zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

SuperGlued

Teil 1 - Elijah

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Ich bin gerade dabei das Gewicht voll auszureizen. Irgendwie brauche ich das heute einfach. Das gestrige Spiel hatten wir gnadenlos verloren. Ausgerechnet gegen diese dämlichen Jokers. Zugegeben, ich hatte einen miesen Tag und trug entsprechend wenig zum erwünschten Sieg bei.

Was soll ich auch machen? Ich habe mir selbst einen temporären Zölibat aufgebürdet, nachdem die letzten paar Liebschaften nur noch Stress verursachten.

Meine Aufmerksamkeit wandert zu Yun. Schmollmund-Modelgesicht ist wirklich zu beneiden. Nicht nur, weil er selbst so dämlich grinsend aussieht wie der Kerl auf dem Plakat bei „Douglas“, sondern weil er sich einfach nicht mehr mit Affären und One-Night-Stands herumärgern muss. Nein, mein bester Freund seit der Grundschule, hat den Deckel zu seinem Topf gefunden und ist ehrlich dafür zu beneiden. Verdammt, und es war ein Kampf für alle Beteiligten.

Ich beobachte, wie er sich mit der trainierten Blondine unterhält und ihr plötzlich das Handy vor die Nase hält.

Soeben dürfte sie verstanden haben, dass der hübsche Kerl nicht nur vergeben, sondern komplett unerreichbar für sie ist.

Yun rafft das schon gar nicht mehr. Egal wo wir hingehen, sei es in den Clubs oder einfach beim Training, er schockiert Fremde, wenn er einfach so und aus dem Nichts von seinem „Verlobten“ erzählt. Kein Schwein würde ihn für schwul halten. Diese oberflächliche Welt, aber es macht auch ein bisschen Spaß zu sehen, wie die Leute vor den Kopf gestoßen werden. Genau wie die hiesige Blondine eben.

Ich lasse von den Gewichten ab und beobachte das Schauspiel, bis Yun „Strahlemann“ Thielmann zu mir zurückgetänzelt kommt.

„Und? Hat sie geheult?“, frage ich ihn.

„Vor Freude vielleicht. Ich meine schau dir das doch mal an! Das hat er mir gerade geschickt!“

Nun wird auch mir der Display vor die Rübe gehalten. Ich muss das Smartphone erst wieder ein bisschen von mir wegschieben um was zu erkennen. Weitsichtigkeit sei Dank.

Es ist ein Bild von Yun's Liebsten, Julian. Zugegeben, der Kleine sieht echt ziemlich süß auf dem Bild aus. Er ist wohl gerade auf Arbeit im Café. Unmittelbar hinter ihm erkenne ich Laurin. Julians bester Freund und einer der Gründe für meinen selbst auferzwungenen Zölibat.

Laurin hatte zuvor in Berlin gelebt und war erst vor Kurzem hierher gezogen. Es fing alles damit an, dass Yun und ich Julian einfach nur besuchen wollten. Ich war lange nicht mehr im Café gewesen und dann taucht da plötzlich Laurin auf. Zuckersüß, blond und ziemlich frech. Es folgten diverse Flirts und Annäherungen, bis ich ihn einfach nach einer durchzechten Nacht mit zu mir genommen habe. Wie ich nunmal bin, hab ich den Kerl am nächsten Tag zum Teufel gejagt. Ich hasse es einfach, neben einer anderen Person aufzuwachen und weiß das für gewöhnlich zu verhindern. Leider hatte ich mich da mit der falschen Person angelegt. Der Kerl sorgte dafür, dass mein Sexleben gänzlich exkludiert wurde. Konnte ja keiner wissen, dass er meinen eventuell schon durch Eigenverschulden leicht angekratzten Ruf, durch Gerüchte komplett in den Dreck ziehen würde, sodass ich jegliche Bettgeschichten in der Szene plötzlich vergessen musste. Wenigstens in der Frauenwelt konnte er keinen Schaden anrichten, aber die letzte Dame, welche ich zu mir genommen hatte, verpasste mir eine so heftige Ohrfeige, dass ich mit meinen 28 Jahren nochmal meinen Lebensstil und meine Vorgehensweisen überdenken musste. Kurzum habe ich jetzt die Schnauze voll.

Ich würde ja gerne etwas an meinem Verhalten ändern, aber ich kann mit aller Romantik, die über flüchtige, sexuelle Bekanntschaften hinausgeht, einfach nichts anfangen. Da bin ich einfach ein gebranntes Kind. Im Übrigen eine sehr düstere Redewendung, wie ich finde. Sagen wir, ich bin emotional verkrüppelt. Das klingt nicht besser. Belassen wir es einfach dabei.

„Er kann schon niedlich sein“, gebe ich zu und freue mich echt ein bisschen für Yun.

„Voll! Mein Traummann eben. Hey, heute Abend steht noch?“, fragt er. Die zwei Turteltauben haben zu einer kleinen Hausparty geladen.

„Auf jeden und jetzt mach dich mal nützlich“, befehle ich und lege mich auf die Hantelbank, während er sich hinter mir aufbaut und endlich das blöde Handy beiseite legt.

„Tust du mir heute einen Gefallen?“, fängt er an, während ich die ersten Lifts noch als ziemlich angenehm empfinde.

„Kommt drauf an.“

„Ziehst du dir was Anständiges an?“

„Ich bin immer anständig angezogen.“

Yun sieht vorwurfsvoll auf mich herab.

„Du redest ja nicht drüber, aber in letzter Zeit sieht man dich nur noch in Jogginghose und Hoodie. Keine Ahnung, warum du diesen heißen Körper plötzlich versteckst, aber heute will ich, dass du dich wieder wie der Eli anziehst, in den ich mich damals verknallt habe“, scherzt er.

Ich setze die Langhantel ab und richte den Oberkörper wieder auf.

„Ich hatte damals lange Haare und trug nur Metal-Band-Shirts.“

Yun lacht leise.

„Vergiss nicht die engen, schwarzen Jeans und das Basecap“,ergänzt er.

„Klappe, die trage ich heute noch.“

„Von mir aus. Alles besser, als die Jogginghosen.“

„Und wenn die Teil meiner Art sind, meine Persönlichkeit auszudrücken?“

Er geht vor mir in die Knie und sucht den Augenkontakt.

„Eli? Du weißt, dass ich dich liebe, aber bitte, tu mir den Gefallen.“

„Ist das heute irgendwie eine besondere Party?“

„Kann man so sagen. Du wirst Augen machen und jetzt weiter mit dem Training. Du musst heute in Topform sein.“

„Hm...“, grummle ich und lege den Oberkörper wieder ab.

Zuhause stehe ich ratlos vor meinem eintönigen Schrank.

Yun hat schon Recht. Ich habe in letzter Zeit die volle Kapazität meiner teuer erstandenen Jogginghosen und Hoodies ausgereizt und die Haare wurden auch seit einer Ewigkeit nicht mehr richtig zurecht gemacht. Den Dreitagebart lasse ich auch mal unerwähnt.

Gestresst, puste ich mir eine der dunklen Haarsträhnen aus dem Gesicht. Eigentlich sind die Haare echt gut geschnitten, was ich meinem guten Freund Corv und seinem Barbershop zu verdanken habe. Seit dem letzten Haarschnitt vor etwa einer Woche, waren die genau ein einziges Mal richtig gestylt worden. Von Corv, weil er meine Haare verdächtig gerne angrapscht. Danach hab ich nichts mehr damit gemacht. Ich habe auch recht viel Glück mit ihnen. Tja, neben dem scheiß Charakter, habe ich eben auch die Haare von meinem Erzeuger vererbt bekommen. Eigentlich sehe ich komplett aus wie er. Das fällt mir immer auf, wenn meine Mutter wieder nostalgische Bilder von ihrer Jugend in Frankreich auf Facebook postet. Darauf ist der Penner eigentlich immer zu sehen und er sieht auch gut aus. Ich bin echt froh, dass ich nur die blauen Augen von meiner Mutter habe und nicht wie so ein halbes Hemd aussehe. Das Los hat mein kleiner Halbbruder Nono nämlich gezogen, aber bei seinem Vater wundert mich das auch nicht.

Jetzt aber zurück zum Kleiderschrank, der im Übrigen eine Katastrophe ist. Ich hab es echt nicht mit Ordnung. Generell bin ich ein hübsches Kerlchen voller Macken. Eine davon ist, dass ich ziemlich schnell die Geduld verliere und gerne mal etwas kaputt mache. Meine Wut richtet sich sehr selten gegen Menschen und seit ich damals Yuns Schätzchen begegnet bin, der den Buddhismus in die kleine Gruppe gebracht hatte, würde ich mich sogar gänzlich als Pazifist bezeichnen. Ausgenommen sportbedingte Gewalt, beim Rugby zum Beispiel. Ich bin brav, aber diese verdammte Schranktür wird jetzt ausgerissen!

Im nächsten Moment liegt die schwarze Schranktür auf meinem, natürlich nicht gemachten, Bett.

„Reicht. Ich brauch ein Bier“, grummle ich und stampfe wütend aus dem Schlafzimmer. Dass ich dabei nur in Shorts bekleidet bin, stört mich recht wenig, auch wenn ich mich zum Bier holen, auf den Balkon begeben muss. Noch kam ich nicht dazu, das alte Zeug aus dem Kühlschrank zu räumen, um Platz für die Bierdosen zu machen.

Halbnackt bücke ich mich nach dem Karton.

Sollen die Nachbarn doch sehen, was ich zu bieten habe. Vielleicht sollte ich einfach so bei der Party auftauchen. Würde vermutlich auch keinen Unterschied mehr machen.

Verdammt. Bin ich im Eimer.

Ich schleppe mich die schmalen Treppen des Altbaus nach oben und klingle an der Wohnung, aus der schon lautes Gelächter zu hören ist. Ich bin zu spät, aber das dürften die zwei auch nicht anders erwartet haben.

