zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Auf dem Weg zur Selbstfindung

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Auf dem Weg zur Selbstfindung?

Ich bin Georg. 19 Jahre jung, 180 cm, 76 kg, sportlich geübt. Also durchaus Tageslicht tauglich, ungebunden und stehe am Ende meiner Schulzeit. Ausbildung oder Studium, wird man sehen.

Meinen besten Freund, Sam, eigentlich Samuel, kenne ich seit der Realschule. Wir wurden schnell enge Freunde. Und wir gingen dann gemeinsam auf die Berufsschule, um das Fach-Abitur zu schaffen. Die schriftlichen Arbeiten hatten wir bereits erfolgreich bewältigt. Nun gab es Zeit, um uns auf die mündlichen Prüfungen vorzubereiten. Das erforderte nicht immer die Anwesenheit in der Schule. Viele Vorbereitungen konnten online, im Home-Office, gemacht werden. Und ab und zu gönnten wir uns ein langes Wochenende, um den Kopf frei zu bekommen.

So eine Zeit war jetzt. Sam lud mich ein, ins Ferienhaus seiner Eltern, an einem See in der Nähe unserer Heimatstadt, zu kommen. Dort könnten wir entspannen und einfach mal wieder die Seele baumeln lassen. Schwimmen, grillen, faulenzen, so ungefähr soll das Programm aussehen.

Sein Vater, Richard, war regelmäßig am Wochenende im Ferienhaus. Er arbeitete unter der Woche viel in seinem Ingenieurbüro. Dieses Wochenende ist seine Frau Monika mit ihren Freundinnen auf einem Wellness-Trip unterwegs. Also war ein Wochenende unter Männern angesagt. Richard war der Typ Vater, den ich mir insgeheim vorgestellt hatte. Leider war mein Vater vor 4 Jahren bei einem Autounfall unverschuldet ums Leben gekommen. Mit ihm hatte ich eine tolle Vater-Sohn-Beziehung. Wir waren drei bis vier Mal im Jahr auf einem Vater-Sohn-Wochenende. Mal in den Bergen, mal am Meer oder auch einfach nur zu Hause, wenn meine Mutter ihre Eltern besuchte oder mit Freundinnen auf Tour ging.

Wir hatten noch keine Pläne, was wir nach den Prüfungen im Sommer gemeinsam unternehmen wollten. Vielleicht könnten wir uns dazu ja am Wochenende mal Gedanken machen. So packten wir Sams Auto und fuhren zum Ferienhaus. Wobei, Ferienhaus ist eine Untertreibung. Es war schon ein tolles Haus, mit 4 Schlafzimmern, einer Küche, einem Wohnzimmer mit Terrasse und, als Highlight, ein Bootshaus. Richard hatte ein Segelboot. Und der See war wirklich groß genug, um dort auch segeln zu können. Die neueste Errungenschaft war eine Sauna, die Richard vor 3 oder 4 Jahren dort einbauen ließ.

Als wir am See angekommen waren, empfing uns dieser mit einem wunderbaren Schimmern unter der Sonne. Ein wunderbarer Anblick und ein willkommener Gegensatz zum hektischen Leben in der Stadt. Als wir unsere Sachen ausluden, erschien plötzlich Richard auf der Terrasse. Mit seiner tiefen Stimme begrüßte er uns, herzlich wie immer. „Bringt euer Gepäck ins Haus.“

Er trug nur eine Badehose. Sein Körper schimmerte braun. War ja kein Wunder, wenn er die Wochenenden hier am See verbrachte. In seiner Sonnenbrille spiegelte sich der See. Sams Vater war für seine 45 Jahre ein sehr attraktiver Anblick, mehr wie ein älterer Bruder als ein Vater. In dem Moment fühlte ich ein unbekanntes Kribbeln meiner Brust, konnte es mir aber nicht erklären.

