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Geburtstage

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Dieses Drama ist frei erfunden und beruht nicht auf Tatsachen. Parallelen zu real existierenden Personen sind nicht gewollt und rein zufällig. Ich habe auch bewusst die Dramenform gewählt, weil ich glaube, dass dadurch Emotionen besser vermittelt werden können. Auch möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Drama keineswegs leichter Lesestoff ist. Auch kann ich kein Happy end versprechen. Trotzdem hoffe ich aber es gefällt euch und ich würde mich über eure Meinung freuen. Ansonsten viel Spaß beim Lesen.

Szene I

Auf einem Friedhof steht eine Trauergemeinde im Halbkreis um einen Sarg versammelt. Es ist ein lauer Frühlingsmittag, die Sonne scheint und man hört Vögel singen. Abseits der Trauergemeinde steht ein junger Mann an einen Baum gelehnt und weint. Die Trauergemeinschaft wirkt steinern, doch tuscheln einige von ihnen. Bevor der Sarg herabgelassen wird hält der Pfarrer am Kopfende des Sarges die Grabrede.

Pfarrer: Wir haben uns heute hier versammelt, um unseren lieben Sohn und Freund zu verabschieden. Der Herr hat Markus früh zu sich genommen, doch nicht ohne Grund. Auf seinen Irrwegen durch eine teuflische Perversion getrieben und durch falsche Freunde in seinem Irrglauben bestätigt, erkannte Markus den Weg der Tugend nicht. Doch der Herr ist gnädig und erlöste ihn von seinem Leid. Darum lasst uns beten.
Trauergemeinschaft: Vater unser,
Der du bist im Himmel,
Geheiligt werde dein Name,
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe,
Wie im Himmel so auf Erden.

Unser Tägliches Brot gib uns heute,
Und vergib uns unsere schuld,
Wie auch wir
Vergeben unseren Schuldigern,
Und führe uns nicht in Versuchung
Sondern erlöse uns von dem Bösen,
Denn dein ist das Reich
Und die Kraft und die Herrlichkeit
In Ewigkeit.

Amen

Pfarrer: Möchte nun jemand noch seine letzten Worte an den Verstorbenen richten?

Man sieht den jungen Mann an den Baum gelehnt wie er die Hand zur Faust ballt und sich mit einer Hand die Tränen aus dem Gesicht wischt. Und wütend zur Trauergemeinschaft herüberblickt. Sein Blick kreuzt sich mit Markus Vater, welcher dann schnell den Blick abwendet.

Pfarrer: Dann übergeben wir nun den Verstorbenen der Erde. Auf dass er in Frieden ruht.

Zwei Trauergäste flüstern während die Eltern Erde auf den Sarg werfen.

Trauergast1: Der arme Junge. Wären seine Eltern nicht so stur gewesen könnte er noch am leben sein. Und sie scheinen nicht wirklich zu trauern. Schau sie dir doch an, keine einzige Träne oder verzogene Mine, obwohl sie ihren einzigen Sohn verloren haben.

Trauergast2: Ich glaube, es liegt eher an seiner Mutter. Ihr Mann gehorcht ihr doch aufs Wort und man merkt auch das er nur versucht gefasst zu wirken, wäre sie nicht würde er heulen wie ein Schlosshund.

Trauergast1: (Seufzt) Ich glaube nicht, dass er das noch lange mit macht.

Der abseits stehende Junge Mann beginnt nun stark zu weinen und presst die Hände auf sein Gesicht. Es wird dunkel.

Zwischenspiel

Der Beginn dieser Tragödie liegt 5 Jahre vor diesem Ereignis und startet im Wohnzimmer der Familie Lohkamp auf der Feier zum siebzehnten Geburtstag des einzigen Sohnes von Irena und Andreas Lohkamp.

Szene II

Im Wohnzimmer des Hauses der Familie Lohkamp. Die Familie sitzt um den Esstisch herum beim Kaffe trinken. Als einziger Jugendlicher sitzt Markus Lohkamp am Tisch. Markus scheint abwesend schreckt allerdings irgendwann hoch und ergreift das Wort.

