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Ein unverhoffter Abend

Teil 2

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Informationen

Vorwort:

Erst mal einen großen Dank an Lenny, der sich die Zeit nimmt, um meine Storys zu korrigieren. Wie auch schon in Teil eins, hat er in Teil zwei sehr gute Arbeit geleistet. Danke an Lenny Ansonsten hoffe ich, dass ihr noch nicht die Lust verloren habt Teil 2 zu Lesen. Viel Spaß Cyrus

Ein unverhoffter Abend - Teil 2

Nachdem Stephan alles erzählt hatte, konnte ich meine Tränen nicht mehr halten.

„DDDDDDDDDAAAAAAAAAAVVVVVVVVVVVIIIIIIIDDDDDDDDD“, war das Einzige, was ich noch hervorbrachte, bevor ich bewusstlos wurde.

Irgendwann wache ich durch das Geschrei und durch Backpfeifen wieder auf. Nachdem ich meine Augen aufgeschlagen habe, steht Stephan neben mir und Jule rüttelt an mir rum.

„Jule, ist ja gut, ich bin ja wieder wach.“ Ich stehe auf und setzte mich auf eine naheliegende Bank. Erst mal Augen schließen und tief durchatmen.

„Ihr glaubt nicht, was ich eben geträumt habe, David wurde verprügelt. Kann man so was glauben???? Mein David, verprügelt.“ Ich fange an zu lachen, doch sehe ich dann in die betroffen Gesichter von Stephan und Jule.

„Niki, das war kein Traum. David wurde verprügelt und liegt in der Uniklinik. Es tut mir Leid.“ Meine Augen werden feucht, man kann so was immer ganz genau merken, wenn die Tränen sich ihren Weg zu den Drüsen bahnen. Schließlich laufen sie einem über die Wangen. Das ist wahrscheinlich auch der Zeitpunkt, wo Jule mich in den Arm nimmt und ich mich fürchterlich ausheule.

„Alles meine Schuld...........Bin weg gelaufen.............Wäre nicht passiert, wenn.........“ Klatsch, schon bekomme ich die nächste Backpfeife. Anscheinend ist Jule auf 180, denn ihr trauriger Blick ist nun zu einem furchterregenden Blick geworden.

„Spinnst du jetzt total oder was???? Dir auch noch die Schuld geben??? Ich weiß zwar nicht, was passiert ist und ich weiß auch nicht, warum es passiert ist, aber eins weiß ich ganz genau, du bist an rein gar nichts Schuld. Also komm mal wieder runter.“ Das war mein Stichwort, einfach weiter zu heulen. Ich weiß nicht, wie lange wir dort jetzt schon sitzen, aber so langsam beruhige ich mich wieder.

„Danke“, ist das Einzige, was ich noch rausbringe. Danach stehe ich auf und schleiche durch die Stadt. Es ist mittlerweile 4:30 morgens, als ich endlich die Haustür aufschließe. Alles schläft noch und so entschließe ich mich, mich auch aufs Ohr zu hauen.

Der nächste Tag, also der Samstag bringt nichts Neues. Ich habe erst mal bis knapp 15 Uhr geschlafen, als ich dann doch aufgestanden bin, begrüßen mich direkt Kopfschmerzen. Mein lieber Herr Vater hat diesmal am Wochenende Dienst, darum begrüßt mich nur meine Mutter an diesem Mittag.

„Hey Schatz, ich dachte schon, ich muss einen Arzt holen. Willst du was zum Mittag haben, ansonsten essen wir erst heute Abend, wenn dein Vater kommt.“ Meine Mutter scheint sehr fröhlich zu sein. Sie bemerkt allerdings, dass es mir nicht so gut geht und da kann ich mich auch nicht der Fragerei entziehen.

„Junior, ist irgendwas??? Du siehst heute Morgen irgendwie krank aus.“ Ob man es mir wirklich ansieht, oder ob es der Mutterinstinkt ist, weiß ich nicht, aber damit will ich mich auch nicht beschäftigen.

„Geht schon Mum, ich mach mir gleich ein Brot mit Aufschnitt und heute Abend können wir dann essen. Habe sowieso keinen besonders großen Hunger.“

Also mache ich mir ein Brot und verziehe mich wieder in mein Zimmer. Ansprechbar bin ich heute nicht, immer noch geistern mir die Bilder von gestern Abend im Kopf herum. Wie konnte ich mich nur in Rene täuschen, wieso bin ich abgehauen, wie konnte ich David nur so einer Gefahr aussetzten.

Egal, was Jule diese Nacht gesagt hat, ich habe Schuld daran, dass David im Krankenhaus liegt. Ich ganz alleine.

Aber was soll ich machen, ich habe David enttäuscht, Rene hat mich enttäuscht. Ich will Rene nie wieder sehen und David will mich nie wieder sehen.

Wie konnte ich mich nur darauf einlassen, mit zu so einer Schwulen-Party zu kommen. Wäre ich zu Hause geblieben, wäre nichts passiert.

Und schon wieder kommen mir die Tränen. Ich verwandle mich noch in eine totale Heulsuse.

„Glaubst du nicht, du übertreibst ein bisschen????“ Och, nicht schon wieder, ich glaube, ich werde noch irre. Ich höre schon wieder Stimmen. Aber ich habe keine Lust, aufzuschauen, ich habe mich grade auf mein Bett geschmissen und heule in mein Kopfkissen.

