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Story einer Story

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Vorwort

Hallo mit O!

Die zweite schon und oweia… wieder keine Menschen. Ich glaube, ich bin auch nicht dazu geschaffen, über Menschen zu schreiben. Weil nämlich „Dinge“ viel einfacher sind.

Ein bisschen zum Inhalt: Ca. 90% dieser Story entsprechen in etwa der Realität, lediglich gab es nie eine Story Detlef… alles andere kann und kam sicher schon mal vor. So oder in ähnlicher Form ;).

Gleich vorneweg eine Entschuldigung an Nero, dass ich n bissi geklaut hab. Obwohl eigentlich nicht… hm. Egal!

So halt und drum und sowieso: WEIL!

 

Hi! Mein Name ist Detlef. Naja, eigentlich nicht. Eigentlich habe ich keinen Namen. Meine Hauptfigur heißt Detlef. Klingt komisch, aber ich bin eine Story, da darf ich Hauptfiguren haben. Tatsächlich habe ich sogar mehrere. Da wären der Tim, der Jens und der Andreas. Was ich will? Ich möchte euch meine Geschichte erzählen. Die Story einer Story sozusagen.

Aufgewachsen bin ich auf einem Laptop namens Shartok2. Anfangs bestand ich nur aus einer Idee meines Autors, später wurde mehr daraus, ich wuchs und wurde länger und länger. Bis er irgendwann „Ende“ unter mich schrieb. Und auch endlich eine Überschrift über mich. Die ist mir aber peinlich, die verrat ich euch nicht! Ich bestehe jetzt aus 73 Seiten und 31468 Wörtern. Klingt nach trockenen Fakten. Sind es auch.

Ich war voll ausgewachsen und ganz glücklich. Aber es war irgendwie langweilig, niemand las mich, niemand beachtete mich. Mein Autor dachte auch nicht im Entferntesten daran, diesen Umstand zu ändern. Nun ja, er hatte, denke ich, seine Gründe dafür. Wisst ihr, in mir geht es um Coming out und Homosexualität, erste Liebe und erster Sex, sicher kennt ihr das alle noch aus eurer Jugend. Naja, und wenn ich das richtig interpretiere, und darin bin ich als Literatur natürlich besonders gut, dann ist mein Autor ebenfalls schwul und obendrein noch ungeoutet. Dass er mich da niemandem zum Lesen gibt, kann ich vollauf verstehen.

Doch dann geschah etwas. Er verschob mich in ein anderes Programm, ich wurde durch mehrere sehr enge Leitungen gepresst, unglaublich oft überprüft und plötzlich befand ich mich in einem riesigen Wartesaal. Um mich herum saßen vielleicht 15 andere Stories, die mindestens genauso irritiert schauten wie ich. Leise fragten wir uns, was wohl passiert war, doch keiner hatte eine Idee.

Da öffnete sich eine große Tür und ein dicker Roman kam herein stolziert. Er stellte sich als Sven Jacobsen vor. Natürlich war das nicht sein Name… er war ein Roman! Seine Hauptfigur hieß so. Er stellte sich breitblättrig vor uns und begrüßte jeden von uns persönlich. Auch ein paar kleinen Textfitzelchen, die ich bis dahin nicht gesehen habe, schenkte er ein paar Seiten Aufmerksamkeit. Dann holte er tief Luft, um zu einem Monolog anzusetzen, dem wir staunend und mit offenen Deckblättern folgten:

„Liebe Stories! Noch einmal heiße ich euch herzlich willkommen. Ihr fragt euch sicher, wo ihr euch befindet. Ganz einfach: Dies ist eine Website. Sie nennt sich nickstories.de und ist eine große deutsche Internetpräsenz, die sich auf das Veröffentlichen von Stories und Gedichten von und mit homosexuellen Menschen spezialisiert hat. Ihr befindet euch im Moment in der Redaktion.“ Theatralisch ließ er seine vielen Seiten rauschen. Allgemeine Ohs und Ahs waren die unsere Reaktionen. Zufrieden fuhr er fort:

„Hier werdet ihr begutachtet von ein paar Redakteuren. Menschen wie eure Autoren. Sie lesen und bewerten euch, geben Kommentare ab und entscheiden schließlich über euren weiteren Werdegang. Je nachdem, wie sie sich entscheiden, werdet ihr auf der Website veröffentlicht oder nicht. Das liegt ganz an euren inneren Werten.“

Ein paar der Stories fingen an aufgeregt ihre Seiten zu ordnen und gingen sich nochmal genau durch. Aufgeregt tuschelten sie miteinander. Der große Roman wartete geduldig ab, bis sich alle wieder beruhigt hatten.

