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Regenbogenfamilie

Teil 61 - Ferienende

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Informationen

 

Inzwischen sind wir Anfang September angekommen und die Ferien in den letzten deutschen Bundesländern gehen ihrem Ende entgegen. Damit endet auch langsam, aber sicher, unser großes Zeltlager am Gutshof.

Wenn ich so auf die letzten Wochen zurückblicke, hat sich doch Einiges ereignet, das so nicht von Anfang an geplant war. Da ist zum einen Rafael aus Madrid, er wohnt seit einer Woche als Adoptivsohn bei seinem Onkel Jorge und Alejandro.

Die Vermutung, dass es sich um seinen Neffen handelte, hatte sich bewahrheitet und die spanischen Behörden stimmten deshalb einer Adoption zu, sofern sichergesellt sei, dass er bis zu seiner Volljährigkeit keinerlei Kontakt zu seinen Eltern haben dürfe, was von Jorge und Alejandro dem Jugendamt gegenüber bestätigt wurde.

Das spanische Jugendamt ging bei einer Unterbringung von Rafael in Deutschland davon aus, dass die Gefahr geringer sei, dass er vor seinem achtzehnten Geburtstag auf seine Eltern treffen würde. Alejandro und Jorge waren zwischendurch in Spanien, um alle notwendigen Formalitäten vor Ort zu erledigen und Jorge holte Rafael letzte Woche in Madrid direkt aus dem Kinderheim ab.

Bereits am Ende seines vierzehntägigen Urlaubs in Deutschland wollte Rafael nicht mehr mit seiner Reisegruppe nach Spanien zurückkehren. Er hatte sich mit einem Großteil der Gutshofbewohner, vor allem mit der jüngeren Generation, in kürzester Zeit angefreundet.

Im Gespräch hatte er mir erklärt, dass er Angst habe, wenn er jetzt nach Spanien zurückkehre, er nicht mehr zu uns zurückkommen dürfe. Erst nachdem ich ihm gut zugeredet und versprochen habe, dass ich mich für seine Rückkehr nach Deutschland einsetzen werde, hat er mit seiner Gruppe die Heimreise schließlich doch angetreten.

In den letzten Tagen hatte er sehr häufig Felix im Büro des Zeltlagers unterstützt, da die meisten Helfer wieder ihrer Arbeit nachgehen oder ihre Ausbildung begonnen haben. Er fängt bereits an Deutsch zu lernen und in Felix hat er einen geduldigen Lehrer, der sich ständig um ihn bemüht. Man könnte fast der Meinung sein, beide hätten ein Verhältnis, was aber nicht stimmt. Felix ist immer noch mit seinem Dennis verbandelt, genau genommen lernen beide mit Rafael Deutsch, sofern es die Zeit von Dennis zulässt, da er inzwischen auch einer der Jungs ist, der seine Ausbildung begonnen hat.

Da war dann noch Richard Ortler, genannt Richie, der bereits seit Mitte August auf dem Gutshof lebt und inzwischen ebenfalls seine Ausbildung bei Manuel und Daniel in der Gärtnerei angetreten hat. Bis Ende August hatte er sich im noch Zeltlager nützlich gemacht und er hatte mir noch gestern, als wir uns kurz über den Weg gelaufen sind, erklärt, dass er für sich die richtige Entscheidung getroffen habe.

Wobei er seinen bisherigen besten Freund Hannes zwar noch etwas vermisse, aber mit den vielen neuen Freunden, die er inzwischen hier gefunden hat, das mehr als ausgeglichen wird. Bei der Frage, wo er bis zur Fertigstellung der Jugendwohnanlage, im nächsten Jahr, sein Domizil aufschlagen wird, hat er sich für das Gästezimmer bei den Jungs im Verwalterhaus entschieden, nachdem ihm alle versichert hatten, dass er herzlich willkommen sei. Vor allem gefiel es ihm, weil er so jeden Tag mit Daniel und Manuel sowohl zur Arbeit, aber auch wieder nach Hause fahren konnte.

Das Jugendamt in Rosenheim hatte anfangs noch bedenken und wollte Richard in einem Wohnheim für Jugendliche unterbringen. Nachdem Barbara sich jedoch eingeschaltet hatte und die vier Jungs als Wohngemeinschaft betrachtet wurden, gab es die Zustimmung, dass Richard dort ausnahmsweise unterkommen konnte. Vermutlich lag es wohl eher daran, dass im einzigen Wohnheim der Stadt keine Unterbringungsmöglichkeit bestand.

In der Zwischenzeit sind unsere Planungen für die neuen Wohnungen gewaltig fortgeschritten. Wenn alles nach den Plänen der Architekten verläuft, wird spätestens Ende September mit den Bauarbeiten begonnen. In einem ersten Schritt wird nur der Erdaushub und der Bau der Tiefgarage stattfinden. Diese Arbeiten sollen bis Mitte November abgeschlossen sein.

Wenn danach die Witterung mitspielt, können die Bauarbeiten für die Wohnungen beginnen. Die ersten ein oder zwei Gebäude sollten bis Weihnachten bereits im Rohbau stehen und nach der Weihnachtsunterbrechung könnte in diesen Häusern der witterungsunabhängige Innenausbau beginnen. Wichtig ist dabei nur, dass das Dach eingedeckt und die Fenster und Türen eingebaut sind.

Damit wäre eine Fertigstellung bis etwa Ende Mai für die ersten Gebäude möglich und gleichzeitig wird an den anderen Häusern weitergebaut. Der geplante Termin für die Fertigstellung, der bisher im September des kommenden Jahres liegt, kann bei gutem Verlauf und noch besserer Planung sowie entsprechend guter Witterung, bereits Ende Juli oder Anfang August vorziehen.

Die nächsten drei Termine, die noch im großen Zelt anstehen, sind die beiden Veranstaltungen des Caterers und unser Dankeschön-Essen für alle ehrenamtlichen Helfer während des Zeltlagers. Die ersten Schlafzelte vom Kreisjugendring und vom Roten Kreuz wurden bereits abgebaut, da wir inzwischen, bedingt durch das Ferienende in den meisten deutschen Bundesländern, nur noch die letzten Gruppen aus Bayern beherbergen. Die Sanitäranlagen und das Aufenthaltszelt bleiben noch bis zum Ende aller Veranstaltungen stehen.

Von den Umbauarbeiten im Hotel in Österreich, das die Stiftung geerbt hat, kann ich auch bisher nur positiv berichten. Früher als geplant konnte mit den Umbauarbeiten bereits Anfang August begonnen werden. Die neue Küche ist schon fertiggestellt, bei den Zimmern laufen die Umbauarbeiten und die Fassade ist ebenfalls fast vollständig renoviert.

Wenn ich den letzten Informationen unseres Architekten glauben darf, können wir Anfang Dezember das Jugendhotel eröffnen. Die georderten Möbel für unser Jugendhotel sollten spätestens ab Anfang November geliefert und eingebaut werden, das wurde uns zumindest von unserem mittelständischen Lieferanten zugesagt. Die neue Möblierung für die Lobby und den Speisesaal kann Mitte Oktober eingebaut werden.

Die zur Stiftung gehörende Münchner Außenstelle ist inzwischen vollständig in unsere IT-Landschaft integriert. Im Grunde genommen bräuchten sie nicht zu uns aufs Land umziehen. Zwei Mitarbeiter arbeiten bereits auf dem Gutshof und inzwischen laufen die Planungen, wie wir alle auf dem Gutshof integrieren können.

Vor allem die Probleme mit den fehlenden Arbeitsplätzen für unsere Münchner Verwaltung müssen dringend gelöst werden. Mit unseren Architekten haben wir dafür bereits eine Lösung gefunden. Nur, wer in die neu zu schaffenden Büroräume einziehen wird, wird ist bisher nicht endgültig geklärt. Die Umbauarbeiten könnten beginnen, wenn wir uns auf die Nutzung geeinigt haben.

In meinen ersten Überlegungen bin ich davon ausgegangen, dass ich die komplette IT-Mannschaft in den neuen Bereich umsiedle, da wir dort für zukünftige Erweiterungen und für die gesamte Technik mehr Platz erhalten werden. Philipp und Marcus waren nicht unbedingt begeistert von meinem Vorschlag, aber nach einigen Diskussionen haben wir uns doch darauf verständigt. Zusätzlich wird in dem Gebäude Platz für die gesamt Immobilien- und Mietverwaltung geschaffen, damit wir im Gutshaus weitere freie Büros erhalten.

Die Jungs planen derzeit mit den Architekten bereits die notwendigen Voraussetzungen und ihren Platzbedarf. In diesem Gebäude werden wir über zwei Etagen neue Büro- und Technikräume schaffen, wobei in der einen Hälfte des Erdgeschoß unser neues Rechenzentrum entstehen wird. Die Jungs von der IT werden ihre Büroräume in der ersten Etage beziehen und haben dort Platz für weitere Kollegen.

Ansonsten soll im Erdgeschoß die Abteilung, die für die Verwaltung und Vermietung der Wohnungen und gewerblichen Objekte zuständig sind, untergebracht werden, wobei das noch nicht endgültig beschlossene Sache ist. Bevor ich es euch verschweige, im Dachgeschoss dieses Gebäudes konnten die Architekten nach zähen Verhandlungen mit dem Landratsamt erreichen, dass wir drei weitere Betriebswohnungen errichten durften. Macht euch allerdings keine Hoffnungen, Betriebswohnungen dürfen nur an Mitarbeiter vermietet werden. Ihr braucht euch also nicht für diese Wohnungen zu bewerben.

Inzwischen lebe ich mit meinem Thomas seit mehr als dreizehn Jahre fest zusammen. Irgendwann hatten wir den Schritt gewagt und hatten unsere Partnerschaft bei einem Notar beurkundet und ins Partnerschaftsregister eintragen lassen, so wie es in Bayern zu diesem Zeitpunkt gesetzlich möglich war. Jahre später wurde vom deutschen Bundestag beschlossen, dass Schwule und Lesben zukünftig heiraten können und damit für alle die gleichen Rechte gelten sollen.

Witzigerweise wurde das von Bundesland zu Bundesland anders gehandhabt. In einigen Bundesländern konnte von Anfang an beim Standesamt die Partnerschaft eingetragen werden, während in anderen Bundesländer die Landkreise oder die Gemeinden das Partnerschaftsregister führen mussten.

Das bedeutete für uns in diesem Moment, dass wir so gut wie verheiratet waren. Mit allen Rechten und Pflichten, die für alle Paare gelten, nur mit dem Unterschied, dass wir weiterhin nur im Partnerschaftsregister eingetragen waren und keine von einem Standesamt ausgestellte Heiratsurkunde besaßen.

Anfang September, noch vor Abschluss unseres Zeltlagers für Kinder und Jugendliche, wollte Thomas von mir wissen, ob ich ein Problem damit hätte, wenn wir Beide uns ein zweites Mal das Ja-Wort geben würden, in diesem Falle jedoch vor einem Standesbeamten und gleichzeitig unsere bisherige eingetragene Lebenspartnerschaft gelöscht wird.

Da ich grundsätzlichen keine Einwendungen hatte, vereinbarten wir, dass wir in einem überschaubaren Zeitraum zum Standesamt gehen und unsere offizielle Eheschließung nachholen wollten. Thomas schlug vor, dass wir versuchen sollten, an meinem fünfundfünfzigsten Geburtstag die Eheschließung beim Standesamt zu vollziehen. Zuerst war ich etwas skeptisch, an meinem fünfundfünfzigsten Geburtstag zu heiraten.

Thomas Idee gefiel mir grundsätzlich, aber irgendwie konnte ich mir einfach nicht vorstellen, so spät im Jahr, genau genommen Ende November, zum Standesamt zu gehen. Ein Blick auf den Kalender verriet mir, dass mein Geburtstag in diesem Jahr auf einen Freitag fallen würde, was mir am Ende die Entscheidung doch erleichterte.

In der zweiten Septemberwoche wurden die letzten Schlafzelte abgebaut, da alle Kinder und Jugendlichen abgereist waren. Der Caterer Harald war ab Mittwoch bereits beschäftigt sich auf die beiden Veranstaltungen am Freitag und Samstag vorzubereiten. Er kam am Mittwoch zu mir ins Büro und meinte: „Peter, ich danke dir noch einmal, dass ich die zwei Veranstaltungen an diesem Wochenende im großen Aufenthaltszelt durchführen kann. Trotzdem habe ich jetzt ein riesiges Problem, irgendwie hat es sich bereits herumgesprochen, dass wir in dem großen Zelt auf dem Gutshofgelände zwei Veranstaltungen für unsere Kunden durchführen. Ich habe in den letzten Tagen bereits weitere Anfragen bekommen, ob wir in Zukunft planen, dort regelmäßig Veranstaltungen und Events durchzuführen. Ich habe den Interessenten bisher immer versucht zu erklären, dass die beiden Veranstaltungen auf dem Gutshof nur zustande gekommen sind, weil ich das Problem hatte, keine zwei Zelte, für die beiden am Freitag und Samstag an unterschiedlichen Standorten geplanten Veranstaltung, anzumieten.

Das Ganze war eigentlich eine Idee des Zeltverleihers, da er wusste, dass bis Mitte September sein größtes Zelt an den Gutshof vermietet war. Noch vor Beginn des geplanten Zeltlagers habe ich euch angesprochen, ob ich das Zelt an diesem Wochenende anmieten könne für meine geplanten Firmenveranstaltungen. Ich wurde von euch darauf hingewiesen, dass für beide Veranstaltungen die Teilnehmer mit Bussen zum Gutshof gefahren werden müssen, da dort nur eine begrenzte Anzahl von Parkplätzen bereitsteht. Komischerweise ließ sich keiner von dieser Auflage abschrecken. Ich habe versprochen mit den Leuten vom Gutshof zu sprechen, ob wir zukünftig öfter Veranstaltungen dort durchführen können.“

Ich schaute ihn an und erklärte: „Bisher haben wir nicht geplant, dort weitere Veranstaltungen durchzuführen und kommende Woche wird alles abgebaut. Wenn demnächst mit dem Abriss und dem Neubau der acht Wohnhäuser begonnen wird, brauchen wir den Platz, zumindest teilweise für die Lagerung von Baumaterial und Baumaschinen und vermutlich auch für das Bauleiterbüro.

Wir können frühestens im Spätsommer nächsten Jahres wieder ein Zelt dort aufstellen. Nächstes Jahr wird es damit sicher am Gutshof kein Zeltlager geben, auch wegen der laufenden Bauarbeiten für die neuen Wohnungen für die Mitarbeiter und unser gemeinsames Projekt mit dem Jugendamt Rosenheim.“

Harald schaute mich an und erklärte mir: „Okay, das sind gewichtige Gründe, warum vorerst keine weiteren Veranstaltungen im Zelt auf dem Gutshof durchgeführt werden können. Wir sollten uns einfach nächstes Jahr noch einmal zusammensetzten und danach neu entscheiden, ob Veranstaltungen in einem Zelt möglich sind.“

Am Freitagabend schaute ich bei der ersten Firmenfeier im Zelt vorbei. Als Harald mich entdeckte, meinte er zu mir: „Die Anfahrt mit den Bussen hat schon einmal perfekt funktioniert. Ich bin froh, dass die ganze Zelteinrichtung schon vorhanden war und wir nichts extra aufbauen mussten. Wir haben nur die Bierbänke und Tische ausgetauscht, gegen die großen runden Tische und die Stühle, die wir auch damals bei der Beerdigung deines Vaters im Saal eingesetzt hatten. Lustig war nur, als die ersten Gäste ins Zelt kamen und verwundert staunten, dass hier keine bierzeltähnliche Einrichtung auf sie wartete. Wie du selbst siehst, haben wir für einen größeren Firmenevent umdekoriert. Der Firmenchef kam vorher zu mir und fragte mich, wieso wir so festlich dekoriert hätten. Er sei eigentlich davon ausgegangen, dass die Veranstaltung wie bei einem Volksfestzelt aussehen würde. Ich habe ihm dann nur erklärt, dass die gleiche Einrichtung verwendet worden wäre, wenn wir das Zelt auf seinem Parkplatz aufgebaut hätten.“

Plötzlich tauchte Sebastian auf und fragte Harald, ob sie das Essen anrollen lassen können. Harald blickte sich kurz im Zelt um und meinte zu Sebastian: „Ihr könnt mit den fertigen Vorspeisen kommen, meine Leute können dann schon mit dem Servieren anfangen. Wenn die Vorspeisen hier sind, bitte gleich den Hauptgang anliefern, damit wir die einzelnen Portionen nach und nach vorbereiten können.“ Sebastian sagte ihm, die Küche werde kurzfristig wie gewünscht liefern.

