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Marc und die Liebe

Teil 2 - Marc und Rene

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Informationen

 

„Hey Marc, wie schaut es aus, treffen wir uns und fahren zusammen zur Abschlussfeier, oder wirst du gebracht?”, fragte mich Mona.

Mein Blick war auf unser Nachbarhaus gerichtet, wo gerade Markus’ Schwester auszog. Es kamen so viele Erinnerungen hoch, dass ich Mona nicht hörte. Es war schon acht Monate her, dass Markus zu seiner Mutter nach Ostfriesland gezogen war, und es tat immer noch etwas weh, wenn ich an ihn dachte.

„Hallo, Erde an Marc!”

„Äh, ja, was hast du gesagt, Mona? Ich war gerade in Gedanken.”

„Das hab ich gemerkt. Ich wollte wissen, ob wir gemeinsam zur Abschlussfeier gehen, oder ob du gebracht wirst?”

„Ach so, ich wollte mit Silke hoch laufen. Meine Mutter ist doch nicht da. Treffen wir uns doch einfach um 18 Uhr an der Oberen Schlänke und gehen dann gemeinsam los.”

„Ok, machen wir so. Hat Herr Schneider noch was gesagt, ob er jetzt kommt?”

„Nee du, zu mir nicht. Aber ich denke, als Klassenlehrer wird er sich das doch wohl nicht entgehen lassen.”

„Ja, da hast du Recht. Ok, ich muss los, dann treffen wir uns morgen um 18 Uhr”, erwiderte Mona und machte sich auf den Weg.

„Ja, bis morgen!”, rief ich noch und stand dann wieder alleine vor dem Haus.

Morgen war es also soweit, wir hatten Abschlussfeier, und dann waren zehn Jahre Schule vorbei. Irgendwie ein komisches Gefühl. Na ja, ich werde am 01.08. eine Kochlehre anfangen. Da gibt es dann auch wieder viel zu lernen. Ich muss zur Schule nach Hagen. Die Stadt mag ich nicht besonders, aber was soll’s.

Ich überlegte, was ich jetzt noch mit dem angebrochenen Tag machen sollte. Meine Freunde hatten im Moment viel um die Ohren und wir sahen uns kaum. Daher beschloss ich, noch nach Hause zu gehen und etwas zu lesen.

Dabei muss ich dann irgendwann eingeschlafen sein.

Mein Wecker brachte mich dann wieder in die Realität zurück. Ich fuhr in die Schule, in der wir in der Turnhalle eine kleine Feier geplant hatten und wo einige von uns auch etwas aufführten.

Ich hatte mich mit Sven, Steve, Sandra und Violette zusammen getan, und gemeinsam hatten wir das Lied „Leben” von Pur aufgeführt. Playback versteht sich, ich wollte ja nicht, dass die Milch sauer wird. ;o)

Es lief alles super. Wir verabschiedeten uns von den Lehrern, die nicht zur Feier abends kommen wollten, und machten uns alle auf den Weg nach Hause.

Wie versprochen traf ich mich mit Mona und wir gingen gemeinsam zur Feier.

Diese war ein echter Erfolg. Wir hatten viel Spaß und es wurde viel gelacht und getanzt.

Gegen zwei Uhr machten wir uns auf den Weg nach Hause.

Die restliche Zeit, bis ich meine Lehre anfangen sollte, verging wie im Flug. Es passierte aber nichts groß Erwähnenswertes.


Mein erstes Lehrjahr verging so schnell wie es gekommen war, und so langsam näherte sich der Zeitpunkt, endlich mit dem Führerschein zu beginnen.

Ich meldete mich bei uns im Dorf in der Fahrschule an, wo ich damals auch schon meinen Mofa-Führerschein gemacht hatte. Herr Reider war ein sehr netter Fahrschullehrer und es machte echt Spaß bei ihm.

Ich stand schon kurz vor der theoretischen Prüfung, es brauchte nur noch zwei Theoriestunden.

Da ich ein sehr pünktlicher Mensch bin, war ich wie immer schon um zehn vor sechs an der Fahrschule. Der Unterricht begann immer um 18:15 Uhr.

Natürlich war ich der erste. Dann sah ich jemanden die Straße lang kommen und dachte mir so, hm, der sieht aber nett aus. Ich musste mich echt zusammenreißen, um ihn nicht die ganze Zeit anzustarren.

Erst dachte ich noch, er würde gleich die Straße überqueren, aber er kam direkt auf mich zu.

„Guten Abend, ich wollte zur Fahrschule Reider. Können Sie mir sagen, wann der Unterricht anfängt?”, sprach er mich auf einmal an.

„Guten Abend, da sind Sie hier richtig, der Unterricht fängt um 18:15 Uhr an. Wie ich sehe, bin ich wohl nicht der einzige, der gerne zu früh da ist“, sagte ich zu ihm und grinste ihn an.

„Ja, ich bin immer gerne etwas früher da. Ich bin Rene Braun”, erwiderte er und reichte mir die Hand.

„Marc Hochmann, ja, so geht es mir auch”, sagte ich und reichte ihm ebenfalls die Hand.

„Bist du schon lange hier?”, fragte er mich.

„Ja, schon seit Februar. Ich brauch nur noch zwei Theoriestunden, dann kann ich die Prüfung machen. Und du?”

„Ich bin normalerweise in Halver, aber ich brauche ebenfalls nur noch zwei Stunden, und da meinte Herr Reider, ich solle hier nach Brügge kommen, dann könnte ich die Prüfung nächste Woche mitmachen, wenn alles klappt.”

„Das ist ja klasse. Dann sehen wir uns ja Donnerstag noch mal und eventuell auch nächste Woche bei der Prüfung!”, sagte ich zu ihm.

„Genau. Wohnst du hier in Brügge?”

„Jepp, hinten in der Parkstraße. Du wohnst dann sicher in Halver?”

„Nee, nicht ganz, ich wohne oben in Ostendorf. Am Hohberg, um genau zu sein.”

„Ach nee, das kenn ich. Dort wohnt mein Großonkel.”

„Echt, das ist ja ein Zufall!”

Wir quatschten noch eine ganze Zeit, und so langsam trudelten die nächsten ein. Pünktlich um Viertel nach sechs begann der Unterricht. Rene hatte sich neben mich gesetzt. Als erstes wurden wie immer die Fragebögen ausgefüllt. Wenn ich diesmal wieder unter acht Fehler hätte, dann stünde der Prüfung fast nichts mehr im Weg.

Der Unterricht war ansonsten recht uninteressant: Da wieder einige neue da waren, wurde ein Thema durchgenommen, das wir schon hatten. Für uns war das eine kleine Auffrischung.

Ich musste immer wieder zu Rene rüberschauen und echt aufpassen, dass ich ihn dann nicht zu lange anstarrte. Komisch war nur: Jedes Mal, wenn ich hin schaute, schaute er gerade wieder weg. Zumindest kam es mir so vor.

Um 19:15 Uhr war dann der Unterricht aus und Herr Reider bat Rene und mich, noch kurz zu warten. Wir waren auch die einzigen, die ihre Fragebögen noch nicht wieder hatten.

„Herr Braun und Herr Hochmann, kommen Sie bitte mal eben nach vorne”, sprach Herr Reider uns an.

„So, hier, Ihre Fragebögen. Glückwunsch, Sie beide haben null Fehler! Ich denke, der theoretischen Prüfung am kommenden Dienstag steht nichts im Wege. Es sei denn, sie verhauen am Donnerstag den Fragebogen dermaßen…” Dies sagte er mit einem frechen Grinsen und zwinkerte uns zu.

