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Der Sommer unseres Lebens

Teil 3

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

So, nachdem Dennis und Jan es endlich geschafft haben zueinander zu finden und ihre erste gemeinsame Nacht verbracht haben, kommt der Morgen der Wahrheit. Jetzt wird sich herausstellen ob das ganze nur ein Strohfeuer, nur aus dem Suff geboren, war oder ob die Sache Bestand hat. Viel Spaß mit Teil 3!

Kapitel 9 – Endlich!

Ich wache davon auf, dass ich auf die nackte Schulter geküsst werde, und lächle noch bevor ich wirklich aus dem Reich der Träume zurückgekehrt bin. Ich kann mich nicht mehr daran erinnern, was ich geträumt habe, aber es muss etwas Schönes gewesen sein, denn ich fühle mich besser als je zuvor. Eine Hand schiebt sich unter meinem Arm durch, streicht über meine Brust und dann robbt der Mann meiner Träume ganz nah an mich heran, so dass ich die Wärme seines Körpers spüren kann. Auch er ist noch ganz schläfrig und murmelt etwas wie "Guten Morgen".

Ich lege meine Hand auf seine und sage leise: "Guten Morgen, mein Schatz." Dann drehe ich mich vorsichtig um, was etwas schwierig ist, weil er so dicht hinter mir liegt. Im diffusen Licht, das durch die Zeltwände fällt, sehe ich sein vom Schlaf zerwühltes Haar und seine wunderschönen Augen, die er zu dieser frühen Stunde noch nicht besonders weit öffnen kann. Ich lächle ihn an, ziehe mit meiner Fingerspitze seine Augenbraue nach, dann über seine Nase. Ich kann gerade noch verhindern, dass er mir in den Finger beißt, als er danach schnappt, während ich über seine Lippen streiche.

"Hey", sage ich leise lachend und küsse ihn. Sein Arm, der immer noch um mich gelegt ist, zieht mich ein bisschen weiter zu ihm herüber und ich bin so glücklich, dass es beinahe weh tut. Ich fühle mich, als müsste ich jeden Moment aus dem schönsten Traum, den ich je hatte, erwachen und rechne sekündlich damit, unsanft aus dem Schlaf geschüttelt zu werden. Aber es ist echt. Ich bin bereits wach und mein Jan liegt hier bei mir. Hoffentlich bereut er es nicht.

"Wie fühlst Du Dich?", frage ich ihn leise. Immerhin könnte schon jemand draußen herum tappen und uns hören.

"Ich habe gerade mit dem süßesten Typen, den ich kenne, die Nacht verbracht", flüstert er lächelnd. "Wie soll ich mich schon fühlen? Einfach großartig."

Danke. Genau das wollte ich hören. Er ist ein Engel.

"Wie viel Uhr ist es?", frage ich ihn leise.

"Keine Ahnung. Noch früh. Es ist noch niemand wach, zumindest höre ich da draußen nichts. Und richtig hell ist es auch nicht."

Ich taste nach meiner Armbanduhr. Kurz nach sechs. Herrje, wann sind wir überhaupt ins Bett gegangen? Um drei? Dann hätte ich gerade mal drei Stunden geschlafen. Trotzdem bin ich wach und aufgekratzt.

Ich schiebe mich ganz nah an ihn heran und lasse meine Hand langsam über seinen Körper wandern, während ich ihn küsse. Vorsichtig schiebe ich ihn in die Rückenlage und schiebe mich halb auf ihn. Ich küsse seinen Hals, wandere ein bisschen weiter abwärts und lasse meine Zunge mit seinen kleinen, harten Brustwarzen spielen. Er zittert und ich merke, dass er sich fürchterlich zusammenreißen muss, um nicht laut zu stöhnen. Ich arbeite mich weiter abwärts an seinem Körper entlang und sehe, dass hier noch eine ganz andere Überraschung auf mich wartet, denn seine Erektion könnte meiner durchaus Konkurrenz machen.

'Na dann...', denke ich lächelnd und fahre vorsichtig mit den Fingerspitzen darüber. Damit entlocke ich ihm erneut ein unterdrücktes Keuchen. Mein Kopf bewegt sich noch etwas weiter abwärts, doch kurz bevor ich zur Sache kommen kann, graben sich seine Finger in mein Nackenhaar und er hält mich auf.

"Denny", flüstert er eindringlich.

Ich rutsche wieder zu ihm hoch. "Was ist denn?"

"Was machst Du denn da?", fragt er nervös und zupft an meinem Haar herum.

Ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen und flüstere in sein Ohr: "Keine Sorge, ich mache nichts Schlimmes mit Dir. Wenn es Dir nicht gefällt, sag es einfach. Dann höre ich sofort auf."

Auch wenn ich sehr cool klinge - oder zumindest glaube, das zu tun - rotiere ich innerlich ebenfalls. Schließlich habe auch ich nicht unbedingt reichhaltige Erfahrungen in diesen Dingen vorzuweisen. Aber er macht mich so unheimlich an, dass ich das jetzt einfach tun muss, schließlich bin ich auch nur ein Kerl und die Gelegenheit ist günstig.

Also küsse ich mich wieder langsam an seinem Körper entlang und dieses Mal hält er mich nicht auf. Dann geht alles ziemlich schnell und ich kann es ihm nicht verdenken, schließlich wäre ich dabei selbst auch beinahe gekommen, ohne dass er mich auch nur angefasst hätte.

Er liegt auf dem Rücken und ist immer noch außer Atem, als ich mich wieder neben ihn lege und an ihn kuschle. Er dreht sich mühsam zu mir um und küsst mich, was mir fast ein wenig peinlich ist, immerhin hatte ich meine Lippen gerade noch an seinem... - aber so wie er mich ansieht, scheint es ihm nichts auszumachen. Seine warmen, weichen Hände streicheln meinen ganzen Körper und es fühlt sich einfach phantastisch an, so dass ich die Augen schließe und einfach seine Berührungen genieße.

Irgendwann fällt mir allerdings auf, dass er eine ganz bestimmte Stelle meines Körpers immer auslässt. Dabei würde ich gerade dort ganz besonders gern von ihm berührt werden.

"Hey, Jan", sage ich zärtlich. "Magst Du mich nicht anfassen?"

Natürlich weiß ich, dass seine Hände meine Haut die ganze Zeit kaum verlassen haben, aber er versteht sofort, was ich meine. Selbst in diesem diffusen Licht kann ich sehen, dass er rot wird. Ich lege meine Arme um ihn und streichle seinen Rücken.

"Was ist denn?"

"Naja... ich würde ja schon... ich weiß nicht... ich meine, ich hab doch noch nie..."

Ach, er ist unglaublich süß, wenn er so verlegen herumstammelt. So ein großer, muskulöser Kerl! Und jetzt schämt er sich, weil er nicht weiß, was er mit mir anfangen soll.

"Mach es einfach so, wie Du es bei Dir machst", sage ich leise kichernd und spüre, wie sein Gesicht noch heißer wird. Er will mir jetzt doch wohl nicht weismachen, dass er noch nie an sich herumgespielt hat!

Er zögert und windet sich. Oh Mann, am Ende erinnert er sich hinterher nur noch daran, wie krampfig und peinlich das alles war, das will ich wirklich nicht.

"Warte. Gib mir Deine Hand", flüstere ich und lege meine Hand auf seine. Er lässt sich tatsächlich von mir leiten. Ich streiche mit seiner Hand langsam über meine Brust, lege eine seiner Fingerspitzen auf meine Brustwarze und friemle ein wenig daran herum bis ich selbst kaum noch ein Stöhnen unterdrücken kann.

Ich schiebe seine Hand weiter an mir herunter, an der Seite entlang bis auf den Oberschenkel. Dabei berührt sein Arm bereits zufällig meinen harten Schwanz und ich kann es nicht verhindern, dass ein heiseres Geräusch meine Kehle verlässt. Ich weiß auch, dass wir geliefert sind, wenn uns jemand hört, aber ich kann jetzt unmöglich aufhören.

Ich leite seine Hand an der Innenseite meines Oberschenkels entlang wieder nach oben und dann wagt er es plötzlich doch die Initiative zu ergreifen. Ich ziehe meine Hand zurück und greife damit in sein Haar, ziehe seinen Kopf zu mir und küsse ihn. Ich glaube, es geht bei mir beinahe noch schneller als bei ihm, und als ich soweit bin, muss ich mir auf die Hand beißen, um nicht laut aufzustöhnen.

"So will ich ab jetzt immer geweckt werden", flüstert er, als wir danach einander zugewandt auf der Seite liegen, und spricht damit nahezu wortwörtlich den Gedanken aus, den ich auch gerade hatte. Ich sage ihm das und wir kichern albern herum.

"Komm her, Du Erdbeerschnäuzchen", sage ich zu ihm, ziehe ihn zu mir herüber und küsse ihn.

"Jederzeit, Zitronenmäulchen", antwortet er, legt seinen Arm um mich und wir beginnen wieder zu kichern.

Er dreht sich auf den Rücken, ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und schließe die Augen. Ich genieße das Gefühl im Arm von jemandem zu liegen, der mich gern hat und in den ich bis über beide Ohren verliebt bin.

"Hey, Ihr beiden! Pennt Ihr etwa immer noch? Wir könnten etwas Hilfe beim Aufräumen gebrauchen und Frühstück gibt es auch."

Unsanft werden wir geweckt, als Jens gegen die Zeltplane bollert. Wir müssen wohl noch einmal eingeschlafen sein. Hektisch rücken wir noch halb im Schlaf mindestens einen halben Meter auseinander und haben das Problem, dass sich über Nacht und Morgen unsere Schlafsäcke derart ineinander verheddert haben, so dass man nicht mehr mit Sicherheit sagen kann, wo der eine aufhört und der nächste anfängt. Wir sehen uns ein bisschen panisch an, entspannen uns aber wieder, als wir feststellen, dass Jens lediglich draußen vor dem immer noch geschlossenen Zelt steht.

Ich hasse Zelte! Es hört sich immer so an als wären die Leute, die draußen sind, direkt neben Dir in Deinem Schlafsack. Eine Privatsphäre hat man in den Dingern wirklich nicht.

"Ja, ja, gleich!", rufe ich nach draußen und lausche anschließend. Schritte entfernen sich und ich wage es, wieder ein wenig näher an Jan heran zu rücken.

"Besser, das erfährt erst mal keiner", sagt er so leise wie möglich zu mir und ich nicke. Ein schneller Kuss noch, dann auch noch ein etwas längerer, aber bevor wir wieder übereinander herfallen können, siegt die Angst vor Entdeckung und wir trennen uns widerwillig voneinander. Ich pelle mich aus den Decken, steige in meine Hosen und krieche mit meinem T-Shirt in der Hand aus dem Zelt. Draußen blinzle ich in die Sonne, die bereits hoch am Himmel steht, ziehe mich fertig an, fahre mir durchs Haar und frage Manuela: "Wie spät ist es denn?"

"Kurz nach elf", sagt sie lachend. "Was habt Ihr denn die ganze Nacht gemacht? Du siehst aus, als hättest Du kaum geschlafen. Hol Dir am Besten erst mal einen Kaffee. Den gibt's drinnen in der Küche." Das halte ich für eine ausgesprochen gute Idee, denn auf diese Weise habe ich eine Ausrede, um mein frisch errötetes Gesicht von ihr abzuwenden. Im ersten Moment habe ich wirklich gedacht, sie hätte uns durchschaut, aber es war nur ein dummer Spruch.

Vor dem Frühstück muss ich unbedingt ins Bad. Ich schiebe den Oberkörper noch mal ins Zelt und fische meine Zahnbürste und die Zahnpasta aus der Tasche, dazu ein Handtuch. Mit Jan, der gerade seine Jeans anzieht, tausche ich einen verschwörerischen Blick aus, gebe ihm noch einen blitzschnellen Kuss und dann verschwinde ich wieder.

Nachdem ich meine Zähne geputzt und mir ein wenig kaltes Wasser ins Gesicht geworfen habe, fühle ich mich einfach großartig! Ich bediene mich an der Kaffeemaschine, die in der Küche vor sich hin röchelt, und nehme den Kaffeebecher mit hinaus.

