zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Sometimes it is better to know nothing

Kapitel 3 - Zurück in die freie Welt

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

 

Noch ist es draußen dunkel, nur das schwache Mondlicht scheint durch das geöffnete Fenster und lässt Yassi, der eng an mich gerückt ist und tief schläft, unwirklich fahl erscheinen. Gedankenverloren streiche ich mit den Fingerspitzen über seinen Arm. Der Sex war großartig gewesen und es war lange her, dass ich mich jemandem so nah und vertraut gefühlt hatte. Yassi ist schön, sexy und aufregend und natürlich kann ich nicht leugnen, dass es schon ein gutes Gefühl ist, der Erste gewesen zu sein. Ich mag ihn sehr, doch war da mehr? Ich durchsuche mein Herz und meinen Kopf nach den Gefühlen, doch es bleibt dabei, was ich schon vermutete. Yassi bedeutet mir viel und ich schätze ihn sehr, aber mehr war da einfach nicht. Ich liebe ihn nicht.

Vorsichtig befreie ich mich aus der Umarmung, ziehe die Shorts und mein T-Shirt an und schleiche mich leise auf die Terrasse des Hauses. Die Luft ist abgekühlt, aber dennoch so warm, dass es mich nicht fröstelt. Tief atme ich den salzigen Geruch des Meeres ein, genieße die Stille, die nur durch das Wellenrauschen unterbrochen wird. Es ist schön hier, ein schroffes und hartes Land, nur aus Fels und Stein geschaffen, das dennoch an einigen Stellen grüne Oasen gebildet hat, in denen viele Tausende Blumen blühen und Zitronen an den Bäumen wachsen. Streift man durch die Gegend, entdeckt man Zeugnisse der fantastischen Geschichte Persiens und der großartigen Baukultur seiner Herrscher. Ich mag es eigentlich hier, wenn, ja, wenn die Menschen verstehen würden, dass es egal ist, wen man liebt.

Ich spüre Nouri schon, bevor ich seine knirschenden Schritte auf den Kieseln höre, die die Terrasse bedecken. Insgeheim hab ich mir seine Anwesenheit gewünscht, es gibt noch so viel, über das wir reden müssen.

„Was machst du hier draußen, Kian?“

„Ich kann nicht mehr schlafen“, antworte ich und drehe mich zu ihm um. Er sieht noch müde aus, seine Haare stehen wirr vom Kopf ab und selbst in der Dunkelheit kann ich das Leuchten seiner grünen Augen sehen.

„Hat sich so angehört, als wärst du beschäftigt gewesen.“

Ich seufze.

„War ich, ja.“

Ich war dieses Thema leid und Nouri schien es zu bemerken.

„Kian, ich habe nachgedacht. Ich liebe dich. Du bist mein Zwillingsbruder, meine andere Hälfte. Ich würde viel dafür tun, dass du glücklich bist. Du hast recht, vielleicht bist du mehr als nur mein Bruder für mich. Ich vertraue dir wie keinem anderen Menschen auf dieser Welt und das macht dich zu etwas Besonderem. Ich habe die Zärtlichkeiten mit dir genossen, aber mich auch dafür gehasst. Wer mag seinen eigenen Bruder schon mehr als einen anderen hübschen Kerl? Ich wusste, dass Jordi mich gut findet. Ich hab ihn ausgenutzt, mit ihm geschlafen, weil ich dachte und auch wollte, dass ich mich in ihn verliebe. Ich war furchtbar egoistisch und bereue es sehr, aber ich wollte unbedingt, dass diese Gedanken an dich aufhören, verstehst du? Es tut mir leid.“

Meine Wut verraucht mit einem Mal. Jordi war in den vergangenen drei Tagen nicht mehr wirklich in meinem Kopf präsent gewesen, doch Nouris Geständnis kramt ihn wieder hervor. Und auf einmal begreife ich es. Das, was Nouri tat, war vielleicht nicht besonders toll, aber ich verstand ihn seltsamerweise auch irgendwo und …, was viel wichtiger war, Jordi und ich werden keine gemeinsame Zukunft haben. Insgeheim tat er mir jetzt auch wieder leid. Er würde niemals eine Chance bei Nouri haben.

Etwas befreiter umarme ich ihn kurz.

