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Wintersonnenwende

Kapitel 3

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Vorwort

Und nun? Ich glaube nicht, dass die Leser daran interessiert sind, an einer langweiligen Fernbeziehung teilzuhaben … Daher nun dieser Zeitsprung … Ich bitte um Nachsicht.

Kapitel 3

vier Monate später …

Der Alltag hatte uns längst wieder eingeholt. Unsere Beziehung … tja, die bestand nur theoretisch, trotz täglichen Telefonaten und täglichem Chatverkehr, war ja auch keine Wunder auf diese Entfernung. Wenn ich ehrlich sein muss, dann hätte ich am liebsten den weiteren Fortbestand dieser komplizierten „Beziehung“ sofort beendet. Doch erstens kommt es anders und zweitens als man(n) denkt.

Es war einer der ersten Tage im Mai. Es regnete. Meine Eltern waren am frühen Morgen zu einem Kongress nach Alpach aufgebrochen. Ich wusste nicht einmal, ob sie am Abend wiederkommen würden (taten sie dann zwei Tage später). Meine Großmutter war nach Innsbruck gefahren, um auch irgendwas Geschäftliches zu erledigen. Also war ich mal wieder allein! Soll ich euch was sagen: Langsam kotzte mich dieser Kasten hier so was von an! Diese hochkandidelten Gäste! Das andauernd lästernde Personal! Dazu noch die Sache mit Andy, das bewirkte immer wieder ein neuerliches Kotz-Gefühl bei mir. Mir ging es echt bes***.

Oh nee, nicht jetzt, schoss es mir durch den Kopf, als ein unbekanntes Auto vor dem Haupteingang vorfuhr. Auf neue Gäste hatte ich im Moment wirklich keinen Bock. Aber was soll`s. Ich hatte halt die Arschkarte gezogen. Also gute Miene zum bösen Spiel.

„Willkommen im Hotel ***. Was kann ich für Sie tun?“ Wer da reingekommen war, ehrlich, darauf hatte ich aus Desinteresse gar nicht geachtet.

„Lassen Sie mich mal überlegen“, Andy grinste wie ein Honigkuchenpferd. „Wie wär`s als Erstes mal mit einem kleinen Begrüßungskuss.“

Den bekam er dann auch umgehend. Mir war auch egal, dass gerade die von Steinhausens vorbeikamen. Die schlimmsten unserer Hotel-Stammgäste. Schau dir das an, Frederic, so etwas Widerliches. Du sagst es, Elfriede, echt widerlich.

„Ich wünsche Ihnen einen schönen Tag, Herr und Frau Steinhausen.“ Das musste jetzt sein. Das gab mir jetzt einfach den Kick. Und es hatte ja sogar einen interessanten Nebeneffekt: Die von Steinhausens wurden puterrot und beschleunigten ihren Schritt Richtung Ausgang. Jetzt konnte ich mich endlich wieder wichtigen Dingen zu wenden … Andy …

„Was tust du hier? Wie kommst du hier hin? Warum hast du mir nichts gesagt?“ So viele Fragen auf einmal. Als Antwort bekam ich einen weiteren langen Kuss.

„Ich bin da und ich denk`, das reicht fürs Erste.“ Wie Recht er hatte.

„Hast du Hunger?“ Andy nickte und wir gingen ins Restaurant. Ja, wieso … es war sowieso schon fast Mittag. Und scheiß auf die Rezeption … wirklich.

„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet.“ Kauend und abwartend schaute ich meinen Freund an. Ich wollte nicht locker lassen. Er lächelte … (zum Dahinschmelzen)

„Du lässt ja doch keine Ruhe, oder?“ Diese Frage hätte er sich wirklich sparen können. Ich nickte vehement.

„Ich wohne jetzt hier, ich meine nicht hier, aber in der Nähe, so quasi irgendwie, um genau zu sein im

Sellraintal, habe einen neuen Job und habe zudem von meiner Oma einen älteren Mercedes geschenkt bekommen. Damit wir uns öfter sehen können.“

„Echt?“ Andy nickte kauend. Er schien das echt ernst zu meinem. Unfassbar!

So viel dazu, dass ich die Beziehung vorzeitig beenden wollte. Unser Märchen konnte wohl weitergehen …


Das Dudeln des Radios weckte mich am frühen Morgen. Einige warme Sonnenstrahlen trafen meinen nackten Oberkörper. Moment, irgendwas war hier anders? Als ich vorsichtig einen Arm an meine Taille legte, wusste ich, was anders war. Ich war nicht allein. Andy lag neben mir und lächelte mich verschlafen an.

