie Wolfgang sehr nachdenklich zu uns in die Box kam und dann kamen die ersten Bilder von der Strecke. Mein Gott, was für ein Trümmerfeld! Das sah aus wie nach einem Bombenangriff. Zwei Autos lagen völlig zerstört neben der Strecke. Eines links am Rand, das andere rechts. Ich hatte eine furchtbare Ahnung, als Wolfgang wortlos zu uns kam. Ihm war der Schrecken deutlich anzusehen. Dann kam die Bestätigung. Es war Marcs Wagen und ein GT-Fahrzeug, die dort völlig zertrümmert am Rand lagen. Von unserem Auto war nur noch das Monocoque zu erkennen. Ich konnte nicht sehen, ob die Fahrer noch im Fahrzeug waren. Jedenfalls herrschte bei uns gespenstige Stille. Ich hörte nur, wie die Rettungskräfte zur Unfallstelle eilten. Ich sah, dass die ersten Helfer eintrafen und zu beiden Autos liefen. Da sie sich an der Fahrertür zu schaffen machten, musste ich davon ausgehen, dass Marc noch im Auto saß. Das war kein gutes Zeichen. Nach einer gefühlten Ewigkeit kamen die Medical Cars an der Stelle an und die Unfallärzte sprangen aus ihren Fahrzeugen. Die Feuerwehr rückte ebenfalls an. Alles überhaupt keine guten Bilder. Ich wollte eigentlich Wolfgang fragen, ob sich Marc schon gemeldet hatte, aber ich hatte Angst vor der Antwort. Wir waren alle leichenblass. Niemand sagte ein Wort. Dann sah ich Tom auf uns zukommen. Er war sichtlich geschockt, aber er kam direkt zu mir und meinte zu mir: „Manuel, das sieht nicht gut aus. Das war ein ganz böser Unfall bei nahezu 300 km/h. Ich will jetzt keine Panik machen, aber Marc hat sich nicht mehr gemeldet. Er scheint ernsthaft verletzt zu sein.“ Mir standen die Tränen in den Augen. Das durfte doch nicht wahr sein. Tom bemerkte meinen Zustand und nahm mich am Arm hinaus aus der Box, ich wollte aber nicht mit. Ich hatte doch noch an dem anderen Auto zu arbeiten. Er ließ aber keinen Widerstand zu und wir gingen hinter die Box. Ich konnte Wolfgang noch erkennen, wie er Tom zunickte, als er sah, wie er mit mir die Box verließ. Ich begann nun zu zittern und ich weinte hemmungslos vor Sorge. Hoffentlich war es nicht so schlimm, wie es aussah. Tom blieb bei mir und hielt mich fest. Er sagte kein Wort. Auch er war sichtlich besorgt, dennoch versuchte er mir Halt zu geben. Ich erlebte gerade die schlimmsten Minuten meines Lebens. Und auch die sonst so coolen Rennprofis waren in einer Art Schockstarre. Ich hatte mich wieder etwas gefangen und ich wollte nun wissen, wie geht es Marc? Hoffentlich war es nicht so schlimm. Das Rennen war mittlerweile für die Rettungsarbeiten unterbrochen worden. Alle Fahrzeuge standen bei Start und Ziel. Ich ging in die Box zurück und Tom begleitete mich, wir sprachen immer noch kein Wort. Die Bilder auf den Monitoren zeigten, dass der Pilot aus dem anderen Fahrzeug bereits befreit war und ich konnte ihn an der Strecke sitzen sehen. Er war also in relativ guter Verfassung. Einige Sanitäter waren bei ihm und führten ihn dann in einen Rettungswagen. Bei Marcs Wrack standen die Rettungsteams bereit. Die Feuerwehr stand bereit und der Doktor beugte sich in das Fahrzeug. Er schien sich mit Marc zu beschäftigen. Allerdings passierte sonst nicht viel. Das beunruhigte mich. Warum wollten sie Marc nicht befreien. Ich sah wie gelähmt auf die Bilder. Dann schoss mir der Gedanke in den Kopf, was machten wohl die Freunde zu Hause. Sie hatten doch die gleichen Bilder gesehen. Ich wollte es mir gar nicht vorstellen. Dann kam Wolfgang zu mir und nahm mich an die Seite.

