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Im Westen

Teil 1

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Vorwort

Hi alle miteinander,

bevor es mit der Story losgeht, muss ich noch ein kurzes Vorwort verfassen. Ich will es auch nicht zu lange machen. Diese Story spielt zu Teil in einem Bereich, in dem sich wohl die wenigsten von euch auskennen. Daher gibt es einen separaten Anhang, in dem die wichtigsten Dinge erklärt sind, so dass eigentlich jeder folgen kann. Falls trotzdem Fragen auftauchen beantworte ich die euch gerne, wenn ihr mir eine Mail an sammy@nickstories.de schickt. Es empfiehlt sich meiner Meinung nach, als erstes den Anhang zu lesen, aber das ist nicht zwingend. So, jetzt noch kurz was rechtliches: Da die Story im Jahr 2004 spielt, verwende ich das Regelbuch der AQHA von 2004 in der Übersetzung der DQHA. Alle Namen der Pferde sind frei erfunden, und jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Pferden wäre reiner Zufall. Gleiches gilt für die Personen und Handlungen, usw. Und jetzt wünsche ich euch viel Spaß beim Lesen.

Liebe Grüße,

Euer Sammy

 

»Basti, wann fährst du eigentlich aufs Turnier?«

»Am Sonntag, Frank. Wir werden mitsamt den Pferden am Vormittag losfahren. Und wann fährst du?«

»Leider erst am Montag nach der Arbeit. Ein Kollege ist krank und der andere im Urlaub und der ist erst Dienstag wieder da. Aber die Pferde fahren schon am Sonntag mit und Tanja auch. Wen nimmst du eigentlich alles mit?«

»Alle. Sind ja schließlich die Bayerischen Meisterschaften von der VWB. Da will man doch auch etwas Eindruck schinden bei den anderen«, grinste ich Frank an.

»Und Dennis showt in den VWB-Klassen wieder April?«

»Klar, aber nicht nur in den VWB-Klassen, auch wenn er von seinem Glück noch nichts weiß. Und ich hoffe du hältst auch die Klappe, und versaust mir die Überraschung nicht.«

»Sicher nicht. Ich will ja noch länger leben.« Frank entblößte seine perlweißen Zähne.

»Gut für dich. Ich muss los. Mami hat gekocht und außerdem hab ich noch ein paar Sachen daheim vorzubereiten. Immerhin dauert die Show ja ne ganze Woche. Wollte heute mein Outfit bügeln und so.«

»Na, ich halte dich nicht mehr länger auf, ich muss auch los. Tanja erwartet mich, wir wollten heute noch etwas in die Disko gehen. Ich wünsch dir was.«

»Ich dir auch, bis morgen.«

Frank stieg in sein Auto ein und ich schnappte mir meinen Hund, Sam, einen Golden Retriever-Mischling, schwang mich auf mein Mountain Bike und radelte nach Hause. Mittlerweile war es 7 Uhr abends an diesem Freitag Mitte Mai. Aber Moment – einige werden sich gerade sicher fragen, wer ich eigentlich bin, und was ich gerade hier geschrieben habe. Also, fangen wir von vorne an. Ich heiße Sebastian von Fahrenwald, aber jeder, der mich kennt, nennt mich nur Basti. Ich bin 17 und wohne in der Nähe von München, genau genommen, am schönen Starnberger See. Dort haben meine Eltern eine Villa, die nicht weit weg von unserem Reitstall ist. Eigentlich ist es ja ein Gestüt, aber ich hasse diesen Ausdruck. Meine Eltern schwimmen in Kohle. Genug, dass ich mir jeden Monat ein Pferd kaufen könnte, und immer noch genug Geld übrig bleiben würde, für die nächsten Generationen. Wobei sich meine Eltern da wohl an meinen größeren Bruder, er ist mittlerweile 19 Jahre alt, wenden müssen. Er ist bei uns daheim ausgezogen, weil er in Augsburg seine Ausbildung absolviert. Er ist auch der einzige, der bis jetzt weiß, dass ich schwul bin. Ich habe es ihm vor etwa einem halben Jahr erzählt, kurz bevor er nach Augsburg ging. Er hat es recht cool aufgenommen. Seitdem fragt er mich immer wieder, ob ich denn nun endlich einen Freund gefunden habe, wenn er anruft, oder vorbeischaut. Wie ich diese Frage hasse. Schlimmer als meine Oma. Aber zurück zu mir.

Seit ich denken kann, reite ich. Angefangen habe ich mit dem kleinen Pony, das meine Eltern im Stall stehen hatten. Danach kam der Einstieg in die Kunst den Englischreitens. Vor drei Jahren bin ich dann auf das Westernreiten umgestiegen. Ich sah damals ein Turnier, das bei uns in der Nähe abgehalten wurde. Etwas mit meinen Eltern gequatscht, und einen Monat später, es war in den Sommerferien, sind wir nach Amerika, genauer genommen nach Texas geflogen und haben unser erstes Quarter Horse gekauft. Diese Stute habe ich hier auch schon erwähnt. Es ist April (April Morning Dew). (Man achte bitte auch sehr genau darauf, dass der Name englisch ausgesprochen wird.) Mit ihr absolvierte ich meine ersten Turniere, und mache das immer noch. Mittlerweile habe ich zwar sechs eigene Quarter Horses, und wollte April langsam in den Turnier-Ruhestand schicken, aber da hatte sie etwas dagegen. Wir wollten im letzten Frühjahr auf ein Turnier fahren und sie das erste Mal daheim lassen. Daraufhin randalierte sie in ihrer Box und schlug alles, was nicht stabil genug war, zu Kleinholz, so dass wir sie mit auf das Turnier nahmen, und sie seitdem wieder fleißig von uns geshowt wird. Ich showe sie nur noch selten. Meistens reitet sie mein bester Freund Dennis. Auch so eine Sache bei ihr. Man könnte sie auch in gewisser Hinsicht mit den Pferden aus dem Herr der Ringe vergleichen. Den Mearas, die sich nicht von jedem reiten lassen. Neben mir ließ sich April nur von Dennis reiten. Jeder andere, der versuchte auch nur einen Fuß in den Steigbügel zu stellen, musste erleben, was es heißt im Staub zu liegen.

Dennis, noch 16, war seit 5 Jahren bei uns am Reitstall. Seine Eltern waren nicht wirklich arm, aber ein eigenes Pferd konnten sie sich nicht leisten. Trotzdem respektierten sie Dennis sehnlichsten Wunsch, das Reiten. Sie zahlten ihm Reitstunden, zuerst auf einem Englischpferd, später dann auch im Westernreitstil. Das war jetzt vor etwa einem Jahr. Ich kann mich noch genau daran erinnern, wie Dennis immer mit verträumtem Blick an der Bande stand und mir beim Reiten zuschaute. Besonders strahlten seine Augen, wenn ich mit April ritt. Irgendwann besuchte er uns am Wochenende mit seinen Eltern auf einem Turnier. Er war so fasziniert, dass seine Augen wirklich unter allen Zuschauern deutlich hervorstachen. Ein paar Wochen nach diesem Turnier stand er wieder bei uns daheim an der Bande. Ich hatte gerade angehalten um mir meinen Pulli auszuziehen, weil mir doch warm geworden war. Er starrte auf April. Ich beobachtet ihn, wie er seinen Blick nicht von ihr lassen konnte. Plötzlich sah er zu mir auf.

»Du? Basti?«

»Ja?«

»Meinst du, ich könnte vielleicht...? Wäre es denn eventuell möglich...? Hättest du was dagegen...?« Es war süß, wie er sich hin und her wand. Ich schmunzelte innerlich in mich hinein.