Yun öffnet mir die Tür und gerade als ich eintreten will, drückt er mich ein Stück zurück und mustert mich.

„Was?!“, frage ich genervt und sehe selbst an mir herab. Ich habe mir echt Mühe gegeben. Die schwarze Jeans hat sogar kein einziges Loch (was sonst üblich ist für mich und nicht zwangsläufig aus modischen Gründen) und das weiße T-Shirt ist vollkommen fleckenfrei. Ist er mit der Bikerjacke unzufrieden? Kann nicht sein. Ist ja seine.

„Alter! Ich hab mir sogar die Haare gemacht! Schau!“, protestiere ich und deute auf meinen Kopf.

„Ja, du siehst echt sexy aus. Wusste gar nicht, dass du das noch kannst.“

„Leck mich doch, du Vollzeitschönling“, motze ich und dränge mich an ihm vorbei.

„Das war nicht zwangsläufig eine Beleidigung“, höre ich ihn noch sagen, schenke dem aber keine weitere Aufmerksamkeit, denn jetzt gilt diese dem Bier, das ich eigentlich nicht trinke, aber ziemlich zeitgleich mit dem Zölibat und der Jogginghosenphase, habe ich auch dieses Grundprinzip über den Haufen geworfen. Ja, würde sich da jetzt ein Bierbauch abzeichnen, würde ich sofort aufhören, schließlich ist mein Aussehen mein Kapital und vermutlich der einzige Grund, weshalb mich mein Chef noch im Store arbeiten lässt. Ich muss echt an meiner Motivation arbeiten. Ach, solange die Muskeln stimmen, kaufen mir die Pumper und Fitnessjunkies doch sowieso alles ab, was ich ihnen vor die Nase halte.

Wo war ich? Ach so. Bier! Wo?

Ich sehe mich um und schleiche mich an den starrenden Leuten vorbei bis zur Küche. Starren, weil ich trotz der natürlich gegebenen Genervtheit in meiner Visage versuche zu lächeln. Julian nennt dieses Phänomen „Resting-Bitch-Face“. Ich sehe immer genervt, angefressen oder wütend aus. Selbst wenn ich fröhlicher gestimmt bin, aber das muss an der Form meiner linken Augenbraue liegen. Die gibt mir einen dauerhaft kritischen Gesichtsausdruck. Auch so, habe ich ziemlich dunkle Haare, Augenbrauen und Wimpern und relativ helle Haut. Auch mein Lächeln wirkt auf manche alles andere als „freundlich“. Das war als Kind ein echtes Problem. Ich sah nie „süß“ aus. „Hübsch“ schon, aber niemals „süß“ und an Halloween musste meine Mutter mich gar nicht erst schminken. Mies gelaunter Dracula lässt grüßen. Es hat mich lange genervt und ich habe mich auch aufziehen lassen. Das fand ein jähes Ende mit der Pubertät und jetzt weiß ich, dass ich heiß bin, nur bringt es mir nichts.

In der Küche werde ich endlich fündig und werfe einen kurzen Blick in den überfüllten Wohnraum. Die meisten hier dürften Julians Freunde sein. Sind ganz nette Menschen dabei und auf einmal sehe ich Laurin am Fenster stehen. Er ist echt heiß, aber das ändert nichts daran, dass er der totale Psycho ist. Er muss meinen Blick bemerkt haben und als er im Begriff ist, sich umzudrehen, gehe ich schnell in die Hocke und verstecke mich hinter der Küchenzeile.

„Mist...“, fluche ich und öffne noch in der Hocke die Dose um erstmal einen Schluck zu nehmen. Das hier wird wohl mein Stammplatz für diesen Abend, also setze ich mich und lehne mich gegen den Ofen. Plötzlich tauchen zwei lange Beine neben mir auf. Ich überlege mir schon eine Ausrede um einem Gespräch mit ihm aus dem Weg zu gehen, als sich die Person plötzlich auch in die Hocke begibt.

„Alles okay, Eli?“

Julian! Himmel sei Dank! Dachte schon, es wäre Laurin.

„Weiß nicht.“

„Warum betrinkst du dich ganz alleine hier unten?“

„Nur so. Macht eben Spaß.“

Er setzt sich einfach zu mir.

„Hey, du bist doch der Gastgeber. Verzieh dich“, erinnere ich ihn. Er nimmt einen Schluck von seinem Bier und grinst mich an. Er ist echt süß, aber entschieden hat er sich für Yun. Scheiße gelaufen. Sowieso hätte ich ihm nie das geben können, was er braucht und mit meinem besten Freund ist er auch echt glücklich.

„Ich lass dich doch nicht einfach alleine hier sitzen. Du siehst übrigens richtig gut aus.“

„Danke, aber ich amüsiere mich alleine ganz gut, also kannst du gerne wieder gehen.“

Julian setzt einen echten Hundeblick auf. Ich schiebe ihn genervt von mir.

„Die Visage erträgt doch keiner“, knurre ich.

„Yun war es echt wichtig, dass du heute kommst.“

„Ihm war wichtig, dass ich mich anständig anziehe. Was ist? Schämt er sich neuerdings für mich?“

Julian lacht leise.

„Das ist es nicht. Er wollte einfach, dass du da bist.“

Müde nehme ich einen Schluck vom Bier.

„Quatsch mich nicht voll und wenn du mich entschuldigst, würde ich mich jetzt gerne ein bisschen in Selbstmitleid suhlen. Alleine.“

Julian seufzt schwer und im nächsten Moment erhalte ich einen flüchtigen Kuss auf die Wange.

„Das wird schon wieder. Vielleicht redest du einfach mal mit Lauri.“

„Nein danke.“

„Ich hab dich lieb. Falls du es dir anders überlegst, ich wirble irgendwo herum und versuche die Party am Laufen zu halten.“

Weg ist er. Meine miese Laune verflüchtigt sich ein bisschen, als ich die Hand auf meine Wange lege. Ich war echt fies zu ihm.

Voll motiviert stehe ich auf und will mich gerade unter die Menge mischen, als ich voll gegen einen kleinen Kerl krache. Die halbe Portion fällt und im letzten Moment, bekomme ich ihn noch zu greifen.

„Entschuldigung!“, höre ich ihn sagen. Ich kenne ihn nicht. Muss einer von Julians Kommilitonen sein. Ha! Voll die Mädchenvisage.

Irgendwie zwinkert er etwas unbeholfen vor sich her.

„Alles klar, Zwerg?“ , frage ich ihn, woraufhin er vollkommen verwirrt zu mir aufsieht.

„Beweg dich nicht! Irgendwo muss sie liegen!“, mahnt er und kriecht urplötzlich auf dem Boden herum. So betrachtet ist der eigentlich ganz süß, aber nicht mein Typ. Ich mag blonde Menschen. Sowohl blonde Typen, als auch blonde Frauen. Der Kleine hier hat braune Haare, auch wenn die ihm ganz gut stehen und gut zu dem rosa Hoodie passen. Wieso darf der einen Hoodie tragen und ich nicht? Na gut, bei ihm sieht das schon anständiger aus, auch wenn er echt ein halbes Hemd ist. Ich mag das, was er an hat. Unter dem Hoodie lugt der untere Teil eines wohl viel zu großen, weißen Shirts heraus, die helle Jeans sitzt recht eng und die weißen Sneaker sehen ziemlich neu aus.

Vermutlich ist er aber ein bisschen sehr jung und ein Winzling. Gut, aus Yuns und meiner Sicht, sind eigentlich alle Anwesenden Winzlinge. Ich schätze den Kerl hier auf etwa 1,73m Körpergröße. Mehr gebe ich ihm nicht.

„Hallo? Kannst du mir vielleicht helfen?“, höre ich die leise Stimme plötzlich von unten fragen.

Gnädig wie ich bin, gehe ich eben doch in die Knie.

„Wonach suchen wir denn?“, frage ich, als er mich ansieht und wieder so witzig zu blinzeln beginnt.

„Meine Brille.“

„Ah, warte...da ist sie doch.“

Ich greife neben mich und bin froh, dass wir sie nicht kaputt gemacht haben. Kurz den Staub weggepustet, reiche ich sie ihm wieder. Die Brille sieht irgendwie cool aus. Rundlich und mit goldenen Rahmen, der echt gut zu der etwas gebräunten Haut des Zwerges passt.

Ja, ich habe in der Tat ein Auge für Details und Ästhetik. Nutze ich es? Momentan nicht.

„Danke. Die Party wäre für mich vorbei gewesen“, scherzt er, wobei ich den Ernst dahinter nicht ausschließe. Ich weiß selbst am Besten, was für Kopfschmerzen entstehen können, wenn man sich ohne Sehhilfe durchquält. In meinem Fall ist es da die Unfähigkeit Dinge auf kurzer Distanz klar zu erkennen, also meide ich es einfach zu lesen oder das ständige benutzen des Handys.

Plötzlich zuckt er zusammen und fällt fast nach hinten um, als er mich wohl richtig erkennt.

Eine witzige Reaktion.

„Komm schon, so hässlich bin ich nicht“, scherze ich, stehe auf und ziehe ihn an der Hand auch in den Stand.

„Nein! Das war gar nicht deswegen!“, versucht er sich verzweifelt zu entschuldigen. Irgendwie witzig, diese unsichere Art.

„Wieso dann? Hast du dich in mich verknallt?“, frage ich ihn und ziehe die fiese Augenbraue nach oben. Es geht tatsächlich nur mit der fiesen, linken Augenbraue.

„Nein, du bist doch dieser durchgeknallte...“

Autsch.

„...fiese...“

Aua!

„...perverse Typ.“

Das war der Gnadenstoß. Bye bye Selbstwertgefühl und auf nimmer wiedersehen Ego.

Ich lasse den Kopf hängen.