Markus: Hört mal, ich hab euch was zu sagen.

Vater: (grinst) Mein Sohn hält eine Rede. Da bin ich ja mal gespannt.

Markus: Also nachdem ihr mich ja alle wieder mit Fragen nach einer Freundin löchert, habe ich euch dann nun mal was zu sagen.

Mutter:( lächelt)

Markus: Das mit der Freundin würde ich euch ja gerne erfüllen, aber ich glaube ihr müsst euch damit begnügen das es irgendwann mal einen Freund geben wird. Also im Klartext heißt das, ich bin Schwul.

Die ganze Familie ist plötzlich vollkommen still.

Mutter: (beginnt zu lächeln) Da hättest du uns ja fast reingelegt, aber meinst du wirklich wir vergessen den ersten April?

Die Familie lächelt ein wenig und grinst Markus an.

Markus: (schaut ein wenig verwirrt, redet dann laut) Es war kein Scherz. Ich meinte das schon ernst, ich bin wirklich schwul.

Plötzlich ist es wieder totenstill. Jemand hustet leise. Markus schaut in die entsetzten Gesichter.

Markus: (mit unsicherer Stimme) Macht doch nicht solche Gesichter. Es ist doch nicht der Weltuntergang, oder?

Mutter: (mit kräftiger Stimme) Markus, geh bitte auf dein Zimmer und lass die Erwachsenen hier darüber reden.

Markus: (sauer) Mama! Ich bin doch kein Baby mehr.

Mutter: (fast schreiend) Geh auf dein Zimmer, Markus.

Markus steht wütend auf, geht wutentbrannt auf sein Zimmer und knallt die Tür. Die Familie sitzt schweigend am Tisch, blickt sich betroffen und verwirrt an. Die Mutter bricht das Schweigen.

Mutter: Ich würde euch bitten zu gehen. Andreas und ich müssen da alleine drüber reden. Es tut mir sehr leid, dass euch der schöne Tag so verdorben wurde, aber ich werde das schon klären.

Die Verwandtschaft steht auf verabschiedet sich und geht. Eltern verabschieden sich von den Gästen und setzen sich wieder an den Tisch.

Vater: Meinst du es ist wirklich so schlimm, dass er auf Männer und nicht auf Frauen steht?

Mutter: (verärgert) Das du überhaupt so eine Frage stellst, Andreas. Das ist doch pervers. Männer, die Männer in den Arsch ficken. Das ist unnatürlich und unchristlich.

Vater: (sanft) Du weißt doch, dass Markus nicht an Gott glaubt.

Mutter: (noch verärgerter) Schon schlimm genug, dass er das nicht tut. Aber dass er glaubt schwul zu sein ist ja wohl einfach nur pervers. Das hat er alles nur wegen diesen Freunden die er hat. Schau dir doch mal an wie die rumlaufen. Rote und grüne Haare. Pentagramme auf den Rucksäcken und kaputte Hosen und dann dieses grauenhafte Internet, das seine Gedanken verpestet.

Vater: Aber Irena, er ist halt jung.

Mutter: Jung waren wir auch und wir haben nicht irgendwelche Perversionen ausgelebt. Wir werden das nicht dulden und vor allem wird er erstmal nicht mehr ins Internet gehen und mit seinen Freunden wird er auch keinen Kontakt mehr haben. Am besten wechselt er die Schule und geht auf das Katholische Gymnasium, das ich für ihn damals ausgesucht hatte.

Vater: Meinst du nicht das ist zu hart? Er wollte doch nie auf das Gymnasium.

Mutter: Zu hart? Andreas! Willst du ihn etwa unterstützen? Nein, er wechselt die Schule. Sein Telefon nehmen wir ihm auch weg und er trifft sich nicht mehr mit seinen Freunden und wenn er die Schule schwänzt gibt es auch kein Fernsehen mehr.

Vater: Irena, willst du nicht noch mal darüber schlafen?