Dino, der Gitarrentyp, ist auch da und hat anscheinend beim Aufräumen geholfen. Als Jan an uns vorbei geht, um ebenfalls das Bad zu benutzen, sieht Dino von mir zu ihm, dann wieder zu mir und grinst: "Nicht viel Schlaf bekommen heute Nacht, was?"

Ich sehe mich hektisch um, ob uns jemand hört, aber es ist niemand in Sicht- und Hörweite. "Halt bloß die Klappe", zische ich ihn an.

"Keine Sorge, hier ist niemand", sagt er. "Oder glaubst Du etwa, ich will Euch outen?" Er schüttelt den Kopf. "Oh nein, das müsst Ihr schon selbst machen. Jeder sollte selbst entscheiden dürfen, bei wem und wann er das tut."

Ich sehe ihn fragend an und er sagt: "Jetzt schau nicht so. Ich habe das alles schon hinter mir. Inzwischen weiß es so ziemlich jeder von mir. Das wirst Du ja gestern Abend vielleicht schon bemerkt haben."

Dann sieht er mich prüfend an. "Weiß es bei Dir überhaupt schon jemand?"

"Mein Bruder", sage ich leise.

"Und? Wie hat er reagiert?"

"Er hat gesagt, er hätte sich so etwas schon gedacht", sage ich und werde schon wieder rot. So viel Farbe wie in den letzten Tagen habe ich, glaube ich, in meinem ganzen Leben noch nicht im Gesicht gehabt.

Dino lächelt und nickt. "Das ist doch toll. Aber es werden leider auch immer wieder auch Leute dabei sein, die nicht so positiv reagieren. Darauf solltest Du vorbereitet sein. Lass Dich davon aber nicht zu sehr runter ziehen, denn es wird auch immer welche wie Deinen Bruder geben. Und ich hoffe für Dich, dass sie in der Überzahl sind."

Er will schon gehen, dreht sich aber noch einmal zu mir um. "Und warte nicht zu lange, dadurch wird es nicht einfacher. Im Gegenteil."

Jan kommt zurück, schaut hinter Dino her, der sich gerade entfernt und fragt: "Was wollte der denn schon wieder?" Offensichtlich hat er nicht vergessen, dass Dino mich gestern am Feuer zuerst ganz schön angemacht hatte, denn er klingt ein wenig eifersüchtig.

"Nichts Besonderes. Kein Grund zur Sorge", sage ich lächelnd und weil von den anderen niemand zu sehen ist, wage ich es kurz über seinen Handrücken zu streichen und ihn ziemlich eindeutig anzulächeln.

"Bist Du etwa eifersüchtig?"

"Ich? Quatsch!", schnaubt Jan. "Hätte ich denn einen Grund? Immerhin hat er sich gestern schon an Dich rangeschmissen."

Soso, das hatte er also auch bemerkt.

"Bist Du mir deshalb zum Holzstapel gefolgt? Damit er Dir nicht zuvorkommt?"

Er grinst. "Vielleicht war das genau der Schubs, den ich brauchte."

"Erinnere mich daran, dass ich ihm einen Blumenstrauß schicke, um mich zu bedanken."

"Wehe!"

"Oder soll ich lieber Dir die Rosen schicken?" Ich stupse ihn mit dem Ellenbogen an.

"Hör auf mit dem Quatsch." Er lächelt noch, aber ich sehe, dass er sich schon wieder besorgt umsieht. Wir sind zu offensichtlich!

"Komm, wir bauen ab und helfen den anderen."

Den Rest des Tages lungern wir bei Jens im Garten herum, vernichten die restlichen Getränke und chillen. Irgendwann macht jemand den Vorschlag Pizza zu bestellen, und natürlich sind alle einverstanden. Der arme Bote hätte besser einen Großraum-Transporter gemietet, denn er hatte in seinem Pizza-Taxi vor lauter Isolierkartons kaum noch für sich selbst Platz.

Wir futtern die Pizza im Schatten unter den Bäumen, direkt aus dem Karton und es herrscht eine so wunderbare, entspannte Stimmung, dass ich mir den Tag am liebsten einrahmen und an die Wand hängen würde. Der einzige Wermutstropfen ist, dass ich Jan nicht in den Arm nehmen und küssen darf, aber ich bin immerhin in seiner Nähe und wir sind zusammen. Das ist phantastisch.

Gegen Abend sind wir dann nur noch zu sechst, und auch wenn die Stimmung toll ist und wir zur Abwechslung mal richtig tiefsinnige Gespräche führen, anstatt immer nur über Musik, Filme und ähnliches zu reden, finde ich, dass es langsam Zeit für den Aufbruch ist, denn ich sehne mich wie verrückt nach Jans Nähe. Ich richte mich auf und strecke mich, dann frage ich Jan wie schon so oft in der letzten Zeit, ob ich ihn mitnehmen soll. Ich finde, dass es irgendwie anders klingt als noch gestern, aber außer mir - und vielleicht Jan - scheint es niemand zu bemerken.

Kann man wirklich dauer- und glaubhaft verheimlichen, dass man in jemanden so verliebt ist, dass man die ganze Zeit schreiend herumspringen und mit den Armen rudern könnte? Ich bin nicht sicher, aber es bleibt mir nichts anderes übrig als es zu versuchen.

Während der Fahrt muss ich immer wieder zu ihm herüberschauen, als müsse ich überprüfen, ob er auch wirklich neben mir sitzt.

"Wenn Du nicht bald auf die Straße schaust, landen wir noch im Graben", sagt Jan und lacht leise.

"Ich weiß", sage ich. "Aber ich kann nicht anders. Ich muss doch sehen, ob Du wirklich da bist. Sonst glaube ich es nicht."

"Keine Sorge", sagt er. "Das bin ich, und während der Fahrt springe ich schon nicht raus."

Wir hängen unseren Gedanken nach und ich habe keine Ahnung, woran er denkt. Ich jedenfalls überlege die ganze Zeit, dass ich ihn eigentlich noch gar nicht zu Hause abliefern will. Nachdem wir den ganzen Tag vor der Clique die guten Freunde gespielt haben, will ich ihn jetzt endlich wieder in den Arm nehmen. Und wie!

"Magst Du vielleicht noch mit zu mir kommen?", frage ich ihn schließlich todesmutig. Natürlich ist mir bewusst, dass meine Eltern zu Hause und sicherlich noch auf sind, aber darauf kann ich jetzt keine Rücksicht nehmen, ich will Jan noch nicht hergeben.

"Gerne", sagt er einfach, dann stiehlt sich seine Hand auf meinen Oberschenkel und ich spüre, wie sein Daumen mein Bein streichelt. Das ist so was von abgefahren!

An der nächsten roten Ampel lege ich meine Hand auf seine, wohl wissend, dass der Typ, der mit seinem Transporter in der Nebenspur steht, es sehen kann. Aber das ist mir absolut egal. Jan und ich sehen uns verliebt an, ihn zu küssen wage ich allerdings nicht, das wäre doch ein bisschen zu gewagt. Als ich hinterher ein bisschen provozierend zu dem Typen herüberschaue, grinst er mich an und kneift mir ein Auge zu! Ich lächle staunend zurück, ich könnte ohnehin nichts anderes tun, dazu bin ich viel zu glücklich, dann wird es grün und er verschwindet aus meinem Blickfeld.

"Hallo! Ich bin wieder da!", rufe ich beim Eintreten ins Haus und meine Mutter antwortet: "Hallo, Schatz!" Ich höre, dass sie im Wohnzimmer ist, und gebe Jan ein Zeichen mir zu folgen. Zuerst denke ich, dass ich das alles ziemlich cool über die Bühne bringen werde, aber als wir dann in der Tür stehen, werde ich doch verlegen und beginne ziemlich heftig zu schwitzen. Meine Eltern sitzen gemütlich auf dem Sofa, mein Pap mit der Tageszeitung und Mam mit einem Buch. Im Hintergrund faselt der Fernseher. Sie sehen mich an, dann Jan und ich fürchte, sie warten auf eine Erklärung.

"Hi", sage ich und schon fällt mir nichts mehr ein. "Äh, das ist Jan aus meiner Stufe."

"Hallo Jan", sagen meine Eltern beinahe perfekt synchron.

"Hallo", sagt Jan schüchtern, tritt tatsächlich vor und schüttelt ihnen die Hände! Meine Mam lächelt. Sie mag freundliche, gut erzogene Menschen.

"Wir sind dann oben", sage ich und gebe Jan wieder ein Zeichen mitzukommen.

"Ist gut", sagt Mam und wendet sich wieder ihrer Lektüre zu. Uff, das ging noch mal gut. Keine Kommentare, keine peinlichen Fragen.

Jan folgt mir die Treppen hoch. In meinem Zimmer muss ich ihn erst einmal umarmen und küssen, schließlich habe ich darauf heute lange genug warten müssen. Dann lasse ich ihn erst einmal dort warten und gehe wieder nach unten, um für uns aus dem Keller etwas zu trinken zu holen. Bei der Gelegenheit stopfe ich meinen Schlafsack schon mal in die Waschmaschine und schalte diese direkt ein, denn unsere erste gemeinsame Nacht hat deutliche Spuren darauf hinterlassen. Dass meine Mutter das sieht und eine Erklärung dafür verlangt, fehlt mir gerade noch.

Als ich mit einer Flasche Cola und zwei Gläsern in den Händen in mein Zimmer zurückkomme, sieht er sich gerade meinen "Ville-Valo-Schrein" an. Ich habe die sechs CD's des Super-Schnuckels, die ich mein Eigen nenne, in einem CD-Rahmen mit neun Fächern an der Wand angeordnet. In den leeren Fächern stecken ein paar Konzert-Fotos, die ein Bekannter meiner Eltern, der Pressefotograf ist, mir netterweise überlassen hat. Okay, die Lichterkette drum herum ist ziemlich starker Tobak, aber ich stehe halt auf den Typen.

Bisher bestand auch nicht die Gefahr, dass es jemand sehen könnte, denn Freunde, die mich zu Hause besuchen, hatte ich nicht. Normalerweise bin ich auf dieses Gesamtkunstwerk stolz wie nicht was, aber jetzt, als mein Schatz davor steht und sich alles genau ansieht, ist es mir fast ein wenig peinlich, bei dieser Teeny-Schwärmerei erwischt worden zu sein.

Jan dreht sich zu mir um und grinst so unverschämt, dass mein Herz schon wieder die Drehzahl hochfährt. Er kommt auf mich zu und sagt mit weicher Stimme: "Muss ich irgendwie eifersüchtig sein oder so was?" Ich kann nicht verhindern, dass mein Gesicht die Farbe einer vollreifen Tomate annimmt.

Bevor ich antworten kann, sagt er frech: "Von der Bettkante stoßen würde ich den allerdings auch nicht." Dabei sieht er allerdings nicht Ville, sondern mich so lüstern an, dass ich beinahe die Gläser fallen lasse. Ich kann sie gerade noch zusammen mit der Flasche auf meinem Schreibtisch abstellen, dann zieht er mich an meinem T-Shirt zu sich und ich fühle seine Lippen auf meinen, noch bevor seine Arme mich vollständig umschlungen haben. Wir stolpern zu meinem Bett und fallen darauf. Dann fliegen auch schon unsere T-Shirts durch die Luft.

Darum, dass meine Eltern unten sind und meine Zimmertür nicht abgeschlossen ist, kümmern wir uns nicht. Ich nicht, weil ich weiß, dass sie nicht ungefragt hereinplatzen werden, denn in unserem Haus wird die Privatsphäre der anderen anerkannt, und er nicht weil... keine Ahnung, warum. Vielleicht hat sein Gehirn bereits abgeschaltet, meins ist nämlich ebenfalls kurz davor.

Ich lasse meine Zunge und meine Lippen an seinem Körper heraufwandern und er atmet tief ein. Er lässt sich zurück fallen, biegt keuchend den Rücken durch. Ich lutsche an seiner harten Brustwarze und bringe ihn fast um den Verstand, so wie es sich anhört. Ich bekomme einfach nicht genug davon seine warme, weiche Haut anzufassen und ich könnte ihn pausenlos küssen. Ihm geht es scheinbar nicht anders und innerhalb kürzester Zeit strampeln wir uns auch noch aus den restlichen Klamotten.