„Ich hab dich auch lieb, Nouri, und jetzt komm, lass uns Yassi wecken. Ich glaube, es ist Zeit hier zu verschwinden. Vielleicht hat er ja einen Plan.“

Nouri nickt, hält mich dann am Arm zurück.

„Yassi ist übrigens ziemlich hübsch“, grinst er und geht dann ins Haus.

Ein paar Minuten später sitzen wir im Kerzenschein in der Küche und verschlingen hungrig das Naan, eine einfache Brotsorte im Iran, ähnlich dem Fladenbrot. Ich bemerke, wie Nouri versucht, unauffällig den jungen Polizisten zu mustern, und lächle. Vielleicht nimmt das hier doch noch ein gutes Ende.

„Yassi, hast du eine Idee, wie es weitergehen soll? Ich finde es total schön hier in dem Haus, aber wir können nicht ewig hierbleiben und du musst doch sicher auch zur Arbeit morgen.“

Traurig schaut er mich an.

„Ich glaube nicht, dass ich zurück kann, Kian. Ich hätte gestern schon arbeiten müssen, hab aber lieber den Tag mit dir verbracht. Jetzt bin ich unehrenhaft für die Armee und den Polizeidienst, dabei ist das das einzige, was ich kann. Ich hab nur diese militärische Ausbildung. Was soll ich machen, wenn ich zurückgehe? Ich finde keine Arbeit mehr und ich glaube nicht, dass meine Eltern sehr erfreut wären, mich zu sehen. Und ich will auch nicht mehr zurück. Die Begegnung mit dir und das, was wir erlebt haben, gemacht haben, hat mir die Augen geöffnet. Hier gibt es das Leben nicht, was ich mir wünsche. Ich hab dir gesagt, dass ich eine Frau heiraten muss, weil das hier so ist, aber das ist falsch. Ich muss nichts tun, was ich nicht will. Das einzige, was ich muss, ist das Leben in die Hand zu nehmen und dafür zu sorgen, dass es mein Leben wird. Mit allem, was ich mir vorstelle. Es war so schön heute Nacht, etwas, was ich nicht mehr missen möchte.“

Tränen laufen die zarten Wangen hinab und plötzlich sieht Yassi sehr viel jünger aus. Verzweifelt und voll mit Sehnsüchten, die sich hier nicht erfüllen werden. Ich ärgere mich über mich selbst, dass ich ihm gezeigt habe, wie schön es sein kann, das auszukosten, wonach sich das Herz sehnt. Ohne mich …

Nouri steht auf, zieht seinen Stuhl dicht an Yassi heran, setzt sich neben ihn und umarmt ihn innig. Ich höre, wie der Polizist laut schluchzt, und sehe die Tränen in das Shirt meines Bruders sickern. Nouri flüstert beruhigende Worte und nach einigen Minuten verebbt das Schluchzen und Yassi reibt mit dem Handrücken die letzten nassen Spuren fort.

Mein Bruder sieht mich fragend an.

„Was machen wir jetzt? Wir können ihn doch nicht hier zurücklassen?“

„Bring Yassi bitte ins Zimmer und lass ihn ein wenig dösen, er sieht erschöpft aus. Und ich überlege mir was in der Zwischenzeit.“

Ich sehe zu, wie Nouri Yassi hochzieht, ihn in eines der Zimmer begleitet, sich dann zu ihm legt und sich von hinten an ihn kuschelt, die Arme fest um dessen Körper geschlungen.

Mein Weg führt mich wieder hinaus auf die Terrasse und ich lasse mich in einen der schweren Korbstühle fallen. Ich liebe den Anblick des Meeres und die Geräusche des Wassers und so schließe ich einen Augenblick meine Augen. Die ganze Situation war eigentlich Stoff für einen Roman. Vielleicht schreibe ich es tatsächlich auf, grinse ich dann, und plötzlich hab ich einen Einfall. Ich krame mein Handy hervor, fluche leise, als der Empfang rapide auf zwei Balken sinkt, und versuche Google zu öffnen. Schnell hab ich die nötigen Informationen zusammen, springe auf und gehe zu dem Zimmer, in das sich Nouri und Yassi hingelegt hatten. Ich bleibe im Türrahmen stehen, genieße das Bild, was sich mir bietet. Yassis Kopf liegt auf der Brust meines Bruders, der mit geschlossenen Augen stetig durch das Haar des Persers streichelt. Die Finger seiner anderen Hand sind mit Yassis Fingern verschränkt. Langsam gehe ich zu den beiden, küsse jeden von ihnen auf die Stirn.