„Das ist ja super. Dann können wir ja bald endlich mit der ersten Fahrstunde anfangen”, sagte ich zu Herrn Reider.

„Richtig, Herr Hochmann, sollten Sie die Prüfung am Dienstag bestehen, machen wir gleich den ersten Termin. Dasselbe gilt auch für Sie, Herr Braun”, erwiderte Herr Reider.

Wir nickten, verabschiedeten uns dann von Herrn Reider und verließen die Fahrschule.

„Gehst du schon nach Hause, oder wollen wir noch was trinken gehen?”, fragte mich Rene.

„Ich hab morgen Mittagsschicht, von daher können wir gerne noch was trinken gehen. Wo wollen wir denn hingen?”, antwortete ich ihm.

„Wir können doch da drüben hingehen!”, zeigte Rene auf die Kneipe, die Helmut, einem Bekannten meiner Mutter, gehörte.

„Ok, gehen wir zu Helmut, ich hoffe nur, dass meine Mutter nicht da ist.“

„Bist du da öfter?”, wollte Rene wissen.

„Nee, ich nicht, aber meine Mutter geht da ab und zu gerne hin, die hat dort auch ein Sparfach.”

„Na dann los”, sagte er, und wir machten uns auf den Weg.

Wir hatten Glück, meine Mutter war nicht da und es war auch sonst recht leer an dem Abend. Ich begrüßte Helmut und dessen Frau Uschi. Sie fragten kurz, wo ich war, und ich antwortete, dass ich in der Fahrschule gewesen sei.

Nach kurzem Smalltalk setzten Rene und ich uns dann in den hinteren Teil an einen Tisch und bestellten jeder ein Bier.

Wir redeten über alles Mögliche, und gegen 22 Uhr machten wir uns dann auf den Heimweg.

Er begleitete mich noch ein Stück und blieb dann an der Bushaltestelle Richtung Halver stehen. Dort tauschten wir noch schnell Adresse und Telefonnummern aus und ich machte mich auf den Weg nach Hause.

Den ganzen Weg über musste ich an Rene denken. Auf einmal schoss es durch mich wie ein Blitz. Nein Marc, du wirst dich doch nicht verliebt haben! Das wäre dann nach fast zwei Jahren das erste Mal, seit Markus mich verlassen hatte.

Ich grübelte noch den Rest des Weges weiter und wäre fast an meinem Haus vorbei gelaufen, so in Gedanken war ich.

Ich nahm mir vor, erstmal mehr über Rene zu erfahren, bevor ich mich in meine Gefühle zu weit hinein steigern würde.

Am nächsten Morgen wurde ich unsanft um zehn Uhr vom bösen Wecker geweckt. Ich machte mir erstmal Kaffee und ging Duschen.

Kaum war ich aus der Dusche raus und gerade trocken, als schon das Telefon klingelte. Oh man, dachte ich mir, wer stört mich denn am frühen Morgen?

„Marc Hochmann”, meldete ich mich.

„Guten Morgen Marc, Rene hier. Wollte mal hören, ob du gut geschlafen hast. Da du sagtest, dass du erst Mittagsschicht hättest, dachte ich mir, ich ruf dich mal kurz an.”

„Guten Morgen Rene. Das ist ja eine Überraschung! Danke, ich habe sehr gut geschlafen. Und selbst? Musst du denn nicht arbeiten?“, fragte ich ihn. Da fiel mir ein, dass ich ihn danach gestern gar nicht gefragt hatte.

„Danke, ich auch. Doch, aber auch erst mittags. Wie lange musst du denn heute? Vielleicht können wir uns heute Abend noch treffen?”

„Uh, das kann ich dir nicht sagen, je nachdem, was los ist – heute bin ich sicher nicht vor 22 Uhr zu Hause. Und morgen hab ich Frühschicht, weil ich abends ja in die Fahrschule muss. Wie lange musst du denn arbeiten?”

„Ich hab so gegen 20 Uhr Feierabend. Schade, aber morgen sehen wir uns ja.“

„Ja, das auf jeden Fall. Ich muss bis 15 Uhr arbeiten, und wir können uns ja gerne schon um 16:30 Uhr treffen.”

„Das wäre super! Ich muss auch bis 15 Uhr. Wo wollen wir uns denn treffen?”, wollte Rene direkt wissen.

„Du kannst ja gerne zu mir kommen und wir gehen dann später von hier aus zur Fahrschule.”

„Das ist eine prima Idee! Ok, ich bin dann morgen so gegen halb fünf bei dir. Wünsche dir noch einen schönen Tag!“

„Alles klar, bis morgen Rene, den wünsche ich dir auch!”, sagte ich noch und legte auf.

Im ersten Moment war ich echt sprachlos, als ich aufgelegt hatte. Wenn ich ja mit allem gerechnet hätte, aber nicht damit. Umso mehr freute ich mich auf morgen. Vielleicht hatte ich ja doch eine Chance bei Rene. Oh nein, an was dachte ich denn jetzt schon wieder.

Ich riss mich los, ging in die Küche und trank erstmal einen Kaffee. Dann war es auch schon an der Zeit, mich fertig zu machen, schließlich brauchte ich mit dem Bus gut eine halbe Stunde bis zur Arbeit.

Der Tag war recht gut und wir hatten gut zu tun. Gegen Abend bekamen wir noch eine kleine Gesellschaft von 15 Personen und es wurde doch etwas hektisch, aber alles in allem war der Tag wirklich gut. Ich hatte sogar etwas Trinkgeld bekommen. Die Kellner teilten sich das Trinkgeld immer mit uns Leuten aus der Küche. Das fand ich echt gut. Dies war nicht üblich, wie ich später erfahren habe, aber ich fand das echt klasse.

Am nächsten Morgen hätte ich fast verschlafen. Ich hatte den Wecker nicht gehört und wurde aber noch rechtzeitig wach. Heute stand also das Treffen mit Rene auf dem Programm. Dementsprechend nervös war ich auch. Das merkte mein Chef auch gleich und fragte, ob es mir nicht gut ginge und ob mich was bedrücke. Ich verneinte und sagte, es sei alles in Ordnung. War es ja auch, nur war ich halt etwas nervös.

Gegen Mittag wurde es so schlimm, dass ich nichts mehr auf die Reihe bekam. Meinem Chef platze der Kragen, als ich zum dritten Mal den Salat falsch angerichtet hatte.

„Jetzt reicht es aber Marc, reiß dich gefälligst zusammen, wir sind hier in der Küche und nirgendwo anders!“, schrie mich mein Chef an.

Wer die Küche kennt, weiß, dass dort ein recht rauer Ton herrschen kann. Eigentlich war mein Chef ganz umgänglich, aber wenn es ihm zuviel wurde, dann platze ihm auch mal der Kragen.

„Ja, ist ja gut. Deswegen brauchen Sie nicht gleich so zu brüllen”, schrie ich zurück. Das kannte mein Chef schon von mir, und deswegen verstanden wir uns auch recht gut. Weil ich mich nicht hab unterkriegen lassen vom ersten Tag an.

„Dann mach deine Arbeit gefälligst ordentlich. Und jetzt ein bissen dalli dalli, damit das Essen raus gehen kann”, schrie er.

„Jawohl Chef. Ist gleich fertig”, konterte ich. Damit war die Sache erledigt.

Um Viertel vor drei machte ich dann Feierabend, ich hatte für abends alles soweit vorbereitet und verabschiedete mich bis Sonntag, denn Freitag und Samstag hatte ich frei. Das kam recht selten vor, normal hatte ich zum und am Wochenende überhaupt nie frei.

