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12 Jahre Uferlos

Teil 3 - Nackt unter Wölfen

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Nackt unter Wölfen

Dank der Medikamente, die mir der Arzt verschrieben hatte, ging es mir nach zwei Tagen schon wesentlich besser. Das Fieber war gesunken, also beschloss ich endlich das Bett zu verlassen und mir darüber Gedanken zu machen, wie es nun weitergehen sollte.

Inzwischen dürfte die halbe Schule von meiner Begegnung mit Markus wissen.

Ich konnte mich dort doch nicht mehr sehen lassen!

Die Worte von Marian echoten in meinem Kopf: „Wenn die wüssten, dass ich auf Jungs stehe, würden noch nicht mal mehr die Loser mich haben wollen.“

Sollte dies nun mein Schicksal sein? Sollte ich nun als kompletter Außenseiter mein Dasein fristen?

Nein!

Ich konnte und wollte das nicht akzeptieren.

Ich musste etwas tun! Aber was?

Plötzlich wusste ich genau, was ich zu tun hatte. Auf diese Weise würden alle meine Probleme verschwinden!

Völlig in Gedanken lief ich in meinem Zimmer auf und ab. Und auf einmal überkam mich das Verlangen nach einer Zigarette.

Dieses Verlangen zu stillen war nicht weiter schwer, denn meine Eltern waren beide Raucher, beide auf der Arbeit und hatten beide einen kleinen Vorrat an Rauchwerk angelegt.

Also stapfte ich die Stufen ins Erdgeschoss runter und nahm mir eine der Zigaretten meines Vaters. Genau genommen war er nicht mein richtiger Vater, sondern mein Stiefvater. Aber da er bei uns wohnte seitdem ich vier Jahre alt war, betrachtete ich ihn als meinen Vater. Meinen leiblichen Vater kannte ich nicht, ich wusste nur, dass er kein besonders netter Mensch sein sollte. Ein Betrüger und Blender, der ein unglaubliches Talent zu haben schien, Frauen zu bequatschen. Zum Glück, müsste man sagen, denn sonst wäre ich nicht auf dieser Welt.

Ich stand also in der Küche und zündete mir gerade die Zigarette an, als es plötzlich an der Tür klingelte.

Genervt drückte ich meine fast ungerauchte Kippe aus und ging zur Tür. Durch das Milchglas sah ich zwei Silhouetten, die ich niemandem zuordnen konnte, den ich kannte.

Nach kurzem Zögern öffnete ich und war wie vom Donner gerührt, als ich sah, wer dort stand.

Nico und Spike.

Ich kannte die beiden Gothics flüchtig aus dem Musikunterricht.

Beide waren sie etwas kleiner als ich und hatten beide kurze, schwarze Haare. Bei Spike jedoch waren sie sehr kurz.

Noch immer völlig überrascht von dem unerwarteten Besuch stand ich da mit weit geöffnetem Mund und starrte die Beiden stumm an. Ich war förmlich mit der Tür zu einem Stillleben verschmolzen.

„Hi, wir müssen mal mit dir reden“, ergriff Nico die Initiative. „Dürfen wir reinkommen?“

„Ähhh... sicher. Klar, kommt rein.“

Ich führte die Beiden in die Küche und bot ihnen einen Platz am Esstisch an. Dann setzte ich mich selber und versuchte erneut mein Glück mit einer der Zigaretten meines Vaters.

„Wir haben gehört, was dir passiert ist“, platzte es aus Spike raus. Er hatte eine recht hohe Stimme, aber irgendwie fand ich ihn niedlich.

„Aha, was hat man euch denn erzählt?“ Ich konnte einfach nicht still sitzen bleiben, also stand ich wieder auf und lehnte mich an einen der Küchenschränke.

„Dass du dazu gezwungen wurdest, diesen Arschlöchern, Markus und Marian, einen zu blasen“, sprach Spike weiter.

Ach, ich wurde also auch gezwungen, Marian einen zu blasen? So interessant ich diese Neuigkeit auch fand, fragte ich mich doch, wer das erzählt haben könnte.

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und cool zu bleiben.

„Gut, ich möchte ja nicht unhöflich erscheinen, aber was wollt ihr denn hier?“

Wie auf ein geheimes Stichwort standen beide auf, kamen auf mich zu und nahmen mich in den Arm.

