zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Regenbogenfamilie

Teil 56 - Schnupperwochenende

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Felix ging mit Philipp direkt in die IT-Abteilung, wo er ihm das Notebook übergab, welches ihn ab sofort als Arbeitsmittel begleiten wird. Er meinte zu Felix: „Das Mailprogramm ist eingerichtet. Du kannst sofort loslegen. Beim ersten Start des Notebooks musst du dein eigenes Passwort einrichten. Alle Programme, mit denen du zukünftig arbeitest, sind bereits installiert. Sollte trotzdem noch etwas fehlen können wir das kurzfristig installieren. In den nächsten Tagen werden wir versuchen dich in das eine oder andere Programm einweisen. Als erstes wirst du von Bernhard in die Dokumentenverwaltung eingearbeitet. Falls du heute noch Fragen hast, wir sind in unserem Büro. Ich bin mir sicher, dass dir auch Peter bei vielen Fragen weiterhelfen kann.“

Felix betrat mein Büro und holte mich aus meinen Gedankengängen, die mich mit der Erbschaftsauseinandersetzung mit meiner Schwester Gerlinde und ihrer Familie beschäftigt hatten. Wir setzten uns in die Besprechungsecke und wandten uns der Einladung und Abwickelung des Schnupperwochenendes zu. Dies war der Arbeitstitel für das neueste Projekt.

Zuerst konzentrierten wir uns zuerst auf den Entwurf des Einladungsschreibens und einigten uns darauf, dass wir mit dieser Mail kein Programm verschicken, sondern den Mitarbeitern lediglich mitteilen, wann wir sie und ihre Familienangehörigen erwarten. Als Anhang sollte Felix einen Lage- und Anfahrtsplan beilegen, der im Intranet hinterlegt ist. Die Mitarbeiter sollten uns nur die Namen und das Alter der Angehörigen mitteilen, die am Freitag mit Anreisen, damit wir uns einen Überblick für die Zuorndung der Gästezimmer verschaffen können.

Für unsere Mitarbeiter, die am Wochenende mit dabei sein sollten, reichten die Namen; außer sie würden Kinder mitbringen. Wir gingen die Liste der Kollegen durch, die am Wochenende dabei sein sollten und wer aus den jeweiligen Abteilungen am Samstag- oder Sonntagvormittag einen kurzen Einblick in die Tätigkeit der jeweiligen Abteilung und Gesellschaft geben sollte. Diese sollten mit einer gesonderten Mail auf ihre Aufgabe hingewiesen werden.

Während Felix alles vorbereitete und die Mails verschickte, ging ich zu Petra und ließ mich von ihr auf den neuesten Stand bringen. „Ich hatte eigentlich einen ruhigen Tag. Bis zu dem Zeitpunkt, als Du hier angerufen hattest. Thomas hatte schon mittags angerufen und nachgefragt, ob du schon wieder zurück wärest. Am Vormittag wurde vom neuen Seminar-Hotel angerufen, aber das konnten Ludwig und Benjamin problemlos klären. Alle anderen Anrufer habe ich auf morgen vertröstet. Sie melden sich einfach morgen, wenn sie Zeit haben. Einen Termin habe ich dir für morgen Nachmittag eingetragen.“

Ich ging noch kurz zu Benjamin und Ludwig und fragte, ob der Anruf aus dem Seminarhotel von großer Bedeutung gewesen sei. Ludwig erklärte mir, dass es nur eine Frage wegen der Eröffnungsfeier gegeben habe und er sie direkt beantworten konnte.

In den nächsten beiden Tagen wurden intensiv die Vorbereitungen für das Wochenende getroffen. Armin meldete, dass er für Samstagnachmittag einen Bus gebucht habe. Sebastian klärte mit mir und Felix das Drei-Gänge-Menü am Freitag und das Büfett am Samstagabend. Philipp meinte, ob er etwas beitragen soll oder ob er Bernhard vorschieben kann, der über das Dokumentenmanagement berichten soll.

Ich meinte, wenn er der Meinung sei, das sei besser, warum nicht. Am Donnerstagabend berichtete Felix: “Alles in allem werden wir morgen zum Abendessen, zusammen mit den Kindern, rund fünfzig Personen sein. Auch das restliche Programm mit Besichtigung des Gutshofes und anderen Aktivitäten haben wir mit Armin und Werner fest im Griff.“

Thomas hatte zu mir noch gesagt: Bei jeder Übernahme von weiteren Mitarbeitern hast du dir etwas einfallen lassen, jetzt bist du an einem Punkt angekommen, den du kaum mehr steigern kannst.

Ich erwiderte ihm: „Ich werde es auch nicht steigern müssen. In diesem Fall geht es immerhin um den Umzug von ganzen Familien in eine neue Heimat und damit kann ich ihnen einen Vorgeschmack bieten, was sie hier erwartet.“

Am Freitagvormittag setzte ich mich mit Felix und Armin noch ein letztes Mal zusammen,

um den gesamten Ablauf durchzugehen, ob wir vielleicht etwas vergessen oder übersehen haben. Schritt für Schritt arbeiteten wir uns durch das Programm, um am Ende festzustellen, dass die Arbeit der letzten beiden Tage ein gutes Ergebnis gebracht hatte.

Nachdem wir alles geprüft hatten, bedankte ich mich bei Felix für sein Engagement und lobte ihn für die gute Arbeit, die er dabei geleistet hatte. Immerhin wird seine Ausbildung erst im September beginnen, aber er hatte sich bereit erklärt, diese Woche bei uns eine Schnupperlehre zu absolvieren. Mit meiner Entscheidung ihn nach München zum Termin beim Rechtsanwalt mitzunehmen, hatte ich ihn ins kalte Wasser geworfen und er hatte sich hervorragend freigeschwommen.

Zumindest wusste ich nach diesen anstrengenden Tagen, dass Felix gut belastbar ist und selbst unter Stress nicht in Panik gerät. Wenn er seine Ausbildung so souverän durchläuft und ihm ein guter Abschluss gelingt, stehen ihm bei uns alle Türen offen. Er könnte selbst im Gutshof in eine Führungsposition hineinwachsen.

Ich bat ihn, drüben im Gesindehaus die Vorbereitung und den Aufbau zu überwachen. Auch die Technik sollte er dabei im Auge haben. Wenn noch etwas sein sollte, sei ich bis Mittag im Büro und so könne er mich jederzeit konsultieren. Da ich zu Werner ins Gesindehaus wollte, ging ich zusammen mit Felix und Armin über den Hof. Mit Werner besprach ich auf dem Weg unsere neue Kampagne für die Stiftung.

Keine Werbung, wie ihr vielleicht denkt. Wir wollten alle bundesdeutschen Jugendämter anschreiben und über unser Angebot für die Kinder und Jugendlichen aus benachteiligten Familien informieren; mit Ausnahme der Jugendämter, die unser Angebot bereits kannten. Wir hatten uns überlegt, dass wir im nächsten Sommer wieder ein Zeltlager durchführen könnten, wenn das für dieses Jahr kurzfristig organisierte Angebot ein voller Erfolg werden sollte.

Werner meinte, wir sollten auf alle Fälle viele Fotos während des Zeltlagers machen damit die Präsentation lebendiger wird. Ebenso sollten wir von allen Jugendämtern, die Interesse an dem Programm zeigen, Mitarbeiter hierher einladen und ihnen vor Ort alles zeigen. Auch die weiteren Möglichkeiten im Gesindehaus.

Wir sollten auch überlegen, inwieweit wir für das Gesindehaus und für das Hotel in Österreich bei den Schulen werben und damit eine kostendeckende Auslastung der Häuser erreichen. In den Sommerferien soll es sicher auch wieder für Kinder und Jugendliche verwendet werden. Doch im Frühling und im Herbst fehlt die Auslastung.

Vielleicht gibt es andere Gruppierungen, für die wir in diesen Zeiten ein Angebot schaffen können. Ich bat ihn sich zu überlegen, welche Möglichkeiten wir anbieten könnten und mir rgelmäßig dazu Berichte geben.

Mit dieser Aussage ließ ich ihn in seinem Büro zurück und kehrte in mein eigenes zurück. Petra meinte, ich sollte doch bitte Thomas zurückrufen, da er noch einen Vorschlag für unsere Veranstaltung am Wochenende habe. Ich rief ihn im Büro an und er erklärte mir, er würde gerne einen Mitarbeiter mit Familie mitbringen, der die Arbeit der J. Graf GmbH vorstellen könne. Sie sei immerhin Bestandteil des Gutshofes.

Ich wollte nur wissen, wenn er denn mitbringen würde. Er mir erklärte, dass er seinem Nachfolger als Abteilungsleiter die Chance geben will sich zu profilieren. Ich entgegnete, dass Jens sowieso eingeladen sei, da Marion mit Familie eingeplant wäre. Wenn er zusätzlich mit einer kurzen Vorstellung der J. Graf GmbH beitragen will, kein Problem, das kann er gerne am Sonntagvormittag machen.

Zwischendurch schaute Felix kurz in mein Büro und ich erklärte ihm, dass Jens, Marions Mann, am Sonntag einen kurzen Vortrag über die J. Graf GmbH halten will. Felix wollte wissen, ob er ihn dazwischenschieben soll oder eher ans Ende der Vortragenden setzen soll. Als er mich das fragte, meinte ich, er solle doch überlegen, wo es am besten passen würde.

Ich hatte Felix gefragt, ob er mit den Gästen im Gesindehaus übernachten will oder er in einem unserer Gästezimmer die beiden Nächte verbringen will. Er hatte sich für unser Gästezimmer entschieden. Als ich ihn gestern fragte, wieso er im Gästezimmer übernachten will, hat er mir geantwortet: „Wenn ich schon Mitarbeiter im Gutshof bin, dann sieht es zumindest dämlich aus, wenn ich bei den Gästen übernachte. Ich ziehe euer Gästezimmer vor. Warum soll ich hier schlafen und nicht zuhause“, fragte er noch nach.

Ich antwortete ihm: „Ich bin der Veranstalter und du der Organisator der Veranstaltung. Wenn es zu Problemen kommt bist du erster Ansprechpartner für unsere Gäste. Deshalb fände ich es gut, wenn du nicht zu Hause übernachtest, sondern hier am Gutshof.“ Er entschied sich trotzdem dafür bei uns im Gästezimmer zu übernachten. Er fühle sich in privater Umgebung wohler als in einem Gästezimmer des Gesindehauses.

Da es bereits halb eins war, beschlossen wir, in die Kantine zu gehen und unsere Mittagspause einzulegen. Während des Essens kam Alexandra zu uns und berichtete: „Es ist alles vorbereitet. Wir haben eure Gäste alle in der zweiten Etage untergebracht und die sonstigen Seminargäste, an diesem Wochenende nur eine kleinere Gruppe, in der ersten Etage. Die Seminargäste werden gegen achtzehn Uhr eintreffen und um neunzehn Uhr ihr Abendessen in der Kantine einnehmen. So gibt es keine Hektik an der Rezeption.“

Kurz nach dreizehn Uhr ging es zurück in mein Büro. Ich verabschiedete mich noch von Petra, die nach Hause gehen wollte und wünschte ihr ein schönes und ruhiges Wochenende. Felix ging noch einmal kurz zu Bernhard, um mit ihm noch die letzten Details über das technische Equipment zu besprechen.

Bis Thomas ins Büro kam las ich noch meine Mails und beantwortete sie sofort, soweit mir das notwendig erschien. Ich informierte Felix, dass er seinen Koffer oder seine Reisetasche holen soll, da wir jetzt im Büro Feierabend machen und uns für die restlichen Aufgaben dieses Tages frisch machen wollen, damit wir, ab halb vier Uhr, für den Empfang der zukünftigen Mitarbeiter bereitstünden.

Oben in unserer Wohnung angekommen, zeigte ich Felix das Gästezimmer und erklärte: „Thomas und ich haben keine Probleme, wenn du mit uns gleichzeitig im Bad bist. Wir sind das von den Jungs gewohnt, Marcus und Philipp, Tim und Jonas, Alejandro und Jorge, aber auch Daniel und Manuel. Wir haben zeitweise zu acht im Reihenhaus gewohnt und da durfte man nicht zimperlich sein, wenn morgens alle ins Bad wollten. Sehr oft waren bis zu vier Leute gleichzeitig im Bad, wobei die Jungs öfter sogar zu zweit geduscht haben, damit es schneller ging. Wir haben nichts, was du nicht auch hast. Es gibt vermutlich nur einen Unterschied, Thomas und ich sind untenherum rasiert.“ Felix grinste: „Da kann ich mithalten. Seit ich es mit Marvin damals ausprobiert habe, sehe ich wie ein kleiner Junge aus.“

Pünktlich um halb vier Uhr waren wir frisch eingekleidet und machten uns auf den Weg ins Gesindehaus, um unsere neuen und zukünftigen Kolleginnen und Kollegen mit ihren Familien zu empfangen. Wir gingen zur Rezeption und warteten hinter dem Tresen auf unsere Gäste, die dann so nach und nach eintrudelten.

Felix überreichte ihnen die Chipkarten für die Türen, während ich unsere Gäste im System einbuchte. Ich erklärte jeweils, dass die Familien in nebeneinanderliegenden Zimmern untergebracht sind, die durch das Bad miteinander verbunden sind. Bei denjenigen, die allein oder nur zu zweit angereist sind, ist das Nachbarzimmer nicht belegt.

„Ich erwarte euch spätestens um halb fünf Uhr mit allen Angehörigen im Raum Mallorca zur Begrüßung. Das Programm für die nächsten beiden Tage liegt in euren Zimmern aus.“

Nachdem alle eingecheckt hatten, ging ich in den Raum Mallorca, um mich auf das Kommende vorzubereiten. Felix sollte meine beiden Kinder, wenn sie eintreffen, ebenfalls in den Raum Mallorca schicken und mit den Jungs nachkommen.

So nach und nach füllte sich der Raum mit unseren neuen Mitarbeitern, zwischendurch kam meine Tochter Martina mit ihren beiden Kindern und wenige Minuten später mein Sohn Philipp mit seinem Marcus.

Als alle versammelt waren startete ich meine Ansprache: „Herzlich willkommen im Gutshof Sonneneck und damit, im nächsten Jahr, auch an eurem neuen Arbeitsplatz. Im nächsten Jahr deswegen, weil dann auch die neuen Wohnungen auf dem Gelände des Gutshofes fertiggestellt werden. Wer auf dem Gelände des Gutshofes wohnen will, kann sich morgen die Grundrisse der Wohnungen ansehen und bereits seine Wünsche äußern, in welche Wohnung er gerne einziehen will. Für diejenigen, die lieber in der Stadt wohnen wollen, werden wir alle freiwerdenden Wohnungen aus unserem Bestand zur Miete anbieten. Nun werden wir uns in drei Gruppen aufteilen und es gibt eine Führung über das Gelände des Gutshofes. Alle drei Gruppen werden dasselbe Programm bekommen. Allerdings beginnen wir an unterschiedlich Punkten an, damit wir uns nicht gegenseitig auf die Füße treten. Eine Gruppe übernimmt meine Tochter Martina mit ihren beiden Kindern, die zweite Gruppe betreuen mein Sohn Philipp und sein Freund Marcus. Die dritte Gruppe wird von Felix und mir geführt. Felix ist für die nächsten beiden Tage auch euer erster Ansprechpartner, wenn es Fragen geben sollte. Da er sicher nicht immer alle Fragen sofort beantworten kann, er arbeitet gerade seit Dienstag bei uns und wird im September seine Ausbildung zum Bürokaufmann bei uns beginnen, wird er diese Fragen an mich weitergeben und diese werden dann von mir geklärt oder beantwortet. Nach dem Rundgang, der sicher eineinhalb Stunden dauern kann, geht es direkt ins Restaurant im Gutshof, wo wir im großen Saal zu Abend essen werden. Dort lernt ihr weitere Kolleginnen und Kollegen kennen, die hier im Gutshof arbeiten. Von der J. Graf GmbH wird der Geschäftsführer, mein Lebensgefährte Thomas und sein Prokurist Jens Habermüller mit seiner Familie dabei sein. Seine Frau Marion arbeitet ebenfalls hier im Haus. Sie ist bei uns als Sozialarbeiterin tätig und die Familie wohnt hier im Gesindehaus oben im Dachgeschoß.

Dort haben wir bereits vier Wohnungen für Mitarbeiter eingerichtet, die alle belegt sind. Weiter haben wir noch einige Appartements für Auszubildende, die von auswärts kommen und mehrere Unterkünfte für die Saisonarbeitern in der Gärtnerei und in der Landwirtschaft. Wie bereits angedeutet, werden bis Mitte nächsten Jahres acht weitere Wohnhäuser errichtet. Zwei sind für Jugendliche reserviert und die Wohnungen werden vom Jugendamt vergeben. In zwei weiteren Häusern wollen wir Sozialwohnungen errichten. Die restlichen vier Häuser stehen entweder für Mitarbeiter zur Verfügung oder können frei vermietet werden. Bevor ich euch jetzt zu viel von unseren Themen erzähle, die wir für morgen eingeplant haben, sollten wir uns lieber auf den Weg machen. Verteilt euch einigermaßen gleichmäßig, damit jede Gruppe in etwa gleich stark ist und anschließend treffen wir uns im Restaurant zum Abendessen.“

Martina versammelt die erste Gruppe um sich. Beide Mitarbeiter der Immobilienverwaltung waren mit dabei. Sie erklärte: „Wir beginnen in dem Teil des Gutshofes, für den ich zuständig bin.“

Die nächste Gruppe bestand aus dem jüngeren Mitarbeiter mit ihren Familien, um die sich Philipp und Marcus kümmerten. Philipp erklärte, dass sie im Gutshaus in den Büros beginnen, weil er dort zusammen mit Marcus für die gesamte Informationstechnologie zuständig sei.