»Wenn du endlich mit deinem Wunsch raus rückst , dann kann ich auch sagen, ob es möglich ist.«

»Also, es ist mir etwas unangenehm, aber denkst du, ich könnte mal auf April reiten. Ich würde das mit dem Westernreiten gerne mal versuchen.«

»Geht es dir um das Westernreiten, oder eher um April?«

Ich grinste ihn an, und er lief rot an.

»Na, nun schau nicht so. Versuchen kannst du es schon. Das Problem ist nur, dass sich April nur von mir reiten lässt. Zumindest schafft es kein anderer als ich, auf sie aufzusteigen. Aber du kannst gerne dein Glück versuchen.«

Während ich noch sprach, war ich bereits abgestiegen und beobachtet, wie Dennis über die Bande kletterte. Er war sichtlich nervös, aber auch überglücklich, dass ich ihm seinen Wunsch gewährt hatte. Vorsichtig näherte er sich April. Sie beobachtet ihn sehr aufmerksam. Als erstes stellten wir die Steigbügel auf die passende Länge ein. Immerhin war ich 1,92m groß, und Dennis nur 1,77m. Zögernd nahm er die Zügel auf und noch vorsichtiger stellte er sein Bein in den Steigbügel. Sein ganzer Körper zitterte. Er griff an das Horn des Sattels und langsam drückte er sich nach oben ab, bis er schließlich auf April saß. Das war bis jetzt immer spätestens der Moment, an dem der Reiter garantiert wieder im Staub saß. Aber nicht bei Dennis. April stand immer noch ruhig da, hatte ihren Kopf leicht zur Seite gedreht und verfolgte jede Bewegung von ihm. Ich weiß nicht, ob sie gemerkt hatte, wie wichtig ihm dieses Erlebnis war, oder ob sie ihn einfach mochte. Jedenfalls hab ich selten eine Reiter-Pferd-Kombination gesehen, die so gut harmonierte, wie die beiden. Während er losritt, erklärte ich ihm die ersten Schritte des Westernreitens. Er stellte sich äußerst geschickt an. Nach einer halben Stunde musste ich ihn beinahe vom Pferd ziehen, so begeistert war er. Seine Augen waren leicht feucht. Und von diesem Tag an, waren auch er und ich die besten Freunde.

Im Herbst letzten Jahres ritt er dann seine ersten Turniere mit April. Ich werde nie vergessen, wie er sich über seinen ersten Sieg in der Western Horsemanship freute. Danach saß er noch zwei Stunden bei April in der Box und redete mir ihr. Bedankte sich bei ihr und fütterte sie mit einer Karotte nach der anderen. April schnaubte zufrieden und legte ihren Kopf auf seine Schulter. In diesem Moment hatte ich einen Entschluss gefasst. Dennis sollte ihr neuer Besitzer werden. Als erstes beredete ich noch auf dem Turnier die Angelegenheit mit meinen Eltern, schließlich waren sie ja die, die das Geld gezahlt hatten, auch wenn ich in den Papieren eingetragen war. Meine Eltern waren sofort einverstanden. Sie wussten, dass sich Dennis gut um April kümmern würde. Nun kam aber der schwierigere Part meines Plans. Am Morgen nach der Unterredung mit meinen Eltern fand ich Dennis Eltern, Reinhard und Renate, bei den Zuschauertribünen. Sie verfolgten gerade eine Reining. Ich bat sie mit mir in einen unserer beiden Transporter zu kommen. Dieser Transporter sah aus wie ein normaler LKW, war aber ein Pferdetransporter und hatte Platz für 6 Pferde, im vorderen Teil des LKW war eine Art Wohnwagen eingebaut, mit Tisch, Dusche, Kühlschrank, Bett, usw. Zwischen Wohnraum und Pferdeteil war Platz für das Equipment. Kurz darauf saß ich mit den beiden und meinen Eltern in meinem »Wohnzimmer« und bot ihnen etwas zu trinken an.

»Ich wollte mit euch reden. Es geht um Dennis und April.«

»Wir haben uns schon sowas gedacht. Vermutlich wollt ihr, dass Dennis nicht mehr auf ihr reitet. Wir können das ja verstehen, aber ich vermute mal, dass für ihn eine Welt zusammen bricht.«

»Naja, also Dennis' Welt wird sich schon etwas ändern. Allerdings müsst ihr euer Einverständnis geben.«

»Was sollen wir da unser Einverständnis geben? Das ist doch eure Entscheidung.«

»Renate, wenn du mich bitte ausreden lassen würdest. Ich, oder besser gesagt wir brauchen euer Einverständnis, damit das Ganze möglich ist.«

»Also, was dir unser Sohn damit sagen will«, mischte sich mein Vater ein. »Er will eurem Sohn April schenken. Zu seinem 17. Geburtstag. Und da das Pferd ja auch unterhalten werden muss, brachen wir euer Einverständnis.«

Die beiden starrten uns mit weit aufgerissenen Augen an.

»Es gibt auch keine Auflagen an dieses Geschenk, nur zwei bitten. April soll, so lange sie lebt immer bei uns im Stall bleiben und immer gut behandelt werden. Und vielleicht noch eine dritte Bitte. Es wäre schön, wenn ich, falls mich die Lust überkommt, immer die Möglichkeit habe April auch zu reiten.«

Es bedurfte zwar noch ein paar weitere Worte meiner Eltern, aber irgendwann waren die beiden doch überzeugt und wir schilderten ihnen unseren Plan. Anfang nächsten Jahres sollten die Papiere umgeschrieben werden in Amerika, und dann am Samstag vor den Bayerischen Meisterschaften, dem Geburtstag von Dennis, sollten ihm die Papiere von mir überreicht werden. Unbemerkt von Dennis sollte er nicht nur für die VWB-Klassen sondern auch für die der AQHA-Show gemeldet werden. Alles lief reibungslos. Vor einer Woche kamen die Papier bei Dennis Eltern mit der Post an und wurden wieder an mich übergeben, damit ich sie Dennis morgen überreichen konnte.

So in meine Gedanken an dieses Turnier vertieft kam ich bei mir daheim an. Aus der Küche kam mir ein angenehmer Duft entgegen.

»Hi Ma, da bin ich. Ist das Essen schon fertig?«

»Nein, noch nicht ganz. Du hast noch Zeit dich vorher zu duschen.«

Also ging ich durch die Küche wieder nach draußen und überquerte den kleinen Weg, der zwischen dem Haupthaus und meinem Bungalow lag. Seit mein Bruder Frederick aus dem Bungalow ausgezogen war, bewohnte ich ihn. Ich ging also in mein Bad, packte meine Klamotten in die Wäschetrommel und machte die Dusche an. Nachdem das Wasser eine angenehme Temperatur hatte, stellte ich mich darunter und spülte mir den Schweiß des Tages vom Körper. Eine viertel Stunde später stand ich wieder in der Küche und ging meiner Mutter auf den Keks.