Als Sebastian gegangen war, erklärte er mir: „Wir haben, entgegen der ursprünglichen Planung, alle Gerichte bei euch in der Großküche gekocht. Sebastians Mannschaft wurde hierzu mit meinen Leuten verstärkt. Da in der Küche alles vorbereitet ist, werden meine Mitarbeiter ab sofort hier im Zelt die einzelnen Portionen für die Gäste zusammenstellen. Wir haben auch für morgen die gleiche Zusammenarbeit vereinbart. Dafür zahlen wir einen höheren Preis an euch, weil wir euer Equipment und eure Mitarbeiter mitbenutzen durften und nichts extra anmieten oder aufbauen mussten.“

Harald ließ es sich nicht nehmen, mir den Firmenchef, in dessen Auftrag er die Veranstaltung organisiert hatte, vorzustellen. Dieser schwärmt sofort davon, wie gut ihm das alles gefallen würde und wollte wissen, ob es nicht zukünftig möglich wäre, weitere Firmenevents in diesem Ambiente stattfinden zu lassen. Ich erklärte ihm, dass das für die nächsten zwölf Monate völlig ausgeschlossen sei, da demnächst die Bauarbeiten für eine große Tiefgarage und acht Wohnhäuser mit rund neunzig Wohnungen, zum einen für Mitarbeiter und zum anderen für Jugendliche, die in Ausbildung sind, beginnen und der Platz bereits anderweitig verplant sei.

Auf seine Nachfrage wieso für Jugendliche in Ausbildung, erläuterte ich ihm, dass wir ein neues Gemeinschaftsprojekt mit dem Jugendamt Rosenheim haben. Wir errichten zwei Gebäude mit voraussichtlich sechsunddreißig Kleinwohnungen, in die die Jugendlichen einziehen können, die volljährig sind und deswegen aus den Kinderheimen ausziehen müssen. Bisher hat das Jugendamt verteilt im gesamten Stadtgebiet solche Wohnungen angemietet.

Da die Jugendlichen in der Anfangszeit noch auf ihren ersten Schritten in die Selbständigkeit betreut werden, ergibt sich bei einer zentralen Lösung der Vorteil, dass immer ein Ansprechpartner vor Ort sein kann. Bisher ist es mühsam, die über das Stadtgebiet verteilten Jugendlichen ausreichend zu betreuen. Da wir bereits, für unser Schullandheim und andere Aufgaben, zwei Sozialarbeiter vor Ort haben, werden sie abwechselnd diese Aufgabe übernehmen. Das Jugendamt übernimmt im Gegenzug die Kosten für eine Stelle der beiden Sozialarbeiter. Durch die Stiftung für benachteiligte Kinder und Jugendliche können wir den Jugendlichen damit auch günstigen Wohnraum anbieten. Einen Teil der Wohnung können wir auch unseren auswärtigen Auszubildenden anbieten, für die sich eine tägliche Rückkehr an ihren Wohnort aus Zeit- und Kostengründen nicht rechnet.

Wir haben derzeit drei Auszubildende, die bereits auf ein kleines Appartement warten. Sie sind derzeit noch anderweitig untergebracht. Ein Auszubildender aus dem Gartenbaubetrieb lebt derzeit in der Wohngemeinschaft im Verwalterhaus, ein Auszubildender des Jugendhotels ist bei mir im Gästezimmer untergebracht. Ein weiterer Auszubildender aus der Restaurantküche wohnt derzeit in einem Personalzimmer im neueröffneten Seminarhotel, ehemals Hotel Excelsior, im zwei Kilometer Entfernung.

Er schaute mich an und erklärte mir: „Ich habe mitbekommen, dass sich am Gutshof einiges verändert hat. Aber von dieser Stiftung ist bisher nichts bis zu meinen Ohren vorgedrungen. Ich kenne euer Restaurant, meine Frau war ein paarmal im Hofladen und in eurem Hofcafé. Ich habe auch von eurem sozialen Engagement für Vereine und Gruppierungen gehört, die hier ein Domizil gefunden haben. Dass das Zelt hier für eine Zeltstadt genutzt wurde, bei der regelmäßig bis zu zweihundertfünfzig Kinder ihren Urlaub verbrachten, hat mir Herr Baumgartner, unser Caterer erzählt.“

Ich schaute ihn an und meint: „Das ist nur ein Teil dessen, was sich in den letzten zwei Jahren geändert hat. Die Gutshofgruppe einschließlich der Stiftung hat zwischenzeitlich mehrere Unternehmen übernommen, die unter ihrem ursprünglichen Namen weitergeführt werden wie bisher. Dazu gehört zum Beispiel der Gartenbaubetrieb Winter GmbH, die J. Graf GmbH, Die G. Bauer GmbH, eine Immobilienverwaltungsgesellschaft in München, und ein sanierungsbedürftiges Hotel in Österreich, das wir auch in ein Jugendhotel umwandeln wollen. Die Planungen sind abgeschlossen und der Umbau des Hotels in Österreich begann Anfang August. Die Fertigstellung der Umbauarbeiten ist für Ende November geplant, so dass wir spätestens ab Januar Schulklassen dort unterbringen können. Hier sind wir bereits ziemlich gut ausgelastet.

Ganz neu ist ein eigener Handwerksbetrieb, der sich derzeit noch im Aufbau befindet. Dieser wird zukünftig den gesamten Immobilienbestand der Stiftung, des Gutshofes und der im Fremdauftrag verwalteten Immobilien betreuen, aber auch bei unseren Neubauten eingesetzt werden.“

Bei der zweiten Veranstaltung, bei der ich ebenfalls vorbeischaute, lief es ähnlich, mit der Ausnahme, dass ich in kein längeres Gespräch mit dem Geschäftsführer verwickelt wurde.

Ich habe eben vom neu eröffneten Seminarhotel berichtet, wo einer unserer Auszubildenden in einem Personalzimmer untergekommen ist. Vor einer Woche wurde die offizielle Eröffnung des Seminarhotels gefeiert, zu der wir reichlich Firmenvertreter eingeladen hatten, die im Vorfeld bereits für ihre Mitarbeiter Seminarräume und Unterkunft gebucht hatten. Auch hatten wir die örtliche und überörtliche Presse eingeladen, die sehr positiv über unser Projekt Seminarhotel berichtet hatten. Wir hatten in letzten Tagen viel zu tun, da Anfragen von Unternehmen aus der näheren Umgebung kamen, die oft nur für einen oder zwei Tage einen der Seminarräume anmieten wollten.

An diese Art der Vermietung unserer Konferenz- und Seminarräume hatten wir bisher nicht gedacht, so dass wir kurzfristig die Nachfrage der potenziellen Kunden in ein ordentliches Angebot umwandelten. Damit bieten wir jetzt ein- oder zweitägige Seminare und Konferenzen mit Mittagessen, aber ohne Übernachtung an, sofern die vorhandenen Seminarräume nicht von den Mehrtagesgästen belegt waren.

Für mich war die Eröffnungsfeier ein voller Erfolg. Immerhin hatte ich einige Bedenken im Vorfeld aus dem Weg räumen müssen. Armin hatte die Feier hervorragend vorbereitet und Werner hatte seine Kontakte genutzt, um unser Projekt einem größeren Publikum und der Öffentlichkeit vorzustellen. Dass dabei die Stiftung Sonneneck für benachteiligte Kinder und Jugendliche nicht unerwähnt blieb lag daran, dass die Stiftung als Eigentümer der Betreibergesellschaft eingetragen ist.

Ihr könnt euch sicher noch daran erinnern, dass wir am zweiten Sonntag im September unser großes Dankeschön-Essen für alle Helfer durchführen wollten. An den beiden Tagen davor waren die großen Firmenevents, die der Caterer im großen Zelt veranstaltet hatte, über die Bühne gegangen.

Am Sonntagmorgen, so gegen neun Uhr klingelte es bei uns und Thomas öffnete die Tür. Vor ihm stand der Caterer, Herr Baumann, der uns dringend sprechen wollte. Wir saßen gerade beim Frühstück mit Felix und Dennis als er auftauchte. Thomas bat ihn ins Wohnzimmer, wo er ihn sofort fragte, ob er bereits gefrühstückt habe.

Als dieser verneinte, lud er ihn ein, mit uns zusammen zu frühstücken. Er setzte sich zu uns an den Tisch und bevor er sein persönliches Anliegen vortragen konnte, wurde ausgiebig gegessen und getrunken.

Während die beiden Jungs den Frühstückstisch abräumten, setzte ich mich mit Thomas und Harald Baumann ins Wohnzimmer, um über sein Anliegen zu sprechen. Zuerst erzählte er uns, dass die beiden Veranstaltungen, sowohl von den Auftraggebern als auch von den geladenen Gästen, als ein hervorragend organisiertes Event gelobt wurden. Vor allem das Ambiente rund um den Gutshof sei bei den Gästen besonders gut angekommen.

Sehr positiv wurde aufgenommen, dass alle Gäste mit dem Bus abgeholt und wieder zurückgebracht wurden. Weiter erklärte er, dass er in den letzten beiden Tagen weitere Anfragen erhalten habe, wann weitere Veranstaltungen im Zelt geplant seien oder ob das Zelt am Gutshof für eigene Veranstaltungen gebucht werden könne. Bevor er den Interessenten eine Auskunft geben will, wollte er erst noch einmal mit mir Rücksprache halten, um herauszufinden, welche Chancen und Möglichkeiten er habe, dass Zelt zukünftig zu einer Art Dauereinrichtung für verschiedene Veranstaltungen zu nutzen.

Thomas und ich schauten uns an und ich erklärte ihm: „Ich dachte, die Veranstaltungen seien nur eine Notlösung gewesen, da keine zwei Zelte an unterschiedlichen Orten gemietet werden konnten? Außerdem habe ich dir bereits diese Woche erklärt, dass in den nächsten zwölf bis vierzehn Monaten die Fläche anderweitig genutzt wird.“

Harald erklärte uns: „Ich bin selbst überrascht, dass die beiden Events so hervorragend angekommen sind. Ursprünglich bin ich davon ausgegangen, dass dies eine einmalige Veranstaltung sein soll. Das große Lob für den gelungenen Abend und die Anfragen zu weiteren Events haben mir gezeigt, dass dies scheinbar eine riesige Marktlücke ist, die wir gemeinsam nutzen könnten.

Ich hatte schon ein paarmal bei Sebastian angefragt, ob er uns den großen Saal für Veranstaltungen vermieten will. Leider hat er bisher immer abgelehnt. Nach den Erfahrungen der beiden Veranstaltungen, als wir gemeinsam zur Verköstigung der Gäste beigetragen haben, scheint er inzwischen nicht mehr ganz so abgeneigt zu sein, gelegentlich ein gemeinsames Event im Saal zu veranstalten. Das würde mir zumindest die Möglichkeit geben, bei größeren Veranstaltungen auf eine geeignete Lokation zurückzugreifen. Dazu gelegentlich Veranstaltungen in einem großen Zelt, das auch von euch für eigene Angebote genutzt werden könnte, wäre ein Traum.“

Ich schaute zu Thomas, der mich nur angrinste. Die beiden Jungs, die längst aufgeräumt hatten, grinsten ebenfalls. Felix sagte nur: „Hört sich doch gut an, ich hätte da gleich eine gute Idee. ‚Da wird zwar nicht so nobel gefuttert wie bei den beiden Veranstaltungen gestern und vorgestern, würde aber vor allem jüngere Gäste auf den Gutshof locken. Wie wäre es mit einem Rockabend für die vielen Nachwuchsbands im Landkreis. Das würde nicht nur die Einheimischen anlocken, sondern würde sicher auch Gäste aus den Nachbarlandkreisen zum Gutshof bringen.“

Ich musste die Notbremse ziehen, bevor noch mehr Vorschläge kommen würden, und erklärte allen: „Bevor ich zu euren Vorschlägen und Ideen meine Zustimmung erteile, solltet ihr zusammen mit den anderen, insbesondere Sebastian, Armin und Werner sprechen. Armin als unser Eventmanager wird euch sicher Einiges erklären können. Mit Werner besprecht ihr, wie das marketingtechnisch ablaufen könnte. Vor allem Sebastian und seine Mannschaft in der Küche sollten dazu gehört werden, denn für sie bedeutet es eine Menge Mehrarbeit, wenn Veranstaltungen durchgeführt werden. Ihr solltet auch die Kolleginnen und Kollegen fragen, was denen dazu einfällt. Dann setzen wir uns in drei Wochen erneut zusammen und besprechen alles.

Dennis, du hast soeben den schwarzen Peter gezogen und wirst für alle der Ansprechpartner sein, der alle Fakten und Vorschläge sammelt und mit mir zusammen die Besprechung in drei Wochen plant. Felix wird dir sicher zur Seite stehen, wenn das Projekt Zeltlager für ihn endgültig abgeschlossen ist.“

Felix erklärte, dass er gerne bereit ist Dennis zu unterstützen. Harald verabschiedete sich und meinte an Dennis gerichtet, dass er sich in den nächsten Tagen bei ihm melden würde und sie gemeinsam alle weiteren Schritte planen und besprechen wollen. Dennis schaute ihm sprachlos hinterher. Als er den Raum verlassen hatte fragte er mich, ob ich das wirklich ernst gemeint habe, dass er als Anlaufstelle und Ansprechpartner dienen soll.

Thomas der gerade wieder den Raum betreten und seine Aussage mitbekommen hatte, sagte zu Dennis: „Du kannst dir sicher sein, wenn Peter dich zum Ansprechpartner ernannt hat, meint er das auch so. Du solltest das als eine Chance für dich sehen, auch wenn du erst seit zwei Wochen deine Ausbildung absolvierst. Immerhin lebst du bereits seit einigen Wochen hier und hast erste Erfahrungen sammeln können. Du bist nicht der Erste, den Peter auf diese Art und Weise in die Verantwortung nimmt. Vor dir hat er es mit Jonas und Tim so gemacht, der nächste war dann Bernhard und den letzten, den es bisher erwischt hat, ist dein Freund Felix mit der Organisation für das Zeltlager. Du machst doch eine Ausbildung zum Hotelkaufmann. Dazu gehört eine Projektarbeit, betrachte die an dich herangetragene Aufgabe als deine Projektarbeit.“

Ich ergänzte noch: „Tim und Jonas wollten sowieso Landwirtschaft studieren, daher bei beiden die Entscheidung. Bei Bernhard lag es eher daran, dass er in der Anfangsphase der Digitalisierung der Dokumente, die meisten und besten Ideen eingebracht hat und Felix lernt als Bürokaufmann bei der Stiftung und deshalb habe ich ihm die Aufgabe der Organisation des Zeltlagers übertragen. Ich werde Sebastian und Andrea davon in Kenntnis setzen, dass du von mir als verantwortlicher Ansprechpartner für dieses Projekt eingesetzt wurdest. Im Übrigen kannst du jederzeit zu mir kommen, wenn du Fragen hast oder dir etwas unklar ist. Ebenso kannst du fachspezifische Fragen direkt an Armin oder Werner richten.“

Kurz vor Mittag standen wir wieder vor dem großen Zelt und warteten auf die eingeladenen ehrenamtlichen Helfer, die uns in den letzten Wochen während des Zeltlagers tatkräftig unterstützt hatten. Harald kam auf mich zu und erklärte: „Wie versprochen bin ich heute noch einmal mit einem Teil meines Personals hier, um euch bei der kleinen Feier zu unterstützen. Ich habe in der Zwischenzeit mit einem Teil meiner Mitarbeiter gesprochen, denen die beiden Feiern, gestern und vorgestern, ebenfalls sehr gut gefallen haben. Vor allem deswegen, weil die Zusammenarbeit mit eurer Küche so hervorragend abgelaufen ist. Der andere äußerst positive Punkt war, dass die im Zelt eingebaute Küchen- und Schankeinheit weit weg von unseren Provisorien war und ein problemfreies und zügiges Arbeiten ermöglicht hat. Sie könnten sich durchaus vorstellen öfter bei solchen Veranstaltungen ihr Geld zu verdienen.