Kurz vor vier war ich dann zu Hause und hüpfte schnell unter die Dusche. Ich war gerade fertig angezogen und hatte Kaffee aufgesetzt, als es an der Tür schellte. Ich schaute auf die Uhr: Es war erst 10 nach vier. Na, da ist ja einer überpünktlich, dachte ich mir.

Ich drückte auf den Türöffner, wartete an der Wohnungstür und rief runter, dass unsere Wohnung ganz oben sei. Leider war es nicht Rene, der die Treppe hochkam, sondern Micha.

„Hi Micha, was machst du den hier?”, fragte ich ganz erstaunt.

„Hi Marc, ich wollte auf ’nen Kaffee vorbeischauen. Hast du Zeit?”

„Eher weniger, ich erwarte Besuch. Ist was vorgefallen oder hattest du nur Sehnsucht nach mir?”, erwiderte ich und grinste frech.

„Ich hatte nur Sehnsucht und wollte mal hören, was es Neues gibt. Dann will ich auch nicht stören.”

„Morgen hab ich frei, komm doch zum Frühstück vorbei, dann können wir in Ruhe plaudern. Du hast doch noch Urlaub, oder?”, kam ich ihm entgegen.

„Ja, hab ich. Ok, wann soll ich da sein? Brötchen?”

„Sagen wir zehn Uhr? Ich hätte gerne zwei Mohnbrötchen.”

„Alles klar, bis morgen. Tschau Marc!”

„Bis morgen Micha.”

Ich schloss die Tür und deckte schon mal zwei Tassen ein. Ein kurzer Blick auf die Uhr verriet, dass es 20 nach vier war. Na, da müsste es ja jeden Moment schellen, dachte ich mir so – kaum hatte ich es gedacht, schellte es auch schon an der Tür.

Ich drückte wieder auf den Türöffner, öffnete die Wohnungstür und rief wieder herunter, dass ich ganz oben sei.

Und wieder kam Micha die Treppe hoch.

„Sag mal, willst du mich ärgern?”, grinste ich ihn an.

„Sorry, ich hatte vergessen zu fragen, ob du heute Fahrschule hast und wenn ja, ob du danach schon was vorhast?”

„Jepp, heute hab ich wahrscheinlich das letzte Mal Fahrschule, na ja zumindest Theorie. Wenn alles gut geht, hab ich Dienstag Prüfung. Kann ich dir noch nicht sagen. Eventuell geh ich noch was trinken mit einem Freund aus der Fahrschule, der auch Dienstag Prüfung hat.”

„Ach so, alles klar, dann sehen wir uns morgen früh”, sagte er, drehte sich um und düste die Treppe runter.

„Jo, bis morgen früh, und vergiss die Brötchen nicht!”, rief ich ihm noch hinterher.

Ich ging wieder in die Küche und schaute auf die Uhr. Hm, es war mittlerweile schon nach halb fünf. Wo bleibt denn Rene?

Kaum gedacht, schellte es schon wieder.

Wenn das jetzt wieder Micha ist, krieg ich aber ’nen Anfall.

Also das Ganze noch mal: Türöffner drücken, Tür aufmachen, runter rufen. Doch diesmal rief ich zusätzlich: „Micha, wenn du das jetzt wieder bist, schmeiße ich dir den nassen Spüllappen entgegen.”

Doch diesmal war es nicht Micha, sondern Rene, der mich etwas merkwürdig anschaute.

Ich musste bei dem Gesichtsausdruck herzhaft lachen.

„Hi, was gibt es denn da zu lachen?”, begrüßte mich Rene.

„Hallo Rene, sorry, aber mein bester Freund war gerade zwei Mal da, und jedes Mal dachte ich, dass du das bist. Lachen musste ich, weil du mich so komisch angesehen hast. Hattest du jetzt schon mit dem Spüllappen gerechnet?”

Da musste auch er erstmal lachen. Ich bat ihn rein, wir gingen in die Küche und ich goss uns erstmal Kaffee ein.

„Na ja, nicht wirklich, da ich ja nicht Micha heiße”, antwortete Rene und grinste mich an.

„Und, schon gespannt, was heute passiert?”, fragte er mich, nachdem wir den ersten Schluck Kaffee getrunken hatten.

„Klar, ich hoffe, dass es wieder so gut läuft und wir Dienstag die Prüfung machen können. Ich möchte endlich Auto fahren.”

„Ja, das glaube ich dir. Ich auch. Sag mal, wollen wir vor der Prüfung noch mal einen Abend zusammen lernen?”

„Gerne Rene, das können wir machen. Ich muss zwar Sonntag und Montag arbeiten, aber ich hab Frühschicht. Dienstag hab ich frei und Donnerstag auch.”

„Wie, du hast erst Dienstag wieder frei? Ich hab nämlich morgen und Samstag frei und dachte, wir könnten zusammen was unternehmen.”

„Bist du wahnsinnig? Ich bin in der Ausbildung und werde einen Teufel tun und durcharbeiten. Nee, ich hab morgen und Samstag auch frei. Wir können gerne was machen! Schlag mal was vor! Morgen kann ich aber allerdings erst ab Mittag. Micha und ich wollen morgen frühstücken und ich glaube, der hat was auf dem Herzen.”

„Hm, da werde ich mir mal was einfallen lassen. Soll ich morgen dann vorher noch mal anrufen, oder sollen wir gleich eine Uhrzeit ausmachen?“, wollte Rene wissen.

„Nee, wir brauchen vorher nicht noch mal zu telefonieren. Komm doch einfach so gegen 14 Uhr vorbei. Bis dahin bin ich sicher mit allem fertig.”

„Alles klar, dann machen wir das so. Sag mal, wohnst du eigentlich alleine hier?”

„Nee, ich wohne mit meiner Mutter hier, die ist aber arbeiten. Sie hat ein Friseurgeschäft in Oberbrügge. Früher war das hier im Haus. Den Friseur unten hast du doch sicher gesehen, da war meine Mutter vorher drin. Aber als der Mietvertrag ausgelaufen ist, wollten die den nicht mehr verlängern, weil der Enkel da rein wollte. So hat meine Mutter sich nach etwas anderem umsehen müssen und hatte einen in Düsseldorf in Aussicht und dann den in Oberbrügge. Da sie mich aber nicht aus meinem Umfeld reißen wollte, hat sie den in Oberbrügge genommen.”

„Na, was ein Glück für mich, sonst hätte ich dich nie kennen gelernt!”, grinste Rene mich an.

„Na, ob das ein Glück ist, wird sich noch zeigen”, grinste ich zurück.

Wir lachten uns beide an und ich merkte, dass Rene rot wurde. Er merkte es wohl auch und drehte sich gleich weg. Aus Verlegenheit nahm er erstmal einen Schluck Kaffee.

Ich steckte mir eine Zigarette an und wir plauderten noch eine ganze Zeit.

Man konnte sich echt super mit Rene unterhalten. Er war witzig und auch total gebildet. Rene arbeitete bei seinem Vater in der Firma und machte gerade eine Ausbildung zum Bürokaufmann.

Da er der Sohn des Chefs war, hatte er natürlich ein paar Vorteile. Sein Vater wollte, dass er später mal die Firma übernahm und war froh, dass sich Rene dann doch für den Bürokaufmann entschieden hatte. Somit unterstützte er ihn, wo er nur konnte.

Mittlerweile war es halb sechs und wir machten uns so langsam auf den Weg zur Fahrschule.

Wie sollte es anders sein, wir machten beide wieder null Fehler in unseren Fragebögen und würden am Dienstag die theoretische Prüfung machen.

