zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Kraftlos. Tot.

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Du kommst mal wieder spät nach Hause.

-Wo warst du? , frage ich und drücke dir einen Kuss auf die Backe.

-Viel Verkehr, antwortest du knapp, weichst meinen Armen aus, die deine Hüften umschließen wollen und verschwindest ins Bad.

Ich spüre in meinem Bauch ein schmerzhaftes Ziehen. Bin kurz davor die Fassung zu verlieren.

Ich weiß nicht, ob du mir das anmerkst. Die Leute haben schon immer gesagt, ich wäre ein guter Schauspieler.

In diesem Moment fasse ich mir endgültig ein Herz. Beginne mit den Vorbereitungen meines Planes.

Ich habe heute beim Einkaufen vor einer kitschigen Figur in einem Deko-Laden gestanden. Es ist ein Leoparden-Pärchen gewesen. Der Kopf des Einen hat auf dem Nacken des Anderen geruht. Ich habe sofort an dich denken müssen.

Früher hast du mich immer Leo genannt. Das liegt daran, dass ich bei unserer ersten Begegnung einen Gürtel mit Leopardenmuster getragen habe. Den hast du immer geliebt. Ich glaube, ich werde ihn nie wieder tragen können.

Auf einmal hat mir die Verkäuferin auf die Schulter getippt. Erschrocken bin ich zusammengezuckt.

-Kann ich Ihnen helfen?

-Ja, wenn Sie mir diese Figur bitte einpacken könnten. Es ist mir egal, wieviel sie kostet.

Den ganzen Weg nach Hause hab ich vor mich hingesungen. Es war unser Lied, das ich gesungen habe. Ich habe es sicherlich zum letzten Mal gesungen.

Ich schlendere in die Küche. Ich setze Wasser auf und schmeiße die Nudeln hinein. Eigentlich weiß ich gar nicht genau, was ich tue. Das ist mir aber egal. Das Essen an sich ist heute nebensächlich.

Meine Bewegungen sind fahrig, ich zittere. Als ich die Nudeln abschütte, verbrenne ich mich am kochend heißen Wasser.

-Autsch!

-Ist was passiert? , rufst du gelangweilt.

-Nein, hab mich nur verbrannt.

Nichts. Keine Fürsorge. Kein Interesse.

Gedankenversunken, stelle ich die Teller auf den Tisch. Lege Besteck daneben. Die Tulpen in der Vase lassen müde den Kopf hängen. Kraftlos. Tot.

Ich nehme sie vom Tisch. Schütte das Wasser aus. Werfe die toten Pflanzen in den Müll.

Fast will ich dich schon rufen. Aber nein. Ich hab ja das Wichtigste vergessen. Sie darf nicht fehlen.

In unserm Schlafzimmer habe ich sie unter dem Bett versteckt. Ich lege mich flach auf den Boden, so kann ich unter das Bett sehen. Greife unter das Gestell und ziehe die blaue Plastiktüte hervor. Ich nehme das Päckchen heraus, streife die Pappe ab und halte die Figur von heute morgen in Händen. Mir ist gar nicht aufgefallen wie hässlich sie ist. Geradezu abscheulich. Perfekt! Ich rappel mich auf und mach mich bereit für den letzten Akt. Jetzt gilt’s!

Ich stelle die Figur mitten auf den Tisch. Sie springt sofort ins Auge. Nebendran die dampfenden Nudeln und die Soße.

-Schatz, das Essen ist fertig!

-Ich komme, du brauchst ja nich so zu schreien.

Ein kleiner Stich. Sonst nichts. Ich bin ganz ruhig.

Seufzend lässt du dich am Esstisch nieder. Guckst mich kurz an und langst nach der Nudelschüssel. Erwartungsvoll schaue ich dich an. Doch du sagst nichts. Ich senke den Blick. Schweigend machen wir uns ans Essen.

Mindestens zehn Minuten essen wir schweigend. Nichts ist zu hören als das Ticken der Uhr auf der Kommode und dem Geklirr des Bestecks auf unseren Tellern.

Ich hole Luft und setze zu einem Satz an. Du schaust mich an. Einen Moment lang treffen sich unsere Blick und ich genieße diesen Augenblick des Kontakts. Doch dann senke ich den Blick. Finde nicht den Mut. Ich habe Angst vor deiner Antwort.

Du bist fast fertig, als ich mich endlich traue.

-Schatz? Wie findest du eigentlich diese Leoparden?

Erstaunt blickst du auf.

-Sehr schön. Ich habe sie schon immer gemocht. Ich bin fertig. Räumst du grad den Tisch ab?

Zurück lässt du eine versteinerte, zerbrochene Person.

Abends, als ich neben dir, einem fremden Menschen, im Bett liege, weine ich...

Lesemodus deaktivieren (?)