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SuperGlued

Teil 3 - Elijah

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Die Haare fühlen sich ganz weich an, als ich die Finger hindurch gleiten lasse und kaum merklich hebt und senkt sich der zierliche Körper auf mir.

Ich genieße diese friedliche Stille, bis plötzlich mein Handy den Nachttisch schier zum Beben bringt.

Genervt von dieser unwillkommenen Störung, greife ich danach.

Yun.

„Was willst du?“, frage ich ihn.

Äh...Training? Wir wollten heute früher ins Fitti“, erinnert er mich.

„Ach ja. Hey, lass uns das doch auf heute Abend verschieben, okay?“

Ein leises Lachen seinerseits.

Hast du etwa Besseres zu tun?“

Ich blicke zu meiner Rechten, wo sich gerade ein müdes Murmeltier unter der Bettdecke hervor kämpft.

„Auf jeden Fall. Ich habe gerade ziemlich nette Gesellschaft.“

Alles klar. Dann hol ich dich in zwei Stunden ab. Keine Ausreden!“

Ich lege das Handy wieder weg und muss den Zwerg mal eben fest umarmen. Wie kann man nur so süß sein?

Er scheint die Umarmung zu begrüßen und erwidert sie sofort.

„Entschuldigung...bin ich schon wieder eingeschlafen?“, fragt er müde, als ich etwas von ihm ablassen kann.

„Ja, allerdings. So konnte ich aber auch entspannt auskatern“, antworte ich, während ich beobachte wie er sich müde aufsetzt und damit den Körperkontakt fast gänzlich unterbricht.

Seine Augen sind ein bisschen gerötet, aber das verleiht ihm einen nur noch niedlicheren Ausdruck.

Ich habe kein Mitleid mit ihm, sondern ernsthaft empfundenes Mitgefühl.

„Okay...ich denke, dass ich langsam heim gehen sollte...“

„Was? Wieso?“, frage ich, als hätte er mir gerade erzählt, dass er ins Weltall aufbrechen müsse um einen neuen Heimatplaneten für die Menschheit ausfindig zu machen.

„Ähm ich...ich muss einfach los...“

Irgendwie sprachlos und etwas überwältigt von dieser plötzlichen Aufbruchsaktion, lasse ich es einfach zu, dass er sich seine frisch gewaschenen Sachen wieder überzieht und einfach ohne ein weiteres Wort verschwindet.

Grübelnd kratze ich mich am Hinterkopf und beobachte durch das Küchenfenster, wie er fast schon fluchtartig in Richtung S-Bahn eilt.

Hab ich was falsch gemacht? So eine Reaktion kenne ich sonst nur vom aktiven „Heten kneten“ und während ich deren Flucht am nächsten Tag absolut begrüßt habe, versetzt mir diese Nummer gerade einen echt fiesen Schlag in die Magengegend.

Im Fitnessstudio angekommen, bin ich immer noch froh, dass Yun mich nicht mit Fragen löchert, sondern vollkommen damit beschäftigt ist, von seinem „fantastischen Morgen“ zu erzählen.

Ich hab es kapiert. Yun ist glücklich!

„...war er so süß! Apropos, was lief eigentlich mit Klein-Eli?“

Irgendwann musste die Frage ja kommen. Ich lege gerade die Karte auf das Scangerät um die Drehschranke im Eingangsbereich des Studios zu öffnen, als mein Blick auf den kleinen Sitzbereich bei den Getränken fällt.

Wenn es jemanden gibt, der noch mies gelaunter dreinschauen kann als ich, dann ist es er.

So wirklich kenne ich ihn nicht, weiß aber, dass er sich in ähnlichen Clubs aufhält wie ich und ganz klar auf Männersuche ist. Der Kerl ist nicht sonderlich groß und wäre eigentlich mein Typ mit den blonden Haaren, wären da nicht die wenigen, überschüssigen Kilos, die mich einfach nicht ansprechen. Außerdem glaube ich, dass wir uns eher vermöbeln, als miteinander amüsieren würden. Vielleicht wäre es auch eine Art Kollusion. Ich weiß, dass er neuerdings hier im Fitnessstudio abhängt, aber nie ernsthaft trainiert.

Was genau seine Mission hier ist, weiß ich nicht, aber gerade scheint sich seine Aufmerksamkeit gezielt auf die Pumperecke zu richten.

Ich folge dem Blick und kann mir eigentlich schon denken, wen unser gleichgesinnter Freund da anpeilt.

Neuerdings treibt sich hier nämlich ein echt attraktives Kerlchen herum, bei dem selbst ich mir überlege vom üblichen Beuteschema abzuweichen. Der Typ hat optisch so einige Gemeinsamkeiten mit Yun und mir, mit der Ausnahme, dass sein Gesicht so hübsch ist, dass wir da wohl locker einpacken können. Irgendwie hat er ganz weiche Gesichtszüge, die aber ganz hervorragend zu ihm passen.