Anschließend gingen wir noch kurz zu Helmut und tranken noch ein Bier.

Da ich früh ins Bett wollte, verabschiedete ich mich zeitig von Rene und machte mich auf den Heimweg.

Ich lag noch im Bett, als es wie doof an der Tür schellte. Langsam wurde ich wach und fragte mich, welch ein Arsch mich so früh aus dem Bett holen wollte.

Da das Schellen nicht aufhörte, quälte ich mich aus dem Bett und ging recht sauer zur Tür. Micha stand schon vor der Wohnungstür und schaute mich fragend an, als ich die Tür öffnete und im Halbschlaf brüllte: „Kann man denn an seinem freien Tag noch nicht mal ausschlafen?“

„Guten Morgen Marc, danke der Nachfrage, ich habe gut geschlafen. Ist wohl doch später geworden bei dir gestern, was? Es ist schon 20 nach zehn, und ich versuche dich schon seit 20 Minuten wach zu bekommen.“

Erst da begriff ich, was Micha meinte: Ich hatte verschlafen.

„Sorry Micha, ich hab wohl vergessen, den Wecker zu stellen. Nee, war nicht spät gestern, ich war schon um kurz nach neun zu Hause und recht früh im Bett. Komm rein und setz doch bitte schon mal Kaffee auf. Ich geh nur schnell in Bad.”

Gesagt, getan, Micha ging in die Küche und machte Kaffee und deckte den Tisch. Ich verschwand im Bad und duschte schnell. Als ich aus dem Bad kam, roch es schon nach Kaffee.

„So, jetzt einen Schluck Kaffee und dann bin ich ganz Ohr”, sagte ich zu Micha.

„Hä, wie meinst du das denn?”, schaute er mich fragend an.

„Na, du hast doch was auf dem Herzen, oder? Das hab ich dir gestern schon angesehen. Na, dann mal raus mit der Sprache.”

„Du kennst mich einfach zu gut”, grinste Micha.

Ich grinste zurück. Ja, das kann man so sagen, ich kannte Micha jetzt über vier Jahre und wir waren seitdem die besten Freunde. Nur den Mut, ihm zu erzählen, dass ich schwul bin, hatte ich noch nicht. Mal sehen, was er auf dem Herzen hatte, vielleicht würde ich ja diesmal meinen Mut finden. Ich hatte mir schon so lange vorgenommen, mit ihm mal zu sprechen.

„So, dann schieß mal los”, bat ich ihn.

„Es geht um Manu. Es läuft einfach nicht mehr so gut zwischen uns. Wir sind jetzt seit fast vier Jahren zusammen, und in letzter Zeit streiten wir uns fast nur noch. Ja, ich weiß, das haben wir früher auch schon gemacht, aber nicht so wie in der letzten Zeit. Ich weiß auch nicht mehr, ob ich sie noch so wirklich liebe. Sex hatten wir auch schon seit Monaten nicht mehr. Ich vermute auch, dass sie einen anderen hat. Ach Marc, ich weiß einfach nicht mehr weiter, hast du keinen Rat für mich?”

„Puh Micha, also ich bin nicht gerade der Experte auf dem Gebiet. Dennoch, wenn du dir sicher bist, dass deine Gefühle für sie nicht mehr so stark sind, dann würde ich ihr das sagen und mich von ihr trennen. Und wenn sie wirklich schon jemand anderen hat, wird ihr das sicher gerade recht kommen.”

„Das ist leichter gesagt als getan. Ich find einfach nicht den Mut.”

„Wie ich das kenne”, platze es plötzlich aus mir raus.

Shit, was hatte ich denn da gesagt? Das war mir einfach so rausgerutscht. Micha schaute mich ganz fragend an. Was sollte ich denn jetzt bloß sagen, wenn er mich fragen würde? Shit, Shit, Shit.

„Was meinst du? Warum kennst du das? Gibt es da etwas, was du mir erzählen möchtest?”

Mist, ich wusste, dass so etwas kommt. Was tun? Er hatte doch selber gerade Probleme, da wollte ich ihn nicht auch noch mit meinen belasten. Was, wenn er es nicht verstehen und sich von mir abwenden würde? Oh man, war das jetzt eine Scheiße. Was sollte ich denn jetzt nur machen?

„Hallo Marc, ich hab dich was gefragt!”, kam es von Micha.

„Ja, weißt du, es gibt da tatsächlich etwas, worüber ich mit dir schon länger reden wollte, aber eben auch nicht den Mut hatte. Aber ich finde, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Du hast selber gerade Sorgen, und da will ich dich nicht noch mit meinen Problemen belasten.”

„Sag mal, geht’s noch oder was? Wozu sind wir denn Freunde? Du hörst dir doch meine Sorgen auch an, obwohl du selbst welche hast. Los jetzt, spring über deinen Schatten und erzähl!”

Ich schaute ihn an und sah an seinem Blick, dass er es ernst meinte und ich wohl keine Chance hatte, da jetzt wieder heil raus zu kommen. Es sei denn, ich würde mir ganz schnell eine Geschichte ausdenken. Aber dann würde ich ihn ja absichtlich anlügen, und das wollte ich nicht. Ich war schon wieder so in Gedanken versunken, dass Micha auf einmal etwas lauter wurde.

„Hey Marc, hallo, hörst du mich? Los, erzähl, was bedrückt dich?”

„Ok, du hast es so gewollt. Aber eins will ich dir vorweg noch sagen, du warst und bist und wirst immer mein bester Freund bleiben, egal, wie das gleich hier ausgehen wird!”

„Sag mal, spinnst du jetzt völlig? Ähm, Moment mal – du willst mir doch jetzt nicht sagen, dass du Manus neuer bist?”, schaute er mich böse an.

„Nein, nein, keine Sorge, das bin ich nicht und werde ich auch nie sein. Da kann ich dich beruhigen, und so was würde ich auch nie tun. Es ist etwas ganz anderes.”

„Na, da bin ich ja beruhigt. Also, wenn es das nicht ist, dann kann es ja nichts Schlimmeres geben, dass du dir so einen Kopf machst. Los nun, raus mit der Sprache.”

„Wie fange ich am besten an? Willst du noch einen Kaffee? Ich denke, den wirst du gleich brauchen, oder noch besser ’nen Schnaps?“

„Marc, jetzt mach es nicht so spannend. So schlimm wird es schon nicht sein.”

Er hatte leicht reden. Er war ja auch nicht schwul und verheimlichte das seinem besten Freund seit vier Jahren. Also gut, jetzt oder nie. Da muss ich jetzt durch.

„Ok, pass auf, aber unterbrich mich nicht und lass mich bitte ausreden. Fragen kannst du hinterher stellen, wenn ich fertig bin, aber vorher musst du einfach nur zuhören. Und bitte, auch wenn es dir nicht passt, lauf bitte nicht gleich weg. Warte, bis ich zu Ende gesprochen habe. Abgemacht?”, fragte ich Micha.

„Also, du machst es ja spannend. Ok, versprochen, ich werde dich nicht unterbrechen und werde auch nicht weglaufen, warum auch immer ich das tun sollte. So, nun halte ich die Klappe.”

„Also gut, dann pass jetzt gut auf. Wie dir sicher aufgefallen ist, hatte ich in den vier Jahren, in denen wir uns kennen, nicht eine Freundin. Micha, lass mich ausreden!”

Dieser machte nämlich gerade Anstalten etwas zu sagen. Aber er hielt dann doch den Mund und nickte nur.