Die dritte Gruppe hatte sich bei Felix und mir versammelt. Ich erklärte: „Ich bin hier am Gutshof aufgewachsen. Danach heiratete ich um zog weg. Vor knapp zwei Jahren, nach dem Tod meines Vaters, bin ich mit meiner kompletten Familie zum Gutshof zurückgekommen. Meine Mutter und die Mutter meines Partners Thomas leben ebenfalls hier, somit sind vier Generationen unter einem Dach vereint.“

Ich ging mit meiner Gruppe als erstes zu den Stallungen, wo uns Tim und Jonas erwarteten. Jonas erzählte, dass er mein Neffe sei und hier mit offenen Armen aufgenommen wurde, nachdem ihn seine eigene Mutter, wegen seiner Liebe zu seinem Tim, aus dem Haus geworfen hatte. Da sie schon vorher geplant hatten nach ihrem Studium einen Bauernhof zu pachten, haben sie sofort zugesagt im Gutshof die Landwirtschaft zu übernehmen, als ich ihnen dieses Angebot unterbreitet habe.

Sie zeigten und erklärten welche Tiere in den Stallungen gehalten werden, was auf den Feldern angebaut wird und dass vor allem die Kinder immer gern mit dem Traktor auf die Felder mitfahren oder bei den Tieren anzutreffen sind. Er und Tim studieren noch in Weihenstephan und sie organisieren nebenher den landwirtschaftlichen Teil des Gutshofes mit einem festen Mitarbeiterstamm.

Der weitere Weg führte uns zu den alten Schuppen und Remisen, die demnächst abgerissen werden und wo bis nächstes Jahr die neuen Wohnungen entstehen werden. Ich erzählte: „Geplant ist, zwischen Hofladen, Hof-Café und den neuen Wohnungen, die an dieser Stelle errichtet werden, eine Bushaltestelle für den öffentlichen Nahverkehr einzurichten. Die Stadt hat angeboten, den am Gutshof vorbeiführenden Linienbus auf dem Gutshofgelände halten zu lassen, zumindest erst einmal für zwei Jahre im Probebetrieb und, bei ausreichender Inanspruchnahme des Angebots, soll die neue Haltestelle langfristig erhalten bleiben.“

Weiter ging es zum Hofladen. Hier wurden wir von Christoph erwartet, den ich als meinen Schwiegersohn vorstellte. Wobei ich betonte, dass er nicht am Gutshof oder einem dazugehörigen Unternehmen beschäftigt ist. Er erklärte uns, dass im Hofladen ausschließlich regional angebaute und produzierte Produkte verkauft werden. Das Gemüse stammt aus der eigenen Gärtnerei, das Obst von unseren Plantagen, Fleisch und Wurst stammen entweder vom Gutshof oder von bäuerlichen Betrieben aus der Umgebung, die zusätzlich weitere Produkte im Laden verkaufen. Diese Produkte sind etwas teurer als im Supermarkt. Aber, wie ihr selbst seht, kaufen unsere Kunden gerne hier ein, da sie genau wissen, woher die Produkte stammen. Mit diesen Produkten wird das Restaurant im Gutshaus beliefert, wo auch für die Kantine und die Gäste im Gesindehaus gekocht wird.

Eine der Frauen wollte wissen, ob und wie lange der Laden am Sonntag geöffnet sei, sie würde gerne für ihre Familie etwas einkaufen. Christoph erklärte ihr, dass am Sonntag normalerweise geschlossen sei, aber wir an dieses Wochenende, nach dem Mittagessen, eine kurze Zeit für unsere Hausgäste öffnen werden.

Weiter ging es ins Hof-Café, wo es inzwischen etwas ruhiger war. Marianne, die rechte Hand von Martina, erklärte uns, dass das Café fast täglich bis zweiundzwanzig Uhr oder etwas länger geöffnet sei, da in den Abendstunden sich das Café als Treffpunkt für verschiedene Gruppierungen etabliert hat.

Weiter erzählte sie, dass inzwischen von einer Ausflugsgaststätte in der weiteren Umgebung eine Anfrage vorliegt, ob wir sie ab September täglich mit unseren Kuchen und Torten beliefern könnten, da ihr bisheriger Konditor in den Ruhestand gehen würde. Martina und sie hatten für unsere Besucher Probierhäppchen hergerichtet, von denen sie naschen konnten, bevor es weiter zur nächsten Station ging.

Auf unserem weiteren Weg in Richtung Gutshaus und damit zu den Büros, wurde ich gefragt, ob es richtig sei, dass dies alles erst in den letzten beiden Jahren geschaffen wurde und der Gutshof bis dahin ein rein bäuerlicher Betrieb war. Ich bestätigte, dass wir mit den Veränderungen und dem Umbau in ein modernes Dienstleistungsunternehmen erst nach dem Tod meines Vaters begonnen hätten.

Im Bürobereich des Gutshauses wurden wir von Bernhard empfangen, der Marcus Aufgabe übernommen hatte, den Gästen von den Aufgaben und Tätigkeiten in der Verwaltung zu berichten. Bevor er mit seinem Vortrag begann, stellte ich ihn als unseren Auszubildenden in der IT-Abteilung vor, der sich derzeit auf unsere neu geschaffenen Dokumentenverwaltung konzentriert, da wir in den Kellerräumen des Gutshauses viele alte Urkunden und Akten gefunden haben, die derzeit digitalisiert werden. Hinzu kommen noch sämtliche Dokumente, die täglich in allen Teilbereichen und den zum Gutshof oder zur Stiftung gehörenden Unternehmen anfallen.

Bernhard nutzte die Gelegenheit und erklärte allen, dass wir derzeit bereits mehr als eine halbe Million unterschiedlichster Dokumente, wie Kaufverträge, Rechnungen, Schriftverkehr, Mietverträge und sonstige Dokumente gespeichert haben und die damit von den Mitarbeitern eingesehen werden können, sofern ihnen dafür die Berechtigung eingeräumt ist.

Ich erklärte, dass wir durch das bisher nicht geplante schnelle Wachstum der Stiftung bei den Büros zu einem Engpass kommen würden und wir bereits am Überlegen seien, ein weiteres Bürogebäude zu errichten oder ein vorhandenes leerstehendes Gebäude entsprechend umzubauen.

Mit den neuesten Zahlen, einschließlich der Immobilien, die neu in der Stiftung hinzukommen, werden dann Immobilien im Wert von weit mehr als einer halben Milliarde Euro verwaltet, nicht nur eigene Immobilien oder die der Stiftung, sondern auch Verwaltung im Fremdauftrag. Die Fremdverwaltungen stammen vor allem aus der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die die erste Erbschaft für die Stiftung mitgebracht hatte.

Wir gingen noch in diverse Büros, um zu zeigen, wie Gutshof- und Stiftungsverwaltungen untergebracht sind. Bernhard erklärte weiter, dass alle bisherigen Unternehmen in die zentrale Buchhaltung münden, wobei die einzelnen Bereiche mit zusätzlicher Software ausgestattet seien. Das Café und das Restaurant verwenden zum Beispiel eine auf die Gastronomie abgestimmte Software.

Für die Zimmerverwaltung im Gesindehaus und im neuen Seminarhotel gibt es auch eine spezielle Hotelsoftware und sowohl der Gartenbaubetrieb als auch die Landwirtschaft verfügen über Programme, die für die jeweiligen Aufgaben konzipiert sind. Hinzu kommt noch die Immobilien- und Mietverwaltung, die an unsere speziellen Bedürfnisse angepasst ist.

Mein Blick zur Armbanduhr verriet mir, dass wir so langsam zum Ende der Führung kommen sollten, wenn wir noch rechtzeitig im Restaurant erscheinen wollten. Ich bat meine Gruppe mir ins Restaurant zu folgen. Bernhard schloss sich an, da alle Gruppen die Büros bereits besichtigen hatten. Im großen Saal wurden wir von Alexandra und ihrem Team erwartet, die uns einen Aperitif anboten. Mit den eigenen Mitarbeitern, die am gemeinsamen Abendessen teilnahmen, hatten wir die geplanten fünfzig Personen locker überschritten, die ich ursprünglich geplant hatte.

Immerhin konnte ich feststellen, dass sich keine Gruppenbildung von zwei verschiedenen Lagern erkennen ließ. Die Mitarbeiter des Gutshofes und seiner Betriebe und unsere „Neuen“ unterhielten sich in gemischten Gruppierungen. Bernhard drückte mir das Mikrofon in die Hand und meinte: „So kannst du dich besser bemerkbar machen und deine kurze Ansprache für alle verständlich rüberbringen.“

Ich wartete noch einige Minuten, bevor ich mir mit Hilfe des Mikrofons Gehör verschaffte: „Hallo und guten Abend, ich freue mich, dass meine Mitarbeiter so reichlich erschienen sind, um die zukünftigen Kollegen kennenzulernen. Bevor ich alle zu Tisch bitte, habe ich erst einmal eine Frage an unsere kleineren Gäste. Wollt ihr lieber bei Euren Eltern sitzen oder sollten wir für euch einen eigenen Tisch einrichten? Wer getrennt von seinen Eltern sitzen will, hebe kurz seine Hand.“

Ich schaute mich um und erkannte, dass mehr als die Hälfte der Kinder lieber an einem Tisch mit ihren Altersgenossen sitzen wollten. Alexandra, die das beobachtet hatte, meinte zu den Kids, dann kommt mal zu mir, damit wir sehen, ob ein Tisch reicht oder ob ihr zwei Tische braucht.

Alle, die ihre Hand gehoben hatten, und einige der zuvor noch unschlüssigen Kinder gingen zu Alexandra. Sie zählte kurz durch und stellte fest: „Ein Tisch reicht nicht aus, wir bauen kurzerhand einfach um, dann sitzt ihr alle an einem großen Tisch.“ Sie gab kurze Anweisungen an ihre Mitarbeiter und schon wurde eine Tischgruppe zerlegt und an den Tisch für die Kids angebaut.

Das Ganze dauerte nicht einmal fünf Minuten und an der neuen vergrößerten Tafel fanden alle Kids ihren Platz. Den Rest der Tischgruppe bauten sie einfach an zwei Tischreihen an und schon sah alles etwas anders aus.

Ich lud die Erwachsenen ein, an den Tischen Platz zu nehmen, bat aber darum, bitte nicht alle Münchner auf einen Haufen, sondern verteilt mit unseren Mitarbeitern. Ich erklärte: „Wir sind hier, um uns gegenseitig kennenzulernen, nicht um sich von den anderen abzugrenzen.“

Was sofort auffiel war die Tatsache, dass sich die jüngere Generation einig war und gemeinsam eine der Tischreihen besetzte. Sie hatten die wenigsten Berührungsängste untereinander. Auch Felix hatte sich zu ihnen gesellt. Die restlichen Personen hatten jetzt nur noch die Wahl an einer der beiden verbliebenen Tischreihen Platz zu nehmen. Als endlich alle saßen, wurden von den Servicemitarbeiterinnen die Getränkebestellungen entgegengenommen und kurze Zeit später wurden die bestellten Getränke serviert.

Alexandra bedeutete mir, dass sie Sebastian holen will und ich nickte nur mit dem Kopf. Gleichzeitig stand ich auf und verschaffte mir wieder Gehör: „Nachdem jetzt alle einen Platz gefunden, will ich unseren Münchner Gästen kurz alle Mitarbeiter vorstellen, die heute zum Abendessen gekommen sind. Einige habt ihr bereits beim Rundgang über den Gutshof kennengelernt, die werde ich nicht mehr extra vorstellen. Jetzt lernt ihr Sebastian kennen, den Chef der Küche, sowohl für das Restaurant als auch für den Speisesaal und die Kantine im Gesindehaus. Wenn mit dem Essen etwas nicht in Ordnung sein sollte, könnt ihr euch vertrauensvoll an ihn wenden. Dass hier mit regionalen Produkten gekocht wird habt ihr bereits bei eurem Besuch im Hofladen erfahren, nehme ich zumindest an. Ihm zur Seite steht Alexandra, seine Freundin, die den Service und die die Zimmerverteilung im Gesindehaus managt. Sebastian gehört indirekt zur Familie, er ist der Cousin von Christoph, meinem Schwiegersohn, mit Martina und ihren beiden Kindern.“

Sebastian übernahm das Mikrofon und stellte das Menü vor, dass er für uns heute gekocht hat. Als er geendet hatte wurde er mit heftigem Applaus für seine Ausführungen gedankt. Nachdem er alles ausführlich beschrieben hatte, reichte er mir das Mikrofon zurück und ich stellte die nächsten vor.

„Fangen wir gleich mit Daniel und Manuel an, die beiden sind ein Pärchen und Daniel ist der technische Leiter der Gärtnerei. Daniel absolviert dort seine zweite Ausbildung, nachdem er vorher bereits eine Ausbildung als landwirtschaftlicher Helfer abgeschlossen hatte. Ich bitte die genannten Personen jeweils kurz aufzustehen, damit sie von allen gut gesehen werden. Die beiden bewohnen mit Jonas und Tim das ehemalige Verwalterhaus des Gutshofes, die ihr ebenfalls beim Rundgang bereits kennengelernt habt.“

Da die Beiden ebenfalls kurz aufgestanden waren, legte ich eine kurze Pause ein, bevor ich meine Mitarbeiter weiter vorstellte: „Als nächstes hätten wir Klaus, unseren Chefbuchhalter und gelernten Steuerberater, mit seiner Frau und den beiden Kindern. Ein weiteres Pärchen sind Bernhard und Benjamin. Benjamin kam zu uns in die Stiftung, als die Stiftung die erste Erbschaft angetreten hat. Bernhard kennt ihr bereits vom Rundgang.

Dann hätten wir da noch Andreas, Mitarbeiter in der Landwirtschaft, der ältere Bruder von Bernhard mit seinem Freund Michael, unserem Sozialarbeiter auf dem Gutshof. Er leitet auch die wöchentlichen Treffen der schwulen und lesbischen Jugendlichen, die sich derzeit noch im Hof-Café treffen. Voraussichtlich im Herbst wird ein Teil der Gruppen ins Gesindehaus umziehen, da wir im Untergeschoß derzeit umbauen und weitere Gruppenräume einrichten.“

Wieder machte ich eine kurze Sprechpause und setzte danach fort: „Die Nächsten, die ich euch vorstelle, sind unsere Haus- und Hofarchitekten Jason und Jenifer, die zusammen mit Jasons Vater unsere Pläne umsetzen. Die beiden sind verheiratet und wohnen nicht im Gutshof.

Als nächstes Pärchen haben wir Christian und Ludwig, Christian ist der jüngere Bruder von Benjamin und Ludwig ist der Enkel von Gerhard Bauer, mit dem ich zusammen die deutsche Stiftung gegründet habe und den ihr anfangs der Woche bei unserem ersten Aufeinandertreffen bereits kennengelernt hattet.“

Ich schaute mich um, wenn ich vergessen haben könnte und entdeckte Alejandro und Jorge. So machte ich bei ihnen weiter: „Wir hätten da Jorge, er ist Mitarbeiter in der Landwirtschaft und stammt ursprünglich aus Mallorca, mit seinem Alejandro, einem Deutsch-Spanier, der der Liebe wegen nach Mallorca zog und jetzt am Gutshof in verschiedenen Bereichen tätig ist. Er wird als Dolmetscher gebraucht, wenn es um spanische Angelegenheiten geht, und da er handwerklich sehr begabt ist übernimmt er kleinere Reparaturen.

Nun kommen wir zu einer weiteren Familie: Jens und Marion mit ihren beiden Kindern. Marion arbeitet hier am Gutshof als Sozialpädagogin und Jens ist Prokurist und Abteilungsleiter in der J. Graf GmbH, deren Geschäftsführer mein Partner Thomas ist. Ich versichere euch, Thomas wurde nicht Geschäftsführer, weil er mein Lebensgefährte ist. Der ehemalige Eigentümer hat mich lange bearbeiten müssen bis ich dazu meine Zustimmung gegeben habe.

Ich sehe noch Ronald, der für den Internetauftritt des Unternehmens zuständig ist. Armin ist als Eventmanager am Gutshof beschäftigt, der für alle Gäste für die Bespassung zuständig ist, mit seiner Gattin und ihrer Tochter. Zuletzt hätten wir noch Werner mit seiner Frau und ihrem Sohn. Werner hat vorher in der Marketingabteilung der J. Bauer GmbH gearbeitet und betreut inzwischen die gesamten Marketingaktionen des Gutshofes.

Eingeladen waren noch weitere Mitarbeiterinnen aus der Buchhaltung und meine Assistentin, die aus privaten Gründen abgesagt haben. So, ich hoffe, ich habe keinen vergessen. Wenn ja, soll er doch bitte schnell aufstehen, damit ich das Versäumte nachholen kann.“

Keiner stand auf und so war die Kurzvorstellung der anwesenden Kollegen vom Gutshof beendet. Ich wollte Alexandra gerade das Zeichen geben, dass sie die Vorspeise servieren könnten, als Bruno mich bat ihm das Mikrofon zu überreichen, damit er nun seinerseits die Kolleginnen und Kollegen der Immobilienverwaltung kurz vorstellen könne.

Ich übergab ihm das Mikro und er begann seine Kolleginnen und Kollegen vorzustellen. Er meinte zuerst, der Interimsgeschäftsführer sei nicht eingeladen, was aber verständlich sei, da er mit seiner Anwaltskanzlei in München bliebe und Peter in Kürze als Geschäftsführer eingesetzt werde.

Danach arbeitete er in alphabetischer Reihenfolge seine Kolleginnen und Kollegen ab, die jeweils kurz mit ihren Partnerinnen und Kindern aufstanden als er sie vorstellte. Er bedankte sich im Namen aller Mitarbeiter der Immobilienverwaltung für die Einladung und für die herzliche Aufnahme am Gutshof.

Ich gab Alexandra das vereinbarte Startsignal, damit wir mit dem Essen beginnen konnten. Schon kurze Zeit später wurde uns die Vorspeise serviert, etwas später als ursprünglich vorgesehen, aber da anschließend nichts mehr geplant war, kein großer Beinbruch. Ich beobachtete die Kids, die scheinbar Geschmack an Sebastians Kochkünsten gefunden hatten. Es gab kein Jammern oder Meckern, dass ihnen das Essen nicht schmeckt, denn normalerweise sind Kinder und Jugendliche nicht leicht von Vorspeisen zu überzeugen.

Während des gesamten Zeitraumes in dem die Speisen serviert wurden und alle mit Essen beschäftigt waren, blieb es bis auf Tischgespräche ruhig. Man konnte hin und wieder hören, dass einige äußerten, dass ihnen das Servierte hervorragend schmeckt. Zumindest damit hatten wir unsere Gäste bereits überzeugen können.