„Morgen“, nuschelte er mehr oder weniger ins Kopfkissen hinein.

„Morgen“, antwortete ich mit einem Guten-Morgen-Kuss. „Gut geschlafen?“ Er nickte und streckte dann alle

Viere von sich.

„Ist das Hilde, die da so schief singt?“, erkundigte Andy sich schmunzelnd. Ich nickte mit einem süffisanten Lächeln.

„Jepp.“

„Hey Jungs“, trällerte es fröhlich aus der Küche. „Wenn ihr nicht bald aufsteht, dann ist kein Kaffee mehr da.“

„Shit!“ Völlig verdutzt schaute mich mein Liebster an.

„Was war denn das?“ Ich lachte. Er konnte es ja nicht wissen. Ich gab ihm einen weiteren Kuss und ließ ihn ein bisschen zappeln. Doch da hatte ich definitiv die Rechnung ohne ihn gemacht. Noch bevor ich wusste wie mir geschah, hatte er sich auf mich gestürzt und begann mich durchzukitzeln. Schon nach ein paar Minuten konnte ich nicht mehr.

„Hör auf, bitte.“ Ich musste schon tierisch nach Luft schnappen. „Ich sag`s dir ja! Ich sag`s dir ja! Aber bitte Gnade. Ich bin ein abhängiger Kaffee-Junkie.“ Andy beendete prompt seine Kitzel-Attacke, beobachtete mich einige Sekunden lang und brach dann in lautes Gelächter aus.

„So“, mimte ich die beleidigte Diva. „Du lachst mich also aus.“ Sorry … aber, ich konnte dieses Schauspiel kaum drei Minuten durchstehen, bevor ich in Gelächter ausbrach.

Andy fing sich als erster wieder und wir machten uns schließlich, wenn auch schweren Herzens, brav nacheinander und getrennt auf den Weg ins Badezimmer. Jetzt hatte meine Oma schon einen halbnackten Mann im Bett ihres Enkels, da brauchte sie nicht noch zwei … na ja, die was auch immer in ihrem Bad trieben. So viel Rücksicht musste sein.


„Guten Morgen“, meine Großmutter, hatte ihren ich-weiß-was-ihr-getan-habt Blick drauf. „Wie ich sehe, ist mein Schwiegersohn in Spe wieder da. Und wie lange gedenkst du zu bleiben?“

„Na ja …“, begann Andy zu erklären, während er uns allen Kaffee eingoss. „Ich habe jetzt hier einen Job, eine nette kleine Wohnung.“ Er lächelte verlegen in meine Richtung. „Ja, ich denke, dass ich wohl auch in Tirol glücklich werden kann.“

„Schön, schön“, erwiderte meine Großmutter. Doch ich kannte sie. Irgendetwas brannte ihr auf der Zunge.

„Ja, find` ich auch.“ Es sprudelte einfach so aus mir heraus. „Wann darf ich dein neues Zuhause sehen?“

Verführerisch lächelte ich meinen Liebsten an.

„Wenn du willst und deine Großmutter es zulässt Morgen. Es sind ja noch keine Möbel da und auch sonst nur das, was ins Auto gepasst hat.“ Erwartungsvoll schauten Andy und ich meine Großmutter an.

„Von mir aus.“ Sie holte tief Luft. „Aber vorher müssen wir etwas besprechen.“ O ha, das hörte sich nicht gut an.

„Ok.“ Mir schlug das Herz schon bis zum Hals. Andy schien es, obwohl er älter war, nicht wirklich anders zu gehen.

„Ok.“ Sie holte erneut tief Luft. „Ich muss euch was gestehen. Ich habe auch nach der liebevollen Szene an der Tankstelle vor ein paar Monaten nicht gedacht, dass ihr beide zusammenbleibt. Nicht, dass ich euch euer Glück nicht gönne, Gott bewahre. Aber ihr kennt euch richtig gerade einmal zwei Wochen. Ihr wisst noch nicht viel voneinander, also versprecht mir eins: Bitte lasst euch Zeit. Überstürzt nichts. Lernt euch erst mal besser kennen. Und immer schön Safe, während ihr miteinander sch…, na ja, ihr wisst schon, was ich meine.“ Schau an, meine Großmutter konnte auch rot werden. Hihi …“Versprochen?“

„Versprochen“, kam es aus Andys und meinem Mund gleichzeitig. Ein Blinder hätte uns ansehen können, wie es in unseren Köpfen arbeitete.