„Du bist ein Freund von Laurin oder?“, will ich wissen, wobei die Antwort klar sein dürfte. Das ist nämlich genau das, was er über mich herumerzählt hat.

„Na ja, schon. Sorry. Das sollte eigentlich nur ein dämlicher Scherz sein“, entschuldigt er sich schon wieder und reicht mir plötzlich die Hand.

„Ich bin Eli“, stellt er sich mir vor. Schöne Scheiße. Etwas widerwillig ergreife ich seine Hand.

„Gleichfalls.“

Er mustert mich fragend.

„Oh, ach ja! Du heißt ja auch Eli!“, freut er sich und schüttelt meine Hand, als hätte er gerade die Chance seinem Lieblingsfußballer die Hand zu schütteln. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass der Zwerg Fußballfan ist.

„Und wie ist dein voller Name?“, will ich von ihm wissen und muss meine Hand regelrecht losreißen.

„Ganz einfach Elias. Und deiner?“

„Elijah“, antworte ich.

Der Kerl ist Feuer und Flamme. Wie kann man sich so sehr über denselben Spitznamen freuen?

Im nächsten Moment wird mir ziemlich kräftig auf die Schulter geklopft. Das kann nur Yun sein.

„Jetzt haben sich die beiden Eli's also auch endlich kennengelernt“, kommentiert Yun und wuschelt dem Zwerg einfach durchs Haar.

„Der ist süß, oder?“, werde ich von meinem besten Freund gefragt. Einfach so und natürlich so, dass Zwergenversion Eli alles mithören kann.

„Dafür bin ich eindeutig noch zu nüchtern“, gebe ich nur zu verstehen und dränge mich an Zwergi vorbei zur Küche, wo ich mir einfach zwei Shots von dem Tablett nehme und auf ex runter kippe.

„Nur ein Schwein trinkt allein“, werde ich von Yun belehrt.

Yun reicht mir noch einen Shot und verteilt den dritten an Zwergi.

Ich mische mich brav unter die Leute. Es sind auch ein paar aus dem Rugby Team da. Erleichtert hefte ich mich an Sinan und Paul.

„...nie wieder so tacklen! Habt ihr die 6 von den Jokers gesehen? Kein Wunder. Das war doch kein Mensch mehr. l ässt Paul das gestrige Spiel Revue passieren.

„Ja man, der war echt ne Nummer zu breit. Dagegen sah selbst Eli aus wie ein Lauch!“, amüsiert sich Sinan und tätschelt mir den Nacken.

„Schnauze. Der Kerl war ein Monster“, rechtfertige ich diese Tatsache. Zugegeben, es gibt einige die breiter und massiger gebaut sind als ich, aber übertreiben muss ich es ja auch nicht. Bei mir stimmt es proportional.

„Bleib cool, dein Bizeps ist immer noch größer als Pauls Kopf“, stichelt Sinan jetzt Paul an, der gar nichts davon mitbekommt, weil er beschäftigt ist einer jungen Dame hinterher zu schauen.

„Vergiss es. Das sind alles Kunststudenten. Die stehen nicht auf Rugbyspieler“, fährt Sinan fort und dürfte damit sogar Recht haben. Sind wir mit der Mannschaft in den gängigen Clubs unterwegs, tummeln sich schon so einige Mädels um uns herum, aber hier stehlen uns die dürren, langhaarigen Hipster die Show.

Ich sehe mich genervt um, als sich auf einmal Zwergis und mein Blick treffen. Er winkt mir kurz zu und lächelt, als wären wir beste Freunde. Ja, und ich soll der Verrückte sein?

„Wer ist das denn?“, will Paul von mir wissen.

„Kein Plan. Ein Freund von Julian nehme ich an.“

„Der ist scharf auf dich. Sieht doch ganz nett aus. Vielleicht ein bisschen jung, aber sonst...“

Man sollte sich nicht auf Pauls Urteilsvermögen verlassen. Der Gute hat im letzten Jahr eine miese Kopfverletzung erlitten und war vorher schon echt schwer von Begriff. Okay, das war fies. Eigentlich ist er ja ganz nett, aber auch ein bisschen hinterher.

Nichtsdestotrotz, könnte er Recht haben. Zwergi glotzt immer noch zu mir rüber. Nein, er ist nicht mein Typ. Anders verhält sich das mit dem netten Hintern von Psycho Laurin, der mich wohl schon bemerkt und deswegen bisher gekonnt ignoriert hat. Schade. Der Sex war echt fantastisch. Ich sollte mich bei ihm entschuldigen. Das habe ich bisher noch nicht gemacht.

„Laber mich nicht voll. Ich bin gleich wieder da“, meine ich zu den beiden und steuere Laurin direkt an. Die Mädels um ihn herum weisen ihn schon darauf hin, dass ich mich nähere, doch ehe er reagieren kann, greife ich nach seiner Hand und zerre ihn mit mir auf den Balkon.

„Warte mal!“, protestiert er. Zwecklos.

„Hey, verzieht euch!“, fauche ich das knutschende Paar auf dem Balkon an, die genervten Blickes das Weite suchen. Der Typ wollte sicher noch was sagen, aber meistens überlegen sie es sich, wenn ich so nah vor ihnen stehe. Ich bin vielleicht ein Volltrottel, aber man respektiert mich.

Wo war ich? Ach ja!

„Was soll das? Willst du mich jetzt vom Balkon werfen oder was?“

Laurin verschränkt die Arme vor der Brust. Verdammt. Der Kerl ist echt scharf. Genau das worauf ich eben abfahre. Athletische Figur, blonde Haare, helle Augen. Außerdem weiß ich, wie er nackt aussieht und sollte dringendst aufhören, mir das jetzt vorzustellen.

„Nein, ich will mich entschuldigen.“

„Auf einmal?“

„Du hast ja zu Genüge dafür gesorgt, dass ich mein Verhalten bereue.“

„Von alleine wärst du also nicht auf die Idee gekommen, dass das eine beschissene Aktion war?“

Okay, jetzt bloß nicht genervt dreinschauen, Augen verdrehen oder seufzen. Lächeln.

Laurin mustert mich irritiert.

„Was ist denn mit dir los? Bist du auf Drogen?“

Einfach weiter lächeln, auch wenn ich vermutlich gleich einen Krampf in den Wangen bekomme.

„Ich nehme keine Drogen. Ich bin einfach froh, dich zu sehen.“

Mit einem Mal, lässt er die Arme wieder zur Seite fallen und wendet den Blick ab. Das ging ja leicht. Ich sollte mich öfter zum Lächeln zwingen.

„Du lügst doch.“

Huch? Plötzlich so fügsam? Scheiße, kein Wunder, dass Yun mit seinem Dauergrinsen immer so viel Erfolg hatte. Hat. Jetzt hat er ja den Hauptgewinn.

„Tu ich nicht. Ich sehe ein, dass es eine miese Aktion war. Ich bin einfach ein Arsch, aber...das was davor gelaufen ist, war doch ganz nett“, gebe ich einsichtig zu.

Er lächelt leicht und sieht mich wieder an.

„Nett ist untertrieben“, pflichtet er mir bei.

Er beißt sich leicht auf die Unterlippe. Wie heiß er ist! Ich raste aus!

„Also beenden wir den Krieg endlich?“

„Okay.“

Er reicht mir die Hand, welche ich augenblicklich ergreife und immer noch versuche das Lächeln aufrecht zu erhalten. Ist echt schwer, aber machbar. Vor allem mit der Aussicht auf Sex.

Plötzlich kommt er mir ganz nahe.

„So gefällst du mir richtig gut“, flüstert er und aus dem Nichts werde ich einfach geküsst. Ich kann kaum an mich halten. Es ist einfach schon zu lange her, dass ich ein Nümmerchen geschoben habe.

„Hey Eli! Trinkst du nochmal Einen mi...Oh! Entschuldigung!“

Zwergi.

Laurin unterbricht den Kuss, was mich echt nervt, doch als er mich ansieht, setze ich blitzschnell wieder ein Lächeln auf und unterbinde auch das Verlangen den Aschenbecher nach Zwergi zu werfen.

Laurin legt die Hand auf meine Wange und wendet sich an Zwergi, dem das hier wohl echt unangenehm ist.

Warte, verbeugt Zwergi sich während er sich entschuldigt?

„Es tut mir so, so, so Leid! Das war echt ein Versehen!“

„Passt schon, Eli. Übertreib doch nicht immer so“, versucht Laurin seinen Freund zu beruhigen und löst sich ganz von mir. Oh, ich hasse Zwergi. Was ist, wenn Blondi wieder zur Besinnung kommt? Ich war so kurz davor...Mann!

„Das ist mir echt unangenehm. Ich dachte Eli wäre alleine.“

„Ist doch gut. Woher kennt ihr euch eigentlich?“, will Laurin jetzt von mir wissen und als er sich zu mir dreht, muss ich mich schnell wieder zum Lächeln ermahnen.

„Wir haben uns vorhin kennengelernt“, erkläre ich.

„Ah, okay.“

„Ja, also...viel Spaß noch.“

Zwergi rennt fast davon. Man, hat der einen Schaden. Egal. Ich hab hier gerade mächtig Spaß gehabt und bin nicht gewillt, das jetzt einfach aufzugeben.

Ohne weitere Umschweife, ziehe ich Laurin wieder an mich heran und küsse ihn.

Meine Hand wandert unter sein Shirt, woraufhin er auf einmal den Kuss unterbricht.

„Nicht hier. Wir treffen uns einfach gleich im Badezimmer, okay?“

Ich nicke eventuell etwas zu eifrig. Oh ja. Daddy wird jetzt gleich die zölibatäre Phase beenden. Ziemlich angetan von dem wahnsinnig scharfen Körper dieses Kerls, kann ich nicht anders als ihm hinterher zu sehen. Ich warte kurz, bis ich ebenfalls in Richtung Badezimmer gehe. Kurz vor meinem Ziel, wird mir plötzlich wieder der Weg versperrt. Von wem? Natürlich von keinem geringeren als Zwergi.