Ich weiß zwar, dass wir leise sein müssen, weil meine Eltern da sind, aber immerhin trennt uns ein ganzes Stockwerk und nicht nur eine dünne Zeltplane, so dass wir uns deutlich weniger zusammenreißen müssen als heute morgen. Er hat seine anfängliche Schüchternheit komplett abgelegt und macht dieses Mal sogar den Anfang.

Als wir später eng umschlungen auf meinem Bett liegen, erzählt er mir leise von seiner Familie. Dass seine Mutter gestorben ist, als er fünf war, und sein Vater ziemlich schnell wieder geheiratet hat, weil er keinen Bock darauf hatte, sich alleine um ein kleines Kind zu kümmern. Seine Stiefmutter habe ihn zwar gern und er hätte sie gerne als 'neue Mutter' akzeptiert, aber sein Vater habe immer und immer wieder sehr deutlich darauf hingewiesen, dass sie nicht seine Mutter sei, vor allem bei den immer häufiger auftretenden Streitereien, die in der letzten Zeit meist auch in Handgreiflichkeiten ausarten. Früher sei es nicht so gewesen, da wären sie fast eine ganz normale Familie gewesen.

Er sagt, er wisse nicht, wie er es dort noch länger aushalten soll, und dass er schon öfter kurz davor war, einfach abzuhauen und irgendwohin auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden.

"Bitte tu das nicht", sage ich leise, weil ich plötzlich Angst habe ihn schon nach so kurzer Zeit wieder zu verlieren. "Jetzt hast Du doch mich. Zusammen schaffen wir das."

Er sieht mich an und in seinen Augen sammeln sich Tränen. Dann zieht er mich fest an sich und vergräbt seinen Kopf in meiner Halsbeuge. Ich streichle seinen Rücken und wühle mein Gesicht in sein Haar.

"Ich bin immer für Dich da", sage ich leise. "Versprich mir, dass Du zu mir kommst, bevor Du irgendeine Dummheit machst."

Er antwortet nicht und ich habe Angst, dass er es nur deshalb nicht tut, weil er bereits irgendetwas Dummes geplant hat.

"Versprich es mir. Bitte." Ich nehme sein Gesicht in beide Hände und sehe ihn so lange an, bis er langsam nickt. Dann schlinge ich Arme und Beine um ihn und halte ihn so fest ich kann. Und ich habe eine Idee.

Kapitel 10 – Erste Erkenntnisse

Die Sonne scheint mir direkt ins Gesicht und das helle Licht weckt mich viel zu früh. Mist, ich habe die Rollläden gestern Abend nicht herunter gelassen. Ich höre leise Atemzüge und drehe mich vorsichtig um. Neben mir liegt Jan und atmet tief und gleichmäßig. Oh Mann, er sieht umwerfend aus. Wie kann man nur so früh am Morgen schon so schön sein?

Apropos 'früh', wie spät ist es überhaupt? Ich hebe den Kopf und spähe auf meinen Wecker. Acht Uhr vier. Und was zum Henker ist überhaupt für ein Tag? Irgendwann verliere ich in den Ferien immer den Faden. Richtig, heute ist Samstag. Deshalb waren meine Eltern auch gestern Abend noch auf. Und wie ich sie kenne, schlafen sie jetzt natürlich noch. Es ist also alles im grünen Bereich.

Durch das Fenster kann ich einen strahlend blauen Himmel sehen, der meine gefühlsmäßige Verfassung ziemlich gut widerspiegelt.

Der nackte Gott neben mir macht ein murmelndes Geräusch und dreht sich von mir weg auf die Seite. Ich küsse seine Schulter, schiebe den Arm unter seinem durch und lege meine Hand auf seine Brust. Dann rücke ich ganz nah an ihn heran, so wie er es gestern bei mir getan hat.

Eine warme Hand legt sich schläfrig auf meine und ich weiß, dass auch er garantiert an gestern morgen denkt, denn er dreht sich in meinem Arm, so dass er mich ansehen kann. Er lächelt mich an.

"So schnell ist bei mir noch kein Wunsch in Erfüllung gegangen", sagt er leise. Mein Finger streicht über seine Lippen.

"Erdbeerschnäuzchen...", sage ich zärtlich.

Plötzlich weiten sich seine Augen panisch und ich kann ihn gerade noch zurückhalten, nicht spontan mit einem Satz aus dem Bett zu springen.

"Scheiße!", ruft er. "Deine Eltern! Ich muss sofort abhauen!"

"Langsam, beruhige Dich", sage ich sanft. "Die schlafen mit Sicherheit noch. Und wenn nicht...", ich zucke mit den Schultern. "... dann haben wir halt Pech gehabt. Sie werden uns schon nicht die Köpfe abreißen, nur weil Du hier übernachtet hast. Zumindest solange wir ihnen nicht erzählen, was wir letzte Nacht getan haben..." Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen.

Trotz aller Ruhe, die ich auszustrahlen versuche, steht er sofort eilig auf und fährt nervös in seine Sachen.

"Ich sollte versuchen, unentdeckt zu verschwinden und zwar so schnell wie möglich", sagt er hektisch. "Das ist vielleicht doch besser."

"Also gut. Wenn Du meinst." Ich stehe ebenfalls auf und ziehe mich an. "Ich bringe Dich nach Hause."

"Brauchst Du nicht, ich komme schon irgendwie heim."

"Ich bringe Dich!", sage ich so bestimmt, dass er keine Widerworte mehr gibt.

Wie zwei Ein- oder besser gesagt Ausbrecher schleichen wir durch das ruhige Haus. In einer Beziehung ist auf meine Eltern wirklich Verlass. Am Wochenende liegen sie fast so lange im Bett wie ich. Um ehrlich zu sein, stehe ich mindestens in der Hälfte der Fälle zuerst auf und mache das Frühstück.

Ich bringe Jan nach Hause und habe ein ungutes Gefühl, als er durch die Tür hineingeht und ich seinen Rücken im Hausflur verschwinden sehe. Hoffentlich bekommt er keinen Ärger, weil er heute Nacht nicht zu Hause war. Und hoffentlich tut er nichts unüberlegtes, falls doch. Ich mache mir ein bisschen Sorgen um ihn.

Auf dem Heimweg mache ich einen Abstecher zum Bäcker und kaufe eine große Tüte Brötchen für das gemeinsame Frühstück mit meinen Eltern. Irgendwie muss ich ihnen meinen morgendlichen Ausflug schließlich erklären, denn sonst bin auch ich eher ein Langschläfer. Aber wenn ich sie gut füttere, fragen sie bestimmt nicht weiter nach. Ablenkung durch Essen funktioniert in 99,9 Prozent aller Fälle.

Ich komme in das immer noch völlig stille Haus zurück und beginne, alles für unser Frühstück vorzubereiten. Es wäre schön, wenn Jan dabei sein könnte, denke ich, aber vielleicht ist es besser, dieses Gespräch mit meinen Eltern noch ein wenig zu vertagen, heute will ich von meinem Vater nämlich erst einmal etwas anderes, und das ist mir verdammt wichtig.

Meinen Schatz werde ich glücklicherweise heute Nachmittag schon wiedersehen, wenn wir uns zum obligatorischen Treffpunkt am See aufmachen werden, und ich freue mich schon extrem darauf, denn ich beginne jetzt schon, ihn zu vermissen.

Der Kaffee läuft, in der Pfanne brutzelt eine große Portion Rührei und ich höre, wie sich oben etwas tut, wahrscheinlich hat der Duft des Frühstücks die beiden aus dem Bett getrieben. Einige Minuten später betreten meine Eltern gut gelaunt die Küche.

Ich weiß, dass viele Leute in meinem Alter die Vorstellung eklig finden, dass ihre Eltern sich lieben und wer-weiß-was miteinander anstellen, aber ich teile diese Ansicht nicht. Ich bin froh, dass die beiden nach all den Jahren und trotz meiner Anwesenheit immer noch aneinander hängen, immer noch verliebt sind, und das auch zeigen. Bisher war ich allenfalls ein bisschen neidisch, weil ich alleine war und sie sich hatten. Jetzt aber nicht mehr. Ich grinse sie an, schließlich bin ich auch glücklich verliebt.

"Guten Morgen, mein Schatz", sagt meine Mam und wuselt durch mein Haar. "Mmmmhhh. Das duftet ja köstlich." Ich signalisiere den beiden, sich an den Tisch zu setzen, und bediene sie so, dass sich jedwedes Hauspersonal eine Scheibe davon abschneiden könnte. Schließlich kann ich mich nicht darüber beschweren, wie ich sonst zu Hause umsorgt werde.

Wir sitzen lange zusammen und reden über alles Mögliche, ich erzähle von unseren Ausflügen zum See und vom Lagerfeuer vorgestern. Im Gegenzug bringen mich meine Eltern mit einigen Anekdoten ihrer Kegelkollegen zum Lachen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich zuletzt so gut gefühlt habe und ich bin sicher, dass sie das bemerken, aber sie fragen nicht, woher meine gute Laune kommt. Es tut mir auch Leid, dass ich ihnen das zurzeit Wichtigste in meinem Leben verschweigen muss, aber ich habe da etwas auf dem Herzen, das mir noch wichtiger ist und das hat Vorrang.

Pünktlich um zwei hole ich Jan ab. Meine Befürchtungen waren unnötig, auch bei ihm zu Hause hat niemand bemerkt, dass er die Nacht bei mir verbracht hat. Ich wage nicht, ihn zur Begrüßung zu küssen, obwohl ich ihn am liebsten in die Arme schließen und von oben bis unten abschlecken würde. Im Auto fassen wir uns kurz bei den Händen und während der Fahrt legt er wieder so selbstverständlich die Hand auf mein Bein als wäre es der einzig richtige Aufbewahrungsort dafür, und es fühlt sich auch so an.

Am See ist heute der Teufel los. Heute scheinen alle Zeit zu haben und es ist ziemlich voll in unserer Bucht. Man bemerkt schon deutlich, dass Wochenende ist. Wir finden leider kein ruhiges Plätzchen mehr, an dem wir vielleicht zwischendurch mal ein sehr privates Wort oder eine Berührung austauschen könnten, sondern müssen uns zwischen die anderen quetschen. Meine Wunschvorstellung, hier in der Sonne zu dösen und dabei den Kopf auf seiner Brust liegen zu haben, löst sich viel zu schnell in Luft auf.

Ich setze mich auf mein Handtuch und ziehe Schuhe, Hose und Shirt aus. Mir stockt kurz der Atem als Jan ebenfalls sein T-Shirt auszieht und ich sehe ihn fragend an. Er lächelt mich verlegen an und ich verstehe. Nicht die anderen und ihre eventuellen Fragen waren der Grund dafür, dass er seine Verletzung bisher verborgen hatte, sondern ich alleine. Er hat die Prellung nur vor mir versteckt.

"Hey, Jan, was hast Du denn da gemacht?", fragt Manuela besorgt, als sie den inzwischen bläulich-lila gefärbten Bluterguss sieht.

"Ich habe mich mit dem Rad lang gemacht", sagt er schulterzuckend. "Eigentlich wäre nichts passiert, aber ich bin direkt auf so'n blöden Stein geknallt." Er scheint überzeugend genug gewesen zu sein, denn sie fragt nicht weiter nach.

Als sie weiter weg ist, flüstert er mir zu: "DICH hätte ich deshalb nicht anlügen wollen. Und die Wahrheit war mir zu peinlich."

"Ist schon gut", flüstere ich zurück und wage es trotz allem, kurz über seine Hand zu streichen.

Wir spielen den ganzen Tag gute Kumpels, quatschen ganz normal herum, gehen mit den anderen schwimmen und vermeiden verdächtige Blicke und Gesten. Allerdings fällt es mir im Laufe des Tages immer schwerer, die Finger von ihm zu lassen. Ich bin richtig froh, als die Reihen sich am späten Nachmittag langsam zu lichten beginnen und um uns herum Freiräume entstehen. Jan rollt sich gerade vom Rücken auf die Seite, wirft einen kurzen Kontrollblick auf Jens und Manuela, die allerdings mit sich selbst beschäftigt sind. Seine Finger streifen kurz meine Hand und sein Lächeln könnte ganze Gletscher zum Schmelzen bringen. Der Wunsch seine Haut zu spüren wird übermächtig.

Dann fällt mir ein, dass ich ja noch gute Neuigkeiten für ihn habe.

