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Fußball ist unser Leben

Teil 4 - Das Spiel und die Folgen

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Informationen

Nationalmannschaft schwul

Dann folgten Bilder von Lars und Janne aufgenommen im Krankenhaus.

Natürlich in eindeutiger Pose, küssend.

Wer auch immer diese Aufnahmen gemacht hatte und so verbreitete, der gehörte erschlagen.

Aber sie waren da und wurden verbreitet.

Ich sah Janne und Lars an und gab ihnen die Zeitung.

Beide schluckten und es traten Tränen in ihre Augen.

„Ich hätte es gerne selbst bestimmt wann...“, kam es von Janne und Lars nickte zustimmend.

„Ihr seid ja beide noch Schüler?“

„Ja.“, lautete die Antwort.

„Dann ist Euch klar, was die Schlagzeilen bedeutet, wenn sie morgen in der Zeitung erscheint. Eure Klassenkameraden werden vielleicht über Euch herfallen.“

Ich machte eine Pause.

„Seid Ihr bereit und Willens euch heute und hier zu outen und für Euch zu kämpfen?“

Sie schauten mich und sich an und nach kurzer Zeit nickten sie.

„Ja.“

„Meine Leute und in der Schule, sie wissen es.“, sagte Janne.

„Ja ich denke, nachdem was da steht, bleibt nur der Weg nach vorn.“, nickte Lars zustimmend.

„Dann wartet.“

Ich ging zu Günter und zeigte ihm die Zeitung.

„Ja, hat man mir schon zugeflüstert. Was ist dran? Willst du was dazu sagen? Du hast meine Einwilligung alles zu sagen. Ich finde die Überschrift nicht gut und die Art und Weise einfach schäbig. Du kennst ja meine Einstellung. Und die Jungs haben das nicht verdient.“

Ich nickte.

Ich ging zurück und schaute mir das Publikum an, das wiederum mich fragend und neugierig ansah.

Ich winkte Janne und Lars zu. Sie kamen zu mir und wir gingen zu einer Gruppe Jungen und Mädchen, die rechts in der zweiten Reihe saßen.

„Hallo ich bin Kai, vielleicht kennt Ihr mich?“

Sie nickten eifrig und einer der Jungs sagte: „Bekomme ich ein Autogramm von Dir? Bitte.“

„Du bekommst soviel Autogramme von mir, wie Du möchtest. Aber nach der Sendung und großes Ehrenwort. Woher seid Ihr?“

„Aus Bonn, Gymnasium Freiherr von Stein. Wir sind auf Klassenfahrt.“

Ich sah den Lehrer, der mir zunickte.

„Ist wirklich versprochen, nachher gibt’s eine Party und Ihr seid von mir alle eingeladen, dann erfülle ich Eure Autogrammwünsche.“

Ich nickte dem Lehrer ebenfalls zu.

„Ich habe aber eine Bitte an Euch, rückt ihr zusammen, dass sich noch zwei zu Euch setzen können? Und in der Reihe dahinter noch zwei. Ja?“

Schon wurde in beiden Reihen Platz geschaffen. Ich bat Janne und Lars, sich in die zweite Reihe zu setzen und die Zwillinge dahinter. Ein Getuschel begann, als die beiden, Janne und Lars, erkannt wurden. Ich ging wieder hinter die Bühne zu René.

Er sah mich an.

„Wollen die Beiden das wirklich durchziehen?“

Ich nickte.

„Alle Achtung. Nun, dann will ich das Meinige ebenfalls dazu tun.“

Ich sah ihn fragend an, aber wir wurden unterbrochen, denn Gottschalk wurde zugeschaltet und Günter sprach mit ihm.

„Thomas, es wird Dich vielleicht interessieren, Kai Oberheuser ist in meiner Sendung.“

„Hallo Kai!“, kam es von Thomas und ich wurde durchgeschaltet, Irgendjemand hatte ein Micro und eine Kamera.

Ich antwortete: „Hallo Thomas.“

„Was wirst Du uns berichten? Die Leistung heute war hervorragend, vor allem auch die der Jungen in der Mannschaft.“, sagte er routinemäßig.

Ich antwortete ihm und war mir darüber im Klaren, dass ich den Kampf wollte, gegen so blöde Zeitungen und Meinungen.