„Eli, ich wollte mich nochmal entschuldigen. Das war voll daneben. Ich wusste nicht, dass du mit Lauri da draußen bist.“

Ich nicke zustimmend.

„Ja, alles in Ordnung. Ich muss dann auch mal...“

„Das ist nicht in Ordnung. Ich meine ich habe dir schon zum zweiten Mal solche blöden Umstände bereitet. Ich freue mich jedenfalls, dass ihr euch wieder vertragt und...“

Kann der nicht einfach mal die Klappe halten? Ich hab Druck und da drin wartet ein verdammt scharfer Kerl auf mich!

„Alles easy, Kleiner.“

„Sicher? Weißt du, eigentlich wollte ich di...“

„Kannst du dich einfach verpissen?! Ich schwöre, du nervst mich abartig! Lass mich in Ruhe!“, platzt es aus mir heraus und das in einem Ton, der echt nicht in Ordnung ist. Es tut mir natürlich direkt Leid, aber da ist er schon verschwunden.

„Ah...Mist.“

Ich befinde mich im inneren Konflikt, doch als ich das Badezimmer betrete, vergesse ich Zwergi augenblicklich.

Laurin dreht sich wieder zu mir um und legt die Arme um meinen Hals. Ich brauche noch eine Minute um wieder in der Realität anzukommen.

„Das hat echt Spaß gemacht. Was hältst du davon, wenn wir das später bei mir wiederholen?“

Toll. Jetzt hab ich auch schon wieder die Schnauze voll von ihm.

„Ja, würde ich ja gerne, aber das ist Yuns und Julians Abend. Verstehst du?“, versuche ich mich raus zu reden. Ich muss vergessen haben dabei zu lächeln, sodass er mich jetzt angefressen von sich schiebt.

„Ist das dein Ernst? Du machst es schon wieder?!“

„Komm schon. Es war doch klar, dass das eine einmalige Nummer ist.“

Oh je. Das war es scheinbar nicht.

„Du bist so ein Arsch. Ich fasse es nicht.“

„Hey, also wir können uns doch ein anderes Mal treffen“, schlage ich vor, obwohl ich eigentlich keinen Bock drauf habe.

Laurin schüttelt nur den Kopf. Zieht sich das Shirt wieder über und verschwindet aus dem Badezimmer. Ups. Das werde ich höchstwahrscheinlich bitter bereuen. Na ja. Was will er machen? Meinen Ruf noch mehr ruinieren? Unmöglich.

Yun wirft mir einen ziemlich vorwurfsvollen Blick zu, als er zu mir auf den Balkon kommt. Er schlägt mir die Zigarette aus der Hand.

„Fang jetzt nicht wieder mit dem Scheiß an“, ermahnt er mich und lehnt sich neben mich an das Geländer.

„Lass mich. Ich hab 'ne existenzielle Krise.“

„Du hast einfach nur ein Problem. Wie schaffst du es bitte gleich zwei Typen an einem Abend das Herz zu brechen?“

„Hä?“

„Hab gesehen, wie Laurin das Badezimmer kurz vor dir verlassen hat. Übrigens danke, dass du meine Wohnung so nutzt. Hat es sich wenigstens gelohnt?“

„Und wie.“

Trotz des Vortrages, hält er mir die Hand unterschwellig hin, damit ich einschlagen kann.

„Nice. Laurin ist echt heiß, aber du musst echt aufhören Julians Freunde zu vergraulen. Das bringt mich langsam echt in Schwierigkeiten“, meint er.

„Man, ich weiß es doch. Keine Ahnung, was mich da geritten hat.“

„Laurin vermutlich“, scherzt er und legt den Arm um mich.

„Jetzt sei ein braver Vampir und entschuldige dich wenigstens bei Eli.“

Oh ja! Hatte ich schon wieder verdrängt. Ich hab ihn echt dumm angemacht.

„Muss das echt sein?“

„Wäre schon angebracht. Ich weiß zwar nicht, was du gemacht hast, aber Eli zerbricht sich voll den Kopf deswegen.“

„Der ist echt nervig.“

„Nein, ist er eigentlich nicht, nur gerade hat er es nicht so leicht. Es war irgendwie ganz witzig, wie gut er drauf war, nachdem ihr euch kennengelernt habt. Julian sagt, dass er ihn ewig nicht mehr so gesehen hat. Irgendwie hatten wir die Idee, dass deine Bekanntschaft dem Kleinen ganz gut tun würde. Ihr beide habt eine ähnliche Hintergrundgeschichte.“

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen und sehe meinen besten Freund fragend an.

Yun hätte mir auch direkt ins Gesicht schlagen können. Hätte weniger weh getan, als mich jetzt so bemitleidend anzusehen.

„Lass das“, knurre ich und rücke ein Stück von ihm weg.

„Sorry, ich halte ja schon meine Klappe. Ich wollte dich nur daran erinnern, wie du dich kurz danach gefühlt hast. So geht es ihm nämlich gerade.“

Ich werde hellhörig.

„Wer war es bei ihm?“

Yun sieht etwas bedrückt zu mir.

„Der beste Freund.“

Autsch. Also genauso wie bei uns damals.

„Und wann?“

„Julian sagt, dass es knapp einen Monat her ist.“

Ich fasse mir an den Kopf.

„Scheiße, echt jetzt?! Ich bin so ein Idiot!“

„Da würde dir niemand widersprechen. Also?“

„Ist ja gut, Mutter Yun. Ich kümmere mich drum.“

Er klopft mir auf die Schulter.

„Beeil dich lieber. In etwa einer Stunde, verkünden wir was, das dich sicher interessieren wird.“

„Hört sich an, als wäre Julian schwanger.“

Yun lacht und schiebt mich zurück in die Wohnung.

„Schwangerschaftsängste bleiben uns zum Glück erspart. Das überlassen wir gerne dir“, scherzt er, wobei es da schon einen echt miesen Fall von dysfunktionalen Verhütungsmitteln gab. Zum Glück ging das nochmal gut.

Yun deutet zum Sofa, wo Zwergi sich gerade mit ein paar Leuten unterhält. Na ja, er wirkt eher teilnahmslos. Oh man. Ich hasse es. Leider kann ich nur zu gut nachvollziehen, wie er sich fühlt. Man fängt an durch übertriebenes Verhalten zu überkompensieren und kommt dann ein Rückschlag, fällt man wieder aus allen Wolken.

Einfach zusammenreißen und Lächeln nicht vergessen.

Ich stelle mich direkt vor den Winzling.

„Bock mit mir einen zu trinken?“, frage ich und deute mit einer knappen Kopfbewegung zur Küche.

„Ja, gern.“

Man. Das schwarze Loch, an der Stelle wo eigentlich mein Herz sein sollte, droht bei dem Anblick zu brechen.

„Ja, dann glotz nicht so blöd und komm mit“, fordere ich ihn auf und wende den Blick ganz schnell wieder ab. Wie ein braves Hündchen folgt er mir.

„Eli, das vorhin tut mir echt...“

„Wage es nicht, dich noch einmal zu entschuldigen, Zwerg“, unterbreche ich ihn gleich und reiche ihm einen Shot.

„Okay.“

Wir kippen das scharfe Zeug runter. Gefühlt reicht das noch nicht. Ich hätte mir damals auch jemanden gewünscht, der sich einfach nur sinnlos mit mir betrinkt, statt mir ständig Ratschläge anhören zu müssen, wie ich am besten darüber hinweg komme und es verarbeiten kann. Bullshit.

Dreist schnappe ich mir das Tablett mit den Shots und setze mich wieder auf den Küchenboden, an die Stelle an der ich vorher besser hätte bleiben sollen.

Zwergi sieht mich fragend an.

„Setz dich!“ befehle ich und schon sitzt er neben mir.

„Wir betrinken uns jetzt.“

„Was? Wieso?“

„Weil ich das jetzt brauche. Außerdem muss ich mich entschuldigen. Wollte dich nicht so anfahren“, entschuldige ich mich ganz nebenbei und ohne viel Emotion.

„Danke. Du bist echt in Ordnung, Eli.“

Genervt von seiner Aussage, schubse ich ihn zur Seite.

„Klappe. Trink.“

Er lächelt, bevor er mit mir anstößt.

„...ja, ich tendiere dazu immer denselben Fehler zu machen. Bin einfach das geborene Arschloch“, jammere ich dem Kleinen vor, der mir aufmerksam zuhört und dämlich vor sich her grinst. Dann kann ich ja weiter labern.

„Kommt bestimmt von meinem Erzeuger. Der hatte so gar kein Mitgefühl mit anderen Menschen. Totaler Egoist. Aber weißt du was der Vorteil an so einem beschissenen Charakter ist? Die Leute die trotzdem bei dir bleiben, sind Freunde fürs Leben.“

Ups! Scheiß Thema!

Erschrocken sehe ich zu Eli, der mich einfach nur weiter anlächelt und mir das Herz endgültig bricht. Zumindest das, was davon noch übrig war.

Es mag an den Shots liegen, die wir gänzlich vernichtet haben, dass ich jetzt das Tablett zwischen uns davon schiebe und ihn an mich heran ziehe.

Der Kleine verkrampft sich richtig. Hat er Angst?

Ich lege noch den anderen Arm um ihn herum und versuche nicht zu fest zuzudrücken. Langsam entspannt sich der zierliche Körper und er erwidert sogar die Umarmung. Mitleid ist scheiße. Vor allem für die Person, die den Verlust erlitten hat. Man kommt sich dumm, unfähig und hilflos vor. Dennoch weiß ich, dass es mir damals gut getan hat, dass Yun mich teilweise die ganze Nacht durch einfach nur umarmt hat. Es ist seltsam, aber Yun kam sehr viel schneller darüber hinweg. Grund dafür, war bestimmt auch, dass er zu dem Zeitpunkt gerade Julian kennengelernt hatte.