„Manuel, ich weiß, dass diese Bilder für dich ganz besonders schlimm sind. Wir wissen auch noch nichts Genaues. Aber du solltest Folgendes wissen. Marc ist wieder bei Bewusstsein, aber er hat starke Schmerzen und ist schwer eingeklemmt. Sie müssen ihn noch medizinisch versorgen, bevor sie mit der Rettung beginnen können. Kannst du bitte diese Informationen an seine Kinder weitergeben. Ich glaube, es ist besser, sie erfahren es von dir.“ Dann gab er mir sein Handy und sagte noch: „Telefoniere damit so lange und soviel wie du möchtest. Die Kinder sollen über alles informiert werden. Deine Aufgabe ist ab sofort, dich nur noch um die Kinder zu kümmern und sie zu informieren. Du bist von allen Aufgaben erst mal befreit.“ Dann ging er wieder an den Leitstand und organisierte die weiteren Dinge. Ich nahm nun das Handy und suchte von meinem Handy die Nummer von Tim heraus. Dort waren ja alle versammelt. Dann wählte ich Tims Nummer. Ich zitterte nun wieder sehr stark. Ich hatte Angst vor dem, was nun kommen würde.

Marc: Im Auto eingeklemmt

Als ich wieder zu mir kam, hatte ich furchtbare Schmerzen in der Brust und ich konnte meine Beine nicht bewegen. Allerdings waren mittlerweile die Rettungsteams angekommen und der Rennarzt beugte sich zu mir ins Auto und hatte mir bereits den Helm abgenommen. Ich hatte eine Infusion im linken Arm und bald wurden meine Schmerzen weniger. Der Arzt erklärte mir, was nun passieren würde und er noch einige Minuten brauchen würde, um mich so zu stabilisieren, dass die Feuerwehr mich befreien könnte. Ich sah mich um. Das Auto war völlig zertrümmert. Das Monocoque hatte aber im Wesentlichen gehalten. Ich hatte bereits keinen Gurt mehr an, dann erklärte mir der Arzt, er würde nun auf die andere Seite kommen, damit man beginnen konnte mich zu befreien. Die vordere Aufhängung hatte sich in den Innenraum gebohrt und mich förmlich festgenagelt. Diese musste nun aus dem Fußraum entfernt werden. Erst dann könnte ich vermutlich befreit werden. Langsam wurde es unangenehm in dieser Lage zu verweilen. Ich dachte an meine Kinder. Sie würden nun in der Schweiz vor dem TV sitzen und sich das angesehen haben. Hoffentlich hatte sie jemand bereits informiert, wie es mir geht. Nicht dass sie Angst haben mussten, ich sei vielleicht tot. Aber ich konnte hier nichts tun. Allerdings machte der Arzt einen sehr kompetenten Eindruck. Er gab klare Anweisungen und ich fühlte mich gut bei ihm aufgehoben. Es wurde nun auch mit den Vorbereitungen am Auto begonnen. Die hydraulischen Rettungsgeräte wurden in Position gebracht und dann kam der Arzt zu mir und sagte, dass er mich jetzt schlafen schicken würde. Damit könnte ich besser befreit werden. Dann wurde es sehr schnell wieder dunkel und still.

Mick: Schock am TV

Nachdem Papa immer wieder eine Rekordrunde nach der anderen fuhr und wir gebannt vor dem TV saßen, diskutierten wir bereits über den Zeitpunkt, wann Papa den Führenden erreichen würde. Plötzlich kam Unruhe auf, die Mechaniker in der Box sprangen alle von ihren Stühlen auf und es wurde eine Gelbphase angezeigt. Das war noch kein Grund für uns beunruhigt zu sein, allerdings, dass unsere Mechaniker aufsprangen, war kein so gutes Zeichen. Dann hieß es, das „Safety-Car“ würde hinausgeschickt. Dann musste also doch was Größeres passiert sein. Unsere Gespräche verstummten und ich sah gespannt auf die Leinwand. Der Kommentator redete von einem Zwischenfall vor der zweiten Bremsschikane auf der „Hunaudière“. Mehr war noch nicht bekannt. Dann zeigten die Kameras ein Bild, das ich niemals vergessen werde. Überall lagen Trümmer auf der Strecke verstreut. Zwei völlig zerstörte Autos lagen neben der Strecke. Lukas sagte nur: „Ach du scheiße, das sieht aber böse aus.“ Ich sah ihn an und nickte nur. Das war ein richtig böse aussehender Crash. Die Rennleitung entschied sich sogar das Rennen zu unterbrechen mit der Roten Flagge. Das hieß, es gab Verletzte, die gerettet werden mussten. Es würde also eine längere Sache werden. Dann passierte das Unfassbare. Nico sprang auf und rannte zur Leinwand. Er musste etwas erkannt haben. Er drehte sich um und wurde kreideweiß. Dann sagte er nur:

„Mein Gott, wisst ihr, welches Auto das war? Da steht auf dem einen Teil die Startnummer 1, das war Marcs Auto.“ Völliges Entsetzen machte sich bei uns allen breit. Ich konnte und wollte nicht glauben. Ich schrie Nico förmlich an: „Nein, sag das nicht. Das kann nicht sein. Ich glaube es nicht.“ Aber er hatte recht. Mir sackten die Beine weg. Ich musste mich setzen. Mir wurde schlecht. Leif stand genauso geschockt vor der Leinwand. Tims Vater war so geistesgegenwärtig und führte Leif sofort nach draußen. Ich konnte nur noch hören, wie Leif aufschrie und weinte. Das konnte doch nicht wahr sein. Lukas saß genauso fassungslos vor dem Bild und er weinte genauso wie ich mittlerweile. Tim nahm Lukas in den Arm und führte ihn ebenfalls nach draußen. Marco kam zu mir und wollte ebenfalls mit mir hinausgehen. Ich wollte aber wissen, was dort passierte. Ich wollte nicht weggehen. Marco zwang mich förmlich mitzukommen. Tommy und Nico waren jetzt bei Leif und versuchten ihm beizustehen. Tim kam mit Lukas zu mir und wir umarmten uns ganz fest. In Gedanken war ich bei Papa. Was ich gesehen hatte, war brutal. Der Aufprall musste gigantisch gewesen sein. Plötzlich hörte ich ein Handy, ich sah, dass Tim an sein Handy ging. Er ging nun einige Schritte von uns weg. Ich konnte sehen, wie er mit großer Anspannung dem anderen zu hörte. Er nickte ein-, zweimal und dann beendete er das Gespräch. Er kam zu Lukas und mir und sprach uns beide an: „Das war Manuel, er hat mir die neuesten Informationen gegeben. Er meint, dass Marc bei Bewusstsein ist und sie ihn versorgen. Er ist eingeklemmt und schwer verletzt. Mehr konnte er nicht sagen.“ Dabei standen auch Tim Tränen in den Augen. Er meinte nur noch: „Wolfgang hat ihm sein Handy gegeben und er wird uns über alle neuen Dinge informieren.“ Ich war sehr dankbar für diese Informationen. Immerhin Papa lebte und war ansprechbar. Kaum zu glauben, wenn man die Bilder gesehen hatte. Tims Vater machte dann das einzig Richtige. Er holte Lukas, Leif und mich ins Haus und schickte Tim zu uns. Er sollte mit Manuel den Kontakt halten und uns auf dem Laufenden halten. Marco kam auch zu uns und er tröstete uns wirklich ganz toll. Die anderen waren in der Hütte, um zu beobachten, was vor Ort passierte. Nach einigen Minuten, die mir vorkamen wie Stunden, kam Tommy zu uns und teilte uns mit, dass sie jetzt wohl gleich Papa aus dem Auto befreien würden. Ich wollte das sehen. Ich ging also mit Lukas zur Hütte zurück. Leif blieb bei Tim und dann sahen wir die ganze Aktion am TV. Innerhalb weniger Minuten war das Auto soweit vorbereitet, dass sie Papa aus dem Auto ziehen konnten. Allerdings konnte ich keinerlei Regung erkennen. Er war also wohl doch nicht bei Bewusstsein, dass beunruhigte mich doch nun wieder erheblich. Allerdings sah der Doktor bei ihm recht ruhig aus. Sie trugen ihn nun auf der Trage in die Ambulanz und es dauerte nicht sehr lange, bis sie davonfuhren. Das Rennen sollte in dreißig Minuten wieder gestartet werden. Das war mir aber mittlerweile völlig egal geworden. Wir standen nun Arm in Arm und mit ziemlich weichen Knien im Garten und ich sagte zu Lukas: „Wir müssen uns etwas überlegen. Ich denke, wir müssen nach Frankreich fahren. Ich will bei Papa sein. Er braucht uns jetzt dort.“ Lukas war noch nicht begeistert, er war anderer Meinung: „Schatz, warte noch etwas. Lass uns erst mal abwarten, bis wir zuverlässige Informationen haben. Dann können wir immer noch fahren. Außerdem sollte Leif nicht mitkommen.“

„Leif kommt mit. Auf jeden Fall kommt er mit. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass er hier allein zurückbleibt. Er hat das gleiche Recht Papa beizustehen wie wir.“ Ich war allerdings auch sehr angespannt und gereizt. Dann kam Tim mit dem Handy in der Hand zu uns und meinte:

„Mick, Wolfgang ist dran. Er möchte mit dir persönlich sprechen.“ Ich sah Tim an und mir kamen grade Gedanken, die ich gar nicht wiedergeben möchte. Ich nahm das Handy und meldete mich: „Mick Steevens“