Mutter: Darüber Schlafen? Unser Sohn denkt er wäre Schwul, da muss ich nicht schlafen da muss man sofort Handeln.

Vater: Sollen wir es ihm dann jetzt sagen?

Mutter: Ja. (ruft laut) Markus. Komm ins Wohnzimmer. Wir müssen reden.

Szene III

Nachdem seine Eltern ihn auf sein Zimmer geschickt haben wirft Markus sich auf sein Bett greif nach seinem Telefon und wählt die Nummer seiner besten Freundin Isabell.

Markus: Hi Isa. Markus hier.

Isabell: Hi Markus was gibt's.

Markus: Ach, ich hab dir doch erzählt, dass ich mich heute outen wollte vor meiner Familie. (seufzt) Na ja, es ist nicht wirklich so gelaufen wie ich's mir vorgestellt habe. Meine Eltern haben mich auf mein Zimmer geschickt und reden nun mit den Verwandten.

Isabell: Ach Gott, du malst wieder den Teufel an die Wand. Vielleicht wollen sie ja auch nur kurz mit deinen Verwandten reden. Es war mit Sicherheit ein Schock für sie, den sie verarbeiten müssen.

Markus: Ach, Isa. Ich weiß nicht, ich hab so ein ungutes Gefühl dabei.

Isabell: Du machst dir zu viele Gedanken. Glaub mir, es renkt sich schon wieder ein.

Man hört eine sich schließende Tür

Markus: Ich hoffe, du hast recht. Ich glaub, meine Verwandten sind gerade gegangen.

Isabell: Vielleicht wollen deine Eltern auch nur allein mit dir reden. So schlimm wird es schon nicht werden.

Markus: Ach Isa, wenn ich dich nicht hätte. Hatten wir eigentlich was ein Englisch auf?

Isabell: Ja klar, wir sollten den Text zusammenfassen den wir letzte Stunde bekommen haben und die sprachlichen Mittel analysieren. Markus: Ich hasse Englisch. Hast du das schon gemacht?

Isabell: Klar. Wir haben Englisch doch direkt in der ersten Stunde.

Markus: Ich glaub, ich werde das morgen im Bus von dir abschreiben müssen. Ich hab irgendwie kein Bock mehr das heute noch zu machen.

Isabell:( lacht) Das hab ich mir fast gedacht.

Man hört Markus Mutter ihn rufen.

Markus: Oh, meine Mutter ruft. Ich muss Schluss machen.

Isabell: Ok. Bis morgen im Bus dann.

Markus: Bis morgen. (Legt das Telefon auf seinen Nachttisch)

Szene IV

Markus setzt sich an den Kaffeetisch zu seinen Eltern und wartet darauf, dass seine Mutter oder sein Vater etwas sagt. Sein Vater sitzt mit undurchdringlichen Augen da und seine Mutter beginnt zu reden.

Mutter: Dein Vater und ich haben geredet. Wir sind uns einig, dass du durch dieses schreckliche Internet und deine Freunde total verdorben wurdest.

Markus: Aber Mama.

Mutter: (wütend) Unterbrich mich nicht. Wir haben beschlossen, dass du die Schule wechselst und auf ein katholisches Gymnasium in der Südstadt gehen wirst.

Markus: Aber das ist am anderen Ende der Stadt.

Mutter: Sei ruhig. Außerdem sperren wir dir deinen Internetanschluss und dein Telefonanschluss. Du hast genug mit deinen verkommenen Freunden verkehrt. Es wird Zeit, dass du dich mit vernünftigen Menschen umgibst.

Markus: Mama. Ich bin doch kein Verbrecher oder geistesgestört.

Mutter: Ach Ja. (mit Herausfordernder Stimme) Und was glaubst du ist Homosexualität? Ganz normal ? Nein, nein. Das ist eine Geisteskrankheit, die dir von deinen so genannten Freunden eingepflanzt wurde.

Markus: Mama! Wir leben im 21 Jahrhundert. Es ist völlig normal.