In diesem Augenblick wusste ich nicht, was ich machen sollte. Ich war auf alles vorbereitet gewesen, aber nicht auf das!

Ich glaube, mir fiel die Zigarette aus der Hand, da ich völlig unfähig war, mich zu rühren.

„Wir werden dir helfen“, flüsterte Nico mir ins Ohr.

Mir helfen?

„Genau, wir sind für dich da“, hörte ich Spikes Flüstern an meinem anderen Ohr.

Wie kamen die Beiden dazu, mir irgendwie helfen zu wollen? Sie kannten mich doch kaum.

Und dann passierte es. Ich konnte es nicht mehr kontrollieren. Es brach einfach aus mir heraus.

Ich schlang meine Arme um die Beiden und weinte. Zum ersten Mal seit dieser Nacht fühlte ich mich nicht mehr tot und leer.

„Danke“, war das einzige, was ich rauspressen konnte.

Die Beiden nahmen mich noch fester in den Arm.

„Au.“

Sie meinten es nur gut und konnten es nicht wissen, deswegen erzählte ich ihnen, als sie mich schnell losließen, von der Prügel, die ich bezogen hatte. Und ich zeigte ihnen den Bluterguss, der noch immer deutlich sichtbar auf meinem Brustkorb thronte.

Wir gingen in mein Zimmer und ich erzählte alles, was passiert war.

Wie ich Marian kennen gelernt hatte, von unserer... ja was hatten wir denn? Beziehung? Nein, ich denke das war etwas anderes. Eine Affäre vielleicht?

Ich erzählte weiter von unseren heimlichen Treffen und schließlich von der Nacht, in der ich Bekanntschaft mit Markus' Schlägen und Tritten gemacht hatte. Und natürlich auch mit seinem... Ich muss heute noch würgen, wenn ich daran denke.

Ohne ein Wort zu sagen, saßen die beiden auf meinem Bett und hörten angestrengt und fassungslos zu.

„Und was hast du jetzt vor?“, stellte Nico schließlich die Frage, die wohl beiden auf der Zunge lag.

„Ganz einfach.“ Ich saß im Schneidersitz auf dem Fußboden und sah zu Boden.

„Ich werde Markus umbringen!“ Bei dem letzten Wort sah ich beide an und sah das Entsetzen in ihren Augen.

„Ach Quatsch!“, grinste ich. „Ich hätte zwar nicht übel Lust dazu, aber so etwas kann ich nicht.“

Wir brachen alle drei in schallendes Gelächter aus. Und Spike sagte: „Na, da bin ich aber beruhigt. Ich dachte schon, jemand erledigt das Arschloch vor mir.“

„Ja, aber ich wollte es wie einen Unfall...“

„PATRICK!“

Es war mein Vater, der mich rief. Ich hatte ihn gar nicht nach Hause kommen gehört.

„Ich bin gleich wieder da“, grinste ich noch immer, als ich aufstand und in die Küche eilte, von wo aus er mich gerufen hatte.

Nach wenigen Minuten kam ich mit einer geschwollenen Wange wieder zurück und bat die Beiden zu gehen.

Erst sahen sie mich erschrocken an und schienen wohl etwas sagen zu wollen, aber sie beließen es dann bei einem knappen Nicken und waren in Windeseile verschwunden.

Den Rest des Nachmittags verbrachte ich damit, die Fliesen, der Küche zu schrubben, denn die Zigarette, die ich hatte fallen lassen, hatte so ihre Spuren hinterlassen.

Tja, mein Leben in diesem Kaff wurde von Minute zu Minute besser. Jetzt hatte man mich auch noch beim Rauchen erwischt und mir eine geknallt.

Wenigstens hatte ich endlich Freunde gefunden.

Schade, ich war gar nicht mehr dazu gekommen sie zu fragen, wer ihnen von meinem Unglück erzählt hatte.

Aber egal, dazu würde ich bestimmt noch Gelegenheit haben. Also weiter mit der Arbeit unter den Peitschenschlägen und den wüsten Flüchen meines Aufsehers, der rein zufällig auch mein Vater, ähh Stiefvater, war.

Zwei Tage später, am Freitag, bekam ich erneut Besuch. Allerdings war es ein „Gast“, auf den ich sehr gerne verzichtet hätte. Es war Judith.