„Gut, genug von meinem Vortrag, nun haut schon ab. Ihr wollt ja schließlich nicht den ganzen Tag mit einer alten Frau wie mir in diesem Hotel verbringen.“ Wie Recht sie hatte. Doch da war noch der Vorfall mit den von Steinhausens, der mir unter den Nägeln brannte. Das musste ich noch klären …

„Oma, es gibt da noch ein Problem.“ Oma schaute mich fragend an. Ich hatte ganz ihre Aufmerksamkeit. Also fuhr ich fort. „Ich habe Andy unten in der Halle geküsst.“

„Und nun?“ Jetzt kam`s. Ich musste schlucken.

„Die von Steinhausens haben uns dabei gesehen.“ Diese Last lag mir wie ein riesiger Stein auf dem Herzen.

„Was habt ihr euch denn dabei gedacht.“ Großmutter schlug die Hände vors Gesicht. „Gerade die von Steinhausens, Himmel!“ Sie schüttelte den Kopf. „Dir ist bewusst, Adi, dass der Alte von Steinhausen einen Super-Draht zu deinem Vater hat. Was habt ihr euch dabei nur gedacht.“

„Nicht viel.“ Wir bzw. ich hatte echt Scheiße gebaut. „Habe gehandelt ohne nachzudenken. Sorry.“ Ich fühlte mich echt mies.

„Ok, ist eh zu spät jetzt. Ich werde versuchen zu retten, was zu retten ist. Dafür hab ich was gut bei euch und nun macht, dass ihr wegkommt.“ So viel dazu.

Das taten wir dann auch. Keine Minute später saßen wir in Andys Mercedes. Und nur wenig später hatten wir einen super geilen Tag in Innsbruck. Wir waren shoppen, tranken Kaffee und genossen einfach nach dem gestrigen Regentag die ersten wärmenden Sonnenstrahlen. Es war ein super Gefühl, mit ihm hier zu sein.

Dass schon der nächste Morgen ein wahrer Horrortrip für uns bedeuten sollte, konnte noch keiner ahnen, als wir am späten Abend kuschelnd miteinander einschliefen.


[Sorry im Voraus wegen dem, was jetzt folgt. Ich meine die Kraftausdrücke. Ich habe etliche Wörter daher mit drei *** versehen.]

„Aufstehen!!! Aufstehen!!!. Ja, ja, ich war ja schon wach. Verschlafen vernahm ich meinen Vater. Meinen Vater!? Scheiße, wirklich … Blitzartig war ich munter. Er stand Wut geladen mit hochrotem Kopf vor meinem Bett. Ich stieß Andy unsanft in die Seite. „Aufstehen!!!“, schrie mein Vater erneut. Ich hatte schon bemerkt, dass Andy wach war, aber er schien sich nicht ein bisschen zu rühren. „Aufstehen!!! Du elender Arschf***cker!!!“ Mein Vater riss Andy unsanft die Bettdecke weg. Ich konnte mich vor Angst nicht bewegen.

„Sie müssen Adrians Vater sein.“ Andy war inzwischen aufgestanden, hatte sich ein T-Shirt übergezogen und sah nun völlig cool meinen Vater an. Der wurde nun Dampfkesselrot.

„Wie sprechen Sie mit mir! Erst knutschen Sie mit meinem Sohn in aller Öffentlichkeit. Dann f*cken Sie meinen minderjährigen Sohn und nun besitzen Sie die Dreistigkeit, so mit mir zu sprechen!“

„Und nun?“Andy schien diese Aussage erneut völlig kalt zu lassen. Ich hörte plötzlich Schritte. Hinter meinem Vater trat Philipp ins Zimmer. Er war unser Küchenchef und ein Berg von einem Mann. Er verhinderte gerade noch, dass mein Vater Andy eine verpasste.

„Georg!“, erklang die harte Stimme meiner Großmutter. „Du hattest deinen großen Auftritt, verschwinde!“

„Ich würde tun, was sie sagt.“ Philipp baute sich vor meinem Vater auf. Hatte ich schon erwähnt, dass Philipp auch so eine Respekt-Person war? Nein, ich glaube das habe ich nicht …

„Sie …“ Er drohte meinem Freund mit gehobenem Zeigefinger. „Lassen Sie ihre dreckigen Finger von meinem Sohn, sonst …“

„Es reicht!!!“, fauchte meine Großmutter angriffslustig dazwischen in die Richtung ihres Sohnes. „Philipp, sorg` bitte dafür, dass mein Sohn den Ausgang aus meiner Wohnung findet.“ Der Koch nickte.