„Ihr braucht keine Angst zu haben, die Redakteure sind sehr liebe und hilfsbereite Menschen und wollen nur das Beste für euch. Es gibt vier mögliche Bewertungen. Die einfachste ist: Veröffentlichung. Ihr dürft dann direkt in die nächste Ebene und werdet dort für die Website aufbereitet. Wenn das passiert ist, werdet ihr noch kurz in eine kleine Warteschlange gestellt, dann seid ihr schon auf der obersten Ebene und jeder Mensch auf der ganzen Welt, der sich dafür interessiert, kann euch lesen.“

Einige Stories wurden grün im Gesicht und langsam verstand ich den Sinn der vielen Eimer, die in dem Saal verteilt waren. Das wären ja unglaublich viele Menschen. Wisst ihr, es ist nicht so, dass mir ebenfalls bei dem Gedanken schlecht wurde, aber wohl war mir dabei auch nicht gerade. Leise erhob ich meine Stimme: „Und die anderen drei?“

Der Roman lächelte mich an: „Die zweite Möglichkeit ist schon ein wenig komplizierter. Sie nennt sich ‚zur Korrektur‘ und damit werdet ihr auf eine kleine Reise geschickt. Die Macher der Website haben ein paar Teams gebildet. Eines davon ist das Korrektoren-Team. Ihr werdet von dem verantwortlichen Redaktionsleiter zu einem Mitglied des Teams geschickt und der wird dann ein wenig an eurer Rechtschreibung und Grammatik feilen.“

Ein Aufschrei ging durch die anwesenden Stories und ich sprach den Gedanken, den jeder hatte, laut aus: „Ich lasse mich doch nicht einfach von irgendjemandem verändern! Mein Autor hat sein Herz in mich ausgeschüttet und etliche Stunden an mir gesessen!“

„Keine Sorge“ sagte der Roman, „es werden lediglich Fehler ausgebessert. Fehlende Kommas, groß geschriebene Wörter, die eigentlich klein geschrieben werden, klein geschriebene Wörter, die eigentlich groß geschrieben werden, vergessene oder verdrehte Buchstaben und so weiter. Keiner, auch ich, ist ohne Fehler. Und die meisten Menschen lesen lieber möglichst fehlerfreie Stories.“ Langsam beruhigten wir uns wieder. Thomas, eine kleine Kurzgeschichte neben mir, erhob die Stimme: „Und was passiert, wenn der Korrokter fertig ist?“

Der Roman lachte. „Korrektor! Wenn der Korrektor fertig ist, schickt er euch wieder zurück und ihr dürft auf die nächste Ebene. Dort werdet ihr, wie die anderen Stories, aufbereitet und später veröffentlicht.“

Zustimmendes Gemurmel. Die Organisation ist gar nicht mal so schlecht, dachte ich mir und war gespannt, wie es weitergeht.

Der Roman konzentrierte sich nun ein wenig mehr und bat um Ruhe. „Die dritte Möglichkeit heißt ‚Überarbeiten‘. Wenn ihr diese Bewertung bekommt, dann haben die Redakteure entweder unheimlich viele Rechtschreibfehler entdeckt, deren Korrekturen größerer Eingriffe in euch erfordern würden, oder sie haben inhaltliche Fehler gefunden.“

Einer der Textschnipsel meldete sich: „Inhaltliche Fehler? Was ist das? Das hab ich noch nie gehört!“

Wieder lächelte der Roman gutmütig: „Bei dir ist das auch kein Wunder, mein kleines Gedicht, wenn du inhaltliche Fehler aufweist, dann muss schon einiges schief gelaufen sein. Aber in Stories kann das durchaus passieren. Namen werden zum Beispiel oft verwechselt. Kleine Details, die der Autor übersehen hat. Vielleicht erkläre ich es euch mal an einem Beispiel: Euer Hauptcharakter wohnt in einer Dachwohnung im dritten Stock. Wenig später kommt er mit ein paar Freunden von der Schule nachhause und zeigt ihnen das zweistöckige Haus von außen. Das wäre ein inhaltlicher Fehler.“ Alle nickten ihm zu und sahen ihn gespannt an. Was passiert mit einer Story, die einen inhaltlichen Fehler hat?

