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seine wahre Liebe finden - ein Märchen

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Informationen

 

Ein Ehepaar hatte einen Sohn. Als der in das heiratsfähige Alter kam, sagte sein Vater: "Junge, deine Mutter und ich haben dir ein nettes Mädchen gesucht, mit der du eine Familie gründen kannst. Wir möchten, dass du sie heiratest." "Vater, ich danke dir für deine Fürsorge", antwortete der Junge, "aber ich suche nach einer Frau, die ich liebe." "Gut, mein Junge, aber dann musst du selbst auf die Suche gehen. Packe dein Bündel und reise noch diese Woche ab." So nahm der Sohn Abschied von seinem Vater und seiner Mutter, die ihm zum Abschied noch ein Stück Holz gab: "Gib gut darauf acht.", sagte sie, "Es wird dir noch nutzen." Der Junge steckte es in die Tasche und ging los.

Nach einer Zeit kam er zu einem Teich und sah einen Fuchs, der eine Ente fortschleppte, die aber noch lebte. Der Junge griff in der Tasche nach dem Stück Holz und sah es in ein Messerchen verwandelt. Spontan schnitt er sich den linken kleinen Finger ab und lockt den Fuchs von der Ente fort. Daraufhin zog er seines Wegs, sah aber noch die Ente mit ihren drei Jungen davon schwimmen. In der Nacht hatte er einen Traum. Die Ente sagte: "Mein ältestes Kind hat ein Geschenk für dich." Das Entlein sagte: "Du hast einen Finger für das Leben meiner Mutter gegeben. Dafür danke ich dir. Ich schenke dir einen neuen Finger." Am nächsten Morgen lachte der Junge über den Traum, doch der Finger an seiner linken Hand war wieder da. Da wunderte und freute er sich und sprach seinen Dank in die Luft. In der nächsten Nacht hatte er einen Traum. Die Ente sagte zu ihm: "Mein zweitältestes Kind hat ein Geschenk für dich." Das Entlein sagte: "Du hast einen Finger für das Leben meiner Mutter gegeben. Dafür danke ich dir. Ich schenke dir drei Blatt Papier. Verwahre sie gut." Am Morgen lachte der Junge über den Traum, doch vor ihm lagen drei blütenweiße Blatt Papier. Der Junge rollte sie auf und sprach seinen Dank in die Luft. In der nächsten Nacht hatte er einen Traum. Die Ente sagte zu ihm: "Mein jüngstes Kind hat ein Geschenk für dich." Das Entlein sagte: "Du hast einen Finger für das Leben meiner Mutter gegeben. Dafür danke ich dir." Es zog seiner Mutter eine Feder aus und legte sie vor ihn hin. "Verwahre sie gut, sie wird dir noch nützen." Am Morgen lachte der Junge über den Traum, sah aber vor sich die Feder liegen, da sprach er seinen Dank in die Luft. In der nächsten Nacht hatte er einen Traum: Der Fuchs sagte zu ihm: "Du hast einen Finger für das Leben dieser Ente gegeben und mich mit deinem Blut gefüttert. Dafür danke ich dir. Wisse: mit der Feder auf die Blätter schreibst du Liebesgedichte, die nur von deiner wahren Liebe gelesen werden können. Für alle anderen ist die Schrift unsichtbar und das Blatt Papier ohne Wert. Merke es dir gut." Am Morgen sprach der Junge seinen Dank in die Luft.

Bald darauf kam er in ein Dorf. Dort traf er auf ein Schusterspaar, die hatten einen Sohn und eine Tochter, die war sehr schön. Er verliebte sich sogleich in sie. Er bat um Arbeit und wurde in die Familie aufgenommen. Weil er sich vor Sehnsucht nach dem Mädchen verzehrte, nahm er die Feder und das erste Blatt Papier. Als er aber das erste Wort schrieb, schrieb die Feder von selbst ein wunderbares Liebesgedicht, das den Jungen entzückte. Am Abend steckte er das gefaltete Blatt dem Mädchen zu, das es aber nicht weiter beachtete, denn sie sah keine Schrift. So ließ sie es irgendwo liegen und ihr Bruder las es mit Vergnügen. Weil nun das Mädchen keine Antwort gab, schrieb der Junge auch noch das zweite Blatt mit einem Liebesgedicht. Aber auch dieses verlor das Mädchen, und ihr Bruder las es glücklich. Nun belauerte der das Mädchen, woher sie so wunderbare Liebesgedichte bekäme und warum sie sie dermaßen verachten würde. Wie groß war sein Erstaunen, als er sah, dass der fremde Schustergeselle seiner Schwester eines Abends ein solches Blatt zusteckte.

Das Mädchen aber sagte zu sich: "Was soll ich mit diesem hässlichen leeren Blatt tun?", und legte es beiseite zum Ofen anzünden. Doch ihr Bruder nahm das Blatt und las es. Dann ging er zu dem fremden Gesellen und sagte: "Diese Liebesgedichte sind wunderschön. Aber wie kommt es, daß meine Schwester sie nicht beachtet? Darf ich sie behalten?" "Nein, denn sie waren für deine Schwester. Gib sie mir zurück."

In der Nacht verließ der Geselle die Schusterfamilie und nahm die Gedichte mit. Diese aber verblassten, sobald er das Dorf hinter sich gelassen hatte. Bald kam er an einen großen Wald, der gar wunderbar strahlte und leuchtete. Am Rande stand eine kleine Hütte, darin wohnte eine junge Frau. Der Mann fühlte sich gleich zu ihr hingezogen. Sie aber war eine Hexe. Nach einigen Tagen wollte er ihr mit der Entenfeder auf das weiße Papier ein Liebesgedicht schreiben. Aber weder wollte die Feder schreiben noch Worte auf dem Papier erscheinen. Auch ihm selbst fiel nichts ein. So sagte er zu ihr:

"Ich liebe dich. Möchtest du mich heiraten?" "Sehr gern", antwortete sie, "Bitte gehe in den Wald und jage uns einen jungen Hirsch zum Hochzeitsmahl." Der Mann ging in den Wald, doch in der Mitte erstarrte er. Ein hässlicher Gnom raunte ihm zu: "Du musst so lange hier bleiben, bis du deine wahre Liebe triffst."

Der Schusterjunge wurde inzwischen blass und lustlos, bis er von seinen Eltern Abschied nahm und den Gesellen suchen ging. Auch er kam zu dem Wald und der Hexe und alles spielte sich so ab wie zuvor. Im Wald endlich fand er den Mann. Der aber war völlig erstarrt und kein Wort des Schustersohnes konnte ihn erreichen. Zuletzt flüsterte der ihm das erste Liebesgedicht ins Ohr. Da leuchteten die Augen auf. Nach dem zweiten Gedicht regte sich der Mann, konnte aber nicht sprechen. Nach dem dritten und schönsten Gedicht nahm der Mann die Hände des Schustersohnes und sagte: "Du hast dein Leben für mich gegeben. Dafür danke ich dir." Und sie tauschten einen Kuss voller Liebe. Hand in Hand ließen sie den Wald hinter sich. Doch der erstrahlte plötzlich in hellem Licht, und alle Menschen, die darin gefangen waren, erwachten zum Leben und dankten dem Liebespaar für ihre Befreiung. Die Hexe aber war endlich befreit und verliebte sich wahrhaft in einen Gefangenen des Zauberwaldes. Die beiden Freunde aber gingen, in Liebe vereint, in die Welt hinaus.

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