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Regenbogenfamilie

Teil 45 - Ein Besuch im Küchenstudio

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Informationen

 

Da Thomas heute Morgen seinen ersten Termin hier im Guts­hof hatte konnten wir etwas länger liegenbleiben. Nach dem Aufstehen ging Thomas in die Küche und wollte für uns das Früh­stück vorbe­reiten. Allerdings stand er keine Minute später wieder im Schlafzimmer und erklärte mir, dass das Frühstück bereits fix und fertig auf dem Tisch steht.

Bernhard sei wohl schon im Bad beim Duschen und wolle sicher nicht zu lange auf uns warten bis wir zum Frühstück erscheinen. Wir warteten so lange bis wir hörten, dass Bernhard im Bad fast fertig sei und standen ebenfalls auf. Bernhard kam uns mit einem umgebundenen Badetuch entgegen, als wir ins Bad gingen. Gemeinsam hüpften wir unter die Dusche.- Natürlich nur Thomas und meine Wenigkeit. Wir rasierten uns und nach dem Zähneputzen eilten wir sofort in unser Schlafzimmer zum Anziehen.

Wir hatten uns keine Badetücher umgebunden, da wir das eigentlich immer so handhabten in unserer Wohnung. Zufällig kam Bernhard gerade aus seinem Zimmer. Er wollte sein nasses Badetuch zurück ins Badezimmer bringen zum Trocknen. Mit frechem Grinsen meinte er: „Bis gleich, in der Küche“.

Wir beeilten uns mit dem Anziehen, damit unser vorübergehender Gäste­zimmer­bewohner nicht so lange auf uns warten musste. In der Küche setzten wir uns an den gedeckten Tisch und frühstückten gemeinsam. Während des Essens fragte mich Bernhard, ob ich wüsste, wann Klaus morgens ins Büro käme. Er möchte ihn gerne noch etwas fragen, bevor die große Besprechung beginnt. Ich meinte, dass Klaus normalerweise spätestens kurz nach acht Uhr in seinem Büro wäre. Vielleicht käme er heute etwas eher, um sich noch auf die Besprechung vorzubereiten.

Kurz vor acht Uhr gingen wir nach unten, Thomas und ich in mein Büro, Bernhard schaute erst einmal nach ob Klaus bereits da sei und, da er ihn nicht in seinem Büro vorfand, ging er ins Büro der IT-Abteilung.

Thomas fragte mich, was ich denn für heute alles geplant hätte. Wenn du mich so direkt fragst, meinte ich, dann im Grunde genommen zu viel für einen normalen Arbeitstag. Ich werde gleich im Küchenstudio anrufen und einen Termin vereinbaren für eine oder zwei neue Küchen, drüben im Gesindehaus.

In wenigen Minuten würde Petra hier sein, die vermutlich auf den Gutshof wechseln will, als meine Assistentin, und dann ist da noch unser Termin mit den Mit­arbeitern der beiden Buchhaltungen sowie am Nachmittag eine Besprechung mit Bernhard, wegen des Dokumenten­manage­ments für die J. Graf GmbH.

Anschließend wäre noch ein Gespräch hier im Haus, mit allen Abteilungen, da wir hier weitere Büros aktivieren und einige Kollegen innerhalb des Hauses umziehen werden. Ich wolle alle Abteilungsleiter befragen, wie sie sich den Personalbestand in zwei bis drei Jahren vorstellen, um danach die Raumplanung auszurichten. Ich möchte nicht alle paar Monate haus­interne Umzüge veranstalten. Ansonsten liese ich mich über­raschen was heute sonst noch alles auf mich zukäme.

„Nach der Ankündigung vom Samstag wird heute sicher die eine oder andere Frage auftauchen, die kurzfristig geklärt werden muss. Wenn Petra endgültig am Gutshof arbeiten will, brauchen wir dringend für dich eine neue Assistentin. Rufst du kurz deine Personalabteilung an und klärst, ob eventuell eine Initiativ­be­werbung vorliegt. Im Stadtbüro solltest du eventuell ähnliche Überlegungen an­stellen, welche Abteilungen in den nächsten ein oder zwei Jahren aus­gebaut werden soll und wie dort der Platzbedarf sich darstellt. Ich befürchte, dass insgesamt gesehen, die noch vor­handenen Kapazitäten innerhalb eines oder zwei Jahren aufgebraucht sind“.

Während Thomas mit der Personalabteilung in der Stadt tele­fonierte, rief ich unseren Küchenbauer an und erklärte ihm, dass wir in nächster Zeit zwei weitere Küchen benötigen. Diese müssten hier im Gutshof eingebaut werden. Wobei eine höchste Priorität habe, da der Mieter spätestens im Januar einziehen will. Für ihn brauchen wir dringend eine kleine Küche für ein Appartement.

Er meinte, er hätte da eine oder zwei Ausstellungsküchen, die für diesen Zweck geeignet und die spätestens in der Woche nach Weihnachten eingebaut werden könnten, sofern sie dem neuen Mieter gefielen. Wir sollten uns doch die Küchen kurz­fristig ansehen und uns danach entscheiden. Ich versprach, dass ich mit dem Mieter vorbeikomme. Ob wir heute oder morgen die Küchen anschauen wollten konnte aber noch nicht genau sagen. Er meinte noch, er sei diese Woche jeden Abend bis achtzehn Uhr im Laden, was uns mehr Spielraum geben sollte.

Auf dem Weg zu Bernhard traf ich Petra, die zu unserem Gesprächstermin eingetroffen war. Ich bat sie in mein Büro zu gehen, Thomas warte da schon und ich sei auch gleich wieder zurück. Bernhard erzählte ich vom Angebot des Küchenbauers bezüglich der Appartementküchen. Er meinte nur, wenn sie nicht ge­rade potthässlich seien würde er gerne eine dieser Küche nehmen. So vereinbarten wir, gegen halb fünf abends zum Küchenbauer zu fahren und uns die Küchen miteinander anzuschauen.

Wieder zurück in meinem Büro hatten sich Thomas und Petra bereits in die kleine Besprechungsecke gesetzt. Ich setzte mich zu ihnen und bat Petra uns zu erzählen, was sie denn auf dem Herzen habe. Sie meinte: „Thomas, es ist nicht gegen dich persönlich gerichtet. Aber nachdem mein lang­jähriger Chef Johannes zum einunddreißigsten Dezember die Firma verlässt, möchte ich mir ein neues Aufgabengebiet suchen und dir als neuem Geschäftsführer die Chance bieten, dir deine Assistentin oder auch einen Assistenten selbst auszusuchen.

Ich möchte die Firma zum Monatsende verlassen, was aber wieder­um nur mit deiner oder Johannes Zustimmung möglich ist. Ich will bei Peter als Assistentin anfangen. Hier ist vermutlich alles neu für mich und diese Aufgabe würde mich reizen. Selbst wenn Peter mich nicht nehmen will oder kann, würde es bei meinem Aus­stieg zum Monats­ende bleiben.“

Thomas grinste und erklärte Petra: „Weder Johannes noch ich werden deiner so kurzfristigen Kündigung zustimmen.“ Petra schluckte und wollte schon etwas erwidern, als ihr Thomas deutete, sie solle ihn doch ausreden lassen. „Da die J. Graf GmbH ab ersten Januar ein Teil des Gutshofkonzerns sein wird, brauchst du nur einen Versetzungs­antrag für die neu geschaffene Position der Assistentin des Leiters des Gutshofes zu stellen. Wenn Peter dich als seine Assistentin haben will, werde ich der Versetzung zustimmen und für auf eine neue Assis­tentin oder einen Assistenten einstellen.

Petra schaute ihn sprachlos einige Minuten lang an, bis sie zu Thomas sagte: „Du nimmst mich doch auf den Arm, mit dem was du mir gerade erklärt hast. Es kann doch gar nicht sein, dass ich einfach nur den Arbeitgeber wechseln kann, ohne vorher meinen alten Arbeitsvertrag bei dem bisherigen Unternehmen zu kündigen.“

Da sie Thomas Aussage nicht glauben wollte, mischte ich mich ein und erklärte ihr: „Thomas hat dir schon die richtige Auskunft gegeben. Du musst nicht kündigen um beim Gutshof in einer neuen Position anzufangen. Weil der Gutshof die J. Graf GmbH gekauft hat, gehen alle Verträge, einschließlich der Arbeits­verträge, an die Guts­ver­waltung über, die sie zu unveränderten Kondi­tionen weiterführt. Wenn du jetzt zum Gutshof oder einen anderen Teilbetrieb des Gutshofes wechseln willst, ist das nur eine Versetzung innerhalb des Gutshofkonzerns, in deinem Fall auf deinen eigenen Wunsch. Bei den Mitarbeitern der Buch­haltung verhält es sich ähnlich, nur mit dem Unterschied, dass sie ,betrieblich veran­lasst, versetzt werden. Warum also kündigen und einen neuen Arbeitsvertrag abschließen?“

Petra erklärte uns, dass sie der Meinung gewesen sei, sie müsse das bisherige Beschäf­tigungsverhältnis kündigen und beim Gutshof einen neuen Vertrag abschließen. Wenn das so einfach ginge, dann frage sie jetzt einfach: “Willst du mich als deine neue Assistentin hier am Gutshof? Das kannst du jetzt als mündliches Versetzungsgesuch interpretieren“.

Ich überlegte nicht lange und erklärte Thomas und Petra: „Ich nehme dein Versetzungs­gesuch zum Gutshof als meine neue Assistentin an. Und damit liegt es jetzt an Johannes und Thomas, wann du bei mir anfangen kannst. Spätestens Anfang Januar könntest du auf dem Gutshof als meine Assistentin starten. Jedoch auch früher, wenn die beiden einem früheren Zeitpunkt zustimmen. Johannes arbeitet noch bis zum dreiundzwanzigsten Dezember, dann nimmt er ein paar Tage Urlaub. Weihnachten ist er auf alle Fälle raus aus dem Tages­geschäft. Frage an Thomas, was hat dein Anruf in der Perso­nalabteilung ergeben.“

Thomas meinte, aktuell läge keine Initiativbewerbung vor. Wir könnten jedoch über unsere Zeitarbeitsfirma, die über ent­sprechendes Personal verfüge, entweder vorübergehend eine Assistentin oder einen Assistenten ausleihen oder, bei einer Festanstellung, über den Ver­mittlungsauftrag den Mitarbeiter übernehmen. Für ein Bewer­bungsgespräch könnten sie uns heute Nachmittag zwei Kandidaten oder Kandidatinnen vorbeischicken.

Ich meinte zu Thomas: „Lass‘ die beiden möglichen Mitarbeiter doch hierher­kommen. Dann können wir ihnen gemeinsam auf den Zahn fühlen. Die Unterlagen sollen sie vorher an meine Mailadresse schicken. Ich fürchte allerdings, damit wirst du heute nicht mehr in das Stadtbüro kommen. Aber Johannes ist ja noch da und wird alles wie bisher regeln“.

Zu Petra meinte ich, sie könne jetzt zurück in die Stadt ins Büro fahren und Johannes Bescheid geben, dass Thomas heute den ganzen Tag hier festgehalten sei mit Besprechungen und Vorstellungsge­sprächen. Sie könne ihm auch gleich die Frage stellen, wie er zu ihrer Ver­setzung stehe.