„Ja, ich denke wirklich, dass sie gut waren. Aber ich hab da auch noch was anderes zu berichten. Du solltest wirklich zuschauen und alle anderen auch. Ich habe noch andere Gäste mitgebracht, von denen weiß selbst Günter noch nichts, es wird sicher sehr spannend.“

„Ja sicher, aber Du willst uns doch nicht auf die Folter spannen, komm, eine Andeutung wirst du unserem Publikum schon geben?“

„Na gut, es geht um die Berichterstattung einer bestimmten Zeitung. Hier wurde was geschrieben über einige Jungs, ohne dass man sie fragte. Sicher sind sie in der Nationalmannschaft und dadurch, nun ja, vielleicht öffentliche Personen, aber ich bin der Meinung, alles geht nicht. Wenn nach der Sendung auch andere dieser Meinung sind, würde ich mich über ein Feedback sehr freuen. Es wird sich sicher ein Fax oder ein Telefon finden. So mehr gibt es nachher.“

„Ja gut Kai, ich denke in einer halben Stunde bin ich fertig. Bis dann.“

„Kai wie hast Du Dir das gedacht? Sollen wir ein Interview am Stehtisch oder in der Sitzgruppe machen? Wer soll daran teilnehmen?“

Günter hatte scheinbar Janne und Lars immer noch nicht entdeckt und Ruid auch noch nicht.

„Ich denke wir beide fangen an und laden dann die Leute dazu. So 7 bis 8 werden es dann wohl sein.“

„Ja gut, das können wir so machen. Erst werden die Ergebnisse und Kurzberichte gezeigt, dann können wir ja beginnen. Wenn Du jemanden dazuholst, unterbrechen wir mit weiteren Kurzberichten, dann haben wir Zeit zum Schminken. Könntest mir ja verraten wen du dabeihast.“

„Lass mal, auch für Dich eine Überraschung.“

Die Zeit verging. Ich schaute unauffällig zu Lars und Janne, die sich mit der Klasse unterhielten. René Buois entdeckte ich im Hintergrund.

Thomas hatte seine Sendung beendet, klar, mit einer halben Stunde Verspätung.

Die Sportschau begann.

Günter begrüßte das Publikum, die Gäste und die Fernsehzuschauer. Dann der kurze Überblick und die ersten Kurzberichte.

Die Kamera kam auf uns zu.

Lars:

Als ich sah, wie der Bulle auf Janne Anlauf nahm und Janne wie vom Blitz getroffen fiel, konnte ich nicht mehr. Irgendwas zerriss in mir und ich hatte nur noch den Gedanken, hoffentlich lebt er.

Zu ersten Mal hatte ich mich so richtig verliebt. Verliebt, ja. Nicht so mit rummachen oder abtatschen. Nein. Verliebt, mit Schmetterlingen im Bauch, Herzklopfen, Magenkrämpfen. Wie wir im Zimmer saßen, während Kai schlief und wir uns küssten, hab ich mir geschworen, Janne nie mehr her zu geben. Angst hatte ich schon, ob ich ihn nicht zu sehr bedrängte, da war ja noch Dennis im Spiel. Das mit Dennis verstand ich langsam eh nicht mehr. Aber Janne versicherte mir, dass Dennis nichts dagegen hätte, im Gegenteil, er fände mich süß.

Bei der Äußerung bin ich wohl rot angelaufen, denn Janne zog mich damit auf. Dann küssten wir uns. Es war nicht ein Kuss, es war wie eine Offenbarung. Alles, auf das ich gewartet hatte, obwohl ich nicht wusste was das war, ging in Erfüllung. Er war so zärtlich und er schmeckte so süß. Einfach göttlich. Mir drohte zweimal, dass ich das Bewusstsein verlor.

Und da lag er verkrümmt auf dem Rasen. Alles lief auf ihn zu. Sanitäter, Kai, der Kapitän der Belgier. Auch mich hielt es nicht mehr im Tor. Kai brachte es irgendwie fertig und ich war auf dem Weg ins Krankenhaus, dorthin wo sie Janne hingebracht hatten. Zwei Jungs und ein Polizist kümmerten sich um mich.

Als wir im Krankenhaus ankamen suchten wir die Notaufnahme und erfuhren, dass Janne auf dem Weg ins Zimmer wäre, aber wohl wieder entlassen werden könnte, da er offenbar, wie durch ein Wunder, unverletzt sei. Ehrlich gesagt, das verstand ich nicht so richtig, denn ich hatte gesehen, in welchem Bogen er durch die Luft geschleudert wurde. Wir machten uns auf den Weg.