„Danke. Also wo war ich? Ach ja. Keine Freundin in den letzten vier Jahren. Dennoch hatte ich mich verliebt. Und das nicht nur einmal. Und jetzt kommt sicher der Schock für dich. Aber du hast mir ja versprochen nicht wegzulaufen und mich zu Ende erzählen zu lassen.”

Das musste ich jetzt noch einmal einwerfen. Ich merkte nämlich, dass Micha so langsam unruhig wurde. Ihm fiel das nämlich in der Regel echt schwer, so lange den Mund zu halten. *grins*

„Der erste, in den ich mich verliebt hatte, warst du! Ja genau, du hast richtig gehört. Ich hatte mich in dich verliebt, und was das heißt, weißt du. Ich bin schwul. So, jetzt ist es raus. Aber ich hab dann recht schnell gemerkt, dass ich bei dir keine Chance habe und so weh es auch tat, ich hab mich damit abgefunden und bin schließlich drüber weggekommen.

Ja, und dann zog Markus damals hierher. Ich hatte mich sofort in ihn verliebt und er sich auch in mich. Kannst du dich noch erinnern, als er damals nichts mehr mit mir zu tun haben wollte?“

Micha nickte und schaute mich mit großen Augen an. Na ja, bis jetzt lief es ganz gut. Er war noch nicht zur Tür hinaus gelaufen. Also erzählte ich weiter.

„Damals hatte er mir gesagt, dass er wohl das Gefühl hätte, ich würde etwas gegen Schwule haben. Da wusste er noch nicht, dass ich schwul bin. Wir hatten im TV zwei Männer gesehen, die sich geküsst hatten, und weil ich nicht wollte, dass er etwas merkt, hab ich so getan, als würde mich das kalt lassen.

Daraus hat er den Schluss gezogen, dass ich wohl etwas gegen Schwule hätte. Na ja, dann kam das mit dem Brief, und nach einer Woche saß er dann bei mir vor der Wohnungstür. Den Rest kennst du nur in einer abgewandelten Version. An dem Abend sind Markus und ich zusammengekommen. Er hatte sich auch in mich verliebt. Es waren die schönsten Wochen meines Lebens. Doch als er dann zu seiner Mutter nach Ostfriesland gezogen ist, brach für mich eine Welt zusammen. Ihr alle dachtet, ich wäre nur traurig, weil ich einen guten Freund verloren hätte, aber ich hatte meine erste große Liebe verloren.

Ja, und jetzt bin ich wieder verliebt. Am Dienstag hab ich Rene kennen gelernt. Er wohnt oben in Ostendorf und wir trafen uns in der Fahrschule. Wie es mit ihm und mir weiter geht, kann ich noch nicht sagen. Aber jetzt kennst du auch mein letztes Geheimnis. Ich hoffe, du kannst damit leben und verachtest mich jetzt nicht. Es tut mir auch total Leid, dass ich nicht eher den Mut hatte, es dir zu erzählen. Aber so leicht, wie es sich anhört, ist es echt nicht. So, jetzt kannst du entweder gehen oder mit mir reden.”

Ich hatte Tränen in den Augen, weil die ganze Geschichte mit Markus noch mal hochkam und auch, weil ich Angst hatte, jetzt meinen besten Freund verloren zu haben.

Wir saßen noch mindestens fünf Minuten schweigend am Tisch, bis Micha auf einmal aufstand. Ich dachte in dem Moment echt, Scheiße, jetzt hab ich auch noch Micha verloren.

Doch was dann geschah, damit hätte ich nie gerechnet. Micha kam auf mich zu und nahm mich ohne ein Wort zu sagen in den Arm. In dem Moment war es um mich geschehen und ich heulte los. Ich konnte es einfach nicht verhindern.

„Schhh, nicht weinen Marc, alles wird gut”, sagte Micha in einem ganz lieben Ton.

Er nahm meinen Kopf und zog mich hoch. Ich musste ihm in die Augen schauen. Was er dann sagte, brachte mich erneut aus der Fassung.

„Marc, du wirst immer mein bester Freund bleiben, egal, ob du schwul oder hetero oder sonst etwas bist. Ich hab dich ganz doll lieb, und das wird sich nie ändern. Wir haben schon soviel durchgemacht, da wird uns so was doch nicht auseinander bringen können.”

Ich konnte es nicht verhindern und heulte wieder los. Er nahm mich wieder in den Arm, und so standen wir noch etwa zehn Minuten, bis ich mich wieder etwas beruhigt hatte. Wir setzten uns an den Tisch und ich schaute Micha an.

„Danke Micha, das war das Schönste, was du hättest sagen können. Ich hab dich auch lieb. Danke. Ich bin so froh, dich als Freund zu haben.”

Danach fragte er mich über alles Mögliche aus. Ob ich schon mal Sex hatte und, ob es neben Markus noch jemanden gegeben hat. Ich erzählte ihm von Sven, das wir schon früh angefangen hatten. Er konnte das kaum glauben, es war aber echt die Wahrheit. Dann fragte er mich über Rene aus.

Da konnte ich ihm nicht viel zu sagen. Schließlich kannte ich Rene ja erst drei Tage.

Plötzlich schaute ich auf die Uhr und es war schon nach 13 Uhr.

„Oh Mist, so spät ist es schon, und ich muss noch etwas Ordnung schaffen! Um 14 Uhr wollte Rene kommen”, wurde ich langsam hektisch.

„Soll ich dir noch schnell helfen, bevor ich verschwinde?”, wollte Micha wissen.

„Oh, das wäre superlieb von dir. Ach Micha, eins noch. Das bleibt doch erstmal unter uns, oder?”

Er schaute mich fragend an.

„Na, du weißt schon, dass ich schwul bin. Ich will nicht, dass es gleich die ganze Straße weiß. Erst mal werd ich wohl mit meiner Mutter sprechen müssen. Jetzt, wo ich den ersten Schritt gemacht habe, wird es hoffentlich leichter.”

„Klar, du kannst dich auf mich verlassen”, versprach er mir.

Dann machten wir uns ans aufräumen. Micha spülte und ich schwang den Staubsauger. Gegen halb zwei waren wir dann fertig und Micha verabschiedete sich von mir. Ich wollte noch mal schnell unter die Dusche, und das tat ich dann auch. Kurz vor zwei war ich dann fix und fertig, als es auch schon an der Tür schellte.

Ich ging zur Wohnungstür, machte sie auf und drückte den Türöffner. Da es ja nur Rene sein konnte, ließ ich die Tür auf, ging in die Küche und setzte noch mal einen Kaffee auf. Ich musste jetzt unbedingt noch mal Koffein haben. Gerade, als ich Wasser in die Kaffeemaschine füllte, rief jemand von der Tür: „Hallo, jemand zu Hause?”

„Ja, hier in der Küche Rene, komm doch rein!”, rief ich in dem Glauben, dass es Rene sei.

Als ich mich dann umdrehte, um Rene zu begrüßen, stand dort nicht Rene, sondern ein älterer Mann, den ich vorher noch nie gesehen hatte.

„Oh Entschuldigung, ich hab Sie wohl mit jemanden verwechselt. Kann ich Ihnen weiterhelfen?”

„Sind Sie Marc Hochmann?”, fragte mich der ältere Mann.

„Ja, genau, der bin ich. Mit wem hab ich das Vergnügen?”

„Oh Verzeihung, ich vergaß, mich vorzustellen. Mein Name ist Herold Braun. Ich bin der Vater von Rene. Mein Sohn schickt mich, um Sie abzuholen. Ich musste heute eh nach Lüdenscheid und wollte gegen 14 Uhr wieder zu Hause sein, und da fragte mich Rene, ob ich Sie abholen könnte.”