Wir verabschiedeten uns von Petra und Thomas sagte zu mir: „Ich spreche gleich mit der Personalabteilung und der Leihar­beitsfirma. Wann sollen die Bewerber denn hier sein?“ „Am besten direkt nach der Mittagspause. Einen Kandi­daten oder eine Kandidatin und die zweite Person eine halbe Stunde später,“ sagte ich zu ihm.

Während Thomas aus meinem Büro seine Telefonate führte, hatte ich schon, mit meinem Notebook, den Weg zu Klaus in die Buchhaltung angetreten. Ich fragte ihn, was Bernhard von ihm wissen wollte. Klaus meinte, das bliebe ein Geheimnis, bis der junge Mann heute Vormittag zu unserer Besprechung hinzu­ge­zogen wird.

Anschließend fragte ich, ob im Besprechungsraum alles für die Besprechung vorbereitet sei und bat ihn gleichzeitig für das Mittag­essen gegen halb eins bei Sebastian einen Tisch zu bestel­len. Für alle Mitarbeiter der beiden Buchhaltungen, sowie Thomas, Bernhard und mich. Er erklärte mir, dass im Bespre­chungss­raum alles vorbereitet wäre. Die ersten Mitarbeiter seien auch bereits eingetroffen und warteten schon auf uns. Ich meinte noch, dass ich dann auch gleich rübergehen würde um die schon Anwesenden zu begrüßen.

Im Besprechungsraum angekommen, saßen bisher zwei Mitar­beiter aus der Buchhaltung, die ich noch von früher kannte. Ich be­grüßte sie herzlich in unseren Büros und erzählte ihnen, dass heute Nachmittag die Planungen für die Umverteilung der Büros hier im Hause stattfinden und im Laufe der Woche bereits umgezogen werden solle, damit alle Mitarbeiter am zweiten Januar auch einen Arbeitsplatz hätten.

Ich fragte die beiden, ob es für sie zu ihrem neuen Arbeitsplatz am Gutshof eine weitere Wegstrecke zu fahren wäre als bisher. Beide erklärten mir, dass es für sie egal sei, ob sie in die Stadt oder hierher zum Gutshof fahren. Eine Mitarbeiterin meinte, sie spare sich immerhin zwei Kilometer Wegstrecke gegenüber der Fahrt in die Stadt. Ihre Kollegin erzählte zwar, dass es ein Kilometer mehr zu fahren sei als bisher, aber da sie nicht mit dem Strom in die Stadt, sondern quer dazu fährt ist sie zeitlich sogar schneller im Büro als in die Stadt.

Die Tür öffnete sich. Klaus kam mit unseren beiden Buchhalterinnen und unserem Immobilienverwalter, der auch die gesamte Buchhaltung für die Mietwohnungen bearbeitet, in den Raum. Klaus meinte, er hätte gerade einen Anruf bekommen, das Christian aus der Buch­haltung krank ist und heute nicht komme, die andere Kollegin sei unterwegs. Sie wäre am Samstag nicht auf der Weih­nachtsfeier gewesen und wusste nichts von dem Termin auf dem Gutshof. Sie würde in Kürze hier eintreffen.

Ich meinte, kein Problem, anfangen können wir ja schon ohne die Kollegin, noch versäume sie nichts Wichtiges.

Dann begrüßte ich alle und erklärte: „Wir sind heute zusammengekommen, um die Zusam­menlegung der beiden bisher getrennten Buchhaltungen zu organisieren. Ab Januar wird die Buchhaltung aller Firmen und Betriebsteile hier im Hause durch­geführt. Durch diese Zusammenlegung werden keine Mitarbeiter freigestellt, was auch nicht geplant war. Durch die Neu­organisation wird die Buch­haltung trotzdem effektiver und Urlaubs- oder Krankheits­ausfälle können besser kompensiert werden. Bis die noch fehlende Kollegin eintrifft erzähle ich euch etwas über den Ablauf des heutigen Tages. Danach starten wir eine Vorstellungsrunde. Wobei ich hier der Stadtbuchhaltung den Vortritt lasse, damit sich meine Leute vom Gutshof nicht zweimal vorstellen müssen. Vormittags sprechen wir über die Organisation unserer Buchhaltung, über das für die Mitarbeiter der Graf GmbH neue Buch­haltungssystem, das zum Einsatz kommen wird. Wobei sich für die Mitar­beiter vom Gutshof am Programm an sich nichts ändert.

Zum Mittagessen treffen wir uns nebenan im Restaurant im Gutshaus. Am Nachmittag geht es dann in direkten Gesprächen um die Details der Umstellung. Diesen Part wird Klaus übernehmen. Er hat das bereits einmal hinter sich gebracht, vor knapp eineinhalb Jahren, als wir von externen Buch­haltungen durch zwei Steuerberater auf hauseigene Buch­haltung umgestellt haben.

Thomas und ich werden am Nach­mittag nicht immer dabei sein, da wir zwei Vor­stellungsge­spräche führen werden und ich noch weitere Verpflichtungen habe. So das war jetzt der kurze Überblick über den Tag und jetzt beginnen wir mit den Vorstellungen, vor allem solltet ihr auch euer Spezialgebiet in der Buchhaltung vorstellen.

Als erste stellte sich Beate Müller vor, sie sei Mutter von zwei fast erwachsenen Kindern und seit fünf Jahren bei der GmbH beschäftigt. Ihr Spezialgebiet sei vor allem die Kredi­torenbuchhaltung. Bevor ihre Kollegin sich vorstellen konnte, klopfte es an der Tür und Bernhard brachte die letzte der Mitarbeiterin der GmbH-Buch­haltung. Sie setzte sich zu ihren beiden Kolleginnen und die nächste übernahm ihre Vorstellung.

Cornelia Bauer, seit mehr als zehn Jahren in der Firma, sie sei kinderlos und lebe mit einer Frau zusammen, also vergleich­bar wie Thomas und Peter. Sie ist für die Debitoren­buchhaltung zuständig und das sei auch ihr Spezialgebiet.

Nach ihr kam ihre Kollegin, die sich erst einmal entschuldigte, dass sie zu spät sei. Ihre Kolleginnen oder ihr Kollege hätten wohl vergessen sie von dem Termin zu informieren oder jeder hätte geglaubt, dass der andere mich informiert. Sie stellte sich als Erika Bergner vor. Sie sei seit 15 Jahren in der Firma und hatte früher die Anlagenbuch­haltung erledigt. Inzwischen ist sie vor allem für die steuerlichen Fragen und Steuererklärungen, sowie das Con­trolling zuständig.

Da ich der nächste in der Vorstellungsrunde war machte ich gleich weiter und meinte frech: „Ich glaube, ich brauche mich wohl keinem vorstellen, da mich sowohl meine ehemaligen Kolleginnen bereits kennen und den Leuten am Gutshof kann ich auch nichts Neues zu mir erzählen. Das Einzige, was ich den Kolleginnen aus der Stadt als Infor­mation mitgeben kann, dass ich im vergangenen Jahr von meinem Vater zum Familien­oberhaupt erhoben wurde und seitdem die Ge­schicke des Familienbe­triebes mit seinen unterschiedlichen Bereichen führe.

Meinen Nachbarn kennen im Grunde genommen auch alle, egal ob in der Stadt oder hier draußen. Somit kam Klaus, der sich als gelernter Steuerberater vorstellte und in seiner Position als Abtei­lungsleiter die Fäden in der Buchhaltung in Händen hält. Er sei Vater von zwei Kindern, einem Jungen und einem Mädchen, und seit Juli ver­gan­genen Jahres am Gutshof beschäftigt.

Die nächste war Kat­harina Mayer, die hier für die Kreditorenbuchhaltung zuständig sei und Teile des Einkaufs betreue. Sie hab einen JSohn, der nächstes Jahr eine Ausbildung beginnen wird und sich für eine Ausbildung in der Gärtnerei beworben habe.

Nach ihr stellte sich Ariane Huber vor, die die Debitorenbuchhaltung betreut und in der angeschlossenen hotel­ähnlichen Jugendherberge die Buchhaltung betreue. Als letzter stellte sich Michael Müller vor, er sei gelernter Immobilienwirt und ist für den Wohnungsbestand des Gutshofes zuständig. Er übernimmt die Vermietung, die Abrechnung der Nebenkosten, also die Buchhaltung für die Immobilien.

Zusammen mit Katharina kümmere er sich noch um die Anlagenbuchhaltung. Er sei noch unverheiratet, aber inzwi­schen verlobt und als bisher letzter Mitarbeiter in der Buch­haltung im Gutshof ange­kommen.

Damit hatten sich jetzt alle Anwesenden vorgestellt. Ich bat Ariane noch etwas über ihren kranken Kollegen Christian Obermüller zu erzählen. Sie erzählte, dass er in der GmbH der Spezialist für die Anlagenbuchhaltung sei. Er sei noch kinderlos, aber seine Frau sei schwanger und erwartet ihr Kind im März kommenden Jahres.

Da jetzt die Vorstellungsrunde abgeschlossen war, bat ich Klaus unsere aktuelle Buchhaltungssoftware vorzustellen, vor allem den Teil wie die Umstellung vom alten System auf die neue Buchhaltung erfolgen wird. Klaus startete seinen Computer und zeigte die Software auf dem Großbildschirm. Er erklärte, dass alle Daten aus einem Buchhaltungsprogramm die im DATEV-Format ausgegeben werden könne, in unsere Buchhaltung eingelesen werden kann. Er gehe davon aus, dass auch das Buchhaltungspro­gramm der J. Graf GmbH in diesem Format exportieren kann, da, so wie mir Peter erzählt hat, die Steuererklärung und der Jahresabschluss immer von einem Steuerberatungsbüro durch­ge­­führt wird. Cornelia erklärte, dass Klaus richtig vermute. Sie bot an ihm, morgen eine Testdatei zu schicken, damit er die Daten testweise einlesen könne.

Klaus setzte an­schließend seine Erklärungen fort. Unsere Buchhaltung ist mandan­tentauglich und bietet den Vorteil, dass zusätzlich ein Konzern­abschluss durchgeführt werden kann. Heute ist es so, dass der Garten­bau­betrieb bereits eine eigene GmbH ist und als eigener Mandant geführt wird. Ähnlich ist es bei der Verwaltung der Immobilien. Hier ist zu trennen in eigenes Vermögen und Erträge. In einer eigenen Buchhaltung werden die Nebenkosten­vorauszahlungen und -abrech­nungen verarbeitet.

Auch in der Jugendherberge gibt es Beson­derheiten, wie die Zimmerbelegung. Die Ergebnisse werden in die Buch­haltung übernommen. Auch der Hofladen wird als eigener Mandant geführt. Selbst das Restaurant ist ein eigener Mandant. Damit haben wir für alle eine eigene Abrech­nung. Die Lieferanten- und Kunden­dateien sind für alle die gleichen, sie werden ebenso für den Konzern konsolidiert.