„Hi, wie geht es dir?“ Verlegen trat sie von einem Fuß auf den anderen.

„Was kann ich denn für dich tun?“, fragte ich genervt und ohne auf ihre Frage zu antworten.

„Ich wollte nur wissen wie es dir geht, weil...“

„Hi Patrick, kommen wir grad ungelegen?“

Gerettet!!

Nico und Spike... Ich mochte die Beiden immer mehr.

„Aber natürlich nicht, Judith wollte sowieso gerade gehen.“ Bei den letzten Worten sah ich sie direkt an und mein Blick musste ihr wohl sagen, dass es nun das Beste wäre zu gehen, oder sonst...

„Ähhh ja. Ich...“

„Wir sehen uns“, und an Nico und Spike gewandt: „Kommt rein, ich muss euch was echt Geniales erzählen!“

Die Beiden kamen rein und Judith drehte sich noch einmal um. Sie schien etwas zu sagen zu haben, aber ich hatte nicht die geringste Lust mir ihre geheuchelten Floskeln anzuhören, also knallte ich die Tür zu, noch bevor sie etwas sagen konnte.

„Was hast du denn mit der zu tun?“, fragte mich Spike, während Nico ihm aus seinem langen Ledermantel half.

In Kurzform erzählte ich den Beiden von meiner wunderbaren Bekanntschaft mit Judith und natürlich auch von unserem verbalem Duell, bei dem sie die Waffen wählen durfte und trotzdem unbewaffnet dastand. Besonders bei der Sache mit dem Eis konnten die Beiden sich kaum noch halten vor Lachen.

Als wir dann in meinem Zimmer waren, eröffneten mir die Beiden, weswegen sie gekommen waren.

„Wir haben uns überlegt, dich zu unserem Bruder zu machen“, nahm Nico das Gespräch auf.

Zuerst verstand ich nicht recht, was das denn nun zu bedeuten hatte, also antwortete ich mit einem spontanen: „Hä?“ Dies und mein fragender Blick waren wohl Anlass genug für die Beiden, die Karten offen auf den Tisch zu legen.

Spike holte eine Kette hervor. Der Anhänger war ein silberner Wolfskopf.

So weit so gut, aber ich verstand noch immer nicht.

„Wir haben dir doch gesagt, dass wir für dich da sein werden. Wie in einem Rudel werden wir zusammenhalten. Und dieser Wolfskopf soll das Zeichen für unseren Zusammenhalt sein.“

Nun begann ich langsam zu begreifen und musste dies natürlich auch gleich mit dem passenden Geräusch untermalen: „Ah, und jeder von uns soll jetzt so eine Kette tragen, richtig? Na, also ich bin dabei.“

„Das freut mich.“ Spike hatte den Kopf nun leicht gesenkt und sah zu Boden. Ich glaube mich erinnern zu können, ein leichtes Grinsen in seinem Gesicht gesehen zu haben. „Aber eigentlich hatte ich mir da etwas anderes überlegt...“

Nach einem kurzen Telefonat mit meiner Mutter, der Frage, ob ich heute bei einem Freund übernachten könne, und ihrer Zustimmung, standen wir zwei Stunden später bei Spike im Zimmer.

„Jetzt sag mir doch endlich, was du vorhast“, drängte ich ihn nun schon zum hundertsten Mal.

Die Sonne hatte nun langsam auch Feierabend gemacht und die Nacht brach allmählich herein.

„Zuerst...“, mit zwei schnellen Schritten stand er an seinem Bett und hob die Matratze hoch. Darunter kamen zwei Flaschen mit stark alkoholischem Inhalt zum Vorschein. „...Zuerst werden wir ein wenig feiern, oder habt ihr keine Lust?“ Und wieder war da dieses Grinsen. Es hatte eigentlich nichts Warmes oder Herzliches an sich. Es war eher kalt und irgendwie ließ es es einem kalt den Rücken runter laufen. Aber ich fand es unglaublich anziehend...

„Natürlich haben wir Lust, oder Patrick?“ Ich konnte Nico nur nickend zustimmen.

In den nächsten drei Stunden hörten wir laute Musik, unterhielten uns über Gott und die Welt und tranken beide Flaschen von dem sauren Zeug bis auf den letzten Tropfen aus.