Einige haben sich noch an die letzten beiden Veranstaltungen im großen Saal des Gutshofes erinnert, da war die Küche noch eine provisorische Feldküche gewesen. Mit der inzwischen vorhandenen Großküche könnten sie sich durchaus vorstellen auch bei Veranstaltungen im Saal mitzuwirken. Ich hoffe, dass wir, mit euren Leuten zusammen, einige Veranstaltungen im Laufe des nächsten Jahres durchführen können. Nachdem die letztjährige Silvesterfeier bei euch ein Riesenerfolg war, könnte das unser nächstes gemeinsames Projekt werden.“

Ich meinte: „Wie heute Morgen vereinbart. Plant eure Veranstaltungen im Team, legt mir die Konzepte vor und wir können über Veranstaltungen in den nächsten zwölf Monaten im Saal oder im Freien diskutieren.“

So gegen zwölfuhrdreissig hatte sich das Zelt bereits gut gefüllt. Was den Helfern sofort auffiel, dass sich die Einrichtung gegenüber dem Zeltlager verändert hatte. Plötzlich stand Barbara neben mir und fragte mich, ob ich eine Ansprache eingeplant hätte, wobei sie erwähnte, dass sie sich ebenfalls bei allen Helfern noch einmal für ihre Unterstützung während der Dauer des Zeltlagers bedanken wolle.

Ich sagte ihr, geplant hätte ich nichts, aber die Idee sich bei allen noch einmal zu bedanken, können wir gerne aufgreifen. Ich sucht Bernhard oder einen unserer IT-Mitarbeiter, um zu klären, ob die Soundanlage noch aufgebaut sei. Nach einigen Minuten wurde ich fündig und Marcus lief mir über den Weg.

Auf meine Frage erklärte er mir, die Lautsprecher und das ganze Equipment steht oder hängt noch an seinem Platz, also sollte sie noch nicht abgebaut sein. Er schaute nach Bernhard. Als er ihn nicht im Zelt fand meinte er, ich rufe Bernhard kurz an, der sollte das genau wissen. Nach seinem Telefonat mit Bernhard erklärte er: „Bernhard hat bestätigt, dass die Anlage morgen früh abgebaut wird und noch einsatzfähig ist. Er kommt in wenigen Minuten und dann könnt ihr eure Ansprachen abhalten.“

Inzwischen war das Zelt fast bis zum letzten Platz gefüllt und Sebastians und Haralds Mannschaft begannen die Vorspeise zu servieren. Mit Getränken waren die meisten bereits versorgt.

Bernhard stand plötzlich neben mir und bestätigte, dass die Beschallung noch intakt sei. Er schalte jetzt die Anlage ein und bringt mir das Mikrofon. Ich hörte ein kurzes Knacken, wahrscheinlich hatte Bernhard gerade alles eingeschaltet. Ich suchte nach Barbara: „Wir können gleich loslegen mit unseren Ansprachen, Bernhard hat bereits die Anlage eingeschaltet und bringt uns das Mikrofon.“

Wir gingen zum kleinen Podest, dass während des Zeltlagers immer genutzt wurde, wenn unsere Begrüßung für die Neuankömmlinge angesagt war, oder wichtige Ankündigungen erfolgten. Bernhard kam bereits mit dem Mikrofon und meinte, ich hoffe ihr quasselt nicht ewig, Benjamin und ich wollten gerade ins Restaurant zum Essen gehen. Ich schaute ihn fragend an und sagte: „Ich dachte ihr seid auch eingeladen zum Essen für alle Helfer:“

Bernhard meinte: „Sicher sind wir eingeladen, aber wir haben doch kaum etwas getan für die Abwicklung des Zeltlagers. Deswegen sind wir der Meinung gewesen, dass wir hier nichts zu suchen hätten.“ Ich lachte: „Ihr seid mir zwei Spaßvögel, vor allem du hast viel für diese Veranstaltung im Hintergrund gearbeitet. Sicher bist du nicht die ganze Zeit, wie einige andere, ständig in Erscheinung getreten. Deine Arbeit war trotzdem wichtig und hat zum großen Erfolg des Zeltlagers mit beigetragen. Denk vor allem daran, als wir gleich zu Beginn des Zeltlagers standen und ich feststellte, dass uns ein wichtiges Detail durchgerutscht war, dass mit deiner Hilfe umgehend gelöst werden konnte.“ Bernhard grinste: „Du denkst da wohl an die fehlenden Lademöglichkeiten für die Smartphones, die erst am ersten Abend von dir bemerkt wurden.“

Ich sagte: „Bernhard, ruf Benjamin an, ich will euch bei der Veranstaltung hier sehen. Jeder, der eingeladen wurde, hat auch mitgewirkt am Erfolg des Zeltlagers,. Wir warten mit unserer Ansprache bis Benjamin aufgetaucht ist.“

Er telefoniert kurz mit Benjamin und fünf Minuten später stand er neben ihm. Barbara und ich stiegen jetzt aufs Podest. Gücklicherweise war es inzwischen etwas ruhiger, da alle bereits beim Essen waren. Ich klopfte zweimal aufs Mikrofon und sagte: „Mahlzeit, ich möchte euch recht herzlich zu unserem Abschlussessen für unsere Helfer beim Zeltlager begrüßen. Ich will mich bei euch vor allem dafür bedanken, dass ihr euch in den fast zehn Wochen ehrenamtlich engagiert habt. Ich hoffe, ihr seid mit der Auswahl beim Essen zufrieden. Sebastian hat mir erklärt, dass er euch heute zum Abschluss die absoluten Renner servieren wird, die in den vergangenen Wochen am meisten nachgefragt wurden. Ich habe schon erklärt, dass wir im kommenden Jahr definitiv kein Zeltlager am Gutshof veranstalten werden, weil der Platz bis zum Herbst nächsten Jahres für die in Kürze beginnenden Bauarbeiten für unser neues Wohnungsprojekt benötigt wird. Wie es danach weitergehen wird, kann ich heute noch nicht definitiv sagen. Wir überlegen derzeit ein Zeltlager in Österreich zu organisieren, das auf den Flächen des neuen Jugendhotels abgehalten werden könnte. Die Umbauarbeiten für das Jugendhotel laufen bereits und wenn keine Verzögerungen auftreten, werden Ende November die Umbauarbeiten abgeschlossen sein und das Hotel wiedereröffnet.

Bevor ich es vergesse, es wurde in der Einladung nicht extra darauf hingewiesen, gegen fünfzehnuhrdreißig gibt es noch für alle Kaffee und Kuchen. Ich wünsche euch allen einen vergnüglichen Nachmittag. Damit übergebe ich das Mikrofon an Barbara, die stellvertretende Leiterin vom Jugendamt Rosenheim, die ebenfalls noch einige Worte an euch richten will.“

Ich gab das Mikrofon an Barbara weiter, die zuerst alle Anwesenden begrüßte und sich für die ehrenamtliche Mitarbeit der Helfer bedankte. Nach der Begrüßung erklärte sie: „Ich muss euch jetzt noch ein Geständnis machen, ursprünglich war kein Zeltlager geplant. Peter hatte uns die Aufgabe übertragen mit den anderen Jugendämtern die Belegung des Gesindehauses mit benachteiligten Kindern und Jugendlichen zu organisieren.

In der anfänglichen Euphorie darüber, dass sich doch viele Kollegen der Jugendämter an dem Angebot beteiligen wollten, haben wir Anmeldungen entgegengenommen und Zusagen gemacht, die bei genauer Prüfung dazu führten, dass das Gesindehaus teilweise fast doppelt belegt war.

Als wir das Malheur bemerkten, habe ich mit den beiden Sozialarbeitern vom Gutshof und weiteren Mitarbeitern vom Gutshof überlegt, wie wir das Ganze noch retten können, ohne einigen Jugendämtern eine Absage schicken zu müssen. Dabei wurde die grandiose Idee mit dem Zeltlager geboren.“

Sie machte eine kurze Pause bevor sie weitersprach: „Jetzt hatten wir nur noch ein Problem, Peter, dem Geschäftsführer der Stiftung, von unserer euphorischen Überbuchung zu berichten und ihm den Vorschlag Zeltlager schmackhaft zu machen. In einer eigens einberufenen Sonderbesprechung, erklärten wir ihm, dass wir das Gesindehaus hoffnungslos überbucht hätten, aber bereits eine alternative Lösung für dieses Problem erarbeitet hätten.

Anfänglich war er wohl etwas ungehalten darüber. Vor allem, da ihn im Vorfeld keiner informiert hatte, dass es Probleme gibt. Nach einer längeren Diskussion erklärte er uns, dass er der Lösung nur zustimmen werde, unter der Voraussetzung, dass wir sonstige Gruppen, wie Pfadfinder, Sportvereine, oder ähnliche Institutionen zu diesem Zeltlager beisteuern könnten.

Witzigerweise hat Peter diesen Punkt fast im Alleingang erledigt, durch seine Gespräche nahmen während des Zeltlagers Kinder- und Jugendgruppen des Roten Kreuzes und des THWs teil. Glück hatte er vor allem beim THW, deren geplantes Zeltlager in Thüringen wegen Problemen mit dem geplanten Grundstück abgesagt werden musste. Der größte Teil der sonstigen Teilnehmer wurde vom THW beigesteuert.

Zusätzlich hat er die Anzahl der Teilnehmer der aus Spanien kommenden Gruppe mehr als verdoppelt, so dass in einzelnen Wochen, das Zeltlager mit rund zweihundertfünfzig Kindern und Jugendlichen belegt war. Das ist immerhin mehr als die dreifache Menge an Kinder und Jugendlichen, die pro Woche im Gesindehaus untergebracht werden können. Der einzige Haken dabei, wir dürfen zukünftig keine Anmeldungen entgegennehmen und auch keine Zusagen mehr erteilen. Die Buchung der Jugendämter läuft jetzt direkt über das Jugendhotel, mit einer eigenen Software, an die alle zukünftigen Jugendhotels angeschlossen werden. Dort wird die gesamte Reservierung überwacht und bei Erreichen der Grenzen, Alternativen, sofern noch vorhanden angeboten. Für das Haus in Österreich können bereits Buchungen für das kommende Jahr vorgenommen werden.

Peter hat bereits angekündigt, dass er das Angebot an Ferienmöglichkeiten in den nächsten Jahren weiter ausbauen will. In Deutschland soll es zukünftig mindestens zwei weiter Jugendhotels geben, in der Mitte und im Norden Deutschlands. Gesucht wird derzeit auch in Spanien, sowohl auf dem Festland als auch auf den Inseln.“

Wieder war eine kurze Pause, bevor Barbara weitersprach: „Während des Zeltlagers gab es mindestens zwei außergewöhnliche Ereignisse, die keiner vorausplanen konnte. Zum einen war das ein minderjähriger Jugendlicher aus einem Kinderheim in Thüringen, der hier, während seines Aufenthalts im Zeltlager, einen Ausbildungsplatz in einer Rosenheimer Gärtnerei gefunden hat, nachdem er in seiner Heimat Thüringen nur Absagen bekommen hatte.

Bis zu seiner Volljährigkeit und zum Abschluss seiner Ausbildung wird er jetzt vom Jugendamt in Rosenheim betreut, das auch die Zustimmung gab, dass der Jugendliche derzeit in einem Gästezimmer der Wohngemeinschaft seines Ausbilders untergebracht ist bis er, im kommenden Jahr, in eine Wohnung in unserem neuen Gemeinschaftsprojekt mit der Stiftung einziehen kann.

Die Stiftung errichtet auf dem Gutshofgelände acht neue Wohnhäuser, wovon zwei Häuser nur für volljährige Jugendliche gedacht sind, die mit Erreichen der Volljährigkeit aus den Kinderheimen ausziehen müssen und vom Jugendamt bis zum Abschluss ihrer Ausbildung betreut werden.“

„Der wohl spektakulärste Fall während des Zeltlagers ist ein vierzehnjähriger spanischer Jugendlicher aus einem Kinderheim in Madrid, der von seinem im Gutshof arbeitenden und lebenden Onkel als sein eigener Neffe identifiziert wurde. Rafael wurde als Baby von den Eltern seines minderjährigen Bruders und seiner ebenfalls minderjährigen Freundin gezwungenermaßen zur Adoption freigegeben.

Seit dem Tod von Rafaels Adoptiveltern vor rund sechs Jahren lebte er im Kinderheim in Madrid und gehörte zu der Gruppe spanischer Kinder und Jugendlichen, die am Zeltlager teilnahmen. Sein Onkel stellte in Spanien einen Adoptionsantrag für seinen Neffen und dieser lebt inzwischen hier auf dem Gutshof bei ihm, nachdem die spanischen Behörden der Adoption zugestimmt hatten. Sie konnten in ihren Unterlagen nachvollziehen, dass er der Onkel des Jugendlichen ist. Auch hier sind wir für die nächsten Monaten zuständig geworden und betreuen sowohl den Jugendlichen, ebenso wie seine beiden Adoptivväter.“

Nach einer erneuten kurzen Pause erklärte Barbara: „Ich hoffe, dass ihr als ehrenamtliche Helfer viele positive Erlebnisse hattet, die euch für den zeitlichen Aufwand entschädigen. Ansonsten wünsche ich euch noch einen erholsamen Nachmittag. Falls Fragen bestehen, könnt ihr sowohl Peter als auch mich im Laufe des Nachmittags hier im Zelt direkt ansprechen. Ansonsten bin ich im Jugendamt Rosenheim und Peter hier am Gutshof zu erreichen.“

Bernhard nahm Barbara das Mikrofon ab und fragte mich, ob wir die Technik weiterhin benötigen, oder er wieder alles abschalten kann. Ich ließ mir noch einmal das Mikrofon von Bernhard geben und fragte in die Runde, ob es weitere Redner gäbe, die noch etwas beitragen möchten.

Sebastian meldete sich und erklärte, dass er auch noch etwas zu erzählen hätte, er aber erst in etwa zehn Minuten die Zeit dazu hätte. Ich fragte noch einmal nach, ob es weitere Redner gebe, die etwas erzählen wollen. Diesmal meldete sich Harald, unser Caterer, der meinte er würde auch gerne etwas erzählen. Er kam zu mir und ich gab ihm das Mikrofon.

Harald stellte sich auf das Podest und verkündete: „Ich habe mit Peter bereits heute Morgen gesprochen und ihn gebeten, ob das Zelt nicht dauerhaft stehen bleiben könne und für weitere Veranstaltungen genutzt werden kann. Er hat mir mitgeteilt, dass das Zelt vorerst, wegen der Bauarbeiten, nicht stehen bleiben kann. Wir sind aber so verblieben, dass wir uns zum Thema Zelt noch einmal zusammensetzen können, wenn die geplanten Wohnhäuser fertiggestellt sind.