„Hey, Papa“, sagte Sam, während er eine Kiste mit Snacks ins Haus trug. „Du hast doch hoffentlich nicht das ganze Bier ohne uns getrunken.“ Richard lachte, klopfte Sam auf die Schulter und meinte: „Nicht alles, mein Sohn. Ich habe für euch was aufgehoben. Bezieht eure Zimmer. Es gibt in einer Stunde Abendessen.“

Ich folgte Sam ins Haus und ignorierte erst mal das seltsame Gefühl. Vielleicht war es ja durch die Hitze des Tages verursacht. Deshalb wollte ich nicht zu viel sinnieren, sondern einfach genießen, was das Wochenende für uns bereithielt. Wir wollten einfach relaxen und uns erholen, bevor wir zu den Abschlussprüfungen zurück mussten. Der Tag verging dann wie im Flug. Wir badeten, unterhielten uns bis tief in die Nacht und machten Späße. Richard war meistens in unsere Aktivitäten eingeschlossen. Es fühlte sich einfach gut an.

An nächsten Morgen erhielt Sam einen Anruf seiner Freundin Laura. Sie klagte, dass sie bei ihrer Abschlussarbeit feststeckte und bat Sam, ihr zu helfen. Als mir Sam die Situation erklärte, sah ich den schuldvollen Blick in seinen Augen. Aber er wollte Laura auch nicht hängen lassen und bat, ihn für einige Stunden zu entschuldigen. „Ich bin zum Abendessen wieder zurück, du kannst ruhig hierbleiben und dich erholen. Mein Vater ist ja hier, falls du was brauchst“, meinte er, schnappte die Autoschlüssel und fuhr los.

Richard sagte: „Fühl dich wie zuhause. Wenn du was brauchst, sag mir Bescheid.“ Ich dankte und legte mich auf einen Liegestuhl auf der Terrasse. Es war so ruhig. Das Wasser im See plätscherte ans Ufer und in der Ferne zwitscherten einige Vögel.

Weil es wieder sehr heiß war, entschloss ich mich etwas zu schwimmen, um mich abzukühlen. Schon die ersten Schwimmzüge brachten Abkühlung und ich genoss es, im See zu sein. Als ich wieder zum Bootssteg kam, stand ich bis zur Hüfte im Wasser. Dann stieg ich auf den Steg und trocknete mich ab. Richard saß auf der Terrasse und hatte ein Bier in der Hand. Er lächelte mir zu: „Nicht wahr, es ist immer wieder erfrischend bei dieser Hitze im See zu schwimmen.“ „Es ist perfekt“, antwortete ich.

Er meinte: „Die Sonne geht bald unter. Wenn du willst, heize ich die Sauna an. Dann kannst du noch mehr relaxen.“ Ich fand, es ist eine gute Idee und ich stimmte zu. Nach einigem Zögern folgte ich ihm zum Bootshaus. Die Sonne wärmte noch etwas meinen Rücken.

Die Sauna war klein, aber gemütlich. Das Zedernholz verstärkte den Eindruck. Das Aufheizen ging schnell durch die verbauten Erdsonden. Richard zeigte mir, wie ich die Temperatur steuern kann und verließ die Sauna. Ich legte mich auf die Bank und genoss es, meine Muskeln in der Wärme zu entspannen. Die Luft war dick und feuchtwarm. Schweiß lief schon bald über meine Haut. Ich fühlte mich wohl, es war ruhig und ich genoss den Geruch des warmen Zedernholzes. Nun schloss ich meine Augen und fühlte, wie mein Körper dahin schmolz.

Nach etwa 10 Minuten kam Richard. „Darf ich mich zu dir setzen?“, fragte er. Die Sauna war klein und es fühlte sich etwas seltsam an. Doch was hätte ich sagen können. Es war seine Sauna. „Natürlich, kein Problem“, erwiderte ich. So saßen wir uns gegenüber und schwitzen vor uns hin. Nach einigen Minuten meinte Richard: „Du siehst angespannt aus.“ Ich erwiderte: “ Es ist okay.“ Mein Herz pochte heftig ich meiner Brust. Da war etwas in seinem Blick, das mich irritierte. Ich fühlte in meinem Bauch ein unwohles Gefühl. Er sagte: „Mach dich locker.“

Seine Augen fixierten mich. Mein Unwohlsein nahm zu. Die Spannung, die zwischen uns zunahm, vertiefte mein Empfinden. Er streckte seine Hand aus und berührte meinen Arm. „Geht es dir gut?“, fragte er in einem fürsorglichen Ton. Ich schluckte hart und mein Mund war trocken. „Ich bin diese Art von Hitze nicht gewohnt.“ Wieder fühlte ich seinen Blick auf mir und meine Haut begann seltsam zu prickeln.