"Hör mal, wenn Du für die Ferien noch einen Job suchst, hätte ich vielleicht einen für Dich", sage ich und hole tief Luft. "Die Firma von meinem Pap könnte noch Leute gebrauchen. Ich habe ihn gefragt, ob Du dort vielleicht arbeiten kannst."

Ich warte aufgeregt auf seine Reaktion.

"Was?", fragt er als hätte er nicht richtig verstanden.

"Naja, Du hast doch gesagt, dass Du Geld brauchst und da habe ich meinen Pap...", weiter komme ich nicht.

"Pass mal gut auf, Dennis! Nur weil Ihr Knete habt und Deine Eltern beide einen Job und mein Alter Hartz IV kriegt, musst Du noch lange nicht meinen, Du wärst was Besseres. Ich brauche Dein blödes Mitleid nicht", zischt er mir zu, springt auf und läuft zum Wasser herunter.

Ich bleibe völlig ratlos zurück und glaube es einfach nicht. So hatte ich es doch gar nicht gemeint. Ich hatte doch nur gedacht... ich wollte doch nur... Ich weiß doch selbst, wie schwierig Ferienjobs zu bekommen sind, wenn man keine Beziehungen hat. Er hat sich auf den Steg gesetzt, lässt die Beine herunterhängen und starrt auf das Wasser. Ich starre auf den blauen Fleck auf seinem Rücken und versuche, seine Reaktion zu verstehen.

Ich will nicht, dass wir Streit haben, vor allem nicht wegen solch einem Quatsch. Also stehe ich auf und gehe langsam zu ihm. Der Steg vibriert ein wenig, als ich darüber laufe, und schließlich stehe ich direkt neben ihm. Er sieht nicht mal zu mir hoch.

Wir starren beide auf die Wasseroberfläche, wo unsere Spiegelbilder verzerrt auf den Wellen tanzen und keiner sagt ein Wort. Ich weiß nicht, wie ich anfangen soll. Soll ich mich entschuldigen? Wofür? Ich bin mir keiner Schuld bewusst, ich wollte ihm doch nur helfen. Ja, so sollte ich vielleicht anfangen.

"Ich wollte Dir nur einen Gefallen tun, sonst nichts", sage ich. "So, wie Freunde das eben füreinander tun. Weil ich dachte, dass wir..."

'Freunde sind.' wollte ich eigentlich noch sagen, aber meine Stimme versagt, und wenn ich jetzt weiter rede, fange ich an, zu heulen. Ich atme langsam und tief ein und versuche mich wieder in den Griff zu bekommen.

Er sagt nichts, dreht sich nicht um, sieht mich nicht an und ich überlege, ob ich einfach wieder gehen soll, da klopft er mit der Hand ganz leicht neben sich auf den Steg. Langsam setze ich mich dorthin neben ihn, hänge ebenfalls die Füße knapp über die Wasseroberfläche, wage es aber nicht, ihn anzuschauen. Meine Tränen habe ich einigermaßen erfolgreich wieder verdrängt und ich will gerade einen neuen Erklärungsversuch starten, als er leise zu reden beginnt.

"Tut mir Leid, Denny. Ich wollte Dich nicht so anmachen. Ich weiß, dass Du es gut gemeint hast. Es ist nur so scheiße, wenn Du keine Kohle auf der Tasche hast und Dein Alter die halbe Stütze schon in der ersten Woche des Monats versäuft. Meine...", er zögert kurz, "... Mutter steckt mir ab und an was zu, sonst könnte ich mir nicht mal 'n Bier in der Kneipe erlauben." Ich sehe wie eine Träne auf seinen Oberschenkel tropft und denke nicht lange nach, bevor ich meine Hand auf seine lege. Ich bin unglaublich froh, dass er sie nicht wegzieht.

"Manchmal weiß ich wirklich nicht, wie lange ich es da noch aushalten kann, es wird immer schlimmer. Vor allem jetzt in den Ferien. Wenn er besoffen ist, stänkert er rum und wird brutal, und wenn nicht, ist er erst recht unerträglich."

"Du kannst jederzeit zu mir kommen. Und das meine ich wörtlich", sage ich leise und streiche mit dem Daumen über seinen Handrücken. Er dreht mir sein Gesicht zu und ich habe noch nie einen so verzweifelten Blick gesehen.

"Warum tust Du das alles für mich?", fragt er.

"Weil Du mein Erdbeerschnäuzchen bist", flüstere ich kaum hörbar.

Jens und Manuela haben von all dem nichts mitbekommen. Sie werden wohl gesehen haben, dass wir auf dem Steg gesessen und geredet haben, aber sie sagen nichts, als wir später gemeinsam aufbrechen. Auch ihre Blicke verraten, dass sie sich keine Gedanken machen. Vielleicht sind sie momentan aber auch nur zu sehr auf sich selbst fixiert. Ist eigentlich ganz gut so.

Wir haben mit ihnen für abends einen Club-Besuch verabredet und Jens hatte sich sogar angeboten zu fahren, was mir sehr lieb ist, denn ich bin nach unserem Gespräch auf dem Steg und dem Gefühlschaos der letzten Wochen und Tage ziemlich durch den Wind. Natürlich habe ich Jan gar nicht erst nach Hause gebracht, schließlich hätte sich das für die paar Stunden nicht gelohnt, und außerdem hätte Jens dann einen Umweg fahren müssen. Er ist nur kurz hoch gelaufen, hat ein paar Sachen geholt, gesagt, dass es spät wird und er möglicherweise erst morgen zurückkommt.

"Glück gehabt, er ratzt besoffen auf dem Sofa", sagt er, als er ins Auto zurückplumpst nachdem er seine Tasche auf den Rücksitz geworfen hat. Allerdings sieht er dabei nicht wirklich glücklich aus.

"Wie kommt Deine Mutter eigentlich mit ihm zurecht?" Natürlich weiß ich, dass sie nicht seine richtige Mutter ist, aber weil er sie so bezeichnet, tue ich es auch.

"Keine Ahnung, ehrlich gesagt", sagt er und zuckt die Schultern. "Manchmal glaube ich, sie würde auch am liebsten abhauen und will mich nur nicht mit ihm alleine lassen."

"Warum geht ihr nicht beide weg?", frage ich vorsichtig.

Er lacht bitter. "Du glaubst doch nicht, dass er mich mit IHR gehen lassen würde, oder? Er betrachtet mich als sein Eigentum. Und er kriegt Geld für mich. Nein, vergiss es."

"Aber Du bist volljährig, eigentlich solltest Du gehen können, wohin Du willst und mit wem Du willst."

Er überlegt. Offensichtlich hatte er dieses Thema schon vor Jahren abgehakt und keine neuen Möglichkeiten in Betracht gezogen. Dann schüttelt er den Kopf.

"Ohne eigene Kohle kannst Du das vergessen."

Ach ja, da wären wir ja wieder beim Thema! Auch auf die Gefahr hin, einen neuen Ausbruch zu verursachen, schneide ich es noch einmal vorsichtig an. Immerhin kann er jetzt nicht weglaufen.

"Wegen des Jobs noch mal..." Ich kann sein schlechtes Gewissen förmlich spüren, aber ich will keine Entschuldigungen hören. Die Sache ist gegessen. Ich will nur, dass er diese Chance wahrnimmt.

"Also ich habe - wie gesagt - meinen Pap gefragt und er sagte, sie suchen schon noch Leute."

"Und wofür?", fragt er. Immerhin zieht er jetzt die Möglichkeit in Erwägung.

"Für alles mögliche. Lager, Büro, Kurierfahrten... Der Laden ist echt okay. Ich arbeite da auch immer nach der Schule."

"Du?", fragt er mit großen Augen.

"Ja, klar", sage ich. "Glaubst Du etwa, Autos wachsen auf Bäumen?"

"Ich dachte, Deine Eltern hätten Dir das gekauft."

"Was? Schön wär's! Nee, das ist auf meinem eigenen Mist gewachsen. Meine Eltern sind wohl der Ansicht, dass ich nicht früh genug lernen kann, dass man für sein eigenes Geld auch selbst arbeiten muss." Ich gebe zu, dass ich stolz bin, seine falschen Vorstellungen entkräften zu können, auch wenn ich damals meinen Pap verflucht habe, weil er mir diesen Job mehr oder weniger aufgezwungen hat, obwohl sie mir das Geld für den Wagen auch hätten geben können.

"Dann wären wir ja Kollegen", sagt er mit einem so verdorbenen Unterton, dass sich meine Nackenhaare sträuben und ich versucht bin, direkt an den Straßenrand zu fahren und über ihn herzufallen.

"Ach ja, stimmt ja!", sage ich mit gespieltem Desinteresse und tue so, als wäre mir das gerade erst aufgefallen. Ich sinniere ein bisschen vor mich hin. "Hmm, ob es aber so gut wäre, Privatleben und Beruf zu vermischen..."

Obwohl ich fahre, bekomme ich einen Stoß in die Rippen. Ich grinse, er auch.

"Wenn Du willst, können wir gleich mal mit meinem Pap reden, er müsste zu Hause sein."

"Okay."

Hey, was ist das denn? Ich glaube, er bricht gleich schon wieder in Tränen aus. Dieses Mal schleicht sich meine Hand auf sein Bein, zumindest so lange, bis ich sie zum schalten wieder dort wegnehmen muss.

Ich bin echt stolz auf meine Eltern! Mein Pap leistet ganze Arbeit darin, Jan davon zu überzeugen, sich in seiner Firma vorzustellen, obwohl ich das Gefühl habe, dass das Argument, dass wir dann Kollegen sind, mindestens genauso viel wiegt wie seine. Auf jeden Fall will mein Pap am Montag gleich mal mit dem Personalchef reden und einen Vorstellungstermin für ihn klarmachen. Wie ich Herrn Hofbauer kenne, wird er ihn mit Kusshand nehmen. Apropos 'Kuss'! Wenn ich nicht bald so einen Erdbeerkuss von ihm bekomme, werde ich noch irre.

Unter dem Vorwand, dass wir noch ein bisschen Musik hören wollen, schleppe ich ihn mit nach oben in mein Zimmer. Ich drücke die Tür mit dem Rücken zu und schlinge mich im gleichen Atemzug um ihn.

"Jetzt gehörst Du mir!", sage ich lüstern und knutsche ihn willenlos. Anfangs wehrt er sich noch ein bisschen aber ich glaube, das macht er nur, um meinen Jagdtrieb zu wecken. Und der kann sich heute wirklich sehen lassen! Ich knabbere, schlecke, zerre und zupfe an ihm herum, während ich ihn rückwärts durch den Raum schiebe. Seine Beine stoßen gegen das Bett und er fällt nach hinten über. Noch bevor sein Rücken die Matratze komplett berührt, knie ich schon über ihm, aber bevor ich mich über ihn beugen kann, legt er die Hand auf meine Schulter und wirft mich auf den Rücken. Er hält meine Handgelenke fest und drückt mich auf die Matratze. Sein Gesicht schwebt über mir und ich zittere vor Erregung, weil mich seine Wildheit unglaublich anmacht. Er presst sich auf mich und reibt sich an mir. Mein Gehirn schaltet auf Stand-by und ich lasse ihn mit mir machen, was er will - er will einiges...

Als mein Gehirn langsam wieder hochfährt, nehme ich mir vor, so bald wie möglich Kondome zu kaufen. Man weiß ja nie, was noch passiert, und wir sollten es nicht darauf ankommen lassen unvorbereitet dazustehen.

Gegen halb neun verabschieden sich meine Eltern, die abends zum Geburtstag meiner Tante eingeladen sind. Ich wünsche ihnen viel Spaß, gebe ihnen den Auftrag, der Verwandtschaft viele Grüße auszurichten, und hoffe, dass sie mir nicht an der Nasenspitze ansehen, was wir gerade getrieben haben.

Ich frage noch schnell meine Mam, ob Jan heute Nacht hier schlafen kann, denn ich wittere die günstige Gelegenheit, und sie hat nichts dagegen. Wenn die wüsste... Alleine bei dem Gedanken laufe ich schon wieder rot an.