Für weitere Veranstaltungen, könne jedoch vorerst der große Saal im Gutshaus genutzt werden. Auf seine Anregung hin habe ich mit Sebastian und weiteren Mitarbeitern des Gutshofs gesprochen. Wir werden in nächster Zeit ein Konzept für weitere Veranstaltungen erarbeiten. Angeregt wurden Veranstaltungen wie Konzerte von einheimischen Bands, Auftritte von Comedians, eventuell Theaterabenden oder ähnlichen Veranstaltungen. Mein vordringlichster Wunsch ist eine große Silvestergala mit Dinner und verschiedenen Showeinlagen am einunddreißigsten Dezember. Ich bitte um Handzeichen, wer sich für das Silvester-Dinner interessieren würde.“

Sowohl ich als auch Harald blickten in die Runde, immerhin gingen einige Hände nach oben, ich schätzte so etwa zwanzig Prozent der Anwesenden könnten sich für diese Veranstaltung interessieren. Harald meinte dazu: „Wie ich sehe, da gibt es einige Gäste, die sich vorstellen können, den Rutsch ins neue Jahr bei einem gemütlichen Silvester-Dinner zu erleben.

Ich will ihnen jetzt noch nichts versprechen, aber ich werde meine ganze Kraft dafür einsetzten, damit wir diese Veranstaltung am Jahresende durchführen können. Wenn sie weitere Anregungen für Veranstaltungen haben, können sie mich jederzeit kontaktieren. Meine Kontaktdaten finden sie auf unserer Webseite baumann-catering.de. Ich wünsche ihnen noch einen schönen Nachmittag.“

Er drückte mir wieder das Mikrofon in die Hand. Ich blickte zu Sebastian, der mir bedeutete, dass er in einer Minute zur Verfügung stehe. Ich kündigte ihn schon einmal an und fragte, ob sonst noch jemand ein Anliegen habe, das er vortragen möchte, der wolle sich doch während Sebastian erzählt, bei mir oder Barbara melden. Sebastian war inzwischen nähergekommen und so übergab ich ihm das Mikrofon.

Er stellte sich ebenfalls auf das kleine Podest, damit ihn jeder sehen konnte und sagte: „Hallo Leute, die meisten wissen, dass ich in den letzten zehn Wochen für das Essen der Kinder und Jugendlichen verantwortlich war. Nun zu dir Barbara, ich fürchte, du wirst in Zukunft noch ein wenig mehr Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen vom Zeltlager bekommen.

Bei mir liegen derzeit bereits zwei Bewerbungen von Zeltlager-Gästen vor, die einen Ausbildungsplatz für das kommende Jahr suchen. Bei Manuel liegt ebenfalls eine Bewerbung vor. Tim hat mir verraten, dass er zwei Bewerbungen vorliegen hat. Ob für die kaufmännischen Berufe oder für die IT-Abteilung Bewerbungen vorliegen, kann ich euch leider nicht sagen, die Informationen müsste eventuell Peter kennen.

Alle Bewerbungen die bei mir, Tim und Manuel vorliegen stammen von Jugendlichen, die in Kinderheimen in Thüringen und Hessen leben. Wenn wir alle nehmen, brauchen wir nächstes Jahr bereits fünf Wohnungen nur für die diese Jugendlichen. Dazu Richie, der bereits heuer bei Manuel angefangen hat.“

Er machte eine kurze Pause, die Bernhard nutzte und erklärte: „Soweit ich mitbekommen habe, liegen bei uns sogar drei Bewerbungen vor, eine aus Thüringen und zwei aus Hessen. Die Details kann euch nur Philipp sagen, auf dessen Schreibtisch die Bewerbungen gelandet sind.“

Sebastian erzählte weiter: „Ansonsten bin ich froh, dass die zehn stressigen Wochen jetzt erst einmal vorbei sind. Klar hat es mir und meiner Mannschaft Spaß gemacht für die Kinder und Jugendlichen zu kochen und ich war überrascht davon, dass verhältnismäßig wenig am Essen herumgenörgelt wurde oder sogar zurückgegangen ist. Wie Peter euch schon erklärt hat, gibt es heute die drei Spitzenreiter, die sich in den zehn Wochen herauskristallisiert haben. Was mich aber weit mehr fasziniert hat, ist die Tatsache, dass zwei der Gerichte sogar die Spitzenreiterrolle bei den Mittagsmenüs im Restaurant eingenommen haben. An dritter Stelle stehen die die Gemüsenudeln in Curryrahmsauce. Den zweiten Platz belegt der Gemüseauflauf mit Hähnchengeschnetzeltem in Sauerrahmsauce.

Damit ist klar, welches Gericht der absolute Topfavorit in den zehn Wochen war, den Renner hatten wir erst eine Woche vor dem Start des Zeltlagers kreiert. Der Lager-Burger, wie wir ihn getauft hatten, ist der absolute Renner. Nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen, er war auch bei den im Restaurant verkauften Mittagsmenüs das beliebteste Gericht in diesen Wochen.

Er machte eine kurze Pause bevor er weitersprach: „Ich möchte mich an dieser Stelle bei Manuel und seiner Mannschaft im Gartenbaubetrieb bedanken, die uns durchgehend mit dem notwendigen Mengen an frischem Gemüse und den Kräutern beliefern konnten. Vor allem, er hat mich regelmäßig davon informiert, wo er aktuell Überschüsse in der Produktion hat, die regelmäßig in unsere Planung eingeflossen sind.

Manuel hat mir gestern erklärt, dass er noch nie so wenig der Kompostierung zuführen konnte wie in diesen zehn Wochen, da wir auch das Gemüse verwertet haben, das optisch nicht der Handelsklasse eins entspricht. Ein weiterer Punkt, der mir aufgefallen ist, unsere kalten Teekreationen mit verschiedenen Fruchtsäften gemischt, waren an manchen Tagen mehr gefragt als die sonst üblichen Kaltgetränke.

Ich hatte mal einige Kids befragt, warum sie diese Getränke bevorzugen gegenüber den sonstigen angebotenen Sachen. Die beste Antwort, die ich darauf erhalten habe, war folgende: Bei uns im Kinderheim sind wir es gewohnt, dass viel Tee getrunken wird, aber solche Tees, die es hier gibt, hätte es dort noch nie gegeben. Allein die verschiedenen Teesorten verlocken zum ständigen Probieren, welche am besten schmeckt.

So, bevor ich euch noch länger mit meinen Erkenntnissen aus den zehn Wochen langweile, übergebe ich das Mikrofon wieder an Peter, damit weitere Freiwillige von ihren positiven oder vielleicht auch negativen Erlebnissen und Erkenntnissen berichten können“ erklärte Sebastian und drückte mir das Mikrofon in die Hand.“

Bevor ich einem weiteren die Chance geben wollte, erklärte ich: „Barbara, ich kann für den Verwaltungsbereich mit momentan fünf weiteren Bewerbungen aufwarten, aber nicht alle stammen von Jugendlichen aus Kinderheimen. Was mich weitaus mehr gewundert hat, inzwischen liegen uns weitere Acht oder neun Bewerbungen vor, für die vor kurzem eingerichteten verschiedenen Bereiche des Handwerkerverbundes der Eduard Obermeier GmbH.

Dazu sollte ich vielleicht etwas mehr erklären. Wir haben kurz vor Beginn des Zeltlagers die vorgenannte GmbH übernommen, da sie aus Altersgründen verkauft werden sollte. Wir hatten vorher festgestellt, dass wir im Jahr insgesamt bis zu einer halben Million an Mieteinnahmen verlieren, weil Wohnungssanierungen und -renovierungen durch Zeitmangel bei den Handwerksbetrieben erheblich verzögert werden.

Wir haben das Spektrum der GmbH vom ursprünglichen Elektro- und Sanitärhandwerk erweitert auf Maurer, Maler, Trockenbauer, Boden- und Fliesenleger sowie Heizungs- und Klimaanlagenbauer. Ein Teil unserer eigenen Handwerker arbeitet derzeit schon bei der Renovierung des Jugendhotels in Österreich mit, die durch ortsansässige Handwerksunternehmen verstärkt werden, um eine möglichst kurze Umbauzeit zu gewährleisten.“

Nach einer kurzen Pause sprach ich weiter: „Bevor ich mich noch weiter vertiefe, Barbara, wir werden fast eines der Häuser mit Jugendlichen belegen, die möglicherweise aus Kinderheimen kommen und teilweise noch nicht einmal volljährig wären. Wie sieht da die rechtliche Lage aus? Vor allem, wenn die Bewerber aus Kinderheimen bei Beginn der Ausbildung das siebzehnte Lebensjahr bereits überschritten haben, müssen die dann erst für einen Übergangszeitraum von weniger als zwölf Monaten in ein Kinderheim in Rosenheim oder können diese direkt einziehen?“

Ich drückte ihr das Mikrofon in die Hand und wartete auf ihre Antwort: „Peter, wenn du mich so direkt fragst, eine Unterbringung aller Jugendlichen in Ausbildung, egal ob volljährig oder nicht, in den neuen Gebäuden ist kein Problem, da ihr zwei Sozialarbeiter vor Ort habt, die als verlängerter Arm des Jugendamts, also des Amtsvormunds gelten.

Sie betreuen die minderjährigen Jugendlichen und können damit alle Unterschriften als Vormund für diese Jugendlichen leisten. Das ist möglich, denn unser Konzept sieht eine Mischform aus Jugendwohnheim und selbständigem Wohnen von Jugendlichen vor. Das ist der Vorteil, den die gewählte zentralisierte Unterbringung der Jugendlichen mit sich bringt. Wichtig ist nur, dass immer ein Sozialarbeiter vor Ort als Ansprechpartner vorhanden ist.“

Sie überlegte scheinbar kurz, bevor sie weitersprach: „Genau diese Voraussetzungen erfüllen die beiden Gebäude im Gutshof. Wir haben mit den Plänen von Jason und Jenifer bereits die Anerkennung als Jugendwohnheim für beide Gebäude als eine Einheit beantragt und darauf hingewiesen, dass in einem weiteren Gebäude auf dem Grundstück, bereits zwei Dienstwohnungen und ein gesondertes Büro für die beiden Sozialpädagogen vorhanden sind.

Ein weiterer Punkt ist eure Kantine im Gesindehaus, weil dort die Minderjährigen regelmäßig mit vernünftiger Ernährung versorgt werden können, und das die ganze Woche durchgehend, drei Mahlzeiten täglich.“

Sie drückte mir wieder das Mikrofon in die Hand und ich sagte zu allen: „Jetzt verstehe ich auch, warum ihr zukünftig weg wollt von den einzelnen Wohnungen, da ihr euch damit eine getrennte Einrichtung eines Jugendwohnheimes erspart. Sehe ich das richtig, dass dort auch minderjährige Jugendliche untergebracht werden können, die wegen ihrer Ausbildung ihren regelmäßigen Aufenthaltsort verlegen und trotzdem weiter die Eltern ihre Erziehungsberechtigten bleiben?“

Barbara nickte und bestätigte damit meine Vermutung. Ich erklärte dann: „Wenn ich ein weiteres Gebäude entsprechend umwidme und umplane, kann das nachträglich mit in den Verbund aufgenommen werden, wir könnten damit die Kapazität auf über fünfzig Wohnungen erhöhen, zusätzlich je zwei Wohnungen im Dachgeschoß, wenn wir auf die Gemeinschaftsräume in zwei Gebäuden verzichten können. Damit hätten wir insgesamt achtundfünfzig Wohnungen, die dann für Jugendliche zur Verfügung stehen. Das dritte Gebäude würde ich vorerst ausschließlich mit Jugendlichen belegen, die eine Ausbildung in einem Unternehmen der Gutshofgruppe absolvieren.“

Barbara wollte mich schon unterbrechen, doch ich winkte ab und erklärte weiter: „Wenn ich mir anschaue, dass derzeit mindestens einundzwanzig Bewerbungen vorliegen, wenn wir nur die Hälfte der Auszubildenden einstellen und alle davon aus auswärtigen Kinderheimen kommen, zusätzlich Richie berücksichtigen, Toni sowie Dennis und Felix mitrechnen, füllen wir bereits das dritte Gebäude fast vollständig nur mit unseren zukünftigen Mitarbeitern. Bei zwei Gebäuden würde nur noch ein Gebäude für die Unterbringung von Jugendlichen des Rosenheimer Jugendamts zur Verfügung stehen.“

Barbara schnappte sich wieder das Mikrofon und erklärte: „Peter, nach unserer Planung hätten die beiden Gebäude für den Bedarf des Jugendamtes Rosenheim sicher ausgereicht. Dadurch, dass euch so viele Bewerbungen von Jugendlichen aus Hessen und Thüringen vorliegen, wird unsere sorgfältige Planung komplett auf den Kopf gestellt. Wir könnten in den kleinen Wohnungen zwar eine Doppelbelegung vornehmen, was sich zumindest anbietet, wenn es sich um ein Pärchen handelt, damit wäre es möglich eine höhere Kapazität zu erreichen.

Während ich ihren Worten lauschte und darüber nachdachte, erklärte sie weiter: „Sicherer wäre zumindest ein drittes Gebäude. Vor allem, wenn ich davon ausgehe, dass in Zukunft weitere Kandidaten aus den Kinderheimen ihre Bewerbung bei euch abgeben. Ich habe noch eine Bitte, könnt ihr mir eine Aufstellung der Bewerbungen machen die alle Jugendlichen enthält, die aus auswärtigen Kinderheimen kommen und aus welchem Haus sie stammen. Wir werden auf alle Fälle mit den zuständigen Jugendämtern Kontakt aufnehmen, damit die Abwicklung und Übernahme reibungslos funktioniert.“

Barbara wollte mir das Mikrofon zurückgeben, doch Bernhard schnappte es mir vor der Nase weg und erklärte: „Ich glaube, ich kann euch erklären, wie es zu den vielen Bewerbungen von Jugendlichen aus Kinderheimen gekommen ist. Dadurch, dass wir während des Zeltlagers in fast allen Betriebsteilen des Gutshofes den Jugendlichen einen Einblick in die Arbeitswelt geben konnten und zusätzlich gefragt wurden, ob wir auch ausbilden, haben wir vermutlich die Grundlage für diese Flut an Bewerbungen ausgelöst.

Von den beiden Bewerbungen für den landwirtschaftlichen Bereich weiß ich von Jonas, dass die beiden Jungs an mehreren Tagen, während ihres Aufenthalts im Zeltlager, in der Landwirtschaft mitgeholfen haben. Bei den drei Bewerbungen in der IT-Abteilung waren die zwei Jungs und das Mädchen ebenfalls mehrmals bei uns. Ich gehe deshalb davon aus, dass ähnliches bei den Handwerkern gelaufen sein könnte, die tageweise die Jugendlichen mit auf die Baustellen mitgenommen haben und ihnen gezeigt haben, welche Möglichkeiten bei uns bestehen. Manuel hat Benjamin gegenüber vor ein paar Tagen erwähnt, dass bei einer der Bewerbungen schon damals die Vermutung aufkam, dass sie sich bei uns bewerben könnte. Philipp hat bei einer internen Besprechung bereits angekündigt, dass er nach den bisher vorliegenden Bewerbungsunterlagen alle drei zu einem Bewerbungsgespräch einladen wird und sie auch einstellen will, wenn sie bei ihrer Bewerbung bleiben sollten.