»Was gibt es denn?«

»Was vernünftiges. Du wirst dich ja bestimmt die ganze Woche wieder mal nur von Hot Dogs und so Zeug ernähren.«

»Mama, das stimmt doch gar nicht. Ich esse doch immer mein Fühstücksmüsli. Und das ist doch sehr gesund.«

»Wäre es vielleicht auch, wenn du mal auf die Schokoladenwürfel und die Schokoladenmilch verzichten würdest.« lächelte mich meine Mutter an. »Aber jetzt gibt's erst Mal Abendessen. Hol doch deine Vater, ich tische derweil schon auf.«

Ich holte also meinen Vater und wir begaben und alle zum Essen. Auch Sam bekam sein Futter, meistens die einzige Möglichkeit ihn vom Betteln abzuhalten. Nachdem beim Essen nichts wirklich aufregendes passierte, nutze ich die Gelegenheit mal um etwas klarzustellen. Wir mögen zwar Geld wie Luft zum Atmen haben, was aber noch lange nicht heißt, dass ich nicht sehr normal aufgewachsen bin. Gut, ich brauchte beim Einkaufen nicht unbedingt auf den Preis zu achten, wobei ich das meistens schon tat, aber zum Fenster schmeißen wir unser Geld auch nicht raus. Genauso wenig haben wir eine Haushälterin oder einen Butler. Nur einen Gärtner, da unser Grundstück wirklich riesig war, und eine Putzfrau, die einmal die Woche kam, und meiner Mutter zur Hand ging, da sie dreimal die Woche am Vormittag als Sekretärin bei einem Anwalt arbeitet. So war sie eigentlich immer zu Hause, wenn ich von der Schule kam. Nebenbei macht sie auch noch die Buchhaltung für den Reitstall. Dabei half ich ihr gelegentlich, da ich ja irgendwann später einmal den Betrieb übernehmen sollte. Für alle anderen organisatorischen Dinge ist mein Vater verantwortlich. Wobei die beiden genaugenommen Hand in Hand arbeiteten und man nicht wirklich eine klare Trennlinie ziehen konnte. Im Stall haben wir auch noch einige Pferdepfleger und ähnliches. Wobei keiner von uns aus der Familie davor zurückschreckt eine Pferdebox auszumisten.

Auch wenn es vielleicht den Anschein hat, dass ich ein verzogener Bengel bin, so stimmt das absolut nicht. Ich bekam auch nicht viel mehr Taschengeld als der Durchschnitt. OK, von den reinen Beträgen her war es schon mehr als die meisten anderen, aber dafür musste ich mir auch, mal abgesehen von Lebensmitteln und den Kosten für die Turniere, alles selbst kaufen. Also auch Kleidung und so weiter. Ich finde das eigentlich ganz gut. So lernt man schon frühzeitig mit seinem Geld den gesamten Monat hauszuhalten. Und wenn ich am Ende des Monats eben mal kein Geld mehr hatte, dann konnte ich eben kein Eis am nächsten Kiosk kaufen oder so. Da half dann auch kein Betteln bei meinen Eltern. Wobei mir sowas nur am Anfang passiert war, mittlerweile wusste ich, wie ich mein Geld ausgeben konnte.

Nach dem Abendessen besprach ich noch kurz mit meinen Eltern, wie es am Sonntag ablaufen sollte mit der Fahrt zum Turnier, da es bekanntermaßen am Tag vor der Abreise immer extrem stressig war und für solche Dinge kaum Zeit blieb. Nach der Lagebesprechung ging ich in meinen Bungalow und stellte mir mein Bügelbrett auf, da ich noch einige Hemden für die Show bügeln musste. Ich wollte gerade mit dem ersten Hemd anfangen, als mein Telefon klingelte.

»Hi Basti, na auch endlich daheim? Ich hab schon vier mal versucht dich zu erreichen.« Dennis war heute nicht im Stall gewesen, da er mit seinen Eltern in seinen Geburtstag hineinfeiern wollte. Schließlich wollte er morgen im Stall sein und die Nacht über dann bei mir schlafen würde, da wir am Sonntag recht früh los mussten. Seine Eltern hatten Verständnis und es gab nie Probleme damit. Somit mussten sie wenigstens nicht an einem Sonntag um 6 Uhr in der Früh aufstehen, da Dennis etwa eine halbe Stunde vom Stall weg wohnte.

»Wieso hast du nicht auf den AB gelabert?«

»Als würdest du den abhören. Und zweitens wollte ich nur kurz was wegen morgen klären.«

»Na, dann schieß mal los.« Gespannt wartete ich, was er wohl klären wollte.

»Also, wehe du schenkst mir irgendwas großartiges.« Ich lächelte still in mich hinein. »Ich will von dir nichts haben.«

»Naja, also du wirst was bekommen. Aber nur ne Kleinigkeit. War ja so abgemacht.« Bloß nicht verraten.

»Dann ist ja gut... Ich werde wohl so gegen Mittag da sein. Meine Oma kommt noch zum Mittagessen vorbei, und danach mach ich mich gleich auf den Weg. Zum Glück fahren mich morgen meine Eltern hin, da ich ja so viel Gepäck dabei habe.«

»Tja, deine Eltern sind schon ihr Geld wert.«

»Finde ich auch. Also dann bis morgen, ich muss noch fertig packen.«

»Das muss ich auch noch, aber mich hat ja mal wieder so'n komischer Typ aufgehalten.«

»Ja, du mich auch.«

»Mit vergnügen.« Wenn er nur wüsste, wie wahr das gesprochen war.

»Schön. Also gute Nacht.«

»Nachti, Großer.«

Und damit war unser Gespräch beendet. Ich widmete mich wieder meinen Hemden. Nach zwei Stunden war ich mit dem gröbsten zum Packen fertig. Die Turnierkleidung war sauber in drei Kleidersäcken verstaut. Die zwei paar Chaps kamen zum normalen Gepäck, die beiden Hüte standen in den Hutboxen griffbereit. Die Reisetasche war, bis auf mein Waschzeug, fertig gepackt. Nachdem ich Sam, der bei mir in der Wohnung war, nochmal vor die Tür gelassen hatte, zog ich mich aus und begab mich in mein Bett. Während ich noch darüber grübelte, welches Outfit ich für welchen Start anziehen sollte, schlief ich ein.


Am nächsten Morgen, wurde ich so gegen neun Uhr wach. Verschlafen zog ich mir ein paar Short und ein T-Shirt an und ging zu meinen Eltern in die Küche. Nach dem Frühstück packte ich meine Klamotten in unseren Jeep, da wir sie später in den Transporter laden würden. Als ich den Jeep bis zum Bersten mit meinen Klamotten gefüllt hatte, fuhren wir zum Stall. Die Boxen waren schon ausgemistet und ich begab mich gleich an die Arbeit. Zum Glück hatte ich die Mähnen schon während der Woche verzogen (ausgedünnt) und geschnitten, so dass ich sie nur noch kurz korrigieren musste. Was mich auch einige Zeit kostete. Danach begann ich die Pferde zu clippen (die weißen Fusshaare werden dabei mit dem Langhaarschneider gestutzt, die Ohren sauber ausrasiert und die Barthaare auch gekürzt). Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet mir, dass wohl bald Dennis hier sein würde. Also schnappte ich mit die Riesenschleife, die ich extra besorgt hatte, und band sie April um den Bauch, dort wo auch der Sattel sich befindet. Danach begab ich mich aus den Stallungen und lehnte mich an das Eingangstor, zündete mir eine Kippe an und wartete, bis das Geburtstagkind ankam.

Dennis ließ auch nicht lange auf sich warten, und ich umarmte ihn erst mal herzlich und überschüttete ihn mit Glückwünschen.

»So, und jetzt kommen wir zu deinem Geschenk. Es besteht aus zwei teilen. Einem großen und einem kleinen.« Dennis schaute verwirrt und seine Eltern grinsten mich an.

»Welches willst du zuerst... Wobei das kleine das wertvollere ist. Ich denke wir fangen mit dem großen an.«

Also schnappte ich mir Dennis' Hand, zog ihn hinter mir her in die Stallungen und ging direkt auf Aprils Box zu. Dort stand April in ihrer Box und knabberte vergnügt an etwas Heu. Dennis starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an. Ungläubig blickte er von mir zu seinen Eltern, zurück zu April, und so weiter.

»Ihr wollte mich doch alle verarschen, oder?«

»Nicht, dass ich wüsste. Das ist mein Geschenk an dich.«

»Das würden meine Eltern niemals erlauben.«

»Doch mein Sohn. Deine Eltern haben auch an dem Plan von Basti mitgearbeitet«, mischte sich Dennis Vater ein.