Tatsächlich fand ich ihn in dem angegebenen Zimmer. Er war alleine. Der Polizist war mit einem der Jungs wieder zurück gefahren und der andere wartete draußen. Da konnte ich nicht anders. Ich stürmte mit Tränen in den Augen auf ihn zu, nahm ihn in den Arm und küsste ihn, lang und ausdauernd.

„Versprich mir, dass Du Dich nie mehr so in Gefahr begibst!“

Er nickte. Dann kamen auch schon Kai und die Anderen, aber ich hatte nur Augen für Janne.

Ich wurde wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, als ich das Bild in der Zeitung sah. Ich war erschrocken. In dem Moment dachte ich, jemand zieht mir den Boden unter den Füßen weg. Alle meine Pläne waren zunichte. Ade Nationalmannschaft. Ich schaute Janne an. Ich dachte einen Moment an dementieren. Nein, ich wollte Janne und er sah mir in die Augen. Er nickte.

„Da müssen wir durch!“

Günter: „So das was es in der Zusammenfassung. Nun zu unserem Gast. Begrüßen Sie mit mir zusammen: Kai Oberhäuser“

Applaus und Kai trat zu Günter an den Tisch.

„Hallo Kai. Ein tolles Spiel heute. Möchtest Du uns dazu noch etwas sagen?“

„Nein, dazu hast Du schon reichlich gesagt. Heute hab ich etwas anderes auf dem Herzen. Ich möchte heute über das sprechen, was ca. 10% der Bevölkerung angeht.“

„Was geht 10% der Bevölkerung an?

„Homosexualität!“

Ihm Studio wurde es sehr still.

„Homosexualität ist das letzte große Tabu im Fußball, obwohl auch in der Bundesliga mit Sicherheit einige homosexuelle Profis spielen. Sie werden durch ein schwulenfeindliches Umfeld gezwungen, sich zu verstecken und ihre Gefühle zu leugnen."

Zögernder Applaus.

Kai hatte sich sehr gut vorbereitet.

„Fußball und Homosexualität gelten immer noch als unvereinbar, weshalb es offiziell keine schwulen Profis gibt. Zehn bis fünfzehn Prozent der Bevölkerung sind ja angeblich lesbisch oder schwul, deshalb müssten, statistisch gesehen, mindestens drei Teams der Bundesliga schwul sein. Inoffiziell wird über einige Spieler gemunkelt, aber natürlich will es keiner zugeben. Fußball ist ja ein Männersport und nichts für Schwule."

Nun wurde die Rede mit stürmischem Applaus unterbrochen. Vor allem sah man beim Schwenk mit der Kamera durch das Publikum, dass vor allem die jüngeren Zuschauer applaudierten.

„Für Künstler, normale Arbeiter und Angestellte, ja sogar Spitzenpolitiker wie regierende Bürgermeister oder Parteivorsitzende ist es inzwischen möglich, offen schwul zu leben. Die Bürgermeister von Berlin, Hamburg und Paris sind nach eigenen Aussagen schwul, in anderen Ländern gibt oder gab es bereits Schwule oder Lesben im Rang eines Ministers. In Fernsehserien dürfen Charaktere schon seit Jahren zur besten Sendezeit schwul sein und auch in der Bundeswehr gibt es eine Arbeitsgruppe Homosexueller Soldaten."

Nun stand alles auf und applaudierte.

„Erinnern Sie sich an Justin Fashanu, Fußballprofi in England? Justin war schwul, hatte sich geoutet, konnte aber dem Druck, der von allen Seiten auf ihn ausgeübt wurde nicht standhalten und hat sich deswegen das Leben genommen. Das ist jetzt etwa acht Jahre her. Im Stadion gilt 'schwul' immer noch als Schimpfwort für alles, was den Fans nicht passt.“

Wieder ein stürmischer Applaus.

„Nun, wenn es denn aber schon so ist, dass jemand in der Mannschaft 'anders' ist, dann sollte man das einfach tolerieren. Denn in der Regel werden sich Spieler weder in der Öffentlichkeit noch in der Mannschaft outen.“

Kai sprach weiter.