Wir haben uns mit dieser Aktion während des Zeltlagers, als Ausbildungsbetrieb mit einer Vielfalt an Möglichkeiten angeboten. Richie, bist du zufälligerweise hier im Zelt, dann komm zu uns und erklär’ uns, warum du hier bei uns deine Ausbildung machst.“

Er schaute sich um und entdeckte Richie, der langsam auf uns zukam. Als er vor ihm stand drückte er ihm einfach das Mikrofon in die Hand. Richie überlegte kurz, dann erzählte er: „Mein Name ist Richard Ortler, ich lebte bis vor kurzem in einem Kinderheim in Thüringen. Ich habe im Alter von elf Jahren meine Eltern und meine Großeltern durch einen schweren Unfall verloren, den ich als einziger überlebt habe. Da keine weiteren Verwandten existierten, wurde ich nach monatelangem Krankenhausaufenthalt und einer anschließenden Rehabilitationsmaßnahme im Kinderheim untergebracht. Ich habe seit Herbst vergangen Jahres verzweifelt nach einem Ausbildungsplatz zum Gemüsegärtner in Thüringen gesucht. Es hieß zwar immer, wir könnten uns auch anderswo bewerben, aber viele wollen nicht so einfach aus ihrer Heimat weg. So war das auch bei mir. Wenn ich mich nicht verrechnet habe, habe ich insgesamt rund dreißig Absagen bekommen. Ich hatte manchmal den Verdacht, dass die Absage auf die Tatsache, dass ich im Heim lebe zurückzuführen war.“

Er legte eine Pause ein, nahm einen Schluck aus seiner Flasche und erzählte weiter: „Ich habe mich am zweiten Tag unseres Aufenthalts, bei der Aktion zum Laden der Smartphones, mit Felix unterhalten und ihm erzählt, dass ich immer noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz zum Gemüsegärtner sei. Zwei Stunden später war Felix auf der Suche nach mir und als er mich gefunden hatte, erklärte er, dass er mich zu einem Vorstellungsgespräch entführen will.

Ich dachte zuerst, dass er mich auf den Arm nehmen will. Ich folgte ihm trotzdem ins Hofcafé, wo er mir Peter vorstellte. Peter unterhielt sich ein paar Minuten mit mir und fragte nach meinem Lebenslauf. Zehn Minuten später tauchten Manuel und Daniel im Café auf und setzten sich zu uns an den Tisch. Peter erklärte mir, dass Manuel mein Ausbilder wäre und sein Lebensgefährte Daniel derzeit eine verkürzte Ausbildung absolviert, da er bereits eine abgeschlossene landwirtschaftliche Ausbildung besitzt.“

Nach einer weiteren Unterbrechung fuhr er fort: „Da das Hofcafé schließen wollte, schleppten mich die vier ins Verwalterhaus, wo die beiden Jungs zusammen mit Jonas und Tim wohnen. Dort führten wir unser Vorstellungsgespräch zu Ende. Peter fragte mich, ob ich mit all den Informationen bei ihnen eine Ausbildung Anfang September starten will.

Ich erklärte, eigentlich würde ich schon gerne die Ausbildung beginnen, nur ich wohne eben in Thüringen. Es wurden mir verschiedene Vorschläge unterbreitet, wo ich unterkommen könnte. Eine der Möglichkeiten war unter anderem für ein Jahr das Gästezimmer im Verwalterhaus und danach in eine der vorher genannten Jugendwohnungen umzuziehen.

Klar habe ich mich für dieses Ausbildungsangebot entschieden. Noch hier habe ich mit meinem Betreuer gesprochen und alles in die Wege geleitet, damit ich hier meine Ausbildungsstelle antreten kann. Ich wohne jetzt seit Mitte August im einem Gästezimmer im Verwalterhaus und hab am ersten September bei Manuel in der Gärtnerei Winter meine Ausbildung begonnen. Ich habe den anderen Kindern im Kinderheim von den mir gebotenen Möglichkeiten bis hin zur Wohnung erzählt. Ich glaube, das hat bei einigen der Jüngeren die Bereitschaft eine Bewerbung für nächstes Jahr loszuschicken, gewaltig erhöht.“

Damit übergab er das Mikrofon wieder an Bernhard und kam zu mir und meinte: „Ich hätte einen Vorschlag für euch. Wenn ihr die Kids zu einem Vorstellungsgespräch einladen wollt, macht das an einem Wochenende und ladet alle aus dem gleichen Kinderheim auf einmal ein. Das erleichtert den Betreuern die Koordination für diese Aktion. Am besten Freitag die Anreise, samstags die Vorstellungsgespräche und sonntags wieder zurück ins Kinderheim. Ich helfe euch auch bei der Betreuung der Kids.“ Ich versprach ihm mir das so zu überlegen und ihn in unsere Überlegungen mit einzubeziehen.

Bernhard hatte in der Zwischenzeit wohl noch einiges ergänzt. Ich hörte nur noch: „und damit übergebe ich wieder an Peter.“ Er übergab mir wieder das Mikrofon. Ich fragte noch einmal nach, ob es noch weitere Wortmeldungen gäbe, nachdem sich keiner mehr meldete, erklärte ich Bernhard, er kann die Anlage jetzt abschalten.“

Ich wandte mich an Barbara und erzählte ihr von Richards Vorschlag. Sie schaute mich an und sagte zu mir: „Ich sehe schon, da habt ihr euch wieder einen jungen Mitarbeiter geangelt der mitdenkt. Du schmiedest wohl schon wieder neue Pläne, wie du die Ressourcen dieses jungen Mannes für eure Hilfe für Kinder und Jugendliche nutzen kannst. Ehrlich gesagt, ich finde seinen Vorschlag gut. Er sieht das schon richtig, dass eine Sammelvorstellungsveranstaltung auch ökologischer ist, als wenn jeder einzeln anreist. Auch uns erleichtert es die Arbeit. Wir könnten bei dem Event dabei sein und die Jugendlichen bereits kennenlernen, die wir zukünftig betreuen dürfen, sofern sie von auswärts kommen. Ansonsten lernen wir die Kandidaten erst kennen, wenn sie endgültig anreisen und ihre Ausbildung antreten.

Zu deinem Vorschlag, vorsichtshalber ein weiteres Haus in den Wohnheimverbund mit aufzunehmen, kann ich dir nur gratulieren. Ich befürchte, wenn sich das mit eurem Ausbildungsangebot für benachteiligte Jugendliche herumspricht, dass selbst dann deine Kapazitäten wieder nicht ausreichend sein werden.“

Ich schaute Barbara an und erklärte ihr: „Wir werden immer nur die Jugendlichen ausbilden, denen wir nach der Ausbildung auch einen Arbeitsplatz garantieren können. Was hilft es den jungen Leuten, wenn wir massenhaft ausbilden und anschließend müssen sie sich doch woanders einen neuen Job suchen. Sicher werden wir jedes Jahr Auszubildende einstellen. Die jetzt vorhandenen Mitarbeiter werden immer älter und gehen irgendwann in den Ruhestand. Mit dem Wachstum der Stiftung und der Gutshofgruppe brauchen wir zusätzlich jedes Jahr neue Arbeitskräfte und damit auch Auszubildende. Ich kann dir heute noch nicht einmal sagen, wie viele Auszubildende wir nächstes Jahr wirklich benötigen. Am besten ich lasse mir in den nächsten Tagen die Zahlen von der Personalverwaltung geben, dann können wir entscheiden, wie viele Jugendliche wir einladen. Ich denke, wir werden die Vorstellungsgespräche in den Weihnachtsferien durchführen, dann haben wir auch im Gesindehaus genügend Platz für alle Jugendlichen und brauchen uns auch nicht auf ein Wochenende beschränken. Mir schwebt da ein Zeitraum vom siebenundzwanzigsten Dezember bis zum zweiten Januar vor, unter anderem mit einer gemeinsamen Silvesterfeier mit unseren aktuellen Auszubildenden.“

Barbara meinte, dann wird sie sich diesen Termin gleich einmal vormerken, ich solle sie jedoch rechtzeitig informieren, falls sich noch etwas ändern sollte.

Am Montag, nach dem Essen für die Helfer, telefonierte ich mit unserer Personalabteilung wegen der bisher eingegangenen Bewerbungen um unsere Ausbildungsplätze im kommenden Jahr. Ich wollte wissen, wie viele Bewerbungen bisher insgesamt eingegangen seien und dass ich gerne eine Aufschlüsselung nach Ausbildungsberufen hätte und wie viele Ausbildungsplätze wir für die jeweiligen Berufsausbildung zur Verfügung stellen können.

Auch wollte ich wissen, wie viele Auszubildende wir in den einzelnen Ausbildungsjahrgängen hätten und wie sie sich nach Berufsgruppen aufteilen. Ich bat die Gruppenleiterin mit den Zahlen sich zu einem Gespräch bei mir in den nächsten zwei Tagen in meinem Büro einzufinden.

Sie meldete sich bereits am nächsten Morgen gegen neun Uhr und erklärte, dass sie alles aufbereitet hätte und wir uns zusammensetzen können. Sie würde gegen zehn Uhr bei mir im Büro sein, wenn der Termin in Ordnung gehe. Ich bestätigte ihr den Termin und trug ihn sofort in meinen Kalender ein.

Ich ging ins Büro zu Philipp und Marcus und fragte sie, wie viele Bewerbungen bei ihnen vorliegen und ob sie alle bereits der Personalabteilung bekannt seien. Marcus erklärte mir, die Bewerbungen sind alle über die Personalabteilung zu uns gekommen und wir haben bisher drei Bewerbungen, obwohl wir einen Bedarf von mindestens fünf Auszubildenden angemeldet haben. Er meinte: „Wir haben ja noch ein bisschen Zeit, bis in knapp einem Jahr das nächste Ausbildungsjahr beginnt.“

Pünktlich tauchte Gerlinde Bornemann in meinem Büro auf. In den nächsten zwanzig Minuten stellte sie mir ihre Zahlen für die Neubewerbungen um einen Ausbildungsplätze vor und wie viele Auszubildende derzeit bei uns beschäftigt sind. Sie beendete ihren Vortrag mit den Zahlen derjenigen, die in den nächsten zwölf Monaten ihre Ausbildung in der Gutshofgruppe beenden.

Mit meiner ersten Frage ging ich auf die Gesamtanzahl der Bewerbungen ein. Ich erklärte ihr, dass aus meiner Sicht nicht alle Bewerbungen im Personalbüro vorliegen würden. Sie schaute mich an und ich erklärte ihr, dass sie in ihrer Aufstellung nicht eine einzige Bewerbung aus dem handwerklichen Bereich berücksichtigt hätte. Nach den mir vorliegenden Informationen lägen dort insgesamt acht oder neun Bewerbungen vor.

Sie fragte, ob sie kurz mit dem Büro telefonieren könne, um abzuklären, wieso ihr diese Zahlen nicht genannt wurden. Nach dem Gespräch meinte sie, uns liegen keine Bewerbungen für die Obermeier GmbH vor.

Ich rief Eddie an und fragte ihn, wie viele Bewerbungen bei ihm eingegangen seien. Er erklärte mir, dass bei ihm auf dem Schreibtisch derzeit acht Bewerbungen liegen. Ich erklärte ihm, dass laut den Angaben der Personalabteilung für den handwerklichen Bereich keinerlei Bewerbungen eingegangen sind. Ich bat ihn, sämtliche Bewerbungen sofort bei mir vorbeibringen zu lassen, weil ich gerade dabei sei mit dem Personalbüro Vorstellungsgespräche vorzubereiten. Er meinte, er schicke Axel sofort mit den Unterlagen zu mir. Ich bat ihn, zukünftig alle Bewerbungen um Ausbildungsplätze immer zuerst an die Personalabteilung weiterzuleiten.

Da mir dieses Chaos mit den Bewerbungen um die Ausbildungsplätze nicht besonders gefiel, überlegte ich wie wir das zukünftig besser organisieren könnten, vor allem, nachdem Gerlinde mir auch noch erklärte, dass in der Personalabteilung, die Bewerber dem Sachbearbeiter zugeteilt werden, der für den Angangsbuchstaben des Familiennamens zuständig sei.

Ich fragte sie, ob sie sich vorstellen könne, dass zukünftig nur noch eine einzige Kollegin oder ein Kollege für alle Auszubildenden zuständig sei, und wer von ihren Leuten diese Aufgabe übernehmen könne.

Sie schaute mich an und wollte wissen, warum mir das so wichtig sei, es wäre doch immer schon so gewesen.

Ich verstand zwar ihre Frage. Was mir jedoch missfiel, war ihre Aussage, dass das schon immer so gewesen sei. Ich erklärte ihr: „Grundsätzlich missfällt mir deine Aussage, dass es schon immer so gewesen sei. Mit den wachsenden Aufgaben einer Personalabteilung, bei immer mehr Mitarbeitern, kann man auch über eine mögliche Neuorganisation der Verwaltung nachdenken. Immerhin bekommt die Personalabteilung zum Jahresende eine erste Außenstelle im österreichischen Jugendhotel dazu. Wer kann jetzt schon voraussehen, wie sich das in den kommenden Jahren entwickeln wird.“

Weiter erklärte ich ihr: „Ich habe mir überlegt einer Anregung nachzukommen. Zukünftig wird eine andere Herangehensweise an die Einstellungsgespräche bei Auszubildenden für unseren Firmenverbund einzgeführt. Zwischen Weihnachten und Neujahr planen wir einen zentralen Event im Jugendhotel, Gesindehaus oder einem der anderen Jugendhotels, zu dem alle Bewerberinnen und Bewerber auf unsere Kosten eingeladen werden.“

Wieder schaute sie mich fragend an, so dass ich weiter erklärte: „Soweit ich mitbekommen habe, liegen uns einige Bewerbungen aus Kinderheimen in Thüringen und Hessen vor. Wollen wir denen von vorneherein eine Absage schicken oder jeden einzeln zu Vorstellungsgesprächen einladen? Ich habe mit dem Jugendamt bereits darüber gesprochen, da hier besondere Anforderungen auf uns zukommen werden, weil wir die Jugendlichen hier unterbringen müssen und sie bis zu ihrer Volljährigkeit durch unser Jugendamt weiterbetreut werden. Auch das Jugendamt möchte die Kandidaten, die zu uns kommen, von Anfang an kennen lernen und umfassend betreuen.“

Sie schaute mich immer noch unsicher an und meinte: „So weit bin ich bei meinen Überlegungen bisher nicht gekommen. Vor allem war mir nicht bewusst, welche sonstigen Aufgaben dadurch auf uns zukommen. Ich denke, deine Forderung nach einem eigenen Ausbildungsbeauftragten, der sich auch um diese Belange kümmern kann, ist damit begründet.“

Immerhin hatte sie jetzt verstanden, warum ich den Ausbildungsbereich neu organisieren wollte. Ich schlug ihr vor, dass der oder die für die Auszubildenden zuständige Mitarbeiter oder Mitarbeiterin zukünftig einen Dienstsitz im Gutshof haben wird, aber weiterhin der Personalabteilung zugeordnet bleibt, sozusagen eine weitere Außenstelle der Personalabteilung.

Nach kurzer Überlegung meinte sie: „Ich hätte da vielleicht jemanden, der für genau für diese Aufgaben geeignet sein könnte. Nur leider hätte er bereits angekündigt uns mit dem Ende seiner Ausbildung zu verlassen. Er hatte mich vor wenigen Tagen angesprochen, ob er zukünftig in der Personalabteilung arbeiten könne, und ich habe es abgelehnt, mit der Begründung, dass wir derzeit nicht beabsichtigen die Personalabteilung zu verstärken.“

Während sie noch weiter überlegte, fragte ich sie, in welcher Abteilung sich der junge Mann derzeit befinde und wer der Gruppenleiter sei.

Sie antwortet mir: „Florian Untersberger ist zurzeit in der Marketingabteilung bei Dieter untergebracht.“

Nachdem ich mir die Durchwahl herausgesucht hatte, rief ich direkt bei Dieter an und erklärte ihm, dass er Florian Untersberger auf dem schnellsten Weg zu mir ins Büro im Gutshof schicken soll und Florian sich bei Petra, meiner Assistentin, melden solle. Ich hörte, wie er meinen Wunsch direkt weitergab und meinte, Florian wird vermutlich in knapp zwanzig Minuten bei euch sein.