Mit unserem Rundgang über den Gutshof hoffte ich, dass wir auch dabei die ersten Pluspunkte eingefahren hatten. Jetzt musste nur noch am Samstag und am Sonntag alles glatt über die Bühne gehen. Dann war nicht zu befürchten, dass Einige abspringen würden. Insgesamt dauert der Abend länger als er von uns ursprünglich geplant war. So war es bereits nach Mitternacht, als Thomas, Felix und ich nach oben in die Wohnung gingen.

Wir setzten uns noch kurz ins Wohnzimmer und besprachen den heutigen Tag. Felix sah mich an und erklärte: „Ich bin mit dem heutigen Tag mehr als zufrieden. Bei der Ankunft lief alles wie am Schnürchen: Die kurze Einführung hatte genau die richtige Länge. Die Führung über den Gutshof war für alle ein Erlebnis, wie ich den abendlichen Gesprächen an den Tischen entnehmen konnte. Was mich am meisten beeindruckt hat, waren die Aussagen, dass ihre schlimmsten Befürchtungen, die sie mit der Erbschaft an die Stiftung hatten, überhaupt nicht eingetroffen sind und du völlig anders reagiert hast, als es von ihnen erwartet wurde. Das ist mir im Übrigen schon vor zwei Jahren aufgefallen, bei der Beerdigung deines Vaters. Damals war es dein Umgang mit mir und Marvin und meinen Eltern, die zwar den Verdacht hatten, dass ich schwul sein könnte, aber über dich sich Klarheit verschaffen wollten.“

Thomas lachte und meinte, er könne sich noch gut daran erinnern. Vor allem, nachdem Felix in Begleitung von Marvin auftauchte und Peter etwas verwirrt erschien, nachdem ihm Felix’ Vater mitgeteilt hatte, dass sein Sohn nicht zur Beerdigung mitkomme.

Ich mischte mich ein: „Erinnert mich lieber nicht an diese Angelegenheit. Immerhin war ich derjenige, der von deinem Vater dazu angestiftet wurde. Dann die Absage von deinem Vater, dass du nicht mitkommst. Und plötzlich stand Marvin mit dir vor mir und stellte dich als Felix Müller vor. Als ich dich fragte, ob du der Sohn von Benjamin Müller bist und du das auch noch bestätigt hast, war ich so überrascht, dass ich echt erst nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Immerhin, Angriff ist die beste Verteidigung, und deshalb habe ich dir und Marvin erzählt, dass deine Eltern mich beauftragt hatten, festzustellen, ob du schwul wärest.“

Felix meinte: „Gut, dass du mich damals vorgewarnt hattest. Ich wollte es ihnen schon früher sagen, habe mich aber nie richtig getraut, weil ich nicht abschätzen konnte, wie sie reagieren würden. Als du sagtest, dass sie kein Problem damit hätten und dich engagiert hatten genau das herauszufinden, war ich erleichtert.“

Ich meinte wir sollten so langsam ins Bett verschwinden, wir werden heute früh gleich wieder richtig gefordert sein. Immerhin ist für acht Uhr das Frühstück angesetzt und wir sollten auf alle Fälle rechtzeitig anwesend sein.

Am Morgen war ich, trotz dessen, dass ich spät ins Bett ging, wieder sehr früh wach geworden. Ich ging ins Bad, um Felix nachher nicht in Schwierigkeiten zu bringen und duschte mich ausgiebig, rasierte mich und putzte meine Zähne. Nachdem ich mich angezogen hatte und auf dem Weg ins Wohnzimmer war, hörte ich, dass bereits Felix nach mir im Bad war.

Zuvor führte mich mein Weg in die Küche, wo ich mir eine Tasse Milchkaffee aus dem Kaffeevollautomaten holte. Ich setzte mich ins Esszimmer und trank gemütlich meinen Kaffee und wartete auf Felix, der kurze Zeit später auftauchte. Ich meinte, wenn er noch einen Kaffee trinken will bevor wir ins Gesindehaus gehen, in der Küche könne er sich bedienen. Er holte sich eine Tasse mit dampfenden Kaffee und setzte sich zu mir an den Tisch, wo wir noch ein wenig über den Ablauf des heutigen Tages sprachen.

Um zehn vor acht Uhr machten wir uns auf den Weg ins Gesindehaus. Mit Thomas war abgemacht, dass er uns später folgen würde, wenn die Vorträge des heutigen Vormittags beginnen würden. Noch war keiner unserer Gäste im Speisesaal als wir beide eintrafen. Das Frühstücksbüffet war bereits aufgebaut und ich roch schon den frischen Kaffee, der gleich unseren Gästen serviert werden sollte.

Es dauerte noch rund zehn Minuten, bis die Ersten zum Frühstück erschienen und man merkte einigen doch an, dass es gestern Abend reichlich spät geworden war. Im Laufe der nächsten viertel Stunde füllte sich der Saal zunehmend, auch die Gäste des Seminars kamen bereits, um zu frühstücken, da bei ihnen ebenfalls um neun Uhr die Veranstaltung beginnen sollte. Felix und ich setzten uns zu unserer Gruppe und wir frühstückten mit ihnen.

Viertel vor neun stand Felix auf und meinte, er kümmere sich kurz darum, ob in unserem Tagungsraum alles vorbereitet sei. Keine zwei Minuten später stand er wieder am Tisch und erklärte mir, dass alles bestens vorbereitet se. Bernhard habe gerade noch den Soundcheck durchgeführt und wir könnten pünktlich beginnen.

Ich wurde gefragt, ob die Familienangehörigen heute Vormittag ebenfalls an der Veranstaltung teilnehmen oder ihre eigenen Wege gehen könnten. Ich verkündete offiziell, dass alle daran teilnehmen könnten, es für die Angehörigen jedoch keine Pflichtveranstaltung sei. Sie sollten nur berücksichtigen, dass sie mittags pünktlich zum Essen hier sein sollten, da wir für den Nachmittag einen kleinen Ausflug organisiert haben.

Nach meiner Ankündigung ging ich in den Tagungsraum, wo bereits einige unserer Mitarbeiter anwesend waren. Ich begrüßte sie und meinte, unsere möglichen zukünftigen Kollegen werden in wenigen Minuten aus dem Speisesaal herüberkommen.

Kurz nach neun Uhr waren alle Plätze von den Erwachsenen belegt, für die Kinder hatten wir von vornherein ein alternatives Programm geplant. Für sie wären die Vorträge zu langweilig gewesen. Armin hatte mit Marion ein eigenes Programm für den Vormittag gestaltet, an dem auch die Kinder der anwesenden Mitarbeiter und der Gutshofbewohner teilnehmen konnten.

Ich begrüßte die Teilnehmer und schilderte ihnen, dass wir ihnen heute Vormittag erst ein wenig über die Ursprünge des Gutshofes erzählen und danach Schritt für Schritt, die vor zwei Jahren begonnene Umstrukturierung des bisherigen Betriebes vorstellen werden. Vergessen dürfen wir auf keinen Fall die Stiftung Sonneneck, die auf Grund ihres massiven Wachstums sich inzwischen zum personalintensivsten Bereich entwickelt hat. Heute werden wir nur die Verwaltung ansprechen, morgen werden wir uns über die Aufgaben der Stiftung austauschen und wie wir gemeinsam diese Ziele erreichen wollen.

Ich bat Tim nun seinen Beitrag zum Thema Landwirtschaft zum Besten zu geben. Er erzählte davon, dass der landwirtschaftliche Bereich von einem bisher rein konventionellen Betrieb in einen biologischen nachhaltigen Betrieb umgebaut wird. Die ersten Schritte seien bereits durch den Vorpächter erfolgt und werden in den nächsten Jahren weiter vorangetrieben.

Durch den Flächenzuwachs, der über eine Erbschaft der Stiftung möglich wird, können in den nächsten Jahren nach Ablauf der bisherigen Pachtverträge, weitere erweiterte Anbaumöglichkeiten für Feldfrüchte geschaffen werden, da diese Flächen direkt an unsere vorhandenen Anbauflächen angrenzen.

Wir haben jedoch immer noch das Problem, dass wir einige Monate im Sommer Erntehelfer benötigen, die nicht das ganze Jahr kontinuierlich beschäftigt werden können. Diese Situation ist unbefriedigend und selbst unsere Versuche, die Erntehelfer sowohl in der Landwirtschaft als auch im Gemüsebau einzusetzen, sind bisher noch nicht optimal genutzt. Daran werden wir in den nächsten Jahren weiterarbeiten, um die Situation noch zu verbessern.

Nachdem er seinen Vortrag beendet hatte, fragte ich, ob noch jemand Fragen habe oder wir den nächsten Teilbereich angehen können. Bruno wollte wissen, wie es zu verstehen sei, dass die landwirtschaftlichen Anbauflächen durch eine Erbschaft der Stiftung vergrößert werden konnten.

Diese Frage beantwortete ich direkt: „Durch die Erbschaft hat die Stiftung ein größeres landwirtschaftliches Anwesen erhalten. Die Voreigentümerin hatte nur Interesse an dem Gebäude, das sie als Luxuswohnsitz nutzte. Es war einige Jahre vorher als Hotel gebaut worden, wurde aber schnell wieder geschlossen, da es nicht rentabel war.

Dieses Gebäude werden wir in Kürze wieder als Seminar-Hotel eröffnen. Die gesamten landwirtschaftlichen Flächen sind derzeit verpachtet. Nach dem Auslaufen der Verträge will der Gutshof von der Stiftung die Flächen entweder ankaufen oder pachten. Dadurch können die Anbauflächen zukünftig vergrößert werden. Auch die Gartenbau Winter GmbH könnte Flächen anmieten oder ankaufen und damit ihre Gemüseanbauflächen vergrößern. Reicht das als Hintergrundinformation oder will noch einer mehr wissen.“

Nachdem es keine weitere Fragen gab übergab ich an Manuel, damit er von der Gartenbau Winter berichten könnte. Manuel erzählte zuerst etwas aus der Geschichte der Gärtnerei, dass sie von seinem Urgroßvater gegründet wurde, über seinen Großvater an seinen Vater weitergegeben wurde. Wobei, mein Vater wurde von seinem Vater gezwungen, die Gärtnerei zu übernehmen, weil er sie meinem schwulen Onkel, der eigentlich den Beruf des Gärtners erlernt hatte, nicht übergeben wollte. Vor zwei Jahren wiederholte sich die Geschichte, als er, Manuel, seinem Vater erklärte, dass er schwul sei. „Da hatte mein Vater mir erklärt, dass ich die Gärtnerei nie erben werde und er sie lieber verkaufen will. Peter hat mich aufgefangen, hat meinem Vater die Gärtnerei abgekauft und mich als Technischen Leiter eingesetzt. Weil ich aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Erben haben werde, sehe ich es eher gelassen, immerhin ist so der Fortbestand des Unternehmens langfristig gesichert. Im Freiland werden die üblichen Gemüse und Kräuter angebaut und in den Gewächshäusern eher die wärmebedürftigeren Pflanzen. Wir beliefern derzeit nicht nur das Restaurant und unseren Hofladen, sondern auch weitere Hofläden und Supermärkte im Umkreis von etwa dreißig Kilometer mit unserem regional angebauten Gemüse. Die Nachfrage nach unseren biologisch angebauten Produkten ist inzwischen so stark gestiegen, dass unsere eigenen Flächen fast nicht mehr ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen.“

Er war mit seinen Ausführungen fertig und so fragte ich in die Runde, ob es zu Manuels Vortrag noch Fragen gäbe. Eine Frau wollte wissen, ob der Gartenbaubetrieb den gesamten Gemüsebedarf des Restaurants abdecken würde oder zugekauft wird. Manuel bestätigte, dass derzeit einhundert Prozent des regional anbaubaren Gemüses und der Kräuter aus der Gärtnerei stammen. Da es keine weiteren Fragen gab, bat ich als nächsten Jens, als Prokurist dieses Unternehmens, um seine Vorstellung der Johannes Graf GmbH.

Jens startete mit einem Dank an Thomas, der ihm die Gelegenheit eingeräumt habe, die Johannes Graf GmbH einem breiteren Publikum vorzustellen. Er erzählte zuerst, dass der Gründer der Firma, Johannes Graf, das Unternehmen vor knapp eineinhalb Jahren an Peter verkauft hat, als er sich zur Ruhe setzen wollte. Peter war jahrelang bei der Firma beschäftigt, zuletzt bis zu seinem Ausscheiden als Prokurist. Das Unternehmen hat sich spezialisiert auf Beratungsdienstleistungen und als zweites Standbein eine größere Abteilung die als Werbeagentur mit zum Erfolg der Firma beiträgt.

Gleichzeitig hat Gerhard Bauer, der ebenfalls in den Ruhestand gehen wollte, und der eng mit Johannes Graf zusammengearbeitet hat, ebenfalls seine Firma an den Gutshof verkauft. Mit dem Verkaufserlös und einer Einlage von Peter wurde die Stiftung Sonneneck gegründet. Inzwischen sind die Mitarbeiter der G. Bauer GmbH umgezogen in das Bürogebäude der J. Graf GmbH, da bei uns im Haus Büroräume frei wurden. Die Buchhaltungen aller Firmen sind zentral hier am Gutshof untergebracht.

Wieder erfolgte die obligatorische Frage meinerseits, ob jemand noch weitere Informationen haben möchte. Die Reaktion darauf überraschte sogar mich. Der Ehepartner der einzigen verheirateten Mitarbeiterin Christine fragte, ob in der Werbeagentur Mitarbeiter gebraucht würden, dann würde er sich sofort bewerben und bräuchte später nicht jeden Tag nach München in die Arbeit fahren.

Ich meinte, wir können am Montag nachfragen und ihm die Information nachreichen. Felix hatte es sich sofort notiert, damit es nicht vergessen wird. Wenn keine weiteren Fragen mehr vorhanden sind, machen wir jetzt eine Pause von fünfzehn Minuten, Raucher haben die Möglichkeit nach draußen zu gehen und dort ihre heißgeliebte Zigarette zu genießen.

Es waren nur zwei oder drei Personen, die das Angebot des Rauchens annahmen. Der Rest unterhielt sich zwischenzeitlich und ich wurde hin und wieder mit eingebunden. Die entscheidende Bemerkung kam von Benedikt, der meinte, ich kann es einfach nicht glauben, dass du, beziehungsweise ihr, alles in nur zwei Jahren geschafft habt. Dafür brauchen andere Jahrzehnte, um diesen Fortschritt zu generieren.

Ich erklärte: „Es war nur möglich, weil ich nicht alles allein entschieden und erledigt habe. Denn ich habe mich auf mein junges Team verlassen, das mit Feuereifer an die Umsetzung unserer Pläne herangegangen ist. Es ist somit ihr persönlicher Verdienst, dass wir in den beiden Jahren so weit gekommen sind.“

Die Pause war vorüber und die Raucher waren inzwischen zurückgekehrt, so dass ich mit der Vorstellung des Unternehmens fortfuhr. Als nächstes sollte Sebastian seinen Beitrag zu den Vorträgen leisten.

Er erzählte davon, wie ich ihn vor zwei Jahren angesprochen habe, ob er sich vorstellen könne, ein Restaurant zu leiten, das im Gutshof geplant war. „Die Kantine für die Mitarbeiter und Saisonarbeiter, sowie für die Gäste des Gesindehauses war zu diesem Zeitpunkt noch nicht mitgeplant und kam erst im Laufe der weiteren Entwicklung hinzu. Der große Saal, in dem Veranstaltungen stattfinden, war vorhanden, wurde aber ebenfalls nicht in die Planung mit einbezogen. Wir produzieren heute an manchen Tagen bis zu eintausend Essen für unsere Gäste. Als ich zugesagt habe, dachte ich eher daran bis zu einhundert Essen am Tag vorzubereiten. Alexandra, meine Freundin, hat sich überzeugen lassen, als Hotelfachfrau die Verwaltung des Gesindehauses zu übernehmen und hilft mir im Restaurant. Heute bin ich froh darüber, dass Peter von Anfang an darauf bestanden hat, die größere Küche zu bauen. Wie meinte er damals: Damit sind wir auch für die Zukunft bestens gerüstet, als wenn er damals schon geahnt hätte, was auf uns zukommen könnte. Wie ihr bereits gehört habt, werden bei uns vor allem saisonale und regionale Produkte verarbeitet, was bei unseren Gästen besonders gut ankommt. Inzwischen versucht man uns als Caterer zu engagieren, was Peter bisher aber noch immer ablehnt. Auch deswegen, weil wir mit einem stadtbekannten Caterer zusammenarbeiten und wir zu Veranstaltungen seine Servicemitarbeiter ausleihen können. Das hat für beide Seiten Vorteile. Die Mitarbeiter des Caterers sind besser ausgelastet und wir müssen weniger Personal für diesen Zweck vorhalten. Bisher wird nur die Kantine im Bürogebäude der beiden Firmen in der Stadt mit unseren Mittagsmenüs beliefert. Demnächst kommt noch das neue Seminarhotel hinzu.“ Zum Abschluss meinte er, es stimme, was Peter vorher während der Pause gesagt hat. Ich würde es vielleicht etwas anders formulieren.,Wir denken und er lenkt unsere Ideen in die richtige Richtung, damit sie zum Vorteil für den Gutshof werden.

Mit diesen Worten beendete er seinen Vortrag, da es keine weiteren Fragen gab, sagte ich zu Sebastian; „Ich danke dir für deinen Vortrag und entlasse dich jetzt in deine Küche, damit wir heute Mittag nicht verhungern müssen.“ Als nächstes stand meine Tochter Martina auf dem Programm. Sie sollte über den Hofladen und das Café berichten.