„Hallo Mick, Wolfgang hier. Ich nehme an, ihr habt alles im TV verfolgt. Ich möchte dir nun persönlich den Stand berichten. Also zuerst mal das Wichtigste, dein Vater ist außer Lebensgefahr. Er ist wieder voll bei Bewusstsein und wird nun in die Klinik geflogen. Was für Verletzungen er genau hat, wissen wir noch nicht. Aber es sind auf jeden Fall Brüche in den Beinen und im Brustbereich. Details können wir erst bekommen, nach der Untersuchung in der Klinik. Der Rennarzt meinte aber, dass es in Anbetracht der Schwere des Unfalls recht gut aussehen würde. Vielleicht beruhigt euch das etwas, der Arzt meinte eben noch zu mir, dass sich Marc noch auf der Trage nach euch erkundigt hatte. Also ich hoffe ihr beruhigt euch etwas. Es ist wohl einigermaßen glimpflich ausgegangen.“

„Danke, meldest du dich bitte, wenn es etwas Neues gibt?“

„Natürlich, Manuel wird ständig mit euch in Kontakt bleiben. Ich werde für euch für morgen Flüge organisieren, damit ihr herkommen könnt. Manuel wird euch dann alles Weitere erklären.“

„Das ist wirklich sehr nett, danke.“ Dann legte er auf. Ich ging mit dieser Information zu Leif und Lukas. Dann bat ich doch alle in die Hütte zu kommen. Ich wollte sie informieren. Alle saßen nun in der Hütte und schauten Lukas und mich an. Ich berichtete, was Wolfgang mir gesagt hatte und dann entschieden wir, uns ein wenig abzulenken. Manuel würde sich sicher melden, wenn er Neuigkeiten hatte. Leif war immer noch sichtlich angeschlagen. Was ich ganz toll fand, Nico und Tommy kümmerten sich wirklich toll um ihn. Sie lenkten ihn so gut es ging ab. Tims Vater bot uns an, bei ihnen zu bleiben und dort zu nächtigen. Dieses Angebot nahmen wir gerne an.

Der nächste Morgen stand im Zeichen gespannter Nervosität. Manuel hatte gegen drei Uhr noch einmal angerufen und die ersten Diagnosen berichtet. Danach hatte sich Papa zwar schwer verletzt, aber es war wohl ohne bleibende Folgen. Am Morgen saßen wir nun am Tisch und ich hatte eigentlich keinen Hunger, aber etwas Essen musste ich schon. Tims Vater war die ganze Zeit bei uns geblieben und dann gab mir Tim erneut das Handy. Ich nahm an, dass Manuel mich informieren wollte. Ich meldete mich und war dann doch sehr erstaunt, am anderen Ende meldete sich eine andere Stimme: „Hallo Mick, hier ist Tom. Wie geht es euch heute Morgen? Ich habe eine gute Nachricht für euch. Marc ist heute Morgen operiert worden und er ist bereits auf dem Wege der Genesung. Sein linker Unterschenkel wurde wohl ziemlich getroffen. Aber das haben sie hinbekommen. Er wird wieder vollständig gesund werden. Ich soll euch von Wolfgang ausrichten, er hat für euch drei und Tim Flugtickets für zwei Uhr organisiert. Also macht euch auf den Weg und kommt her. Ich werde euch abholen. Und Mick, noch etwas - mach dir keine zu großen Sorgen. Marc hat schon nach euch gefragt. Das ist ein gutes Zeichen. Also das wird wieder. Euer Vater ist topfit und wird schnell wieder auf die Beine kommen.“ Das war die Nachricht, die ich jetzt hören wollte. Ich war wirklich sehr erleichtert. Ich berichtete meinen Freunden, Tims Vater bot uns sofort an zum Flughafen zu fahren. Tommy bat ich, am Montag im Internat Bescheid zu sagen. Er sollte bei Frau Schnyder vorsprechen und die Lage erklären. Ich würde aus Frankreich bei unserem Direktor anrufen, sobald ich mit Papa gesprochen hatte.