Klaus machte eine kurze Pause und meinte, für die Neue­rungen im nächsten Jahr brauche ich jetzt Bernhard. Wir machen eine kurze Pause, in der Bernhard sich vorbereiten kann. Er wird euch dann die Details erzählen, die ich selbst auch noch nicht so genau kenne. Er hat das Ganze ausgearbeitet.

Alle nutzten die Pause, um sich mit frischem Kaffee zu versorgen oder einen kurzen Besuch am stillen Örtchen hinter sich zu bringen. Als Bernhard alles vorbereitet hatte, meinte er, wir könnten anfangen. Bevor Bernhard seinen Vortrag startete, meinte ich, dass er sich doch kurz vorstellen solle und was er in der Firma macht. Als er erzählte, dass er Auszubildender im zweiten Lehrjahr ist, schauten die Stadtbuch­halter etwas verwundert, dass Bernhard schon seine eigenen Projekte leitet als Auszubildender.

Bernhard erzählte, dass im kommenden Jahr die Rechnungen und alle Buchungsbelege nicht mehr im Dokumentenmanage­ment sondern direkt in der Buchhaltung in jeder Buchung hinterlegt werden und direkt aus der Buchhaltung aufgerufen werden können. Dazu erhält jeder Beleg einen Barcode, der während der Buchung eingelesen wird. Danach werden alle Belege eingescannt und im Hintergrund der Buchung zuge­ordnet.

Ursprünglich war im Programm vorgesehen, dass man den Beleg von Hand zuordnen musste, was eine Menge Zusatzaufwand erforder­lich machte. Er erstellte zusammen mit Klaus eine Buchung, der sie einen Beleg zuordneten, in einer Testumgebung. Danach bat er sie zum Multifunktionsdrucker und zeigte ihnen, wie die Belege gescannt werden sollten. Auch erklärte er, dass jetzt im Hintergrund die Belege von einem Programm verarbeitet würden. Er erklärte, dass im nächsten Schritt die Überprüfung der eingelesenen Belege durchge­führt würde und anschließend, mit der Freigabe, endgültig der Buchung zugeordnet würden.

Auf die Frage, warum die Belege noch einmal kontrolliert werden, erklärte Bernhard, dass damit sichergestellt wird, dass der Beleg vollständig und lesbar erfasst wurde. Durch die revisi­ons­sichere Speicherung müsste der Originalbeleg nicht aufgehoben werden, wenn durch die Sichtkontrolle die Vollständigkeit sicher­gestellt ist. Da die Buchhal­tungsbelege nicht mehr mit allen anderen Dokumen­ten zusammen ge­speichert werden, ist ein Zugriff für Unbe­fugte nicht mehr möglich, selbst wenn ein Dokument versehentlich in einer falschen Zugriffsbe­rechtigungs­gruppe einsortiert wurde.

Klaus bedankte sich bei Bernhard für seinen Vortrag und die Beantwortung der gestellten Fragen. Er blickte auf die Uhr und meinte, dass es zu spät sei, um vor dem Mittagessen noch ein neues Thema anzufangen. Er fragte mich, ob Thomas und ich bereit wären Fragen der Mitarbeiter zu beantworten. Ich meinte, warum nicht. Dann über­brücken wir die Zeit bis zum Mittagessen mit Fragen und Antworten, wobei ich aber auch gerne Fragen an sie stellen möchte.

Ich erklärte erst einmal, warum Bernhard bereits als Auszubildender seine eigenen Projekte leitet. Projekte sind Bestandteil der Ausbildung und werden im Rahmen der Prüfungen bewertet. Bernhard hat bereits vor seiner Ausbildung hier mitgearbeitet und war maßgeblich an der Einführung unseres Dokumentenmanagements beteiligt. Ich habe großes Vertrauen in seine Fähigkeiten, da er nicht nur die aktuelle Situation sieht, sondern sehr gut vorausdenken kann.

Klaus bestätigte meine Erläuterungen und meinte, dass Bernhard noch so einige Ideen auf Lager hat, wie er uns die Arbeit erleichtern will. Immer mehr Firmen gehen dazu über die Rechnungen nur noch per Mail zu verschicken und Bernhard überlegt, wie wir diese digital eingehenden Rechnungen buchen können, ohne jede Rechnung extra auszudrucken.

Wenn ihr sonstige Ideen habt oder Wünsche, was verbessert werden kann, Bernhard hat immer ein offenes Ohr für eure Anliegen. Nicht immer kann es sofort umgesetzt werden. Er informiert uns immer über den aktuellen Stand, aber auch dass es unter Umständen sinnlos wäre es aktuell umzusetzen. Dabei sind seine Argumente normalerweise unangreifbar, was ich schon mehrmals feststellen durfte.

In den nächsten Minuten kamen vor allem Fragen dazu auf, wo die Buchhaltung untergebracht wäre, vor allem, nachdem die bisher genutzten Räume zu klein für alle Mitarbeiter der Buchhaltung wären. Ich wiederholte, dass wir die Raumfrage im Laufe des heutigen Nachmittags klären werden und in den nächsten Tagen die Umsetzung angegangen wird. Bis zum ersten Januar ist für auf alle Fälle alle ein Platz vorhanden. Wichtiger sei jedoch zu klären, wie die Büros personell zu besetzen sind. Meine Vorstellungen bewegen sich in die Richtung, dass die jeweiligen Fachgebiete in einem Raum zusammensitzen.

Inzwischen war die Zeit so weit fortgeschritten, das Klaus meinte, wir sollten jetzt ins Restaurant gehen zum Mittagessen. Ich wies unsere Neuen darauf hin, dass sie auch das sogenannte Kantinenessen testen können. Dieses wird im Restaurant als Mittagsmenü für die Allgemeinheit angeboten. Die Mitarbeiter selbst essen alle im Gesindehaus, in der Kantine oder auch Speisesaal genannt. Für unsere Beherbergungs­gäste und in den Sommermonaten werden dort auch die Saisonarbeiter essen.

Die Mittagsmenüs sind hervorragend. Auch die Gäste der Jugendherberge sind regelmäßig begeistert von der guten Küche, die ihnen Sebastian bietet. Im Restaurant hatte man für uns extra zwei Tische zusammengeschoben, damit wir nicht in zwei Grup­pen verteilt waren. Wir hatten uns bereits gesetzt und die Getränke bestellt, als Sebastian extra aus der Küche kam und meinte, er kann heute die drei Mittagsmenüs besonders empfehlen, aber auch der Fisch von der normalen Karte ist ganz frisch. Falls wir Sonder­wünsche haben, sollten wir es ihm wissen lassen.

Die Bedienung brachte uns die Getränke und wollte wissen, ob wir uns schon entschieden hätten, was wir essen wollten. Da sie mich als erstes nach meinen Wünschen fragte, erklärte ich, dass ich Menü drei nehmen würde, den Gemüseauflauf mit der Dill-Meerrettich-Sauce. Fast alle entschieden sich für eines der drei angebotenen Mittagsmenues. Die Servicekraft wollte noch wissen, ob alle die Tagessuppe dazu wollen oder ob sie bei jemanden weggelassen werden kann. Die Ent­scheidung war einstimmig, alle wollten die Suppe probieren.

Schon nach wenigen Minuten wurde uns die Suppe serviert. Vor­her erklärte ich noch, dass ich während des Essens keine dienstliche Konversation wünsche. Es sollten, wenn überhaupt, nur private Dinge besprochen werden. Für alles andere ist am Nachmittag noch Zeit genug, auch wenn ich nicht mehr dabei sollte.

Wenn jemand mit mir ein persönliches Gespräch führen will, soll er sich bei mir melden oder meine neue Assistentin kon­taktieren. Petra, die Assistentin von Johan­nes, wird in den nächsten Tagen auf den Gutshof wechseln, sobald für Thomas eine neue Assistentin oder einen Assistenten gefunden ist. Wir haben für heute Nachmittag kurzfristig zwei Vorstellungsge­spräche anberaumt, an dem sich die ersten Bewerberinnen oder Bewerber vorstellen werden.

Inzwischen wurde der Hauptgang geliefert und beim Essen kehrte wieder einmal Ruhe am Tisch ein. Unsere Bedienung fragte, ob noch jemand etwas zum Trinken haben will. Momentan gab es keinen Bedarf an Getränken. Bevor die Nachspeise serviert wurde, bestellte ich mir einen Espresso. Dies wirkte ansteckend und so wurden auch Cappuccinos und andere Kaffeespe­zia­litäten geordert.

Kurz nach dreizehn Uhr meinte Klaus, dass sie langsam mit der Besprechung weitermachen sollten. Während Klaus mit allen Mitarbeitern der Buchhaltung aufstand und ins Besprechungszimmer zurückkehrten, blieben Thomas und ich noch eine Weile sitzen und unterhielten uns kurz über die bevorstehenden Vorstellungsgespräche die jetzt als nächstes anstanden.

Er meinte zu mir, ich habe eine Nachricht von der Personalabteilung bekommen, dass von der Leiharbeitsfirma sogar drei Bewerber oder Bewer­berinnen geschickt werden, den letzten hatte man auf halb drei Uhr gesetzt. Wenn uns die Auswahl nicht zusagen sollte, könnten sie morgen Vormittag noch einmal zwei oder drei Kandidaten zu einem Vor­stellungsgespräch schicken. Zehn Minuten vor dem ersten Vor­stellungsgespräch zahlte ich mit Kreditkarte unser Mittagessen und anschließend gingen wir in mein Büro.

Auf dem Flur lief uns ein junger Mann über den Weg, der nicht zu unseren Mitarbeitern am Gutshof gehörte. Als er uns erblickte fragte er, wohin er sich wenden muss, er habe in fünf Minuten ein Vorstel­lungsgespräch mit dem Chef dieses Unter­nehmens.

Thomas lachte und erklärte ihm: „Soweit ich informiert bin, soll das Gespräch mit dem Eigentümer und dem Geschäftsführer stattfinden, es wird ein Assistent oder eine Assistentin für die Geschäftsleitung in der Stadt gesucht. Folgen sie mir, ich bringe sie ins Büro des Eigentümers, wo dieses Gespräch stattfinden wird.“

Thomas ging voraus und der junge Mann, der sich später als Armin Schwarz vorstellte, folgte ihm. Ich ging den beiden hinterher und konnte es kaum erwarten, wie er reagieren würde, wenn er feststellt, dass er von seinen Gesprächs­partnern auf dem Flur aufgesammelt wurde.

Thomas klopfte an meinem Büro, obwohl er wusste, dass es zurzeit verwaist ist. Und, nach­dem keine Aufforderung zum Eintreten kam, öffnete er die Tür und meinte, dass der Eigen­tümer der Firma wohl noch nicht auf seinem Platz sei und er doch schon einmal eintreten solle. Er sagte noch zu ihm, er solle sich doch in die kleine Besprechungsecke setzen. Die beiden Herren würden sicher gleich da sein.

Kaum dass er es sich in der Besprechungsecke bequem gemacht, betraten wir beide mein Büro. Thomas hatte die Tür offengelassen, so dass wir, ohne anzuklopfen, eintreten konnten. Bei unserem Eintreten stand er sofort wieder auf und ich konnte in seinem Gesicht erkennen, dass er verwundert auf uns beide schaute.