Richard goss Wasser auf die heißen Steine. Die Luft wurde noch dichter, die Hitze noch intensiver. Ich wischte den Schweiß aus meinem Gesicht. Richard lehnte sich entspannt zurück, aber seine Augen sandten eine unterschiedliche Botschaft. Ich fühlte, dass er mich beobachtete.

„Ich erinnere mich noch, wie Sam und du vor einigen Jahren hier herumgetobt habt. Eure Lebensfreude war so ansteckend. Sam kann sich glücklich schätzen, so einen Freund wie dich zu haben. Jemandem, den er Vertrauen kann. Nicht jeder kann das von sich behaupten.“ Ich entgegnete mit leiser Stimme: „Er ist mein bester Freund. Wir haben viel zusammen erlebt.“

Meine Gefühle schienen mich zu überwältigen. Doch bevor ich zu viel darüber nachdenken konnte, stand Richard auf und meinte: „Manchmal ist es besser, allein hier drin zu sein. Ich werde ins Haus gehen. Entspann dich noch ein wenig.“ Er schaute mich nochmal mit diesem seltsamen Blick an, bevor er die Sauna verließ. Die Tür schloss sich. Es war plötzlich wieder ganz still. Ich hörte meinen Atem, sonst nichts. Dann plötzlich fiel die Spannung von mir ab. Es fühlte sich irgendwie seltsam an. So saß ich noch eine Weile und ließ das soeben Vergangene nochmal Revue passieren. Doch ich konnte sein Verhalten nicht aus meinem Kopf bekommen. Es war verstörend, verwirrend und noch etwas anderes, das ich nicht in Worte fassen konnte.

Als ich dann die Sauna verließ, dämmerte es schon. Der am Abend kühlere Wind ließ mich frösteln. Der See schimmerte und in der Ferne zirpten die Grillen. Wie hatte ich, gemeinsam mit Sam, diese Abendstimmung immer genossen. Aber diesmal vermisste ich die friedvolle Atmosphäre. Es war alles anders als vorher. Meine Gedanken waren wirr. Mich kribbelte am ganzen Körper. Darum ging ich schnell ins Haus.

Das Wohnzimmer war leer. Die Küche war still. Im Obergeschoss hörte ich Bewegung. Für einen Moment zögerte ich. Dann ging ich nach oben in mein Zimmer, um meine Gedanken zu sammeln und die unguten Gefühle zu wechseln. Während ich die Treppe hoch ging, hörte ich Richards Stimme: „Bist du okay?“ Ich erwiderte: „Ja, ich gehe auf mein Zimmer und ruhe mich ein wenig aus.“ Plötzlich stand er oben an er Treppe. Er war leger gekleidet. Seine Augen hatten wieder denselben Blick, der mir vorher fast hatte den Atem genommen hatte. Wieder war es still. Aber die Atmosphäre war gefühlt sehr dicht. Richard sagte: „Sam wird bald zurück sein.“ Doch sein Blick erzählte irgendwie eine andere Geschichte. „Warum nimmst du dir nicht was zu trinken und wir können noch etwas entspannen?“, meinte er dann zu mir. „Danke, ich möchte einfach etwas ausruhen“, war meine Antwort. Und ich ging die restlichen Stufen hoch zu meinem Zimmer, um seinem Blick zu entgehen.