„Die Idee für den Hofladen und für das Café, gehörte zu den Ersten, die genannt wurden. Sehr schnell kam dann hinzu, dass das Café in den Abendstunden für Gruppen und Vereine geöffnet werden könne, da es bisher zu wenige Möglichkeiten für die Treffen dieser Gruppierungen in der Stadt und im Landkreis gibt. Durch die direkte Nähe zur Stadt gab es keine Schwierigkeiten die Abende von Montag bis Freitag zu belegen. Inzwischen ist die Nachfrage so groß geworden, dass wir auch am Samstag belegt sind. Aber Peter hat danach beschlossen, im Gesindehaus den gesamten Keller auszubauen und dort weitere Treffmöglichkeiten zu schaffen. Einige dieser Räume werden zukünftig für weitere Gruppierungen verwendet, die sich mit Getränken selbst versorgen. Für unsere Schulkinder wird es einen Werkraum geben und, auf Anregung von Marion, ein kleine Lehrküche, in der Kochkurse für Kinder und Erwachsene abgehalten werden. Sebastian hat schon zugesagt, einen Teil der Kochkurse selbst zu leiten, den Rest sollen seine Mitarbeiter übernehmen. Zusammen mit unserer Konditorin werden wir Kurse zum Backen von Kuchen, Torten und Kleingebäck anbieten. Die Umbauarbeiten laufen bereits und werden voraussichtlich bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Nachdem anfangs die Kuchen und Torten nur im Café zum Sofortverzehr angeboten wurden, sind wir in der Zwischenzeit auch bei einem Außer-Haus-Verkauf angekommen. Vor allem an den Sonntagen verkaufen wir bereits mehr als die doppelte Menge zum Mitnehmen, was von uns ursprünglich nicht eingeplant war.

Beim Hofladen hatten wir anfangs die Befürchtung, dass unser Angebot nicht angenommen wird. Durch die Zusammenarbeit mit anderen Landwirten aus der Umgebung und der damit verbundenen Ausweitung des Angebots, aber auch durch gezielte Werbemaßnahmen, läuft der Laden inzwischen sehr gut und liegt weit über den ursprünglichen Erwartungen. Die beteiligten Landwirte hatten ursprünglich die Befürchtung, dass ihre Umsätze dabei eher stagnieren würden und nur eine Verschiebung stattfinden würde. Inzwischen haben Einige unser Konzept verstanden und bieten in ihren Läden ebenfalls ein erweitertes Sortiment an, was teilweise fast zu einer Verdoppelung ihrer Umsätze geführt hat. In diesem Fall kann ich nur sagen, Zusammenarbeit zahlt sich in diesem Fall aus.“

Damit beendete sie ihren Vortrag und auch hier gab es keine Rückfragen. Die nächsten waren unser junges Architektenteam bestehend aus Jennifer und Jason, die jetzt ihren Vortrag halten sollten. Bernhard startete den Beamer, da die beiden ihren Vortrag mit Bildern von den geplanten Wohnungen zeigen wollten. Was ich selbst noch nicht wusste: Sie hatten für ihren Vortrag eine Präsentation vorbereitet mit vielen Vorher-Nachher-Aufnahmen, die die bisherigen Umbauaktivitäten an den Gutshofgebäuden zeigen sollten.

Jason begann seinen Vortrag damit, über unser erstes Aufeinandertreffen zu berichten. Er erzählte, dass sie von Alexandra, ihrer damaligen Nachbarin, angerufen und zum Essen eingeladen wurden. Sie lotste uns in Peters Reihenhaus, wo Sebastian für die versammelte Mannschaft gekocht hatte. Und dort erfuhren wir erst den wahren Grund für diese Einladung. Man war auf der Suche nach einem jungen Architekten, der die Pläne für den Umbau des Gutshofes planen und umsetzen sollte. Peter fragte mich, nachdem ich ihm meinen Familiennamen nannte, ob ich mit einem Maximilian Schreiber verwandt sei.

„Ich erklärte ihm, dass ich der Sohn von Maximilian und Silvia Schreiber sei. Er erzählte mir, dass er meine Eltern während des Studiums in München kenngelernt habe. Mein Vater war sogar in der gleichen Wohngemeinschaft wie Peter. Nach anfänglichem Zögern haben Jennifer und ich den Auftrag angenommen. Wobei uns mein Vater kräftig unterstützt um die Pläne umzusetzen. Wir zeigen euch im ersten Teil unseres Vortrages Bilder von den Gebäuden und Räumen vor und nach dem Umbau. In der nächsten viertel Stunde erklärt uns Jennifer anhand der Bilder wie sich der Gutshof in den letzten zwei Jahren auch optisch verändert hat. Wenn man den ganzen Umbau miterlebt hat, betrachtet man die Bilder mit anderen Augen. Für Außenstehende wird sofort sichtbar, welches Ausmaß an Veränderungen durchgeführt wurde. Ich war selbst überrascht von der Wirkung der Vorher-Nachher-Bilder.“

Danach stellte Jason das neueste Projekt vor. Den Abriss von alten Schuppen und Remisen und den Bau von neuen Wohnhäusern in diesem Bereich: „Da die Parksituation sich langsam zuspitze, werde der gesamte Bereich in dem die Neubauten entstehen mit einer großen Tiefgarage ausgestattet. Um die benötigten Stellplätze nachzuweisen und um zusätzliche Stellplätze für die Mitarbeiter und Bewohner des Gutshofes zu schaffen. Durch die Vorgabe der Stadt, dass eine Bushaltestelle eingeplant werde, was von vielen Besuchern des Gutshofes gewünscht wurde ist es sinnvoll, Dauerparkplätze unter die Oberfläche zu bringen. Die Idee für dieses Projekt entstand, als sich abzeichnete, dass das in der Stadt geplanten Jugendwohnhaus sich nicht so leicht verwirklichen ließ, weil eine Reihe von Nachbarn Einsprüche gegen das Projekt eingelegt haben.

Mit Hilfe des Jugendamtes konnten wir die Baubehörden von der Notwendigkeit weiterer Wohngebäude auf dem Gutshof überzeugen, wobei zwei der acht Häuser als Jugendwohnhäuser errichtet werden, in zwei weitere werden Sozialwohnungen entstehen. Die restlichen Vier sind für Mitarbeiter oder zur freien Vermietung. Ich zeige euch jetzt, wie die Grundrisse der vier Häuser aussehen, denn das wird die meisten von euch interessieren.“

Jason projizierte die ersten Grundrisse an die Wand und meinte, dass sind die Drei- und Vier-Zimmerwohnungen, die sicher die meisten von euch interessieren werden. Man merkte an den aufkommenden Diskussionen, dass die Grundrisse bei unseren neuen Mitarbeitern gut ankamen. Damit konnten wir weitere Pluspunkte einfahren; ich war mir dessen sicher. Das einzige Problem wäre, wenn mehrere sich die gleiche Wohnung aussuchen würden. Nach längerer Diskussion meinte Jason, wir haben auch noch Wohnungen im Dachgeschoß, die ich euch jetzt zeigen werde, vielleicht gefallen dem einen oder anderen diese Wohnungen noch besser.“

Ich meinte: “Wir werden euch alle Grundrisse der Wohnungen Anfang nächster Woche per Mail zuschicken, dann könnt ihr untereinander ausmachen, wer welche Wohnung möchte. Ihr übermittelt uns diese Liste. Wenn zwei oder mehr sich für die gleiche Wohnung entscheiden, wird das Los entscheiden. Wir sollten langsam im Programm weitermachen, dass wir rechtzeitig zum Mittagessen fertig werden.“

Ein Mitarbeiter fragte, ob es möglich sei, die Pläne vielleicht schon heute Abend oder morgen zu verteilen, damit wir uns noch hier darüber unterhalten können. Jason versprach, Philipp heute noch die Pläne per Mail zu schicken und dieser könne sie für alle ausdrucken.

Als nächster ging Klaus ins Rennen und erzählte, wie es bei uns in der Buchhaltung läuft. Er erklärte, dass alle Programme, die für spezielle Anwendungen verwendet werden, ihre Ergebnisse direkt in die Buchhaltung melden und damit unsere Arbeit vereinfachen. Die Tagesergebnisse aus dem Laden der Gärtnerei, dem Hofladen, dem Restaurant, des Cafés und aus dem Gesindehaus gehören bereits dazu. Demnächst kommt das neue Seminarhotel dazu. Bei der Immobilienverwaltung ist es etwas komplizierter, hier haben wir das Problem, dass die Immobilien der Stiftung an deren Buchhaltung melden und die sonstigen Immobilien in die Gutshofbuchhaltung einfließen. Nur die im Fremdauftrag verwalteten Wohnungen und Gewerbeimmobilien bleiben in unserer Buchhaltung unberücksichtigt.

Wir haben derzeit mehrere Mandanten wie es so schön heißt und auch dabei gibt es einiges zu beachten. Einige Gesellschaften mit beschränkter Haftung erscheinen im Konzernabschluss für den Gutshof. Zukünftig wird es aller Wahrscheinlichkeit nach auch Gesellschaften geben, deren Ergebnisse in die Stiftung einfließen werden, unter anderem auch euer Arbeitgeber, der als Erbschaft in die Stiftung eingeht.

Peter überlegt, ob er eure GmbH aus der Stiftung herauszukaufen und dem Gutshof zuordnen soll, denn wenn die GmbH Verluste machen sollte, würden diese Verluste, die für die Verteilung gedachte Summe schmälern. Beim Seminar-Hotel läuft es ähnlich, die GmbH mietet die Immobilie und zahlt eine feste Pacht. Am Ende des Jahres wird die Hälfte des Restgewinns zusätzlich als Umsatzmiete an die Stiftung überwiesen.

Dies war jetzt ein kleiner Einblick in die Arbeit der Buchhaltung im Gutshof, über die Besonderheiten der Immobilienverwaltung und -buchhaltung können euch Benjamin und Ludwig besser Auskunft geben. Sie sind diejenigen, die tagtäglich damit arbeiten und genau wissen, wie sich das mit den Immobilien und der richtigen Zuordnung darstellt.

Ich wollte wie immer wissen ob, es noch Fragen gäbe und da sich keiner meldete, erklärte ich, dass es heute keinen Sinn macht in die Immobilienverwaltung einzusteigen, da das Thema zu komplex sei. Ich bat Philipp und Marcus, als Chefs der IT-Abteilung ihren Beitrag für den heutigen Vormittag zum Besten zu geben.

Philipp startete mit seinem Vortrag und erklärte als erstes, dass im Gutshaus derzeit das gesamte Rechenzentrum untergebracht ist und dort alle Fäden zusammenlaufen. Die Anbindung der Außenstellen, wie der Bürokomplex in der Stadt, laufen über das Internet mit Hilfe eines virtuellen privaten Netzwerkes in unser Rechenzentrum. Den meisten Platz verbraucht dabei die Dokumentenverwaltung, über die euch später Bernhard noch einiges erzählen wird.

Wir sind zuständig für die Ausgabe und den Betrieb der Notebooks und Desktop Computer. Auch planen wir die Netzwerke. Die gesamte Abteilung besteht derzeit aus insgesamt acht Mitarbeitern, wovon vier im Bürogebäude in der Stadt beschäftigt sind.

Philipp fragte dann in die Runde, wie das derzeit bei der Immobilienverwaltung geregelt sei und erhielt als Antwort, dass dies durch ein externes Unternehmen erledigt werde, die bei Problemen oder Umstellungen immer einen ihrer Mitarbeiter vorbeischicken. Die Beschaffung der Hardware wurde durch die Assistentin der Geschäftsleitung organisiert.

Ich mischte mich dazwischen und fragte nach, wie den das Unternehmen heiße und wer dort ihr Hauptansprechpartner sei. Mit der Einbindung in die Stiftungsverwaltung werden wir langfristig den Betreuungsvertrag kündigen, da diese Aufgaben zukünftig von unseren Mitarbeitern übernommen werden.

Im Hinterkopf hatte ich bereits die Idee, einen Mitarbeiter dort abzuwerben, da wir für zukünftigen Aufgaben über kurz oder lang sowieso wieder die Abteilung verstärken dürfen. Benedikt nannte mir den Namen des Unternehmens und des Ansprechpartners, den sich Felix sofort notierte.

Da Philipp seinen Vortrag beendet hatte, gab er an Marcus weiter, der den zweiten Teil des Vortrages bestreiten sollte. Marcus erklärte, dass zur Verantwortung der IT-Abteilung auch die Internetauftritte aller Unternehmen gehören, wobei von ihnen selbst nur die technischen Voraussetzungen geschaffen werden.

Für die Inhalte ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich. Peter hat für die Gestaltung der Inhalte einen eigenen Mitarbeiter eingestellt, Roland Kaminsky, der für alle Unternehmen die Inhalte aufbereitet und die Programmierung der Webseiten durchführt.

Ihr werdet bei einem Blick ins Internet bereits festgestellt haben, dass alle Webauftritte unterschiedlich gestaltet sind, es gibt keine festen Vorgaben. Peter hat nur festgelegt, dass die Gestaltung dem Zweck und der Seriosität des Unternehmens angepasst sein soll. Wenn ihr die Seiten der Stiftung betrachtet und dazu die Seiten der Organisation schwuler und lesbischer Jugendlichen gegenüberstellt, werden die Unterschiede am besten deutlich.

Mit dem Beamer warf er beide Webauftritte nebeneinander an die Wand und man konnte deutlich die Unterschiede erkennen. Auf der einen Seite die bunte Gestaltung und im Gegensatz die auf Seriosität ausgelegten Inhalte der Stiftung. Im Raum stellte einer fest, dass ist unmöglich, das kann nicht ein einzelner Programmierer sein, die Unterschiede sind viel zu krass.

Wieder übernahm ich es und erklärte: „Roland ist, was Webseiten anbetrifft, ein absolutes Genie. Er hat sein Studium als Jahrgangsbester abgeschlossen. Nur weil er schwul ist wollte ihn kein Unternehmen fest beschäftigen. Philipp und Marcus hatten ihn während ihres Studiums kennengelernt und ihn mir für die Gestaltung der Webseiten empfohlen. Er hat mich durch seine fachlichen Qualitäten überzeugt, denn seine ersten Entwürfe für die Jugendorganisation waren genau das, was ich mir vorgestellt hatte. Es sollte vor allem die Zielgruppe ansprechen und für sie gestaltet sein.“

Da Marcus mit seinen Ausführungen fertig war übergab ich Bernhard das Wort, nicht ohne zu erklären, dass er noch Auszubildender im zweiten Ausbildungsjahr sei und dass ich ihm bereits die Verantwortung für die gesamte Dokumentenverwaltung übertragen habe.

Bernhard startete damit, dass er erklärte, dass wir bereits rund eine halbe Million Dokumente in der Verwaltung haben, die von allen Unternehmen und Bereichen des Gutshofes stammen: „Der überwiegende Teil der Dokumente sind Geschäftsunterlagen der letzten zehn Jahre, die bisher digitalisiert wurden. Hinzu kommen noch teilweise bereits historische Dokumente aus dem Gartenbaubetrieb, die bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückreichen. Auch vom Gutshof gibt es Unmengen an historischen Dokumenten, die bis etwas ins Jahr 1850 zurückreichen. Wir haben uns bei der Digitalisierung der Unterlagen derzeit bis in die fünfziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchgearbeitet. Für die noch älteren Dokumente ist inzwischen ein Unternehmen beauftragt, die alten Urkunden und Verträge, aber auch Rechnungsbücher und sonstige Unterlagen für die Digitalisierung aufzubereiten und für eine weitere Lagerung das Original zu präparieren. Wie weit die Unterlagen wirklich zurückreichen, lässt sich derzeit noch nicht endgültig abschätzen, da die Originale bisher nicht vollständig gesichtet wurden.“

Bernhard zeigte den Mitarbeitern einige von diesen älteren bereits digitalisierten Unterlagen und ich bemerkte, dass einige feststellten, dass sie das geschriebene nicht mehr lesen können, da sie die alten deutsche Schriften nicht kannten.

Ich meinte zu Bernhard, er solle doch das letzte Dokument stehen lassen, ich würde ihnen erklären was auf diesem Dokument zu lesen sei. Ich erklärte ihnen, dass es sich dabei um eine Seite aus einem Gesindebuch handelt, wo fein säuberlich festgehalten wurde, wer welchen Lohn ausbezahlt bekam.

Da früher in der Landwirtschaft der Lohn immer an Lichtmess, also am zweiten Februar bezahlt wurde, handelt es sich um einen Jahreslohn. Die Mitarbeiter wurden immer für ein Jahr in Dienst genommen, so wie es früher hieß und an Lichtmess konnte gewechselt werden. Das Jahr über erhielten die Beschäftigten frei Kost und Logis und für ihre sonstigen Ausgaben wurde der Verdienst des Vorjahres verwendet. Auf dieser Seite sehen wir eine Aufstellung des Jahres eintausendneunhundertneun.

Der erste Name auf der Liste benennt eine Barbara Bauer, die einhundertsiebzig Mark, was umgerechnet auf heute einem Jahreslohn von knapp eintausend Euro entsprechen würde. Der nächste auf der Liste ist ein Alois Bergmeier, dem an Lichtmess zweihundertneun Mark als Jahreslohn ausbezahlt wurden. Für Historiker sind diese Dokumente von großem Wert, deshalb wird die Digitalisierung von der Technischen Universität in München finanziell unterstützt. Im Gegenzug können diese Unterlagen für Forschungszwecke genutzt werden.

Nach einer kurzen Pause erklärte ich: „Das war jetzt ein kleiner Überblick über die Unternehmen des Gutshofes und der wichtigsten zentralen Dienste, die für alle zur Verfügung stehen. Die Personalverwaltung ist ein weiterer zentraler Dienst, der jedoch ins Stadtbüro ausgelagert ist, da er für auswärtige Bewerber grundsätzlich leichter zu erreichen ist. Das Marketing zählt ebenfalls zu den zentralen Diensten, die Mitarbeiter dazu sind teilweise dezentral angesiedelt.

Wie ich sehe, sind wir im geplanten Zeitrahmen geblieben. Wir treffen uns in etwa zehn Minuten im Speisesaal, um gemeinsam das Mittagessen einzunehmen. Dort erwartet uns die drei Mittagsmenüs des heutigen Tages, wie sie täglich wechselnd für die Mitarbeiter und die Gäste des Gesindehauses gekocht werden. Der entscheidende Unterschied zum Restaurant liegt darin, dass wir hier Selbstbedienung haben. Die gleichen Gerichte gibt es ebenfalls im Restaurant als kostengünstige Mittagsmenüs. Nach dem Essen treffen wir uns gegen halb zwei Uhr zu unserem geplanten Ausflug.“

Felix blieb noch neben mir sitzen und Philipp erklärte mir kurz, dass er etwas Wichtiges vergessen habe. Wir werden das Münchner Büro in etwa zwei Wochen an unser Netzwerk anbinden und als erstes mit der Dokumentenverwaltung bei den neuen Kollegen starten. Auch die neuen zentralen Mailadressen werden wir zu diesem Zeitpunkt in Betrieb nehmen, so dass die Kollegen danach diese benutzen können. Er bat mich, diese Information noch an die neuen Kollegen weiterzugeben.