Marc: Im Krankenhaus

Ich war gerade nach der OP aus der Narkose erwacht. Mein Bein war wohl doch böse erwischt worden. Der obere Querlenker hatte sich durch den Unterschenkel gebohrt und dort einiges an Zerstörung hinterlassen. Was sonst noch so kaputt gegangen war, wusste ich noch nicht. Ich hatte im Moment keine Schmerzen, aber das Atmen fiel mir schwer. Ich lag allein in einem Krankenzimmer in einem französischen Krankenhaus. Ich wollte gerade klingeln nach dem Personal, da öffnete sich auch schon die Tür und ein junger Mann betrat mein Zimmer. Er begrüßte mich mit einem deutlichen französischen Akzent auf Deutsch. Er stellte sich als Stationsarzt vor und erklärte mir, was sie alles gemacht hatten und was mir so noch bevorstand. Ich realisierte jetzt, das musste doch ein ganz heftiger Abflug gewesen sein. Denn ich spürte die Erleichterung bei dem Medizinmann. Er meinte, das hätte auch ganz anders ausgehen können. Er lobte unsere Sicherheit in den Autos und meinte ich würde wieder völlig gesund. Es würde nur etwas dauern. Die Liste der Verletzungen war lang, sehr lang. Allerdings nur eine Sache war wirklich problematisch und das war die Lunge. Sie hatte einen Rippentreffer erhalten. Eine Rippe hatte einen Lungenflügel durchbohrt. Das erklärte meine Atemprobleme. Ich wurde wieder sehr müde und dann schlief ich auch schon wieder ein.

Ich musste wohl die Nacht und den folgenden Morgen durchgeschlafen haben. Jedenfalls bekam ich dann am nächsten Tag erst wieder mit, wie sich Wolfgang und Tom bei mir meldeten. Tom erzählte mir am Telefon, dass er auf dem Weg zum Flughafen wäre und wünschte mir alles Gute. Wolfgang war persönlich gekommen und berichtete mir, dass er sich mit meinen Kindern in Verbindung gesetzt hatte und sie bereits über alles informiert waren. Das beruhigte mich doch enorm. Ich bedankte mich für seine Hilfe und er erklärte mir, ich sollte mich mal nur um meine Genesung kümmern. Alles andere würden sie machen. Ich war wirklich froh in diesem Team zu fahren. Allerdings hatte ich immer noch nicht endgültig geklärt, was denn eigentlich passiert war.

Die Infusionen im Arm schienen nicht nur Flüssigkeit zu sein, sondern auch ein Schmerzmittel zu beinhalten. Allerdings war ich ständig müde. Der Arzt meinte, ich sollte viel schlafen. Das wäre für die Lunge am besten.

Mick: Mit Lukas, Leif und Tim in Frankreich

Wir stiegen nun aus der Maschine und machten uns mit unseren Taschen auf den Weg zum Treffpunkt mit Tom. Wir kamen im Terminal an den Informationsstand und Tom wartete bereits auf uns. Er begrüßte uns wirklich sehr herzlich. Ich konnte sehen, dass es ihn auch nicht unberührt gelassen hatte. Er gab uns die Informationen zum Stand der Dinge und erklärte uns, dass wir bereits für die nächsten Tage in einem Hotel in der Nähe der Klinik untergebracht sein würden. Sabine, die Managerin von Papa würde uns jederzeit zur Verfügung stehen. Auch allein schon wegen der Presse. Tom meinte, wir sollten uns nur um Marc kümmern und alles andere würde das Team und Sabine regeln. Wie lange wir vor Ort bleiben würden, sollten wir selbst entscheiden. Es würde keine Rolle spielen, wenn wir alle bleiben wollten, sollten wir bleiben.

Wir fuhren zuerst ins Hotel und machten uns ein wenig frisch. Tom blieb die ganze Zeit noch bei uns. Erst als er mit uns bei Sabine im Krankenhaus eintraf, verabschiedete er sich. Er versprach sich bei uns zu melden. Er sprach uns noch mal Mut zu und meinte, dass alles wieder in Ordnung kommt. Im Krankenhaus gab es förmlich eine Presse-Invasion. Sabine hatte uns glücklicherweise vorgewarnt und dafür gesorgt, dass wir unbehelligt in die Klinik kamen. Wir wurden dort vom Chefarzt persönlich in Empfang genommen. Er erläuterte uns ausführlich die Verletzungen und welche Therapien sie nun vorhatten. Nachdem wir nun genau wussten, wie schwer die Verletzungen waren, durften wir Papa nun endlich sehen. Sabine kam mit uns in das Zimmer, ließ uns dann aber allein. Sie wollte noch eine Mitteilung an die Presse machen.

Wir standen nun am Bett und Papa sah schlimm aus. Überall Schläuche und Infusionen, und sein Bein wurde in einer Schiene fixiert. Leif hatte schwer zu kämpfen, als er das alles sah. Ich nahm ihn in den Arm und Lukas kullerten auch ein paar Tränen aus dem Gesicht. Ich schluckte auch schwer an diesem Bild. Dann schlug Papa die Augen auf. Er hatte uns sofort erkannt, denn es kam sofort ein Lächeln in sein Gesicht. Ganz leise hörte ich seine Stimme:

„Jungs, wie schön, dass ihr schon da seid. Geht es euch gut? Ich hoffe, der Schock war nicht zu schlimm.“ Typisch Papa, er liegt mit schweren Verletzungen im Bett und denkt an uns und ob es uns gut geht. Ich musste ihm das mal bei Gelegenheit klarmachen.