Ich schloss die Türe hinter mit. In meinen Gedanken fragte ich mich selbst, was geschehen war. Richard war immer sehr freundlich und hilfsbereit. Er war wie ein zweiter Vater für mich. Ich vertraute ihm. Aber nun fühlte sich alles anders an. Und ich konnte mir nicht erklären weshalb. Ich rekapitulierte: Die Art, wie er meinem Arm berührt hatte. Den mir fremden Blick in seinen Augen. Ich bekam es nicht in meinen Kopf. Irgendwas zwischen uns hatte sich verändert. Und irgendetwas in mir wollte das auch nicht ignorieren.

Da hörte ich es an der Haustüre klingeln. Und kurz danach erklang die Stimme von Sam. Er war wieder da. Schnell stand ich auf und eilte ihm entgegen. Was auch immer zwischen Richard und mir geschehen war, ich schob es beiseite, zumindest für den Moment. Sam sagte: „Ich bin, wie versprochen, rechtzeitig zurück zum Abendessen.“ Er grinste und stellte eine Tasche mit Lebensmitteln in der Küche ab. Dann fragte er mich: “Was hast du gemacht, während ich weg war?“ „Nicht viel“, entgegnete ich und zwang mich, ein Lächeln ins Gesicht zu bekommen. „Ich habe am See und in der Sauna abgehangen.“ Sam sagte: „Gut, mein Vater sagt, es sei das Beste, um zu entspannen“. Dann ging er zum Kühlschrank und holte ein Bier. Ich nickte, aber meine Kehle zog sich zu. Wenn er nur wüsste. Aber die Geschichte war noch nicht zu Ende.

Nein, es war erst der Anfang und ich konnte mir nicht vorstellen, was kommen würde. Am Abend erzählte Sam über seine Ideen, den Sommer zu verbringen und Zukunftspläne nach der Schulzeit zu schmieden. Ich versuchte, über seine Späße zu lachen. Aber meine Gedanken kehrten immer wieder zu Richard zurück. Er saß mir gegenüber, war ganz relaxed und folgte unserer Unterhaltung. Aber, wie so oft nun, er konnte seine Blicke nicht von mir wenden. Es war subtil, kaum wahrnehmbar, aber genug, um meine Haut prickeln zu lassen. Seine Blicke hafteten ein wenig zu lange auf mir. Obwohl ich versuchte, es zu verdrängen, gelang es mir nicht. Ich meinte, er will mich irgendwie austesten. Nach dem Essen schlug Sam vor, einen Film zu schauen. Etwas Unterhaltsames , um den Abend ausklingen zu lassen.

Im Wohnzimmer saßen Sam und ich gemeinsam auf der Couch. Richard ließ sich im Sessel gegenüber der Couch nieder. Der Film lief ab, doch ich konnte mich nicht konzentrieren. Richards Gegenwart lenkte mich wieder und wieder ab. Richard ließ mich, so empfand ich, den ganzen Abend nicht aus den Augen. Ich fühlte mich unwohl, wollte aber Sam nicht den Abend verderben und blieb sitzen.

Nach dem Film erhob ich mich und sagte: „Es war ein langer Tag und ich bin müde, deshalb will ich heute gleich schlafen gehen.“ Sam erwidert: „Ja, das ist sicher eine gute Idee.“ Und wir gingen nach oben. In meinem Zimmer angekommen, schloss ich die Türe, setzte mich auf das Bett und versuchte, meine Gefühle und Gedanken zu ordnen. Ich drehte und wendete mich im Bett, konnte einfach nicht einschlafen. Immer wieder kreisten die Gedanken um Richard, der mich sehr verwirrt hatte. Es war, als ob er meine Gefühle und Gedanken schon vor mir kannte. Das befremdete mich sehr. Richard war stets freundlich und hilfsbereit zu mir. Vielleicht sah ich Gespenster, redete ich mir ein. Aber tief in mir wusste ich es besser. Es war etwas zwischen ihm und mir, das ich nicht ignorieren konnte und ein Teil von mir auch nicht ignorieren wollte. Und ich fühlte, dass ich es vielleicht schon bald herausfinden würde.