Die Luft ist also endlich rein und wir beginnen uns in aller Ruhe für den Abend zu stylen. Eine knappe Stunde haben wir dafür noch Zeit. Jan hat seine absolut phantastische, cremefarbene Baggy dabei, die seinen Hintern einfach spektakulär aussehen lässt, aber das helle und viel zu weite Shirt gefällt mir dazu überhaupt nicht, das macht ihn so farb- und konturlos. Er zuckt die Schultern.

"Es war aber nichts anderes brauchbares da."

"Warte mal" sage ich und öffne meinen Schrank. Klar, er ist etwas größer und muskulöser als ich, aber ich habe nichts dagegen, wenn er mal ein etwas knapperes Teil trägt. Dann bekomme ich wenigstens etwas zu sehen.

"Hier", sage ich und ihm fliegt ein knallrotes Shirt entgegen, das er aus der Luft fängt. Er faltet es auseinander und hält es hoch.

"Da pass ich nicht rein", sagt er und grinst mich an. "Ist mehr Deine Kragenweite, mein Kleiner."

"Das werden wir noch sehen. Probier' es doch wenigstens mal", sage ich und denke, dass er für den 'Kleinen' eine Bestrafung verdient hat. Aber das hebe ich mir für später auf. Während ich in anstarre, wie er dort mit bloßem Oberkörper steht, ist mir nämlich nach etwas ganz anderem. Schon wieder. Ist das noch normal?

"Sag mal, wir haben doch noch ein bisschen Zeit, oder?" Ich funkle ihn an und lecke mir über die Lippen.

"Denny, ich wusste gar nicht, dass Du so unersättlich bist."

"Komm schon, Du willst es doch auch", sage ich grinsend.

"Ach weißt Du, so wichtig ist mir Sex gar nicht."

Ach nein? Komisch, eben sah das noch ganz anders aus. Na warte! Ich sehe ihn lüstern an, fahre mit der Hand unter mein Shirt und streiche über meine Brust. Dabei schließe ich die Augen halb und lege den Kopf in den Nacken. Er starrt mich ungläubig an. Ganz langsam schiebe ich das T-Shirt hoch, drehe mich von ihm weg und ziehe es langsam über den Kopf. Als ich es auf den Boden sinken lasse und mich ihm wieder zuwende, hat er sich nicht einen Millimeter bewegt, möglicherweise hat er nicht mal geblinzelt, ich weiß es nicht genau.

"Mach weiter", sagt er heiser und ich komme seinem Wunsch nur zu gern nach. Ich schiebe meine Hände über meinen Körper, biege mich und lege den Kopf zurück. Ich streiche außen über meine Oberschenkel herunter und an der Innenseite wieder hoch. Ich seufze leise und mache weiter. Ich öffne den obersten Knopf der Jeans, sehe ihn an, greife beide Seiten des Bundes und ziehe sie auseinander. Ganz langsam, plopp, plopp, plopp öffnen sich die anderen Knöpfe. Ohne meine Augen von ihm zu nehmen, schiebe ich meine Hände hinein und schließe die Augen.

"Das reicht!", sagt er rau und kommt zu mir. Er stellt sich ganz dicht vor mich und ich sehe ihn von unten durch meine Ponyfransen an. Seine Hand legt sich auf meinen Hintern und er zieht mich ganz dicht an sich, so dass ich in seiner Hose eine mächtige Erektion spüren kann. "Du kleines, verdorbenes Luder", sagt er zärtlich und küsst mich. Eine Spur von Küssen zieht sich an meinem Körper herunter. Schließlich kniet er vor mir und die Jeans fällt endgültig. Gierig saugt und lutscht er an mir herum und ich sehe Sterne. Dieses Mal brauche ich mich zum Glück nicht zurückzuhalten, denn es ist niemand da, der mich hören könnte. Ich glaube auch nicht, dass ich es gekonnt hätte.

Sein Gesicht taucht wieder vor mir auf und ich sinke mit weichen Knien in seine Arme.

"Hey, mein Süßer", sagt er zärtlich und küsst mich leicht wie eine Feder. "Nicht ohnmächtig werden."

"Wow", kann ich nur flüstern und bin froh, dass er mich festhält.

Langsam komme ich wieder zu mir, ziehe mit meinem Zeigefinger eine Schlangenlinie über seine Brust und frage mit gekonntem Augenaufschlag: "Weißt Du auch, was jetzt kommt?" Er schüttelt den Kopf, scheint es aber zu ahnen, als ich vor ihm auf die Knie gehe.

"Du brauchst Dich nicht so zusammenzureißen", sage ich hinterher leise zu ihm. "Es ist keiner hier außer uns. Niemand hört uns."

"Ja", sagt er. "Ich weiß. Aber... ich weiß auch nicht, das ist mir irgendwie peinlich."

Ich kraule seinen Nacken und küsse ihn.

"Das muss es nicht. Das gehört doch dazu. Oder gefällt Dir nicht, was ich mit Dir mache?"

Er lächelt und eine Antwort auf meine Frage ist gar nicht mehr notwendig.

Jetzt müssen wir aber langsam ein bisschen Gas geben, wenn wir noch pünktlich fertig werden wollen. Ich bezweifle ohnehin, dass wir es pünktlich schaffen werden, wenn wir es nicht mal für ein paar Minuten schaffen, die Finger voneinander zu lassen. Was Jens und Manuela wohl sagen würden, wenn sie uns hier so erwischen würden? Brrr, das möchte ich gar nicht wissen!

"Soll ich zuerst unter die Dusche oder willst Du?", frage ich ihn. "Oder gehen wir zusammen?"

"Geh Du zuerst. Sonst werden wir heute nicht mehr fertig", sagt er und küsst mich. Ich verschwinde im Bad, während er sich auf mein Bett legt. Das heiße Wasser ist phantastisch und als ich aus der Dusche komme, fühle ich mich als könne ich Bäume ausreißen. Ich wickle mir ein Handtuch um die Hüften und gehe zurück in mein Zimmer.

"Hey, Dornröschen. Aufwachen", flüstere ich ihm zu und küsse ihn wach. "Du kannst ins Bad. Ich habe Dir ein Handtuch hingelegt", sage ich und er windet sich aus dem Bett. Sogar wenn er total zerwühlt ist, ist er unfassbar sexy.

Ich schalte meine Anlage ein, aber nach Ville ist mir momentan nicht. Zu ruhig, zu düster. Jetzt brauche ich etwas mit richtig Power! Ich werfe meinen aktuellen Dance-Mix ein, der vor 70er und 80er Remakes nur so strotzt und ordentlich abgeht, schraube mich in meine schwarze Hose und ziehe sie besonders tief auf die Hüfte herunter. Dann beginne ich, mich vor meinem Schrank einzutanzen, während ich nach einem passenden Shirt suche.

Mein Hintern kreist und meine Hände kramen im T-Shirt-Stapel, als ich plötzlich das untrügliche Gefühl habe, beobachtet zu werden. Ich drehe mich um und sehe, dass Jan im Türrahmen steht und mich ansieht. Immer noch den Takt des Songs mitgehend, bewege ich mich langsam auf ihn zu. Er streckt seine Hände nach mir aus und umfasst mit seinen warmen, weichen Händen meine Taille. Ich bewege mich in seinen Armen und fahre mit den Fingerspitzen über seine Brust.

"Wenn Du nachher auch so mit dem Hintern wackelst, muss ich vor allen Leuten über Dich herfallen", sagt er leise und küsst mich.

"Darauf würde ich es vielleicht sogar ankommen lassen." Ich fühle mich heute so unverwundbar, dass ich das sogar ein bisschen ernst meine. So wie er lächelt, ist ihm das klar. Deshalb wird er etwas ernster und macht einen Rückzieher.

"Lass uns damit noch ein bisschen warten, okay?"

Ich nicke. Um ehrlich zu sein bin ich selbst nicht sicher, ob ich schon bereit dazu bin, unseren Freunden zu sagen, dass wir zusammen sind. Den Gedanken daran verdränge ich momentan noch so gut ich kann.

Ich grinse ihn herausfordernd an und sage: "Und jetzt beweise ich Dir, dass Du in das Shirt passt." Er lacht, lässt mich los und zieht sich erst einmal eine Unterhose und seine Baggy an. Dann dreht er sich zu mir und ich bin sicher, dass dieser Sauhund seine Brust- und Oberarmmuskeln absichtlich anspannt, damit sie noch voluminöser wirken.

"Dann lass mal sehen."

Ich nehme das Shirt und stülpe es über seinen Kopf. Wie ein kleiner artiger Junge hebt er dabei die Arme. Wir ziehen und zerren ein wenig herum, dann steckt er irgendwie da drin. Anders kann man es wirklich nicht bezeichnen. Ich sehe ihn an und fange an zu lachen und er stimmt ein, obwohl er sich nicht mal sehen kann.

"Los, komm mit!"

Ich nehme immer noch lachend seine Hand und führe ihn ins Schlafzimmer meiner Eltern, wo ich ihn vor den Spiegel schiebe. Er sieht sich an, wie er da steht. Mit herunter hängenden Armen, das Shirt klemmt unter den Achseln, spannt sich wie eine Wurstpelle über seine Brust und endet eine Handbreit über dem Hosenbund. Jetzt kann auch er sich nicht mehr halten und wir lachen bis uns die Tränen über das Gesicht laufen.

"Falls ich jemals wieder da raus komme, darf ich dann bitte, bitte etwas anderes anziehen?", fragt er atemlos und ich nicke. Sprechen kann ich im Moment nicht, denn sobald ich den Mund öffne, werde ich wieder in Gelächter ausbrechen.

Wir durchforsten meinen Kleiderschrank nach weiteren Möglichkeiten aber das Problem ist immer dasselbe. Uns trennen zu viele Zentimeter und Kilos. Dann kommt mir plötzlich eine Idee. Simon hat doch damals allerhand Klamotten hier gelassen.

"Warte mal kurz", sage ich und gehe in das verwaiste Zimmer meines Bruders. Irgendwie ist es immer noch komisch, dass er nicht mehr hier ist, aber seit ich gesehen habe, wie und vor allem mit wem er lebt, macht es mir nicht mehr ganz so viel aus. Das Gefühl, dass hier ein Geist haust, ist jetzt irgendwie weg. Ich öffne seinen Schrank und denke, dass er mir verzeiht, wenn ich sein Camouflage-Shirt ausleihe. Ja, das dürfte Jan's Traumkörper schon eher passen. Und es dürfte grandios an ihm aussehen.

Ich kehre mit dem olivfarbenen Teil zu Jan zurück und nachdem er sich mindestens fünfmal davon überzeugt hat, dass es auch wirklich in Ordnung geht, wenn er es trägt, zieht er es an - und sieht absolut sensationell darin aus. Mein breites Lächeln spricht wohl Bände und selbst er wagt es nicht mehr, daran zu zweifeln. Ich ziehe an seiner Stelle das rote Shirt an und mir passt es natürlich wie angegossen, sonst hätte ich es ja auch nicht gekauft. Dann gehen wir noch einmal hinüber ins Elternschlafzimmer, um uns anzusehen.

Zwei ziemlich süße Jungs schauen uns entgegen, Jan sieht verteufelt gut aus und ich fresse einen Besen, wenn er nicht den ganzen Abend angegraben wird. Aber auch mich finde ich - ohne angeben zu wollen - gar nicht übel. Kein Vergleich zu dem Dennis bei meiner Bestandsaufnahme neulich. Unsere Augen treffen sich im Spiegel und ich sehe darin ebenfalls, wie er den Arm um meine Schultern legt. Meiner wandert wie selbstverständlich auf seine Hüfte. Wir sehen phantastisch zusammen aus und ich speichere das Bild ganz fest in meinem Kopf.

Es klingelt - wahrlich keine Sekunde zu früh - und ich will gerade zur Tür sprinten, als Jan mich an der Hand festhält.

"Denny. Warte noch mal kurz."

Ich drehe mich zu ihm um und er zieht mich noch einmal in seine Arme und küsst mich zärtlich. Ich lächle ihn verschwörerisch an und lege meinen Zeigefinger vor die Lippen. Nein, wir werden nichts verraten. Er bekommt einen letzten Kuss, dann öffne ich Jens die Tür.

"Bist Du fertig?", fragt er mich und ich nicke. "Jep."

Dann sieht er Jan, der hinter mir zur Tür kommt.