„Die sanfte oder die harte Tour?“ Philipp hatte verstanden. Mein Vater verstand auch, dass es Zeit war, sich zurückzuziehen. Ohne jedoch mir damit zu drohen, dass das Thema noch nicht ausgestanden sei und er nicht den Ruf der ganzen Familie im Tal wegen diesem armen Bastard (er meinte Andy) aufs Spiel setzen würde. Wie immer hatte er mit seiner Einschüchterungsmethode bei mir Erfolg. Nightmare on Stubai-Tal …


[Diese ersten Absätze hat Andy geschrieben, da ich zu dieser Zeit „unauffindbar“ war. Ihr werdet erfahren wieso.]

Der Hammer! Ich meine den Auftritt von Adrians Dad. Dass er so abgehen konnte. Ok, ich wirkte wohl nach außen hin cool, aber innerlich war ich völlig auf verspannt. Wenn dieser Koch …, ich glaube Philipp hieß er, seinen Dad nicht zurückgehalten hätte, dann hätte ich für nichts garantieren können.

Aber das jetzt hier war … naja, irgendwie wie aus einem schlechten Hollywoodfilm. In dem der Hauptdarsteller einfach nach der Szene das Weite sucht und ins Hotel verschwindet. Ok, ja, Adrian war kein Hauptdarsteller, aber das mit dem Verpissen hatte er auch super drauf. Unglaublich! Klamotten weg. Geldbörse weg. Handy weg. Jacke weg. Und das, nachdem ich mich hauptsächlich für uns eingesetzt hatte. So eine feige Sau …

„Klopf, klopf. Herein.“

„Hallo Hilde.“

„Hallo.“ Verdutzt schaute mich Hilde über den oberen Rand ihrer Brille an. „Was gibt’s?“

„Adrian ist weg.“ Ein Kloß steckte in meinem Hals. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht loszuheulen. Hilde setzte die Brille ab.

„Nicht schon wieder.“ Anscheinend hatte er das schön öfter getan. Hilde rieb sich die Schläfen. „Er ist wahrscheinlich auf unserer Alpe.“. Sie kramte eine Landkarte aus einem Regal. „Hier.“ Ich beugte mich vor, um die Stelle besser sehen zu können.

„Komm` ich da mit dem Auto hin?“

„Ja.“ Hilde zeichnete die schmale Bergstraße mit dem Finger nach. „Aber lass ihm besser etwas Zeit. Ich weiß, wie labil er nach den Streits mit seinem Vater ist, also warte bis morgen, ok?“

„Wenn du meinst.“

Hilde nickte. „Ja ich meine. Und du kannst gerne hier bleiben, wenn du willst.“

„Nein, ich fahre nach Hause und Morgen zur Hütte. Danke für deine Hilfe.“ Ich wollte nur noch nach Hause. Ich musste nachdenken.

„Wie du meinst.“ Ein flüchtiges Lächeln huschte über Hildes Gesicht. „Und Danke für alles.“

Ich lächelte verlegen und verließ das Büro. Gerade in dem Moment, tja, was soll ich sagen … ich öffnete die Bürotür und was soll ich sagen … Herr Pfurtscheller stand vor mir.

„Sie sind ja immer noch da!“ Seine Stimme klang ernst, kalt und abweisend.

„An meinen Anblick werden Sie sich wohl gewöhnen müssen. Ob es Ihnen passt oder nicht.“ Damit ließ ich Adrians Alten mit offenem Mund stehen. Wir waren im Krieg …

[ab hier wieder ich]

Ich hörte das Auto. Ich erkannte das Motorengeräusch sofort. Kurz darauf kam Andys alter Mercedes ins Blickfeld. O ja, ich hatte ein schlechtes Gewissen einfach so davongelaufen zu sein, aber was soll‘s, ich war es nicht anders gewöhnt, die Alpe meines Großvaters bat mir immer dann Trost und Schutz, wenn es Zuhause mal wieder schief lief. Nach der Aktion von Andy gegenüber meinem Vater war mir klar, dass wir uns im Krieg befanden. Aber jetzt ging es erst einmal darum, meine inneren Dämonen zu besiegen …

„Hi.“ Mir war heiß und kalt zu gleich, als Andy mit finsterer Miene aus seinem Auto stieg.

„Warum?“ Eine begründete Frage. „Warum haust du einfach ab?“

„Ja. Sorry, aber …“, versuchte ich mich herauszureden.

„Ich will nichts hören!“ In seiner Stimme klang Traurigkeit und Wut mit. Ich hatte ihn zutiefst verletzt. „Wir müssen reden.“

Wir klärten einiges: Meine Ängste, seine Ängste, familiäre Probleme und versprachen uns gegenseitig immer offen zu sein, auch wenn es noch so wehtun würde, und doch war nach der Aussprache was anders als zuvor.

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