Am nächsten Morgen weckten mich das fröhliche Vogelgezwitschere und das sanfte Licht der Sonne, die durch die Vorhänge ins Zimmer schien. Es hätte so schön sein können. Doch ich hatte schon wieder dieses unbestimmte Bauchgefühl, welches mich seit gestern immer wieder einholte. Sam war schon in der Küche und verspeiste eine Bowl mit Cerealien. Er lächelte und fragte, wie ich geschlafen habe. Ich sagte: „danke, ganz gut, und du?“ Sam erwiderte: „Wie ein Stein. Mein Vater ist beim Boot, falls du ihm helfen möchtest, es gibt wohl was zu reparieren. Und 4 Hände sind besser als nur 2 Hände.“ Ich sagte: „Vielleicht später.“ Er wusste ja nicht, dass sein Vater eine Grenze überschritten hatte mir gegenüber und ich deshalb auch nicht wusste, wie ich reagieren sollte. Aber ihm dies zu sagen, dass traute ich mich auch nicht. Also schwieg ich. Was den sprichwörtlichen „Stein im Bauch“ auch nicht leichter machte. Ich wusste auch nicht, wie ich Sam das erzählen könnte, ohne ihm weh zu tun.

Nach dem Frühstück schlug Sam vor, die Kanus aus dem Bootshaus zu holen und damit ein wenig zu paddeln. Sofort war ich dabei. War es doch eine gute Möglichkeit, Richard aus dem Weg zu gehen. Der See war ruhig, die Sonne schien und es war wie in alten Zeiten. Sam und ich, gemeinsam auf Tour. Wir lachten, hatten Spaß und die Zeit flog nur so dahin.

Als wir dann zurückkamen, empfing uns Richard am Bootshaus. Wieder war er nur mit einer Shorts bekleidet, sodass seine Muskeln und seine sonnengebräunte Haut sowie sein Lächeln eine schöne Willkommensszene darstellte. Jedoch nicht für mich. Das war die Ausgangsszene gestern, als Sam weggefahren war. So begann der Kreislauf meiner wirren Gedanken und Gefühl erneut. „Hattet ihr eine gute Zeit auf dem See?“, fragte Richard. Sam sagte: “Das Wasser ist super heute.“ Richard schlug vor: „Ihr könnt gerne noch in die Sauna, zum Entspannen und zur Regeneration.“ Mein Herz begann zu rasen und die Erinnerungen von gestern kamen über mich. Ich versuchte zu lächeln. „Vielleicht später“, gab ich zurück. Ein Blick in seine Augen sagte mir, dass er sicher nicht locker lassen würde. Der Nachmittag verging schnell. Sam und ich lagen am See, tranken kühle Getränke und ließen uns von der Sonne verwöhnen. Er war in seinem Element. Erzählte Geschichten von seiner Freundin und machte Späße. Er ahnte ja nichts von dem Sturm, der sich in mit gerade zusammenbraute. Ich entschied, ihm nichts davon zusagen, sondern die Zeit mit ihm zu genießen.

Als die Sonne sich zurück zog und es langsam Abend wurde, meinte Sam, er würde kurz in die Stadt fahren und einkaufen. Er fragte mich noch, ob ich mitfahren wolle. Aber ich sagte, dass ich lieber hier bleiben würde. In mir tobte ein Gefühlssturm. Wollte ich wirklich mit Richard hier bleiben? Warum hatte ich die Chance nicht ergriffen, mit Sam in die Stadt zu fahren? Ich hatte wirklich keine Ahnung, warum ich entschied, hier zu bleiben. Als Sam dann losfuhr, war mir flau im Magen.

Ich stand also allein auf dem Bootssteg und genoss die Stille, das Plätschern des Wassers und das Einbrechen der Dunkelheit. Richard kam auf mich zu: „Geht es dir gut? Du kannst mit mir reden, wenn du willst. Auch über das, was gestern war.“ Meine Kehle fühlte sich trocken an. Ich war unsicher, was normalerweise nicht meine Art ist. Wieder begann Richard zu sprechen: „Ich denke, ich weiß, was dich umtreibt. Es ist okay. Du brauchst keine Angst zu haben.“ Ja, ich hatte Angst, vor dem Teil in mir, das diese Gefühle zulassen wollte.