"Hey", sagt er. "Ich wusste nicht, dass Du auch hier bist. Naja, umso besser, dann brauchen wir nicht die große Runde zu fahren." Wir gehen zusammen zum Auto, wo Manuela wartet. Wir begrüßen auch sie, während wir hinten in den Wagen klettern, dann fährt Jens los.

Die anderen - Mark, Sandra und Andy - treffen wir vor dem Club und gehen dann zu siebt hinein. Obwohl ich schon verdammt lange nicht mehr hier war - um ehrlich zu sein, war ich auch erst ganze zweimal insgesamt hier - hat sich wenig verändert. Ein großer Raum, schummrig beleuchtet, mehrere Theken und eine riesige Tanzfläche sind die ersten Dinge, die auffallen. Aber das allerbeste hier sind die Sitzgruppen, die einfach nur knautschig, kuschelig und gemütlich sind.

Wir sind relativ früh dran, es ist gerade mal etwas nach zweiundzwanzig Uhr, deshalb ist es noch recht leer. Aber das hatten wir ja auch so geplant, denn wir wollten uns unbedingt eine von diesen runden Sitzgarnituren sichern. Sandra winkt uns herüber, sie hat bereits eine freie entdeckt und wir fallen in die Polster. Ich sorge natürlich dafür, dass ich neben Jan sitze, denn selbst wenn wir wieder die guten Kumpels spielen müssen, möchte ich doch so nah wie möglich bei ihm sein, um zumindest den einen oder anderen verstohlenen Blick über, oder mal eine Berührung unter dem Tisch auszutauschen.

Es ist das Ende der zweiten Woche der Sommerferien und das anhaltende gute Wetter macht alle euphorisch. In unserer Runde herrscht eine ausgezeichnete Stimmung, die auch auf die beiden Fahrer, die den ganzen Abend alkoholfrei bleiben müssen, übergreift. Als dann auch noch mein Lieblingssong von The Kooks läuft, bin ich nicht mehr zu halten.

"Wer kommt mit, tanzen?", frage ich aufgekratzt und schaffe es immerhin, Manuela mitzuschleppen, die sich ausnahmsweise mal von Jens trennen kann. Ich schätze, Jan wäre auch gerne mitgekommen, aber er traut sich wohl nicht. Egal, ich wäre notfalls auch alleine gegangen, bei diesem Song kann ich einfach nicht sitzen bleiben.

Auf der Tanzfläche grinst mich Manuela plötzlich so hintergründig an, dass ich sie sofort nervös fragen muss, was los ist.

"Ach", sagt sie. "Eigentlich nichts Besonderes. Ich frage mich nur gerade, wer hinter Deiner unglaublichen Verwandlung steckt."

"Verwandlung?", frage ich ratlos.

Sie nickt. "Deine Haare, die neuen Klamotten. Und irgendwie bist Du plötzlich immer so gut drauf. Das kommt doch nicht von ungefähr. Ich kriege bloß ums Verrecken nicht raus, wer es ist. Meistens hängst Du ja nur mit Jan zusammen."

Ich bin unglaublich froh, dass es hier so dunkel ist und sie nicht sieht, wie ich turboschnell die Farbe wechsle. Ich versuche, zumindest äußerlich cool zu bleiben.

"Ich weiß gar nicht, was Du meinst", sage ich und grinse frech zurück. Erzählen werde ich ihr garantiert nichts.

"Sagen wir einfach, mir geht's momentan mal richtig gut. Nichts weiter."

"Soso", sagt sie und mustert mich. "Aber wenn Du eine Freundin hättest, würdest Du es mir doch sagen, oder?"

Jetzt muss ich mich wirklich zusammenreißen, um nicht laut loszulachen.

"Ja, natürlich würde ich es Dir sagen, wenn ich eine Freundin hätte. Ehrlich", bringe ich dann aber doch noch recht ernsthaft heraus und werfe mich innerlich weg vor Lachen.

Im weiteren Verlauf des Abends schaffen wir es tatsächlich, dass außer Mark alle auf der Tanzfläche landen. Dass er der einzige bekennende Nichttänzer ist, führt dazu, dass er unsere Sachen alleine bewachen muss. Wir anderen haben eine Menge Spaß und ich bin so gut drauf, dass ich es jetzt am liebsten doch allen erzählen würde, aber ich behalte unser kleines Geheimnis eisern für mich. So hatten wir es schließlich abgemacht.

Leider bietet sich den ganzen Abend lang keine Gelegenheit mehr, auch nur das kleinste persönliche Wort oder einen winzigen Kuss mit Jan auszutauschen, worauf ich irgendwie spekuliert hatte. Ich tröste mich damit, dass ich ihn anschauen darf, und das lohnt sich heute Abend wirklich. Außerdem habe ich ihn ja immerhin noch die ganze Nacht bei mir.

Von unserer gemeinsamen Nacht habe ich allerdings nicht besonders viel, denn wir wanken hundemüde und halbtot nach oben, werfen nur noch unsere Sachen von uns und fallen ins Bett. Ich schaffe es gerade noch, ihm einen Gutenachtkuss zu geben bevor ich ins Reich der Träume abtauche.

Kapitel 11 – Vertrauen

Ganz langsam öffne ich meine Augen ein wenig und warte auf den einsetzenden Kopfschmerz, der nach den vielen Drinks gestern fürchterlich sein muss. Nichts dergleichen passiert, offensichtlich habe ich gestern den ganzen Alkohol weggetanzt. Ich strecke mich und werde ein bisschen wacher.

Dann fällt mir ein, dass Jan heute Nacht doch eigentlich hier geblieben ist, dieses Mal sogar offiziell, aber ich liege alleine in meinem Bett. Ob er schon aufgestanden ist? Ich öffne die Augen ganz und sehe, dass er noch schläft und zwar auf dem Boden vor meinem Bett in seinem Schlafsack. Wieso macht er das denn?

Ich schiebe meine Bettdecke aus dem Bett, so dass sie auf den Boden rutscht, klettere hinterher und lege mich hinter ihm auf den Fußboden. Ich schiebe meinen Arm unter seinem durch und kuschele mich an ihn.

"Hmmmm", macht er unwillig und bewegt sich im Schlaf. Offensichtlich will er noch nicht geweckt werden. Na warte, das haben wir gleich! Ich küsse seinen Nacken und hauche "Guten Morgen Erdbeerschnäuzchen" in sein Ohr. Es wirkt. Ich kann tatsächlich fühlen, wie er allmählich aufwacht. Dann dreht er sich langsam um und sieht mich an. Ja, diese Blicke habe ich den ganzen Abend vermisst. Ich nähere mich ihm und küsse ihn richtig wach.

"Was machst Du denn hier unten?", fragen wir beinahe gleichzeitig. Dann fangen wir an zu lachen.

"Ich dachte, weil Deine Eltern doch heute morgen bestimmt da sind", sagt er. "Die würden sich sicherlich wundern, wenn wir zusammen in Deinem Bett liegen."

"Die kommen nicht ungefragt in mein Zimmer", sage ich und rücke wie zum Beweis noch ein wenig dichter an ihn heran und küsse ihn leidenschaftlich. "Versprich mir, dass Du beim nächsten Mal nicht vor mir flüchtest."

"Also gut. Versprochen." Wir besiegeln das Versprechen mit einem weiteren Kuss und bevor wir so richtig auf dumme Gedanken kommen können, klopft es an der Tür.

"Dennis?", höre ich leise die Stimme meiner Mam. "Seid Ihr wach? Frühstück ist fertig."

"Ja", antworte ich. "Wir kommen gleich runter. Zehn Minuten."

Dann sehe ich ihn lächelnd an. "Siehst Du?"

Ich glaube, so ein Sonntag-Morgen-Frühstück wie unseres hat Jan lange nicht mehr erlebt. Er schaut anfangs nur verwirrt von einem zum anderen während wir miteinander reden und lachen. Nach und nach taut er immer mehr auf und beteiligt sich daran. Wohl auch, weil meine Eltern ihn immer wieder mit einbeziehen. Danke, Mam und Pap, Ihr seid echt die Größten.

"Willst Du wirklich erst mal nach Hause? Du kannst auch hier bleiben", frage ich Jan, als wir zurück in meinem Zimmer sind und er seine Sachen zusammen packt. Seit ich von der Sache mit der Türklinke weiß, habe ich kein gutes Gefühl, wenn er dorthin geht. Wer weiß, ob so ein Streit nicht irgendwann übel ausgeht. Nicht auszudenken, wenn ihm etwas zustoßen würde.

Er scheint meine Sorge zu bemerken denn er kommt zu mir und nimmt mich in die Arme. "Keine Sorge, Zitronenmäulchen. Im Notfall laufe ich immer noch schneller als er", sagt er, doch das beruhigt mich nicht.

"Wenn irgendetwas ist, dann kommst Du hierher. Oder Du rufst mich an und ich hole Dich ab", fordere ich mit ernstem Gesicht von ihm. Er schluckt, nickt und legt dann seinen Kopf in meine Halsbeuge, während er mich fest an sich drückt.

"Willst Du nicht doch hier bleiben?", frage ich noch einmal ganz leise.

Er schüttelt den Kopf und sagt: "Ich kann nicht. Meine Mutter. Ich muss sehen, wie es ihr geht. Ob alles okay ist."

"Ist gut", sage ich. "Wann sehen wir uns wieder?"

Er sieht auf die Uhr. Es ist halb eins. "Lass uns mal irgendwo anders hingehen, als zum See. Und ohne die anderen. Ich möchte mal mit Dir alleine sein."

"Okay", sage ich und lächle. Zeit mit ihm alleine zu verbringen ist ohnehin mein größter Wunsch. "Und wohin gehen wir?"

"Vielleicht in den 'Unteren'?" Er meint den Park am Südrand der Stadt. Na gut, dorthin wird es bei dem schönen Wetter zwar den einen oder anderen Spaziergänger treiben, aber er ist ein Stück vom üblichen Wirkungskreis unserer Truppe entfernt und die Gefahr jemanden von ihnen zu treffen ist dadurch relativ gering.

"Gerne", sage ich. "Soll ich Dich abholen?"

"Die Bahnverbindung dorthin ist recht gut", sagt er. "Wir können uns dort treffen."

"Ich hole Dich gerne ab."

"Nein, nein. Wir treffen uns dort."

Ich verstehe zwar nicht, warum er unbedingt mit der stickigen Bahn dorthin fahren will, aber wenn er meint, dann soll er es tun. Nicht, dass er sich wieder über meine Arroganz beschwert.

Wir beschließen, uns um 16:00 Uhr am Brunnen zu treffen, dann bringe ich ihn heim.

"Ich glaube wirklich, dass wir Jan in der Firma gut gebrauchen können", sagt mein Pap, als ich zurück bin und wir uns bei einer weiteren Tasse Kaffee zusammensetzen. "Er ist ein netter Junge und es ist schön, dass Du mal einen Freund mit nach Hause bringst." Ich schlucke und laufe rot an. Mist. Ich habe nicht genau zugehört, weil ich von Jan geträumt habe, sobald sein Name fiel. Hat Pap jetzt 'einen Freund' oder 'Deinen Freund' gesagt? Haben die uns etwa schon durchschaut? Jetzt erbleiche ich und mir wird ziemlich kalt.

"Ja", sagt meine Mutter. "Aber dass er bei Dir im Zimmer auf dem Fußboden im Schlafsack schläft, muss doch wirklich nicht sein." Nun wird mir eher warm. Ich werde zum Blinklicht. Rot, weiß, rot.

"Frag doch mal Simon, ob er etwas dagegen hat, wenn Jan in seinem Zimmer schläft. Dann könnte er gerne öfter hier übernachten, zumindest in den Ferien. Es ist ja wirklich blöd, wenn Du sonst immer noch nachts durch die halbe Stadt fahren musst."

Gut, dass ich sitze denn meine Knie sind plötzlich aus Pudding. Vanille! Ich bin unsäglich erleichtert. Sie haben wohl doch nichts bemerkt.

"Ach, das ging eigentlich ganz gut. War gar kein Problem. Aber ich kann Simon ja mal anrufen", höre ich mich blechern sagen und denke bereits an die Höllenqualen, die ich leiden werde, wenn Jan im Nebenraum schläft und ich mich nicht an ihn kuscheln kann. Vielleicht bringe ich Simon dazu, es abzulehnen, oder sein Bett abzuholen, oder ich verbrenne es heimlich oder was weiß ich.