„Ein weiterer Grund für eine Überarbeitung gibt es noch. Wenn der Autor euch schnell geschrieben hat, weil er gerade einen Geistesblitz hatte, kann es mitunter passieren, dass er euch nicht ganz gerecht wird. Inhaltlich habt ihr dann einen wirklich tollen Handlungsverlauf, aber sprachlich müsst ihr zurückstecken. Die Redakteure sind dann fast traurig, weil ihr wesentlich besser sein könntet. Zum Glück passiert das aber sehr selten.

Wie werdet ihr dann behandelt? Seht ihr die vielen kleineren Türen in dem Raum? Das sind kleine Zimmer mit einem Bett zum Schlafen und auch sonst allem, was euer Herz begehrt. Wenn die Redakteure entscheiden, dass ihr überarbeitet werden müsst, bekommt ihr einen Schlüssel für eines dieser Zimmer. Der verantwortliche Redaktionsleiter schreibt eine Email an euren Autor, in der er die Gründe der Redakteure ausformuliert, Tipps gibt und Hilfen anbietet. Eine der Hilfen ist ein weiteres Team der Website. Es nennt sich Lektorenpool. Die Lektoren kontrollieren euch sehr genau auf euren Inhalt und schreiben kleine Anmerkungen und Ratschläge in euch hinein. Diese kann der Autor dann lesen, darüber nachdenken und vielleicht auch beherzigen. Er kann auch erklären, warum er etwas gerade so ausgedrückt hat, anstatt es so zu machen, wie der Lektor es ihm vorschlägt.

Dieses Zimmer habt ihr für etwa einen Monat. Wenn euer Autor bis dahin keine neue Version von euch eingeschickt hat, müsst ihr Platz machen für andere Stories. Je nachdem, wie sich euer Autor entscheidet, kann er euch dann jederzeit ganz normal wieder hierherschicken und ihr durchlauft die Prozedur von vorne. Wenn er in dem vorgegebenen Monat eine neue Version von euch geschickt hat, kommt ihr wieder hierher, auch dann fängt alles von vorne an.“

Einige Stories sahen skeptisch an sich runter und dachten über ihren Inhalt nach, während der Roman das eben Gesagte ein wenig sacken ließ. Dann verdunkelte sich seine Miene und leise setzte er seinen Vortrag fort.

„Es gibt noch eine letzte Möglichkeit. Es ist fast das Schlimmste, was euch hier passieren kann. Sie nennt sich ‚Ablehnen‘, und wenn das passiert, dann werdet ihr hier gelöscht. Das passiert sehr selten und auch nur als allerletzte Möglichkeit. Meistens sind es vulgäre Stories, in denen es mehr um Sex als um Handlung geht. Oder es sind rassistische Stories. Auch Stories, die absolut nicht zu der Website passen, werden abgelehnt. Euer Autor bekommt zwar vom Redaktionsleiter eine Mail mit den Gründen, die zu einer Ablehnung führten, aber ihr werdet einfach gelöscht. Es ist wirklich das Letzte, was ich einer Story wünsche.“

Ich musste schlucken. Detlef hatte doch auch bei mir seinen ersten Sex. Werde ich abgelehnt? Angst machte sich in mir breit. Da erhob der Roman mit seiner warmen Stimme wieder das Wort:

„Aber seid beruhigt. Abgelehnt werden nur sehr wenige Stories. Und euer Autor kann euch immer noch umschreiben, um den Ablehnungsgründen entgegenzuwirken.

Ich hoffe, ich habe euch nun nicht allzu viel Angst eingejagt, liebe Stories und Gedichte. Seid stolz auf euch und eure Autoren! Zeigt es den Redakteuren mit allem, was ihr habt, lasst nichts aus. Stellt euch der Herausforderung und werdet ein Teil der Website nickstories.de. Wir sehen uns wieder, wenn ihr veröffentlicht wurdet, ich erwarte euch auf der obersten Ebene.“ Er verbeugte sich und verschwand hinter der großen Tür. Noch lange dachte ich über seine Worte nach und hoffte, dass ich eines Tages veröffentlicht werde.

Tja. Und hier bin ich. Und erzähle euch meine Geschichte. Noch ein kleiner Tipp: Wenn ihr Fragen habt, mein Autor kennt sich ziemlich gut aus. Benutzt einfach das Feedbackformular unter mir und schickt ihm eure Fragen, ich bin mir sicher, er wird sie euch beantworten.

Ende.

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