Ich stellte mich als Peter Maurer, Eigentümer des Gutshofes und unter anderem auch der J. Graf GmbH vor. Ich wusste, dass ich ihn gleich noch mehr verwirren würde, wenn ich ihm Thomas Maurer als Geschäftsführer der GmbH vorstelle und dabei erkläre, dass es sich um meinen verpartnerten Lebens­gefährten handelt.

Thomas kam mir jedoch zuvor und stellte sich selbst vor, wobei er sich ersparte, dass wir zusammenleben. Wir setzten uns zu ihm in die Besprechungsecke und er schob mir als erstes seine Bewerbungsunterlagen zu. Bevor ich anfing diese zu studieren, bat ich ihn etwas über seinen Lebenslauf zu erzäh­len.

Er erzählte uns, dass er achtundzwanzig Jahre alt sei, seine Eltern vor knapp fünf Jahren bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen sind. Nach der Schule, die er mit mittlerer Reife abge­schlossen habe, hat er eine Ausbildung zum Büro­kaufmann absolviert, die er mit einem ordentlichen Zeugnis abgeschlossen habe. Er ist damals auch von seinem Ausbil­dungs­betrieb am Ende der Aus­bildungszeit sofort fest über­nommen worden. Durch den frühen Tod seiner Eltern, ist er in eine tiefe Depression gefallen und hat dabei seine bisherige Arbeit aufgeben müssen. Vor zwei Jahren war er endlich wieder so weit, dass er ins Berufsleben zurückkehren konnte. Seitdem ist er auf der Suche nach einem neuen festen Beschäf­ti­gungs­verhältnis, bisher konnte er jedoch nur über die Zeitarbeitsfirma gelegentlich beschäftigt werden.

Meine nächste Frage ging dahin, wieso er der Meinung sei, dass er für den Job als Assistent der Geschäftsleitung prädes­tiniert sei. Er überlegte und erklärte, dass seine letzten Tätig­keiten, die ihm von der Zeitarbeit vermittelt wurden in diese Richtung gingen und ihm diese Arbeit sehr viel Spaß machen würde. Vor allem wenn es um die Organisierung von Veranstal­tungen geht, fühle er sich richtig wohl in seinem Element.

Thomas erklärte ihm, dass er für sich eine Assistentin oder Assistenten sucht für das gesamte Tagesgeschäft und weniger zur Organi­sation von Veranstaltungen. Er brauche eine Kraft, die ihm alle benötigten Informationen in den Abteilungen besorgt, die seine Ter­mine verwaltet und sein Büro organisiert. Er wollte wissen, ob er sich auch diese Tätigkeit in seinem Vorzimmer vorstellen könne. Armin überlegte und erklärte dann, dass er sich das zwar vorstellen könne, aber seine Stärke sei eher in der Veranstal­tungs­­organisation zu finden.

Ich hatte seinen Ausführungen der letzten Minuten aufmerksam gelauscht und für mich bereits eine Entscheidung getroffen, für das Vorzimmer von Thomas wäre er sicher nicht der Richtige Aber ich könnte ihn vermutlich auf dem Gutshof sehr gut gebrauchen für die Orga­nisation der Seminare und des Rahmenangebotes. Er könnte Seba­stian zusätzlich bei der Organisation von Veranstaltungen unter­stützen und Ange­bote für Ausflüge, von Schulklassen entwickeln und die Durchführung organisieren.

Armin meinte, dass er es gerne ver­suchen würde, Thomas Vorzimmer zu organisieren, wenn er der Kan­di­dat sein würde. Wir bedankten uns bei ihm für das Vor­stel­lungsgespräch und verabschiedeten uns von ihm und meinten, er würde in den nächsten Tagen von uns hören, egal wie unsere Ent­scheidung ausfallen wird.

Kaum saßen wir allein im Büro meinte Thomas, dass er mit diesem Kandidaten für sein Vorzimmer nichts anfangen könne. Ich erklärte Thomas, dass ich längst eine andere Beschäftigung im Auge habe, wenn er wirklich in der Organisation von Veranstaltungen so gut ist wie er behauptet, dann könnte er im Seminarbereich, in der Jugendherberge für die Schulklassen und bei Sebastian im Restaurant die Veranstaltungen organisieren. Ich werde ihn in den nächsten Tagen zu einem weiteren Ge­spräch einladen und ihm diese Stelle anbieten. Ich hatte schon vorher überlegt, dass wir dafür noch eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter im kommenden Jahr benötigen würden.

Inzwischen war die weitere Kandidatin, Christa, für den Job der Assistentin eingetroffen und wurde von meinem Sohn Philipp ins Büro geführt. Wir begrüßten sie herzlich und baten sie ebenfalls in der Be­sprechungsecke Platz zu nehmen. Sie stellte sich selbst kurz vor und überreichte mir ihr Bewerbungs­unter­lagen. Thomas erklärte ihr kurz, aber detailliert, wofür wir die neue Mitarbeiterin suchen. Danach bat er sie, uns doch etwas über ihren Lebenslauf und ihre bisherigen Erfahrungen zu erzählen.

Während ich die Bewer­bungsunterlagen studierte, berichtete sie von ihren Erfahrungen, die sie in den letzten zwei Jahren als Assistentin in verschiedenen Firmen sammeln konnte. Sie sei meist als Urlaubs- oder Krank­heitsvertretung über die Zeitarbeitsfirma eingesetzt worden. Ich wollte von ihr wissen, warum sie jetzt ein festes Anstel­lungs­verhältnis suche und nicht weiter nur als Vertretung arbeiten wolle. Sie antwortete: „Inzwischen sind meine Kin­der alt genug, dass ich nicht mehr dauernd bei ihnen zuhause sein muss, wenn sie mittags von der Schule nach Hause kommen. Als Wieder­einstieg nach der Kinderpause war die Zeit bei der Zeitarbeitsfirma sehr gut, da sie sich nach der längeren Pause erst wieder mit den modernen Kommuni­kationsmitteln vertraut machen musste.“

Die Argu­men­tation zeigte zumindest, dass sie sich nicht unvorbe­reitet in einen festen Job verpflichten wollte. Wir hatten genug über die Kandidatin erfahren und verabschiedeten uns von ihr mit dem Versprechen, uns direkt bei ihr zu melden und ihr entweder die Zu- oder Absage zu übermitteln. Thomas meinte zu mir, dass er sich Christa schon eher als seine neue Assistentin vorstellen könne, im Gegensatz zu dem vorhergehenden Kandidaten.

Da uns von der Zeitarbeitsfirmen nur drei Bewerber, im Halb­stundentakt für den heutigen Nachmittag angekündigt wa­ren, uns aber keine Namen oder Details übermittelt wurden, war­te­ten wir jetzt auf die nächste Kandidatin oder den Kandi­daten. Mit leichter Verspätung brachte uns diesmal Bernhard einen Mann, der die vierzig schon über­schritten hatte. Vom reinen Äußeren aus betrachtet, sah man ihm an, dass er schon länger als Assistent arbeitete.

Er stellte sich als Leonhard Aigner vor und wir baten ihn bei uns in der Besprechungsecke Platz zu nehmen. Wie bei den vorhergehenden Bewerbern stellten wir uns ihm gegenüber vor, wobei diesmal Thomas sogar erklärte, dass wir beide ein Paar wären. Er schaute uns mit weit aufgerissenen Augen an, so dass ich ihn erstmal fragte, ob er ein Problem damit habe.

Er erklärte uns, dass er damit keine Schwierigkeiten habe, ihm ist nur sein sechzehnjähriger Sohn in diesem Moment eingefallen der ihm und seiner Frau vor etwas mehr als einer Woche erklärt habe, dass er mit Mädchen nichts anfangen könne und er auf süße Jungs steht. Wenn er das richtig verstanden hat, hätte er auch bereits einen Freund ge­funden, den er bei einem Treffen einer schwulen Jugendgruppe ken­nen­gelernt habe.

Ich wollte von ihm wissen, ob er denn wüsste, wo sein Sohn seinen Freund gefunden habe. Er antwortete, dass er darauf nur eine etwas seltsame Antwort erhalten habe, dass sich die Gruppe außerhalb der Stadt in einem Café auf einem Bauernhof treffen würden. Genaueres nachgefragt habe er aber bisher nicht.

Ich erklärte ihm, dass ich dann wüsste, wo er sich mit seinen Freun­den trifft, und erzählte ihm, dass wir hier am Gutshof genau dieses Café betreiben, in dem abends Treffmöglichkeiten für ver­schiedene Gruppen gegeben sind. Wir haben hier sogar einen Sozial­arbeiter beschäftigt, bei dem sich die Jugendlichen auch einen Rat holen oder ein klärendes Gespräch führen können. Fragen sie ihn doch einfach, ob er einen Michael kennt, er leitet die Gruppe und ist gleich­zeitig unser Sozialarbeiter, der mit dem Thema bestens vertraut ist, da er selbst zu dieser Gruppierung gehört.

Nach meinem verbalen Ausflug in sonstige Betätigungsfel­der des Gutshofs, setzen wir das Bewerbungsgespräch fort. Er hatte mir seinen Lebenslauf bereits am Anfang überreicht und so fragte ich ihn, warum er seit über drei Jahren nur über Zeitarbeitsfirmen als Assistent arbeite. Er erklärte, dass er vor über zehn Jahren mit seiner Familie nach Amerika gegangen sei und dort jahrelang als Assistent für die Geschäftsleitung eines Fahrzeugherstellers gearbeitet habe.

Als sein Vater vor drei Jahren verstarb, der seine früh an Demenz erkrankte Mutter gepflegt hatte, hat er sich schweren Herzens mit seiner Familie für eine Rückkehr nach Deutschland entschieden um zusammen mit seiner Frau die Pflege seiner Mutter zu übernehmen. Nur hat es bisher nie geklappt, eine feste Stelle zu finden, die meisten Firmen haben ihr festes Personal und bei den Neueinstellungen werden in Deutschland vor allem Frauen bevorzugt. Dies sei in Amerika anders gewesen, dort sind diese Jobs fast zur Hälfte mit männ­lichen Mitarbeitern besetzt.

Thomas wollte von ihm wissen, warum er der Meinung sei, dass er gerade der geeignete Kandi­dat für die J. Graf GmbH sei.

Leonhard erklärte, dass er sich nicht sicher sei, ob er wirklich der Topkandidat für diesen Job sei, da er das tägliche Geschäft der GmbH bisher nicht kenne. Er könne sich zumindest gut vorstellen, dass er nach einer gewissen Einarbeitungszeit, die an ihn gestellten Anfor­derungen sehr gut erfüllen kann. Die letzten drei Jahre, in der er über die Zeitarbeitsfirma bei ver­schie­denen Unternehmen auch über unter­schiedlich lange Zeiten beschäftigt war, hätte er festgestellt, dass er, je länger er bei einer Firma beschäftigt war, mit allen Anforderungen hervorragend zurecht­gekommen sei.