Felix erklärte mir, dass er gerne nicht nur diese eine Woche Schnupperlehre machen möchte, sondern ab sofort mitarbeiten will. An den wenigen Tage, die er noch an der Schule erscheinen muss, würde er nicht oder nur halbtags zur Verfügung stehen. Ich meinte zu ihm: „Ich sehe, dir macht die Arbeit Spaß, sonst würdest du nicht mit diesem Angebot an mich herantreten.“ Dann standen wir ebenfalls auf und gingen in den Speisesaal.

Kurz vor halb zwei waren alle bereits im Bus versammelt und bevor wir losfuhren, bat ich alle um Aufmerksamkeit. Philipp hat mich gebeten euch noch mitzuteilen, dass in etwa zwei Wochen die Verbindung zu unseren Servern eingerichtet wird und ihr dann auch eure neuen Mailadressen erhalten werdet.

Gleichzeitig werden wir die Digitalisierung der Unterlagen des Unternehmens starten. Dafür wird Bernhard ein paar Tage nach München abgestellt, um euch zu schulen und mit euch die Dokumente zu kategorisieren. Er wird euch zeigen in welchen Bereichen die Dokumente zu speichern sind und begleitet euch bei den ersten Schritten.

Wir brauchen für diese Zeit eine Unterkunft, entweder eine kleine Pension oder ein Hotel in der näheren Umgebung eures Büros, um ihn unterzubringen. Für Vorschläge wäre ich euch dankbar. Einer der Mitarbeiter, wenn mich nicht alles täuschte ein Namensvetter von mir, der mit seiner Familie angereist, war stand auf und erklärte spontan, dass Bernhard bei ihnen im Gästezimmer übernachten könne und mit ihm gemeinsam ins Büro fahren könne.

Ich wollte ihn gerade warnen, dass Bernhard ein Frühaufsteher sei, als Michael sich meldete und meinte, er könne Bernhard jeden Morgen mitnehmen, dann könne Bernhard sogar zu Hause übernachten. Wenn wir die Kosten für den kleinen Umweg übernehmen würden, wäre das kein großer Aufwand für ihn. Ich meinte, wir können Bernhard heute Abend dazu befragen und er kann danach entscheiden, welche Lösung ihm besser gefällt.

Unsere erste Station an diesem Nachmittag war die Gärtnerei, wo wir bereits von Daniel und Manuel sowie dessen Eltern erwartet wurden. Verwundert fragte ich Fritz, was ihn dazu bewogen habe, unsere Gäste zu begrüßen. Er grinste: „Auch wenn ich nicht mehr Chef dieses Unternehmens bin, kenne ich doch die Geschichte am besten. Eine Führung durch den Betrieb, noch dazu von einem Ruheständler sei, doch sicher interessanter für unsere Gäste.“

Ich überließ Fritz und seiner Frau unsere zukünftigen Mitarbeiter, die sich seiner Führung anschlossen. Manuel blieb zurück und ich fragte ihn, wieso ich davon nichts erfahren habe. Manuel erzählte mir, dass sein Vater immer wieder im Betrieb vorbeischaue und sich von ihm über die Entwickelung des Unternehmens berichten lasse. Dabei ist unser Verhältnis zueinander wieder besser geworden und als ich ihm erzählte, dass wir heute mit einer Gruppe neuer Mitarbeiter und ihren Familien zu einer kurzen Betriebsbesichtigung vorbeikämen, hat er von sich aus angeboten, diese Führung zu übernehmen. Was ich dir jetzt noch sage, wird dich aus den Socken werfen. Er hat über deinen und meinen Kopf hinweg angeordnet, dass morgen alle Familien einen Korb mit unseren frisch geernteten Produkten erhalten, die ich übergeben darf. Ich lachte und erklärte Manuel, dass mich das überhaupt nicht aus den Socken wirft, ich halte es sogar für eine gelungene Marketingstrategie seines alten Herren, um die neuen Kollegen noch fester an unser Unternehmen zu binden. Manuel grinste nun ebenfalls und erklärte mir, dass er scheinbar doch noch einiges von uns Alten lernen könne.

Manuels Mutter kehrte noch vor allen anderen zum Bus zurück und meinte zu mir, Fritz hatte schon etwas Angst davor, diese Führung durchzuführen, er befürchtete, dass du dagegen wärst und ihn damit bloßstellen könntest.

Ich erklärte ihr, wenn es für den Familienfrieden dienlich ist und zu einer Verbesserung des Klimas zwischen Manuel und seinem Vater beiträgt, ist jede Aktion, die von den Beiden ausgeht, akzeptabel. Manuel hat mir schon berichtet, dass Fritz sich gelegentlich mit ihm trifft und sich über den Zustand des Unternehmens informiert und dass es zu einer Verbesserung der Beziehungen der Beiden beigetragen habe.

Wenige Minuten später erschien Fritz mit unseren Gästen wieder am Bus und ich bedankte mich für seine hoffentlich informative Betriebsbesichtigung, was kopfnickend und lautstark bestätigt wurde. Mir fiel auf, dass alle weiblichen Gäste einen kleinen Blumenstrauß in der Hand hatten, was mich zu der Frage veranlasste, wer auf diese Idee gekommen sei. Manuels Mutter meinte, dass es ursprünglich ihre Idee war, die von Manuel und Daniel umgesetzt wurde.

Ich bat Daniel die Blumen bitte wieder einzusammeln und später zum Gutshof zu bringen, wo sie wieder ausgehändigt werden sollten. Ich will nicht, dass die Beschenkten nachher traurig sind, weil ihre Blumen die Busfahrt vielleicht nicht überstanden hätte, bei den derzeitigen Temperaturen.

Bevor ich als letzter in den Bus einstieg meinte Manuel zu mir: “Genial, die Blumen hätten die Busfahrt sicher nicht überlebt. Gibst du dein Okay, dass wir sie in kleine billige Glasvasen unterbringen und so wieder herausgeben?“ Ich nickte nur mit meinem Kopf. Was sollte ich schon dagegen sagen.

Unterwegs erklärte ich, dass unser nächstes Ziel das neue Seminar-Hotel sei, dass in wenigen Wochen eröffnet wird. Ich drohte den Mitarbeitern damit, dass sie in den nächsten Monaten gelegentlich Gäste sein werden, wenn wir die Schulungen und die Umstellung auf unsere Immobilienverwaltungsprogramme in Angriff nehmen.

Bei unserer Ankunft staunten Einige. Sie hatten eher so etwas wie unser Gesindehaus erwartet. Nach der Besichtigung, die vom ehemaligen Butler und zukünftigen Hotelmanager erfolgte und die im Frühstücksraum bei einem Erfrischungsgetränk endete, hörte ich von einigen Mitarbeitern, dass wir damit eigentlich ein Seminar-Hotel für Manager geschaffen hätten und weniger für einfache Mitarbeiter.

Ich lachte laut und erklärte: „Es gibt genügend Unternehmen, die für diese Art der Seminargestaltung dankbar sind und nicht nur ihre obere Führungsschicht hier unterbringen wollen, sondern auch Mitarbeiter aus der mittleren und unteren Führungsebene in diesem Ambiente schulen wollen. Für das erste Halbjahr des kommenden Jahres liegen inzwischen so viele Anfragen vor, dass wir nahezu ausgebucht sind, wenn alle geplanten Veranstaltungen durchgeführt werden. Mit unserem Eventmanagement bieten wir maßgeschneiderte Lösungen für einen angenehmen Aufenthalt als Ergänzung an. Für die Wochenenden und für die Sommerferien sind wir noch auf der Suche nach alternativer Nutzung, wobei zumindest für die Ferienzeit schon eine mögliche Lösung gefunden wurde, die derzeit auf ihre Akzeptanz geprüft wird.“

Eine Mutter meinte, wie wäre es mit Wellness-Wochenenden, von Freitag bis Sonntag, die Voraussetzungen dafür seien doch im Haus vorhanden. Ein weiterer Vorschlag, dass wir doch in den Herbstmonaten Wanderwochenenden anbieten sollten, die Umgebung biete sicher viele Möglichkeiten geführte Wanderungen anzubieten. Felix, der diesmal keinen Block und Stift zum Schreiben dabeihatte, notierte sich die Vorschläge in seinem Smartphone.

Wir gingen zum Bus zurück und ich meinte, wir werden als nächstes eine kleine Stadtrundfahrt machen, zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten, die die Stadt Rosenheim zu bieten hat. Danach fahren wir zu einem Einkaufszentrum, wo euch etwa eineinhalb Stunden zum Einkaufen oder zum Bewundern der Auswahl in den Geschäften bleibt. Spätestens gegen achtzehn Uhr bringt uns der Bus zurück auf den Gutshof.

Für die Führung durch die Stadt hatten wir extra eine ausgebildete Begleiterin beim Fremdenverkehrsamt gebucht, die uns auf dem kleinen Stadtspaziergang die wichtigsten Sehenswürdigkeiten zeigte und uns wichtige und entscheidende Daten aus der Geschichte der Gebäude vermittelte. Anschließend fuhren wir zum Einkaufszentrum, wo ich noch einmal darauf hinwies, dass der Bus um achtzehn Uhr zurückfährt und bitte alle pünktlich da sein sollten.

Ich setzte mich mit Thomas und Felix in eines der Straßencafés und wollte von Thomas wissen, wie er das Wochenende bisher einschätzen würde. Thomas erklärte, eure Aktivitäten, die ihr bisher veranstaltet habt, sind alle gut angekommen.

Ich habe die neuen Kollegen und ihre Familien sehr gut beobachtet, die Kinder sind etwas zwiespältig, ich kann das aber verstehen, sie verlieren ihre alten Freunde mit dem Umzug. Aber auf der anderen Seite sind sie begeistert von einem neuen Leben, auf einem Bauernhof, mit neuen Freunden und vor allem mit einem riesigen Angebot an Freizeitaktivitäten vor der Haustür. Sie sind auf alle Fälle für den Umzug, so meine erste Einschätzung.

Bei den Erwachsenen wird das schon etwas schwieriger und trotzdem einfacher zu beurteilen. Bei den Ehepartnern habe ich so manchmal den Eindruck, dass sie am liebsten sofort umziehen würden, denn mit Jens und Marion haben sie ein Beispiel gesehen, wie Kindererziehung und Beruf gleichzeitig unter einen Hut zu bringen ist. Vor allem, wenn man direkt vor der Wohnungstür arbeitet und die Kinder parallel beaufsichtigen kann, wobei das durchaus mit vertauschten Rollen stattfinden kann.

Nach einer Pause erklärte er weiter, bei der Assistentin der Geschäftsleitung und ihrem Ehegatten, der in einer Werbeagentur arbeitet und wechseln will, ist mir an dir etwas aufgefallen. Deine Augen haben dich verraten, du hast schon wieder einen Plan, was seine Person anbetrifft. Vermutlich willst du ihn in der Werbeagentur bei uns unterbringen, nur wir brauchen derzeit keinen neuen Mitarbeiter.

Bei den Mitarbeitern habe ich inzwischen auch den Eindruck gewonnen, dass sie alle gewillt sind umzuziehen und zukünftig ihren Job hier zu verrichten. Was soll ich sagen, dein Plan scheint aufgegangen zu sein. Mich würde nur interessieren, was du bei einem Unternehmen mit weit mehr Mitarbeitern gemacht hättest.

Ich meinte, die Frage kann ich dir im Moment nicht wirklich beantworten. Das war beim ersten Kennenlernen einfach eine spontane Idee, die ich dann auf die schnelle umgesetzt habe und die scheinbar in dieser Situation perfekt gewirkt hat. Du weißt doch, wie das bei mir ist. Immer wieder spontane Einfälle, die dann umgesetzt werden. Immerhin hast du als einziger bemerkt, dass ich für den Mann aus der Werbeagentur eine Idee habe, wie ich ihm helfen könne.

Felix, der uns die ganze Zeit nur angesehen hatte, während unseres Meinungsaustausches, sagte: „So viele Gelegenheiten, euch beide in einer privaten Situation kennenzulernen hatte ich bisher nicht. Aber ich merke, dass ihr wirklich perfekt harmoniert. Woher sollte Thomas sonst wissen, was in deinem Kopf vorgeht. Ich war der Meinung, dass du dir das vorher bereits überlegt hattest mit der Einladung und dass das keine spontane Entscheidung war. Dafür, dass du alles spontan entschieden hast, bist du mehr als professionell vorgegangen. Was mir aufgefallen ist, du hast die Arbeit verteilt und alle haben innerhalb kürzester Zeit Ergebnisse geliefert. Selbst bei den Vorträgen heute Vormittag, die von allen kurzfristig vorbereitet werden mussten, hatte ich den Eindruck, dass sie langfristig geplant waren. Eure Architekten sind vermutlich die Einzigen, die nicht fest zum Gutshof gehören, aber selbst deren Präsentation fand ich mehr als gelungen. Was mich am meisten beeindruckt hat, war die Reaktion der beiden zukünftigen Kollegen, die sofort zum einen ihr Gästezimmer angeboten haben oder der Kollege, der hier in der Nähe wohnt und Bernhard jeden Morgen nach München mitnehmen will.“

Ich meinte zu ihm, das hat mich auch etwas überrascht. Ich dachte, sie nennen mir jetzt ein teures Hotel in München. Das hätten wir auch selbst herausfinden können. Genau das zeigte mir, dass die gesamte Aktion mit der Einladung bei den Kollegen sehr gut angekommen ist. Ich gehe jetzt davon aus, dass alle im nächsten Jahr hier bei uns ankommen.

Felix kam noch einmal auf sein Angebot, ab sofort mitzuarbeiten zurück und wollte von mir wissen, ob er in nächster Zeit des Öfteren unser Gästezimmer haben könne und ob er sich ebenfalls für eine kleine Wohnung in den geplanten Häusern bewerben kann. Ich erklärte ihm, dass er sich wie jeder andere Mitarbeiter für eine der Wohnungen bewerben kann. „Bei unserem Gästezimmer kann ich nicht allein entscheiden, Thomas und ich sind ein Paar und er hat ein Mitspracherecht. So wie ich ihn kenne hat er nichts dagegen, solange du ihn nicht anbaggerst.“

Thomas lachte: „Lass dich nicht von Peter auf den Arm nehmen. Natürlich kannst du in unserem Gästezimmer übernachten. Falls du auf die dumme Idee kommen solltest uns anzubaggern, dann solltest du dir auch der möglichen Konsequenzen bewusst sein.“

Thomas war neugierig und wollte von Felix wissen, warum sich er und Marvin eigentlich wieder getrennt haben. Felix erzählte, dass es eine komplizierte und längere Geschichte ist, die er uns gerne heute Abend erzählen würde, wenn sich die Gelegenheit ergeben sollte. Ansonsten können wir das nachholen, wenn er bei uns übernachtet. „Zum Thema übernachten: ich würde gerne, wenn es euch nichts ausmacht, von Montag bis Samstag bei euch übernachten und nur am Wochenende zu meinen Eltern nach Hause fahren. Eigentlich könnte ich bereits Freitag nach Hause fahren. Ich bin inzwischen doch neugierig auf die freitäglichen Treffen der schwulen Jungs; nachdem alle so davon schwärmen. Ich will meine Eltern fragen, ob sie zu eurem monatlichen Stammtisch der Angehörigen von schwulen Jungs kommen. Ich habe schon gehört, dass ihr und Ludwigs Opa dort regelmäßig mit dabei seid.“

Gegen viertel vor sechs Uhr gingen wir zurück zum Bus, wo bereits die ersten wieder im Bus saßen. Ich fragte, ob sie viel Geld ausgegeben haben oder nur einfach durch die Geschäfte geschlendert sind. Ein paar Kleinigkeiten hätten sie eingekauft, aber ansonsten, einfach nur sich umgesehen. Das Angebot ist nicht mit dem in München zu vergleichen, immerhin kann man alles einkaufen, was man zum Leben braucht, und im Notfall kann man auch nach München fahren, um sein Geld loszuwerden. So nach und nach kamen die anderen Familien zum Bus zurück und kurz nach sechs Uhr waren wir auf dem Rückweg zum Gutshof.

Kurz bevor alle ausstiegen, erinnerte ich sie daran, dass wir uns um neunzehn Uhr im Speisesaal zum Abendessen treffen. Thomas und Felix gingen nach oben in unsere Wohnung, um zu Duschen und sich umzuziehen. Ich drohte ihnen, dass ich in wenigen Minuten nachkomme, ich wollte nur zuerst kurz im Gesindehaus nach dem Rechten sehen.

Oben angekommen, war Felix bereits im Bad verschwunden und Thomas schlug vor, dass wir beide gemeinsam duschen sollten, damit wir rechtzeitig fertig sind. Wollte Felix nicht mit dir zusammen duschen, fragte ich ihn frech, und jetzt muss ich dich beim Duschen trösten. Thomas lachte und erklärte, dass er immer lieber mit mir duschen würde als mit einem anderen. Außerdem wolle er Felix nicht erschrecken.

Pünktlich tauchten wir im Speisesaal auf. Die Ersten waren bereits anwesend. Ich erklärte ihnen, dass wir im abgetrennten Bereich sitzen werden, direkt am Büffet. Sie sollten sich schon einmal bedienen. Auch bei den Getränken ist heute Selbstversorgung angesagt. In den Kühlschränken sollten genügend Vorräte sein, dass wir nicht verdursten müssen.

Wer gerne einen Wein trinken möchte, der solle sich vertrauensvoll an Alexandra wenden. Ich ging ans Büffet und füllte mir einen Teller mit den leckeren Köstlichkeiten, die Sebastians Mannschaft in der Küche für uns vorbereitet hatte.

Felix setzte sich neben mich und ich konnte mir nicht verkneifen, ihm von meinem Gespräch mit Thomas zu erzählen, das wir während seines Aufenthalts im Bad hatten. Felix lachte und meinte, er hätte nicht gedacht, dass Thomas so schüchtern ist. Wenn er gefragt hätte, ich hätte kein Problem, gleichzeitig mit ihm, dir oder euch im Bad zu sein.