Ob Julian dem Kleinen auch von unserem Verlust erzählt hat? Gut möglich. Hat Zwergi deshalb so rumgenervt?

Plötzlich glaube ich, dass der Körper leicht zu zittern beginnt und als sich seine Hände richtig in mein Shirt krallen, bin ich mir sicher, dass er gerade ziemlich zusammenbricht.

„Hey, mach das nicht. Ich muss auch heulen, wenn du...“, flehe ich, als er sich plötzlich wieder von mir drückt und die Brille absetzt um sich übers Gesicht zu wischen.

„Ich heule nicht. Ich hab was im Auge“, lügt er und versucht meinem Blick aus dem Weg zu gehen.

„Ist klar. Hey, das soll jetzt keine Anmache sein oder so, aber falls du Lust hast, kannst du später mit zu mir kommen.“

Er setzt die Brille wieder auf und als er mich so anlächelt, wird mir ganz komisch.

„Geht schon. Das musst du nicht machen.“

Ich boxe ihm gegen die Schulter, wohl etwas zu energisch. Ich muss echt ein bisschen aufpassen, sonst breche ich ihm noch was.

„Sorry und ich bestehe darauf.“

Er reibt sich den Oberarm, lächelt aber immer noch tapfer.

„Okay, gut.“

Plötzlich wird die Musik ganz leise und ich höre Glasklirren.

„Leute, kann ich mal kurz eure Aufmerksamkeit haben? Ich suche Eli! Für alle die ihn nicht kennen, haltet mal Ausschau nach einem großen, scharfen Kerl mit fieser Fresse!“

Yun, dieser elendige...

Zwergi sieht mich fragend an.

„Was will er von dir?“

„Gute Frage. Irgendwie hab ich Angst.“

„Gefunden!“, ruft plötzlich ein Mädel und zeigt auf mich. Ich kenne sie nicht, weshalb es mich umso mehr deprimiert, dass sie mich anhand Yuns Beschreibung erkannt hat. Bemüht, richte ich den schweren und leicht angeheiterten Körper auf.

„Ah! Da bist du ja! Hey, kommst du mal zu mir?“, fordert Yun.

Man ist mir das unangenehm.

Er legt den Arm um mich.

„Ja, also Leute. Cool, dass ihr alle gekommen seid und falls euch dieser Fiesling irgendwie auf den Schlips getreten sein sollte, entschuldige ich mich in seinem Namen.“

„Was soll das werden? Willst du mich öffentlich bloßstellen?“, frage ich ihn, woraufhin er mich nur strahlend ansieht.

„Wäre eine gute Lektion, oder? Aber nein, ich wollte dich eigentlich nur was fragen. Ist ein bisschen unkonventionell und vermutlich ziehen andere dabei nicht so eine Show ab, aber in Anbetracht der Umstände und unserer viel zu lange andauernden Freundschaft, empfinde ich das als angebracht.“

Die verrückte Grinsebacke geht auf einmal vor mir in die Knie und zückt eine kleine Schachtel.

„Alter!“, protestiere ich eindeutig überfordert und bringe mit meiner Reaktion den ganzen Raum zum lachen.

„Elijah Mael Hillen...“

Er muss sich selbst bei meinem Zweitnamen das Lachen verkneifen.

„...willst du mein Trauzeuge sein?“

Lautes Jubeln, das in noch lauteres Gelächter umschwingt, als er die kleine Schachtel öffnet und einen vergoldeten Kronkorken präsentiert, auf dem „Best Man“ steht.

Ich kann einfach nur den Kopf über ihn schütteln und plötzlich kehrt wieder Stille ein.

„Du musst „Ja“ sagen!“, flüstert mir Julian zu, der hinter mir auftaucht.

Wieder lachen alle und als ich genervten Blickes nicke, wird geklatscht. Yun erhebt sich und drückt mir einen viel zu feuchten Schmatzer auf die Lippen.

„Ich erwarte einen legendären Junggesellenabschied, Bruder“, gibt er mir zu verstehen, während ich noch dabei bin mir den Mund abzuwischen.

Mir wird tatsächlich von fremden Leuten gratuliert. Auch von Julian, der mich feste umarmt.

„Herzlichen Glückwunsch, Großer.“

„Abwarten. Dir ist schon klar, dass ich sowohl einen Stripper, als auch eine Stripperin für deinen Zukünftigen organisiere.“

Julian lacht nur.

„Hey, wer ist eigentlich dein Trauzeuge?“, will ich wissen, als dieser sich plötzlich in ein viel zu unschuldiges Lächeln flüchtet.

„Nein! Nein!“

„Oh doch. Es wäre also besser, wenn ihr zwei eure Differenzen vor der Hochzeit aus der Welt schafft.“

Natürlich muss es Laurin sein.

Ich halte nach Zwergi Ausschau, der irgendwie nicht auffindbar ist. Ich wende mich an die Typen, mit denen er zuvor auf dem Sofa gesessen hatte. Natürlich sind die keine große Hilfe. Vielleicht ist er draußen?

„Halt! Moment, wo willst du denn hin?“, werde ich von Yun aufgehalten.

„Ich suche den Zwerg.“

Er fängt an zu lachen. Stimmt. Hier sind wirklich alle Zwerge für uns, bis auf die Jungs vom Rugby Team. Apropos. Wie es aussieht, hat Paul es tatsächlich geschafft, die Süße von vorhin in ein Gespräch zu verwickeln. Mal sehen wie lange.

„Klein-Eli, meine ich.“

Yun sieht mich etwas empört an und greift mir einfach in den Schritt.

„Ist doch noch da.“

„Alter! Nein! Einfach nein!“, motze ich und stampfe genervt davon, während er sich kaputt lacht.

„Aber mich nennt man den Perversen“, maule ich vor mich her und will mir gerade noch ein Bier aus dem Kühlschrank fischen, als ich fast über Zwergi stolpere. Im letzten Moment kann ich noch abbremsen. Er sieht zu mir auf. Hat er etwa auf mich gewartet?

„Hey, was machst du da?“, frage ich.

„Nichts.“

„Sehe ich. Lass uns mal auf den Balkon gehen. Ich brauch 'ne Kippe.“

Ich will schon los, als er mir auf einmal die Hand entgegen streckt. Scheiß Alkohol. Der Zwerg sieht immer niedlicher aus.

„Steh alleine auf.“

„Geht nicht. Ich bin echt dicht.“

„Bist du deswegen da unten geblieben?“

Er nickt mit einem leicht verlegenen Lächeln im Gesicht.

„Mann! Weißt du, dass du nervst?“, motze ich und ergreife sein Hand um ihn nach oben zu ziehen. Wieder habe ich seine Statur etwas überschätzt. Er knallt voll gegen mich.

„Autsch. Entschuldigung“, murmelt er und reibt sich den Kopf, der voll gegen meine Schulter gekracht ist.

„Gah! Entschuldige dich doch nicht immer! Das nervt! Ist doch offensichtlich, dass es gerade meine Schuld war.“

„Sor...äh, keine Ahnung, was ich jetzt sagen soll.“

„Nichts. Wir holen uns jetzt einfach noch zwei Bier und verziehen uns auf den Balkon.“

Er nickt zustimmend und setzt wieder dieses zuckersüße Lächeln auf.

Draußen lehne ich mich wieder gegen das Geländer, während er sich vor mir auf die Holzbank setzt und etwas verträumt zu den anderen Rauchern sieht.

Es tut echt ein bisschen weh ihn so zu sehen und daran erinnert zu werden, wie das damals für mich war. Ich kam mir so beschissen vor. Einfach nur unfähig, als würde ich einfach gar nichts mehr hinbekommen und so haben mich auch die meisten behandelt. Wie ein hilfloses Häufchen Elend.

„Jo, Zwergi, organisier mir mal bitte ein Feuerzeug“, fordere ich ihn auf.

Er sieht unsicher zu mir auf.

„Meins ist leer und ich hab kein Bock auf Konversation mit Fremden.“

Er lächelt und steht auf, um ein Mädel nach Feuer zu fragen. So stolz wie er jetzt vor mir steht, lasse ich ihn sogar meine Zigarette anzünden. War scheinbar ein guter Einfall von mir.

„Danke“, meine ich.

„Sehr gern.“

Er gibt der jungen Frau das Feuerzeug zurück und setzt sich wieder an seinen Platz, nur dass er dieses Mal ganz aufmerksam zu mir aufsieht.

„Kannst du das lassen?“

„Was?“, fragt er unschuldig.

„Mich immer so anzuglotzen.“

„Ja, Entsch...ich meine, ja.“

Himmel, ist das anstrengend. Jetzt tut er mir wieder Leid.

Ich packe ihn an der Schulter, ziehe ihn in den Stand und drehe ihn mit dem Rücken zu mir. Den Arm fest um ihn gelegt, sodass er sich an mir anlehnen muss.

„Was...machst du da?“

„Ertrage es einfach.“

Ich kann es ganz genau sehen. Das Lächeln, das er jetzt vor mir zu verbergen versucht. Hm, er ist eigentlich echt hübsch. Ob er entfernt asiatische Wurzeln hat, so wie Yun? Das ist nach wie vor nicht mein Typ, aber etwas an ihm lässt mich gerade ziemlich entspannt fühlen.

Plötzlich dreht er sich zu mir um.

„Ich bin nicht schwul!“

Woher kommt denn das auf einmal?

„Schön für dich. Ich auch nicht“, gebe ich zurück und lasse von ihm ab.

„Ja, aber ich stehe gar nicht auf Männer.“

Unbeeindruckt mustere ich den Zwerg.