Ich fragte ihn, ob er derzeit durch die Zeit­arbeitsfirma ausgeliehen sei oder ob er kurzfristig zur Ver­fügung stehen würde. Er meinte, dass er noch bis Weihnachten ausge­liehen sei, aber sein Arbeitgeber, also die Zeitarbeitsfirma, in solchen Fällen immer kurzfristig eine Ersatzkraft stellt, wie bei einer Er­krankung des verliehenen Mitarbeiters.

Thomas meinte, dass damit unsere Fragen zu seiner Person und seinen Fach­kenntnissen ausgiebig beantwortet seien, und bedankte sich bei ihm für das Bewerbungs­gespräch. Leonhard fragte, ob es möglich wäre, den Sozialarbeiter Michael kurz zu sprechen, da er ein paar Fragen an ihn habe. Er will keine Fragen zu seinem Sohn stellen, es geht ihm mehr darum, wie sie als Eltern mit dieser Situation umgehen sollen.

Ich rief kurz bei Michael an und wollte wissen, ob er denn ein paar Minuten Zeit habe, da ich hier einen Vater vor mir sitzen habe der Hilfe benötigt im Umgang mit seinem schwulen Sohn. Michael meinte, kein Problem, kommt einfach in mein Büro. Zudem informierte ich Michael noch, dass der Sohn vermutlich Mitglied der schwulen Jugendgruppe sei, die Michael betreue.

Gemeinsam gingen wir zu Michaels Büro. Auch sagte ich zu Leonhard, wenn noch etwas wäre sei ich wieder in meinem Büro, um mit Thomas über die Bewerbungsgespräche von heute Nachmittag zu sprechen. Zurück in meinem Büro setzte ich mich zu Thomas, der immer noch in der Besprechungsecke saß. Da ich vermutete, dass Thomas bereits eine Entscheidung getroffen hat, wollte ich wissen für welche Bewerberin oder welchen Bewerber er sich entschieden habe.

Thomas erklärte mir, dass, wie bereits geäußert, Kandidat eins, aus dem Rennen sei. Er müsse sich also nur zwischen den beiden anderen Bewer­bungen entscheiden oder der Zeit­arbeitsfirma mitteilen, dass er noch weitere Bewerber kennenlernen möchte. Die letzte Möglichkeit würde er jedoch derzeit nicht in Betracht ziehen. Beide Kandidaten hätten einen her­vorragenden Eindruck hinterlassen. Da auch eine gewisse soziale Komponente in seine Entscheidung eingeflossen sei habe er sich für Leonhard entschieden. Thomas wollte nun wissen was ich von seiner Entscheidung halten würde.

Ich überlegte nicht lange, bevor ich ihm erklärte, dass ich mich genauso entschieden hätte wie er es eben getan hat; mit den gleichen Überlegungen. Wobei ich ehrlich zugeben muss, ich hätte mich auch für Kandidat eins entscheiden können.,Er hätte zusätzlich den Bereich Eventmanagement mitbetreuen dürfen.

Da du aber keinen Eventmanager sondern eine rechte Hand brauchst, ist deine Ent­scheidung goldrichtig. Willst du es ihm gleich sagen oder soll er es morgen über seine Zeit­arbeitsfirma erfahren, fragte ich ihn. Er meinte, im Grunde genommen spricht nichts dagegen, wenn ich ihm meine Ent­scheidung heute noch mitteile, ich will zuvor aber schnell im Personalbüro anrufen und sie davon informieren, dass bereits eine Entscheidung gefallen ist und dass sie dem Vermittler unsere Auswahl mitteilen können sowie dass wir dem Kandidaten bereits mündlich die Zusage gegeben haben.

Meine Personal­chefin soll vereinbaren, dass er bereits morgen bei uns anfangen soll. So kann Petra ihn bis zum Wochenende noch einarbeiten. Und sie könne am Montag bei mir ihre neue Tätigkeit aufnehmen. Es wäre schön, wenn sie Leonhard in den ersten sechs Wochen zumindest noch telefonisch unterstützen könnte, falls Fragen oder Probleme auftauchen. Das kannst du direkt mit Petra besprechen, von meiner Seite hast du grünes Licht dafür.

Während Thomas mit der Firma telefonierte ging ich wieder rüber zu Michael und klopfte an. Michael rief herein und so betrat ich sein Büro. Dort saß, wie zu erwarteten, immer noch Leonhard und Michael meinte, wenn du mit mir etwas Wichtiges zu besprechen hast, dann warte kurz, unser Gespräch ist sowieso zu Ende und Leonhard wollte gerade gehen.

Ich sagte zu ihm: „Eigent­l­ich bin ich wegen Leonhard hier, er solle nach eurem Gespräch noch einmal kurz bei mir im Büro vorbei­schauen.“ Michael antwor­tete: „Du kannst ihn gleich mitnehmen. Wie gesagt, wir sind mit unserem Gespräch am Ende angelangt. Ich würde dich gerne nachher noch für ein paar Minuten sprechen, bevor du mit Bernhard losfährst.“

Ich meinte zu ihm: „Kein Problem, ich rufe dich kurz an, sobald ich für dich Zeit habe. Stört es, wenn Thomas bei unserem Gespräch dabei ist, dann sag es mir sofort, damit wir ein Vier-Augen-Gespräch führen können“. Er meinte, es würde nicht schaden, wenn Thomas bei diesem Gespräch dabei sein wird, letztendlich be­träfe es ihn auch.

Leonhard und ich gingen zurück in mein Büro, wo Thomas noch tele­fonierte, aber schon dabei war sich von Petra zu verab­schieden. Ich schaute ihn an und meinte zu ihm: „Ich dachte du telefonierst mit dem Personalbüro in der Stadt und jetzt verab­schiedest du dich von Petra.“ Er antwortete mir: „Ich habe zuvor mit der Personalchefin ge­sprochen und sie hat mich gleich an Petra weitergereicht, mit der auch alles geklärt ist. Sie hat bereits mit Johannes wegen ihres Wechsels gesprochen und er hat keine Einwände. Ebenso wird sie uns in den nächsten sechs Wochen noch zur Verfügung stehen, wenn wir weitere Fragen haben sollten.“

Leonhard schaute uns verzweifelt an und so er­klärte ihm Thomas, dass die bisherige Assistentin des alten Geschäfts­führers hierher auf den Gutshof zu Peter als seine rechte Hand wechseln will und sie ihrer Nachfolgerin oder ihrem Nachfolger, nach einer kurzen Einarbei­tungszeit, noch für sechs Wochen für Rück­fragen bei Fragen oder Problemen telefonisch zur Ver­fügung stehe. Nett formuliert und seinen Kopf aus der Schlinge gezogen, dachte ich mir, immerhin hat er noch mit keiner Silbe erwähnt, dass Leonhard den Posten erhalten wird.

Wir setzten uns noch einmal in die Besprechungsecke und ich überließ es Thomas, Leonhard von seiner Entscheidung zu unterrichten. Thomas schien es spannend machen zu wollen, da er zuerst nur von sich gab, dass inzwischen bereits eine Entscheidung gefallen sei und, da Leonhard noch im Hause war, er gleich als Erster vom Ergebnis unterrichtet wird.

Die beiden anderen Kandidaten werde er nachher anrufen und sie informieren. Ich konnte bei Leonhard erkennen, dass er sich unbehaglich fühlte, wobei ich vermutete, dass er mit einer Absage rechnete. Thomas erklärte weiter, dass der neue Mitarbeiter bereits morgen in der J. Graf GmbH anfangen könne. Er würde bis zum Ende des Jahres noch über die Zeitarbeitsfirma ausgeliehen. Ab ersten Januar solle er dann mit einem festen Arbeitsvertrag beschäftigt werden.

Da Thomas eine Pause einlegte übernahm ich und sagte: „Ich sehe dir an, dass du vermutest, dass du nicht derjenige sein wirst, der diesen Job bekommt. Da muss ich dich jetzt gewaltig ent­täuschen. Thomas hat sich für dich als den Nachfolger von Petra entschieden, da sie ab Montag nächster Woche mein Vorzimmer übernehmen wird. Er erwartet dich morgen früh in seinem und Johannes Büro. Die Personalabteilung weiß bereits, dass du ab morgen zum Team der J. Graf GmbH gehören wirst und wird deinen Arbeits­vertrag zum ersten Januar vorbereiten; ebenso die Ver­einbarung mit der Zeitarbeitsfirma für die Zeit bis zum einund­dreißigsten Dezember.

Petra übernimmt bis einschließ­lich Freitag deine Einarbeitung und steht danach für sechs Wochen für deine Fragen zur Verfügung. Eines möchte ich jedoch von vorneherein klarstellen. Du hast den Job nicht bekommen, weil Thomas schwul ist und an dir Interesse haben könnte. Er will damit zeigen, dass auch Männer durchaus in der Lage sind als Assistent der Geschäftsleitung beschäf­tigt zu werden um Vorur­teile, die immer noch gang und gäbe sind, zu entkräften.

Leonhards Smartphone klingelte und nachdem er sah, dass die Zeitarbeitsfirma anrief, bat er, das Gespräch annehmen zu dürfen. Ich nickte nur mit dem Kopf und er meldete sich mit seinem Namen. Da er auf Lautsprecher geschaltet hatte, konnten wir das Gespräch mitverfolgen. Was wir da von seinem Betreuer bei der Zeitarbeitsfirma zu hören bekamen, gefiel weder Thomas noch mir. Er teilte ihm zwar mit, dass er ab morgen den Job bei der J. Graf GmbH habe, er sich das ganze jedoch noch einmal überlegen solle, ob er wirklich für einen schwulen Chef arbeiten will. Er würde einen Job unter diesen Voraussetzungen ab­lehnen und hängte noch an, man könne ja nie wissen.

Mit meinem Smartphone rief ich direkt bei der Zeitarbeitsfirma an und bat um ein dringendes Gespräch mit dem Geschäftsführer des Unternehmens. Ich erzählte ihm kurz was sich bei uns gerade ereignet hat und animierte Leonhard dazu bei seinem Betreuer nachzufragen, warum er es sich über­legen soll. Glücklicherweise hatte er nichts von meinem parallelen Tele­fonat mitbekommen und so konnte Herr Bauer, der Geschäfts­führer der Zeitarbeitsfirma mithören, was sein Mitar­beiter von sich gab. Dem schien der Kragen zu platzen und er beauftragte seine Assistentin den Mitarbeiter in sein Büro zu bringen. Er verabschiedete sich und meinte, er würde morgen vorbeikommen. Ich sagte noch zu ihm, dass ich erst ab fünfzehn Uhr in meinem Büro sein werde. Ich hätte zuvor einige Termine, auch in der Stadt, zu absolvieren. Zudem bekam ich noch mit, dass sich Leonhards Betreuer plötzlich rasch verabschiedete, da er einen dringenden Termin bei seinem Chef habe.

Da alle Gespräche beendet waren fing Thomas laut zu lachen an und meinte, in dem seiner Haut möchte ich jetzt nicht stecken. Ich kenne Herrn Bauer als einen sehr toleranten Menschen und das, was er da zu hören bekam, wird ihm sicher nicht gefallen.