„Tze, das kann er aber geschmeidig vergessen“, kommentiere ich murmelnd in Richtung Pummelblondi.

„Was? Kannst du mal meine Frage beantworten?“, höre ich Yun fragen.

„Welche Frage?“

„Klein-Eli?“, erinnert er mich, während wir die Treppen nach unten in Richtung Umkleidekabinen trotten.

„Ach ja. Nichts.“

„Wie nichts? Ist nichts gelaufen? Julian war sich so sicher, dass da was...“

„Tja, da lag Julian wohl falsch“, lüge ich und spüre wie Yun mich richtig anstarrt und das auch noch tut als ich meinen Hoodie ausziehe.

„Kannst du das lassen?“, bitte ich ihn.

„Seit wann lügst du mich an? Liebst du mich nicht mehr?“

Natürlich taucht in dem Moment ein Typ auf und grinst bescheuert, als er uns passiert.

„Hör auf mit dem Mist.“

„Dann verrate mir doch einfach, was da gestern abging.“

Ich seufzte genervt.

„Nicht viel. Ich war mehr damit beschäftigt ihn aufzumuntern. Der Kleine ist vollkommen am Ende und das nutze ich garantiert nicht aus.“

Tja, genau das habe ich getan und ihn damit garantiert vollkommen überfordert, weswegen er wohl die Flucht ergreifen musste. Für meine Sensibilität bin ich wirklich nicht bekannt.

„Und trotzdem hast du es getan, oder?“, unterstellt er mir wahrheitsgemäß.

„Hey!“

„Komm schon Eli, ich kenne dich einfach viel zu gut.“

Ich gebe nach und als wir die Treppen wieder nach oben gehen, steht da immer noch dieser blonde Typ und schlürft an seinem Drink während die Augen nach wie vor starr den Hübschling betrachten.

„Das mit dir und dem Kleinen war ja auch irgendwie absehbar. Ich meine, der ist nicht dein Typ, aber bei so süßen Typen wirst du generell schwach“, behauptet Yun.

„Hä? Ich steh nicht nur auf die Süßen. Da hinten, siehst du den Kerl da bei den Kurzhanteln? Darauf stehe ich auch“, meine ich und deute auf das Zielobjekt des Blonden.

Yun lacht kurz auf.

„Klar, als ob du dich jemals auf so einen Kerl einlassen würdest. Außerdem bezweifle ich, dass du den rumkriegst.“

„Hm, Herausforderung angenommen.“

„Wie sieht der Wetteinsatz aus?“, will Yun ganz klassisch von mir wissen.

„Der nächste Barbesuch geht auf mich“, schlage ich vor.

„Nein, wenn du versagst, wirst du Laurin einen ausführlichen, langen Entschuldigungsvortrag halten, in welchem du ihm nicht nur erklärst wieso du so ein Arsch bist, sondern auch noch um eine gemeinsame Freundschaft bittest.“

Ich mustere meinen besten Freund misstrauisch.

„Wieso habe ich plötzlich das Gefühl, dass du nur auf eine Gelegenheit gewartet hast um den Wetteinsatz anzubringen?“

Er zuckt unschuldig mit den Schultern.

Na ja, den Sieg gönne ich ihm garantiert nicht. Ich weiß jetzt schon, wie ich vorgehen werde um mich an diesen Hübschling heranzuschmeißen. Tatsache ist, dass ich immer noch den massiveren Körper habe und damit sicher punkten kann.

Der hübsche Kerl scheint sich gerade mit einem anderen Kerl zu unterhalten, wobei mir das freundliche Lächeln direkt auffällt. Vielleicht sollte ich es auch wieder mit einem freundlichem Gesichtsausdruck versuchen.

„...sowieso nicht mehr. Das heißt, wenn sie die Saison nutzen will, solltest du dich dringendst darauf einlassen, Die Diskussion mit Karin ist es echt nicht wert, glaub mir“, höre ich den anderen Kerl noch sagen, als ich mich ganz dreist zwischen die beiden und zu den Kurzhanteln dränge.

„Entschuldigung. Darf ich mal ganz kurz...?“, meine ich und setze mein übliches Lächeln auf, was direkt von dem Hübschling erwidert wird. Oh je, der Typ schreit ja förmlich nach übertriebener Freundlichkeit.

„Kein Problem“, erwidert er und für den Buchteil einer Sekunde, glaube ich gesehen zu haben, dass er mich abgecheckt hat. Ist meistens der übliche „Schwanzvergleich“ den Typen eben im Fitnessstudio betreiben. Erinnert ein bisschen an die Steinzeitmenschen, wenn ein Konkurrent das Revier betritt und mal eben die Paarungschancen verringert.