„Kommt, wir müssen los. Packt eure Sachen, es wird hell.“

Minuten später sind wir eilig damit beschäftigt, unsere Habseligkeiten in unseren Taschen zu verstauen.

„Die ganze Strecke mit dem Motorrad zu fahren und die Taschen dabei seitlich am Motorrad zu halten ist ziemlich gefährlich, außerdem ist es zu dritt ein bisschen eng. Ich habe da einen … Freund, der hat uns einen alten VW-Käfer besorgt. Schon ziemlich rostig das Teil, aber noch gut genug, um damit zu fahren.“

„Einen Freund?“

Augenblicklich werde ich rot, denn meine Frage trieft nur so vor Eifersucht, dabei war ich mir doch bewusst, dass ich Yassi nicht liebe.

Der Polizist lächelt. „Ja, einen Freund, Kian“, sagt er und küsst mich kurz auf die Lippen. Aus dem Augenwinkel sehe ich Nouri, der sich bei dem Anblick kurz ebenfalls über die Lippen leckt.

„Ich hab eine Idee“, sage ich dann, „Yassi, in Teheran gibt es eine deutsche Botschaft. Du könntest mit uns kommen und vielleicht giltst du als Flüchtling aufgrund deiner sexuellen Orientierung. Wir könnten es zumindest versuchen.“

„Ausreisen?“, Yassi sieht mich erschrocken mit großen Augen an.

Ich nicke.

„Nach Deutschland …, aber … ich bin hier geboren, das ist meine Heimat. Meine Familie und Freunde leben hier. Ich war noch nie in Deutschland, ich kenne es nicht, ich hab dort keinen Job und niemanden, den ich kenne. Und … ich habe nichts bei mir, außer ein paar Klamotten und meine Lieblingsfotos. Ich hab kaum Geld …“

Wieder laufen Tränen über das hübsche Gesicht des Persers und diesmal sind es Nouri und ich gemeinsam, die ihn tröstend in den Arm nehmen.

„Du kennst uns Yassi. Wir lassen dich nicht alleine und vor allen Dingen nicht zurück.“

„Schon, aber … was soll ich dort machen?“

„Du könntest versuchen, dort zu studieren, wir werden dir helfen …, für dich da sein, du kannst bei uns wohnen, solange bis du was Eigenes hast. Du hast gesagt, du willst nicht zurück …“

„Ja, das stimmt, ich weiß, dass ich hier nicht das ausleben kann, was ich will, aber nach Deutschland zu gehen und alles zurückzulassen ist so ein wahnsinnig großer Schritt …, ich muss erst darüber nachdenken.

Nouri umschließt fest Yassis Hand.

„Begleite uns bis nach Teheran und dann entscheide dort, ok?“

Yassi nickt, überlegt einen Moment und lächelt dann.

„Einverstanden. Lasst uns fahren.“

„Yassi, das ist nicht dein Ernst, oder?“

Entsetzt starre ich den Käfer an. Das Ding war nicht nur rostig, es fiel schon auseinander. Die Seitenspiegel existieren nicht mehr und eine Tür hat wohl, laut Yassis Angaben, schon immer gefehlt. Gurte und Blinker gab es nicht und es blätterte überall die Farbe ab. Auch das Polster war zerschlissen und hatte eindeutig schon bessere Tage gesehen.

„Es ist das einzige, was wir haben, Kian, entweder du bewegst deinen süßen Arsch da jetzt rein oder wir lassen dich hier, stimmt’s, Nouri?“

Ich grinse beide an.

„Ihr seht schon so aus, als ob ihr mich hier lassen würdet, und dein Ton gefällt mir nicht, mein Freund“, sage ich gespielt böse zu Yassi, der plötzlich hart in meinen Schritt greift und mich aufkeuchen lässt.

„Wolltest du dich beschweren?“

„Nein, nein“, wehre ich ab, muss aber dennoch kichern. Ich mochte den selbstbewussten Yassi.

„Ich fahre“, sage ich dann, doch Nouri fängt an zu prusten.

„Du fährst wie eine Sau und hast schon dutzende Unfälle verursacht. Du fährst ganz sicher nicht!“

„Das stimmt doch gar nicht!“

„Stimmt wohl.“

Ein genervtes Aufseufzen ist zu hören.