Leonhard wollte wissen, ob sein Betreuer jetzt deswegen seinen Job verliert. Ich antwortete ihm, dass ich denke er wird eine Abmahnung bekommen und im Wiederholungsfall kann dies zu einer fristlosen Kündigung führen. Außer einer seiner Kolle­ginnen oder Kollegen hat seine Äußerungen mit angehört und bestätigt gegenüber dem Chef, dass diese Aussagen gefallen sind, dann ist auch ein sofortiger Rausschmiss möglich.

Sitzt dein Betreuer allein in einem Zimmer oder teilt er es sich mit Kollegen? Dann haben wir eine neue Situation, die demjenigen der mit ihm gleichen Zimmer sitzt, ebenfalls eine Ab­mahnung einbringen kann, wenn er versucht seinen Kollegen zu decken, da Herr Bauer ja indirekt Zeuge seiner Aussage gewesen ist. Er wird vermutlich indirekt seinem Mitarbeiter andeuten, dass er den Inhalt des Gespräches kennt und er deswegen nicht ins offene Messer rennt.

Ich würde das als mangelnde Loyalität seinen Chef gegenüber be­trachten, wenn er zugunsten seines Kollegen aussagen würde. Wenn wir dieses Gespräch aufgezeichnet hätten, hätte Herr Bauer die Möglichkeit auf die Befragung des Kollegen zu ver­zichten.

Ich fragte noch einmal nach, ob er den Job übernehmen wolle. Nach all dem, was in den letzten Minuten geschehen ist. Leonhard antwortete: „Natürlich nehme ich den Job an. Ich bin doch froh, dass ich endlich eine Chance bekomme aus meinem Dilemma herauszukommen. Im Grunde genommen hat er doch nicht nur euch mit seinen Aussagen beleidigt. Er hat auch meinen Sohn in die gleiche Ecke gestellt. Damit hat er sogar mich beleidigt. Ich könnte zukünftig mit ihm sowieso nicht mehr zusammen­arbeiten.“

Thomas meinte, dass es dann dabei­ bleibt, dass er Morgen um acht Uhr in seinem Büro auftauchen soll. Bevor wir ihn endgültig entließen, sagte ich noch zu ihm, Thomas und ich würde ihn und seine ganze Familie am Sonntagmittag zum Essen im Restaurant im Gutshof einladen. Er bedankte sich für die Einladung und meinte, er würde Thomas Bescheid geben, ob alle mitkämen, dann wären sie fünf Personen. Sollen wir Michael und Andreas auch zum Mittagessen einladen fragte ich ihn noch, als er bereits in der Türe stand. Er meinte, das wäre eine prima Idee, dann könnte seine Frau Michael ebenfalls kennenlernen.

Ich rief bei Michael an und meinte, er könne jetzt in mein Büro kommen, wir hätten jetzt die Zeit für ein Gespräch. Weniger als zwei Minuten später stand Michael im Büro und ich bat ihn sich zu uns zu setzen und zu erzählen, was so wichtig sei und uns beide betreffe. Er setzte sich zu uns und fing zu erzählen an: „Leonhard, den du vorher zu einem Gespräch zu mir ins Büro gebracht hast, hat mich auf eine Idee gebracht, die ich ihm bereits erzählt habe und er war schwer begeistert davon.

Ihr wisst sicher, dass sein Sohn ebenfalls schwul ist und sich unserer schwulen Jugendgruppe angeschlossen hat. Wie ich von Leonhard erfahren habe, hat er dort einen Freund gefunden und sich bei seinen Eltern geoutet. Leonhard hat mir erzählt, dass er und seine Frau es akzeptiert haben, aber beide nicht so richtig wissen, wie sie damit um­gehen sollen. Dabei ist mir die Idee gekommen, zu unserer schwulen Jugendgruppe, eine Gruppe einzurichten, die sich einmal im Monat treffen soll. Wir könnten das als eine Art Stammtisch für Eltern von schwulen und lesbischen Jugend­lichen einrichten, die sich dort unter­einander austauschen können, aber auch gezielt Fragen stellen, wie sie mit dem Thema umgehen sollen.“

Ich schaute Michael an und erklärte ihm: „Ich finde das eine fantastische Idee. Da könnten sogar Thomas und ich teil­nehmen und mit unseren Erfahrungen mit Philipp einen Beitrag leisten. Wie willst du das organisieren und wie stellst du dir das vor?“ Michael meinte, dazu habe er sich in der Kürze der Zeit noch nichts überlegen können, er wäre aber guten Anregungen von uns nicht abgeneigt, da wir mehr Erfahrung besitzen.

Weil mir bereits einige Ansätze dafür durch den Kopf schwirrten erklärte ich Michael: „Ich würde bei eurem nächsten Treffen zum einen die Jungs fragen, was sie von der Idee halten und ob sie ihren Eltern davon erzählen würden und auch anbieten, dass ihre Eltern sich mit anderen Eltern zum Erfahrungsaustausch treffen können. Dann hätten wir da noch das Jugendamt, das sicher gerne bereit wäre, Eltern, die in dieser Situation sind und bei ihnen aufschlagen, dieses Angebot zu unterbreiten. Sie könnten auch die anderen Beratungs­stellen in der näheren Umgebung auf dieses Angebot aufmerksam machen. Eine weitere Mög­lichkeit sehe ich darin auf unserer Internetseite auf dieses Angebot hinzuweisen. Weiter wäre es ratsam mit der örtlichen Presse zu sprechen und sie zu bitten auf dieses Angebot hinzuweisen. Dies könnte eine erste Aufgabe für die Marketingabteilung sein, die uns zukünftig bei unserer Arbeit auch im sozialen Bereich unter­stützen wird. Besprich doch einfach mit Peter, dem Abteilungsleiter, deine Vorstellungen. Einen Tipp habe ich noch für dich. Im Umkreis von fünfzig oder sechzig Kilometern gibt es sicher noch weitere Treff­punkte für schwule Jugendliche. Auch die könnten für diesen Stamm­tisch bei ihren Jungs Werbung machen. Biete ihnen im Gegenzug unsere Unterstützung bei ihrer Arbeit an.“

Während Michael über meine Anregungen nachdachte, ging ich zum Telefon und rief Philipp an. Ich fragte, ob er und Marcus kurz Zeit hätten. Sie sollten dann sofort in mein Büro kommen. Gut, dass meine Besprechungsecke für sechs Personen ausgerichtet war. So konnten sich die Beiden gleich zu uns setzen. Ich erzählte ihnen kurz von Michaels Idee eines Stammtisches für Eltern von schwulen oder lesbischen Jugend­lichen zum Erfahrungsaustausch und dass ich diese Idee gut finde.

Beim Gespräch wie das Ganze umgesetzt werden könne, habe ich ihm mehrere Vorschläge unterbreitet. Das, was ich euch jetzt nahe bringen will, ist eine Erweiterung unseres sozialen Angebotes.

Ich erzählte ihnen von meiner Vision: „Ich stelle mir vor, dass wir auf einer eigenen Website ein Netzwerk für alle schwulen und lesbischen Jugendgruppen aufbauen, auf der diese auf ihre Angebote aufmerksam machen können und gleichzeitig die Angebote für die Eltern veröffentlicht werden. Finanziert wird das Projekt aus unserem Sozialfond.

Ich weiß, dass ihr mit diesen neuen Aufgaben an eure Grenzen kommt und deshalb sage ich euch zu, dass ihr für dieses Projekt einen eigenen Programmierer für diese Webseiten bekommt. Hört euch um, vielleicht kennt ihr jemanden, der diese Aufgabe über­nehmen will, ansonsten schreiben wir den Arbeitsplatz neu aus.“

Philipp und Marcus schauten mich nur sprachlos an, während Michael meinte, dass das eine gute Gelegenheit sei, um mit anderen Gruppen ins Gespräch zu kommen. Er wird beim Jugendamt nach­fragen, ob sie bereit sind uns dabei zu unter­stützen, um an die Adressen der bestehenden Gruppen heran­zukommen. Thomas grinste mich nur an und erklärte mir: „Ich finde die Idee zwar gut, aber prüft erst einmal, ob es so etwas nicht schon gibt. In diesem Fall sollten wir einem bereits bestehenden Netzwerk unsere Unterstützung an­bieten.“

Daran hatte ich im Eifer des Gefechts nicht gedacht, dass so etwas bereits bestehen könne. Ich meinte dazu, dann prüft das, und wenn nicht setzen, wir diese Idee um. Was wir dann brauchen, ist einen Namen für das Projekt und die Webseite. Vorschläge sind immer willkommen und wir sprechen in den nächsten Tagen darüber, wie wir weiter vorgehen werden.

Die drei verließen mein Büro und ich blieb mit Thomas allein zurück, der meinte, wir sollten so langsam nach unserer Gruppe beim Projekt Buchhaltungszusammenführung vorbei­schauen und in Erfah­rung bringen, ob es Fortschritte gibt oder ob noch irgendwelche größeren Probleme zu lösen sind.

Wir gingen ins große Besprechungszimmer, setzten uns an den Tisch und lauschten den Diskussionen und Ausführungen unserer Mitarbeiter. Ich hatte zumindest den Eindruck, dass sie in der Planung gut voran­gekommen sind und die geplante Zusammenlegung problemlos ablaufen könnte, was ich Thomas ins Ohr flüsterte. Er nickte nur mit seinem Kopf, was ich als Zustimmung deutete.

Scheinbar hatte ich mit meiner Aktion doch gestört und so verstummten alle und sahen mich an. Ich wiederholte, was ich Thomas ins Ohr geflüstert hatte, und warte jetzt auf die Reaktionen der Anwe­senden. Erika meinte, der Eindruck täuscht nicht, obwohl ich eigentlich die Befürchtung hatte, dass es genau anders verlaufen könne. Sie könne dabei aber nicht für Christian sprechen, doch gehe sie davon aus, dass er sich gut in das neue Team einfügen werde.

Beim Blick auf die Uhr meinte ich zu allen: „Ich denke wir sollten euer erstes Aufeinandertreffen langsam beenden, ich schlage vor, dass ihr euch in den nächsten eineinhalb Wochen bis Weihnachten noch zweimal die Woche trefft und alles weiter besprecht. Mein Vorschlag wäre immer Montag und Donnerstag, wobei donnerstags die Besprechung im Stadtbüro stattfinden soll.

Wir machen hier sofort weiter mit der Besprechung für die Raumverteilung. Thomas holst du bitte in der Zwischenzeit Immo-Michi, Philipp und Marcus zu diesem Gespräch. Ich erklärte den Mitarbeitern, dass sie für heute alle nach Hause gehen könnten; mit Ausnahme von Klaus, den ich noch für unser Gespräch brauche. Es sei denn, einer hätte noch wichtige Auf­gaben im Büro zu erledigen. Ich drückte allen beim Verlassen des Besprechungsraumes die Hand und wünschte uns allen eine gute Zusammenarbeit.