»Ist das euer Ernst? April ist jetzt mein Pferd? So richtig, so ganz?«

»Mein voller Ernst. Und wenn du mir nicht glaubst, dann wirf einen Blick hierauf.« Ich gab ihm die Papiere, wo er als neuer Besitzer eingetragen war. Seine Augen wurden wieder riesig. Dann kamen die Tränen. Er weinte, er weinte vor Glück. Drei glückliche Gesichter sahen ihn an, während er in die Box ging und sein Pferd umarmte.

Nach einer halben Ewigkeit kam er wieder aus der Box heraus und umarmte seine Eltern und bedankte sich zigfach bei ihnen.

»Soso, und mir wird gar nicht gedankt«, spielte ich übertrieben beleidigt.

»Nein, ich wüsste nicht, wie ich dir das jemals danken könnte.«

»Das hast du schon längst getan.«

»Hä?«

»Mit deinem Blick. Das war mehr Dankeschön als tausend Worte ausdrücken könnten.«

Dann fiel er mir um den Hals, drückte mich fest an sich und flüsterte mir ein »Danke« in mein Ohr. Als er mich wieder losgelassen hatte, gingen wir in unser Reiterstüberl, wobei es eher ein kleiner Gasthof war, der an einer Seite komplett verglast war, so dass man in die darunter liegende Reithalle blicken konnte. Auch meine Eltern waren mittlerweile dort, da sie ziwschenzeitlich noch Einkaufen gewesen waren. Dort gratulierten auch die anderen Anwesenden ihm. Wir stießen mit Sekt und Orangensaft an. Also die Alten tranken den O-Saft und wir den Sekt direkt aus der Flasche. Nein halt, das war ja andersrum oder so. Ach egal. Dennis brachte jedenfalls die ganze Zeit sein doofes Grinsen nicht aus dem Gesicht.

Nach der kleinen Feier im Reiterstüberl gingen wir wieder zurück in die Stallungen, wo jetzt unsere Pferde standen. Das Clippen hatte ich ja am Vormittag schon erledigt. Jetzt wuschen wir als erstes alle Pferde in der Waschbox. Nein, das ist nicht vergleichbar mit einer Waschbox für Autos. Einfach ein Abgetrennter Putzplatz mit einem Schlauch, aus dem auch warmes Wasser kommt. Die Pferde wurden einschampooniert und am Ende waren wir vermutlich nasser als die Pferde, und wir stellten uns mit dem letzten Pferd zusammen unter das Pferdesolarium. Das war nötig, auch wenn es mittlerweile schon relativ warm war, so musste man, trotzdem aufpassen, dass sich die Pferde nicht erkälteten, sonst könnten wir die Starts gleich absagen. Danach wurden alle Pferde mit Glanzspray eingesprüht und bekamen eine leichte Decke mit Hals und Kopfteil, die nicht wirklich warm war, aber den Schmutz abhielt. Zum Schluss wurden noch alle Schweife geflochten und in einen sogenannten Schweigsack verfrachtet – eine Stoffhülle, die vom Schweif den Schmutz abhält. Somit waren die Pferde für den morgigen Tag gerüstet.

Während wir uns daran machten das Equipment zu säubern und auf Hochglanz zu bringen, durften sich die Pferde in kleinen Gruppen im Horse-Walker (Eine Maschine, die die Pferde im Zirkel auf beiden Richtungen bewegt) vergnügen. Die Sättel, Zaumzeuge und Vorderzeuge waren alle aus hellbraunem Leder und an diversen Stellen mit Silber beschlagen. So ein Sattel, der wirklich gut ist, kostet so im die 7.000 €. Zwar ein happiger Preis, aber im Endeffekt rechnete er sich, denn die Nutzungsdauer ist nicht wirklich begrenzt. Bei sachgemäßem Umgang hielt er ein Leben lang. Natürlich benutzt man diese Sättel nur zum Showen, für das normale Training hat man ein oder zwei gute Trainingssättel. In der Regel passt ein gut gearbeiteter Sattel auf die meisten Pferde, so dass man nicht für jedes Pferd einen extra Sattel braucht. Selbstverständlich hatte jedes Pferd ein eigenes Pad (Satteldecke), und für Turniere gab es extra Überpads, die man einfach auf das pferdeeigene Pad legte und natürlich farblich mit dem Outfit des Reiters abstimmte.

Nachdem wir alles gesäubert hatte, begannen wir damit die LKWs einzuräumen. Die Sättel, Zaumzäuge, Halfter kamen an die dafür vorgesehenen Orte. Das Putzzeug und die »Schminkkiste« für die Pferde wurden verstaut. Etliches anderes Equipment räumten wir ein. Zum Schluss packten wir noch unsere eigenen Sachen in den Wohntrakt des LKWs. In einen der LKWs packten wir noch einiges an Kraftfutter und Heu für die Pferde ein, da dies auf den Turnieren selten vorrätig war, und wenn es denn mal etwas gab, dann war es schweineteuer. Und nachdem meine jetzt 5 Pferde dabei waren und Dennis »neues« Pferd, und nebenher noch die 2 Pferde von Frank und Tanja, hatten wir im Pferdebereich genug Platz um alles sicher unterzubringen.

Es fuhr noch eine Reiterin aus unserem Stall mit. Martina war schon 20 und eigentlich ganz nett, oder konnte es zumindest sein, aber meistens war sie extrem zickig und hochnäsig, so dass sie es vorzog, alleine ihr Ding zu machen und uns aus dem Weg ging. Mir sollte es recht sein, denn sie konnte extrem nerven. Eigentlich war sie nur neidisch, weil sie es trotz jahrelangem Reitunterricht und etlichen Trainingslagern nur sehr selten geschafft hatte mich oder auch Dennis zu schlagen. Während des ganzen Nachmittags, als wir nebenher noch Unfug machten, richtet sie auch ihre zwei Pferde her, und war, nachdem wir schon alles fertig gepackt hatten, immer noch damit beschäftigt ihre Pferde schön zu machen. Schon doof, wenn die Pferde genauso zickig wie die Besitzerin sind.

Frank und Tanja waren am Nachmittag auch dabei, richteten ihre Sachen her und halfen beim Einladen der Transporter und wir hatten eine Menge Spaß dabei. Die beiden waren seit über fünf Jahren zusammen und hatten vor einem halben Jahr geheiratet. Sie hatten sich damals hier auf dem Stall kennen gelernt und auch die Feier nach der Trauung fand im stalleigenen Restaurant statt. Es war ein tolles Fest. Fünfzig geladene Gäste, und es ging bis weit in die Nacht. Nachdem wir mit den letzten Vorbereitungen für den morgigen Tag fertig waren, saßen wir noch gemütlich im Reiterstüberl und tranken einen Schluck. Irgendwann mussten wir dann aufbrechen, da wir ja am nächsten Morgen früh losfahren mussten. Nach einem letzten Blick in die Stallungen fuhren Dennis und ich zu mir nach Hause, wo meine Mutter noch einen kleinen Imbiss für uns vorbereitet hatte. Anschließend gingen wir beide Duschen und lagen kurz darauf in meinem Doppelbett. Ich hatte Dennis bei seiner ersten Übernachtung angeboten auf der Schlafcouch in meinem Wohnzimmer zu pennen, aber er zog es vor mit in meinem Bett zu schlafen. Einerseits war es ein Qual für mich, andererseits fühlte ich mich so sicher in seiner Nähe. Ich grübelte noch etwas nach, ob wir nicht etwas wichtiges vergessen hatten, aber lange hatte ich dazu keine Gelegenheit, denn schon bald lag ich friedlich in Morpheus Armen.