„Hallo Papa, ja uns geht es einigermaßen wieder gut. Gestern war das allerdings nicht unbedingt so schön. Wir haben es ja praktisch am TV live gesehen. Wir sollen dich von allen ganz herzlich grüßen und schnelle Genesung wünschen.“

Leif hatte sich nun auf Papas Bett gesetzt, Papa hatte seine Hand genommen und ihn getröstet. Leif war sichtlich gezeichnet. Lukas hielt sich in Anbetracht der Situation sehr gut. Allerdings hatte er schwer zu kämpfen. Irgendetwas beschäftigte ihn extrem. Ich konnte seine Anspannung fühlen. Papa erklärte uns, was bereits alles gemacht wurde und das er wohl noch einige Tage hier bleiben müsste, bevor er verlegt werden könnte. Ich hatte schon entschieden, ich würde so lange hier bleiben, bis er verlegt wurde. Plötzlich machte Lukas einen Versuch Papa etwas zu sagen: „Also Papa, ich weiß, es ist vielleicht nicht der richtige Moment, aber ich möchte, dass du aufhörst mit dem Rennfahren. Ich habe bereits einmal meine Eltern verloren durch einen Unfall, nochmal halte ich diesen Verlust nicht aus. Ich will das niemals wieder erleben.“ Danach verließ ihn seine Disziplin und er weinte bitterlich los. Ich nahm ihn sofort in den Arm und versucht ihn zu trösten. Er wollte sich überhaupt nicht beruhigen lassen. Ich ging dann mit ihm für einige Minuten auf den Flur. Leif und Tim blieben bei Papa. Ich stand nun mit Lukas auf dem Gang, als der Arzt vorbeikam. Er erkundigte sich, was vorgefallen war. Dann bat er mich, ihm mit Lukas zu folgen. Wir gingen in sein Behandlungszimmer und dort gab er Lukas eine leichte Beruhigungsspritze. Ich hatte dem Doktor vorher allerdings erklärt, warum Lukas wohl so heftig reagieren würde.

Mick: Zusammenfassung der nächsten Tage

Die nächsten Tage bestanden für uns im Wesentlichen darin, Papa zu besuchen und ihm die Unterstützung zu geben, die er benötigte. Er war zwar immer wieder der Meinung, wir sollten uns nicht zu sehr mit seiner Situation beschäftigen, aber wir waren uns alle einig. Wir wollten so oft es ging bei ihm sein und ihn unterstützen, so schnell, wie es ging, wieder nach Deutschland verlegt zu werden. So dachten wir jedenfalls.

Es gab nach einigen Tagen immer wieder Anfragen nach einem Pressestatement von uns. Es war der Presse natürlich nicht verborgen geblieben, dass wir schon einige Tage hier waren. Sabine schottete uns aber ohne Rücksicht auf Verluste komplett ab. Sie gab die Stellungnahmen ab, die jeweils mit Papa abgestimmt wurden. Wir mussten uns nicht darum kümmern. Nach einigen Tagen kam der leitende Arzt zu uns und meinte, dass Papas Zustand sich so stabilisiert hatte, dass er verlegt werden könnte. Wir waren nun bei Papa im Zimmer und dann überraschte er uns mit folgender Mitteilung:

„Also Jungs, hört mal her. Ich habe mir nach der Absprache mit Tims Vater Folgendes überlegt. Ich werde mich nicht nach Deutschland verlegen lassen. Das hilft euch ja überhaupt nicht. Dann müsstet ihr genauso weit reisen, um mich zu besuchen. Also machen wir nun Folgendes. Ich lasse mich in die Schweiz fliegen, und zwar in das Unfallkrankenhaus, wo Tommys Papa Chefarzt ist. Das ist nicht so weit vom Internat entfernt. Dann könnt ihr wieder normal zur Schule gehen und im Internat bleiben. Wenn ihr mich besuchen wollt, werden Tims Vater, Tim oder Manuels Mutter euch hinfahren. Was haltet ihr davon?“

Das war natürlich eine Überraschung. Typisch mein Vater, immer daran bedacht uns das Leben zu erleichtern. Der Tag der Verlegung war für den morgigen Vormittag geplant. Wir hatten einige Tage hier verbracht und natürlich auch ein paar Tage Schule versäumt. Ich hatte allerdings mit unserem Direktor mehrfach telefoniert und er gab uns Rückendeckung. Wir sollten uns um unseren Vater kümmern, und wenn er verlegt worden ist, sollten wir wieder in die Schule kommen.