Die Art und Weise wie Spike über andere Jungs sprach, ließ mich zu der Überzeugung kommen, dass er wohl auch auf Jungs stehen musste. Denn wenn er über jemanden sprach, den er nicht mochte, fiel sein Urteil wirklich sehr vernichtend aus. Wenn er aber jemanden mochte, dann schwärmte er in den höchsten Tönen von ihm. Und Mädchen waren tatsächlich kein fester Bestandteil unserer Unterhaltung.

Irgendwie fand ich Spike immer niedlicher.

„Sag mal“, platzte es irgendwann aus mir raus: „Wie heißt du eigentlich richtig, Spike?“

Plötzlich war es wie in einem Film, in dem jemand eine ganz blöde Frage stellt, und dann mit einem lauten Krächzen die Nadel von einer laufenden Schallplatte gerissen wird. Und alles ist ruhig. Alle sehen nur den armen Tropf an, der diese blöde Frage gestellt hat.

Lange und ungläubig sah Spike mich an. Er sah mir direkt in die Augen und schien sich in sie hinein bohren zu wollen. Und irgendwie fühlte es sich auch so an.

„Vergiss es. Is nich so wichtig“, brachte ich nervös raus.

Was sollte denn das nun wieder? Ich hatte ihn doch nicht nach der Geheimnummer seiner Kontokarte gefragt, oder etwas in der Art.

„Spike?“, brach Nico endlich das lange Schweigen der beiden Gothics. „Wollen wir dann langsam anfangen?“

Noch immer waren seine Augen damit beschäftigt in meinen Augenhöhlen nach Gold zu graben, als Spike antwortete: „Natürlich.“ Und dann war da wieder dieses Grinsen von dem ich noch heute eine Gänsehaut bekomme, wenn ich daran denke. „Bist du soweit?“

Nein war ich nicht!

„Klar.“

Ich hatte ja keine Ahnung, was nun passieren sollte.

„Und was machen wir jetzt?“

Ich musste ja unbedingt fragen.

Endlich ließen seine Augen von mir ab und Spike stand auf. Ohne ein Wort zu sagen stand auch Nico auf.

„Vertraust du uns?“, fragte Spike mich.

Konnte ich das denn?

Das letzte Mal, als ich jemanden vertraut hatte, ging es ja nun wirklich nicht gut für mich aus.

Auf der anderen Seite wollten sie mir helfen. Zumindest hatten sie das gesagt.

Ich traf eine Entscheidung.

„Ja.“

Ich stand nun ebenfalls.

„Gut“, grinste Spike. „Dann zieh dich aus.“

Na klar doch!

„Was?“

„Du sollst dich ausziehen. Vertrau uns, wir wollen dir wirklich nichts Böses.“

Ich weiß bis heute nicht warum, aber ich tat es. Auf einmal, vielleicht lag es auch an dem Alkohol, hatte ich keine Angst oder Scham mehr.

Auch Nico und Spike begannen nun damit sich zu entkleiden.

Als ich Nico nackt sah, war alles so, wie ich es erwartet hätte: zwei Arme, zwei Beine, ein Schwanz...

Aber bei Spike...

Na ja...

Zwei Arme, zwei Beine, kein Schwanz, dafür aber zwei Brüste...

Vor Überraschung klappte mir das Kinn runter.

Da stand ich nun, nackt, mit offenem Mund und einem nicht allzu cleveren Gesichtsausdruck. Es muss zum Schreien komisch ausgesehen haben.

„Mein richtiger Name ist Natalie.“

„Freut mich...“, war in diesem Moment alles, was ich zu sprechen in der Lage war.

Schmerz!

Ein starker, brennender Schmerz!

Es war grauenhaft!

Aber ich möchte der Geschichte nicht vorgreifen.

Spulen wir doch fünf Minuten zurück...

Nackt, betrunken und völlig vom Glauben abgefallen stand ich zusammen mit Nico und Spike, nein, Natalie, in seinem, ähh, ihrem Zimmer.

Außer in diversen Filmen hatte ich noch nie eine Frau nackt gesehen.

Mit der Neugierde eines Forschers betrachtete ich sie genau, natürlich nicht mit einer Lupe oder so, aber ich schaute sie mir ziemlich intensiv an. Natürlich wurde dies bemerkt...