Vielleicht sollte ich noch ein paar Worte zu Sam verlieren. Er war so zu sagen unser Stallhund. Morgens, wenn mein Vater zum Stall fuhr, nahm er ihn immer mit und der Hund blieb dann den ganzen Tag im Stall, bis ich ihn am Abend mit nach Hause nahm. Ich fand das sehr praktisch, so brauchte ich nicht jeden Tag stundenlange Spaziergänge machen, da er ja tagsüber genug Auslauf bekam. Und Sam war ein recht aktiver Hund. Den ganzen Tag tobte er über des Gelände, und manchmal sah man ihn einen halben Tag nicht. Allerdings war er so gut erzogen, dass er den Reitstall nie verließ. Dann hätte er allerdings auch Ärger bekommen. Wir haben ihn vor etwas mehr als 2 Jahren aus dem Tierheim geholt, da unser alter Hund gestorben war. Die Tiere waren allgemein in sehr gutem Zustand, auch wenn man ihnen doch ansah, dass ihnen die häusliche Pflege abging. Als ich mit meinen Eltern so die Gänge entlang schlich, blieb ich vor Sam's Zwinger stehen. Er sah mich an aus der hintersten Ecke des 5qm großen Areals, das er sein eigen nennen drufte. Extrem verschüchtert saß er da. Seine Augen schrien förmlich danach, dass wir ihn mitnehmen sollten. Nachdem ich die Erlaubnis hatte, ging ich in den Zwinger und blieb am Eingang stehen. Schließlich war es ja das »Haus« von diesem Hund, und ich nur der Gast. Sam legte seinen Kopf schief und betrachtet mich eindringlich. Ich ging langsam in die Hocke und sah ihn dabei weiterhin an. Man sah, wie er die Nase rümpfte und versuchte etwas zu riechen. Nach kurzer Zeit begann er aufzustehen, kam langsam auf mich zu und blieb vor mir stehen. Da konnte ich es sehen. Sein Fell am Rücken war extrem kurz und zerrupft. In gleichmäßigen Streifen waren ihm wohl ganze Haarbüschel ausgerissen worden.

»Das hat er noch nie gemacht. So bald jemand das Hundehaus betritt, geht er in die hinterste Ecke, bis der jenige wieder weg ist«, informierte uns der Tierpfleger.

»Was ist mit ihm passiert?«

»Anscheinend wurde er von seinen Besitztern mit einem Gürtel verprügelt. Sie entschuldigten sich damit, dass er ihnen in die Wohnung gemacht hatte.«

»Na, eine Glanzleistung. Er ist doch grade mal ein halbes Jahr alt, oder?«

»Ziemlich genau sogar.«

Ich wandte mich wieder dem Hund zu.

»Na Kleiner, du hattest ja feine Herrchen.«

Sam legte wieder seinen Kopf schief und kam ein Stück näher. Ich bewegte vorsichtig meine Hand auf ihn zu, ganz langsam. Sofort ging sein Kopf ein Stück zurück und in Deckung.

»Schon gut Kleiner, dir tut keiner mehr was.«

Er schien mich zu verstehen. Sein Körper entspannte sich wieder und neugierig wie er war, streckte er den Kopf wieder näher zu mir. Genauso vorsichtig wie sich der Hund auf mich zubewegte, bewegte ich meine Hand auf ihn zu. Zentimeter für Zentimeter. Ich ließ ihn erst mal ausgiebig meine Hand beschnüffeln. Als er genug gerochen hatte, drehte er sich zu Seite, ohne dabei aber meine Hand auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Langsam legte ich meine Hand auf sein weiches Fell und ließ sie dort erst einmal verweilen. Ich konnte spüren, wie er deutlich ausatmete.

Damit war es beschlossen. Ein Blick zu meinen Eltern und unser neuer Hund würde dieser arme kleine Wurm sein. Nach einer weiteren halben Stunde, waren alle Formalitäten, Impfungen und der gleichen erledigt. Zum Glück kannte uns das Tierheim schon, da wir auch den letzten Hund hier geholt hatten. Sie wussten dass es Sam bei uns gut haben würde. Nachdem er seine letzte Spritze von der Tierärztin erhalten hatte, durfte ich ihn abholen. Neugierig beäugte er meine Eltern, während er neben mir auf der Rückbank unseres Jeeps saß.

Die ersten paar Monate waren sehr anstrengend, da er, so bald jemand mal etwas lauter sprach oder eine schnelle Bewegung machte, sofort in die hinterste Ecke des Zimmers verschwand. Daher war er zu Beginn auch nur bei unserem Haus unterwegs, da wir ihn nicht mit so vielen Leuten auf einmal konfrontieren wollten.

Ich hatte auch sehr bald heraus gefunden, wie er wohl geschlagen worden war. Es musste wohl ein Gürtel gewesen sein. Denn ich war dabei mir eine neue Jeans anzuziehen und entfernte den Gürtel aus der alten Hose. Kaum sah Sam, was ich machte, verkroch er sich auch schon unter den Couchtisch. Ich bemerkte sofort, was los war und ließ den Gürtel fallen und setzte mich neben den Couchtisch. Nachdem ich ihn wieder so weit beruhigt hatte, dass er unter seinem Tisch hervor kam, nahm ich ihn mit ins Schlafzimmer. Ich setzte mich neben den Gürtel. Mit großen ängstlichen Augen sah mich Sam an.

»Hey, Sam, du brauchst keine Angst haben. Ich will mich nur umziehen. Keiner will dich schlagen.«

Wieder legte er den Kopf schief. Das war wohl seine Art zu sagen, dass er mich verstanden hatte. Ich legte meine Hand auf die Schlaufe des Gürtels, Sam zuckte zusammen.

»Keine Angst, hab vertrauen in mich.«

Ich nahm den Gürtel langsam hoch und legte ihn vor Sam, ließ aber meine Hand an der Schnalle. Scheu schaute er mich und den Gürtel an. Und neugierig war er schon immer und so auch in diesem Fall, langsam ging seine Nase auf den Gürtel zu. Dabei streichelte ich sanft seinen Kopf und kraulte ihn hinter den Ohren. Dieses Training absolvierten wir dann jeden Tag, und nach einer guten Woche konnte ich Sam sogar sein verhasstes Objekt auf den Rücken legen, ohne dass er es mit der Angst zu tun bekam.

Diese zusammen bewältigte Prüfung hatte nur ein Problem, seitdem steht er auf Tauziehn mir Gürteln. Mittlerweile hab ich mir wohl den 8. Gürtel gekauft seit wir Sam haben. Eine andere Entwicklung machte sich auch noch deutlich. Sam hörte zwar auf meine Eltern, aber nur so lange ich nicht in der Nähe war. Da half dann nur noch Bestechung in Form von Hundekuchen oder so...


Am nächsten Morgen wurde ich durch einen, im ersten Moment unangenehmen, Luftzug auf meiner Brust geweckt. Als ich genau hinsah, bemerkte ich, dass sich Dennis im Schlaf wohl gedreht haben musste und nun sein Kopf auf meiner Brust lag. Dieser Anblick war gleichzeitig anziehend und abstoßend. Einerseits beängstigte mich die wohl unbeabsichtigte Nähe von Dennis, andererseits war es das, was ich mir seit langer Zeit gewünscht hatte. Aber so in diese unmöglichen Hoffnungsträume vertieft zu sein, war einfach eine Qual für mich. Ich wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Wie sollte ich auch, hatte ich doch bis jetzt bloß in meinen Träumen solche Momente erlebt. In meinen Träumen hatte ich bisher immer dem Jungen, was so nicht stimmt, denn eigentlich war es immer Dennis, der neben mir lag zärtlich über die Wange gestreichelt, ihm sanft den Nacken gekrault und ihn beim schlafen beobachtet. Das tat ich im Moment auch, ich betrachtete Dennis. Und es war einfach schön. Dennis lag friedlich wie ein Engel auf meiner Brust und es schien, dass er in diesem Moment eins mit den Sternen, der Erde, dem Weltraum, ja dem ganzen Universum war. Wie gerne hätte ich seinen Kopf in meine Hände genommen und ihn mit einem intensiven, aber zärtliche Kuss geweckt. Ja, wie gerne doch. Aber leider war ich viel zu feige, und zudem wusste ich ja nicht einmal, ob Dennis auch so fühlte und ob er überhaupt schwul war. Und auch wenn er es wäre, war es bestimmt nur ein Versehen, dass er so auf mir lag.