Mutter: So ein Schwachsinn. Schau dir doch mal diese ganzen Tunten an die auf diesen Paraden rumlaufen. Nein, mein Sohn wird als vernünftiger Christ erzogen.

Markus: Mama, ich bin siebzehn. Ich kann selber entscheiden was ich tue. Ich bin alt genug.

Mutter: Alt genug?! Solange du in meinem Haus lebst, tust du was ich dir sage. Und wenn wir schon dabei sind. Ich will auch dein Handy haben.

Markus: (schreit) Nein. (Steht von seinem Stuhl auf).

Mutter: Setz dich wieder hin Markus. Sofort.

Markus: (zerknirscht) Okay, okay.

Mutter: Viel besser. Außerdem wirst du ab morgen Nachmittag, anstelle dich mit deinen verkorksten Freunden zu treffen, den Garten und die Wohnung sauber halten.

Markus: (wütend, steht wieder von seinem Stuhl auf) Ihr seid so was von bescheuert. Wir leben doch nicht mehr im Mittelalter.

Mutter: Sei froh. Im Mittelalter wärst du jetzt schon auf dem Scheiterhaufen.

Markus: Ich hasse euch. (hat Tränen in den Augen)

Mutter: Später einmal wirst du es uns danken.

Markus: (rennt auf sein Zimmer)

Szene V

Immer noch am Kaffeetisch sitzend unterhalten sich Markus Eltern noch.

Vater: Meinst du wirklich, dass es nötig war? Ich fand, dass seine Freunde immer recht vernünftig wirkten.

Mutter: Fall mir nicht in den Rücken. Wir haben das zusammen beschlossen und dabei bleibt es auch. Der Junge muss richtig erzogen werden und seine Freunde haben ihn erst dazu gebracht, dass er denkt, er wäre einer dieser Perversen.

Vater: Wenn du meinst. Ich fühle mich trotzdem nicht gut dabei dem Jungen alles weg zu nehmen was im lieb ist.

Mutter: Sei nicht so weich. Wir haben ihn viel zu lasch erzogen und was dabei rumgekommen ist siehst du ja. Es wird Zeit die Zügel straffer zu halten.

Vater: (schaut unglücklich) Du hast wohl recht. (seufzt) Immerhin hat uns es auch nicht geschadet, dass wir streng erzogen wurden.

Mutter: Endlich siehst du es ein. Während andere meinten als Hippies rum laufen zu müssen, haben wir schon unser Geld verdient und uns das aufgebaut was wir heute haben.

Vater: Du hast Recht. Ich bin müde. Ich gehe wohl besser ins Bett.

Mutter: Mach das, ich räume noch auf.

Beide stehen auf. Der Vater geht ins Schlafzimmer und die Mutter beginnt das Geschirr weg zu räumen.

Das geschah die nächsten 365 Tage Das Jahr das nach seinem 17. Geburtstag folgte war für Markus ein Jahr der Hölle. Seine Eltern Kontrollierten sein Leben völlig. Er musste die Schule wechseln und geht nun auf ein katholisches Gymnasium. Seine Eltern haben ihm ebenfalls sein eigenes Telefon und seinen Internetanschluss gesperrt. Wenn er versuchen wollte die Schule zu schwänzen haben seine Lehrer seine Eltern informiert und diese haben ihm dann selbst das Fernsehen und die Tageszeitung verboten. In seiner Freizeit muss er arbeiten im und am Haus machen und seine Freunde beginnen sich von ihm zu distanzieren. Nur seine beste Freundin und sein bester Freund halten noch zu ihm. Markus hat für seinen 18. Geburtstag geplant seine Eltern zu überraschen und ihnen mit zu teilen das er von zu Hause ausziehen wird. Er hat sich bereits eine Ausbildungsstelle und eine Wohnung besorgt und der Umzug ist für den Tag seines 18. Geburtstags angesetzt. Nun sitzt Markus mit seiner Familie genau wie im letzten Jahr am Kaffeetisch und seine Mutter lenkt das Gesprächsthema auf Markus coming out vom letzten Jahr.

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