„Wäre aber besser für dich. Mit der Statur und deiner Weibervisage, hättest du eindeutig mehr Erfolg bei Männern, als in der Frauenwelt“, scherze ich und ohrfeige mich innerlich selbst für diesen blöden Kommentar. Na ja. Jetzt hab ich es schon gesagt.

„Das weiß ich. Jedenfalls würde ich trotzdem gerne heute mit zu dir gehen. Also nur wenn das Angebot noch gilt.“

„Wenn es unbedingt sein muss...“

„Nein, vergiss es. Ich, äh, das ist keine gute Idee.“

Seinen innerlichen Monolog würde ich jetzt gern hören um das nachvollziehen zu können.

„Warum? Hast du vor eine nette Dame abzuschleppen?“, frage ich begleitet von sarkastischem Lachen.

„Nein!“

„Was ist es dann? Hast du Angst vor mir? Keine Sorge, ich gehe dir sicher nicht an die Wäsche. Du bist so ziemlich das Gegenteil von dem, auf was ich stehe.“

Er sieht an sich herab.

„Echt?“

„Du bist jetzt nicht super hässlich, aber ich stehe eben eher so auf...“

„Laurin?“, unterbricht er mich.

„Voll.“

„Und auch auf Frauen?“

„Ja. Ist das so außergewöhnlich?“

„Nein.“

Er wirkt plötzlich nachdenklich und setzt sich wieder auf die Bank.

Das kann ja noch heiter werden mit dem Zwerg.

Müde schmeiße ich mich auf die Couch. Die Anzahl der Gäste hat sich merklich reduziert, sodass eigentlich nur noch die üblichen Verdächtigen hier sind. Das wären Paul und Sinan vom Team, natürlich Yun und Julian, die wieder nicht die Finger voneinander lassen können, ein paar Freundinnen von Julian, denen ich auch schon bei so mancher Party auf den Schlips getreten bin mit meiner groben Art, leider auch Laurin und ein paar seiner Leute und zuletzt Zwergi und ich.

Der Kleine sieht mich unsicher an. Okay, ich bin echt lang und wenn ich hier so herumlungere, hat er echt keinen Platz. Ich bin aber müde, also greife ich einfach nach seiner Hand und ziehe ihn auf mich.

„Nein! Was machst du?!“, protestiert er erschrocken, doch als ich den kleinen Kopf auf meine Brust drücke, wird er langsam ruhiger.

„Nur fünf Minuten...,ich bin so fertig“, jammere ich und lasse die Finger durch das weiche Haar gleiten. Es fühlt sich wirklich wahnsinnig gut an. Zu gut, sodass ich einfach machtlos bin, gegen die überwältigende Müdigkeit.

„...süß. Weck sie nicht.“

Julian?

„Ich muss aber. Du weißt doch, wie sehr er es hasst neben einer anderen Person aufzuwachen.“

Yun ist eben ein guter Freund. Er kennt mich.

Langsam öffne ich die Augen und blicke in die beiden strahlenden Gesichter über mir.

Ich will mich aufrichten, als ich auf einmal das Gewicht auf mir spüre. Genervt sehe ich an mir herunter.

„Dieser Zwerg...“, grummle ich und will ihn schon grob von mir herunter stoßen, als er auf einmal zu mir aufsieht. Die Brille ist nach oben verrutscht und die dunklen Haare völlig durcheinander.

Wieso zur Hölle spüre ich auf einmal die Röte die mir ins Gesicht schießt? Er blinzelt mich an und rückt sich die Brille wieder zurecht. Als er sich aufrichtet, sitzt er direkt auf meinen Weichteilen.

„Hä? Wo bin ich?“, höre ich ihn fragen, während ich nicht weiß, ob ich die Position jetzt gut oder als schmerzhaft empfinden soll. Ein bisschen von beidem.

„Wollt ihr zwei heute nicht einfach bei uns schlafen? Es ist schon echt spät“, bietet Julian an und grinst, als hätte er gerade einen Welpen gesehen.

„Lass mal lieber. Ich muss nach Hause“, motze ich und schiebe den Zwerg vorsichtig von mir herunter. So dünne Ärmchen.

„Und du, Eli?“

Hä? Ach so, Julian meint den Kleinen.

Zwergi sieht zu mir. Der ist wohl noch nicht so ganz da, was ihn echt abartig süß aussehen lässt.

Angepisst von meiner eigenen Schwäche, lege ich den Arm um den Winzling und führe ihn zur Garderobe, wo er sich seinen Mantel nimmt und mich kurz davon überzeugt, dass ich den längeren, schwarzen Softshellmantel an ihm echt gut finde. Er wurstelt eine rote Mütze aus der Manteltasche und zieht sie sich über.

Scheiße, ist der niedlich.

„Gehen wir?“, fragt er, als ich ihn wohl eine ganze Weile angestarrt haben muss. Ich schüttle den Kopf. Muss echt Einen sitzen haben, aber wenigstens bin ich mir jetzt zu 99% sicher, dass er asiatische Wurzeln hat. Die Augen sind einfach der Wahnsinn und so angezogen sieht er aus wie einer von diesen koreanischen Boybands, auf die Yun heimlich abfährt.

„Ja, warte. Ich muss erst meine Jacke...“

Gefunden. Schnell ziehe ich mir die Lederjacke wieder über, ehe Yun noch auf die Idee kommt, sie zurück zu verlangen.

„Tschüss!“, rufen Yun und Julian gleichzeitig und ehe ich die Tür zuschlage, winkt Zwergi den beiden nochmal zu.

Draußen zünde ich mir eine Zigarette an und krame das Handy aus der Hosentasche, bedacht das kleine Geschenk von Yun nicht aus Versehen mit herauszuziehen. Natürlich erkenne ich gar nichts. Nicht mal, als ich das Teil weiter weg halte und die Augen zusammenkneife. Scheiß Weitsichtigkeit.

Ein leises Kichern lässt mich zu Zwergi sehen, der das Schauspiel recht amüsiert beobachtet.

„Lach nicht.“

„Kann ich dir irgendwie helfen?“, bietet er mir an. Ich reiche ihm das Handy.

„Sag mir einfach ob da irgendwelche wichtigen Nachrichten drauf sind.“

Er nimmt mir das Smartphone ab.

„Wie definierst du wichtig?“, will er von mir wissen.

„Steht da was davon, dass ich morgen arbeiten muss?“

Er schüttelt den Kopf. Zum Glück. Ich hasse es verkatert zu arbeiten und dann den Kunden irgendwas von „Healthy lifestyle“ zu erzählen.

„Okay. Yun hat dir wohl zwei Bilder geschickt und...“

„Bilder?! Was für Bilder?“

Zwergi sieht mich etwas entgeistert an.

„Ja, also...hier.“

Ich muss mich richtig anstrengen um was zu erkennen. Betrunken ist das noch viel übler als sonst.

„Dieser kleine Mistkerl!“

Auf dem ersten Bild erkennt man Julian der grinsend vor dem Sofa posiert, auf welchem klein Zwergi und ich gerade schlafen. Der Winzling auf mir und während meine eine Hand auf seinem Kopf ruht, müssen sich seine Arme irgendwie um meinen Hals geknotet haben.

Auf dem nächsten Bild, sieht die Sache noch mieser aus, denn meine andere Hand muss ein kleines Stück in den Hosenbund meines unfreiwilligen Kuschelpartners, gewandert sein.

Ich will mich aufregen, bin aber viel zu müde.

„Lösch es.“

Ich drücke ihm das Handy in die Hand und laufe los.

„Nein!“, widerspricht er mir.

Ruckartig bleibe ich stehen und drehe mich zu ihm um.

„Äh, also ich meine...das ist doch eine nette Erinnerung an den Abend.“

„So toll war die Party auch nicht“, tue ich es ab, obwohl ich mich schon ein bisschen darüber freue, Yuns Trauzeuge zu sein. Na ja, wer auch sonst?

Mir fällt plötzlich auf, dass der Kleine etwas bedrückt auf mein Handy in seinen Händen sieht.

„Also..., ich hatte heute echt viel Spaß. Danke“, bringt er hervor, ohne mich anzusehen.

„Du bist echt seltsam. Egal. Kommst du?“

Er trappelt mir hinterher, über die Straße. Ja, ich wohne direkt gegenüber und komme trotzdem immer zu spät. Ich sag ja, ich bin das pure Chaos. Apropos Chaos!

Vor der Wohnungstür halte ich kurz inne und drehe mich langsam zu Zwergi um, der mich unschuldig ansieht.

„Hm?“

„Ich bin scheiße unordentlich.“

Er lächelt.

„Dachte ich mir schon. Macht mir nichts. Ich bin einfach nur müde.“

„Das sagst du jetzt...“

Ich sperre die Türe auf und muss mich ernsthaft fragen, was auf einmal mit mir los ist. Sonst ist es mir doch auch egal, wie die Bude aussieht. Die bisherigen Liebschaften, hatten auch in der Regel nicht die Zeit, sich alles genauer anzusehen. Vögeln und gehen. So lautet hier die Devise. Eigentlich.

„Wow, die Wohnung ist ja richtig groß!“

„Sarkasmus?“

„Nein. Und so unordentlich ist es gar nicht. Bei mir sieht es schlimmer aus.“

Werde ich gerade von dem Kleinen verarscht oder meint er das Ernst?

„Ich bezweifle, dass das möglich ist.“

„Ich wohne in einer winzigen WG mit zwei anderen Typen.“

„Äh, okay. Da sieht es bestimmt ganz...nett aus.“

Etwas nervös, nehme ich die hellgraue Strickdecke vom Sofa und lege sie sorgfältig zusammen.

„Mach dir bitte keinen Stress. Ich komm schon klar“, höre ich ihn sagen, als er den Mantel und die Mütze brav in der Garderobe verstaut hat.

Er sieht sich ein bisschen um.