Wenn ich nicht so viel in meine Grübeleien vertieft gewesen wäre, hätte ich bestimmt auf Grund der Lage losgeheult. Und erniedrigend war es definitiv. Mein Traumjunge lag auf meiner Brust und ich traute mich nicht mal zu atmen, damit er nicht aufwacht. Zu sehr hatte ich Angst, dass ich diesen Moment für die Ewigkeit zerstören würde.

Aber was war das? Dennis drehte sich langsam weg von mir. Hatte er bemerkt, dass ich ihn die ganze Zeit angesehen hatte. Wobei, das war einfach unmöglich. Völlig ausgeschlossen. Wie sollte er es denn bemerkten, immerhin war er ja noch tief am schlafen. Ich machte mir wegen nichts und wieder nichts Sorgen.

Also stand ich auf und ging erst Mal unter die Dusche. Das warme Wasser würde meinen Verstand wieder aufklaren und irgendwann würde ich bestimmt über diesen Moment lachen. Aber zu diesem Zeitpunkt schossen mir tausend andere Gedanken durch den Kopf. Sollte ich mit Dennis reden? Sollte ich mit meinen Eltern reden? Wie würden sie reagieren. Was würden sie machen? Würden sie es verstehen?...

Nach einer viertel Stunde war ich dann doch endlich fertig und hatte einen Entschluss gefasst. Bestimmt war es falsch, aber es musste sein. Wenn nicht heute, wann dann? So ging ich rüber in die Küche.

»Guten Morgen, Basti. Was machst du denn so früh auf?«

»Morgen Mama, ich konnte nicht mehr schlafen.«

»Seit wann kannst du nicht schlafen. Ich kenne keinen der länger am Stück schlafen kann als du.«

Was sollte ich sagen? Dass mich Dennis durch seine Anwesenheit verrückt gemacht hatte? Ziemlich schlecht, also schnell eine Notlüge erfinden.

»Ach, Dennis hat ein ganzes Sägewerk in Betrieb genommen, und das genau in meinem Schlafzimmer. Da wärst du auch freiwillig aufgestanden. Und außerdem kann ich ja auf der Fahrt noch etwas schlafen.«

»Ach so... Ja, diese Sägewerk-Arien kenn ich von deinem Vater.«

»Wo ist Paps eigentlich?«

»Der ist grade beim Bäcker und holt Brötchen.«

»Wieso denn das? Ich dachte ihr habt gestern extra welche zum Aufbacken gekauft.«

»Das schon, aber die können wir im Winter im Kamin verheizen, nachdem dein Vater Briketts daraus gemacht hat. Aber er sollte gleich wieder da sein.«

Ich saß mittlerweile auf meinem Sitz und schenkte mir eine große Tasse Kaffee ein, als ich draußen den Motor des Jeeps hören konnte. Kurz darauf stand mein Vater in der Tür und blieb abrupt stehen.

»Christa, gibst du mir bitte den Kalender?«

»Nicht mehr nötig. Ich hab schon ein rotes Kreuz gemacht.«

Schön, wenn sich die eigenen Eltern über einen lustig machten, so braucht man wirklich keine Feinde mehr. Nein, so schlimm war es nicht, und innerlich grinste ich ja auch in mich hinein. Aber diese gute Stimmung wollte ich ausnutzen.

»Ma, Paps, ich muss mit euch reden.«

»Was gibt es denn?«

»Setzt euch bitte.« Zwei skeptisch dreinblickende Augenpaare sahen mich an. Ich schluckte noch einen großen Klos runter und setzte dann an.

»Ich muss euch etwas wichtiges sagen. Das fällt mir alles andere als leicht... Also, ich mach es kurz, sonst bekomme ich es nie raus. Ich bin schwul.«

Schweigen. Plötzlich war es am ganzen Tisch ruhig. Mein Vater griff nach den Brötchen, während meine Mutter sich Kaffee nachschenkte. Irgendwie kam ich mir vor wie in einem falschen Film.

»Habt ihr mir eigentlich zugehört? Ich hab gesagt, dass ich schwul bin.«

»Das haben wir schon verstanden«, antwortete mir jetzt mein Vater. » Aber das wissen wir schon längst. Aber es ist schön, dass du uns noch immer vertraust.«

»Woher?« ich bekam einen hochroten Kopf.

»Ich glaube, das muss ich dann wohl erklären. Als du auf dem letzten Turnier warst, haben doch Klara (unsere Putzfrau) und ich deinen Bungalow sauber gemacht. Und ich habe auch auf deinem Wohnzimmerschrank gewischt. Und dann viel mir so ein Magazin in die Hand.« Ich hoffe nur, dass meine Mutter meinen noch roteren Kopf bemerkte und nicht genauer in die Details ging. »Und auch wenn ich nicht mehr so hip bin, so nennt ihr das doch, bin ich nicht auf den Kopf gefallen. Also habe ich eins und eins zusammengezählt und da war mir klar, was los ist.«

»Ganz richtig. Aber das ändert nichts daran, dass du unser Sohn bist, und wann immer es Probleme geben sollte, stehen wir hinter dir.«

»Danke, Paps. Und auch dir Mami, vor allem, dass du deinen Fund nicht genauer beschrieben hast.«

»Ach du meinst das Magazin mit den nackten Männern und so? Ich hab mir das etwas durchgeblättert, und da sind ein paar wirklich süße Kerle dabei. Wenn ich nochmal jung wäre, würd ich mir da glatt einen daraus bestellen.«

»Mama!«

»Ach Sohn, auch Eltern haben, so unwahrscheinlich das für euch Kinder ist, ein Sexleben. Und keine Angst, ich erzähle schon nicht mehr darüber. Aber wenn wir schon gerade beim Thema sind. Pass immer auf dich auf. Benutz Kondome, dafür gibt es die Dinger.« Ich nickte stumm. Kaum hatte sich das Blut wieder halbwegs aus meinem Kopf verabschiedet, schaffte es meine Mutter doch schon wieder mich rot werden zu lassen. »Und jetzt lass dich drücken.«

Erstmal folgte eine Umarmungsorgie, dann wurde ich noch darüber ausgequetscht, ob ich denn schon jemanden gefunden hätte, was ich verneinte, aber meinte, dass es jemanden gibt, den ich mir als zukünftigen Freund vorstellen konnte. Meine Mutter meinte noch, sie hätte da eine Vermutung, die sie aber, wie ich, auch nicht äußern wollte. Danach begann ich mit meinem Frühstück, natürlich Müsli mit Schokostückchen und Schokoladenmilch und dazu die obligatorische Tasse Kaffee – man ist ja erwachsen. Wir redeten noch etwas darüber, wie mein Zukünftiger denn aussehen sollte, bis ich meinte, dass wir das Thema wechseln sollten, da vermutlich gleich Dennis auftauchen würde. Und ich sollte recht behalten. Nachdem auch er gefrühstückt hatte, fuhren uns meine Eltern zum Stall.