Könnte allerdings auch anderer Natur sein, denn aus irgendeinem Grund, springt mein innerlicher Radar bei dem Kerl voll an. Er hat zumindest schon mal daran gedacht sich auf einen Kerl einzulassen. Das sagt mir mein Gefühl.

Lächelnd verziehe ich mich wieder und zurück bei Yun, kann ich durch die lange Spiegelfront ziemlich genau sehen, dass der Hübschling zu uns sieht.

„Erste Kontaktaufnahme: Check“, gebe ich vor Yun an und zeichne einen kleinen Haken in die Luft.

„Das schaffst du niemals. Ich will mindestens eine funktionierende Handynummer sehen“, fordert er.

Ich lache verächtlich und lasse etwas demonstrativ die Muskeln spielen beim Hanteln heben.

„Du unterschätzt mich“, behaupte ich und weiß auch ohne hin zu sehen, dass der Hübschling mir gerade zusieht.

Über die folgenden Trainingseinheiten hinweg bewege ich mich absichtlich im Radius meines Zielobjektes und jedes Mal, wenn sich die Blicke treffen, wird meinerseits ein Lächeln aufgesetzt und seinerseits erwidert. Ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass ich zumindest an die Nummer dieses Typen herankomme. Sei es auch nur zum Zwecke des Trainings.

Yuns Blick zufolge riecht der auch schon seine bittere Niederlage.

Mein finaler Streich wird ein „zufälliger“ Zusammenstoß bei den Getränken sein und diese Chance bietet sich just in diesem Moment.

Ganz leicht angerempelt, lege ich die Hand auf den nett trainierten Oberarm.

„Oh, entschuldige bitte“, meine ich und erhalte ein noch freundlicheres Lächeln als zuvor.

„Macht nichts. Wir laufen uns heute wohl noch öfter über den Weg“, witzelt er und hätte dabei charmanter nicht klingen können.

„Ja, scheint wirklich so zu sein. Ich bin übrigens Elijah.“

Offensiv kann ich.

Er ergreift meine Hand.

„Ich bin Feli, freut mich“, stellt er sich kurz vor.

„Feli? Von Felix?“

Er lacht leise.

„Nein, von Felician.“

Ich reiße die Augen auf. Könnte er...Franzose sein? Das wäre ein Vorteil für mich.

„Ein Außergewöhnlicher Name. Woher kommt er?“, hake ich natürlich nach.

„Vermutlich aus dem Französischen. Deiner aber auch oder? Ich meine der Aussprache zufolge.“

„Ja ist er, inklusive peinlichem Zweitnamen.“

„Davon habe ich sogar zwei, also fang du mal an“, fordert er mich auf.

„Mein Name ist Elijah Mael und das ist außerordentlich demütigend für mich.“

Feli lacht leise. Himmel, ist der hübsch.

„Warte bis du meinen hörst. Ich heiße Felician Noé Titouan Garcia-Girard und bin mit dem Namen noch nicht mal ein echter Franzose.“

Ich ziehe die Augenbraue fragend hoch.

„Woher kommst du?“, will ich jetzt natürlich noch mehr wissen.

„Ich komme aus Deutschland, aber meine Eltern stammen aus Ontario, Kanada. Was ist mit dir?“

„Französischstämmiger Vater. Im Übrigen heißt mein kleiner Bruder auch Noé. Ich nenne ihn freundlicherweise Nono.“

„Wirklich? Das ist...furchtbar“, lacht der Hübschling.

„Ich weiß. Also, Felician Noé Titouan, jetzt hast du mich wirklich neugierig gemacht.“

Er mustert mich etwas ungläubig. Moment, ist da ein Funke Unsicherheit in seinem Blick zu erkennen?

„Echt?“

„Ja. Erlaubst du mir zu erraten, was du beruflich machst?“

Oh und wie ich mein Handwerk verstehe. Ich lehne mich gegen die Säule und deute seine Hand zu nehmen, was er erst etwas misstrauisch begutachtet, ich ihm dann aber mit meinem üblichen Blick signalisiere, dass da gar nichts dabei ist. Etwas zögerlich lässt er mich die Hand nehmen und den Handrücken, sowie die Innenfläche genauer betrachten.

Ganz klar jemand, der sich im Alltag mit scharfen oder sehr heißen Gegenständen befasst, was mir ein paar kleine Narben und Verletzungen verraten. Außerdem sind die Hände sehr gepflegt, wenn auch etwas rau. Deutet auf einen Hygienebereich hin.