Am nächsten Morgen bat uns Sabine, dass einer von uns an der von ihr einberufenen Pressekonferenz teilnehmen sollte. Innerhalb kürzester Zeit war klar, dass ich derjenige sein sollte.

Die anderen bereiteten unseren Flug zurück vor und ich saß nun vorne neben Sabine. Sie gab die Stellungnahme zum Zustand von Papa ab und dann begann die Fragerunde. Ich versuchte so gut wie möglich die Fragen zu beantworten und nach einer knappen halben Stunde beendete Sabine diese Veranstaltung.

Vier Wochen später in der Schweiz

Der Heilungsprozess war sehr gut vorangeschritten. Papa hatte mittlerweile die Klinik verlassen und war in die Reha geflogen. Heute wollte er zurückkommen und sich mit uns in dem neuen Haus treffen. Er wollte uns dort etwas mitteilen und sich über den Stand der Umbauten erkundigen. Seine Lunge war wieder vollständig hergestellt und auch sein Unterschenkel machte gute Fortschritte. Er musste sich noch mit Krücken bewegen, aber es gab keine weiteren Komplikationen.

Wir hatten heute extra zwei Stunden früher Schluss gemacht in der Schule. Als wir an unserem neuen Domizil ankamen, fiel mir sofort die neue Treppe auf. Auch sonst hatte sich schon einiges getan. Irgendwie hatte ich das Gefühl, Papa hatte uns wieder mal einige Dinge vorenthalten. Wir klingelten und Tims Vater öffnete uns die Tür. Papa saß bereits auf einem Stuhl im Garten, sein Bein hatte er hochgelegt. Wir - also Lukas, Leif und ich - gingen zu ihm auf die Terrasse. Er grinste uns sogar frech an. Das war ein wirklich gutes Zeichen.

„Hallo Jungs, schön dass ihr gekommen seid. Ich möchte euch etwas mitteilen. Ich werde, wie ihr euch ja sicher denken könnt, nicht nach Texas fliegen. Ich werde also auf jeden Fall am nächsten Wochenende euch an eurem Sommerfest beglücken. Außerdem werden wir hier in der kommenden Woche bereits einziehen. Es sind schon alle Umbauten fertig und ich habe eine Firma bereits beauftragt, unsere Sachen aus Deutschland hierher zu bringen. Ihr müsst euch um nichts kümmern. Nur eure Sachen, die ihr aus dem Internat hierher haben möchtet, müsst ihr bis Mitte der Woche bereitstellen. Dann werden sie nämlich abgeholt und hier hergebracht.“

Wir schauten uns nun doch etwas verwundert an und Lukas fragte deshalb noch mal nach:

„Papa, heißt das, du wirst nicht wieder nach Deutschland zurückgehen? Du kommst jetzt schon zu uns?“

„Ja, das ist korrekt. Und nicht nur das. Ich habe noch eine Mitteilung für euch. Allerdings solltet ihr dafür einmal Platz nehmen. Da ja noch keine Möbel hier waren, setzten wir uns auf den Rasen. Ich war jetzt wirklich gespannt, Papa hatte so ein Gesicht gemacht, das gab mir ein komisches Gefühl. Ich war mir recht sicher. Hier würde gleich etwas Außergewöhnliches passieren. Lukas nahm meine Hand und wir saßen nun im Gras.

Papa holte nun einmal tief Luft und dann passierte etwas, womit wohl niemand wirklich gerechnet hatte.

„Also gut, meine Söhne - ich habe in den letzten Wochen viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Lukas hat mir dabei sehr geholfen.“ Ich war nun etwas verwundert, Lukas hatte mir nichts dergleichen erzählt. „Lukas hat mir vor ungefähr drei Wochen einen sehr langen Brief geschrieben und ich bin sehr nachdenklich geworden durch das, was er mir geschrieben hatte.“ Ich sah nun Lukas an, der sichtlich rot geworden war. Was war hier vorgegangen? Ich wollte etwas dazu sagen aber Papa gab mir zu verstehen, dass ich schweigen sollte. Leif bekam große Augen. Dann platzte die Bombe:

„Ich habe mittlerweile verstanden, dass ich nicht mehr so oft von euch getrennt sein will. Ich war sehr egoistisch in meiner Entscheidung wieder Rennen zu fahren. Diesen Fehler werde ich kein zweites Mal machen. Ich möchte euch heute mitteilen, bevor ich es morgen bei einer Pressekonferenz bekannt gebe, ich habe meine Karriere als aktiver Rennfahrer mit dem heutigen Tage beendet. Ich werde mit euch hier die nächste Zeit gemeinsam verbringen. Mit euren Freunden und meinen neu gefundenen Freunden.“

Wir schauten uns alle sprachlos an - ich konnte es einfach nicht glauben, was ich gerade vernommen hatte. „Sag das nochmal. Du hörst auf mit dem Rennfahren und wirst mit uns hier in der Schweiz bleiben. Ab sofort? Ich fasse es nicht.“

Lukas saß neben mir und ich konnte seine Tränen verstehen. Endlich hatte er seine Familie und zwar noch mit allen Mitgliedern. Ich war ebenfalls erleichtert, Leif war sofort aufgesprungen und Papa um den Hals gefallen. Ich glaube, wir waren alle unheimlich erleichtert und freuten uns auf die gemeinsame Zukunft im neuen Heim und mit unseren Freunden in der neuen Heimat Schweiz.

Epilog:

Die kommenden Wochen vergingen wie im Flug. Unser Umzug verlief viel glatter, als wir erwartet hatten. Die Firma hatte wirklich einen ganz hervorragenden Job gemacht. Papa war ja immer noch nicht voll belastbar. Er konnte aber wieder ohne Hilfen gehen und auch wieder Auto fahren. Das Schulfest wurde ein voller Erfolg und unsere Freunde hatten uns wirklich sehr geholfen, uns im neuen Heim schnell einzuleben.

Lukas, Leif und ich lebten jetzt seit einer Woche nicht mehr im Internat, sondern gemeinsam mit Papa im neuen Haus. Wir blieben aber auf unserer Schule und durften dort unseren Abschluss machen. Das Einzige was nun noch anstand war eine anständige Einweihungsparty. Wir hatten alle unsere Freunde eingeladen und es waren wirklich alle gekommen. Außerdem waren auch einige von Papas ehemaligen Kollegen gekommen. Das freute mich besonders. Tom war mit seiner Familie extra aus Dänemark angereist und blieb noch eine Woche zu Besuch. Die weitere Entwicklung unserer Familie wird sich zeigen. Heute sind wir jedenfalls wunschlos glücklich und werden eine richtige Party feiern.

Das ist das vorläufige Ende der Geschichte „The Race is on“

Nachwort

An dieser Stelle möchte ich einer Person besonders meinen Dank aussprechen. Benjamin, du hast in den Wochen, wo ich diese Geschichte geschrieben habe, für mich viel in Bewegung gebracht. Auch persönlich. Vielen Dank und ich hoffe, wir bleiben weiter in Kontakt.

Eine weitere Person ist hier auch zu nennen, Rick. Er war der Erste, der mir mit seinen Geschichten den Mut gemacht hatte, dieses aufzuschreiben. Er war einer der wenigen Autoren, die sich auf meine Kommentare hin gemeldet haben. Dadurch ist das Ganze ins Rollen gekommen. Rick, ich hoffe, dass trotz deiner immer sehr harten und deutlichen Kritik, ein ansehnliches „Erstwerk“ entstanden ist.

Ebenfalls muss ich an dieser Stelle allen Lesern danken, die sich mit Kommentaren bei mir gemeldet haben. Es waren allesamt sehr freundliche und auch konstruktive Meinungen. Ich habe viel gelernt und auch viel Freude gehabt, diese Geschichte endlich auch aufzuschreiben. Es gibt deutlich mehr autobiografische Dinge in dieser Geschichte, als ich am Anfang geplant hatte.

Eine Sache ist mir persönlich wichtig. Ich hoffe allen Jugendlichen, die für sich erkennen schwul zu sein, eine Perspektive der Eltern aufgezeigt zu haben. Vielleicht ist es so etwas eher möglich zu begreifen, wie Eltern ticken. Ich habe auch einiges aus meinem Beruf einfließen lassen.

Allerdings hätte ich niemals gedacht, dass das Ganze einen derartigen Umfang annehmen würde. Ich hatte ursprünglich gedacht, dass es nur einen Teil geben würde. Beim Schreiben wurde das Ganze aber so lebendig, dass ich immer mehr Leben in das Ganze bekam.

Ich habe hoffentlich auch bereits beim Schreiben der Teile 2-4 einige Entwicklungen meines Stiles durchlaufen.

Also ich hoffe, alle Leser hatten auch mit diesem letzten Teil viel Spaß. Ich wünsche mir, dass das nicht meine letzte Geschichte sein wird. Es hat wirklich sehr viel Spaß gemacht.

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