Ich bin heilfroh, als ich aus der Nummer wieder heraus und in meinem Zimmer bin. Puh, das war knapp. Ich fürchte, wir müssen ein bisschen besser aufpassen, sonst werden wir schneller durchschaut als wir 'piep' sagen können.

Lange habe ich nicht am Brunnen warten müssen. Ich denke wieder einmal, dass Jan einfach atemberaubend gut aussieht, während er auf mich zugeht und wünsche mir nichts mehr als mich in seine Arme zu werfen und ihn wie verrückt abzuknutschen.

"Hey", sagt er zärtlich und sieht sich um wie ein Gauner auf der Flucht. Dann nimmt er meine Hand und streicht mit dem Daumen über meinen Handrücken.

"Hey", antworte ich und sein Duft macht mich ganz schwindelig. Ich wage noch etwas mehr und gebe ihm einen Kuss, den er zu meinem Erstaunen sogar kurz erwidert. Dann trennen sich unsere Lippen und Hände und wir gehen nebeneinander den Weg entlang.

Wir reden über alles, was uns einfällt. Über Musik, Bücher, die Schule, unsere Pläne danach und als wir uns nach einer Weile auf eine Bank setzen, beginnt er sogar wieder über sich und seine Familie zu reden. Er erzählt mir von seiner richtigen Mutter, die er gar nicht wirklich kennt und ich erfahre den Grund dafür, dass wir uns ausgerechnet hier und erst um vier getroffen haben. Das Grab seiner Mutter liegt nur wenige Minuten entfernt auf dem Südfriedhof und er hatte sie vor unserem Treffen besucht.

"Würdest Du mich ihr vorstellen?", frage ich spontan und merke dabei erst, wie blöd das klingt. "Ach, vergiss es, das war bescheuert von mir", sage ich schnell.

"Nein", sagt er leise. "Das würde ich gerne. Ich hätte mich aber nicht getraut, Dich danach zu fragen."

Wir verlassen den Park und Jan führt mich zum Friedhof. Die ganze Zeit lang spricht er kein Wort und ist sehr ernst. Ich glaube nicht, dass ich auch nur ansatzweise nachvollziehen kann, was in ihm vorgeht. Ich fühle mich seltsam und weiß nicht, was ich sagen soll, deshalb schweige ich ebenfalls.

Wir gehen durch das große Eingangstor und befinden uns sofort in einer völlig anderen Welt. Die vielen hohen Bäume werfen kühlen Schatten und außer etwas Vogelgezwitscher und unseren knirschenden Schritten auf dem Kiesweg ist kein Laut zu hören. An den Wegrändern stehen Bänke und es gibt etliche Marmorsäulen und -figuren. Wenn es nicht gerade ein Friedhof wäre, würde ich sagen, dass es hier wunderschön ist.

Wir gehen zwischen Reihen von Gräbern und Grabsteinen durch bis er stehen bleibt. Ich sehe ein Doppelgrab, auf dessen Grabstein ein einzelner Name steht.

Stefanie Kemper

23.08.1965 - 15.04.94

"Wir lieben und vermissen Dich"

Auf dem Grab liegt zwischen der üblichen Dauerbepflanzung eine einzelne rote Rose und ich denke daran, dass er vor unserem Treffen ja schon einmal hier war.

"Hallo Mama", sagt er leise. "Da bin ich noch mal. Ich möchte Dir jemanden vorstellen." Dann nimmt er meine Hand. "Das ist Dennis, mein Freund. Ich weiß, dass Du ihn mögen würdest, denn er ist einfach phantastisch." Als seine Stimme bricht, pfeife ich darauf, ob uns jemand sieht und ziehe ihn in meine Arme.

Er zittert und schluchzt leise und ich streichle seinen Rücken. Schließlich löst er sich schniefend von mir und sagt leise: "Ich kenne sie nicht mal wirklich, also warum vermisse ich sie so sehr?"

"Weil sie Dich geliebt hat", sage ich. "Und Du sie auch."

Er schnüffelt wieder und nickt. Ich werfe einen weiteren Blick auf das Grab und sage leise: "Ich hätte sie gerne kennen gelernt. Ich meine, richtig."

Wir stehen einfach eine Weile dort nebeneinander, die Arme umeinander gelegt und sehen auf den Grabstein. Ich weiß nicht, was in ihm vorgeht. Ich glaube, niemand, der so etwas nicht selbst erfahren hat, kann das nachvollziehen.

Während wir uns langsam abwenden, frage ich ihn, ob er oft hierher kommt und er sagt: "Immer, wenn ich nicht mehr weiß, wohin ich gehen soll."

"Ich will zwar nicht, dass Du meinetwegen seltener hier bist, aber ab jetzt solltest Du immer wissen, wohin Du gehen kannst. Zu mir nämlich", sage ich und sehe, dass ich ihm damit schon wieder die Tränen in die Augen treibe. Mir selbst übrigens auch.

Wir gehen Hand in Hand dort weg, nachdem er sich leise von ihr verabschiedet hat, und lassen uns erst wieder los, als wir das Haupttor durchqueren.

"Zu mir?", frage ich ihn und er nickt. Offensichtlich hat er genau so große Sehnsucht nach Zärtlichkeiten wie ich.

Wir rufen meinen Eltern ein kurzes "Hallo" zu und verschwinden in meinem Zimmer. Dort ziehe ich ihn in meine Arme und halte ihn einfach fest. Wir reden nicht, wir knutschen nicht, wir liegen einfach so auf meinem Bett und er klammert sich an mich. Nach einer Weile beginnt er mich nach meiner Familie zu fragen. Wie es war, als ich ein Kind war, wie mein Verhältnis zu meinen Eltern und meinem Bruder ist, und ich erzähle ihm einige Geschichten von früher. Ich habe beinahe ein schlechtes Gewissen, dass bei mir zu Hause alles so harmonisch und gut ist, weil er so etwas niemals hatte oder sich zumindest nicht mehr daran erinnern kann.

Er saugt alle meine Erzählungen gierig auf, als wolle er sich zumindest ein Bild machen, wie es in einer Familie zugehen kann, wenn alle sich mögen und respektieren. Von sich erzählt er erst einmal nichts mehr.

Weil wir beide irgendwann recht hungrig sind, durchstöbere ich die Küche nach etwas essbarem.

"Wollt Ihr vielleicht eine Pizza bestellen?", fragt meine Mam von der Tür aus und ich grinse sie dankbar an. "Frag Jan, was er möchte und sag mir Bescheid, dann rufe ich bei Giovanni an."

Ich stürme die Treppe hoch, um ihn zu fragen und bringe ihr dann die gewünschte Information. Dann nehme ich uns noch etwas zu Trinken mit nach oben.

Nach dem Essen kuscheln wir uns wieder in meinem Bett zusammen und ich erzähle ihm noch ein bisschen mehr von meinen Leuten, vor allem von meinem phantastischen Bruder. Dabei versuche ich ihm das Gefühl zu geben, jetzt ein Teil dieser Familie zu sein.

Irgendwann hören wir einfach auf zu reden. Seine Hände wandern unter mein T-Shirt und meine unter seins. Ich genieße es, seine weiche Haut zu berühren und seine warmen Hände auf mir zu fühlen. Immer wieder küssen wir uns zärtlich, als wollten wir unsere Liebe damit besiegeln.

Kapitel 12 – Geheimniskrämerei

An den nächsten Tagen treffen wir uns wie immer mit unseren Freunden und versuchen so oft es irgendwie möglich ist uns heimlich zu berühren, dem anderen ein zärtliches Wort zuzuflüstern oder gar einen winzigen Kuss auszutauschen. Es ist einerseits witzig die anderen an der Nase herumzuführen, aber auf der anderen Seite frustriert es mich, dass wir immer so tun müssen, als ob nichts zwischen uns wäre. Auch Jan gefällt diese Situation nicht wirklich, das weiß ich.

Ich erhebe mich von meinem Handtuch, strecke mich ein wenig, um dabei unauffällig nachzusehen, ob jemand herschaut und als ich sicher bin, dass es niemand tut, flüstere ich ihm ins Ohr: "Wie weit kannst Du schwimmen?" Dann gehe ich so cool wie möglich zum Wasser runter, steige hinein und beginne, mich mit langen Zügen vom Ufer zu entfernen. Ich wage nicht, mich umzudrehen, um zu schauen, ob er mir nachkommt. Ich konzentriere mich darauf, die Strecke durchzuhalten, die ich inzwischen schon recht gut einschätzen kann. Trotzdem bin ich wieder ziemlich außer Atem, als ich um die letzte Ecke biege und auf die winzige Kiesbucht zuhalte.

Ich versuche zu hören, ob jemand hinter mir schwimmt, aber abgesehen von dem Geplätscher, das ich selbst verursache, höre ich nichts. Ich spüre endlich Land unter den Füßen und bin froh, dass ich es wieder einmal geschafft habe bis hierher zu kommen ohne abzusaufen. Keuchend schleppe ich mich aus dem Wasser und drehe mich um. Nichts. Es ist niemand zu sehen. Selbst wenn er erst deutlich nach mir losgeschwommen wäre, müsste er jetzt schon in Sichtweite sein. Was für eine blöde Idee von mir. Naja, ich werde halt ein wenig hier sitzen, verschnaufen und einfach wieder zurückschwimmen. War ja auch nur ein Versuch.

Ich lege mich auf den Rücken, schließe die Augen und schnaufe immer noch wie eine Lokomotive, während mein Herz einen Techno-Beat dazu trommelt. Plötzlich legt sich ein Schatten über mich und noch bevor ich die Augen öffnen kann, spüre ich Jans kühle, nasse Lippen auf meinen, während Wasser aus seinem Haar auf mich heruntertropft. Er zieht sich von mir zurück und lächelt.

"Also hier bist Du immer gewesen wenn Du zwischendurch abgehauen bist", sagt er und sieht sich um. "Es ist total schön hier. Schön einsam."

Die Sonne steht hinter ihm und zaubert einen Heiligenschein um sein nasses, abstehendes Haar. Er sieht aus wie ein Engel und wenn er mich nicht sofort noch einmal küsst, werde ich aus Protest ohnmächtig.

Sein Finger fährt langsam in Schlangenlinien über meine Brust und über meinen Bauch und seine Augen folgen ihm auf dem Weg. "Wir sollten öfter herkommen."

"Meinst Du nicht, das würde den anderen irgendwann auffallen?"

"Scheiß auf die anderen."

Er neigt sich über mich und küsst mich so intensiv, dass mir jetzt wirklich schwindelig wird. Als er seine Hand langsam in meine Badeshorts schiebt, ist auch mir alles egal und ich schlinge meine Arme um ihn.

Wir bleiben fast eine ganze Stunde in 'unserer Bucht', sind zärtlich zueinander und reden. Ich erzähle ihm, dass mein Pap heute mit dem Personalchef gesprochen hat und dass es gute Neuigkeiten gibt, dass er sich die aber am Besten selbst berichten lässt.

"Kommst Du nachher noch mit zu mir? Dann kann er Dir sagen, was er erreichen konnte."

"Ich weiß nicht. Ich bin ständig bei Dir", sagt er leise und zieht sich von mir zurück.

"Na und?" Ich verstehe nicht, was auf einmal los ist. Ich richte mich auf und sehe ihn fragend an. Er setzt sich ebenfalls, winkelt die Beine an, legt seine Arme um die Knie und schaut aufs Wasser. "Ich will Dir nicht zu sehr auf die Pelle rücken."

Ich rücke ganz nah an ihn heran, lege meinen Arm um seine Schultern und lehne meinen Kopf daran.

"Du kannst mir gar nicht nah genug auf die Pelle rücken", sage ich leise, doch er blockt immer noch ab.

"Vielleicht sollten wir es ein bisschen langsamer angehen. Ich meine, wir kennen... sind erst seit zwei Wochen zusammen, noch nicht mal ganz zwei Wochen. Vielleicht sollten wir nicht ständig zusammen hängen."

Ich lasse mich nicht abwimmeln, nehme sein Gesicht in die Hände und drehe es zu mir, so dass er mich anschauen muss. Ich sehe ihm direkt in die Augen und sage: "Das ist doch Blödsinn. Was willst Du denn? Willst Du mich sehen? Jeden Tag? Jede Stunde? Jede Minute, die Du wach bist?"