Kannst du mir erklären, was es zu sehen gibt, was ich noch nicht kenne? Im Übrigen bin ich seit meiner Beziehung mit Marvin keine Jungfrau mehr und zu Hause hatte ich öfters das Vergnügen mit meinem Vater gleichzeitig im Bad zu sein, wenn wir morgens wieder einmal beide nicht rechtzeitig aus dem Bett kamen. Wir beendeten die Unterhaltung gerade noch rechtzeitig, bevor sich Benedikt mit seiner Familie zu uns an den Tisch setzte.

Nachdem wir uns alle etwas gestärkt hatten fragte ich Benedikts Töchter, wie ihnen das Wochenende bisher gefallen habe und ob sie sich vorstellen könnten, für immer hier zu wohnen, zur Schule zu gehen und neue Freunde zu finden. Die Jüngere von beiden meinte spontan: „Letzteres, das Finden neuer Freunde, dürfte keine Schwierigkeit sein. Wir haben in den letzten vierundzwanzig Stunden bereits neue Freunde gefunden, die wir morgen beim Heimfahren sicher vermissen werden. Gut, einige wohnen in München und wir können sie sicher gelegentlich in München treffen. Aber in der Großstadt sind die Wege weit.“

Die Ältere von beiden erklärte: „Ich habe immer geglaubt, auf dem Land wäre nichts los. Aber in den letzten vierundzwanzig Stunden habe ich gelernt, dass ich mich wohl geirrt habe. Vor allem beim Besuch im Einkaufszentrum heute Nachmittag war ich überrascht, dass man fast alles auch hier kaufen kann, was es in der Großstadt gibt. Wenn unsere Eltern beschließen sollten, dass Papa hier arbeiten und wir hier wohnen sollen, Petra und ich sind dabei.“

Ich schaute Benedikts Frau an und wartete darauf, dass sie ihre Meinung von sich gibt. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich äußerte: „Als Benedikt mir Anfang der Woche mitteilte, dass sein neuer Chef alle Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen samt ihren Familien für das Wochenende auf den Gutshof, ihren zukünftigen Arbeitsplatz, einlädt, dachte ich zuerst, das wird sicher darauf hinauslaufen, dass man die Leute vergraulen will. Ich war verwundert, dass im Grunde genommen genau das Gegenteil der Fall ist, dass du, Peter, als Chef sogar Wert darauflegst, alle Mitarbeiter im Betrieb zu behalten. Als ich heute die Pläne für die neu geplanten Wohnungen gesehen habe, die auch für Mitarbeiter zur Verfügung stehen, war mir klar, dass ich mich vollständig geirrt habe. Ich habe mit Benedikt vorher gesprochen. Wir werden nächstes Jahr hierher umziehen und sind uns einig, wenn es früher möglich ist, auch schon zu einem früheren Zeitpunkt. Ich habe mich heute Vormittag kurz mit Marion unterhalten und sie vor allem gefragt, wie es ihr dabei ergeht, Arbeiten und Kinder erziehen unter einem Hut zu bringen. Sie hat mir erklärt, dass ihre beiden Jungs hier im Gutshof bestens aufgehoben sind. Selbst wenn sie nachmittags Stress haben sollte, die Jungs sind mal im Stall oder auf dem Gelände unterwegs, sie fahren auf dem Traktor mit auf die Felder. Selbst wenn sie bei Kevin und Katharina im Hofladen oder im Café sind, alle passen gemeinsam auf die Kinder auf. Sie ist froh, dass sie sich dafür entschieden habe, hier am Gutshof mitzuarbeiten.“

Sie schaute mich an und ich sagte zu ihr: „Stimmt, das gilt aber auch für Kevin und Katharina. Die beiden sind ebenfalls irgendwo auf dem Gutshof unterwegs. Martina hatte anfangs auch Bedenken wegen ihren Kindern. Inzwischen weiß sie, dass ihre beiden Kinder hier bestens aufgehoben sind. Selbst die Büros oder die Küche unseres Restaurants sind vor den Kindern nicht sicher. Der Älteste von Marion und Kevin, mein Enkel, haben sich einfach hier im Gesindehaus in den Kiosk gestellt und haben den Gästen Getränke und Süßigkeiten verkauft. Marion will zukünftig einmal die Woche am Nachmittag Kinderkochkurse anbieten, die auch für externe offen sein werden. Mit Hilfe der Stiftung, die die Immobilien geerbt hat, wollen wir gerade für benachteiligte Kinder und Jugendliche Angebote schaffen, um sie zu fördern oder ihnen einen Urlaub zu bieten“, erklärte ich ihr. „Wir werden morgen Vormittag die Aufgaben und Ziele der Stiftung vorstellen. Wenn ich das richtig herausgehört habe, möchtest du gerne wieder ins Berufsleben einsteigen. Mich würde interessieren, was du gelernt hast oder wie du dir deinen zukünftigen Arbeitsplatz vorstellst. Ich habe bei meinem ersten Gespräch diese Woche allen angeboten, bei der Suche nach neuen Arbeitsplätzen für die Angehörigen behilflich zu sein.“

Sie antwortete mir: „Das hat mir Benedikt nicht erzählt. Vielleicht wäre ich dann gar nicht auf die Idee gekommen, dass du mit deiner Einladung den Leuten das Landleben madig machen willst. Um auf meinen Beruf zurückzukommen, ich bin Rechtsanwaltsgehilfin und würde gerne wieder im Büro arbeiten. Es muss keine Kanzlei, sondern kann auch etwas anderes sein.“

Ich antwortete ihr: „Sofort kann ich jetzt keinen Arbeitsplatz zusagen, aber wenn Interesse besteht, werde ich es aufnehmen und wir schauen, was sich bis nächstes Jahr anbietet. Vielleicht ergibt sich sogar in einem der Unternehmen des Gutshofes eine Möglichkeit ins Berufsleben zurückzukehren. Ich kann mir gut vorstellen, dass sogar in der Stiftung neue Arbeitsplätze entstehen werden. Durch den erweiterten finanziellen Spielraum steigen auch die Aufgaben.

Wir werden zum Beispiel in diesen Sommerferien ein Zeltlager auf dem Gutshof abhalten, da die Anmeldungen für unsere Plätze im Gesindehaus hoffnungslos überbucht sind. Dafür könnten wir aktuell Verstärkung brauchen. Wenn du Interesse hast dort mitzuarbeiten, kannst du und deine beiden Töchter gerne die gesamten Sommerferien hier verbringen. Ihr würdet im Gesindehaus übernachten, eine Mischung aus Urlaub und sozialem Engagement bei freier Kost und Logis. Einfach bei Felix melden, ihn habe ich derzeit zum Koordinator für das Zeltlager bestimmt.“

Benedikt meinte, dann wäre er ja die ganzen Sommerferien allein zu Hause. Ich lachte und entgegnete: „Warum kommst du nicht einfach jedes Wochenende auf den Gutshof, einen Platz zum Übernachten hättest du sicher und verhungern wirst du auch nicht.“

Inzwischen hatten sich alle gestärkt und der gemütliche Teil begann. Wie fast immer wechselte ich immer wieder von Tisch zu Tisch und unterhielt mich mit den Leuten. Felix unterhielt sich ebenfalls mit den verschiedenen Familien. Wie ich beobachten konnte, stellte er teilweise gezielte Fragen, um die zukünftigen Kollegen auszuhorchen.

Ich hoffe, dass er für mich eine Zusammenfassung seiner Erkenntnisse zusammenstellt und ich sie mit meinen selbst gesammelten Informationen vergleichen kann. Thomas hatte sich ebenfalls unter die Familien gemischt und unterhielt sich mit ihnen. Er würde mir sicher später berichten, welche Erkenntnisse er gesammelt hat.

Später konnte ich beobachten, dass sich Felix lange Zeit nur mit einem Jungen unterhielt, der geschätzt etwa sechzehn oder siebzehn Jahre alt war und zu einem der älteren Mitarbeiter zu gehören schien. Er war mir bisher kaum aufgefallen, da er bisher bei den Veranstaltungen selten dabei gewesen ist. Heute Nachmittag, bei unserem Ausflug, hatte ich ihn zumindest schon zu Gesicht bekommen.

Während ich die beiden immer wieder beobachtet, fiel mir auf, dass sich die zwei gut zu verstehen schienen, denn immer wieder lachte einer der beiden. Bewusst schaute ich zu den Eltern des Jungen, um zu erkennen, wie sie auf die Unterhaltung ihres Sohnes reagieren würden. Das Ehepaar war so in ihr Gespräch vertieft, dass ich den Eindruck hatte, sie würden das überhaupt nicht bemerken.

So gegen zweiundzwanzig Uhr verschwanden die ersten Gäste zum Schlafen in ihre Zimmer und die Reihen lichteten sich so nach und nach. Gut eine halbe Stunde später verabschiedeten sich die letzten, um nach oben zu gehen. Nur Felix und der junge Mann saßen noch an einem Tisch und unterhielten sich angeregt. Auch meine Leute waren inzwischen entweder nach oben gegangen oder nach Hause gefahren. Ich ging mit Thomas auf die beiden zu und erklärte Felix: “Wir verschwinden in unsere Wohnung. Macht nicht mehr allzu lange, morgen früh sollten wir alle wieder fit sein.“

Wir waren gemütlich auf dem Weg ins Gutshaus, als uns Felix einholte und erklärte, Dennis Huber sei auf dem Weg in sein Bett und er würde jetzt mit uns mitkommen. Wir setzten uns, wie schon am Vortag ins Wohnzimmer und ich befragte Felix und Thomas, welche Eindrücke sie bei ihren Gesprächen gewonnen hätten. Das, was sie mir erklärten, deckte sich mit meinen Erkenntnissen. Alle wären positiv überrascht, dass es mir wirklich ernst sei, alle mitzunehmen.

Thomas brachte es auf den Punkt, indem er erklärte: „Zwei Mitarbeiter hatten in der Vergangenheit schon schlechte Erfahrungen gesammelt bei einer Betriebsübernahme und waren in ihren Befürchtungen vom schlimmsten ausgegangen. Ich habe ihnen dann erklärt, dass ich dich von Anfang an als einen sozial eingestellten Chef kennengelernt habe, der bisher, bei keiner Firmenübernahme, die bisherigen Mitarbeiter freigesetzt hat. Als Beispiel brachte ich den zukünftigen Hotelmanager vom Seminar-Hotel, der gelernter Hotelkaufmann ist, jedoch in den letzten Jahren als Butler für die alte Dame gearbeitet hatte, bevor sie verstarb und ihr Vermögen der Stiftung vererbte.

Ihm hattest du sogar angeboten, die Leitung des Hotels zu übernehmen, wenn er es sich zutrauen würde. Zum anderen sollten sie bedenken, wer eine Stiftung leite, die sich um sozial Schwächere kümmert, sollte mit gutem Beispiel vorangehen, was sich auch daran zeige, dass sein Chef grundsätzlich befristete Arbeitsverträge ablehne, obwohl sich diese Unsitte immer mehr ausbreite. Einer von ihnen meinte danach, sie würden mit Peter den besten Chef erhalten, den man sich in so einer Situation wünschen kann.“

Als nächster musste sich Felix die Frage gefallen lassen, warum er sich so ausgiebig und freundschaftlich mit Dennis unterhalten habe. „Er hat mir erzählt, dass er im Herbst eine Ausbildung in München als Hotelkaufmann beginnen wird und wenn seine Eltern nächstes Jahr hierher ziehen würden, müsse er deshalb in München bleiben. Nach seinen bisherigen Eindrücken würde er lieber mit seinen Eltern hierherziehen und dann erst im nächsten Jahr eine Ausbildung beginnen, da er sich mit seinen „Alten“, wie er sie nannte, bestens versteht.

Könntest du Dennis ab nächstes Jahr einen Ausbildungsplatz auf dem Gutshof anbieten oder soll er doch seine Ausbildung in München beginnen? Das Umfeld hier würde ihm besser gefallen. Er gefällt mir und im Gespräch habe ich herausgefunden, dass er auch eher auf Jungs abfährt als auf Mädchen, wobei er sich bei seinen Eltern bisher noch nicht geoutet hat. Außerdem hat er mir seine Handynummer gegeben, damit wir in Verbindung bleiben können.“

Ich meinte zu Felix: „Verstehe ich das richtig? Du würdest es begrüßen, wenn Dennis seine Ausbildung auf dem Gutshof absolvieren könne, weil du dann die Gelegenheit hättest ihm näher zu kommen?“

Felix lachte und erklärte: „Ich fürchte, damit liegst du richtig. Immerhin hatte ich den Eindruck, dass es Dennis gefallen würde, hier seine Ausbildung zu machen und einem besseren Kennenlernen ist er sicher auch nicht abgeneigt. Als ich ihm erzählte, dass es hier im Gutshof ein wöchentliches Treffen von schwulen oder lesbischen Jugendlichen gibt, wo sich Pärchen, aber auch alleinstehende Jungs treffen, konnte ich in seinen Augen ein Leuchten erkennen. Christian hat seinen Ludwig bei einem dieser Treffen kennengelernt, obwohl Christian nie zu diesen Abenden gehen wollte. Sein Bruder hatte ihn zum Mitkommen überredet und da sind sich die Beiden über den Weg gelaufen. Ja, ich möchte ihn gerne näher kennenlernen. Was aber nicht so einfach ist, wenn er in München wohnt und ich hier am Gutshof. Seinetwegen mir in München eine Wohnung zu suchen, das geht nicht. Und nur an Wochenende wird es schwierig, wenn er am Wochenende immer arbeiten muss.“

Wieder reagierte ich spontan und meinte, er solle doch Dennis anrufen oder ihm eine SMS schicken und ihn für morgen früh zum Frühstück zu uns einladen. Felix verließ das Wohnzimmer und ich telefonierte inzwischen mit Sebastian, ob wir im Herbst einen Auszubildenden zum Hotelkaufmann aufnehmen könnten.

Er meinte, im Prinzip schon. Nur hat sich bisher keiner bei uns beworben. Ich erklärte ihm, dass sich das möglicherweise kurzfristig ändern könne. Sebastian meinte noch, wenn ich jemanden an der Leine hätte, nehme ich ihn sofort.

Ich erklärte ihm, dass es sich um einen Münchner handeln würde, der auch untergebracht werden muss, sonst funktioniert das leider nicht. Ich beendete das Telefonat. Sebastian meinte, mir fiele da sicher ein Weg ein. Auch, weil ich ihn gebeten hatte, für morgen mehr frische Semmeln und Brezeln bei uns anzuliefern.

Felix kam zurück und sagte: §Das Frühstück mit Dennis ist in trockenen Tüchern. Ich soll ihn jedoch abholen, weil Dennis nicht wüsste, wo er hinkommen soll. Dann hole ich ihn so gegen halb acht Uhr ab. Das sollte doch reichen, da die Veranstaltungen erst gegen halb zehn Uhr beginnen.“

Thomas brummte: „Dann muss ich wieder so früh aufstehen. Wo willst du Dennis während der nächsten zwölf Monate unterbringen, bis seine Eltern auf den Gutshof umziehen?“

Ich erklärte ihm, dass wir drüben im Seminarhotel Personalzimmer haben. Dort könnte er zumindest für die fragliche Zeit unterkommen. Einen Teil oder seine gesamte Ausbildung wird er sowieso dort absolvieren und für Felix wäre es sicher kein großer Akt, mit seinem Auto hinzufahren. Felix lachte und meinte, zwei oder drei Minuten wären nichts im Vergleich dazu nach München zu fahren. Danach gingen wir schnell ins Bett, da wir mal wieder ziemlich früh aufstehen dürfen.

Ich bin so gegen sieben Uhr aufgewacht und stand auch sofort auf. Ich ging in die Küche und kochte frischen Kaffee für uns, danach ging ich ins Bad. Womit ich nicht gerechnet hatte. Felix stand bereits im Bad und putzte sich seine Zähne. Als ich umdrehen und das Bad wieder verlassen wollte, meinte Felix: „Du kannst ruhig dableiben, ich denke nicht, dass du mir etwas wegschauen wirst.“

Ich stellte mich unter die Dusche, und, bis ich fertig war, hatte Felix das Bad bereits wieder verlassen. Ich rasierte mich schnell und ging dann ins Schlafzimmer, um mich anzuziehen und Thomas aufzuwecken. Auf dem Weg in die Küche und in die Essecke lief mir Felix über den Weg. Ich bat ihn auf dem Rückweg unsere frischen Brötchen mitzubringen, die auf der Treppe stehen würden. Dann deckte ich noch schnell den Tisch und brachte Kaffee, Milch, Butter, Honig, Marmelade, Wurst und Käse ins Esszimmer.

Kaum war ich fertig als Felix mit Dennis im Esszimmer auftauchte. Während Felix mit den Semmeln in die Küche ging, um sie in den Brotkorb zu legen, begrüßte ich Dennis recht herzlich und fragte ihn, was seine Eltern dazu gemeint hätten, dass er zum Frühstück fremdgehen würde. Er erklärt mir, ich hatte gestern Abend noch ein längeres Gespräch mit meinen Eltern und habe ihnen klargemacht, dass ich schwul bin und Felix mir gefallen würde. Während unserer Unterhaltung rief Felix an und lud mich zum Frühstück bei euch ein. Sie haben alles mitbekommen und hatten nichts dagegen, wenn ich zu euch gehe. Ehrlich gesagt, ich habe keine Ahnung, warum ihr mich zum Frühstück eingeladen habt. Selbst Felix konnte mir die Frage nicht beantworten.

„Da wirst du dich noch etwas gedulden müssen, bis mein kleines Geheimnis gelüftet wird.“ meinte ich zu ihm. Mit Felix kam auch Thomas in die Essecke und wir setzten uns zum Frühstück. Ich beobachtete die beiden Jungs, die, statt zu frühstücken mehr mit flirten beschäftigt waren. Wir schafften es dann doch irgendwann mit dem Essen fertig zu sein.