„Ich glaube, ich werde einen kleinen Spaziergang am See machen“, sagte ich. In dem Moment fühlte ich, wie seine Hand wieder meinen Arm berührte. Er stoppte meine Bewegung. Seine Berührung war spürbar, aber nicht fest. „Warte, du musst nicht gehen“, sagte er. Mich fröstelte plötzlich. Zwischen dem Drang zu fliehen und dem Gefühl, bleiben zu wollen, war ich hin- und her gerissen. „Ich möchte dir keine schlechten Gefühle machen“, sagte Richard. „Aber wir sollten darüber reden. Über uns. Ich weiß, es ist kompliziert. Über das, was gestern geschah. Ich weiß, es ist nicht einseitig. Ich sah es in deinen Augen.“ Ich entgegnete schroff: „Du weißt gar nichts von mir.“ „Ich sehe, wie du reagierst, wenn ich in deiner Nähe bin. Du kannst es abstreiten. Aber du kannst es nicht verstecken. Es ist einfach da.“

Seine Worte waren richtig. Und das verwirrte mich noch mehr. Der Teil in mir, den ich nicht verstand, der mir aber immer klarer wurde, wollte von mir, dass ich eine Grenze überschritt, die ich vielleicht nicht überschreiten wollte. „Ich brauche Zeit und Raum für mich, um nachzudenken“, sagte ich zu Richard. Dann ging ich los, in den Wald, am See entlang und dachte nach. Ich verlor das Gefühl, alles unter Kontrolle zu haben. Wollte ich das? Und was hätte das für Konsequenzen? Ich fühlte mich gefangen, wie in einem Netz. Einen Ausweg sah ich nicht. Und der eine Teil meiner Persönlichkeit, den ich immer noch nicht verstand, wollte auch nicht entkommen. Dieser Teil wollte Richard sehen, nicht nur sehen, noch einiges mehr. Ich war hierher gelaufen, um zu entkommen und meinen Kopf klar zu machen. Da war Richard. Die Art und Weise, wie er mich anfasst, wie er mich ansieht. Und da war der heimliche Wunsch, zu Richard zurückzugehen. Zu sehen, wohin dieser Weg führen kann. So ging ich zurück zum Haus, während die Sonne unterging und lange Schatten warf. Ich wusste jetzt, ich kann nicht mehr davor wegrennen.

Zurück am Haus sah ich Richard, wie er auf der Terrasse saß und auf den See blickte. Als er mich sah, stand er auf und kam auf mich zu. „Geht es dir besser? Du musst überhaupt nichts tun. Nur wenn und was du möchtest. Es ist allein deine Entscheidung, die ich respektieren werde“, sagte er mit sanfter Stimme. „Du bist der Vater meines besten Freundes. Ich weiß nicht, was du von mir willst“, antwortete ich. Er trat näher. Ich fühlte seine Präsenz. Die Wärme seines Körpers. Die Intensität seines Blickes. Ich konnte fühlen, wie meine Entschlossenheit zu bröckeln begann. Jeder Widerstand, den ich aufgebaut hatte, bröckelte Stück für Stück.

„Ich bitte um nichts, was du nicht geben möchtest“, sagte er leise. „Aber ich möchte, dass du ehrlich zu mir und zu dir selbst bist.“ Die Worte hallten in meinem Kopf nach. Ich muss wirklich ehrlich sein. Kann ich zugeben, was ich so hart versuche zu leugnen? „Ich weiß nicht, ob ich es kann“, flüsterte ich. Er berührte sanft meinen Arm: „Es ist okay Angst zu haben. Aber lass die Angst nicht deine wahren Gefühle verhindern.“