„Könntet ihr beiden Prinzessinnen mal die Klappe halten und einfach den Motor starten? Das rechts ist übrigens das Gaspedal, da muss man rauftreten, damit das Auto sich bewegt.“

Nouri und ich schauen uns an, sagen gleichzeitig „Schnauze“ und dann setzt sich mein Bruder hinter das Lenkrad und der Käfer mitsamt uns prescht davon.

„Kian.“

Yassis dumpfe Stimme dringt durch meinen benebelten Verstand, aber ich kann nicht reagieren. Ich weiß, dass ich schlafe, und schreie Yassi förmlich an, mich zu wecken, aber nur Stöhnen dringt aus meinem Mund. Was für ein absurder Zustand. Zu wissen, dass man schläft und träumt und nicht aufwachen kann. Ich schlage wild um mich und spüre dann ein schweres Gewicht auf mir und plötzlich … ein Brennen auf meiner linken Wange. Schlagartig öffne ich die Augen, sehe in Yassis Gesicht, der mich besorgt ansieht. Sein Körper liegt auf mir, seine Hände halten meine Arme fest und dann ist sie da … die Erinnerung.

„Lass mich los, Yassi!“

„Du hast geträumt und um dich geschlagen, ich musste …“

„Lass mich los! Geh runter von mir!“

„Schhht, Kian, beruhig dich doch. Ich …“

„Ich sagte, geh weg!“, schreie ich ihn an, versuche mich aus seinem Griff zu winden.

Dann ist plötzlich Nouri da, zieht Yassi von mir herunter und streichelt beruhigend meine Wange.

„Alles ist gut, er ist nicht hier. Du bist in Sicherheit, es ist alles gut.“

Ich beruhige mich ein wenig, weiche Yassis fragendem Blick aus, doch Erfolg hab ich damit nicht. Als wir wieder seit ein paar Minuten unterwegs sind, kann er nicht mehr an sich halten.

„Was ist dir passiert?“, fragt er vorsichtig und ich schließe schmerzerfüllt die Augen.

Die Sonne genießend, sitze ich mit Luise, meiner besten Freundin, vor unserem Lieblingscafé in der Sonne und schlürfe an meiner heißen Schokolade. Sie lacht über einen meiner eingeworfenen Witze und verschwörerisch tuscheln wir dann leise über die anderen Gäste.

„Kian, du wirst beobachtet.“

„Hm?“

Sie rollt mit den Augen.

„Kian, wir sind fast jeden Tag hier und seit zwei Wochen ist dieser neue Barista da und du willst mir sagen, dass du diese Sahneschnitte noch nicht bemerkt hast?“

Ich grinse leicht. Natürlich habe ich ihn bemerkt, so blind bin selbst ich nicht, und mir ist auch aufgefallen, dass er mich beobachtet und mit mir flirtet, aber so ganz kann ich mich dennoch nicht drauf einlassen. Klar, er ist hübsch und scheint sehr nett zu sein, aber ich will endlich was Ernstes, was Richtiges, und kann mir das so ein Sunnyboy geben? Ich schaue kurz in seine Richtung und unsere Blicke treffen sich und spätestens jetzt bin ich verloren …

Yassi streichelt behutsam meinen Arm.

„Es lief großartig“, erzähle ich weiter. „Er lud mich zum Essen ein, wir hatten ein tolles Date, er küsste mich und … wow … es war der Hammer. Er war total nett und lieb und zuvorkommend. Wir unternahmen viel, ich traf seine Freunde und er meine und wir hatten verdammt guten Sex.“

„Was ist dann passiert?“

„Es war so nach 6 Monaten, ich war zu Hause, wartete auf ihn …“

Ich höre, wie sich sein Schlüssel im Schloss umdreht, und stürme zur Tür. Tarkan war zwei Wochen im Urlaub gewesen, mit seiner Familie, und ich freu mich wahnsinnig ihn wiederzusehen. Mit strahlendem Lächeln erwarte ich ihn und als sich dann sein Gesicht durch die Tür schiebt, nehme ich es sanft in beide Hände und küsse ihn zuerst zärtlich, dann verlangend. Er reagiert kaum und plötzlich werde ich nach hinten geschubst, mein Hinterkopf prallt unsanft gegen die gegenüberliegende Wand. Schmerzerfüllt reibe ich mir die Stelle und nur mühsam kann ich ein paar Tränen unterdrücken. Verständnislos schaue ich ihn an.