Seine Augen bekommen einen merkwürdigen Glanz und er sagt leise: "Jede Sekunde."

"Siehst Du. Ich Dich auch. Also warum sollten wir uns voneinander fernhalten, wenn wir viel lieber zusammen sein wollen? Hör schon auf mit dem Quatsch." Ich lehne mich zu ihm und küsse ihn sanft. Dann lässt er die Blockade fallen und umarmt mich.

"Das funktioniert bei mir nicht", sage ich und fahre ihm durchs Haar. "So einfach wirst Du mich nicht wieder los." Er hält mich so fest, dass mir beinahe die Luft wegbleibt.

Wir kommen kurz nacheinander zurück zu den anderen und niemand scheint Verdacht zu schöpfen. Ich staune wirklich, was die alles ignorieren können.

Wir lachen und albern noch ein bisschen im seichten Wasser herum und schließlich fallen wir erschöpft auf unsere Handtücher, die natürlich wie immer direkt nebeneinander liegen. Nur gut, dass das vorher auch schon immer so war, dabei denkt sich wirklich niemand etwas.

Dank meiner Überredungskünste kommt Jan abends mit zu mir nach Hause und das ist auch gut so, denn mein Pap hat gute Neuigkeiten. Jan kann sich schon morgen früh bei Herrn Hofbauer vorstellen und hat gute Chancen auf einen Job, denn es werden noch händeringend brauchbare Leute für allen möglichen Kleinkram gesucht. Vor lauter Freude küsse ich Jan beinahe vor meinen Eltern, aber ich kann mich gerade noch beherrschen und klopfe ihm nur freudestrahlend auf die Schulter und umarme stattdessen meinen Pap, der das absolut verdient hat.

"Meinst Du, ich hätte wirklich eine Chance bei diesem Herrn Hofbauer?", fragt Jan mich, als wir in meinem Zimmer sitzen.

"Ich wusste gar nicht, dass Du auf ältere Männer stehst", sage ich grinsend und er sieht mich so fassungslos an, dass ich laut lachen muss. Jetzt versteht er meine Andeutung und lacht ebenfalls.

"Ach, weißt Du, ich stand immer schon auf Ältere. Diese jungen Hüpfer bringen's doch nicht so wirklich", sagt er dann und grinst mich frech an.

"So?", frage ich, funkle ihn an und klettere auf seinen Schoß. Ich streiche an meinem Körper herauf und herunter und lupfe dabei wie unbeabsichtigt mein T-Shirt, so dass er schon einmal einen Blick auf meinen glatten Bauch werfen kann.

"Dann wirst Du hiervon...", ich ziehe mein Shirt langsam über den Kopf, "... ja nichts haben wollen." Ich lasse das Shirt fallen und streiche weiter über meine Haut während ich den Kopf in den Nacken lege und ein leises schnurrendes "Mmmhhh." hören lasse.

"Nö, das interessiert mich nicht", lügt er und starrt auf meinen Körper.

"Okay", sage ich langsam und lasse mit einem lasziven Lächeln eine Hand in meiner Hose verschwinden, den Blick fest auf sein Gesicht geheftet.

"Dann muss ich es mir wohl selbst machen." Ich habe keine Ahnung, wie ich auf diese Idee gekommen bin, das zu sagen und zu tun, aber es macht mir eine diebische Freude zu sehen, wie er nervös herum zappelt.

Inzwischen kann ich deutlich sehen und auch fühlen, dass er in Wirklichkeit mehr als interessiert ist. Ich brauche nicht mehr lange auf seinem Schoß herum zu rutschen, dann hält er es nicht mehr aus.

"Du kleines, verdorbenes Luder", lacht er und wirft mich auf den Rücken. Er hält meine Handgelenke fest und küsst mich, bis ich keine Luft mehr bekomme. Ich wehre mich nur halbherzig und habe natürlich überhaupt nichts dagegen, dass er gierig über mich her fällt.

Kapitel 13 – Gute Neuigkeiten

Leider hat Jan mir nicht erlaubt, ihn zu dem Vorstellungsgespräch zu begleiten, das er heute Morgen um neun Uhr bei Herrn Hofbauer hat. Aber es war nicht die Rede davon, dass ich nicht hier draußen vor der Firma auf ihn warten darf, um ihm hoffentlich zum neuen Job zu gratulieren. Also sitze ich hier auf der Bank im Schatten und warte gespannt darauf, dass er aus dem Gebäude kommt. Das Blöde ist, dass ich mindestens so nervös bin wie, er denn ich will unbedingt, dass es klappt. Nicht, damit sein Vater sich auch noch auf seine Kosten die Hucke vollsaufen kann, sondern damit er nicht mehr so abhängig von ihm ist. Es wäre wirklich besser, wenn er zu Hause auszieht - aber ob das Geld dafür reichen würde?

Manchmal ist es mir Jan gegenüber wirklich beinahe peinlich, wie gut wir uns in meiner Familie untereinander verstehen, aber ich habe das Gefühl, dass er sich gerade deshalb bei uns wohl fühlt. Die ersten Male als er meine Eltern getroffen hat, war er noch extrem zurückhaltend und hat fast kein Wort gesagt, aber wenn ich an gestern Abend denke, da hat er sich richtig lange mit meinem Pap unterhalten. Und ich habe den Eindruck, meine Eltern können ihn auch gut leiden. Wenn ich sie seinetwegen bloß nicht anlügen müsste. Dabei komme ich mir so schäbig vor.

Ich nutze die Wartezeit, um darüber nachzudenken, wie sich mein Leben in den letzten Wochen rasant verändert hat. Ich habe jetzt einen festen Freund, habe ihn meinen Eltern vorgestellt, naja wenigstens kennen sie ihn, und ich habe seine tote Mutter kennen gelernt. Ich bin ein fester Bestandteil der Clique geworden und habe mich zum ersten Mal bei jemandem geoutet. Manchmal bleibt mir fast die Luft weg, es ist als würde ich in einer Endlos-Achterbahn sitzen und einen Looping nach dem anderen drehen. Aber es ist phantastisch und ich würde es um nichts in der Welt anders haben wollen!

Die Eingangstür öffnet sich und mein Schatz tritt heraus. Er sieht traumhaft aus. Er trägt schwarze Jeans, ein graues, schmales Kurzarm-Hemd - wieder eine Leihgabe von Simon -, und hat das Haar perfekt gestylt. Und er lächelt! Ich stehe von der Bank auf und gehe ihm langsam entgegen.

"Denny! Ich hab den Job! Für drei Wochen! Montag kann ich schon anfangen. Und wenn es gut läuft, kann ich später neben der Schule auch noch weiter hier arbeiten", sagt er mit leuchtenden Augen und nimmt mich in den Arm. Ich bin unsäglich erleichtert, drücke ihn kurz an mich und sage dann: "Das wusste ich."

Dann stutzt er. Er lässt mich los und hält mich ein bisschen auf Abstand. "Was machst Du eigentlich hier?"

"Auf Dich warten, was sonst? Ich wollte die gute Nachricht unbedingt als erster hören - und mit Dir feiern. Komm, zur Feier des Tages gebe ich ein Eis aus."

Wir gehen in die Stadt und steuern die Eisdiele an. Ich nehme Erdbeere, er Zitrone und wir lächeln uns verschworen an. Ich schlecke über das Eis, neige mich zu ihm und sage leise: "Das ist fast so gut als würde ich Dich küssen, Erdbeerschnäuzchen."

Unfassbar, jetzt wird er tatsächlich rot. Und er sieht dabei so süß aus. Dann schleckt er derart sündig über sein Eis, dass sich mein Herzschlag deutlich beschleunigt. Dabei sieht er mich aufreizend an.

"Schmeckt's?", frage ich und er antwortet: "Ja, nach Zitronenmäulchen." Als er ganz leise hinzufügt: "Aber ich kenne Stellen an Dir, die noch besser schmecken als das hier. Die würde ich jetzt viel lieber vernaschen", erröte ich ebenfalls zutiefst.

Ohne eine Absprache zu treffen, schlendern wir zielstrebig Richtung Parkplatz und fahren zu mir nach Hause, wo wir sofort in meinem Zimmer verschwinden. Nachdem wir uns jetzt schon gegenseitig heiß gemacht haben, wollen wir dringend zur Tat schreiten.

"Er musste Dich einfach nehmen, Du siehst heute ja auch wieder phantastisch aus. Du hast da bestimmt allen den Kopf verdreht", sage ich zärtlich und zupfe an seinem Hemd. Ich pelle ihn aus seinem Vorstellungs-Outfit und verwusele ihm die Haare.

"Aber so gefällst Du mir noch besser", sage ich als er endlich ohne Klamotten in meinem Bett liegt und küsse mich von seiner Schulter ausgehend langsam abwärts. Ich atme seinen Duft tief ein und staune immer wieder darüber, wie weich seine Haut ist.

Er ist genau so ausgehungert wie ich obwohl wir uns ja eigentlich ständig in den Kissen wälzen und erwidert meine Zärtlichkeiten bereitwillig. Die nächsten zwei Stunden kommen wir aus dem Bett nicht mehr heraus.

"Hör mal, Denny." fängt er an als wir völlig erschöpft nebeneinander liegen und zupft nachdenklich an meinen Haaren. "Wenn ich ab Montag dort arbeite, werden wir uns nicht mehr so oft sehen können, das ist Dir doch klar, oder?"

Ich drehe mich auf die Seite und sehe ihn an. "Ich weiß. Aber es ist wichtig, dass Du den Job bekommen hast. Wir können uns ja nachmittags sehen. Und vielleicht darf ich Dich ja hin und wieder von der Arbeit abholen."

"Das fände ich schön", sagt er zärtlich. "Aber meinst Du nicht, das wäre ein wenig auffällig?"

Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Er hat natürlich Recht. Auf der anderen Seite nervt es mich von Tag zu Tag mehr, dass wir unsere Liebe verheimlichen müssen. Trotzdem wage ich es immer noch nicht, meinen Eltern oder unseren Freunden zu sagen, dass wir zusammen sind.

"Ich muss ja nicht jeden Tag sehnsüchtig vor dem Tor stehen. Aber zumindest ab und zu darf ich doch, oder?"

"Ja", lächelt er. "Natürlich."

Dann zieht er mich in seine Arme und küsst mich.

Nachmittags reißen wir uns im Kreise der Clique wieder zusammen, damit wir nicht auffliegen. Mann, sind die alle blind! Ich kann so deutlich sehen, wie Jan mich immer wieder anblitzt, dass es mir unerklärlich ist, warum das sonst niemand auffällt. Aber immerhin bewahrt uns das vor dummen Fragen.

Wir beschließen, es an diesem Wochenende noch einmal richtig krachen zu lassen, bevor Jens' Eltern aus dem Urlaub zurückkommen und vor allem bevor außer Jan auch noch Sandra, Mark und Andy ihre Ferienjobs antreten. Eine so gute Gelegenheit zum Feiern und einen sturmfreien Platz dafür werden wir so schnell nicht wieder haben.

Die Party ist schnell geplant und auch die Verteilung der Aufgaben ist keine große Sache, darin sind wir inzwischen recht gut organisiert. Jan und ich übernehmen wieder die Fahrt zum Getränkemarkt und die Mädels machen das Essen. Der Rest wird zum Aufbauen, Aufräumen und zum Thekendienst verdonnert. Auch das Übernachten ist wieder kein Problem, sagt Jens, wer möchte, kann wieder ein Zelt mitbringen oder notfalls im Schlafsack das Gästezimmer belagern.

Nachdem ich Jan abends nach Hause gebracht habe, fahre ich gut gelaunt durch die Stadt und singe laut bei "Chasing Cars" von Snow Patrol mit. Oh ja, ich würde gerne einfach so mit ihm da liegen und die ganze Welt vergessen!

Nachwort

Es sieht tatsächlich so aus, als ob Jan und Dennis das Glück gepachtet haben. Zwischen den beiden läuft es blendend, Jan hat einen Ferienjob und damit hoffentlich bald einige Geldsorgen weniger und beide sind Teil einer richtig tollen Gemeinschaft. Trotzdem ist das noch nicht das Ende der Geschichte denn der Sommer ist noch nicht vorbei...

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