Ich sehe wieder zu ihm auf, was ihn scheinbar wirklich ein bisschen unsicher macht. Okay, der Typ ist vielleicht ein gestandener Kerl, aber fällt mit dem Blick auch schon wieder in die Kategorie “süß“. Das ist wohl wirklich mein „Typ“.

Mal ganz abgesehen davon, fühle ich mich irgendwie beobachtet, schenke dem Gefühl, aber keine weitere Beachtung.

„Ist dir „Brunoise“ ein Begriff?“

Er fängt an ein bisschen erstaunt zu lachen.

„Okay, das ist ein bisschen unheimlich. Woher wusstest du das jetzt? Warte, warst du schon Mal in „Karins Paradies“?“

„Hm, nein, aber in dem Fall liege ich richtig mit der Annahme, dass du Koch bist?“

Er nickt eifrig und scheint jetzt schon Feuer und Flamme zu sein.

„Total richtig. Du musst mir verraten wie du das gemacht hast.“

„Hm, ich bin ein guter Beobachter. Mir entgeht eigentlich nicht viel“, antworte ich und zwinkere ihm kurz zu.

Daddy läuft auf Hochtouren und wenn das so weiter geht, darf sich Yun gleich was einfallen lassen. Apropos Yun. Der kommt nämlich gerade auf uns zu. So wie er schaut, hat er einen Plan, der mir vermutlich gleich die ganze Tour vermasseln wird.

Fies grinsend stellt er sich zu uns und reicht Feli einfach die Hand.

„Hi, ich glaube wir kennen uns noch nicht. Ich bin Yun. Elis bessere Hälfte.“

Etwas irritiert ergreift Feli die Hand und sieht mich fragend an.

„Schatz, ich gehe schon mal duschen und überlege mir, was ich uns heute zum Abendessen zaubere“, merkt Yun in meine Richtung an und verzieht sich dann einfach.

Mistkerl!

„Oh, war das dein...?“, fängt Feli an.

„Was? Der? Nein, garantiert nicht.“

„Klang ziemlich danach, um ehrlich zu sein.“

Okay, ich bin ein Genie in dem Bereich und daher auch in der Lage diese missliche Lage zu meinem Vorteil zu nutzen.

Gespielt verlegen wende ich den Blick ab.

„Um ganz ehrlich zu sein, war das mein bester Freund, der es mir gerade noch ein bisschen schwerer machen möchte, mit dir ins Gespräch zu kommen.“

Gut, entweder geht er jetzt darauf ein oder mein Gefühl täuscht mich und ich kassiere gleich eine nette Faust ins Gesicht, weil ich so schamlos einen fremden Typen angegraben habe.

Kurz kommt nichts, doch als ich zu ihm aufsehe lächelt er leicht.

„Wieso wolltest du denn mit mir ins Gespräch kommen?“

Ich zucke mit den Schultern und mime ein bisschen die Unschuld vom Lande. Wenn eines klar ist, dann dass Feli hier ein so netter Typ ist, dass man da komplett die Gefühlsschiene fahren muss.

„Ist gerade keine so gute Zeit für mich, um ganz ehrlich zu sein. Mein bester Freund heiratet bald und ich...na ja, fühle mich irgendwie...“

„...einsam?“ ,fragt er ergänzend.

Ha! Volltreffer!

„Ja, das klingt total bescheuert. Ich weiß auch gar nicht, warum ich das Thema jetzt anbringe. Wir kennen und ja gar nicht und...“

„Ist schon okay. Ich verstehe das und ich weiß deine Ehrlichkeit echt zu schätzen“, unterbricht er mich.

„Wieso komme ich mir dann trotzdem so dämlich vor?“, frage ich mit gekünstelt unsicherem Lächeln.

„Musst du nicht. Ähm...also, wenn du möchtest, könnten wir demnächst was trinken gehen. Um ehrlich zu sein, bin ich recht neu hier in der Stadt und kann ein paar neue Bekanntschaften ganz gut gebrauchen.“

„Total gern“, antworte ich und sehe im Augenwinkel, dass da wirklich jemand seinen starren Blick auf uns richtet. Es ist niemand geringeres, als der Blonde. Tja Kleiner, da war ich wohl schneller. Außerdem würde Feli den Typen nicht mal mit dem Hintern ansehen, welchen ich ja noch gar nicht ausgiebig abgecheckt habe, fällt mir gerade ein.

„Ach ja, würde es dich stören, wenn ich meinen Freund mitbringe?“

Moment, was?! Hab ich mich gerade verhört?!

„Dein...was?“

„Mein Freund. Der da hinten.“

Feli deutet ganz beiläufig auf Blondi, der mich so richtig finster zu mustern beginnt.