Kurze Zeit später saßen wir im Besprechungszimmer und ich bat alle ihre Raumwünsche für die nächsten zwei bis drei Jahre anzugeben. Klaus meinte, für die Buchhaltung brauchen wir, ohne weitere Zuwächse, in den nächsten Jahren fünf Räume. Michael meinte, selbst wenn er einen weiteren Mitarbeiter zur Verstärkung erhalten sollte, würde ihm weiterhin nur ein Büro­raum ausreichen. Philipp meinte, für seinen Bereich sollen wir vorsichtshalber insgesamt drei Büros einplanen. Mein Büro ließ ich außer Acht, aber für meine Assistentin brauchte ich ein Büro. Thomas meinte, wir sollten sicherheitshalber ein Büro für die Marketingabteilung vorsehen. Für den Fall, dass ein oder zwei Mitarbeiter zum Gutshof versetzt würden, um hiesige Angelegenheiten zu bearbeiten. Ich fragte Philipp, wie es mit dem Technikraum aussehe. Ist dort noch genügend Platz für Erweiterungen bei den Servern und sonstigen Geräten. Er erklärte mir, dass dort vorerst genügend Platz sei, da er noch zwei weitere Server-Schränke aufstellen könne. Alle Räume waren so groß, dass dort bis zu drei Arbeitsplätze geschaffen werden können. Ich bat Philipp, uns doch bitte den Grundriss des Bürotraktes auf dem großen Bildschirm zu zeigen, damit wir uns einen Überblick verschaffen können.

Außer meinem Büro, dem Besprechungsraum, der Teeküche, dem Technikraum und den sanitären Anlagen hatten wir zwölf Räume zur Verfügung, also sechs Zimmer auf jeder Seite. Das Büro links von meinem Büro stand noch leer und wird der Empfang und das Büro für meine Assistentin. Ich fragte Philipp, ob er mit seinen Leuten die drei Büros links vom Technikraum nehmen will.

Marcus und er schauten sich kurz an und Philipp meinte, dass sei so okay. Ich fragte Michael, ob er lieber das Büro gegenüber dem Empfang oder ein anderes Büro haben will. Er meinte, dass Büro ganz vorne wäre ideal, dann müssten seine Besucher nicht immer durch alle anderen Abteilungen laufen.

Ich fasste zusammen: „Klaus, dann gehören der Buchhaltung zukünftig die fünf Büros nach dem Besprechungs­raum. Die beiden Räume, die jetzt noch verbleiben, werden wir ebenfalls mit Schreibtischen ausstatten. Wenn keine weiteren Fragen sind, dann werde ich gleich bei unserem Schreib­tisch­lieferanten anrufen und anfragen, wie viele Schreibtische er derzeit noch auf Lager hat und wann er liefern und aufbauen könne. Gleichzeitig werde ich auch Bürostühle und Schränke mitbestellen. Bernhard, könnt ihr in einer viertel Stunde zu mir schicken, wir werden dann wegen seiner Küche schauen“.

Aus meinem Büro rief ich sofort den Büroausstatter an und fragte wegen der Schreibtische und den sonstigen benötigten Einrich­tungs­gegenständen an. Er meinte, von den Tischen habe er derzeit noch zwanzig Stück auf Lager, von den Regalen für die Ordner so viele, wie ich nie abnehmen würde. Bei den Büro­stühlen sind derzeit nur zwölf auf Lager, aber Ende der Woche sollten neue geliefert werden.

Wir vereinbarten, dass ich alle zwanzig Schreibtische nehme, dazu die gleiche Anzahl an Bürostühlen und vorerst fünfzehn Regale für die Ordner. Er könne alles vom Lager am Donnerstag liefern und aufbauen lassen. Die fehlenden Stühle solle er dann nächste Woche nachliefern, und sofern wir weitere Regalschränke brauchen, können diese dann ebenfalls mitgeliefert werden. Damit war die Planung der Einrichtung erst einmal abgeschlossen.

Ich rief Marcus an und meinte, sie sollten doch bitte kurzfristig neue Rechner und Telefone für die Mitarbeiter aus der Buchhaltung und für meine Assistentin beschaffen sowie diese für den Einsatz einzurichten. Sie sollten auf Vorrat auch noch fünf weitere Rechner be­stellen. Die Geräte für die Assistentin müssten am kommenden Montag einsatzbereit sein. Weitere Rechner und Telefone für die Buchhaltung spätestens in der letzten Dezemberwoche. Ich wollte wissen, ob Bernhard noch da sei und meinte, er solle zu mir kommen, damit wir aufbrechen können.

Bevor Bernhard bei mir auftauchte, rief ich noch Armin Schwarz an und erklärte ihm, dass er nicht für den Job als Assistent eingestellt wird. Er solle jedoch morgen am späten Nachmittag noch einmal bei mir vorbeikommen, weil ich die Möglichkeit sehe ihm eine andere Beschäftigung in unserem Unternehmen anzubieten, die seinen Stärken eher entsprechen würde. Da er tagsüber von der Zeitarbeits­firma bei einem Unternehmen eingesetzt ist vereinbarten wir, dass wir uns kurz nach siebzehn Uhr sehen würden.

Er wäre schon neugierig, was ich ihm als Alternative anbieten könne. Das war jetzt die letzte Aufgabe, die für heute auf meiner Liste gestanden hat und die ich im Büro erledigen musste. Den letzten offiziellen Termin für heute hatte ich gleich mit Bernhard im Küchenstudio. Thomas tauchte mit meiner Winterjacke auf und meinte, Bernhard komme gleich, er hole sich eben oben noch seine dicke Jacke. Draußen wäre es inzwischen empfindlich kalt geworden.

Unterwegs zum Küchenstudio unterhielten wir uns vor allem über seine Vorstellungen, die seine Küche betreffen, wobei er feststellte, dass seine Küche nicht sehr groß sein musste, da er mittags in die Kantine zum Essen gehe und er sich abends eigentlich immer nur eine Kleinigkeit machen will.

Ich fragte ihn auch, wie er sich das am Wochen­ende vorstelle. ,Ob er auch dann zu Sebastian ins Restaurant gehen würde. Stimmt, meinte er, das habe ich dabei nicht bedacht, aber er könne dann ja mit seinem Bruder Andreas und Michael kochen, die in der Wohnung nebenan sind. Ich fragte ihn, ob er das immer so handhaben will, wenn er mit seiner Freundin ein ruhiges Wochenende verbringen will. Er meinte dazu, noch habe er keine feste Freundin, aber da wäre es schon peinlich, wenn er mit ihr immer zu Michael und Andreas rübergehen würde.

Inzwischen waren wir im Küchenstudio angekommen und der Eigentümer zeigte uns als Erstes die Ausstellungsküche, von der er am Telefon gesprochen hatte. Die Ausstattung ließ fast keine Wünsche offen und vom Platz her würde sie perfekt in dem angedachten Bereich passen. Bernhard gefiel die Farbe, in der die Küche aufgebaut war, sehr gut. Nur als der Verkäufer uns den Preis nannte, zuckte er merklich zusammen.

Ich erklärte ihm, dass er sich über die Kosten der Küche keine Gedanken machen solle. Diese wird durch den Vermieter eingebaut und ist damit Bestandteil des Mietvertrages. Ich hatte mir von Michael Müller, unserem Mitarbeiter für die Immobilien­ver­waltung, der von uns nur Michi genannt werden wollte, den Grund­riss des Appar­tements mitgeben lassen und zeigte ihm unserem Verkäufer.

Er erklärte, dass sie die Küche, so wie sie in seiner Ausstellung stehe, aufbauen könnten. An der Wandseite könne sie so bleiben wie sie ist. Nur auf der anderen Seite bräuchten wir eine weitere Abschlussleiste, die er allerdings extra bestellen müsste, da die Aus­stellungsküche auf dieser Seite freisteht.

Ich fragte ihn, wann denn die Ausstellungsküche geliefert werden könne. Er erklärte, dass er davon ausgegangen sei, sein Ausstellungs­stück frühestens im Januar verkaufen zu können und dazu sei auch die Montage eingeplant. In seinen Unterlagen schaute er nach, wann er den frühesten Termin anbieten könne, und meinte dann, wenn wir uns sofort entscheiden, könnten wir die Küche bereits am Freitag ein­bauen, weil ein anderer Kunde seinen Montagetermin abgesagt habe.

Sie muss hier vorsichtig abgebaut, transportfähig verpackt werden und das dauert normalerweise ein bis zwei Tage. Die zweite Ab­schlussleiste würde er aber erst Ende Januar oder Anfang Februar nachliefern und einbauen können, da er sie erst bestellen muss und er nicht genau sagen kann, wann der Hersteller liefert.

Ich schaute Bernhard an und meinte, dann würde einem Weih­nachtsfest in den eigenen vier Wänden nichts mehr im Wege stehen. Wenn ihm die Küche, so wie sie ist, gefallen würde. Bernhard über­legte nicht lange und meinte, die Küche gefällt mir sehr gut und wenn sie bereits am Freitag eingebaut wird, dann wäre das ein Traum. Die Zeit, bis die restliche Abschluss­leiste geliefert und eingebaut wird störe ihn nicht. Damit war alles geklärt und ich brauchte nur noch den Kaufvertrag zu unterschreiben, der aber erst noch ausgefertigt wurde.

Nachdem der Vertrag unterschrieben war, zog ich den anderen Plan aus meiner Tasche. Den Plan für die zweite Wohnung, oben im Dach­ge­schoß, und erklärte, er solle anhand des Planes einen vorläufigen Entwurf für eine Küche anfertigen. Details und Farben würde dann mit dem Mieter besprochen, der vermutlich Ende März einziehen wird. Der Vertrag sei zwar noch nicht unterschrieben meinte ich, aber ich bin fest davon überzeugt, dass dies innerhalb der nächsten zwei Wochen erledigt ist.

Ich würde dann Anfang Januar mit den Mietern einen Termin vereinbaren. Dies sollte reichen, um die Küche im März liefern und einzubauen zu können. Der Küchenplaner meinte, dass das machbar sei, wenn bis fünfzehnten Januar eine Entscheidung gefallen ist. Bernhard und ich verabschiedeten uns vom Küchenplaner und seinem Chef und gingen zum Auto, um nach Hause zu fahren.

Unterwegs sagte Bernhard, dass er nicht damit gerechnet hätte, heuer noch in seine eigene Wohnung einziehen zu können. Er sei eher davon ausgegangen, dass es irgendwann im Januar so weit sei. Danach unter­hielten wir uns über seine Ideen, um die alten Dokumente der J. Graf GmbH zu digitalisieren. Er meinte, dass es vielleicht sinnvoll wäre, die Kisten mit den alten Ordnern auf den Gutshof zu bringen und dort die Digitalisierung durchzu­führen. Im Stadtbüro sei wahrscheinlich viel zu wenig Platz, um das zu organisieren.

Ich erklärte ihm, dass es aus meiner Sicht wenig Sinn macht, die Kisten zum Gutshof zu bringen und dort alles zu digitalisieren. Außerdem wird im Januar genügend Platz zur Verfügung stehen, um die Digitalisierung direkt vor Ort durchzuführen, da die Büros der Buchhaltung dort nicht mehr benötigt werden. Dort könnten die Scanner aufgestellt und alle Doku­mente in digitaler Form erstellt und aufbereitet werden. Zudem ersparen wir uns den Transport der alten Archivkisten.