„Was ist denn in dich gefahren? Hast du `ne Meise?“

Tarkan antwortet nicht, packt mich mit eisernem Griff am Oberarm und zieht mich quer durch die Wohnung ins Schlafzimmer. Ich versuche, mich zu befreien, doch körperlich ist er mir überlegen.

„Tarkan, du tust mir weh. Was ist denn bloß los? Hör bitte auf.“

Langsam dreht er seinen Kopf, sieht mich an und mein Blut gefriert in den Adern. Der Blick, der mich trifft, ist eiskalt, sogar hasserfüllt, und ich bin völlig verunsichert. So kenne ich ihn nicht und er macht mir Angst.

„Das hast du dir selbst zuzuschreiben“, flüstert er bedrohlich, drängt mich gegen den Schlafzimmerschrank, seinen Körper fest an mich gepresst. Seine Hand fasst hart an mein Kinn und er zwingt mich so, ihn anzusehen.

„Ich hab so nette Sachen gehört über dich, als ich weg war.“

„Was für Sachen?“

„Ich habe Omid getroffen.“

Genervt stöhne ich auf. Omid ist Tarkans bester Freund und hat gerade genug Grips, um nicht neben das Klo zu kacken. Ich hasse ihn und er mich auch. Und Omid ließ keine Gelegenheit aus, mir das zu zeigen.

„Er sagt, er hätte dich Hand in Hand mit einem blonden Typen durch die Stadt laufen sehen.“

Ich rolle mit den Augen.

„Ich bin mit dir zusammen, Tarkan. Ich habe dich nie betrogen. Wahrscheinlich war das nur ein Kommilitone.“

„Er würde mich nie anlügen.“

„Dein bester Freund ist ein dummes Arschloch, das nicht bis drei zählen kann! Er kann mich nicht ausstehen, wahrscheinlich, weil er dir gerne selbst mal den Schwanz blasen will. Ich bin dein Freund, dein Partner. Du solltest mir soweit vertrauen.“

Ich sehe die Hand nicht, spüre den kleinen Windhauch nicht, den sie durch die plötzliche Bewegung hinterlässt …, aber das Brennen bemerke ich, nur wenige Sekunden, nachdem die Handinnenfläche meine Wange trifft. Der Schlag ist hart und es tut so weh, dass mir sofort Tränen in die Augen schießen. Ich bin zu geschockt, um zu reagieren, kann ihn nur verständnislos ansehen.

Yassi legt vorsichtig seinen Arm um meine Schultern, zieht mich etwas fester an sich heran.

„Was hast du gemacht? Hast du dich gewehrt?“, fragt er vorsichtig.

„Ich wünsche mir, dass ich das gekonnt hätte …, aber es ging nicht. Ich wusste nicht, was passierte. Er war doch immer so lieb zu mir und dann plötzlich tickte er so aus. Ich war noch nie in meinem Leben geschlagen worden und dann er …, es tat in mehrfacher Hinsicht so unglaublich weh. Es … war nicht nur der Schlag, Yassi, er hörte danach nicht auf.“

„Warum ...?“, frage ich, denn zu mehr bin ich nicht in der Lage. Tarkan antwortet nicht, drängt mich in Richtung Bett. Sein Gewicht drückt mich auf die Matratze. Er setzt sich auf meinen Schoß, sein Griff um meine Handgelenke ist unerbittlich … Das so hübsche Gesicht nähert sich mir, doch in seinen Augen ist von Liebe oder Zuneigung nichts mehr zu erkennen und ich drehe meinen Kopf weg. Sofort schnellt seine Hand hervor, dreht ihn gewaltsam wieder zu sich, sodass ich ihn ansehen muss.

„Dreh dich nicht weg! Ich will dich ansehen.“

„Tarkan, du tust mir weh, lass mich bitte los.“

„Du schuldest mir was. Und ich werde es mir jetzt nehmen.“

Entsetzt starre ich ihn an. Mein Körper versagt und ich habe keine Kraft, mich zu wehren. Alles in mir wird plötzlich taub und es ist, als wenn ich ihn aus der Ferne dabei beobachte …, wie er meinen Körper betatscht, mich benutzt, mich nimmt, meine Schmerzen und Tränen ignoriert. Ich breche zusammen.

Lesemodus deaktivieren (?)