„Guten Tag, Herr Braun, schön, Sie kennen zu lernen. Das ist aber sehr nett von Ihnen, dass Sie mich abholen wollen. Darf ich Ihnen denn wenigstens noch einen Kaffee anbieten? Ich hab gerade einen frisch aufgesetzt“, bot ich Herrn Braun an.

„Das Angebot nehme ich gerne an.”

„Wie trinken Sie Ihren Kaffee? Schwarz? Mit Milch? Mit Zucker oder beidem?“

„Schwarz, danke.”

„So, hier bitte schön, Herr Braun.”

„Sag doch Herold zu mir, das tun alle Freunde von Rene.”

„Danke Herold, ich bin Marc.”

Wir reichten uns die Hände und dann tranken wir in Ruhe unseren Kaffee aus und plauderten ein wenig.

Herold erzählte mir, dass Rene sich, seit wir uns kannten, total verändert habe. Er hatte sich vorher wohl immer mehr zurückgezogen und man hätte ihn kaum zu Gesicht bekommen. Dies habe sich schlagartig geändert, und Herold wollte mich dann jetzt doch kennen lernen, deswegen hatte er sofort ja gesagt, als Rene ihn gefragt hatte, ob er mich abholen könnte.

Wir vergaßen total die Zeit und wurden durch das klingelnde Telefon unterbrochen.

„Marc Hochmann”, meldete ich mich.

„Hi Marc, Rene hier, du sag mal, waren wir nicht verabredet? Ist mein Vater nicht gekommen, um dich abzuholen?”, fragte Rene besorgt.

„Hi Rene, doch, der ist da, ich hatte gerade Kaffee gemacht und deinem Vater einen angeboten, und drüber hinaus sind wir ins Quatschen gekommen und haben total die Zeit vergessen, wie ich gerade sehe. Wir machen uns gleich auf den Weg!“

„Ok, dann ist ja gut. Bis gleich!”

„Bis gleich, Rene! Tschau.”

Ich ging wieder zurück in die Küche.

„Das war dein Sohn, Herold, der hat sich schon Sorgen gemacht, ob du mich vergessen hättest“, klärte ich ihn auf und musste lachen.

„So was in der Art hab ich mir schon gedacht”, sprach Herold und musste ebenfalls lachen. „Gut Marc, dann wollen wir uns mal auf den Weg machen. Hast du alles?”

„Ich denke schon, oder sollte ich etwas Bestimmtes mitnehmen, von dem ich noch nichts weiß?”

„Oh je, ich sehe schon, mein Sohn hat wieder geplant ohne Bescheid zu sagen. Rene wollte mit dir wegfahren und über Nacht wegbleiben. Pack am Besten mal schnell ein paar Sachen ein. Ich geh nur noch kurz auf die Toilette.”

„Ok, ich pack schnell was zusammen, die Toilette ist den Flur runter und dann rechts”, erklärte ich Herold noch schnell und verschwand in mein Zimmer.

Nach ein paar Minuten hatte ich alles Nötige eingepackt und wir machten uns auf den Weg.

Die Fahrt dauerte nur ein paar Minuten, ganz so weit wohnte Rene ja nicht von mir entfernt. Was er wohl mit mir vorhatte, fragte ich mich die ganze Fahrt über. Vor allem aber, warum hatte er mir davon nichts am Telefon gesagt? Ich würde mich wohl überraschen lassen müssen.

Als wir aus dem Auto stiegen, sah ich meinen Onkel Fiete gerade aus dem Haus kommen.

„Hallo Marc, was machst du denn hier?”, wollte Fiete auch direkt wissen.

„Hallo Fiete, ich besuche einen Freund. Wie geht es dir?”

„Danke, mir geht es gut. Dann wünsch ich dir viel Spaß.”

„Den werde ich haben! Bis dann”, verabschiedete ich ihn und folgte Herold ins Nachbarhaus. Da ich die Wohnungen kannte, war ich ganz gespannt, wie diese hier wohl eingerichtet war.

Wir mussten bis ganz nach oben.

Ah, dachte ich, sie wohnen auf der linken Seite. Was mir nur etwas komisch vorkam, war die andere Tür: Dort war kein Schloss zu sehen. Gerade, als ich weiter darüber nachdenken wollte, kam mir Rene entgegen und ich wurde aus meinen Gedanken gerissen.

„Hi, da bist du ja endlich”, begrüßte mich Rene.

„Hi Rene. Ja, hier bin ich. Schön, dich zu sehen!”, erwiderte ich und reichte ihm die Hand.

„Danke Papa”, wendete sich Rene zu Herold und zog mich dann mit sich.

Jetzt erst bemerkte ich, dass hier etwas anders war. Wir gingen in das Wohnzimmer und dort war eine Tür, die da gar nicht hätte sein dürfen.

Jetzt verstand ich, warum die Tür kein Schloss hatte: Die Brauns hatten beide Wohnungen gekauft und aus zweien eine Wohnung gemacht.

Renes Zimmer war recht modern eingerichtet und sah richtig gemütlich aus.

„So, und was hast du dir Schönes überlegt?”, wollte ich endlich von Rene wissen.

„Wir werden eine kleine Wanderung machen. Aber mehr verrate ich noch nicht! Wie ich sehe, hat Paps dich schon etwas vorgewarnt.” Er schaute auf meinen Rucksack.

„Du sagst es. Also, wann geht es los?”

„Wir packen noch ein paar Sachen ein und dann können wir sofort los, wenn du möchtest.”

„Alles klar. Worauf warten wir noch?”

Wir packten noch ein paar Lebensmittel ein und machten uns auf den Weg.

Wir marschierten in Richtung der Kaufmännischen Schule. Den Weg kannte ich und wusste, dass man von dort in den Wald kam, in dem es schöne Wanderwege gab.

Es war ein herrlicher Tag zum Wandern. Die Sonne schien und wir beide waren super drauf. Wir quatschen den Weg über und alberten rum.

Nach zwei Stunden fragte ich Rene, ob wir wohl noch lange unterwegs sein würden. Er verneinte und meinte, wir müssten gleich da sein.

Nach etwa einer Viertelstunde bogen wir in einen kleineren Waldweg ab, und von weitem sah man schon ein Holzhaus.

„Schau mal Rene, dort ist ein Holzhaus. Wem das wohl gehört?”

„Mir”, sagte Rene und ging einfach weiter.

Viele von euch kennen doch sicher den Film „Arielle, die kleine Meerjungfrau“ und davon die Krabbe Sebastian. Dem klappt doch in einer Szene die Kinnlade runter – und genau das passierte mir auch. Ich stand da wie angewurzelt.

„Mach den Mund zu und komm endlich!”, rief Rene.

„Ich... Ich... Ich komme ja schon”, stotterte ich und folgte ihm in Richtung Holzhaus.

Wow. So etwas Tolles hatte ich noch nie gesehen. Das Haus war total beeindruckend. Als wir hinein gingen, klappte meine Kinnlade erneut runter.

„Wow!! Ok, wann kann ich einziehen?”, wollte ich von Rene wissen.

„Hm, frag mich das später noch mal. Wer weiß, ob du das dann noch möchtest!”, antwortete Rene und führte mich durchs Haus.

Was meinte er nur damit? Ich wollte ihn erst fragen, verkniff es mir dann aber doch.

Wir räumten die Lebensmittel in den Kühlschrank und legten uns dann auf die Terrasse. Ich dachte noch über so einiges nach, aber irgendwann muss mich dann die Müdigkeit vom Wandern überfallen haben und ich schlief einfach ein.