Am Stall war es zu dieser frühen Stunde noch recht ruhig, war es doch gerade erst 9 Uhr. Außer uns und einem der Pferdepfelger, Hans, war niemand da. Wir machten uns auf den Weg in den Stall, während mein Vater den einen Transporter zur Stallung vorfuhr. Meine Mutter war nochmal nach Hause gefahren um ein paar Lebensmittel, Hundefutter und die Papiere zu holen. Sie würde dann später mit dem Jeep hinter uns her fahren. Den einen Transporter würde mein Vater fahren, den anderen Transporter einer der Pferdepfleger. Während wir im Stall dabei waren die ersten Pferde fertig für die Fahrt zu machen, kamen auch Tanja und Frank im Stall an. Die Pferde bekamen gepolsterte Gamaschen, die bis über das Knie reichten an die Füße und eines nach dem anderen wurde verladen. Als alle Pferde verstaut waren, ging ich nochmal mein Equipment durch, nur um sicher zu sein, dass ich nichts vergessen hatte. Gegen halb 11 packten Dennis und ich uns in den vorderen Transporter samt Hund und fuhren los, gefolgt von den Pferden von Tanja und Frank, die Hans transportierte. Hinter unserem »Zug« war meine Mutter mit dem Jeep.

Von der Fahrt bekam ich nicht mehr all zu viel mit, denn so bald wir auf der Autobahn waren, muss ich wohl eingeschlafen sein. Daher nutze ich Gelegenheit und stelle euch alle meine Pferde mal vor. Als erstes wäre da Sunny (Pinball's Sunshine), eine 7-jährige Sorrel Stute, die vor allem in der Reining Zuhause war, aber auch gut im Trail ging. Dann Woodie (A Wooden Pine's Jack), ein 6-jähriger Brown Wallach, vor allem ein Trail-Pferd, aber auch solide in der Western Riding und der Reining. Auch perfekt in Trail und Reining war Maid (Maidenly Pride), eine 5-jährige Palomino Stute, dich ich momentan noch selbst in der Westernriding fertig ausbildete. Sie hatte sehr gute Ansätze, war aber auf Grund ihres Alters noch nicht so perfekt, wie es sein sollte. Dann gab es noch Rosie (Rosebud's Lady), eine 8-jährige Chestnut Stute, die ein wirklich perfektes Westernriding Pferd war, aber auch sehr solide Leistungen in der Pleasure und dem Trail zeigte. Und zu guter letzt mein Küken Blue (A Blooming Smell of Blue), ein 4-jähriger Black Wallach, den ich erst diesen Winter aus Amerika geholt hatte. Er war ein wirklich super Pferd in der Pleasure, und auch in Hunter under Saddle war er schon richtig gut. Im Moment war ich dabei ihn an die ersten Sprünge für Hunter Hack heran zu führen, und diese Woche sollte seine Premiere im »Showbusiness« sein. Zudem habe ich selbst allen Pferden die Showmanship beigebracht, und in der Horsemanship konnte ich sie auch alle einsetzten.

Mittlerweile verließen wir die Autobahn und ich wurde sanft, aber mit Nachdruck von Dennis geweckt. Verschlafen schaute ich ihn an.

»So, genug geschnarcht, noch etwa eine viertel Stunde und wir sind da. Du willst doch halbwegs fit aussehen, wenn wir aussteigen.«

»Das schon, aber wenn hier einer schnarcht, dann bist du es. Oder warum glaubst du, dass ich heute morgen schon so früh auf war?«

»So schlimm? Also ich hab nichts gehört.« Meinte er und zeigte mir seine Zunge.

»Schlimmer!« Auch ich hatte eine schöne Zunge.

»Jungs benehmt euch. Oder soll ich mir wieder anhören, wie die anderen Eltern über euch meckern?«

»Ach, Torsten, hab dich nicht so. Wir sind doch immer artig.«

»Klar doch, genauso artig wie ein junger Hund.«

»Wuff!«

Mit diesen Worten erreichten wir dann auch das Turniergelände. Es war zwischenzeitlich 13 Uhr vorbei, da wir bei der Umfahrung von München recht lange im Stau waren. Als erstes gingen wir zur Meldestelle, um zu erfahren in welchem Stallzelt unsere Pferde untergebracht waren. Danach holten wir die Schubkarren aus dem Transporter und brachten das Sägemehl, das für alle Reiter zur Verfügung gestellt wurde, in die Boxen der Pferde. Wir hatten noch zwei weitere Boxen gemietet, eine für das nicht so teuer Equipment wie Putzzeug, die andere für das Futter, das wir mitgenommen hatten. Nachdem die Boxen so weit vorbereitet waren, luden wir die Pferde aus und brachten sie in die jeweiligen Boxen und natürlich sprang uns Sam ständig zwischen den Füßen herum. Als wir auch das Equipment verstaut hatten, ging ich als erstes den Zeitplan durch, der sich im Programmheft befand. Bei vier Starts war es relativ knapp, da ich auch einen Pferdewechsel vornehmen musste, und eventuell auch einen Kleiderwechsel. Ich klärte das als erstes mit der Meldestelle ab, die auch sofort tätig wurde und das bei der Startreihenfolge berüchsichtigen würde, so dass ich dort genug Zeit für die Wechsel hatte. Nachdem das alles geklärt war und wir einen Happen gegessen hatten, machten wir uns daran die Pferde mit den Anlagen vertraut zu machen. Was so viel heißt wie, Abreiten in der Turnier-Halle und in der Abreitehalle, die für die Reiter während der Starts da war um die Pferde auf den Start vorzubereiten. Leider waren die, für die Pferde unbekannten Hindernisse für den Trail nicht frei zugänglich, so dass wir sie den Pferden nicht zeigen konnten. Wo sich Sam herumtrieb war nicht wirklich auszumachen, aber vermutlich war er an irgendeinem der Essenstände und erbettelte sich etwas, ich konnte ihn ja nicht den ganzen Tag anketten oder so. Da ich solche Sachen schon gewohnt war, hatte ich wenig Futter eingepackt.

In der Zwischenzeit waren auch einige Freunde von uns mit ihren Pferden angekommen. Nach und nach ritten auch sie ihre Pferde ab. Ich wartete immer noch auf Maik, der 18 war, und seinen Bruder Sascha, der Ende des Jahres 17 werden würde. Als ich gerade dabei war Blue zu putzen, kamen die beiden mit ihren Pferden in das Stallzelt, in dem auch wir waren. Maik schob einen großen Schubkarren Sägemehl, während Sascha eine Mistgabel trug.

»Hey ihr zwei. Ich dachte schon, ihr kommt heute gar nicht mehr.«

»Na, als ob wir euch einfach so alleine lassen könnten. Aber die Autobahn von Passau hier her war total voll. Warum müssen auch die Pfingstferien in Norddeutschland eine Woche vor uns zu Ende gehen. Wir haben fast sechs Stunden gebraucht, normalerweise schaffen wir das mit Anhänger in der Hälfte.«

»Ach, reg dich nicht auf. Lasst euch lieber Drücken.« Wir hatten uns zwar erst vor vier Wochen gesehen, aber trotzdem freute ich mich riesig die beiden hier zu treffen. Nachdem ich die beiden umarmt hatte, machte ich mich wieder daran Blue fertig zum reiten zu machen. Ich war gerade mit satteln fertig, als Maik und Sascha ihre Pferde ausluden.

»Du Basti, wen sattelst du da eigentlich?«

»Sascha, darf ich vorstellen, das ist Blue. Mein neues Goldstück.«

»Das ist deiner? Wow! Also optisch ist der ja echt ein Prachtexemplar.«

»Dann schau ihn dir mal an, wie er läuft.«

»Mach ich glatt, aber erst mal verstauen wir die Pferde und das Equipment. Und danach werden auch wir unsere vier abreiten, und da werf ich dann mal nen Blick auf Blue.«

»Jo, dann sieht man sich später in der Halle.«

»Ach, wo ist eigentlich Dennis?«

»Der ist gerade dabei Rosie für mich trocken zu reiten.«

Ich führte Blue aus dem Stallzelt, stieg auf und ritt in de Halle. Unterwegs sah ich, dass auch Martina, die Zicke, angekommen war. Sichtlich genervt stieg sie aus ihrem Auto. Ich grinste mir einen und begann mit dem Abreiten.

