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Darf ich einfach noch ein bisschen liegen bleiben?

Tim & Max

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“Darf ich einfach noch ein bisschen liegen bleiben?“

„Klar“, sagte er mit seiner samtweichen Stimme und sah mit einem traurigen Blick auf mich hinunter und drücke mich dabei noch ein wenig fester an sich. Ich schluckte meine aufsteigenden Tränen runter und versuchte einfach nur weiter zu atmen. Würde das doch nicht so verdammt wehtun. Ich schloss meine Augen und lies die letzten Stunden nochmals Revue passieren.

Max, bei dem ich gerade in den Armen lag, ist mein bester Freund seit Kindheitstagen. Wir haben schon im Sandkasten miteinander gespielt und waren im Grunde wie Pech und Schwefel. Grundschule und Gymnasium, beides haben wir gemeinsam gemeistert. Sogar den gleichen Sportverein haben wir geteilt und waren ein erfolgreiches Team in unserem Ruderclub.

So auch heute. Wie fast jeden Tag waren wir gemeinsam mit unserem Zweier trainieren, auch ohne Trainer ist das kein Problem. Wir hatten ja einen Schlüssel zum Bootshaus und wer ist schon so verrückt und kommt an einem Sonntagmorgen um sieben Uhr zum Trainieren? Wir zogen uns um und waren dann eine gute Stunde auf dem Wasser. Das Boot kam danach zurück an seinen Platz und wir gingen in der Umkleide duschen.

Ich habe keine Ahnung was mich an diesem Morgen dazu bewogen hat, doch als wir unter den dampfenden Duschen standen und ich Max mit dem Rücken zu mir gegenüber stehen und sich die Haare einseifen sah, setzten sich meine Füße ohne meine Kontrolle in Bewegung. Meine Arme gingen langsam nach oben und als ich bei ihm angekommen war, griff ich in seine Haare und fing an den Schaum zu verteilen. Im ersten Moment zuckte Max erschrocken zusammen, doch dann fing er an zu lachen und drehte sich leicht zu mir um.

„Das haben wir ja schon ewig nicht mehr gemacht“, sagte er und ließ mich gewähren.

Ja, da hatte er recht. Wir hatten als Kinder öfter zusammen in der Badewanne gesessen und uns immer wilde Schaumfrisuren gebastelt.

Doch dieses Mal baute ich keine Schaumfrisur, auch wenn seine mittellangen Haare dies durchaus zugelassen hätten. Langsam führte ich meine Hände in Richtung seines Nackens und massierte seinen Hals nach unten. Als ich bei den Schultern angekommen war, drehte sich Max zu mir um und schaute mich fragend an. Ich schob ihm mit dem Rücken an die Wand und kam ihm immer näher, bis sich unsere Lippen sanft zu einem Kuss berührten.

Ich spürte seine Hände, welche sich an meinem Bauch nach oben zur Brust bewegten. Allerdings wurde dann der Druck größer und Max schob mich ein wenig von sich weg. Als ich meine Augen wieder öffnete schaute ich wieder in zwei fragende Augen und in dem Moment machte es in mir „klick“. Panik erfasst mich. Was hatte ich getan?

Ich ging erschrocken einen Schritt zurück und wollte aus der Dusche rennen. Aber Max war schneller. Er schnappte sich meinen Arm und zog mich zurück. Ich verlor auf dem nassen Boden den Halt und rutschte leicht aufschreiend weg. Max war davon genauso überrascht wie ich, packte mich mit dem zweiten Arm und ich riss ihn mit meinem Schwung mit auf den Boden. Der Aufprall war nicht so schlimm, doch nun lagen wir zusammen auf dem nassen Boden und die Dusche regnete auf uns. Max hatte mich noch immer in seinen Armen liegen.

„Alles okay bei dir?“, war dann auch sogleich seine erste Frage.

„Ja“, antwortete ich knapp und spontan. Aber war wirklich alles okay? Sein Blick fixierte mich und die Falten auf seiner Stirn sagten mir, dass er seine Zweifel an meiner Aussage hatte.

„Tim, was war das eben?“ Kam nun auch schon von ihm.

„Ich bin ausgerutscht als du an meinem Arm gezogen hast“, versuchte ich mich zu flüchten, wusste aber ganz genau, dass er nicht danach gefragt hatte.