Ich sagte zu Dennis: „Felix hat mir gestern Abend erzählt, dass du in München im September eine Ausbildung zum Hotelkaufmann beginnen wirst. Da du jetzt weißt, dass deine Eltern nächstes Jahr hier auf den Gutshof ziehen wollen, würdest du lieber deine Ausbildung hier beginnen. Du würdest sogar in Kauf nehmen, deine Ausbildung erst im nächsten Jahr zu beginnen, nur um nicht allein in München zu sein. Ich habe ein Angebot für dich: Du kannst deine Ausbildung in diesem Jahr hier starten.“

Er schaute mich verwundert an und meinte, wie solle das funktionieren. „Wenn ich in München lebe, kann ich nicht jeden Tag hierherfahren und meine Eltern ziehen sicher erst in gut einem Jahr um. Ich werde erst im Januar achtzehn Jahre alt und damit volljährig, bis dahin können meine Eltern noch mitreden. Wo soll ich hier übernachten? Ich kenne hier doch niemanden.“

Felix meinte, ob er etwa Herr Niemand sei, den Dennis hier kennen würde. Thomas meinte nur, dann müssen wir zwei verwandt sein, ich bin auch ein Herr Niemand. Jetzt hatte Dennis verstanden, dass seine Aussage, er kenne hier keinen, doch nicht so ganz der Wahrheit entsprechen würde und fing nun ebenfalls zu lachen an.

Ich erklärte ihm: „Du würdest deine Ausbildung im Seminar-Hotel beginnen und dort gibt es für die Mitarbeiter, die nicht regelmäßig nach Hause fahren können, Personalzimmer, in denen sie übernachten können. Du könntest, bis deine Eltern nächstes Jahr auf den Gutshof ziehen, dort wohnen und an deinen freien Wochenenden nach München fahren und sie besuchen oder mit den Jungs hier am Gutshof etwas unternehmen. Ich kann später mit deinen Eltern reden und ihnen alles erklären, vorausgesetzt, du würdest das so wollen.“ Felix schaute ihn an und sagte: „Natürlich kannst du auch mit mir deine Wochenenden oder freien Tage verbringen. Dass Peter gestern Abend wieder einen Geistesblitz hatte ist mir aufgefallen. Doch dass er dir ein derartiges Angebot unterbreiten würde, hätte ich nicht für möglich gehalten. So könnten wir uns fast täglich sehen. Nur die Zeit bis zum Beginn deiner Ausbildung müssen wir überbrücken. Was machst du während der Sommerferien? Ich habe Peter bereits zugesagt, beim Projekt Zeltstadt mitzuhelfen, bis ich im September mit meiner Ausbildung zum Bürokaufmann starte. Es würde mich freuen, wenn du uns dabei helfen könntest, den Kindern und Jugendlichen aus benachteiligten Familien einen schönen Urlaub zu ermöglichen. Wir könnten uns ein Zimmer im Gesindehaus teilen, wenn du das auch so willst.“

Dennis überlegte in Ruhe einige Zeit, in der Thomas und ich uns frischen Kaffee einschenkten und Felix ihn nur fragend anschaute. Er sagte zu mir: „Du machst das doch nur, damit Felix sich an mich heranmachen kann. Was, wenn ich gar nicht an Felix interessiert wäre und ich es auf einen der anderen Jungs abgesehen hätte und Felix nur für meine Zwecke ausnutze.“

Felix warf einen geschockten Blick zu mir, so dass ich Dennis tief in die Augen schaute und erklärte: „Dennis, selbst wenn es so wäre, geht mich das nichts an. Felix hat mir gestern Abend erzählt, dass du mit deiner aktuellen Situation nicht glücklich bist und deine Ausbildung, wenn es sein müsste, erst im nächsten Jahr beginnen würdest, wenn du mit deinen Eltern hierher umgezogen bist. Damit du dieses Jahr nicht verlierst, und da wir immer noch auf der Suche nach Auszubildenden für das kommende Ausbildungsjahr sind, habe ich mir überlegt, dir das anzubieten. Felix kam auch erst letzten Montag zu uns auf der Suche nach einem Arbeitsplatz und ich habe ihm mehr oder weniger sofort die Zusage gegeben. Wie du dein Privatleben gestaltest, ist deine Sache. Nur dass es zwischen euch knistert, ist mir gestern Abend bereits aufgefallen und dass ich euch Beiden eine Chance geben möchte, will ich nicht abstreiten.“

Diesmal überlegte Dennis nicht so lange und meinte: „Okay, ich glaube ich habe es verstanden. Du hättest mir diese Möglichkeit auch angeboten, wenn ich direkt auf dich zugekommen wäre und dich gefragt hätte. Unabhängig davon, ob Felix mein Freund ist oder nicht, da ihr auf der Suche nach Auszubildenden seid, die im September ihre Ausbildung bei euch beginnen können. Würdest du auch einen Mitschüler von mir einstellen, der gerne Koch werden will und bisher noch auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz ist. Er ist leider nicht schwul, aber seit Jahren mein bester Freund.“

Ich versprach ihm: „Wenn dein Freund sich bei uns bewirbt, bekommt er eine Chance. Aber auch er würde im Seminar-Hotel in einem Personalzimmer wohnen, da ich nicht davon ausgehe, dass er jeden Tag extra aus München anreisen wird. Wenn er mit dieser Situation zurechtkommt, soll er mir umgehend seine Bewerbung zukommen lassen. Noch ist Sebastian auf der Suche nach einem oder einer Auszubildenden für die Küche.“

Dennis antwortete sofort: „Mich habt ihr als Auszubildenden, unabhängig davon wie sich Toni entscheidet. Wir sollten das nur mit meinen Eltern möglichst heute noch abklären. Die Frage von Felix, ob ich euch bei der Zeltstadt helfe, möchte ich ebenfalls mit einem Ja beantworten, Urlaub und gleichzeitig etwas dazu zu verdienen, wo gibt es das schon. Kann ich Toni gleich anrufen und ihm erzählen, dass er sich bei euch bewerben soll.“

Ich meinte: „Warum nicht. Je früher er sich entscheidet, desto größer sind seine Chancen.“

Dennis und Felix verließen die Essecke und gingen ins Gästezimmer, um mit Toni zu telefonieren. Währenddessen unterhielt ich mich mit Thomas über den Gesprächsverlauf.

Thomas meinte zu mir, dass zwischen den beiden etwas abläuft, ist mir erst während unseres Frühstücks aufgefallen. Es war einfach zu offensichtlich und nicht zu übersehen. Nach einigen Minuten kehrten sie in die Essecke zurück und Dennis meinte, Toni schicke noch heute seine Bewerbung per Mail, nachdem er mit seinen Eltern gesprochen habe und er würde ebenfalls bereits beim Zeltlager mitarbeiten wollen.

Während wir weiter frühstückten, unterhielten wir uns weiter. Plötzlich machte sich Dennis Smartphone bemerkbar und er fragte, ob er annehmen könne; Toni würde anrufen. Ich nickte nur mit dem Kopf und bekam mit, dass Toni mit seinen Eltern in etwa einer Stunde losfahren wollten, um sich mit ihm zusammen den zukünftigen Ausbildungsplatz ihres Sohnes anzuschauen.

Ich meinte dazu, es wäre besser, wenn sie erst gegen Mittag hier wären, dann könnten wir uns beim Mittagessen darüber unterhalten und ich hätte am Nachmittag Zeit, um mit den Eltern alles zu besprechen. Sebastian wird sicher auch am Gespräch teilnehmen und dann könnten wir alles klären. Nachdem Dennis seinem Freund Toni alles erklärt hatte, versprach dieser mit seinen Eltern gegen Mittag hier zu sein.

Inzwischen war es bereits kurz vor neun Uhr und ich meinte, wir sollten uns so langsam auf den Weg machen, damit wir rechtzeitig mit den Vorträgen beginnen können. Ich denke, Dennis will mit seinen Eltern kurz reden, bevor wir mit unserem Tagesprogramm beginnen. Wir räumten alles in die Küche und gingen anschließend zusammen ins Gesindehaus. Dennis ging zu seinen Eltern und Felix in den Vortragsraum, um sich davon zu überzeugen, dass alles vorbereitet ist.

Ich ging an den Tischen vorbei und wünschte allen einen guten Morgen. Als ich bei Dennis und seinen Eltern vorbeikam, meinten sie, Dennis habe sie bereits über das Gespräch von heute Morgen informiert und sie wollen das gerne mit mir am Nachmittag besprechen. Auch dass Toni mit seinen Eltern gegen Mittag hier eintreffen wird, hat er ihnen bereits erzählt. Sie würden sich für Toni freuen, wenn er endlich einen Ausbildungsplatz finden würde.

Dennis Vater meinte: „Was er bisher nicht verstanden hat, ist die Androhung seines Sohnes in den Sommerferien im Zeltlager auf dem Gutshof mitzuarbeiten.“ Ich erklärte ihm, dass er nachher im Rahmen der Vorträge über die Stiftung, die Details erfahren werde.

Ich ging in den Vortragsraum. Kurz nach halb zehn Uhr begrüßte ich alle im Raum und begann meinen eigenen Vortrag über die Stiftung. Nachdem ich geendet hatte, fragte ich ob, es noch Fragen dazu gebe. Es kamen keine Rückfragen, so dass Ludwigs Opa mit seinem Teil des Vortrages starten konnte. Er erzählte über seine Aufgaben als Stiftungsrat und wie sich die Stiftung in den letzten Monaten entwickelt habe. Auch hier gab es keine weiteren Fragen.

Die nächsten waren Marion und Barbara vom Jugendamt, die die Anwesenden über die geplanten beiden Jugendhäuser aufklärten. Sie erzählten, dass in diesen beiden Häusern Jugendliche untergebracht werden, die sich noch in Ausbildung befinden und mit dem Erreichen der Altersgrenze nicht mehr in den Kinderheimen verbleiben können, wo sie bis zu ihrem achtzehnten Geburtstag untergebracht waren.

Barbara berichtete: “Das Jugendamt hat im Stadtgebiet einige Wohnungen angemietet. Doch um die Jugendlichen bestens betreuen zu können, bieten diese geplanten beiden Häuser die Möglichkeit, einen Betreuer oder eine Betreuerin vor Ort einzusetzen. Das Jugendamt hat mit Peter vereinbart, dass leerstehende Wohnungen von ihm für seine Auszubildenden genutzt werden können.“

Die nächsten Punkte, die sie ansprachen, waren die diversen Gruppen, wie die schwulen Jugendlichen oder neuerdings die Flüchtlinge, für die hier im Gesindehaus Sprachkurse organisiert werden. Es liegen weitere Anfragen vor, zusätzliche Gruppen zu integrieren. Die Betreuung wird hier im Haus von Marion und Michael sichergestellt und teilweise über die Stiftung finanziert.

Michael berichtete ausführlich über die unglückliche Situation, dass unser Angebot eines Urlaubs für die Kinder und Jugendlichen aus benachteiligten Familien gleich im ersten Jahr aus dem Ruder gelaufen sei, dass erheblich mehr Anmeldungen von den beteiligten Jugendämtern durchgeführt wurden als Plätze im Gesindehaus vorhanden seien.

In der Not wurde die Idee mit der Zeltstadt geboren, um allen Kindern und Jugendliche ein Urlaubserlebnis zu ermöglichen, wobei körperlich oder geistig behinderte Kinder im Einzelfall im Gesindehaus untergebracht werden können, sofern dies erforderlich sei. In den beiden Wochen, die für die Familien vorgesehen waren, wird in diesem Jahr auch auf unser bis dahin eröffnetes Seminar-Hotel ausgewichen, um die Familien unterzubringen, wobei die Kinder und Jugendlichen in der Zeltstadt bleiben könnten.

Wir sind derzeit noch auf der Suche nach jungen Erwachsenen, die uns bei der Organisation und Betreuung unterstützen. Felix rief dazwischen, dass er bereits zwei weitere Jungs gewinnen konnte, die sich bereit erklärt haben in den Sommerferien mitzuhelfen. Benedikts Frau Gabi meinte, sie wird mit ihren beiden Töchtern ebenfalls die Gelegenheit nutzen und sich engagieren. Barbara meinte, auch sie hätte über den Kreisjugendring einen Aufruf gestartet und es gäbe bereits einige Anfragen dazu. Sie erklärte weiter, über den Kreisjugendring haben wir auch noch einen weiteren Aufruf gestartet, um weitere Gruppen in die Zeltstadt zu holen, damit sich eine bunte Mischung aus allen gesellschaftlichen Schichten ergibt. Von einigen Pfadfindergruppen liegt bereits die Zusage vor und von einigen Jugendämtern wurden weitere Gruppen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund nachgemeldet.

Wir rechnen derzeit mit etwa eintausend Kindern und Jugendlichen, verteilt auf den Zeitraum von neuen Wochen, in denen die Zeltstadt laufen soll. Wobei in einzelnen Wochen gut zweihundert Kinder und Jugendliche mit ihren Betreuern hier sein werden. Peter hat mir inzwischen mitgeteilt, dass Felix sich bereit erklärt hat die Anlaufstelle für organisatorische Probleme zu übernehmen und mit ihm zusammen auftretende Schwierigkeiten zu beseitigen.

Peters Mitarbeiter vom Eventmanagement wird zusätzlich Ausflüge organisieren und Marion plant Kochkurse in der neu geschaffenen Schulungsküche in Keller des Gesindehauses. Ich könnte mir vorstellen, wenn das Zeltlager ein Erfolg wird, dass wir im nächsten Jahr eine Wiederholung starten könnten, mit entsprechender Vorausplanung aber nicht mehr auf dem für diesmal vorgesehen Platz. Inzwischen war es bereits kurz nach zwölf Uhr und ich wollte wissen, ob es zu diesem komplexen Thema noch Fragen gäbe.

Eine der Frauen, die sich als Gerlinde vorstellte und Ehefrau eines unserer Mitarbeiter ist, wollte wissen, ob sie sich mit ihrer Integrationsgruppe aus München noch für das Zeltlager anmelden könne. Sie fände das für eine besonders gut gelungene Idee, Kindern aus allen gesellschaftlichen Schichten einen gemeinsamen Urlaub zu ermöglichen.

Barbara antworte: „Wenn sie das entsprechend einplanen können, und mit ihrer Gruppe in einer der ruhigeren Wochen zu kommen, kann sie sich jederzeit noch anmelden. Sie solle sich einfach nur an das Jugendamt wenden oder direkt an Felix hier am Gutshof. Ich übergebe ihm morgen die bisherigen Anmeldungen und er stellt dann einen vorläufigen Belegungsplan auf.

Da keine weiteren Fragen mehr auftauchten, erklärte ich unser Informationswochenende für fast beendet. Nach dem anschließenden gemeinsamen Mittagessen können die Teilnehmer ihre Heimreise antreten oder auf eigene Faust die Umgebung erkunden.

„Bevor ich euch jedoch zum Mittagessen entlasse habe ich für alle noch eine kleine Überraschung. Draußen warten sicher schon Manuel und Daniel und überreichen jeder Familie noch einen Korb mit frisch geernteten saisonalen Gemüse, das auf Anregung von Manuels Vater heute früh für sie zusammengestellt wurde.“

Zum Schluss meinte ich, dass ich mit Christine und ihrem Mann noch ein paar private Worte wechseln möchte vor ihrer Abreise.

Felix und Dennis waren schnell nach draußen verschwunden, um nachzuschauen, ob Toni mit seinen Eltern bereits eingetroffen sei und sie in Empfang zu nehmen. Zu Dennis Eltern sagte ich, dass wir gleich zusammen mit Tonis Familie an einem Tisch sitzen werden und wir uns nach dem Mittagessen im Besprechungsraum im Gutshaus treffen, um mit den Ausbildungsverträgen alles zu klären.

Im Flur traf ich auf Felix, Dennis und Toni mit seiner Familie, die aus den beiden Erwachsenen und zwei jüngeren Geschwistern bestand. Ich begrüßte sie herzlich und fragte dann, ob Manuel noch einen weiteren Korb habe, den ich Tonis Familie überreichen könne. Manuel meinte: „Gut, dass wir zehn Körbe angefertigt haben. Den zehnten Korb sollte ich eigentlich dir übergeben. Aber wenn du eine andere Verwendung dafür hast, geht das schon in Ordnung.“

Ich übergab den Korb mit dem Gemüse aus unserer Gärtnerei an Tonis Eltern und erklärte ihnen, dass er nur frisches saisonales Bio-Gemüse aus dem Gartenbaubetrieb des Gutshofes enthalte. Ich bat sie, schon mal in den Speisesaal vorauszugehen. Philipp dürfte einen etwas größeren Tisch für uns reserviert haben, damit wir alle Platz finden. Thomas und ich würden gleich nachkommen.

Ich erklärte Thomas, dass ich mich nachher kurz mit Christine und ihrem Mann, der einen neuen Arbeitsplatz in einer Werbeagentur suche, unterhalten will. Wenn möglich, möchte ich versuchen ihn in unserer Marketing- und Eventabteilung unterzubringen, sofern er sich das vorstellen könne. Wann er anfangen wird, sollte sich in unserem Gespräch zeigen.

Gemeinsam gingen wir in den Speisesaal und setzten uns zu den beiden Familien an den Tisch, wo auch Felix und Philipp sich gesetzt hatten. Ich stellte den neu hinzugekommenen Thomas als meinen Mann und Lebensgefährten vor, Philipp als meinen Sohn aus meiner Ehe mit Gabriele, die vor mehr als fünfzehn Jahren an Krebs verstorben sei.

Toni meinte. „Bist du schwul wie Dennis, oder warum lebst du mit einem Mann zusammen?“ Er hatte es kaum ausgesprochen, als er plötzlich einen knallroten Kopf bekam und sich sofort bei Dennis dafür entschuldigte, dass er ihn in aller Öffentlichkeit geoutet hatte.

Dennis reagierte gelassen und meinte: „Außer deiner Familie wissen bereits alle anderen, die hier am Tisch sitzen, dass ich auf Jungs stehe. Ich habe es gestern Abend noch meinen Eltern erzählt, nachdem mich Felix angerufen und eingeladen hatte, heute früh mit ihm, Thomas und Peter gemeinsam zu frühstücken. Von dort habe ich dich angerufen, da Peter meinte, wenn du interessiert seist, könntest du im Restaurant im Gutshaus deine Ausbildung machen. Dort könntest du sowohl Großküche, Catering und individuelles Kochen lernen. Das, was du hier im Gesindehaus zum Essen bekommst, ist aus der Großküche. Im Restaurant bekommst du Gerichte aus der Großküche und der individuellen Küche. Catering wird bisher in geringem Umfang grundsätzlich auch außer Haus geliefert. Ich habe das Essen aus allen drei Bereichen kennengelernt. Am Freitagabend die individuelle Küche im Restaurant, gestern Mittag das Essen aus der Großküche und gestern Abend das Catering. Eines kann ich dir jetzt schon sagen, zwischen den Gerichten gibt es keinen geschmacklichen Unterschied. Ich denke wir sollten uns an der Theke jetzt einfach unser Essen holen. Du kannst aus drei verschiedenen Speisen wählen.“

Bevor wir alle jetzt aufstanden, um uns mit Essen zu versorgen, meinte ich, ich bin nicht schwul, ich bin bisexuell und kann sowohl mit Frauen als auch mit Männern meinen Spaß haben.