Nachdem ich Blue wieder in seine Box zurück gebracht hatte, ging ich mit Dennis zusammen in unser »Reich« und wir aßen ein paar Wurstbrote. Nachdem wir mit unserer Nahrungsaufnahme fertig waren, bekamen auch die Pferde etwas zu fressen. Als wir alle acht versorgt hatten, mussten wir noch die Mähnen der Pferde flechten. Nicht im klassischen Stil, wie man es aus dem Englischreiten kennt, sondern dabei werden etwa einen halben bis einen Zentimeter breite Partien der Mähne mit farblich passenden Gummis abgeteilt. Ich war gerade bei meiner zweiten Mähne, als Maik und Sascha mit dem Abreiten fertig waren.

»Ach Basti, was ich dir sagen wollte: dein Blue ist echt ein geiles Pferd. Wie alt ist der denn?«

»Der ist vier.«

»Was? Und da ist der schon so cool auf seinem ersten Turnier?«

»Hat mich auch etwas verwundert, aber ich hab nichts dagegen. Aber was anderes. Habt ihr euren Wohnwagen nicht dabei?«

»Nein, nachdem einer unserer Jeeps letzte Woche den Geist aufgegeben hat, musste Ma unsere Klamotten mit ihrem kleinen Golf fahren.«

»Ach du scheiße. Und wo schlaft ihr jetzt?«

»In einem der Pferdeanhänger, immerhin ist es nicht mehr so kalt.«

»Täusch dich da mal nicht. Nachts ist es doch noch relativ frisch.«

»Stimmt schon, aber wir haben doch unsere guten Schlafsäcke dabei. Wir sind es ja von früher gewohnt.«

Die beiden hatten, bis sie letztes Jahr einen Wohnwagen bekamen, immer im Pferdeanhänger geschlafen. Und auch wenn sie in solchen Überlebensdingen gelernt waren, wollte ich ihnen das nicht zumuten. Es gab zwar immer Dusch-Container, so ähnlich wie die Dixie-Klos, aber das Wetter war noch nicht wirklich so angenehm um mehr oder weniger im Freien zu schlafen. Aber da fiel mir etwas ein.

»Wenn ihr wollt, könnt ihr in unseren zweiten Pferdetransporter.«

»Ist der nicht von Frank und Tanja belegt?« wollte Maik wissen.

»Eigentlich schon, aber Franks Cousine wohnt ungefähr 10 Autominuten vor hier und da übernachten die beiden bei ihr. Also steht der Anhänger frei. Und auch wenn dem nicht so wäre, hätten wir immer noch in meinem Transporter genügend Platz, da es ja noch das Notbett über der Fahrerkabine gibt.«

»Also wenn wir den haben könnten, wäre das echt großartig. So ist es auch mit dem Umziehen vor der Show und so viel einfacher.«

»Klar, ich mach hier nur die Mähnen fertig, dann könnt ihr euer Zeug dort einräumen.«

»Super. Vielen Dank.«

»Hey, ich lass doch nicht meine Freunde erfrieren, wenn der zweite Transporter praktisch leer steht. Ihr müsst euch nur etwas mit Frank und Tanja wegen dem Umziehen am Tag arrangieren.«

»Das sollte ja kein Problem sein. Dann lasst uns mal die Mähnen machen, damit wir dann auch bald mal ins Bett kommen. Immerhin ist es schon fast 10 und ich muss morgen gleich in der Früh mit Moddy ran.«

»Naja, ihr habt ja nur jeder zwei Pferde herzurichten. Ich fünf, also meckert nicht«, grinste ich die beiden an. »Aber da fällt mir was ein. Was ist eigentlich mit deinem neuen Sascha?«

»Dem geht es gut, aber der hat noch ne Woche Quarantäne (Pferde, die aus Amerika eingeflogen werden, müssen für ein paar Wochen in Quarantäne gehalten werden, bevor sie mit anderen Pferden in Kontakt kommen, um der Gefahr von Seuchen oder ähnlichem vorzubeugen) vor sich, bevor der den Stall verlassen darf. Aber beim nächsten Turnier wirst du ihn dann sehen.«

»Ich bin schon gespannt.«

Und mit weiterem Informationenaustausch machten wir uns alle an die diversen Mähnen.

»Mist, Maik, mir fällt grade ein, dass der zweite Anhänger ja noch gar keinen Strom hat. Kommst du mit zur Meldestelle?«

»Klar, immerhin geht es ja um unseren Strom«

Also ließen wie die beiden anderen alleine und klärten alles mit der Meldestelle ab, die nur die Kohle kassierte und uns ein Verbindungskabel gab. Mehr oder weniger wurde dort alles pauschal abgerechnet. Ein Tag Strom für den Transporter kostete so und so viel, eine Woche eine Box, dies, und ein Start jenes. Naja, so war es ja auch logistisch einfacher, als für jeden Stromabnehmer einen eigenen Stromzähler zu haben. Nachdem das Geld seinen Besitzer gewechselt hatte, gingen wir wieder zurück zu den Stallungen.

»... na, ich drück dir auf jeden Fall die Daumen«, hörte ich Sascha sagen.

»Hey, keine Verschwörungen hier gegen mich, nicht dass ich noch von meinem ehemaligen Pferd geschlagen werde...«

»Keine Sorge, wenn ich nicht mit am Start bin, dann darfst du gerne gewinnen.«

»Zu gnädig von dir. Ich muss dir wohl auf ewig dankbar sein.« Dennis streckte mir seine Zunge raus. »Und sowas nennt sich Freund.«

»Ach, dann hat wohl alles mit dem Umschreiben geklappt, wie ich sehe«, fragte Maik nach.

»Sicherlich. Du hättest mal das Gesicht von Dennis sehen sollen. Leider hatte ich meine Digicam vergessen.«

»Die beiden wussten etwa auch Bescheid.«

»Dennis, es wusste jeder Bescheid, außer dir.«

Mittlerweile waren wir wieder nebenbei mit den Mähnen beschäftigt.

»So, fertig. Jetzt noch einmal Wasser auffüllen, und dann können wir uns bettfertig machen.«

Nachdem wir den Pferden nochmal ihre Eimer mit frischem Wasser aufgefüllt hatten und Sam sich nach einigem Rufen auch wieder bei uns eingefunden hatte, schnappten wir uns alle etwas von Saschas und Maiks Sachen und brachten sie in unseren zweiten Trailer. Ich erklärte den beiden noch kurz etwas die Technik, dann verabschiedeten sich Dennis und ich.

»So, dann wäre das geklärt. Heute Nacht werdet ihr sowieso nicht mehr viel machen, und wenn ihr irgendwelche Probleme habt, dann nicht erst rumprobieren, sondern mich oder Dennis fragen. Die Technik ist recht empfindlich.«

»Schon klar, keine Angst, wir passen schon auf.«

»Also dann, ich wünsch euch ne gute Nacht, ihr braucht ja morgen früh keine Hilfe, oder?«

»Nein, es bin ja bloß ich mit Moddy dran, das schaffen wir zu zweit schon. Wir geben euren Pferden auch frisches Wasser.«

»Super, das ist Lieb. Dann verkrümeln wir uns mal.«

Nachdem wir uns alle gute Nacht gesagt hatten, gingen Dennis und ich in unseren Trailer. Nach dem abendlichen Waschritual gingen wir auch schon schlafen. Auch wenn wir nicht extrem früh aus den Federn mussten, waren wir doch recht müde. So ein Ankunftstag bei einem Turnier strengt doch ziemlich an und so kam es, dass ich, schon wenige Minuten nach dem ins Bett gehen, Dennis friedlich neben mir atmen hörte. Kurze Zeit später war auch ich eingeschlafen...

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