„Du magst Grau oder?“,will er von mir wissen. Berechtigte Frage. Hier ist eigentlich alles grau in grau, bis auf ein einziges, gelbes Kissen im Schlafzimmer.

„Farben sind nicht so mein Ding.“

„Hier ist alles so neu. Bist du erst eingezogen?“

„Wie kommst du denn darauf?“

„Keine Ahnung. Sieht hier irgendwie so aus. Ich mag es, auch wenn ein paar Bilder oder so nicht schaden könnten.“

Blüht der Zwerg etwa gerade auf? Mit seinem rosa Hoodie ist er hier ein echter Blickfang.

„Ich wohne jetzt seit knapp 2 Jahren hier.“

Er dreht sich einmal um die eigene Achse und dabei bekomme ich wieder das hübsche Lächeln zu sehen.

„Ich fühle mich hier richtig wohl. Du hast es gut.“

„Kann sein. Was machst du eigentlich so? Studierst du?“, frage ich ganz beiläufig und hänge auch meine Jacke an die Garderobe.

„Ja, Kommunikationsdesign.“

„Also auch ein Künstler.“

„Stimmt. Und du?“

„Ich arbeite in dem Fitnessstore um die Ecke.“

Ja, auch die Arbeit ist um die Ecke und auch da schaffe ich es selten pünktlich zu sein.

„Das passt zu dir. Du machst viel Sport oder?“

„Geht so“, untertreibe ich.

Sport ist mein verdammtes Leben! Ohne würde ich völlig durchdrehen!

„Und was?“

„Rugby und halt das Übliche im Fitnessstudio.“

„Man, ich beneide dich und Yun echt ein bisschen. Seid ihr eigentlich irgendwie miteinander verwandt?“

Die Frage. Zugegeben, ist er nicht der erste, der das fragt.

„Nein. Ganz und gar nicht. Yun ist zur Hälfte Koreaner und ich hab vermutlich französische Wurzeln.“

„Vermutlich?“

„Ja, ich weiß nicht so viel über meinen Erzeuger. Was ist mit dir? Du hast doch asiatische Wurzeln, oder?“

„Stimmt. Meine Oma kommt ursprünglich aus Japan.“

Ist ja zum niederknien. Deshalb ist er so süß! Soll natürlich nicht heißen, dass alle Japaner süß sind, aber ich hab schon ein paar ziemlich süße Mädels getroffen.

„Kannst du Japanisch?“

„Nein, nicht wirklich.“

Ich verziehe mich kurz unter die Dusche. Nach der Party ist das echt ein Segen.

Als ich aus der Dusche steige und mir die Zähne geputzt habe, muss ich erschrocken feststellen, dass ich meine Sachen im Schlafzimmer habe liegen lassen.

Entsprechend leise schleiche ich mich, mit dem Handtuch um die Hüften gebunden, aus dem Badezimmer.

Unsicher sehe ich zum Wohnzimmer.

Ist er weg? Im nächsten Moment, erkenne ich ihn, wie er am Fenster steht und nach unten auf die Straße schaut. Da wird jetzt nicht viel los sein. Was macht er da?

„Hey, alles klar?“, frage ich ein bisschen besorgt, als ich sehe, dass er sich wieder übers Gesicht wischt.

„Entschuldigung. Hab nicht bemerkt, dass du da bist.“

Er soll sich nicht entschuldigen, aber ich motze ihn jetzt nicht an. Danach ist mir nicht, als er sich wieder zu diesem Lächeln quält.

„Ich würde dich ja gerne in den Arm nehmen, aber...vielleicht ziehe ich mir erst was an.“

Er lacht kurz auf.

„Ist schon gut. Alles okay.“

„Ja ne, ist es nicht. Wir quatschen gleich, okay? Ach so, willst du eigentlich auch Duschen? Fühlt sich echt gut an.“

„Ja gern! wenn du noch eine Gästezahnbürste hast, wäre das noch cooler. Ich muss den Wodkageschmack aus dem Mund bekommen.“

„Sicher. Ich hol dir kurz ein Handtuch. Kannst auch was zum Schlafen von mir haben.“

Wieder in üblicher Kluft, nämlich in schwarzer Jogginghose und passendem Hoodie, lege ich mich auf das Sofa und schalte den Fernseher ein. Netflix. Alles andere ist Unsinn. Mir ist nach einem Horrorstreifen. Ha! Der Klassiker. „Freddy vs. Jason“. Ich liebe den Film, auch wenn er teils echt lächerlich ist. Ich mag Jason total. „Freitag, der 13.“ ist auch so ein Film, den ich immer wieder anschauen kann.

„Das ist erniedrigend“, höre ich Zwergi plötzlich sagen und drehe mich zu ihm um, nur um in lautes Gelächter auszubrechen und dadurch vom Sofa zu fallen.

Ich habe ihm extra den im Trockner eingegangenen, hellgrauen Nike-Hoodie und die passende Hose gegeben. Selbst darin schwimmt er förmlich. Als ich mich lachend aufraffe, überkommt mich auch schon wieder der nächste Lachflash. So wie er die viel zu langen Ärmel hochhält, sieht er einfach aus, wie ein kleiner Junge.

„Das ist gemein“, versucht er sich zu wehren.

„Sorry, ja du hast Recht. Ich hör ja schon auf. Pfff...“

Wieder muss ich losprusten.

„Das reicht. Du bist echt fies. Ich kann mich nicht mal bewegen, ohne dass die Hose rutscht.“

Himmel, ist das putzig.

„Dann lass die doch weg. Der Pulli ist lang genug.“

Mir laufen schon Tränen übers Gesicht vor lachen. Vor allem, als er mich ansieht und verzweifelt versucht den Stolz zu bewahren, während die Hose einfach zu Boden rutscht.

Er muss selbst darüber schmunzeln.

„Jetzt komm her, Zwergi. Ich hör auch auf zu lachen.“

„Okay.“

Er setzt sich mit vollkommen übertriebenen Abstand zu mir auf das Sofa und klaut mir die graue Decke.

„Hey! Ich hab nur die“, motze ich und ziehe sie ihm wieder weg.

„Ja, aber du sitzt nicht halbnackt auf dem Sofa eines Fremden.“

„Fremd? Ich denke, das sind wir nach der Kuschelaktion von vorhin, nicht mehr“, ziehe ich ihn auf.

„Dir ist das doch peinlicher als mir. Ich fand dich ziemlich bequem.“

„Ja, dann haben wir doch unsere Lösung. Wenn wir wieder die Position einnehmen, dann reicht auch die Decke für zwei.“

Nein, ich habe keine Hintergedanken. Oder?

„Ich lege mich aber nicht halbnackt auf dich.“

„Nerv nicht. Ich hab keinerlei sexuelles Interesse an dir und du nicht an mir. Also nichts zu befürchten.“

„Ist das nicht...seltsam?“

„Für mich nicht, aber wenn du nicht willst...“

Plötzlich stürzt er sich auf mich und drängt meinen Oberkörper auf das Sofa um sich auf mich zu setzen. Hm...keine üble Aussicht.

„Aber das bleibt unter uns, oder?“

„Du musst das etwas selbstsicherer sagen, sonst kann ich dich nicht ernst nehmen.“

Er streift sich die Haare zurück, richtet den Oberkörper fest auf und zieht eine Augenbraue nach oben.

„Das bleibt unter uns! Verstanden?!“, bringt er ziemlich schlecht gespielt hervor.

„Ha! Ist ja lächerlich...,warte! Soll ich das sein?“

„War das nicht klar?“

„Spätestens bei der Sache mit der Augenbraue hab ich's gerafft. Gar keine üble Imitation, wobei du den Bizeps ein bisschen mehr zeigen musst.“

Ich streife den Ärmel seines Hoodies bis zur Schulter nach oben und muss mich wirklich zurückhalten, um nicht darüber zu lachen. Der Kleine hat echt keine Muskeln.

„So, und jetzt anspannen.“

Er gibt wirklich sein Bestes und scheitert kläglich.

„Okay, ich gebe auf. Das ist echt erniedrigend.“

„Quatsch. Das kann ja noch werden. Ach so, wie alt bist du eigentlich?“

Meine eigene Frage, versetzt mir einen kurzen Wachschlag. Er sieht echt jung aus, aber da er studiert, müsste er ja über 18 sein. Oder? Hilfe! Was mach ich hier?!

„Ich weiß, dass ich aussehe wie 16, aber ich bin 19. Nächsten Monat dann auch 20.“

Mir vergeht das Lachen ein bisschen.

„Ist was?“, hakt er nach.

„Ich bin fast 10 Jahre älter als du.“

„Ich glaube, dass es 8 ½ Jahre sind, wenn ich mich richtig erinnere.“

„Woher weißt du, wie alt ich bin?“

„Laurin. Ich musste mir deine ganze Lebensgeschichte anhören und das über Wochen hinweg.“

„Warte mal. Wieso das denn?“

Er legt den Kopf etwas schief.

„Ist das nicht offensichtlich. Er war richtig in dich verknallt.“

„Blödsinn. In mich verliebt man sich nicht.“

„Laurin scheinbar schon. Schade, dass ihr zwei es nicht hinbekommt. Ihr wärt auf jeden Fall ein echt schönes Paar.“

Irgendwie nervt es mich, dass er das so einfach sagen kann.

„Tja, dumm gelaufen. Ich schau mir jetzt den Film ab.“

Ich lehne mich zurück und im nächsten Moment spüre ich, wie er sich auch wieder auf mich legt wie zuvor bei Yun und Julian. Den Kopf auf meiner Brust.

Ich hebe die Decke vom Boden auf und werfe sie über uns.

...Will, bitte, nach allem was jetzt gerade passiert ist, will ich nur noch nach Hause“, tönt es aus der Röhre.