Ich informierte Petra kurz, dass ein Florian Untersberger auf dem Weg zum Gutshof sei und sie ihn sofort in mein Büro bringen soll, wenn er eintrifft.

In der Zwischenzeit erläuterte ich ihr meine konkreten Überlegungen, welche Aufgaben ich mir für den neuen Ausbildungsbeauftragten vorstelle, egal ob Florian Untersberger den Job annehme oder wir notfalls einen neuen Mitarbeiter suchen müssten. Ich fragte sie, ob die Unterlagen der Mitarbeiter bereits vollständig digitalisiert und in den Personalakten hinterlegt seien. Sie meinte, bis jetzt sind die aktuellen Neubewerbungen für die Ausbildungsplätze noch nicht digitalisiert, das werde erst nach den Vorstellungsgesprächen erfolgen, wenn die Ausbildungsverträge ausgefertigt werden.

Meine nächste Frage war, ob wir bereits eine geeignete Software für die digitale Verwaltung der Bewerbungen einsetzen. Sie erklärte mir hierzu, dass diese bisher nur bei der Bearbeitung der Bewerbungen für neue Mitarbeiter eingesetzt wird, nicht jedoch bei den Bewerbungen für Auszubildende.

Ich rief bei Marcus an und fragte ihn, ob es bei der Software für die Personalverwaltung ein eigenes Modul für die Bearbeitung der Bewerbungen für Auszubildende gebe oder gegebenenfalls die vorhandene Software verwendet werden kann. Er meinte, es gibt zwar ein eigenes Modul dafür, aber bisher wird das bei uns nicht eingesetzt.

Meine nächste Frage ging dahin, wie schnell er das Modul aktivieren könne und für den Einsatz einrichten könne. Marcus erklärte, dass das Modul grundsätzlich aktiviert ist, wir müssten nur die Zugriffsberechtigungen einrichten. Ich versprach ihm, mich wieder zu melden, wenn feststehe, wer damit zukünftig arbeiten solle.

Mir war nicht aufgefallen, dass die zwanzig Minuten schon abgelaufen sind als Petra ins Zimmer kam und Florian bei uns ablieferte. Ich bat Florian sich zu uns zu setzen und nachdem er sich gesetzt hatte, fragte ich ihn frech: „Kannst du dir vorstellen, warum ich darauf bestanden habe, dich kurzfristig in meinem Büro einzufinden.“

Er schaute zuerst mich, dann Gerlinde an und erklärte: „Keinen blassen Schimmer, warum ich hierherkommen soll. Ich kann höchstens vermuten, dass es etwas mit meiner Ankündigung zu tun hat, dass ich mit dem Ende der Ausbildung die Firma verlassen will.“

Ich lachte und erklärte ihm: „Direkt hat es nicht unbedingt mit deiner Ankündigung zu tun, aber mich würde trotzdem interessieren, warum du uns verlassen willst. Zusätzlich will ich von dir wissen, ob du bereits woanders einen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben oder in Aussicht hast.“

Florian schaute mich an und sagte: „Zu deiner zweiten Frage kann ich dir sofort sagen, dass ich mich bisher noch nirgends beworben habe, da dieses Gespräch erst Anfang letzter Woche stattgefunden hat. Die Erklärung, warum ich gehen will, ist etwas komplizierter zu sehen.“

Ich bat ihn, mir den komplizierteren Vorgang genauer zu erläutern und so meinte er: „Ich habe letzte Woche mit Gerlinde darüber geredet, dass ich nach Abschluss meiner Ausbildung gerne in die Personalabteilung wechseln möchte, weil mir die Arbeit in dieser Abteilung während der Ausbildung am besten gefallen hätte und ich mir vorstellen könnte, dort bis zu meinem Eintritt in die Rente arbeiten zu können. Da sie mir erklärte, dass die Personalabteilung in nächster Zeit nicht personell verstärkt wird und auch niemand ausscheiden wird, sei es aktuell schwierig, mich im Personalverwaltungsbereich unterzubringen. Ich habe zwar erklärt, dass ich mir das noch einmal überlegen will, ich mir aber auch die Möglichkeit offenhalte und mich anderweitig um einen Arbeitsplatz in einer Personalabteilung bewerben will.“

Da er mir damit erklärt hatte, wie die Ankündigung zu verstehen ist, fragte ich ihn, ob er sich vorstellen könne, hier im Gutshof eine neu geschaffene Stelle anzutreten, die mit der Personalabteilung zusammenarbeiten wird, aber deren Mitarbeiter dem Chef der Gutshofverwaltung direkt unterstellt ist.

Gerlinde hatte mich bei der Formulierung angeschaut und wollte schon etwas dazu sagen. Ich bedeutete ihr, vorerst keinen Kommentar zu meiner Aussage abzugeben. Sie blieb ruhig und wir warteten auf seine Antwort. Da Florian immer noch überlegte, ergänzte ich: „Der neue Mitarbeiter sollte spätestens morgen diesen neu geschaffenen Arbeitsplatz übernehmen.“

Er reagierte endlich und meinte: „Dann kann ich die Stelle gar nicht antreten, ich bin bis Januar nächsten Jahres noch als Auszubildender im Unternehmen beschäftigt.“

Ich lachte kurz und meinte: „Das ist für mich kein Hinderungsgrund, dass eine neu geschaffene Stelle mit einem Auszubildenden besetzt wird, der kurz vor seinem Abschluss steht. Die wenigen Monate bis zu deiner Prüfung sind aus meiner Sicht sogar als eine Chance für dich zu sehen, da du damit bereits jetzt erfährst, womit du dich dauerhaft nach deiner Ausbildung im Unternehmen beschäftigen wirst. Ich habe dich nicht gefragt, ob du eine bestimmte Stelle antreten willst, sondern ob du dir vorstellen kannst eine Stelle im Gutshof anzutreten.“

„Ach so hast du die Frage gemeint,“ erwiderte er, „die Frage kann ich eindeutig mit einem Ja beantworten. Verstehe ich dich richtig, dass ich damit den Arbeitsplatz immer noch ablehnen kann, wenn mir die Definition der Aufgaben, die ich zu übernehmen hätte, nicht zusagen?“

Gerlinde schaute mich wieder an, deshalb erklärte ich: „Mir war in einem ersten Schritt wichtig zu wissen, ob du dir überhaupt vorstellen kannst hier zu arbeiten und nicht im Stadtbüro. Hättest du gesagt nein, hätte ich dich jetzt wieder zurück ins Marketing geschickt. Mit deinem Ja hast du jetzt eine Grundlage geschaffen, dir zu erklären um, was es bei dem neuen Job überhaupt geht.

Hätte ich dir vorher ausführlich erklärt, um was es sich handelt, hättest du mir am Ende sagen können, der Arbeitsplatz würde dir gefallen, aber nicht als Mitarbeiter am Gutshof. Das wäre damit für uns beide nur Zeitverschwendung gewesen, da der Arbeitsplatz nur in meiner Nähe angesiedelt sein kann.“

Bevor ich mich weiter mit ihm unterhalten wollte, bat ich ihn, kurz auf dem Flur zu warten. Ich müsste kurz etwas mit Gerlinde unter vier Augen klären. Er verließ mein Büro direkt durch die Tür zum Flur.

Ich wandte mich an Gerlinde und erklärte ihr: „Die Details würde ich gerne mit Florian unter vier Augen besprechen. Du kannst wieder ins Stadtbüro zurückkehren. Lass’ mir deine Unterlagen bitte vollständig hier. Ich gehe grundsätzlich davon aus, dass er mir eine Zusage geben wird. Veranlasse bitte in deiner Abteilung, alle eingehenden Unterlagen, die Bewerbungen von Auszubildenden enthalten, ab sofort direkt zum Gutshof weiterzuleiten. Und bereite deine Kollegen vor, dass in den nächsten zwei bis drei Wochen alle noch aktuellen Ausbildungsverhältnisse an die neu geschaffene Stelle abgegeben werden. Falls er sich doch dagegen entscheiden soll, kannst du dir überlegen, wer gegebenenfalls den Arbeitsplatz ausfüllen kann oder ich suche mir jemand von meinen Leuten am Gutshof. Ich melde mich bei dir, so bald hier alles geklärt ist.“

Sie erklärte mir, sie werde sofort nachschauen, ob einer der anderen Auszubildenden dafür geeignet erscheint, vielleicht bin ich bis zu deinem Anruf bereits fündig geworden. Sie verabschiedete sich und schickte beim Verlassen meines Büros wieder ins Zimmer.

Ich meinte zu ihm: „So, dann werden wir uns jetzt deinen neuen Aufgaben widmen, die ich für dich vorgesehen habe. Die neu geschaffene Stelle bekommt die Bezeichnung Ausbildungsbeauftragter. Ich weiß, es klingt vielleicht komisch, aber du bist damit zuständig für alle Auszubildenden in der gesamten Gutshof-Gruppe und der Stiftungsverwaltung. Das beginnt bei der Bearbeitung der eingehenden Bewerbungen, Vorbereitung der Bewerbungsgespräche, die Ausfertigung der Ausbildungsverträge, die Anmeldung der Auszubildenden bei der IHK oder den Handwerkskammern, und endet mit dem Zeitpunkt, wo ihre Ausbildung abgeschlossen ist.“

Er schaute mich an und erklärte mir: „Wow, dass hört sich sehr interessant an, zuständig für alle Auszubildenden, von der Bewerbung bis zum Abschluss der Ausbildung. Jetzt verstehe ich auch deine Aussage mit der Personalabteilung zusammen zu arbeiten. Am Ende übergebe ich die Ausgebildeten an die Personalabteilung.“

„Deine erste Aufgabe wird sein, die inzwischen bereits vorliegenden Bewerbungen für das kommende Jahr in der neu einzurichtenden Ausbildungsverwaltung anzulegen, zu einem noch festzulegenden Zeitpunkt übernimmst du zusätzlich alle aktuell vorhandenen Auszubildenden,“ erklärte ich ihm.

Ich meinte weiter: „Wir werden alle neuen Auszubildenden vom siebenundzwanzigsten Dezember bis zum zweiten Januar zu einem Vorstellungsevent einladen und in der Zeit im Gesindehaus unterbringen, mit Rahmenprogramm sowie Vorstellungsgesprächen. Die Vorbereitung fällt zwar in dein Aufgabengebiet, aber du kannst für das Rahmenprogramm auf Armin, unseren Eventmanager, zugreifen.“

Er schaute mich an und fragte: „Habe ich das eben richtig verstanden? Ihr wollt ab diesem Jahr keine herkömmlichen Einstellungsgespräche bei Auszubildenden führen, sondern alle Bewerber um die Ausbildungsplätze zu einem fünf- oder sechstägigen Kennenlernen auf den Gutshof einladen und in diesem Rahmen die Bewerbungsgespräche durchführen.“

„Ja“ meinte ich, „das ist aktuell der Plan. Wir haben dieses Mal viele Bewerbungen von Jugendlichen, die aus Kinderheimen in Hessen oder Thüringen kommen. Um sie, aber auch alle anderen Bewerber, besser kennenzulernen, kam die Idee auf, neue Wege bei der Einstellung der Auszubildenden zu gehen. Für die auswärtigen Jugendlichen werden wir bis zum Sommer nächsten Jahres achtundfünfzig Kleinwohnungen, zusammen mit dem Jugendamt errichten, wo sie während der Ausbildung untergebracht werden.“

Ich machte eine kurze Pause und erklärte weiter: „Für alle minderjährigen Auszubildenden, die aus Kinderheimen kommen, müsstest du eng mit dem Rosenheimer Jugendamt zusammenarbeiten. Sie werden bis zur Volljährigkeit zukünftig durch das hiesige Jugendamt betreut. Dabei unterstützen dich unsere beiden Sozialarbeiter Marion und Michael. Dich erwartet hier ein Arbeitsplatz, der vielfältige Aufgaben für dich mitbringt.“

Er schaute mich an und meinte: „So langsam dämmert mir auch, warum ich jetzt sofort anfangen soll. In den nächsten vier bis sechs Monaten wird der Grundstein dafür gelegt, dass die Betreuung aller Auszubildenden im Unternehmen komplett neu aufgestellt wird. Genauer betrachtet ist dein Angebot attraktiver und umfangreicher, als wenn ich nur die Mitarbeiter verwalte. Dazu kann ich gar nicht nein sagen. Ich übernehme die neue Aufgabe und hoffe, dass mich alle Kolleginnen und Kollegen dabei kräftig unterstützen.“

Nachdem er mir so gut wie eine Zusage gegeben hatte, dass er diesen Job übernehmen will, meinte ich zu ihm: „Einen Haken hat die Sache doch noch, gerade hier am Gutshof haben wir sehr viele Mitarbeiter, die zur Gruppe der Homosexuellen zählen, auch einige der Ausbilder, mit denen du eng zusammenarbeitest.

Wenn du Vorurteile gegen sie hegen solltest, wäre es besser, du überdenkst deine Entscheidung noch einmal kurz. Daniel und Manuel von der Gärtnerei, Jonas und Tim im landwirtschaftlichen Bereich, Axel und Dennis bei den Handwerkern, sowie Philipp und Marcus aus der IT sind unter anderem Ausbilder, die zu dieser Gruppe gehören.“

Florian blickte mich an und erklärte mir: „Spätestens seit der Weihnachtsfeier im vergangenen Jahr weiß ich, dass im Unternehmen einige Mitarbeiter dieser Minderheitengruppe beschäftigt sind. Von dir und Thomas wusste ich es schon kurz nach Ausbildungsbeginn, obwohl du damals noch nicht mein oberster Boss warst. Du hattest kurz vorher die Firma verlassen, um den Familienbesitz nach dem Tod deines Vaters zu verwalten. Meine Eltern haben mich zu einem toleranten Menschen erzogen. Wenn dem nicht so wäre, hätte ich dir nicht erklärt, dass ich die Aufgabe übernehmen will.“

Da jetzt alles geklärt war, rief ich bei Gerlinde an und erklärte ihr, dass es dabeibleiben wird. Alle Unterlagen über die Auszubildenden gehen an Florian und sie möchte doch Dieter Bescheid geben, dass Florian mit sofortiger Wirkung neue Aufgaben im Unternehmen übernehmen wird. Florian kommt spätestens morgen früh kurz in die Stadt und wird seine restlichen persönlichen Sachen bei euch abholen.

Zu Florian meinte ich: „Wir beide machen jetzt Mittagspause und danach stürzen wir uns in deine neuen Aufgaben. Vorher klären wir nur noch kurz mit Marcus und Bernhard ab, welche technischen Voraussetzungen zu schaffen sind, damit duschnellst möglich deine Aufgaben erledigen kannst.“

Ich rief bei Marcus an und bat ihn, mit Bernhard kurz zu mir ins Büro zu kommen, um die Ausrüstung für den neuen Arbeitsplatz abzuklären. Beide standen nach kurzer Zeit im Büro und wollten wissen, was so dringend sei.

Zuerst erklärte ich ihnen, dass Florian die neu geschaffene Stelle des Ausbildungs-Beauftragten einnehmen wird. Dazu braucht er Zugriff auf die Software zur Verwaltung der Auszubildenen, einen eigenen Bereich in der Dokumentenverwaltung, einen Drucker in seinem Büro, ein Smartphone, alles andere wie gehabt.