„Hä? Warte, wen meinst du genau?“, hake ich nach und hoffe einfach, dass sich da ein Traumkerl hinter dem pummeligen Blonden versteckt.

„Fin, komm mal her!“, ruft er und tatsächlich setzt sich Blondi etwas widerwillig in Bewegung, bis er vor mir steht.

„Äh...das...kapiere ich jetzt nicht wirklich“, gebe ich etwas verwirrt zu.

„Ihr dämlichen Pumper seid doch alle gleich. Das Schmuckstück da gehört mir, also verzieh dich Schwester“, werde ich plötzlich von dem Blonden regelrecht angefaucht.

„Fin! Sei doch nicht immer gleich so.“

„Wow, okay, sorry. Ich wollte da kein Drama ins Leben rufen“, entschuldige ich mich noch immer etwas überrascht von dieser seltsamen Konstellation.

„Das hat er nicht so gemeint, Elijah. Wir könnten doch trotzdem mal was...“, fängt Feli an und bricht im Satz ab, als Fin mir mit einer echt abwertenden Handbewegung deutet zu verschwinden.

Die beiden fangen wohl an zu diskutieren, weshalb ich mich schleunigst aus dem Staub mache.

„...tja und dann ist da sein „Freund“ aufgetaucht“, erzähle ich Yun unter der Dusche, woraufhin der fies zu lachen beginnt.

„Freund? Also Freund Freund?“, hakt er lachend nach.

„Ja! Unfassbar. Wie kann so ein Pummelchen den Traumkerl schlechthin abbekommen? Ich meine, der Blonde hat ganz sicher auch keinen herausragend tollen Charakter.“

„Tja, man kann eben nicht beeinflussen in wen man sich verliebt.“

„Unsinn. Das passiert nicht einfach so. Es müssen doch wenigstens ein paar Faktoren passen, sodass eine Anziehung entsteht. Man sollte zumindest in der selben Liga spielen. Gib mir mal dein Duschgel.“

Er wirft es mir über die niedrig geflieste Zwischenwand zu.

„Weißt du, Eli, solange sich bei dir alles auf Körperlichkeiten beschränkt, wirst du nie die Tiefsinnigkeit dahinter verstehen können. Ich meine, denk doch mal über dich und Klein-Eli nach. Da passt rational betrachtet auch so gar nichts zusammen und dennoch ist da diese unerklärliche Anziehungskraft...“

„Ich denke nicht“, unterbreche ich ihn gleich.

„Wieso nicht?“

Ich überlege kurz ob ich ihm lieber nicht von meiner ersten Abfuhr des Tages berichten soll, beschließe dann aber doch es mit ihm zu teilen.

„Hab es vermasselt.“

Plötzlich höre ich wie der Duschhahn auf seiner Seite abgedreht wird und er plötzlich in meine Nische schlüpft.

Zum Glück sind wir hier allein.

„Was hast du getan?“, fragt er mich ernsten Blickes.

„Hä? Bedräng mich doch jetzt nicht so“, versuche ich mich zu wehren und drehe ihm den Rücken zu, als er sich vor mich schlängelt.

„Ich weiß aus verlässlicher Quelle, dass Klein-Eli noch unschuldig ist oder es zumindest bis gestern noch war. Was hast du getan? Hattest du deine dämlichen Triebe wieder nicht unter Kontrolle?“

Ich werfe den Kopf genervt in den Nacken.

„Ihr habt ihn mir doch zum Fraß vorgeworfen und ich bin doch auch nur ein Mann!“, jammere ich.

„Ja, aber in deinem Fall übernimmt dein kleiner Freund da unten die komplette Kontrolle über dein Tun!“, schimpft er mich und deutet zwischen meine Beine.

„So schlimm war es jetzt auch nicht. Ich meine, er ist genau betrachtet immer noch Jungfrau.“

Yun verschränkt die Arme vor der Brust.

„Sind wir uns da sicher?“

„Ja, sind wir. Und jetzt geh wieder rüber, bevor jemand kommt und das hier falsch einordnet“, meine ich und deute mit dem Finger abwechselnd auf ihn und mich.

Von Yun gezwungen gemeinsam mit ihm und Julian zu Abend zu essen, decke ich gerade den Tisch, als mir der zusätzliche Teller auffällt, den Julian mir in die Hand gedrückt hatte.

Ich nehme ihn und will ihn über die Küchenzeile zurückreichen, als Julian mich unschuldig angrinst.

„Das stimmt schon so“, höre ich ihn sagen und ahne Schreckliches.

„Wer kommt noch?“, frage ich.

„Wer wohl. Ihr beide werdet unsere Trauzeugen sein, also...“

„Laurin“, spreche ich meine grausige Vermutung aus und setze mich genervt an den Tisch um mein Gesicht in den Händen zu vergraben.