„Gleich passiert was, oder?“, fragt er mich und vergräbt das Gesicht in dem Kragen meines Hoodies. Horrorfilme sind wohl echt nichts für den Guten. Jedes Mal zuckt er zusammen, wenn etwas Unvorhersehbares passiert oder einfach nur ein lauteres Geräusch auftaucht. Echt zum Schießen.

„Du musst echt keine Angst haben. Der Film ist eigentlich echt witzig“, beruhige ich ihn, indem ich ihm noch den Kopf tätschele.

„Reicht dir denn nicht ein massenmordendes Monster? Müssen es gleich zwei sein?“

„Jetzt stell dich doch nicht so an, Zwergi.“

„Das ist einfach nur makaber.“

„Jetzt wird es aber gleich wirklich lustig. Schau hin.“

„Nein! Vergiss es!“, protestiert er und klammert sich noch fester an mich.

Na ja, soll mir recht sein.

Während ich mich köstlich über die Szene mit dem Kiffer und der Raupe amüsiere, spüre ich erst eine ganze Weile später, dass er wohl eingeschlafen sein muss.

Ich kann den ruhigen Atem an meinem Hals spüren. Vorsichtig ziehe ich die Decke noch ein bisschen über ihn drüber. Ist eigentlich ganz bequem so.

Gerade als ich den Arm wieder unter die Decke schieben will, streife ich die weiche Haut seines Beines. Etwas neugierig lasse ich die Finger ein Stückchen weiter nach oben wandern, bis zu seinem Hintern. Moment! Er hat ja gar nichts drunter!

Ich muss schlucken bei dem Gedanken. Ganz vorsichtig, hebe ich die Decke ein bisschen an und sehe mal nach, ob ich mich nicht doch getäuscht habe. Tatsächlich. Kein Wunder, dass er sich so dagegen gewehrt hat, diese Position wieder einzunehmen.

Ich kann nicht viel sehen, aber er scheint einen echt hübschen Hintern zu haben. Langsam wandere ich wieder über den angewinkelten Oberschenkel und zu meinem Ziel, als sich sein Kopf plötzlich bewegt.

„Hm...hm...“, stöhnt er leise. Ist er wach? Nein.

Plötzlich spüre ich seine Lippen, die sich an meinen Hals legen und die Hand, die erst über meine Brust und den Bauch wandert und dann unter meinen Hoodie gleitet.

Ich kann richtig spüren, wie er seinen Körper gegen meinen presst.

„Bist du wach?“, frage ich ihn, als er plötzlich zu mir aufsieht und kurz nickt.

„Wenn du nicht willst, dass ich die Beherrschung verliere, dann solltest du jetzt aufhören.“

Er schüttelt den Kopf und im nächsten Moment richtet er seinen Oberkörper auf. Ich kann gar nicht anders, als hilflos zuzusehen, wie er sich den viel zu großen Hoodie über den Kopf zieht.

„Wow, okay...was soll das jetzt werden?“

Mein Herz tickt richtig aus bei dem Anblick. Sehr viel mehr, als bei Laurin zuvor.

Ich beobachte, wie er sich selbst über den schlanken Oberkörper streichelt und immer weiter nach unten wandert. Worte können nicht beschreiben, was gerade bei mir abgeht. Vor allem, als die andere Hand zu seinen Lippen wandert.

„Das reicht!“, höre ich mich selbst sagen und richte meinen Oberkörper ebenfalls zu ihm auf, wo er mir auch gleich hilft, den lästigen Pullover loszuwerden, ehe er die Arme um meinen Hals legt.

„Das ist echt gemein“, flüstere ich ihm zu und lasse meine Hände jetzt seinen Rücken erforschen. Er hat so unfassbar weiche Haut.

„Du hast damit angefangen“, höre ich ihn sagen und als ich seinen knackigen Hintern berühre, stöhnt er leise auf und beißt mir leicht in die Schulter.

Der ist ganz schön empfindsam. Gut, dann treiben wir ihn mal ein bisschen in den Wahnsinn.

Ohne weitere Umschweife, hebe ich ihn von mir runter, stehe auf und ziehe ihn wieder an mich heran.

Ich kann sein Herz richtig schlagen spüren. Moment. Hat er Angst? Irgendwie kann ich diese zittrige Körperreaktion nicht mehr richtig deuten.

„Setz dich“, fordere ich ihn auf und gehe vor ihm in die Knie. Ich suche den Blickkontakt.

„Alles okay?“

Er nickt leicht, verbirgt aber das Gesicht hinter seinen Händen. Ich nehme sie langsam von seinem hübschen Gesicht und platziere einen flüchtigen Kuss auf seiner Stirn.

„Mach dir dich keinen Stress.“

„Das tut mir Leid...ich bin irgendwie voll durcheinander“, höre ich ihn leise sagen.

„Schon gut. Ist ja nichts passiert“, lüge ich und muss aufhören an dieses Bild zu denken, wie er nackt auf mir sitzt und na ja...Dinge tut.

„Ich bin echt betrunken.“

„Ich auch. Komm. Du kannst in meinem Bett schlafen.“

Vorsichtig lege ich die graue Decke um ihn herum. Es ist ihm sicher so schon unangenehm genug, da muss er nicht auch noch nackt vor mir stehen.

Im Schlafzimmer muss ich erst einmal die ausgerissene Schranktür vom Bett räumen. Etwas, das den Zwerg wohl wieder etwas zum Lachen bringt.

„Wie ist das denn passiert?“

„Ich hab nichts zum anziehen gefunden“, antworte ich sehr wahrheitsgemäß.

„Wirklich?“

„Ja, ich hab die Möbelstücke hier schon ein paar mal flicken müssen.“

Er lacht. Er lacht mich aus.

„Hey! Das ist nicht witzig!“

„Die Vorstellung schon.“

Okay, ich muss mich auch ein bisschen selbst belächeln, wenn ich mir vorstelle, wie ich leicht panisch vor dem Schrank stehe und völlig austicke, weil ich in dem Chaos nichts finde.

„Na vielen Dank. Jetzt leg dich hin und schlaf. Ich bin im Wohnzimmer, falls was ist.“

„Warte! Bleibst du nicht hier?“

„Wir haben doch eben gesehen, dass es keine gute Idee ist, oder?“

Er scheint sich erst sammeln zu müssen, ehe er weiter spricht.

„Kannst du einfach neben mir schlafen?“

Ist das süß!

„Wenn du keinen Quatsch machst, so wie eben, schon.“

„Ich..., man, das war echt blöd von mir. Ich hab nicht mal richtig begriffen, dass du das bist.“

Nachgiebig lege ich mich zu ihm ins Bett.

„Mit Mädels solltest du so eine Nummer aber nicht abziehen. Oder stehen deine Freundinnen da drauf?“, frage ich an, als mir dieses verdammte Bild einfach nicht aus dem Kopf gehen will.

Er zieht sich schnell die Bettdecke über den Kopf.

„Das ist mir peinlich. Ich hab sowas noch nie gemacht“, höre ich seine durch den dicken Stoff, gedämpfte Stimme sagen.

„Mit einem Kerl?“

„Allgemein...lach mich nicht aus.“

Wieder so eine verbale Ohrfeige, bei der sich jetzt sogar mein Magen ein bisschen zusammen zieht.

„Bist du noch Jungfrau?!“

„Sag das nicht so!“

„Also ja?“

„Ja...“

Er schlüpft unter der Decke hervor und sieht mich mit verwuschelten Haaren an.

„Gerade war ich einfach nur verwirrt. Ich stehe echt nicht auf Männer.“

Klar, wer's glaubt.

„Okay. Cool, dann können wir ja froh sein, dass du deinen ersten Blowjob nicht von einem Kerl bekommen hast.“

Ich verschränke die Arme hinter dem Kopf und schließe kurz die Augen.

„Was? Hattest du vor mir...?!“

„Schon.“

Plötzlich bewegt sich das Bett. Ich mache die Augen wieder auf und drehe den Kopf in seine Richtung. Er sitzt im Bett und mustert mich nachdenklich.

„Also...nur das?“,fängt er an.

„Was?“

„Du würdest mir einfach nur...“

„Jetzt bestimmt nicht mehr. Leg dich hin und schlaf.“

Er folgt meiner Anweisung.

Endlich Ruhe. Ich bin echt müde.

Ich werde mitten in der Nacht wach, als mich jemand am Bauch berührt. Kaum die Augen geöffnet, spüre ich auf einmal die weichen Lippen wieder an meinem Hals und wie er meine Hand nimmt. Sein Atem geht ziemlich schnell und langsam registriere ich auch, wie er sich richtig an mich presst. Ich kann die Erektion ziemlich deutlich spüren. Vorsichtig drehe ich mich zu ihm und drücke ihn sanft auf den Rücken.

Wahnsinn dieser Anblick. Er ist vollkommen machtlos seinen eigenen Gefühlen gegenüber.

„Soll ich?“, frage ich ihn leise.

Er nickt nur und überträgt mir somit die Verantwortung für sein körperliches Wohlbefinden.

Ich beschließe mir ein bisschen Zeit zu lassen. So wie er zusammenzuckt und immer schneller atmet, wird das eine verdammt schnelle Nummer sein.

Ich küsse seinen schmalen Hals, die flache Brust, den schlanken Bauch und je näher ich seiner Mitte komme, desto heftiger kommen und gehen seine Atemstöße.

Ob das echt in Ordnung ist? Ich sollte ihm noch ein bisschen Bedenkzeit geben, auch wenn sein Körper sichtlich auf das alles reagiert. Ein echt hübscher Anblick, aber noch will ich mich zurückhalten und küsse sanft die Innenseiten seiner Oberschenkel. Er erzittert richtig. Gefällt ihm das so gut?

„Bitte...kannst du...“, bringt er nur sehr schwach hervor, dennoch verstehe ich, was er möchte und komme dieser Bitte selbstverständlich nach.

Wie erwartet, findet dieser kleine Spaß ein schnelles Ende.

Lesemodus deaktivieren (?)