Marcus grinste mich an und meinte: „Damit ist klar, warum du mich bereits heute Vormittag gefragt hast, ob es eine eigene Verwaltung für Auszubildende gibt. Ich werde nach der Mittagspause sofort ein neues Notebook für Florian einrichten. Ich befürchte nur, für die Einrichtung der Stammdaten der Azubi-Verwaltung werde ich eure Hilfe brauchen. Liege ich richtig mit meiner Vermutung, dass du Florian überzeugt hast, bereits vor dem Ende seiner Ausbildung mehr Verantwortung für das Unternehmen zu übernehmen?“

Ich lachte über seine Bemerkung und erklärte ihm: „Du solltest mich gut genug kennen, dass ich immer für derartige Überraschungen gut bin. Das beste Beispiel sitzt neben dir, wenn du dich noch daran erinnern kannst.“

Florian schaute Bernhard an, so dass der erklärte: „Die Dokumentenverwaltung ist mein Spezialgebiet, dass ich schon seit Ausbildungsbeginn verantwortlich betreue.“

Die beiden erklärten, dass sie mit uns in die Kantine kommen, um ebenfalls ihre Mittagspause anzutreten. So gingen wir gemeinsam ins Gesindehaus zum Essen. Während wir speisten, fragte mich Florian, ob es nicht sinnvoller sei, sofort ins Rosenheimer Büro zu fahren, um seine persönlichen Dinge und sein bisheriges Notebook zu holen und eventuell noch vorhandenen Unterlagen mitzubringen, dann könne er morgen früh sofort durchstarten.

Da ich den Vorschlag als vernünftig erachtete, meinte ich: „Gute Idee, in der Zwischenzeit haben die beiden Jungs die Chance bereits dein neues Notebook und die Zugriffe für dich vorzubereiten.“

Nach dem Essen machte er sich direkt auf den Weg ins Stadtbüro, um seine Sachen dort abzuholen. Mein erster Weg führte mich zu Petra, die mir die von Axel vorbeigebrachten Bewerbungsunterlagen übergab, mit der Anmerkung ich hätte diese dringend angefordert. Ich erklärte ihr, dass Florian ab sofort zu den Mitarbeitern gehört, die hier am Gutshof arbeiten und zukünftig als Ausbildungsbeauftragter eingesetzt wird. Er wird im derzeit letzten noch freien Büro hier im Gutshaus untergebracht. Ich bat sie bei Alejandro einen Schlüssel für Florian zu diesem Büro zu organisieren und ein neues Türschild anzufertigen.

Noch nicht richtig in meinem Büro angekommen, stand schon Philipp vor mir und meinte: „Marcus hat mich gerade davon informiert, dass wir einen neuen Mitarbeiter am Gutshof haben werden. Warum kann Florian Untersberger nicht im Stadtbüro als neuer Ausbildungsbeauftragter arbeiten?“

Ich bat ihn sich zu setzen, damit ich ihm das erklären kann. Als er sich gesetzt hatte sagte ich: „Diese Position ist so ausgerichtet, dass sie mir direkt unterstellt ist. Wenn wir im nächsten Ausbildungsjahr Jugendliche aus Thüringen und Hessen einstellen, muss er eng mit Marion, Michael und dem Jugendamt zusammenarbeiten bei der Betreuung der minderjährigen Jugendlichen. Das ist einer der Punkte, warum der Arbeitsplatz am Gutshof angesiedelt wird.

Auch bei den Einstellungsgesprächen wird es eine Veränderung geben. Wir werden alle Bewerber und Bewerberinnen für eine Ausbildung bei uns, Ende Dezember, zu einem mehrtägigen Event auf den Gutshof einladen und in diesem Rahmen unsere Auswahl treffen. Anlass zu meiner Entscheidung war die chaotische Situation, die im Zusammenhang mit den derzeit vorliegenden Bewerbungen aufgetreten ist.“

Nach einer kurzen Pause sprach ich weiter: „Bei meinem Gespräch heute Morgen musste ich feststellen, dass alle Bewerbungen beim Handwerksbetrieb in der Personalabteilung gänzlich unbekannt waren. Deshalb habe ich kurzfristig entschieden, eine zentrale Anlaufstelle für alle Auszubildenden zu schaffen. Die Wahl fiel auf Florian, da er sich bereits intern auf eine Stelle in der Personalverwaltung bemüht hatte, zum Ende seiner Ausbildung.“

Philipp lachte und sagte zu mir: „Der Chef hat wieder ein Problem bei der Arbeit im Unternehmen erkannt und sofort reagiert, um die Unzulänglichkeiten mit einem neuen Konzept zu beheben. Mir fällt dabei deine Aktion zu Beginn des Zeltlagers ein, wo du auch sofort eingegriffen hast, als dir auffiel, dass wir etwas übersehen hatten. Warum hast du nicht mit einem Zuständigen über das Problem gesprochen, so wie du es damals mit Bernhard gemacht hast?“

Ich musste lachen und erklärte ihm: „Ich habe das Problem heute Morgen mit Gerlinde, der Abteilungsleiterin aus der Personalverwaltung besprochen und sie hat mir Florian dafür empfohlen, also habe ich es mit einem Zuständigen besprochen. Wie du siehst, hat sich an meiner Vorgehensweise nichts geändert.“

Philipp sagte nur noch: „Okay, dann mache ich sofort den neuen Rechner und das Smartphone für Florian fertig, während Marcus die Programme für die Verwaltung der Auszubildenden freigibt, für dich und Florian. Bernhard wird dich auch gleich kontaktieren, hinsichtlich der Dokumentenverwaltung. Er hat dazu noch ein paar Fragen an dich.“

Wie angekündigt stand Bernhard zwei Minuten später vor mir und fragte mich, welchen Sicherheitsstandard er für die Dokumente im Ausbildungsbereich verwenden soll. Er würde vorschlagen, wie bei der Personalverwaltung vorzugehen und dieselben Speicherstrukturen zu nutzen.

Ich bestätigte ihm diese Vorgehensweise und wies ihn darauf hin, dass neu eingescannte Dokumente nur bei Florian oder bei mir zur endgültigen Archivierung auftauchen dürften. Er meinte dazu, er werde für Florian einen eigenen Nummernbereich für die Aufkleber bei den Dokumenten verwenden und dafür auch entsprechende Etiketten vorbereiten, dass er zeitnah anfangen könne.

Bernhard meinte noch zu mir: „Ich bin mir nicht sicher, ob Florian bereits eine Schulung für die Dokumentenverwaltung durchlaufen hat und er das entsprechende Wissen mitbringt, wie die Indexierung abläuft.“

Ich antwortete Bernhard: „Wenn ihr alles vorbereitet habt, werde ich mit ihm die bisher vorliegenden Bewerbungsunterlagen aufbereiten und einscannen. Danach erarbeiten wir uns gemeinsam die Indexierung. Der nächste Schritt wird dann sein, alle Bewerber im Computer anzulegen. Kannst du mir sagen, ob wir bei den Stammdaten auch auf die gesammelten Dokumente zugreifen können?

Bernhard erklärte mir: „Wenn du als erstes Indexfeld die Mitarbeiternummer verwendest sollte das möglich sein. Also müsstet ihr zuerst die Stammdaten der Bewerber anlegen und danach erst die Dokumente scannen. Bei deiner Reihenfolge musst du mit der Indexierung warten, bis du die Stammdaten angelegt hast.“

Bernhard ging zurück in sein Büro, um wie besprochen alles in der Dokumentenverwaltung und zum Scannen vorzubereiten. Ich studierte in der Zwischenzeit die bei den Handwerkern eingegangenen Bewerbungen. Dabei stellte ich fest, dass dort weitere fünf Bewerbungen aus Thüringen dabei waren.

Kurz nach vierzehn Uhr betrat Florian wieder mein Büro: „Ich habe dir aus der Personalabteilung alle vierzehn Bewerbungen mitgebracht, eine ist heute noch neu hinzugekommen. Ich bringe mein bisheriges Notebook jetzt zu Philipp, damit ich als Besitzer ausgetragen werden kann.“

Zehn Minuten später kehrte er zurück sagte: „Philipp will wissen, wo mein zukünftiger Arbeitsplatz sein wird, da er für mich noch die Dockingstation und einen zusätzlichen Monitor, sowie den Drucker aufstellen will. Die Frage konnte ich Philipp leider nicht beantworten.“

Petra hat anscheinend mitgehört und brachte uns den Schlüssel für das Büro, in dem Florian zukünftig sitzen wird und meinte zu Florian: „Wenn du bei deiner Rückkehr besser aufgepasst hättest, wüsstest du bereits, wo dein Büro ist, ich habe dein Namenschild und die Abteilungsbezeichnung bereits angebracht. Hier ist der Schlüssel, damit du dein Büro abends immer abschließen kannst. Ich hoffe ich muss dir nicht extra erklären, warum dein Büro in deiner Abwesenheit verschlossen sein sollte. Wenn du Büromaterial brauchst, kannst du dich vertrauensvoll an mich wenden. Was vorrätig ist kannst du sofort haben, ansonsten innerhalb eines Tages, wenn beim Lieferanten vorrätig.“

Florian grinste und erklärte: „Sicher weiß ich, warum mein Büro in meiner Abwesenheit verschlossen sein sollte. Bei den Unterlagen von Mitarbeitern und Auszubildenden handelt es sich grundsätzlich um vertrauliche Unterlagen, in die kein Unbefugter Einblick bekommen sollte. Das gilt aber nicht nur im Personalbereich. Es gibt weitere Abteilungen, wo dies so zu handhaben ist.“

Als Petra mein Büro wieder verlassen hatte gingen Florian und ich zu Philipp und ich sagte: „Wenn du uns unauffällig folgst, zeige ich dir, wo Florian zukünftig untergebracht sein wird. Können wir dich unterstützen beim Transport der Geräte, die du bei Florian aufbauen willst.“ Er entgegnete: „Papa, wenn du die Dockingstation und das Telefon mitnimmst, Florian den Monitor, dann nehme ich den Drucker und die Kabel mit.“

Ich ging voraus zu Florians Büro, öffnete die Tür und wir betraten das Büro. Philipp fragte Florian sofort, welchen der beiden Schreibtisch er nehmen will und wo er den Drucker aufbauen soll. Während Florian erklärte, dass er den linken Tisch nehmen will und der Drucker auf den an der Stirnseite aufgestellten Kommoden seinen Platz bekommen solle, hatte ich mich an den anderen Schreibtisch gesetzt. Philipp meinte noch, zur endgültigen Inbetriebnahme bräuchte er später kurz das neue Notebook von Florian, damit er alle Funktionen testen und den Drucker integrieren kann.

Florian wollte von mir wissen, mit wem er sich das Zimmer teilen müsste, da zwei Schreibtische aufgestellt seien. Ich erklärte ihm, vorerst sitzt du allein hier im Büro, ab dem Zeitpunkt, wo du deine Prüfung abgeschlossen hast, kann ich mir vorstellen, dass der eine oder andere Auszubildende aus dem kaufmännischen Bereich für zwei oder drei Wochen bei dir sitzen könnte. Bis Weihnachten kann dir passieren, dass ich stundenweise bei dir bin, wenn wir in den Vorbereitungen für den Einstellungsevent stecken.

Ich ging mit Florian zurück in mein Büro und auf dem Flur trafen wir auf Marcus, der meinte er brauche jetzt unsere Hilfe bei diversen Stammdaten, die anzulegen sind. Wir setzten uns in meinem Büro in die Besprechungsecke.

Marcus erklärte, er brauche von uns die Ausbildungsberufe, die wir anbieten wollen. Ich meinte, welche Ausbildungen die IT anbietet sollte er doch eigentlich selbst wissen. Okay meinte er dann fange ich einfach damit an. Wir gingen gemeinsam Stück für Stück durch die einzelnen Bereiche und legten die Ausbildungsberufe fest, die Marcus nebenbei anlegte, wobei ich auch die bisher eingegangenen Bewerbungen als Grundlage mit verwendete.

Nachdem wir hoffentlich alle Ausbildungsberufe angelegt hatten, meinte er, die Details könne Florian so nach und nach ergänzen. Die nächsten Daten, die er benötige sind die Institutionen, bei denen Ausbildungsverträge angemeldet werden. Ich benannte ihm die IHK und die Innungen für das Elektrohandwerk, die Sanitärinstallation und die Maler. Ich meinte, vermutlich werden da noch einige dazukommen, die wir später einpflegen müssen. Wieder kam von Marcus die Bitte, die Daten jeweils zu vervollständigen. Florian hatte sich das auf einen Zettel notiert, wo Nacharbeit erforderlich ist.

Er erklärte uns noch, dass für die Krankenkassen und für die Rentenversicherung keine eigenen Stammdaten erforderlich sind, weil dort auf die vorhandenen Daten der Personalabteilung zugegriffen wird. Er meinte, dass es damit möglich sein sollte, die Daten der vorliegenden Neubewerbungen anzulegen.

Der nächste, der mein Büro stürmte war Bernhard, der mir erklärte, dass er die neue Abteilung angelegt habe und damit theoretisch Dokumente hinterlegt werden können. Zugriff auf diese Daten haben vorerst nur Florian und Peter, meinte er noch. Zu Florian sagte er noch, dass Peter mit ihm die Details besprochen habe und er und Peter gemeinsam die ersten Dokumente digitalisieren würden.

Fünf Minuten später entführte Philipp Florian mit seinem Notebook, um die Funktionsfähigkeit zu testen und den Drucker zu integrieren. Ich sichtete zwischenzeitlich die restlichen Bewerbungsunterlagen die Florian aus dem Stadtbüro mitgebracht und sortierte die Bewerbungen aus, die aus Hessen und Thüringen von den Kinderheimen stammen.

Zu den bisherigen fünf Bewerbungen fischte ich sieben weitere Bewerbungen heraus. Im Prinzip hatte ich jetzt drei Bewerber aus dem Kinderheim in Kassel, drei Bewerbungen aus Jena und sechs Bewerbungen aus Erfurt. Von den restlichen zehn Bewerbungen kamen acht aus dem Raum Rosenheim, eine aus Traunstein und eine weitere aus Holzkirchen.

Florian kam nach zwanzig Minuten zu mir ins Büro zurück und erklärte mir, dass Philipp Probleme hat mit der Netzwerkverbindung. Er könne zwar über WLAN auf das Netzwerk zugreifen, aber beim LAN-Anschluss bekommt er keine Verbindung zustande. Er vermutet einen Fehler in der Verkabelung, den er jetzt suchen will.

Da mir der Fehler bekannt vorkam, ging ich davon aus, dass er den Fehler schnell beheben kann. Ich erklärte Florian inzwischen, dass wir vierzehn Bewerbungen von auswärts vorliegen haben und acht aus dem Raum Rosenheim. Wenn er sich neben mich setzen würde, könnten wir versuchen, einen ersten Bewerber im Programm in der Ausbildungsverwaltung anzulegen. Was ich jedoch nicht fand, war das zugehörige Programm.

Ich telefonierte mit Marcus und wollte von ihm wissen, warum ich bei mir die Ausbildungsverwaltung nicht finden kann. Er lachte und erklärte mir, dass ich meinen Rechner herunterfahren und neu starten sollte, dann würde das Verwaltungsprogramm angezeigt werden. Er erklärte, wenn neue Zugriffsberechtigungen eingerichtet seien, werden diese immer erst nach einem Neustart des Rechners sichtbar. Erst beim Neustart würden die notwendigen Zugriffsrechte installiert.

Nach dem erfolgten Neustart hatte ich tatsächlich Zugriff auf das Programm und startete es. Ich wählte unter dem Oberbegriff Stammdaten, Bewerber anlegen aus und die Eingabemaske zum Anlegen eines neuen Bewerbers erschien auf meinem Bildschirm.

Ich bat Florian, eine der Bewerbungen zu nehmen und zu versuchen, die Daten so vollständig wie möglich einzugeben. Nachdem er die Felder gefüllt hatte, bei denen er Daten vorliegen hatte und er auf weiter drückte erschien eine weitere Seite mit zusätzlichen Feldern zur Dateneingabe. Dort wurden unter anderem, Eingang der Bewerbung und Ausbildungsberuf abgefragt. Am Ende drückte er auf Speichern und er erhielt die Meldung, der Bewerber wurde unter der Nummer A0001 abgelegt. Ich bat Florian die Nummer auf dem Anschreiben des Bewerbers zu vermerken.