„Das Mieseste ist, finde ich, wenn heimlich Fotos gemacht werden und diese ohne zu fragen, ohne Zustimmung der Betroffenen veröffentlicht werden, wie zum Beispiel in dieser Zeitung!“

Kai war sehr laut geworden und hielt nun die Zeitung in die Kamera. Man erkannte Lars und Janne. Einige Kids tobten und pfiffen. Andere schimpften auf die Zeitung.

„Holen wir doch mal einige Meinungen unserer Zuschauer.“

Ein älterer Mann: „Ja, ich denke mal, in der heutigen Zeit, sollte man toleranter sein.“

Die Antwort wurde begrüßt.

Ein Anderer meinte: „Ja, wenn es Otto Normalverbraucher wäre, aber so? Sie hätten sich nicht fotografieren lassen dürfen!“

Hier gab es Buhrufe und Pfiffe.

Ein Mädchen aus der Bonner Klasse: „So ein Schwachsinn. Ich glaube nicht, dass sie sich freiwillig haben fotografieren lassen. Ich hab nichts gegen schwule Jungs, wir haben auch zwei in der Klasse. Schade find ich aber auch, wenn sie sich nicht trauen und sich auch nicht in ihrer Umgebung outen. Sie verlieren an Lebensqualität!“

Günter schien etwas sprachlos.

„Wie meinst Du das? Ich darf doch Du sagen? Komm doch einfach hier zum Tisch und sag uns was Du meinst.“

Das Mädchen, die sich als Kareen vorstellte, sprach weiter: „Ich sagte ja, wir haben auch zwei Jungs in der Klasse, bei denen wir uns ganz sicher sind, das sie ein Paar sind. Wir alle merken und wissen es. Wir können sie aber nicht aus ihrer Reserve locken. Wenn wir zu Partys einladen, sind sie nie dabei, dabei sind sie richtig nett. Niemand würde sie schneiden oder meiden. Wir haben auch schon mit unserem Lehrer gesprochen, aber der meinte, die beiden müssten schon auf die Klasse zukommen. Nun ja, jetzt bin ich hier ein wenig vorgeprescht, aber sie tun mir leid.“

Ein Gejohle und Klatschen der gesamten Klasse war zu hören.

„Also niemand braucht sich hier zu outen. Das möchte ich hier auch mal sagen. Aber um darauf zurück zu kommen, was Du vorhin sagtest. Mit dem freiwillig fotografieren, da möchte ich die beiden, Janne und Lars, selbst herbitten, denn sie sitzen im Publikum.“

Die Kamera schwenkte herum, denn mittlerweile hatte die Regie herausbekommen, wer im Publikum saß. Janne und Lars standen auf und bahnten sich den Weg zum Tisch. Die Jungs, die neben ihnen gesessen hatten, klopften ihnen freundschaftlich auf die Schultern.

Großer Applaus.

„Wie war das denn nun mit den Fotos?“, wollte Günter wissen.

„Nun wir haben es überhaupt nicht gemerkt.“, sagte Lars.

„Ich war so glücklich, dass ihm nach diesem Foul nichts passiert war. Da habe ich ihn in den Arm genommen und geküsst. Es ging nicht anders.“

Donnernder Applaus.

„Wir hatten nicht die Absicht in die Öffentlichkeit zu gehen.“, sprach Janne.

„Was ging Euch dann im Kopf umher, nachdem Ihr die Schlagzeile gesehen habt?“

Kareen fragt dies und Günter nickte: „Danke meine Assistentin, genau das wollte ich auch fragen.“

„Es war, als hätte man mir die Erde unter den Füssen fortgezogen. Ich war und bin unheimlich traurig. Ich kann verstehen, dass ich nun für die Nationalmannschaft nicht mehr tragbar bin. Ich habe mal kurz daran gedacht alles zu dementieren. Aber als ich in Jannes Gesicht sah, wusste ich, dass ich alles für ihn auf mich nehmen würde. Ich liebe ihn.“

Wieder ein donnernder Applaus. Janne nahm das Mikro.

„Ja, mir ging es genau so. Jahrelang hatte ich dafür gearbeitet einmal in der Nationalmannschaft oder bei einer Weltmeisterschaft mitspielen zu können. Das eine wird nun zu Ende sein und das andere können wir uns abschminken. Dennoch ich gebe Lars nicht mehr her. Ich liebe dich auch.“

Den letzten Satz hatte er in Richtung Lars gesagt.

„Das ist richtig so!“

Sagte auf einmal René Buois, der plötzlich mit am Tisch stand. Günter beeilte sich, als er ihn erkannte.