Es dämmerte schon, als ich wieder wach wurde. Mir stieg ein angenehmer Duft in die Nase. Ich streckte mich erstmal und ging dann ins Haus. Rene stand in der Küche und machte uns gerade ein leckeres Abendessen.

„Hm, das riecht ja gut. Was gibt es denn Schönes?”

„Ah, der Herr ist wach! Ich muss ja echt langweilig sein, wenn du so schnell einschläfst...”

„Nö, bist du nicht, ich war einfach nur etwas groggy vom Wandern und die Wärme und das Liegen hat sein Übriges getan. Also, was gibt es Schönes?”

„Na, dann bin ich ja beruhigt. Lass dich überraschen!”, erwiderte Rene und grinste mich an.

Da das Essen noch etwas dauerte, machte ich mich nützlich und deckte schon mal den Tisch. Ich war recht erstaunt, dass ich alles ohne groß zu fragen gefunden hatte.

Als ich gerade fertig war, rief Rene schon, dass das Essen fertig sei.

Wir speisten, und ich muss sagen, an Rene ist ein Koch verloren gegangen. Es hat sehr gut geschmeckt und ich war anschließend pappsatt.

Nach dem Essen räumten wir gemeinsam auf und begaben uns dann ins Wohnzimmer. Wir machten es uns auf der Couch gemütlich, ich auf dem Dreier und Rene auf dem Zweier. Wir tranken einen lieblichen Rotwein von der Ahr, einen Spätburgunder. Ich muss ja echt sagen, die Rotweine von der Ahr sind echt klasse. Aber ich schweife vom Thema ab ;o)

Wir hatten mittlerweile schon zwei Flaschen geköpft und die dritte war auch schon halb leer, als Rene auf einmal sehr ernst wurde.

„Hey, was ist denn plötzlich los mit dir? Du wirkst so ernst. Hab ich was Falsches gesagt?”, erkundigte ich mich bei Rene.

„Nee, hast du nicht. Ich musste nur gerade an etwas denken. Marc, ich muss dir etwas erzählen, aber das fällt mir nicht leicht. Bis jetzt hab ich es noch keinem erzählt. Aber wir sind uns in den paar Tagen so nahe gekommen und ich denke, dass ich dir vertrauen kann. Zumal es dich ja auch etwas betrifft.”

Hm, er machte es aber spannend. Was er mir wohl erzählen wollte? Ich fühlte mich richtig geschmeichelt, dass ich der erste sein sollte. Gerade, als ich das so dachte, durchfuhr es mich. Nein, das konnte unmöglich sein! Nein, das glaub ich nicht! Hatte ich so ähnlich nicht erst heute Morgen mein Gespräch mit Micha begonnen? Rene will mir doch jetzt nicht sagen, dass er schwul ist und sich in mich verliebt hat! Wow, dann ginge ein Traum in Erfüllung.

Er muss wohl gemerkt haben, dass ich in Gedanken war, denn er schaute plötzlich ganz traurig.

„Na, dann schieß mal los. Aber vorher will ich dir noch sagen, dass es mich ehrt, dass ich der erste sein soll, dem du soviel Vertrauen entgegen bringst, was es auch immer sein mag zu erzählen. Nur eins sollst du wissen, egal, was es ist, es wird nichts an meiner Freundschaft zu dir ändern.”

Ich glaub, das war genau das, was er hören wollte, denn er schaute gleich schon wieder etwas freundlicher und nicht mehr so traurig.

„Danke. Ein bisschen leichter fällt es mir jetzt.”

Er machte eine lange Pause und schenkte uns noch mal Wein nach. So langsam wurde ich echt nervös. Könnte es sein, dass mein Traum wirklich in Erfüllung gehen sollte?

„Wie fängt man so was an? Am Besten ich sage es ganz frei raus. Oh man, fällt mir das schwer... Ok, jetzt gibt es kein Zurück mehr. Marc, ich bin schwul und hab mich in dich verliebt!”

Kaum hatte er dies ausgesprochen, klappte mir schon wieder die Kinnlade runter und meine Augen wurden feucht. Als er das sah, muss er wohl was völlig falsch verstanden haben. Er sprang vom Sofa auf und rannte über die Terrasse hinaus in die Dunkelheit.

Erst Sekunden später begriff ich, was eben passiert war und eilte hinter ihm her. Ich rief seinen Namen, doch er reagierte nicht. Mensch, wo war er bloß? Ich rief ihn weiter und rannte in den Wald hinein.

Plötzlich wusste ich nicht mehr, wo ich war. Ich rief weiter nach Rene und auch, dass ich nicht mehr wisse, wo ich sei. Doch es kam keine Reaktion.

Als ich weiter lief, kam ich an einen See. Da der Mond recht hell schien, konnte man einiges erkennen. Ich blickte mich um, und in der Ferne sah ich jemanden auf einer Bank sitzen.

Es musste Rene sein, wer sonst sollte schon im diese Uhrzeit hier draußen am See sein? Der Zufall wäre einfach zu groß.

Ich marschierte in Richtung Bank, und je näher ich kam, desto sicherer wurde ich, dass dort Rene saß.

Er blickte auf den See hinaus und bemerkte mich erst, als ich mich zu ihm auf die Bank setzte. Er blickte mich kurz an und ich sah, dass er Tränen in den Augen hatte.

„Rene? Ich glaube, du hast da vorhin was falsch verstanden.”

„Ich denke nicht, deine Reaktion war eindeutig”, schluchzte er.

„Hm, also, wenn du meine Reaktion richtig gedeutet hättest, wärst du sicher nicht weggelaufen. Was übrigens eine Schnapsidee von dir war. Aber ich will dir jetzt keine Vorwürfe machen. Vielleicht ist es auch alles meine Schuld. Vielleicht...”

„Es ist nicht deine Schuld, sondern nur meine ganz alleine!”, unterbrach mich Rene.

„Lass mich doch mal ausreden. Also, wo war ich? Ach ja. Vielleicht hätte ich dir auch eher sagen sollen, dass ich selbst auch schwul bin und mich ebenfalls in dich verliebt habe. Aber ich hätte nie im Leben dran geglaubt, dass du dich in mich verliebt haben könntest.”

„Du bist was?”

„Ich bin auch schwul, Rene, und ich hab mich an dem Abend, als du mich vor der Fahrschule angesprochen hast, in dich verliebt. Das ist mir jetzt klar geworden. Ich hatte mich nur dagegen gewehrt. Weißt du, ich habe schon mal jemanden geliebt und der hat mich verlassen, und auch, wenn das schon zwei Jahre her ist, tat es immer noch weh. Deswegen hab ich mich gegen meine Gefühle gesträubt. Aber jetzt bin ich froh, dass du es mir gesagt hast und ich endlich zu meinen Gefühlen dir gegenüber stehen kann.”

Rene sah mich mit großen Augen an. Mensch, muss denn immer ich derjenige sein, der den ersten Schritt macht? Ich näherte mich Rene und schloss meine Augen, als ich seine Lippen berührte. Ich küsste ihn ganz sanft.

Plötzlich schlang er seine Arme um mich, zog mich zu sich ran und dann küsste er mich. Ich spürte auf einmal seine Zunge in meinem Mund und ich erwiderte den Kuss.

Rene zu küssen war einfach unbeschreiblich schön. Nach hunderttausend Stunden lösten wir uns wieder voneinander und Rene schaute mich strahlend an.

„Ich bin so glücklich! Bitte bleib für immer bei mir!”, hauchte er mir ins Ohr.

„Ich bin auch total glücklich, Rene! Für immer kann ich dir das nicht versprechen, das geht einfach nicht. Aber ich werde alles dran setzen, es zu versuchen!”

