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Jens Schmiede und Tina Scheffler

Teil 1 - Unsere Beziehung

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Informationen

Unsere Beziehung

Ist unsere Beziehung nun beendet oder nicht?

Eigentlich schon irgendwie. Oder auch nicht. Oder doch? Ich weiß nicht.

Auf alle Fälle hat im Moment mein Hormonhaushalt einen Etatüberschuss.

Ich bin freundlich. Ja, das bin ich. Man bewertet Auseinandersetzungen immer viel zu hoch.

Ich rufe an. Ihre Nummer habe ich im Kopf. Schon tausend Mal eingetippt.

Es ruft.

Es ruft noch mal. Nichts.

Ah, jetzt... es klickt.

"Höha...? ..." kommt es aus dem Hörer.

"Haahlloo....?"

Sollte das Tina sein?

"Ti... Tina??!"

"Jeeeeeeeensiii....." klingt es kindisch erfreut aus dem Hörer.

Ich wundere mich.

"Hallo Tina. Wie geht's denn so?"

"Jaah, ... dahanke."

Sie kichert. Sie klingt verändert. Sie ist angetütert.

Ich bin erleichtert. Keine Aggressionen. Sorgloses Lallen. Man kann vernünftig reden.

"Schön dich zu hören, Tina. Und schön, dass es dir gut geht. Haben uns ja ewig nicht mehr gesehen, nicht wahr. Machst'n gerade?"

"Ich?? .... Ich, nichts. Nichts..... bsondres. ...Wiesoo, Jeeensi??"

"Ich weiß. Also, es ist spät. Wollte noch mal an die frische Luft. Der Weg führt ja an deiner Wohnung vorbei. Weißt du ja. Dann komme ich mal hochgesprungen? Was meinst du?"

"......mmh,..... ich, .....jaah, ..warum nich'? Nein,......ja. Bring bitte Wein mit, Jeensi!"

Ich bin aufgeregt: "Wein, ja, und Kuchen." Ich grinse verlegen.

"Neeein, Jeeensi... keinen Kuuchen. Bitte!!"

"Okay, keinen Kuchen! Ich komme. Du wartest?"

"Ich setz' heut' kein Tür mehr vor.......... den Fuß!"

"Klar, verstehe ich. Ich komme. Bye."

Ob ich mich hübsch mache? Eigentlich steht sie mehr darauf, wenn ich verrucht aussehe. Die alten Tramper und verwaschene Jeans. Ich verstrubbele mir das Haar ordentlich vorm Spiegel, und los. Moment. Mutters Blumen in der Vase sehen noch gut aus. Ich überlege, ob das altmodisch ist. Egal. Der Gedanke zählt.

Ich klingele bei "Scheffler".

"Jeeensi?? ... 3. Etage links", lacht es albern aus der Sprechanlage.

Freue mich. In der 3. Etage halte ich die Blumen vor mein Gesicht, wie ich es einmal in einer Komödie gesehen habe.

Die Tür öffnet sich. Ich warte.

Ruhe.

Ich sehe nichts durch die Blumen. Bleibe wie in der Komödie wie eine Statue stehen.

Immer noch nichts.

Wie in der Komödie luke ich links am Blumenstrauß vorbei.


Nachdem wir uns ewig lange in die Augen gesehen haben, gehen wir plötzlich schnurstracks aufeinander zu, umarmen uns, knuddeln und kitzeln uns, kichern und glucksen. Sie zieht mich in die Wohnung und knallt die Tür zu.

"Zuu! ....Dieh waaar... zu!!", und grient mich albern an.

"Jau, zu!", gluckse ich glücklich und kitzele sie wieder.

Tina ist ganz schön betütert. Aber ganz schön.

"Hier ist der Wein", sage ich.

"Jahaaaa, .... ins Wohnezimmer mit ihm."

Sie zieht mich energisch ins Wohnzimmer. Ich kann gerade noch die Weinflasche auf die Couch schmeißen, bevor sie mich mit voller Wucht runter in ihren Sessel zieht. Wir knallen voll in den Sessel, sodass er hinten über kippt. Im Flug hält sich Tina an der Übergardine des Wohnzimmerfensters fest.