„Ich weiß nicht, ob ich heute auch noch eine dritte Abfuhr ertrage“, seufze ich, woraufhin ich Julians Hand auf meiner Schulter spüre.

„Mach dir nicht so einen Kopf. Ich habe schon mit Laurin gesprochen und er ist bereit sich deine Entschuldigung anzuhören.“

„Hä? Welche Entschuldigung?! Kann ich was dafür, dass der Typ ein zweites Mal auf mich reingefallen ist?“

„Eli! Jetzt sei brav und entschuldige dich bei Laurin. Du hast dich echt wieder wie ein Arsch benommen“, erinnert mich Yun.

„Yun hat Recht. Du wusstest, dass Laurin dich nicht nur flüchtig beglücken möchte, sondern ganz klar an mehr interessiert ist.“

Wusste ich das wirklich? Ja, okay mir war schon klar, dass Laurin nicht nur ein paar Nümmerchen mit mir schieben wollte und mir wurde gestern auch zusätzlich von Zwergi bestätigt, dass mein hübsches Blondchen ernsthaft in mich verknallt sein soll.

„Vielleicht sollte ich mich einfach darauf einlassen.“

Auf meine Aussage hin, sehen mich beide verwundert an.

„Was?! Ist das so abwegig?“

Julian setzt sich direkt neben mich und nimmt meine Hand.

„Ist dir klar, was du gerade von dir gegeben hast?“, will er nochmal wissen.

„Ja. Ich bin es langsam echt Leid...“

„Du empfindest doch gar nichts für ihn“, erinnert mich Yun zurecht und serviert die Salatschale.

„Na ja, ich glaube auch nicht daran, dass ich jemals das finde, was ihr beide habt. Bin mir nicht mal sicher, ob ich das wirklich will. Ist mir eigentlich viel zu eng und garantiert zu kitschig.“

Yun umarmt Julian von hinten und küsst ihn flüchtig.

„Du solltest dich nicht an uns messen. Da kommt niemand heran“, meint Yun und verschwindet wieder zurück in die Küche.

„Eli, ich bin verwirrt. Soll das heißen, dass du unter Umständen doch langsam sesshaft werden möchtest? Das ist so unüblich für dich“, wendet sich Julian wieder an mich.

Ich lasse den Kopf auf den Tisch fallen.

„Argh! Ich weiß selbst nicht mehr was ich will! Ich hab heute einfach zu viele Niederlagen kassiert.“

„Hat das eventuell was mit Elias zu tun?“

Ich sehe zu Julian auf ohne den Kopf wirklich anzuheben.

„Klar. Der ist fluchtartig abgehauen, nachdem ich ihn mehr oder weniger bedrängt habe. Ich wurde noch nie so zurückgewiesen. Das...passt mir gar nicht in den Kram und danach noch die Sache mit diesem ultraheißen Typen im Studio...hach...ich lasse es mit den Typen einfach sein. Da gibt es nur Drama. Mit Frauen hab ich die ganze Probleme nicht.“

„Die Leier schon wieder und nach zwei Wochen dürfen wir uns wieder anhören, wie schwer es mit Frauen ist. Du solltest dein Versagen nicht auf das Geschlecht der Menschen abwälzen“, meint Julian und bringt mich in kindischer Weise zum Lachen.

„Ha ha, auf das Geschlecht abwälzen“, höre ich Yun selbst leise lachend die Worte seines Verlobten wiederholen.

„Ihr seid beide so unfassbar kindisch! Du weißt was ich meine, Eli.“

„Ja, schon. Aber ich sehe irgendwie nicht ein, dass das alles meine Schuld sein soll. Sicher bin ich verkorkst, aber wenn man mal ganz ehrlich ist, sind das meine Bettbekanntschaften auch. Besonders dein Laurin“, werfe ich Julian vor.

„Laurin ist ein korrekter Kerl. Du würdest auch nicht anders reagieren, wenn man dir am laufenden Band das Herz bricht“, verteidigt er seinen besten Freund.

„Ist er echt in mich verknallt? Also so richtig?“, hake ich um meines Ego Willen nach.

Julian schweigt kurz, als es plötzlich klingelt.

„Frag ihn doch einfach selbst“, kündigt er an, während er aufsteht um die Tür zu öffnen.

Ich richte mich müde auf, als Yun plötzlich neben mir auftaucht.

„Denk an deine Wettschulden“, erinnert er mich fies grinsend. Ja richtig, mein Entschuldigungsvortrag.

Ich beobachte wie Laurin erst Julian und dann Yun begrüßt. Mir widmet er nur ein kurzes Nicken, das ich ähnlich erwidere.