„Wir begrüßen den Kapitän der belgischen Nationalmannschaft, René Buois.“

Applaus.

„Was meintest Du?“

„Ihr Deutschen seid manchmal wirklich komisch und steht euch selbst im Weg. Was ist denn so schlimm daran, wenn die beiden zusammen sind? Im Gegenteil, vielleicht geben sie Mut, dass andere, wie sagte die junge Dame so richtig, ihre Lebensqualität erhalten. Meinem Freund und mir wurden nie Steine in den Weg gelegt. In Belgien weiß es jeder, aber es ist normal. Ich wäre sehr überrascht, wenn aus einem solchen unwesentlichen Grund eine Karriere der beiden Supertalente zu Ende sein sollte. Kommt nach Belgien. Jeder Verein nimmt euch mit Kusshand. Und wenn ihr die belgische Staatsangehörigkeit habt, könnt ihr wieder in der Nationalmannschaft mitspielen.“

Ein Applaus mit befreiendem Gelächter folgte.

„Das hättet ihr gerne. Aber ich denke da wird nichts draus. Ich hab da einige Leute am Telefon, die was dazu sagen möchten.“, kam von Günter und er sprach weiter.

Günter: „Am Telefon hab ich Dieter Kloß, den Mannschaftskapitän der Nationalmannschaft. Hallo Dieter.“

Dieter: „Hallo Günter, hallo Publikum und vor allem hallo Janne, Lars. Ich bin froh, Janne, dass Dir nichts passiert ist.“

Janne: „Danke“

Günter: „Dieter ich bin natürlich gespannt auf Deine, beziehungsweise auf Eure Reaktion auf den Artikel, der Euch sicher auch bekannt ist?“

Dieter: „Ja, der Artikel ging hier sehr schnell herum. Es gab von einigen Mitspielern Statements zu diesem Artikel. Ich möchte sie mal so zusammenfassen:

Wir, die Spieler der Nationalmannschaft, sind über den erschienenen Artikel stinksauer.

Egal welche sexuellen Neigungen wir haben, solange sie gesetzeskonform sind, geht das niemanden etwas an. Da aber dieser Artikel, so und in dieser Form erschien, möchten wir folgendes dazu sagen:

Uns war bekannt, dass Lars... Na ja sagen wir es so, dass es auch jeder versteht in Deutschland, schwul ist. Er selbst hat es uns gesagt, für den Fall, dass einer Schwierigkeit damit hätte. Es hatte aber keiner Schwierigkeiten damit!

Ich selbst kenne andere Spieler, die ebenfalls schwul sind. Kai hat Recht, niemand geht damit in die breite Öffentlichkeit. Wo aber soll man sich aussprechen, wenn nicht unter guten Freunden, oder wie in Eurem Beispiel in einer guten Klassengemeinschaft oder, ja oder in einem Verein, wo es auf Teamgeist ankommt und nicht, wer mit wem ins Bett geht.

Freiwillig wird dieser Zeitung niemand mehr ein Interview geben!!“

Donnernder Applaus war im Hintergrund zu hören.

Dieter: „Janne und auch Lars gehören aufgrund ihrer Leistung in die Nationalelf. Daran wird auch so ein Artikel nichts ändern.“

Günter: „Danke Dir Dieter, es war gut, das zu hören. Die Zuschauer sind offenbar auch alle Deiner Meinung. Und Tschüss!“

Günter: „Nun habe ich niemand anderen am Telefon, als den Vorsitzenden des Verbandes, Uwe Schlösser.

Günter: „Hallo Herr Schlösser. Was gibt es aus Ihrer, beziehungsweise aus Sicht des Verbands dazu zu sagen?

Uwe Schlösser: „Hallo zusammen und vielen Dank, dass ich mich während Ihrer Sendung dazu äußern darf. Die Problematik Fußball und schwul hat Kai ja sehr treffend geschildert. Dazu ist von meiner Seite, leider, nicht neues hinzuzufügen. Es gibt andere Sportarten, wo es diese Mauern nicht gibt, oder wo sie nicht so hoch sind. Wir sollten hier und heute anfangen, diese Mauern einzureißen. Ich habe kein Problem mit Schwulsein und Fußball!“

In dieser Form ging es noch einige Zeit weiter. Es kamen noch einige zu Wort, natürlich auch, ganz wichtig, Gerd Mertens der Trainer. War auch klar, dass er nach den ganzen Vorreden nicht gegen Schwule hatte. Bin gespannt, wie lange das anhält. Die Zeitung hat sich noch an dem Abend von dem Artikel distanziert und kam am Morgen mit einer anderen Schlagzeile heraus.