Mit einem Ruck reißt sie ......, reiße ich den Kopf nach oben und sehe, wie sich die Gardine Clip für Clip von ihren Widersachern trennt und ihrer wohl schon lang ersehnten Freiheit entgegenfiebert.

Wir knutschen heiß und innig unter der uns begrabenden Gardine.

"Jeeeensiiii ....., oooh .."

"Tinaaa...."

Wir befreien uns von der Gardine. Ich lege sie wie einen Umhang festlich um Tina.

"Meine Prinzessin..." Ich küsse sie wieder.

Sie legt den Kopf schief auf die Seite, genießt ihren königlichen Umhang, und lächelt mich an.

Ich lege den Kopf auf die andere Seite und lächele zurück.

"Oooooh, Jeensi ....... unser Wein !" Sie tut erschreckt.

"Wollen wir den wirklich noch trinken, Tina?", frage ich vorsichtig.

"Klar doch! ..... doch. Wir müssen feiern. Ja, feiern ..... feiern", lallt sie glücklich.

"Klar. Du hast Recht! Feiern." Ich lächele froh.

"Wir müssen in die Küche, Jeensi. Wegen dem Zorgenkieh ..., Zorgen ....."

"Ja, die Flasche öffnen", helfe ich liebevoll nach.

"Die Flasche, Jeensi."

Wir stolpern eng umschlungen in die Küche. Ich suche in der Schublade nach dem Korkenzieher. Aha, da ist er ja. Stelle die Flasche auf den Tisch und will sie öffnen. Tina schiebt sich vor mich. Sie will einen Kuss..... und hängt sich wieder an mich. Ich bin nur in Strümpfen und habe auf dem glatten Fußboden keinen Halt.

Wir fallen auf die Tischplatte. Tina knallt mit dem Kopf gegen den Toaster.

Autsch, denke ich. Aber sie lacht. Sie lacht mich nur an und zieht meinen Kopf zu sich. Alles okay. Dann zögert sie und nestelt wenig später die Weinflasche unter ihrem Rücken hervor. Wir küssen uns wieder.

"Jeensi, unsere Liebe war immer so heiß ...."

"Jaaah, Tina ..."

"So heiß, dass ...... dass ....."

Es riecht verbrannt.

"Oh Gott, Tina !!! Wie geht das Scheißding aus ??!!"

Ich ziehe mit einem heftigen Ruck ihren Kopf vom Toaster weg. Mein Herz rast. Sie muss ihn beim Fallen mit dem Hinterkopf eingeschalten haben. Es tut mir schrecklich leid. Ich halte sie eng umarmt und will sie trösten.

Sie weiß gar nicht, warum ich so einen Zauber mache. Es sei doch nichts passiert, zieht übergangslos wieder meinen Kopf zu sich und fährt fort " ....so heiß, dass ....,dass es die GANZE WELT erfahren soll!"

Pause. Oh Gott.

"Jetzt und HIER! Ja, ... lass' uns im Treppenhaus damit anfangen, Jensi! ..." Sie greift meine Hand und zieht mich in den Flur. Ich lasse mich ziehen.

Wir sind im Flur, als sie nach der Türklinke greift.

"Nein! Tina! ..... Nicht!!" Ich umklammere sie von hinten und will sie von der Tür wegziehen. Ihre Hand löst sich, die Klinke schnippt nach oben und die Tür öffnet sich einen kleinen Spalt. Wir prallen gegen die Wand neben der Küchentür. Tina rudert mit ihren Armen und findet an der Aluminiumleiter Halt, die an der Wand steht. Sie hält sich an einer Sprosse fest, an der sie sich sicher fühlt .... und hängt sich erwartungsgemäß wieder daran.

Die große Leiter löst sich von der Wand.

Als ob Tinas Arm ein starres Gestänge wäre, drücke ich ihren Körper ruckartig herum, um die Kraft auf das Armgestänge zu übertragen und die Leiter damit wieder an die Wand zu drücken.

Doch ihr Arm knickt ein wie Gummi.

Die Leiter schwenkt herum. Dann haut sie gegen die Lampe.