„Du hast noch nie ein Mädchen nackt gesehen, oder?“

Komisch, nun passte auch ihre Stimme zu ihr.

„Doch klar... ähh nein.“

„Und?“

„Ja, ist toll.“

Ja, ist toll? Oh man, ich sollte wirklich mal alle dummen Bemerkungen meines Lebens aufschreiben und an Langenscheidt schicken.

Deutsch – Patrick, Patrick – Deutsch

„Was genau machen wir denn jetzt? Ich komme mir langsam etwas komisch vor“, wendete Nico das Gespräch in für mich angenehmere Bahnen.

Natalie nahm die Kette mit dem Wolfsanhänger vom Bett. „Hat von euch jemand ein Feuerzeug dabei?“

Ich kramte kurz in meinen Sachen und überreichte ihr dann schließlich eins.

„Durch dieses Symbol werden wir ewig miteinander verbunden sein.“

Sie zündete das Feuerzeug an und hielt die Flamme genau unter den Anhänger.

Oh, oh...

So langsam bekam ich eine Ahnung von dem, worauf ich mich da eingelassen hatte.

Nach einem Moment in dem niemand etwas sagte, drückte sie sich den erhitzten Anhänger auf die rechte Schulter.

Vor Schmerzen kniff sie die Augen zusammen, aber kein Schmerzenslaut kam über ihre Lippen.

Es dauerte ewig, zumindest für mich, bis sie endlich den Anhänger von ihrer Schulter nahm. Tatsächlich war dort nun sehr deutlich der Wolfskopf zu sehen.

Ich konnte es nicht fassen.

Sollte ich hier wirklich gebrandmarkt werden?

„Jetzt du.“

Zögernd ging Nico einen Schritt auf sie zu.

Erneut erhitzte Natalie den Anhänger und dann drückte sie Nico ebenfalls das heiße Metall auf die rechte Schulter.

Er kniff ob des Schmerzes zwar nicht die Augen zusammen, aber glücklich sah er dabei auch nicht aus. Während der gesamten Prozedur sah er mir direkt in die Augen und ich konnte nichts anderes tun, als entsetzt zurück zu blicken.

Gab es hier nicht vielleicht noch jemanden, der vor mir drankommen wollte? Ich hätte wirklich jeden vorgelassen, Freunde, Verwandte, Hunde, Katzen, einfach jeden!

Als Natalie den Anhänger von seiner Schulter nahm, geschah wieder etwas, womit ich nicht gerechnet hätte: Sie küsste ihn!

Sie gab ihm einen langen, leidenschaftlichen Zungenkuss.

Da Nico danach genauso verblüfft aussah wie ich, nahm ich an, dass die Beiden nicht zusammen waren.

„Jetzt fehlst nur noch du.“

Was? Wer? Ich?

„Na los. Hab keine Angst. Du spürst den Schmerz nur kurz, das verspreche ich dir.“

Ich hasste Schmerzen. Ich war sogar allergisch dagegen.

Rückblickend kann ich sagen, dass sie ihr Versprechen gehalten hatte, aber in dem Moment, in dem sie mir das heiße Metall auf die Haut meiner rechten Schulter drückte, schien der Schmerz nie vorbei gehen zu wollen.

Nach diesem kleinen Ausflug, ins Tal der Schmerzen wurde es jedoch noch skurriler.

Noch immer hatte ich die Augen geschlossen, als sie den Anhänger von meiner Schulter nahm, als ich plötzlich ihre Lippen auf meinen spürte.

Auch wir küssten uns sehr leidenschaftlich.

In diesem Moment vergaß ich alles, was gewesen war. Marian, Markus, Judith, diese schreckliche Nacht und die Ohrfeige meines Stiefvaters, alles war verschwunden. Aber mein Ziel würde ich nicht aus den Augen verlieren! Ich würde noch Rache nehmen an denen, die mich hatten leiden lassen!

Aber nicht jetzt.

Nicht heute.

„Und nun ihr beide.“

Unfähig irgendwelche Widerworte zu geben, taten Nico und ich wie von uns verlangt. Und so küssten auch wir uns.

Als Natalie sich dann auch noch zu uns gesellte und begann Nico und mich zu streicheln, während wir uns noch immer küssten, war mir endgültig klar, wohin das führen würde.

Sodom und Gomorra!

Ich war zu Hause...

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