Kai:

Nachdem das Sportstudio vorbei war, wurde noch etwas Party gemacht. Ich gab meine versprochenen Autogramme, neben mir Janne, Lars und René, als es auf einmal einen Applaus gab. Die Klasse der Bonner Schule stand um zwei Jungs herum, die sich an der Hand hielten und applaudierten.

„Das sind die Beiden.“, sagte Kareen und freute sich.

„Kai für dich, Telefon!“

Ich ließ mir das Telefon geben.

„Kai Oberhäuser.“

„Anne Meuter, ich bin die Tante der Zwillinge.“

„Ja richtig, Frau Meuter. Was kann ich für sie tun? Wir werden gegen 3-4 Uhr zurück sein. Es ist ja morgen schulfrei.“

„Wäre es nicht möglich eher zurückzukommen, es wäre schon sehr wichtig. Julia, die Mutter der beiden ist krank, sehr krank. Die Ärzte sagten, sie überlebt diese Nacht nicht. Sie wollte ihre Jungs noch mal sehen und sie wollte Sie auch sehen.“

„Das tut mir sehr leid. Ich wusste nicht, dass ihre Mutter so krank ist. Dann hätte ich sie nicht mitgenommen. Aber wieso mich?“

„Doch es war gut, die Jungs müssen auch mal was machen, was ihnen Freude bereitet. Warum Julia sie sehen möchte, ich weiß es nicht. Ich erzählte ihr das mit dem Sportstudio und so.“

„Wir werden versuchen so schnell wie möglich zu kommen. Ich verspreche es.“

Nachdem sie mir noch gesagt hatte in welchem Krankenhaus diese Julia lag, ging ich die Zwillinge suchen. Im Gewühle entdeckte ich sie und kam dazu, wie der eine zum anderen sagte: „Nun hör schon auf den armen Jungen anzubaggern. Der hat eine Freundin!“

Dann sahen sie mich, einer wurde rot und ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Aber das verging mir sofort, als ich an meinen Auftrag dachte.

Mit Günter hatte ich alles geklärt, ein Hubschrauber brachte uns zurück. Er wartete bereits vor dem Haus auf uns.

„Eurer Mutter geht es nicht gut, sie möchte Euch sehen.“

Die beiden schauten mich an und ich sah ihren Schmerz. Die Tränen liefen ihnen herunter.

„Kommt, ich komme mit.“

Nachdem der Hubschrauber abgehoben hatte, konnte ich nicht anders, ich nahm sie in den Arm.

„Danke, dass Du mit uns kommst.“

„Was wird aus uns, wenn Mama stirbt?“

Einer hatte es ausgesprochen. Stille. Nur das Schlagen der Rotoren.

„Was ist mit Eurer Tante? Anne Meuter?“

Stille.

Nach einer Weile kam ein geflüstertes: „Tante Anne ist 75.“

Wir näherten uns dem Ziel. Da das Krankenhaus ebenfalls über einen abgelegenen Hubschrauberlandeplatz verfügte, konnten wir dort landen. Ein Auto holte uns ab. Im Flur wurden wir von einem Arzt und einen alten Dame empfangen.

„Anne Meuter“

Ich nickte und gab ihr die Hand.

„Doktor Keil.“, stellte sich der Arzt vor.

„Sie möchte Sie zuerst sehen, dann die Jungs.“

„Ist es…?

„Ja, es ist ernst.“

Ich wusste immer noch nicht, was ich bei einer wildfremden Person sollte.

Ich betrat das Zimmer. Trotz einer schwachen Beleuchtung sah ich die Person, die im Bett lag und langsam den Kopf in meine Richtung wandte.

Sie sagte etwas, ich konnte es nicht verstehen, also trat ich näher an ihr Bett.

„Du bist also Kai.“

Es entstand eine Pause. Sie blickte mich an.

„Ich bin diejenige, die Dir großen Kummer bereitet hat.“

Ich verstand kein Wort.

„Ich danke, dass ich mich wenigstens dafür entschuldigen kann.“

„Wofür?“ fragte ich.