„Wie war die Arbeit?“, will Julian von seinem besten Freund wissen, der sich erst mal ein Glas Wein von Yun überreichen lässt.

„Ganz okay. Eli war heute nur voll nervig drauf“, erzählt Laurin und beabsichtigte wohl den Namen zu erwähnen. Dass es nicht um mich geht ist klar, aber meine Aufmerksamkeit hat er damit.

„Wieso?“

„Keine Ahnung, sah irgendwie aus, als hätte er nicht viel Schlaf abbekommen.“

Und wie das an mich gerichtet ist. Laurin sucht Streit. Das merkt man.

„Jedenfalls hat er nichts auf die Reihe bekommen, also hab ich ihn nach Hause geschickt“, erzählt Blondi arrogant weiter.

„Du musst ein bisschen nachsichtiger mit ihm umgehen. Es geht ihm gerade nicht so gut“, nimmt Julian Klein-Eli in Schutz.

„Wirklich? Dieser „Toter-bester-Freund“-Freifahrtschein hat nach einem Monat auch mal ein Ende oder?“

Arroganter Idiot!

„Wenn man keine Ahnung hat, sollte man einfach die Schnauze halten“, rutscht es mir heraus.

„Wie bitte? Hat irgendjemand nach deiner Meinung gefragt?“, geht Laurin mich entsprechend an.

Oh, da erwischt er mich wirklich auf dem falschen Fuß. Ich stehe auf und gehe auf ihn zu.

„Hör mir mal zu. Du hast kein Recht über Elias zu urteilen, also spar dir deine arroganten Kommentare.“

„Was sonst? Willst du mich verprügeln?“

Oh, wie gern ich das jetzt wirklich tun würde.

„Hey! Hört jetzt auf damit!“, mischt sich Julian ein und drängt mich von Laurin weg.

„Sag mir nur eins, Elijah: Hat es Spaß gemacht die Trauer eines 19-Jährigen auszunutzen? Muss ein enttäuschend schneller Fick gewesen sein“, provoziert Laurin weiter, was mich wirklich rasend macht.

„Laurin! Lass das!“, ermahnt Julian jetzt auch seinen Freund.

„Was denn? Ich finde es einfach nur erbärmlich den eigenen, toten besten Freund zu nutzen um einen gerade Volljährigen ins Bett zu bekommen.“

„Okay, das ist jetzt echt genug“, mischt sich jetzt auch Yun ein und anhand seines Gesichtsausdrucks kann ich erkennen, dass es viel weiter nicht gehen sollte. Das fällt wohl auch Julian auf, der Laurin in Richtung Balkontür drängt.

„Wir beruhigen uns jetzt alle mal wieder und dann essen wir“, schlägt der harmoniebedürftige Julian vor, ehe er hinter sich und Laurin die Balkontür schließt.

„Ich bringe ihn um. Das schwöre ich dir“, höre ich mich selbst sagen.

„Das ist er nicht wert, glaub mir. Lass dich von ihm nicht so provozieren.“

„Sagt der Richtige. Du bist doch gerade fast aus der Haut gefahren.“

Yun sieht mich unschuldig an.

„Aber nur fast. Das Thema ist einfach...“

„...unser gottverdammter Schwachpunkt“, ergänze ich seinen Satz, woraufhin er zustimmend nickt.

„Ich hab wirklich nicht versucht den Zwerg damit in die Kiste zu bekommen“, erwähne ich nochmal ganz gezielt, auch wenn ich mir dessen selbst nicht mehr so sicher bin.

„Weiß ich doch. Lass uns jetzt aber nicht darüber reden. Das zieht mich total runter.“

Mich auch, vor allem weil ich jetzt ziemlich genau weiß, dass ich die ganze Nacht nicht schlafen kann.

Nach einer kurzen Weile tauchen Laurin und Julian wieder auf und setzen sich zu uns an den Tisch. Ob es beabsichtigt war, dass Laurin neben mir sitzt?

Erst herrscht eine unangenehme Stille, bis Julian wieder von dem Florida Urlaub im letzten Jahr anfängt. Ist irgendwie sein Lieblingsthema, wenn es nichts zu besprechen gibt und um ehrlich zu sein, höre ich mir auch gerne an, wie das mit dem Heiratsantrag abgelaufen ist.

Kurz vergesse ich sogar, dass Laurin neben mir sitzt, bis sich plötzlich seine Hand auf mein Bein verirrt, während Julian ganz aufgeregt und zum tausendsten Mal den einen, wundervollen Moment beschreibt.

Meine Augen sind auf Julian gerichtet, aber meine Aufmerksamkeit gilt dieser Hand, die ohne Vorwarnung in meinen Schritt greift. Ich schrecke kurz auf, weil das wirklich weh getan hat.