Damit du nicht ständig vor Ort sein musst, brauchen wir drüben nur einen Mitarbeiter, der die ganze Arbeit organisiert und ein paar Leute, die die Dokumente digitalisieren und indexieren. Für das Stadtbüro bekommst du leichter Mitarbeiter, als hier für den Gutshof, vor allem wenn sie nur befristet beschäftigt sind. Wichtig ist dabei nur, dass die Mitarbeiter gründlich von dir einge­wiesen werden wie die Abläufe sind und wie die Indexierung durchgeführt wird.

„So gesehen ist es klar besser alles in der Stadt zu belassen. Ich hatte nur nicht an die zu diesem Zeitpunkt bereits leerstehenden Büros der Buchhaltung gedacht“, erklärte mir Bernhard. „Ich werde meine weitere Planung genau auf dieses Vorgehen be­schränken. Soweit brauche ich keine weiteren Möglichkeiten, was den Planung­- und Umsetzungsvorgang um einiges beschleunigen wird. Hast du etwa eine Vor­stellung wie viele Dokumente dort im Archiv schlummern und wer von den Mitarbeitern im Stadtbüro die Leitung vor Ort übernehmen könnte?“ fragte er noch nach.

Ich antwortete ihm: „Zu deiner ersten Frage. Ich denke, dort lagern einige zehntausend alter Dokumente, die zu digitalisieren sind. Mit Sicherheit ist es ein Mehr­faches von dem, was wir letztes Jahr am Gutshof durch die Scanner gejagt haben. Wenn es dumm läuft, sind die Mitarbeiter ein Jahr lang damit beschäftigt alles zu erfassen. Wir sollten auch darauf achten, dass ältere Dokumente, für die keine Aufbewahrungspflicht mehr be­steht, anschließend ordnungsgemäß entsorgt werden. Das könntest du in deine Planung mit einbauen. Lass dir von Klaus erklären und zu­sam­menstellen, welche Dokumente wie lange aufbewahrt werden müssen. Vor dem Vernichten dieser Unterlagen sollen Klaus oder Erika dies schriftlich bestätigen und auch Listen über diese Unter­lagen erstellen, die entsorgt werden.“

Inzwischen waren wir wieder im Gutshof angekommen und Thomas erwartete uns bereits zum Essen. Er hatte heute im Esszimmer für uns eingedeckt und meinte Philipp und Marcus würden runter­kommen, wenn wir zu Hause sind. Vermutlich hatten sie nicht mitbe­kommen, dass wir wieder zurück sind. Zehn Minuten nach unserer Rückkehr tat sich immer noch nichts. Thomas rief bei den beiden an, um ihnen zu sagen, dass sie kommen können.

Viel Glück hatte er nicht bei seinem Versuch, denn er bekam nur das Belegt-Zeichen. Bernhard meinte er gehe kurz nach oben und sage den beiden Bescheid und hole sie zum Essen. Es dauerte dann doch noch zehn Minuten, bis die Drei endlich am Esstisch saßen und wir uns über das Abendessen hermachten.

Nach dem Abendessen meinte Philipp. „Ich habe über deinen Vor­schlag nachgedacht, dass wir für den neuen Internetauftritt einen Web­master und Seitengestalter benötigen. Mir ist da ein junger Mann ein­ge­fallen, der mit mir zusammen studiert hat. Er ist ein Jahr älter als ich und er hat sein Studium mit sehr guten Noten abgeschlossen. Sein Prob­lem ist, dass man ihm schon meilen­weit ansieht, dass er stockschwul ist, da er sich fast immer klischeehaft benimmt. Er wäre deshalb für diese Aufgabe bestens geeignet, da man bei ihm von vorneherein weiß, woran man ist. Ich habe ihn vorher angerufen und vorsichtig angefragt, ob ihm diese Aufgabe zusagen würde. Dabei hat er mir erklärt, dass er interessiert sei, weil er seit dem Ende des Studiums bisher keinen festen Arbeitsplatz bekommen hat, sondern immer nur Gelegen­heitsjobs“.

Marcus meinte dazu, dass es ihn nicht wundern würde, bei seinem Auf­treten, er habe den Jungen ja auch an der Uni kennengelernt. Lei­der wohnt er nicht in der Gegend, wie ich vermutet hatte, sondern etwas mehr als zwei­hundert Kilometer von hier.

Philipp berichtete weiter: „Ich habe ihm erklärt, dass ich erst mit meinem Chef sprechen will, bevor ich ihm eine Zusage für einen Vorstellungstermin geben kann. Ich habe ihm nichts davon erzählt, dass mein Chef gleichzeitig mein Vater ist und mit einem Mann zusammenlebt. Dann hätte er sich vielleicht zu große Hoffnungen auf den Job gemacht und bei einer Ablehnung deinerseits wäre die Enttäuschung zu groß gewesen. Er könne zwar jederzeit zu einem Vor­stellungsgespräch kommen. Bevor er hier aber anfangen kann, müsse er sich jedoch noch eine Wohnung suchen. Auch hier habe ich ihm vorerst verschwiegen, dass wir ihm dabei helfen können oder sogar direkt vor Ort etwas anbieten könnten. Er wohnt derzeit wieder bei seinen Eltern, wäre unter Umstän­den somit kurzfristig ver­fügbar und braucht an seinem jetzigen Wohnort keine Wohnung aufgeben“.

Zuerst wollte ich wissen, was ihre Recherchen in Bezug auf ein bestehendes Netzwerk ergeben haben. Darauf erklärte mir Marcus, dass es der­zeit noch nichts Vergleichbares in Deutschland gebe. Einen Namen für das Netzwerk hätten sie zwar noch nicht, aber viel­leicht habe ja der Mit­arbeiter, der es betreuen wird, eine vernünftige Idee.

Ansonsten wollte Michael, unser Sozialarbeiter, diese Woche auch mit seinen Jungs aus der Gruppe der schwulen Jugendlichen reden, wenn er ihnen seine Gedanken wegen der Selbst­hilfegruppe betroffener Eltern vorstellen will. Michael könne sich sogar vorstellen, dass aus der Gruppe der Jungs der eine oder andere Interesse an einer Mitarbeit im Netzwerk zeigen könne.

Ich hatte die Erklärungen von Philipp und Marcus vernommen und dachte zuerst über die Beschreibung des jungen Mannes nach. Fast allen unserer schwulen Mitarbeiter oder lesbischen Mitar­beiterinnen sieht man norma­lerweise nicht an, dass sie Interesse an eigenen Ge­schlechtsgenossen haben. Er wäre dann einer der wenigen Mitarbeiter, der in dieser Beziehung anders gestrickt ist.

Für seine Arbeit wäre es zumindest nicht störend und unter der Aufsicht von Philipp und Marcus, hoffte ich dass nichts schief laufen würde. Notfalls müssten wir uns während der Probezeit eben wieder von ihm trennen. Ich erklärte Philipp: „Du kannst ihn gerne zu einem Vorstel­lungsgespräch einladen. Am Don­nerstag geht es leider erst am späten Nachmittag und notfalls noch am Frei­tagnachmittag. Ansonsten ist diese Woche ziemlich ausgebucht bei mir. Am nächsten Samstag wollen wir ja nach München um Möbel für Bernhard zu kaufen. Wenn er eine Nacht bei euch beiden im Gästezimmer übernachten kann, sollte das für ihn auch kein großes Problem darstellen. Die Unwissenheit hinsichtlich deines Chefs und seiner Veranlagung, sowie der Mithilfe bei der Woh­nungs­­beschaffung sollten nach Möglichkeit bis zum Vorstel­lungsgespräch beste­hen blei­ben“.

Philipp meinte dazu, heute rufe er ihn nicht mehr an. Denn nor­malerweise würde ich erst morgen mit meinem Chef in dieser Ange­legenheit sprechen und wenn er ihn heute noch anrufe, könne Roland vielleicht auf dumme Gedanken kommen. Das mit der Übernachtung bei Mar­cus und mir werde ich ihm anbieten müssen. Eine Rückreise am Donnerstagabend, da auch nicht klar ist, wie lange das Vorstel­lungsgespräch dauern wird und je nach Witterungs­verhältnissen könnte zu einem Lotteriespiel werden. Es seien zwar nur gut zweihundert Kilometer, aber bei dichtem Schneegestöber oder Glatteis wäre es trotzdem kein Vergnügen.

Ich wollte noch wissen, wie es ihm bei der Bestellung der be­nötigten Hardware ergangen sei. Er meinte, er habe zuerst mit Sieg­fried telefoniert und sie haben sich auf eine einheitliche Geräteserie geeinigt, die allen Anforderungen entspricht. Im Grunde genommen bleibt es bei den bisherigen Geräten, sie werden jedoch mit einigen neueren Komponenten ausgestattet.

Die Mitarbeiter, die nur an festen Arbeits­plätzen arbeiten, erhalten in Zukunft eine Desktop-Variante. Diejeni­gen, die bereits mit einem Notebook ausgestattet sind, erhalten beim Austausch wieder ein Notebook. Ich war mir nur noch nicht sicher, welche Ausstattung die Mitarbeiter der Buchhaltung erhalten sollen.

Ich meinte zu Philipp, soweit ich mich erinnern kann, habe ich vor langer Zeit bereits eine Entscheidung getroffen, alle Mitarbeiter im Gutshof werden hier nur mit Notebooks ausgestattet, egal ob es Sinn macht oder nicht. Ihr solltet euch überlegen, ob es nicht einfacher ist, wenn auch bei den externen Unternehmen nur Notebooks eingesetzt werden, denn damit ergeben sich weniger Schwierigkeiten bei technischen Problemen.

Marcus fragte: „Gilt diese Anweisung auch für deine Assistentin, sie könnte doch auch mit eine Desktop-Variante ausgestattet werden.“

Ich schaute Marcus an und sagte: „Ja, ganz im Sinne meiner Anweisung. Und ab sofort ist Schluss mit dienstlichen Ge­sprächen. Es ist längst Feierabend und ab sofort ist Freizeit ange­sagt. Hättet ihr noch Lust eine Runde Rommee zu spielen. Ich muss wirklich abschalten nach diesem Tag. Die Woche ist noch lang genug und mit Terminen vollgestopft.

Da braucht man abends schon etwas Abwechslung, sonst dreht man am Ende durch. Nachdem die Jungs Lust hatten blieben wir gleich in der Essecke, Thomas holte die Karten aus dem Schrank und wir spielten fast zwei Stunden bis es Zeit wurde so lang­sam ins Bett zu verschwinden. Philipp und Marcus gingen nach oben in ihre Wohnung,

Bernhard zog sich ins Gästezimmer zurück und Thomas und ich wechselten in unser Schlafzimmer. Bevor wir ein­schliefen meinte Thomas zu mir, heute haben wir fast den ganzen Tag miteinander verbracht und wenn ich das richtig im Kopf habe, wird das Morgen zumindest bis Nachmittag so weiter gehen.

Ich meinte, danach liefe es zumindest bis zum Wochenende wieder in normalen Bahnen. Du im Stadtbüro. Und ich hier. Wobei ich hin und wieder bei euch reinschauen werde; aber sicher nicht mehr diese Woche. Danach schlief ich doch schnell ein, nachdem ich mich eng an meinen Thomas gekuschelt hatte.

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