„Ich bin Julia Oberhäuser. Dein Vater hat Euch meinetwegen verlassen. Bitte entschuldige, dass ich Euch das angetan hatte.“

Es war, als hätte ich eine eiskalte Dusche bekommen.

„Mein Vater, wo…?“

Sie lachte kurz auf, abgebrochen, durch einen Hustenanfall,

„Gustav? Nachdem die Zwillinge 8 waren, hat er sich auf und davon gemacht.“

„Verzeih mir!“

„Bitte lass mich noch mal mit Florian in Nicolaus sprechen.“

Ihre Stimme wurde immer leiser. Ich drehte mich um und ging zur Tür.

„Ich verzeih Ihnen, es lag ja wohl mehr an ihm.“

Ich öffnete die Tür und winkte den Jungs zu. Sie gingen langsam hinein. Ich blieb an der Türe stehen. Ich konnte keinen klaren Gedanken fassen.

Wie ich wieder in die reale Welt zurückkam merkte ich, dass ich auf einem Stuhl in einem Wartezimmer saß, das ich vorhin nicht bemerkt hatte. Die alte Dame saß mir gegenüber, rechts und links von ihr die Jungs. Sie weinten.

„Ist…?“

Beide nickten.

„Was wird nun aus uns? Kommen wir in ein Heim? Zusammen oder getrennt?“

„Uns wird keiner trennen!“, sagte der andere, da ich immer noch nicht wusste wer wer war.

„Vom Jugendamt ist schon jemand auf dem Weg.“, sprach Frau Meuter.

„Ich würde gerne, kann Euch aber nicht aufnehmen. Dazu bin ich wirklich zu alt.“

Ich stand auf, denn auf einmal wusste ich, warum ich hier war.

„Wo willst du hin? Bitte lass uns nicht allein.“

„Nico, hör auf. Kai kann uns auch nicht helfen.“

„Entschuldigt Jungs, aber ich möchte mal kurz telefonieren.“

Ich ging nach draußen vors Haus und wählte.

„Lang?“

Es war die verschlafene Stimme meiner Mutter.

„Mama, ich bin’s Kai.“

„Kai? Weist Du eigentlich wie spät es ist, oder besser wie früh?“

„Ja, Mama. Wenn’s nicht wichtig wäre, würde ich nicht anrufen.“

Nachdem ich mit meiner Mutter gesprochen hatte ging ich zurück und kam gerade rechtzeitig, als die beiden Jungs mit zwei Männern das Haus verlassen wollten. Frau Meuter, lief ihnen nach Luft schnappend hinterher.

„Was haben Sie vor?“, fragte ich.

Einer der Jungs antwortete: „Wir werden in einem Heim untergebracht für diese Nacht. Keine Ahnung, wie es dann weitergeht.“

Er zuckte mit den Schultern.

Ich sprach die Männer an, die mich offenbar erkannt hatten.

„Vielen Dank, dass Sie sich so schnell bemüht haben, aber meine Brüder kommen mit zu meinen Eltern. Ich habe mit meiner Mutter telefoniert.“

„Brüder? Wie das? Es hieß, sie hätten außer Frau Meuter keine Verwandten!“

„Ihr Erzeuger war auch mein Erzeuger, deshalb habe ich nun zwei Brüder. Und Brüder halten zusammen? Oder?“

Die Beiden kamen heulend auf mich zu.

„Ist das wahr?“

„Alles!“

Wir verabschiedeten uns von den Leuten vom Jugendamt und der Tante und fuhren mit dem Taxi nach Hause.

„Wer ist Nico und wer Floh?“

„Ich bin Nico und das ist Floh.“

Ich sah Nico an.

„Ich hab am Hals ein Muttermal.“

Jetzt sah ich es.

„Danke.“

„Du Kai, ich hab mal ne Frage, aber bitte nicht böse sein.“

Nico schaute mich an.

„Hat Deine Mutter und Dein Vater was gegen...“

„Gegen was?“

„Na, er meint was gegen schwule Jungs. Nico interessiert sich halt nur für Jungs!“

Ich lachte laut auf und schüttelte den Kopf.

Ich sah Nico an und entdeckte neben ihm Dennis.

„Na Großer, geht doch! Jetzt heißt es Abschiednehmen!“

„Ich werde immer an Dich denken!“

Nachwort

Danke an Micha und Stefan! Danke an die Leser

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