„Alles okay, Eli?“, will Julian wissen. Schnell wische ich mir die imaginären Tränen aus dem Gesicht.

„Sorry, ich bin nur immer wider so gerührt von der Story“, schauspielere ich nicht sonderlich gekonnt.

Man kauft es mir doch irgendwie als sarkastischen Kommentar ab und so bleibt dieser fiese Griff in meine Privatsphäre von den beiden gegenüber erst mal unbemerkt.

Der Abend entwickelt sich zu einer ewigen Anekdote aus dem perfekten Leben von Julian und Yun, bis wir anfangen den Tisch gemeinsam abzuräumen.

„Eli, hast du Laurin nicht noch etwas zu sagen?“, merkt Yun ganz beiläufig an und so, dass es besagter Laurin natürlich auch hört.

„Ja, hab ich. Das mach ich aber lieber ohne Publikum“, antworte ich ebenfalls betont und deute Laurin mir in Richtung Hausflur zu folgen.

„Ihr könnt das doch auch auf dem Balkon besprechen“, bietet Julian an, was ich schnell abwinke und die Haustüre etwas energisch ins Schloss fallen lassen.

Im Hausflur steht Laurin wieder mit verschränkten Armen vor mir, bis ich ihn gegen die Wand dränge und die Hand ganz gezielt an den schmalen Hals lege.

„Ich hasse deine arrogante Art, weißt du das?“, fange ich mit drohendem Unterton an. Wütend bin ich wirklich, aber da ist auch noch ein anderes Gefühl.

Laurin lächelt und beißt sich auf die Unterlippe.

„Du bist so unfassbar scharf, wenn du wütend bist“, höre ich ihn leise sagen und hätte am liebsten richtig zugedrückt, bis ich plötzlich die schmalen Hände über meine Brust wandern spüre und wie sie sich in mein Shirt krallen. Ich werde an ihn heran gezogen und ziemlich intensiv geküsst.

Wütender Sex...ja, da stehe ich wirklich ein bisschen drauf und so schleppe ich ihn ganz einfach mit mir über die Straße bis zu meiner Wohnung, wo ich ihm kurzerhand die Kleidung mehr oder weniger vom Körper reiße und ihn auf mein Bett werfe.

In irgendeiner Art und Weise vorbereiten, werde ich ihn nicht. Das muss er jetzt einfach ertragen und wie sich schnell herausstellt, ist der davon gar nicht so abgeneigt.

Es folgen ein paar Minuten vollkommener Ekstase und vielleicht etwas zu groben Stößen meinerseits, bis ich allmählich wieder zu mir komme und unter mir ein schwer atmender Laurin liegt.

Ich muss mein Werk für einen Moment betrachten. Der makellose Körper ist übersät mit Bissspuren, besonders an der Innenseite der Oberschenkel und am Hals. So wie mein Rücken brennt, dürfte er da auch ein paar Kratzspuren hinterlassen haben.

Ich kann ihn nicht leiden, aber der Sex ist...unfassbar gut.

„Wir sollten es versuchen“, sage ich etwas impulsiv und aus dem Kontext gerissen. Er sieht mich fragend an und richtet den Oberkörper ein Stück auf.

„Was meinst du?“

„Das mit der Beziehung.“

Er schüttelt ungläubig den Kopf.

„Wie kommst denn jetzt darauf?“

„Keine Ahnung und die Beziehung wäre ganz sicher toxisch, aber ich bin es langsam wirklich Leid und im Bett klappt es ja offensichtlich ganz gut.“

Laurin mustert mich noch immer skeptisch.

„Du möchtest eine toxische Beziehung, basierend auf gutem Sex?“

Ich nicke zustimmend.

„Ich bin kein Freund von Romantik und du ja ganz offensichtlich auch nicht. Das passt doch.“

Laurin drängt mich zurück und setzt sich richtig auf.

„Eli, das...kommt jetzt irgendwie ein bisschen plötzlich.“

„Komm schon. Wir können auf diesen ganzen, nervigen Datingkram verzichten und einfach gleich zur Sache kommen.“

„Ist das wirklich was du willst? Dir ist aber schon klar, dass ich kein Freund von offenen Beziehungen bin. Wenn wir das durchziehen, dann hast du treu zu sein. Kannst du das überhaupt?“

Ich seufze genervt.

„Klar kann ich das.“

„Damit meine ich vor allem Elias. Du lässt die Finger von ihm.“

„Das sowieso.“

Wieso wird mir plötzlich so seltsam zumute?

„Okay, aber wenn du auch nur eine Sekunde an diesen kleinen Idioten denkst, bring ich dich um“, droht er und zieht mich zeitgleich an sich heran um Runde zwei einzuläuten.

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