Mit etwas weniger Wucht wäre die Lampe an der Decke geblieben.

Ich halte Tina fest. Nach uns die Sintflut. Ihr Gesicht drückt eine Art entsetztes Bedauern aus. Dann scheppert und poltert es.

Wir liegen ruhig da. Es ist vorbei.

"Vorhin war's die Gardine", konstatiert Tina müde.

Ich nicke stumm.

"Aber zum Küssen habe ich jetzt keine Lust", sagt Tina und schmiegt sich nur an mich.

Ich halte sie fest und habe Tränen in den Augen, vor Lachen.

Tina hat die Augen geschlossen und lächelt versonnen vor sich hin.

"Ich befreie uns mal von der Tyrannei der Leiter", sage ich.

Keine Antwort. Sie ist an meiner Brust eingeschlafen.

Oje, jetzt das schwere Bündel zu Bett tragen. Ich nehme sie hoch.

Das Schlafzimmer liegt hinter dem Wohnzimmer.

Feierlich schreite ich durch die Wohnzimmertür, als wenn ich die Braut über die Schwelle trage. In meinem Kopf höre ich den Hochzeitsmarsch. Es ist wie im Märchen.

Ihr Fuß hakelt in ein Kabel, dass von der Schrankwand herunterhängt.

Ich laufe schneller. Habe nur Büromuskeln.

Hinter mir scheppert's wieder. - Dreh' dich nicht um - sonst wirst du zu Stein !! -

Ich überlege, aus welchem Märchen ich das kenne.

Mit letzter Kraft schaffe ich es, Tina mehr auf das Bett zu schmeißen. Ich gestehe, dass es kein bisschen filmreif war.

Die Nacht über bleibe ich da.

Morgens werde ich wach.

Zwei Polizisten stehen im Zimmer. Ich schaue verdutzt drein und ziehe mir schnell die Decke über meine morgendlichen Auswüchse.

"Jens. Es ist eingebrochen worden! Die Tür stand offen ...... aber es fehlt nichts!?" Tina sieht mich energisch und hilflos zugleich an, und in ihren Augen steht obendrein die Frage, was ich denn hier eigentlich mache?

"Und die Wohnung sieht aus, als hätte die Mafia etwas Spezielles gesucht!!" Sie sieht mich klagend an.

"Und i c h mache keine dunklen Geschäfte!" Sie sieht mich an, als müsse ich nun eins und eins selber zusammenzählen.

Auch die Polizisten sehen mich nun sehr gespannt an, die Arme hinter dem Rücken verschränkt.

Ich schüttele den Kopf.

Die Polizei glaubt mir nicht, was ich erzähle. Tina auch nicht.

Sie gesteht aber beiläufig, dass sie etwas ähnliches geträumt habe und dass das ziemlich seltsam sei.

Mir fällt etwas ein. Ich bitte die Polizei, das Augenmerk auf Tinas Haar zu richten.

Ich bitte Tina, mit ihrem Kopf zu mir zu kommen.

Dann suche ich das "Korpus delicti", welches mir Straffreiheit zusichern wird.

Ja, da ist es doch.

"Sehen sie bitte her ....."

Am Hinterkopf von Tina ist eine Stelle, an der sich die Haare stark kräuseln und teilweise auch viel kürzer sind als notwendig und rein optisch überhaupt nicht harmonisch zur gesamten Frisur passen.

Tina schwört der Polizei, dass ihre Frisur am Abend zuvor noch völlig in Ordnung war!

"Mein Toaster. Das gute Stück ..." wimmert sie leise.

Beschämt ließen wir die Polizisten außer Haus.

An der Treppe im Haus drehen sie sich noch einmal um und sehen uns an, als würden wir gleich rufen: "Hey Jungs, versteckte Kamera! ... Haha!"

Aber wir schauen nur bedauernd zurück.

Dann gehen sie.

Wir sind doch eh' schon lange Stadtgespräch.

Tina zieht mich von der Tür weg. "Dann ist es also wahr? .... alles wahr?", und sieht mich strahlend an.

Ich küsse sie und nicke.

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