Die Worte hallten nach. Und für einen Moment fühlte ich, die Welt hätte aufgehört sich zu drehen. Mein Herz schlug heftig. Meine Gedanken flogen nur so herum. Aber als ich in seine Augen sah, sah ich so viel Verständnis darin. Keine Verurteilung, keinen Druck. Da war nur er und wartete auf meine Entscheidung. Ich traf die Entscheidung, langsam und zögernd, schloss die Lücke zwischen uns und ergriff seine Hand. Unsere Finger griffen ineinander, warm und fest. Und ich fühlte ein Gefühl der inneren Ruhe, die über mich kam. Eine Ruhe, die ich seit vielen Wochen nicht gefühlt hatte. Er bewegte sich nicht, er forderte nicht, er wartete einfach auf mich. Als ich ihn wieder ansah, spürte ich, wie sich ein Sehnen in meiner Brust entwickelte. Rein und ohne Scham! Und ich fühlte, dass er ebenso viel Angst hatte wie ich selbst. Und bevor ich es mir wieder anders überlegte, führte ich meinen Lippen auf seine Lippen. Und der Kuss, den ich spürte, war so intensiv und doch sanft, aber erfüllt mit eintausend unausgesprochenen Worten. Seine Hand streichelte mein Gesicht. Das berührte mich, wie ich es nie erwartet hätte. Wir küssten uns wieder. Nach einer Sekunde wurde der Kuss intensiver. Wir gingen sogar noch weiter als küssen. Ich berührte ihn an Stellen, von denen ich wusste, dass er wollte, dass ich ihn berührte und ich wusste sofort, dass er das mochte. Und ich erlaubte ihm auch, zu tun war er tun wollte mit mir. Ich bin ein bisschen nach unten gegangen, also habe ich es geschafft, er konnte seine Spitze erreichen und als er es auch erreichte, bin ich wieder nach oben gegangen und er hat mich umgedreht. Wow! So etwas habe ich noch nie gemacht. Aber ich muss zugeben, es war unglaublich. als wir endlich zurückzogen, habe ich einen zittrigen Atem rausgelassen. Mein Herz raste. Es ist der Wahnsinn!

Aber manchmal sind die besten Dinge des Lebens zum ersten Mal das, was sich für immer anfühlte. Wie ein echtes Lachen, das meine Brust leichter fühlen ließ. Und in diesem Moment, auf dem Bootssteg stehend, realisierte ich, dass manches möglich, aber nicht immer so kompliziert ist, wie es den Anschein hat. Wir standen immer noch auf der Terrasse. Auf der Straße entlang des Sees näherte sich ein Fahrzeug. Vermutlich wird Sam zurückkommen. Wir gingen etwas auseinander. Sam stieg aus und hatte eine große Tüte mitgebracht, die er in die Küche brachte. Wir folgten und richteten gemeinsam das Abendessen. Danach ging es, wie üblich, ins Wohnzimmer, um einen Film zu schauen. Richard ging dann gleich zu Bett. Er musste am Morgen früh aufstehen, um ins Büro zu fahren. Wir wollten erst gegen Mittag aufbrechen, da wir erst Dienstag wieder in die Schule mussten.

In meinem Zimmer dachte ich noch über die heutigen Ereignisse nach. Wie soll ich künftig mit Richard umgehen? Was wird sich in Zukunft entwickeln. Will Richard mich als festen Freund nehmen? Kann ich Sam dann noch so ungezwungen begegnen wie zuvor? Bevor mich die Fragen überwältigten, duschte ich noch und ging gleich ins Bett.

Als Sam und ich am nächsten Morgen zum Frühstück erschienen, war alles still im Haus. Richards Auto war auch weg. Er musste wohl sehr früh gefahren ein. Kein Abschied, keine Nachricht hatte ich erhalten. Hatte ich etwas falsch gemacht? Zweifel trübten meine Stimmung. Was wird wohl werden?

Nach dem Aufräumen packten auch Sam und ich unsere Koffer, beluden den Wagen und führen heim. Was wird die Zukunft bringen?

Lesemodus deaktivieren (?)