Während des Essens wurde, wenn überhaupt, über private Dinge gesprochen. Irgendwann stand Christine neben mir und meinte, sie würden gerne langsam nach Hause fahren, ob ich kurz Zeit hätte, das geplante Gespräch mit ihr und ihrem Mann zu führen.

Wir gingen in den Schulungsraum und ich erzählte ihrem Mann Franz, dass ich eine Stelle im Gutshof für ihn hätte. Er würde mit Armin, Eventmanagement und Werner, Marketing zusammenarbeiten. Er solle jedoch nicht ausschließlich Werbekampagnen entwerfen, sondern zusammen mit den beiden Kollegen Marketingstrategien oder Events planen und dazu, wenn nötig, die entsprechende Werbekampagne.

Er schaute mich an und erklärte mir: „Du überrascht mich. Zum einen hatte ich nicht damit gerechnet, dass du mir so schnell eine Alternative anbieten würdest und vor allem habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, dass es letztendlich sogar attraktiver sein könnte als meine bisherigen Aufgaben. Wenn es nach mir allein ginge, würde ich morgen bei euch anfangen. Aber ich muss meinen bisherigen Job erst kündigen und immerhin habe ich bereits eine sechsmonatige Kündigungsfrist einzuhalten, es sei denn wir einigen uns auf ein früheres Ausscheiden mit meinem bisherigen Arbeitgeber. Hinzu kommt, dass wir erst in gut einem Jahr umziehen können, wenn die neuen Wohnungen fertiggestellt sind.“

Ich konterte und erklärte ihm: „Christine könnte eher im Gutshof arbeiten, die Buchhaltung ist sowieso zentral hier verankert. Das einzige Hindernis ist eine Wohnung für euch rechtzeitig bereit zu stellen. Die einzige Chance sehe ich darin, dass in der Stadt eine Wohnung frei wird, die euch zusagt. Falls das nicht funktionieren sollte, du könntest von Montag bis Freitag in einem der Personalzimmer im Seminar-Hotel wohnen und am Wochenende zur Familie zurückfahren, wenn du im Januar am Gutshof starten würdest.“

Er bat mich, ihm einige Tage Bedenkzeit einzuräumen, damit er mit seiner Frau und den Kindern alles besprechen kann. Er sieht, dass bei einem Beginn im Januar, der Zeitraum bis zum Umzug der Familie sich absehen lässt und damit vielleicht in der von mir vorgeschlagenen Art und Weise ablaufen könnte. Ich meinte, er solle es sich überlegen und mir einfach Bescheid geben, wenn er und die Familie eine Entscheidung getroffen haben.

Nach diesem Schlusspunkt verabschiedete ich mich von ihnen und ging zurück in den Speisesaal. Am Tisch wurde ich schon erwartet, da mein Gespräch mit Christine und Franz doch etwas länger gedauert hatte. Ich schlug vor, dass ich mit den beiden Auszubildenden und ihren Eltern ins Gutshaus wechsle und wir dort in aller Ruhe die nötigen Gespräche führen. Felix und Philipp werden sich um die Geschwister von Toni kümmern und mit den beiden unter anderem bei Martina und ihren Kindern im Café vorbeischauen.

Wir setzten uns ins Besprechungszimmer und ich rief Sebastian an, dass er vorbeikommen kann, damit wir die Gespräche mit unseren beiden Kandidaten führen können. Er stand bereits nach einer Minute im Besprechungszimmer, trug jedoch noch seine Kochkleidung.

Er setzte sich zu uns und ich legte ihm die mitgebrachten Unterlagen von Toni vor, der eine Ausbildung zum Koch absolvieren will. Von Dennis liegen uns die Unterlagen nicht vor, da er das ganze Wochenende hier am Gutshof war. Er hat versprochen, seine Unterlagen heute noch per Mail nachzureichen.

Sebastian beschäftigte sich zuerst mit dem Anwärter für die Küche. Er meinte: “Warum er bisher keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, wunderte mich schon, denn von seiner fachlichen und menschlichen Seite gab es für mich keine negativen Tendenzen zu erkennen.“

Ich beobachtete Sebastian, der genauso verwundert zu sein schien, wieso Toni bisher keine Ausbildungsstelle gefunden hatte, deshalb fragte er ihn, ob er eine Vorstellung habe, warum er bisher keinen Ausbildungsplatz erhalten hat.

Toni meinte, er weiß das auch nicht. Sein Zeugnis sei sicher nicht das Beste, aber zumindest so gut, dass es einer Ausbildung nicht im Wege stehen sollte. Vielleicht liegt es an seiner Körpergröße, da er mit seinen fast zwei Metern, doch etwas zu groß geraten sei. Ich lachte und meinte, dass ist die beste Ausrede, die ich bisher gehört habe, wobei auch die plausibelste.

Nur wenn das der Grund ist, dann kann ich nur meinen Kopf schütteln. Sebastian meinte, ich fürchte, Tonis Vermutung ist schon die richtige Spur, ich sehe das ähnlich. Ich selbst sehe das sicher nicht als nachteilig an, wenn Toni seine Ausbildung bei uns antreten will, ich nehme ihn gerne. Jetzt liegt es an Toni, ob er den angebotenen Ausbildungsplatz annehmen will.

Seine Mutter atmete erleichtert auf, als sie hörte, dass ihr Ältester endlich einen Ausbildungsplatz hätte. Sie schob gleich eine Frage und zugleich eine Feststellung hinterher, auf die ich bereits gewartet hatte: „Jetzt hätte mein Sohn zwar eine Ausbildungsstelle, aber ich sehe da noch Probleme, sie auch anzunehmen. Wir können es uns finanziell nicht leisten für Toni ein Appartement anzumieten und damit platzt der ganze Traum wieder. Jeden Tag von München hierher mit der Bahn anreisen ist auch keine Lösung.“

Da Dennis das gleiche Problem hatte, war es für mich kein Problem ihr sofort zu erklären: „Dennis hätte das gleiche Problem, wenn er seine Ausbildung im September hier anfangen würde, und da haben wir das Problem bereits gelöst. Toni könnte ebenso wie Dennis unter der Woche in einem Personalzimmer im Seminar-Hotel schlafen und am Wochenende oder seinen freien Tagen zu euch nach München kommen. Ich kann euch anbieten, wenn ihr euren Sohn hier besuchen wollt und eine Nacht bleiben wollt, entweder euch hier im Gesindehaus oder im Seminar-Hotel unterzubringen. Soweit ich Dennis verstanden habe, ist er bereit genau diesen Weg zu beschreiten, wobei es für ihn einfacher ist, da seine Eltern im nächsten Jahr, wenn die neuen Wohnungen für die Mitarbeiter fertiggestellt sind, hierherziehen. Toni wird die gesamte Ausbildungszeit im Personalzimmer bleiben, es sei denn, er zieht nächstes Jahr in eine Wohnung für Mitarbeiter, diese Möglichkeit besteht ebenfalls. Es gibt eine weitere Option, wenn eines unserer Pärchen aus ihrem Appartement auszieht, könnte Toni dort einziehen.“

Toni meinte dazu: „Das hört sich doch nicht schlecht an. Immerhin bin ich nicht komplett allein in den Personalzimmern. Dennis wird die nächsten zwölf Monate dabei sein, und danach, wer weiß, was sich bis dahin alles verändert. Ich denke, dass mich das, was ich bis jetzt gehört habe, überzeugt hat, den Ausbildungsplatz anzunehmen, auch wenn es eine zeitweilige Trennung von meinen Eltern und Geschwistern bedeutet. Dennis hat mir erzählt, dass Peter sich sehr für die Jugend im Unternehmen engagiert, weil er in den jungen Mitarbeitern die Zukunft des Unternehmens sieht. Ich habe noch eine Frage, die nicht direkt mit der Ausbildung zusammenhängt. Dennis hat mir vorher erzählt, dass er spätestens mit Beginn der Sommerferien auf dem Gutshof bei einem Zeltstadtprojekt mitarbeiten will und mich gefragt, ob ich eventuell auch Interesse habe. Er hat mich zumindest neugierig gemacht und ich möchte mehr darüber wissen.“

Da Felix bei diesem Gespräch nicht dabei ist, erzählte ich von unserem Projekt: „Ursprünglich war geplant, dass wir im Gesindehaus in den Ferien Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien in Zusammenarbeit mit den Jugendämtern unterbringen. Nur haben wir im ersten Jahr nicht damit gerechnet, dass die Nachfrage so enorm sein könnte. Da Anfangs keiner richtig koordiniert hat und alle Zusagen erhielten, stellte Barbara vom Jugendamt irgendwann fest, dass wir hoffnungslos überbucht sind. Sie haben mich davon aber nicht informiert, sondern sich erst eine Ersatzlösung ausgedacht und mir danach gebeichtet, was schiefgelaufen ist. Weil die Alternative keine schlechte Ersatzlösung war, habe ich zugestimmt, unter der Bedingung nicht nur unsere Kinder und Jugendlichen dort unterzubringen, sondern die Zeltstadt zu öffnen für weitere Gruppierungen aus allen sozialen Schichten. Inzwischen liegen Zusagen von verschiedenen Pfadfindergruppen vor und Barbara konnte über die Jugendämter auch Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund für das Zeltlager gewinnen. Im Gesindehaus hätten wir ungefähr achtzig unterbringen können pro Woche, in der Zeltstadt werden wir wahrscheinlich zwischen zweihundert und dreihundert Kinder je Woche beherbergen. Für die Organisation und Betreuung suchen wir Verstärkung, damit alles möglichst reibungslos ablaufen kann. Bei so vielen Kindern wird Sebastian in der Küche oder bei der Essensausgabe im Speisesaal Verstärkung benötigen.“

Tonis Mutter meinte: „Könnte auch ein Sportverein mit seinen Kindern an diesem Zeltlager teilnehmen? Der Sportverein wo Toni früher und sein kleiner Bruder jetzt Fußball spielt, will seit Jahren für seine Kinder ein Zeltlager organisieren, findet aber keinen Platz, wo sie mit ihren Kindern hinkönnen?“

Ich entgegnete: „Sie können gerne herkommen. Sie sollen sich mit Felix in Verbindung setzen. wenn bei den Fußballern Interesse besteht, er hat die Koordination und Organisation der Zeltstadt übernommen und wird alles mit mir besprechen und abklären.“

„Ich schlage vor, nachdem beide Jungs ihre Ausbildung im Gutshof machen wollen, fahren wir doch einfach kurz zum Seminar-Hotel, dann können sich die Jungs die Personalzimmer anschauen. Da sie dort teilweise ihre Ausbildung absolvieren, können sie auch eine ihrer zukünftigen Ausbildungsstellen besichtigen. Dennis ist zum zweiten Mal hier, nur beim ersten Mal bekam er den Personaltrakt nicht zu sehen.“ Nach unserer Rückkehr war alles klar und die beiden Jungs und ihre Eltern unterschrieben die Ausbildungsverträge.

Die beiden Jungs wollten noch wissen, wann das Zeltlager starten würde. Felix, der inzwischen wieder zu uns gestoßen war, erklärte, dass der Start Anfang Juli sein wird und im September, zum Schulbeginn in Bayern, endet. Dennis schaute Toni an und sie verkündeten: „Wir sind von Anfang an dabei. Auch wenn in Bayern noch keine Ferien sind, für uns endet die Schule eher und dann wollen wir sofort einsteigen.“

Am späten Nachmittag saßen Thomas, Felix und ich bei uns im Wohnzimmer beisammen und besprachen die Ergebnisse des Wochenendes. Ich fand es unter anderem positiv, auf diesem Weg zwei Auszubildende gefunden zu haben, und weitere Helfer für die Zeltstadt. Genau genommen war die gesamte Veranstaltung ein Erfolg gewesen, nach dem derzeitigen Stand würde keiner der Mitarbeiter kündigen, sondern den Umzug der Firma mitmachen.

Das hieß auf der anderen Seite, dass der Bau der neuen Wohnungen auf dem Gutshof mit aller Macht vorangetrieben werden musste. Wobei das nicht das Einzige war, worüber nachgedacht werden musste: Auch bei den Büroräumen wird es eng werden und auch hier brauchten wir bis zum nächsten Spätsommer ebenfalls eine brauchbare Lösung.

Thomas meinte noch, viel besser hätte es bei einer Firmenübernahme und Standortverlegung nicht laufen können. Felix fragte, ob er noch eine weitere Nacht in unserem Gästezimmer verbringen kann.

Ich meinte, meinetwegen kannst du gerne noch bei uns bleiben. Wir sollten uns sowieso überlegen, wie wir das mit dir in den nächsten Wochen regeln. Spätestens mit dem Start der Zeltstadt wirst du zum Dauergast, entweder bei uns im Gästezimmer oder im Gesindehaus.

Felix meinte, vielleicht wäre Gesindehaus nicht schlecht, er würde sich sogar das Zimmer mit Dennis teilen, wenn er nichts dagegen hat oder er sich nicht ein Zimmer mit Toni teilen will.

Thomas fragte ihn, ob er darüber nachgedacht hat, wie das mit ihm und Dennis ablaufen können, falls sie sich näherkommen. Ihr werdet sicher irgendwann zusammenziehen wollen. Möchtet ihr bei dir zu Hause leben oder sucht ihr euch eine eigene Wohnung?

Ich ergänzte, wenn es wirklich ernst wird mit euch, wird sich sehr schnell diese Frage für euch stellen, Dennis im Seminar-Hotel im Personalzimmer oder mit seinen Eltern in der neuen Wohnung und du zu Hause bei deinen Eltern. Unsere neuen Wohnungen werden erst im nächsten Jahr fertig und wenn eines der beiden Pärchen in eine größere Wohnung umziehen will, habe ich Toni versprochen, dass ihm als erstes dieses Appartement angeboten wird, damit er aus dem Personalzimmer in eine eher privatere Umgebung kommt.

Felix reagiert gespalten. Darüber nachgedacht habe er bisher nicht, er wollte es langsam angehen lassen, vor allem nach seinen Erfahrungen mit Marvin. Bei Dennis habe er ein anderes Gefühl als er es bei Marvin von Anfang hatte, aber diese Erfahrung ist für ihn abgeschlossen. „Ihr seht das ganz richtig. Ich sollte wirklich nachdenken, wie es mit uns beiden weitergehen könnte. Ich denke, nach dem Zeltlager, zu Beginn der Ausbildung, werde ich die Situation besser beurteilen können und erste Vorentscheidungen treffen.“

Am Montagvormittag bereits, meldete sich Franz und erklärte mir am Telefon, dass er sich entschieden habe und bei uns anfangen will. Er würde in den nächsten Tagen mit seinem bisherigen Arbeitgeber alles besprechen und mir von dem Ergebnis berichten.

Ich bot ihm an, wenn er alles geklärt hat und er nicht unbedingt eine Wohnung auf dem Gutshofgelände braucht, könnten wir in unserem Wohnungsbestand in der Stadt schauen, ob demnächst eine passende Wohnung für ihn und seine Familie frei wird.

Nachdem er sich kurz mit seiner Frau besprochen hatte, meinte er, hört sich gut an. Er ergänzte noch, da unsere Kinder bereits außer Haus sind benötigen wir nur eine Wohnung für uns beide und ihnen würde eine Zwei- oder Drei-Zimmer-Wohnung vollkommen ausreichen.

Ich übergab den Wunsch von Franz an unsere Wohnungsverwaltung, mit der Bitte mich zu informieren, wenn eine geeignete Wohnung in der Stadt frei werden sollte. Noch am Nachmittag informierten mich Florian, dass eine für die Beiden passende Wohnung voraussichtlich ab Oktober oder November, nach Abschluss der Renovierungsmaßnahmen zur Verfügung stünde, sofern sie ihnen gefallen würde.

Eine Besichtigung wäre an einem der nächsten Wochenenden möglich, da der Mieter in den nächsten Tagen bereits ausziehen wird und die Renovierungsmaßnahmen vermutlich erst im September beginnen würden. Er betonte noch, dass vorher keine Handwerker zu bekommen sind, da alle derzeit vollkommen ausgelastet seien.

Im Telefonat vereinbarten wir, dass er und Christine am übernächsten Wochenende zur Wohnungsbesichtigung kommen würden. Bis dahin wäre mit seinem bisherigen Arbeitgeber sicher alles geklärt und wir könnten gleichzeitig seinen Arbeitsvertrag unterschreiben.

Er wollte noch wissen, ob seine Frau ebenfalls ihren neuen Arbeitsvertrag bei uns unterschreiben könne. Dazu erklärte ich ihm, dass Christine nichts unterschreiben müsse, da sie einen gültigen Arbeitsvertrag mit der Verwaltungsgesellschaft besitze und alle Arbeitsverträge vom neuen Eigentümer der Gesellschaft so übernommen werden wie sie abgeschlossen sind.

Bei der Wohnungsbesichtigung noch vor Beginn der Renovierungsmaßnahmen entschieden die beiden, dass sie nach Abschluss der Umbauarbeiten einziehen wollen, da die Wohnung die richtige Größe, gut geschnitten und für ihre Bedürfnisse vollkommen ausreichend sei.

Bei unserem Gespräch in meinem Büro erklärte er mir, dass er theoretisch bereits am ersten Oktober bei uns anfangen könne. Bei Christine sei es egal, da sie nur von ihrem Arbeitsplatz im Münchner Büro auf den neuen Arbeitsplatz im Gutshof umziehen würde. Ich vereinbarte mit Franz, dass er offiziell im Oktober anfangen würde, er aber erst nach dem Umzug, der hoffentlich im gleichen Monat stattfinden kann, seine Arbeit aufnehmen muss. Nachdem beide den Mietvertrag unterschrieben hatten und Franz seinen neuen Arbeitsvertrag, lud ich die beiden noch zum Abendessen ins Hofrestaurant ein.

Lesemodus deaktivieren (?)