Im nächsten Schritt erklärte ich Florian, dass er jetzt auf jedes Dokument des Bewerbers einen der Aufkleber anbringen soll. Als Florian damit fertig war gingen wir zum Scanner. Florian legte den kleinen Stapel ein und startete den Vorgang. Nach kurzer Zeit waren alle Dokumente durchgelaufen und wir gingen in sein Büro zurück.

Ich startete an meinem Rechner die Indexierung von Dokumenten und grenzte auf „Ausbildungsverwaltung“ ein. Nach und nach erschienen die gescannten Seiten. Ich rief das erste Dokument auf und erklärte, dass als erster Indexierungsbegriff bei allen Dokumenten eines Bewerbers die vergebene Bewerbernummer eingetragen wird, wobei ich ihm erklärte, warum dies so sein muss: „Damit stellst du sicher, dass dir in der Ausbildungsverwaltung alle Dokumente eines Auszubildenden angezeigt werden können.“

Das zweite Indexierungsfeld enthielt den Begriff Bewerbungsschreiben, anschließend wurde das Dokument freigegeben. Das machte Florian mit den weiteren Dokumenten des Bewerbers, bis er alle Dokumente abgearbeitet hatte.

Im nächsten Schritt testeten wir, ob die Dokumente in den Stammdaten des Bewerbers angekommen sind. Florian rief die Bewerberverwaltung mit dem Unterpunkt „Bewerber verwalten“ auf. Über die Funktion „Bewerber suchen“ und den „Familiennamen“ wurde uns der Bewerber angezeigt. Beim Öffnen der Daten, kam ein kurzer Hinweis, dass Dokumente vorhanden seien. Über den Reiter „Dokumente“ wurden uns alle erfassten und zugewiesenen Schriftstückee angezeigt.

Ich erklärte Florian, dass er damit alle vorhandenen Bewerber anlegen könne. Florian fragte mich, ob es möglich sei, dass Bewerber sich online bei uns um einen Ausbildungsplatz bewerben können. Da ich die Frage nicht beantworten konnte, rief ich bei Roland an und bat ihn kurzfristig zu mir ins Büro, damit wir mit ihm über dieses Thema sprechen können.

Roland kam ins Büro und wollte wissen, was wir konkret mit ihm besprechen wollen. Florian meinte: „Vom Personalbüro her kenne ich, dass sich Bewerber über das Internet direkt bewerben können und die Bewerbungen mit sämtlichen Anlagen direkt in der Personalverwaltung auftauchen. Mich interessiert, ob so etwas auch für die Ausbildungsverwaltung möglich sei, mit der er zukünftig arbeiten werde.

„Grundsätzlich sei das möglich“, erklärte Roland. „Bei der Personalverwaltung greifen wir auf die offenen Stellenausschreibungen zu. Soll dort das gleiche Prinzip gelten, dann wäre für jeden Ausbildungsberuf, den wir anbieten, eine eigene Stellenausschreibung anzulegen. Einfacher wäre es, wenn wir den Ausbildungsbeginn und alle möglichen Ausbildungsberufe als Auswahlfeld vorgeben. Dazu bekommst du von mir ein kleines Tool, wo alle Ausbildungsberufe aufgelistet sind und für welches Ausbildungsjahr wir Auszubildende suchen.“

Ich unterbrach Roland und erklärte: „So einfach ist das leider nicht. Nehmen wir als Beispiel den Bürokaufmann. Diesen könnten wir unter anderem für den Handwerksbetrieb, die Immobilienverwaltung, die Stiftungsverwaltung oder auch für die J. Graf GmbH suchen. Bei den Hotels oder in der Gastronomie haben wir ebenfalls mehrere Möglichkeiten für welches Haus wir Auszubildende suchen könnten.“

Roland schaute mich an und erklärte dazu: „Dann bleibt wohl nur die Lösung, mit den Stellenausschreibungen. Florian, kannst du nachprüfen ob in dem Programm der Punkt Stellenausschreibungen vorhanden ist? Wenn ja, kann ich wie bei der Personalverwaltung über die Ausschreibungsnummer die Daten zuordnen, sogar dem richtigen Unternehmensteil.“

Florian schaute nach und fand die Stellenausschreibungen, beim Versuch eine Ausschreibung anzulegen scheiterte er aber an der Zuordnung zu einem Unternehmen. Wir holten wieder Marcus zu uns und erklärten ihm die Problematik. Er meinte, auch dies wäre kein Problem, er müsse nur kurz den Punkt „Zuordnung zu einem Unternehmen“ in der Datenbank freischalten, so wie es in der Personalverwaltung bereits ist. Bevor er ging, erinnerte er uns: „Wenn ich euch gleich anrufe, dass ihr loslegen könnt, bitte das Programm zuerst beenden und danach wieder neu starten.“

Roland meinte zu Florian: „Die Gestaltung der Online-Anzeige übernimmt Werner Wagner vom Marketing, der drüben im Gesindehaus sitzt. Wegen der Daten, die er von dir benötigt, sprichst du am besten mit ihm direkt. Er stellt mir die Anzeige mit den Daten zur Verfügung und ich richte alles ein, dass die Bewerbung direkt bei dir ankommt.“

Roland ging zurück in sein Büro und ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass wir für heute abbrechen sollten. Ich erklärte Florian: „Wir machen für heute Schluss, es hat jetzt keinen Sinn mehr weiterzumachen. Wir sehen uns morgen früh und arbeiten dann weiter. Es waren jetzt doch zu viele Informationen und Probleme, die aufgetaucht sind. Erhol’ dich gut bis morgen.“

Als Marcus anrief und meinte, wir könnten weiterarbeiten, erklärte ich ihm, dass ich Florian für heute nach Hause geschickt habe und wir morgen weitermachen werden, da ich den Eindruck hatte, dass er von der Fülle der Informationen völlig geschafft wirkte.

Am Mittwochmorgen stand er Punkt acht Uhr bei mir im Büro und erklärte mir, dass wir jetzt weitermachen könnten. Er holte sein Notebook, setzte sich an den Besprechungstisch und fing an den nächsten Bewerber anzulegen. Er stellte fest, dass er bei der Erfassung jetzt auch ein Feld für den Betriebsteil habe und jetzt aus den Vorgaben auswählen kann.

Da die Bewerbung an die E. Obermeier GmbH gerichtet sei, wird er diese auch eintragen. Bevor er den nächsten Bewerber bearbeitete, änderte er anschließend bei dem bisher angelegten Bewerber die Zuordnung zum Betriebsteil ab. Danach bereitete er die Belege zum Scannen vor und scannte sie auch sofort. Die Indexierung war der nächste Schritt, den er vollzog.

Ich meinte zu ihm, dass er nicht jeden einzeln abarbeiten soll, sondern erst alle anlegen, gleichzeitig aufbereiten und die Dokumente in einem Rutsch scannen könne und danach indexieren.

„Gleich kommt Werner, unser Marketingmann, mit dem wir klären, welche Stellenausschreibung wir für das nächste Ausbildungsjahr noch dringend benötigen. Wir haben noch nicht für alle angebotenen Ausbildungsplätze die erforderliche Mindestanzahl an Bewerbungen vorliegen.

Später kommt dann Armin, unser Eventmanager, mit dem wir uns über den für Ende Dezember geplanten Einstellungsevent austauschen und erste Überlegungen anstellen, wie es ablaufen könnte. Am Nachmittag kannst du in Ruhe die restlichen Bewerbungen anlegen und dein Büro vervollständigen.“

Pünktlich, wie immer, erschien Werner um neun Uhr und wir setzten uns in die Besprechungsecke zu Florian. Zu Beginn stellte ich Werner unseren neuen Ausbildungsbeauftragten Florian Untersberger vor und schilderte ihm kurz die Aufgaben, die mit diesem neuen Job verbunden sind. Erst danach besprachen wir die Punkte, die ich auf meiner Agenda hatte.

Der erste Punkt, den ich ansprach, waren die Berufsbildbeschreibungen die Werner für Florian erstellen sollte und die bei uns im System einzupflegen sind. Florian erklärte ihm, welche Ausbildungsberufe wir bereits herausgefunden hatten, während sich Werner fleißig Notizen machte. In der anschließenden Diskussion überlegten wir, ob wir wirklich alle berücksichtigt hatten. Werner meinte, es gäbe noch weitere Ausbildungsberufe, die er sich in der Firmengruppe vorstellen könne, von uns aber bisher nicht aufgezählt wurden oder anders definiert seien.

Er nannte uns dabei den Immobilienverwalter, der offiziell Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft heißt. Ich holte mir die Liste mit den Zahlen, welche Bereiche ihre Wünsche nach Auszubildenden abgegeben hatten und wie viele sie ausbilden wollen. Ich bat Werner, Stellenanzeigen zu erstellen für die Stellen, wo wir noch keine Bewerbungen vorliegen hatten oder wo noch zu wenig Bewerbungen vorlagen.

Werner meinte, er gibt die Anzeigen direkt an Roland weiter, so wie es bei der Personalabteilung gehandhabt wird. Er verabschiedete sich und meinte, im Laufe des Nachmittags bekomme Florian seine ersten Berufsbild-Beschreibungen.

Florian und ich unterhielten uns über die Ergebnisse des Gesprächs, bis Armin klopfte und ins Büro eintrat. Er setzte sich zu uns in die Besprechungsecke. Wie vorher bei Werner stellte ich Florian kurz vor und erklärte welche Funktion er ausfülle. Danach schilderte ich ihm, welche Vorstellungen ich von der Veranstaltung für die Einstellungsgespräche habe.

Armin fragte mich, ob ich beabsichtige, dieses Event zukünftig jedes Jahr für die neuen Auszubildenden durchzuführen. Ich bestätigte ihm dies und ergänzte, dass wir zukünftig in manchen Jahren weitaus weniger Auszubildende einstellen würden als im kommenden Ausbildungsjahr. Auch wies ich darauf hin, dass der Einstellungsevent nicht nur am Gutshof stattfinden könne, sondern unter Umständen in jedem unserer Jugendhotels.

Es wurde Zeit, Armin die Details zu erläutern: Anreise der Kandidaten am siebenundzwanzigsten Dezember. Die nächsten drei Tage vormittags Vorträge und die Vorstellungsgespräche, am Nachmittag Ausflüge oder ähnliches. An Silvester könnten wir dann am späten Vormittag die Entscheidung verkünden, welche Kandidaten wir einstellen werden.

Nach dem Mittagessen können sich die künftigen Auszubildenden, die von auswärts kommen, zu einer weiteren Veranstaltung zusammenfinden, wo wir ihnen Marion und Michael als ihre zukünftigen Ansprechpartner des Rosenheimer Jugendamtes vorstellen. Anschließend regeln mit ihnen die Unterbringung und Barbara vom Jugendamt wirde ein paar Worte sagen.

Abends gibt es dann eine zünftige Silvesterfeier im Gesindehaus, zu der wir auch alle aktuellen Auszubildenden des Unternehmens einladen werden. An Neujahr oder am zweiten Januar reisen die Kandidaten wieder ab.

Armin fragte, ob er für Neujahr Nachmittag ebenfalls noch ein Programm anbieten soll. Ich meinte, es wäre vielleicht möglich, ein kleines Turnier mit unseren Konsolen zu veranstalten, das auch bis in die Nacht dauern könne.

Florian erklärte: „Die Idee ist gar nicht schlecht und aus meiner Sicht ein weiterer Höhepunkt nach den anstrengenden Tagen davor.“

Armin meinte, er wisse jetzt ungefähr, wie wir uns das Event vorstellen.,Er wird in den nächsten Wochen alles vorbereiten und bis Mitte November sollte der Ablaufplan stehen. Dann verabschiedete er sich noch mit den Worten: „Florian, ich sitze im selben Büro wie Werner im Gesindehaus, wenn du mich suchen solltest.“

Während des Gesprächs mit Armin merkte ich, dass ich noch etwas vergessen hatte und rief bei Marion an. Ich fragte, ob sie und Michael gerade im Büro seien. Ich würde sie in diesem Fall sofort überfallen. Da sie meinte, ich könne sofort kommen, schnappte ich mir Florian und ging mit ihm ins Gesindehaus.

Bei den Beiden im Büro, stellte ich ihnen Florian kurz vor und erklärte anschließend: „Florian übernimmt die Aufgabe eines Ausbildungsbeauftragten für alle Auszubildenden. Ihr werdet eng mit ihm zusammenarbeiten, wenn es um die minderjährigen Auszubildenden in unserem Unternehmen geht, die von auswärts kommen und in den drei Häusern mit den Kleinwohnungen untergebracht werden.“

Marion und Michael gratulierten Florian zu seiner neuen Aufgabe und waren der Meinung, dass es gut sei, einen direkten Ansprechpartner vor Ort zu haben, wenn es um die Auszubildenden geht. Ich sagte zu ihnen noch: “Florian wird sich mit euch zusammensetzen und euch das neue Konzept für unseren Vorstellungsevent für alle Auszubildenden nahezubringen.“ Da inzwischen Mittagszeit war, gingen wir direkt in die Kantine zum Essen.

Ab dem Nachmittag arbeitete Florian in seinem Büro und in den nächsten Tagen sah ich ihn nur, wenn irgendwelche Fragen auftauchten, die er noch nicht allein klären konnte. Ein Punkt war die Übernahme aller aktuellen Auszubildenden in seinen Bestand, die wir gemeinsam mit Marcus und Bernhard klärten und die anschließend entsprechend umgesetzt wurde.

Dabei taucht ein Problem technischer Natur auf, mit dem keiner gerechnet hatte. Die bisherigen Auszubildenden hatten bereits eine Personalnummer in ihren Stammdaten, die mit einem P wie Personalverwaltung begannen und damit von der neu eingeführten Bezeichnung A wie Ausbildungsverwaltung abwich.

Vor allem fiel auf, dass die neuen Auszubildenden ebenfalls eine P Nummer benötigen, die erst in dem Moment vergeben wird, wenn der Ausbildungsvertrag geschlossen ist. Das klang logisch, weil sie damit in die Abwicklung der monatlichen Gehaltsabrechnungen rutschten. Im Prinzip mussten bei der Übergabe an die Ausbildungsverwaltung automatisch die noch offene Ausbildungsnummer erstellt werden.

Bernhard meinte, wir können das Problem lösen, indem wir mit Hilfe eines kurzen Batch-Programmes bei der Übernahme die A-Nummer automatisch erstellen. Da dies im Grunde genommen nur ein einmaliger Vorgang sei, wäre ein größerer Aufwand nicht zu vertreten.

Marcus erklärte uns: „Im Normalfall ist die Ausbildungsverwaltung der Personalverwaltung vorgeschaltet, da dies die logische Reihenfolge sei, wie ein Bewerber um einen Ausbildungsplatz im Unternehmen erfasst wird. Da bisher dieses Modul nicht genutzt wurde und nur dann die Stammdaten angelegt wurden, wenn ein unterschriebener Beschäftigungsvertrag vorlag. Bei der Einführung der Bewerberverwaltung tauchte dieses Problem nicht auf. Da wir hier die Daten in die vorgeschalteten Ausbildungsverwaltung aus der Personalverwaltung rückwärts verlagern taucht dieses Problem auf. Bei allen neuen Bewerbungen um Ausbildungsplätze landen diese automatisch in der richtigen Ablaufreihenfolge. Das Problem kann nur wieder auftauchen, wenn eine weitere Firma übernommen wird und dort bereits Auszubildende vorhanden sind.“

Ich lachte und sagte: „Kommt immer darauf an, wie die neuen Mitarbeiter und Auszubildenden in unserem System ankommen. Bei vielen Programmen für die Personalverwaltung kannst du oft nur die Daten übernehmen und die Mitarbeiter damit neu anlegen. Wenn du die Auszubildenden ausfilterst, hast du zwei Dateien, die du in zwei getrennten Aktionen in deine Daten einbringen kannst.“

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