Dann küssten wir uns wieder. So langsam wurde mir aber kalt. Also machten wir uns auf den Weg zurück ins Haus. Alleine hätte ich sicher nie zurück gefunden. Aber zum Glück hatte ich ja jetzt Rene. Wir tranken noch unseren Wein aus und machten uns auf ins Bett.

„Du, Rene, wie schaut es denn jetzt aus, darf ich meine Frage jetzt noch mal stellen?”

„Welche Frage meinst du?”

„Na, ob ich hier einziehen darf! Du hast gesagt, ich solle bis später warten!” Ich musste grinsen.

„Ja, du darfst hier einziehen. Aber nur unter einer Bedingung: Ich darf mit einziehen. Denn ich lass dich nie wieder fort!”

Mir schossen vor Glück die Tränen in die Augen. Ich nahm ihn in den Arm und wir küssten uns wieder.

Dann legten wir uns in Bett und kuschelten uns aneinander. So schliefen wir dann auch ein.

Als ich am nächsten Morgen wach wurde, lag Rene nicht mehr neben mir. Oh man, wie ich es hasste, alleine aufzuwachen.

Also nichts wie raus aus dem Bett und nach Rene schauen. Er stand in der Küche und machte uns gerade Frühstück.

„Guten Morgen, mein Schatz”, begrüßte ich ihn.

„Guten Morgen, mein Engel, hast du gut geschlafen?”

„Ja danke, ich hab sehr gut geschlafen in deinen Armen. Aber das Aufwachen war nicht schön. Du warst nicht da!”, sagte ich und versuchte, traurig zu schauen.

Das hatte er gleich spitz, kam auf mich zu, nahm mich in den Arm und küsste mich.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Rückweg. Gegen 15 Uhr kamen wir dann bei Rene zu Hause an.

Herold begrüßte uns und fragte, wie es war.

Wir erzählten kurz, was wir so gemacht hatten, ließen aber einen entscheidenden Teil weg.

„Ihr beide stahlt ja richtig. Man könnte meinen, ihr seid verliebt!”, sagte Herold auf einmal.

Rene und ich wussten nicht, was wir sagen sollten. Da fing Herold an zu lachen. Wir schauten uns nur an und zuckten mit den Schultern. So langsam beruhigte sich Herold wieder.

„Na, da hab ich wohl genau ins Schwarze getroffen. Also, ihr müsst euch keinen Kopf machen, ich hab nichts dagegen.”

Ich war der erste von uns beiden, der wieder zu sich fand.

„Äh, was genau meinen Sie, Herold?”

„Hatten wir uns nicht geeinigt, das ‚Sie’ bleiben zu lassen? Na, ich meine, dass ihr beide ein schönes Paar abgebt und, dass ich keine Probleme damit habe, dass ihr schwul seid.”

Rene wurde käseweiß und ich musste auch erstmal kräftig schlucken.

„Wie kommen Sie... ähm... ich meine, wie kommst du denn darauf, Herold?”

Aber bevor Herold antworten konnte, meldete sich Rene zu Wort: „Tja Schatz, da sind wir wohl aufgeflogen.”

Kaum hatte Rene das gesagt, küsste er mich auch schon.

„Genau so ist es, mein Sohn. Also, herzlich willkommen in der Familie, Marc! So, ich muss jetzt aber leider los. Soll ich dich nach Hause bringen oder bleibst du noch?”

„Ich... ähm... ich...”

„Was Marc meint, Papa, er bleibt noch was. Bis heute Abend!”

„Ok, bis heute Abend!”, lächelte Herold, nahm seine Tasche und verschwand.

Ich stand immer noch da und wusste nicht, wie mir geschah. Tja, jetzt war es wohl offiziell, zumindest, was Renes Familie anging, dass er und ich schwul waren und ein Paar.

Nun musste ich es nur noch meiner Mutter beichten, denn ich wollte mich jetzt nicht weiter verstecken.

„Das haut mich jetzt echt um. Dein Vater ist echt klasse”, sagte ich zu Rene.

„Ja, das kannst du laut sagen. Gehen wir noch ein bisschen kuscheln, bevor du mich für heute verlässt?”

„Ich würde jetzt nichts lieber machen!”

Und so gingen wir in sein Zimmer, legten uns auf sein Bett und kuschelten noch eine ganze Zeit.

Aber so schön das auch war, ich musste so langsam los. Wir verabschiedeten uns sehr lange, sodass ich beinahe den Bus verpasst hätte.

Ich bin also frisch verliebt, und das in Rene. Das Tolle ist: Er auch in mich und wir sind jetzt ganz offiziell ein Paar!

Mir schossen noch so einige Gedanken durch den Kopf, bevor ich zu Hause ankam.

Meine Mutter war noch auf, als ich die Tür aufschloss.

„n’Abend Marc!”, rief sie mir aus der Küche zu.

„n’Abend Mutti. Du bist zu Hause, wie kommt’s?“, wollte ich wissen.

„Werd mal nicht frech, ja? Wo kommst du überhaupt her?”

„Ich war bei Rene. Wir waren gestern Wandern und haben in einer Holzhütte übernachtet, die ihm gehört. Ich hatte dir aber doch einen Zettel hingelegt, oder?”

„Ja stimmt, das hatte ich fast vergessen. Und, wie war es?”

„Superschön! Du Mutti, wo wir gerade schon mal dabei sind, ich glaube es wird Zeit, dass ich mit dir mal über etwas spreche.”

„Was hast du jetzt wieder angestellt?”, fragte sie mich und verdrehte dabei die Augen.

„Was du gleich wieder denkst! Nein, ich hab nichts angestellt. Ich muss dir nur was erzählen und hoffe, dass du es gut aufnimmst.”

„Na, dann mal raus mit der Sprache.”

„Ok, ich will jetzt nicht lange um den heißen Brei rumreden. Also, du wünscht mir doch immer ein Kind, was genauso schlimm ist wie ich, zumindest hast du das schon öfters gesagt.”

„Jetzt erzähl mir nicht, du wirst Vater?!?”

„Lass mich doch mal ausreden! Nein, ich werde nicht Vater, und Enkelkinder wirst du von mir wohl auch nie bekommen, da wirst du dich an Horsts Tochter halten müssen. Mutti, ich bin schwul.”

„Was hat Silke damit zu tun... Ähm, was hast gesagt?”

„Ich sagte, ich bin schwul!”

„Ich glaub, ich brauch jetzt erstmal ’nen Schnaps. Also, vermutet hatte ich das ja schon, aber es jetzt zu wissen, ist doch etwas anderes.”

„Was heißt das jetzt?”

„Nichts, was soll das heißen? Du bist mein Sohn und wirst es immer bleiben, egal, ob du schwul bist oder nicht. Ich muss mich nur etwas an den Gedanken gewöhnen.”

„Danke, ich hab dich lieb!”

„Ich hab dich auch lieb, mein Sohn. Sag mal, dieser Rene, ist das dein Freund?”

„Ja, das ist mein Freund, seit gestern Abend. Komm, ich mach uns eine Flasche Wein auf und erzähl dir alles, ja?”

„Ok.”

Dies tat ich dann auch. Wir haben uns lange unterhalten. Gegen ein Uhr hab ich mich dann ins Bett verdrückt. Das waren zwei aufregende Tage. Erst mein Coming Out bei Micha, dann gestand mir Rene, dass er mich liebt, dann die Reaktion seines Vaters und jetzt mein Outing bei meiner Mutter.

Aber ich war glücklich, und das zählte im Moment am meisten.

Und mit diesem Gedanken und Rene vor Augen schlief ich ein.

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