„Tim“, war das einzige was von ihm kam. Seinem Blick in meine Augen konnte ich nicht lange standhalten und so schaute ich weg.

Schweigen trat ein und ich spürte den warmen Schauer der Dusche auf meinem Körper, aber auch weiterhin die festen Arme von Max um meinen Körper. Noch immer hielt er mich fest.

„Ich..“, versuchte ich mich zu erklären, doch meine Stimme versagte.

„Ich habe mich in dich verliebt“, schaffte ich nun ganz leise zu flüstern. Noch hoffte ich, dass das Geräusch der Dusche mein Geständnis übertönt hatte. Aber das darauf folgende Seufzen verriet mir, dass er sehr wohl meine Worte verstanden hatte.

Wieder trat Schweigen ein und die Dusche übernahm die Geräuschkulisse. Max und ich saßen weiter auf dem Boden, seine Arme um mich geschlungen und die Dusche prasselte auf uns beide herab. Ich konnte spüren, wie sich sein Brustkorb beim Atmen hob und senkte, ganz leicht darunter konnte ich auch seinen Herzschlag spüren, wenn ich mich darauf konzentrierte. „Würde dieses Herz doch auch für mich schlagen“, schoss es mir durch den Kopf.

„Tim“, wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Kannst du mich bitte einmal ansehen?“

Langsam drehte ich meinen Kopf, so dass ich Max direkt ansehen konnte. Ich spürte in meinem Rücken, dass sein Herz jetzt schneller schlug. Was auch immer er sagen wollte, auch ihn kostete es Überwindung.

„Tim“, startete er erneut und drückte mich dabei noch fester an sich. „Danke für den schönen Kuss, auch wenn er mich ein wenig überrascht hat. Weniger überrascht hat mich dein Geständnis. Ich hatte bereits seit längerem den Verdacht, dass sich etwas zwischen uns verändert hat, doch ich konnte diese Veränderung nicht in Worte fassen.“

Nun war ich derjenige mit dem fragenden Blick. Was wollte mir Max mit seinen Worten sagen?

„Du weißt, dass du auch für mich ein ganz besonderer Mensch bist. Auch ich hatte mir schon die Frage gestellt, ob ich vielleicht mehr als nur Freundschaft für dich empfinde. Allerdings hatte ich mich nicht getraut diesen Schritt zu gehen. Heute habe ich, dank dir, eine Antwort auf diese Frage gefunden.“

Ich konnte das soeben gehörte kaum fassen. Weiterhin blickte ich ihn stumm an. Max holte tief Luft und sprach weiter:

„Bei unserem Kuss gab es bei mir leider kein Gefühlsfeuerwerk und auch kein Verlangen nach mehr.“

Mit diesem Satz zerbrach etwas in mir und mir schossen die Tränen in die Augen. Ich machte den Versuch aufzustehen, doch Max hielt mich weiter fest.

„Ich bin noch nicht fertig“, hörte ich Max neben mir sagen.

„Es tut mir leid, dass ich deine Gefühle für mich nicht erwidern kann, zumindest nicht in der Art und Weise wie du dies gern haben würdest. Dennoch möchte ich gern, sofern du das willst, dein bester Freund bleiben und dich weiterhin an meiner Seite wissen. Aber eben nicht als Partner, sondern als bester Freund. Du bist einer der wichtigsten Menschen für mich und ich möchte nicht, dass sich hieran etwas ändert.“

Seine Worte sickerten langsam in mein Bewusstsein. Er hatte mir gerade einen Korb gegeben, aber er möchte mich dennoch als Freund behalten. Nicht sein Freund, aber weiter als seinen besten Freund. Ob ich das schaffen würde? Ich hatte keine Ahnung. Im Moment tat es gerade nur wahnsinnig weh und ich suchte Halt in Armen, die mir diesen dauerhaft nicht so geben können, wie ich es mir wünschen würde. Dennoch fühlte es sich so gut an, hier an ihm zu liegen. Leise Tränen traten in meine Augen und vermischten sich mit dem Brauseregen der Dusche. Nun war ich derjenige, der versuchte, sich fester an ihn zu drücken.

“Darf ich einfach noch ein bisschen liegen bleiben?“

„Klar“, sagte er mit seiner samtweichen Stimme und sah mit einem traurigen Blick auf mich hinunter.

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