„Ich weiß ja nicht, wie du nur auf solche Ideen kommst, aber was sich gestern zugetragen hat, war einzig und alleine eine Verstrickung unglücklicher Zufälle.“ Die Stimme kommt mir doch bekannt vor. Ich glaube, ich weiß, wer das ist. Ja, es kann sich nur um Jule handeln.

„Ich weiß ja nicht, was du hier willst, oder wie du hier hereingekommen bist, aber würdest du die Freundlichkeit besitzen und wieder rausgehen??? Ich will meine Ruhe haben.“ Immer muss einer um mich rum hocken, ist das normal??? Wohl kaum.

„Deine Mutter hat mich angerufen, sie macht sich Sorgen um dich. Darum bin ich hier. Mensch Nikolas, was ist los mit dir???? Kannst du mir erklären, was in deinem kranken Hirn vorgeht??? Du hast es nicht anders gewollt, am Montag gehen wir ins Krankenhaus und Stephan kommt auch mit. Dann werden wir ja sehen, was David dazu sagt. Ich gebe dir morgen noch zur Schonung, aber Montag bist du gefälligst wieder Fit“, sprachs und die Tür knallte zu. Letzten Endes bin ich auch nicht zum Essen erschienen. Da war mir einfach nicht nach.

So gehen auch diese zwei, na ja besser gesagt, dieser eine und ein halber Tag rum. Der Montag rückt näher und die Schule auch. Eigentlich will ich gar nicht zur Schule heute, aber meine Mum lässt nicht mit sich reden. Also heißt es um 7:30 die Bahn nehmen und ab zur Schule. Der Weg war langweilig, obwohl ich daran hätte denken sollen, dass ich in der Klasse ja Rene wiedersehe. Warum soll man sich vorher schon Gedanken machen, es reicht, wenn man sich mit dem Problem in der Schule auseinandersetzt.

An der Schule angekommen, werde ich auch von den unwissenden Mitschülern begrüßt. Man muss sich das so vorstellen, dass wir, also meine Klasse, einen Stammplatz auf dem Schulhof haben, wo man sich immer trifft. Was mir allerdings direkt auffällt ist, dass Rene fehlt. Aus irgendwelchen Gründen habe ich mich nach ihm umgeschaut. Obwohl es mir ja eigentlich egal sein könnte.

Wie dem auch sei, mit den Anderen habe ich nicht so viel Kontakt, dass die mit mir reden würden. Eigentlich habe ich nur mit Rene Kontakt aus dieser Klasse. Die Gründe erwähnte ich ja bereits.

Was ich auch nicht verstehe ist die Tatsache, dass mir Rene nicht aus dem Kopf geht. Immer wieder dieser Name. Eigentlich ist er ja an allem Schuld. Hätte er mich nicht soo dermaßen enttäuscht, überrascht, eifersüchtig gemacht........HALT.......NEUER GEDANKE EIFERSÜCHTIG???? Wie komme ich bitte auf so was?? Natürlich nur die ersten zwei Teile. Enttäuscht und überrascht. Na ja, wie dem auch sei, warum hat er es mir nicht einfach gesagt?? Währe ja kein Problem gewesen.

Wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich in unserer Freundschaft verletzt und betrogen. Aber genug der Gefühlsduselei, ich merke, dass mich jemand am Arm zieht.

Ah, es ist Chris. Ja, anscheinend hat es während meiner Überlegungen geläutet, was bedeutet, dass ich mir nun Geschichte antun kann, oder muss, wie man es sieht.

In der Klasse ist es auffallend ruhig, oder ob es daran liegt, dass ich immer was anderes zu tun habe, wenn Rene da ist??? Ach verflixt, schon wieder dieser Name. Irgendwie beherrscht der ja schon mein Leben. Wie grausam.

Geschichte zog nur so an mir vorbei und auch die nächsten drei Stunden, bestehend aus Religion, Deutsch und Physik bekam ich nur so zur Hälfte mit. Na ja, zum Glück erst mal wieder eine Pause und etwas verschnaufen. Die nächsten zwei Stunden setzten sich aus Sport zusammen. Soll ich hingehen, soll ich nicht. Aber noch mehr Fehlstunden kann ich mir nicht erlauben, wie schaut das denn auf dem Zeugnis aus. Meine Eltern würden mich umbringen.

Also dann, auf in die Höhle des Löwen.

Natürlich hatten sich die anderen Jungs schon umgezogen, so konnte ich mir Zeit lassen. Da wir sowieso wieder Fußball spielen, wie jedes Mal. In dieser Sportart muss ich ganz ehrlich zugeben, bin ich eine totale Niete. Dementsprechend werde ich auch immer zum Schluss aufgerufen und auf die Ersatzbank geschickt. Nach etlichen Minuten bin ich dann auch fertig und begebe mich in die heiligen Hallen unseres Sportlehrers.

Ja wie soll es auch anders sein, sind meine Klassenkameraden schon beim Mannschaften bilden. Mir soll’s egal sein, wird mal wieder ein langweiliger Abschluss in der Schule. Nach dem die 90 Minuten herum sind, gehen alle wieder in die Umkleide. Dabei muss ich wohl einen der Jungs etwas intensiver angestarrt haben, denn auf einmal brüllt einer durch die Umkleide

„Hey wir haben eine Schwuchtel in der Klasse. Na Nikolas, gefällt dir der Arsch von Tobi??? Komm Tobi, wackele noch mal mit deinem Knackarsch, extra für Niki.“

Daraufhin fängt Tobi an, mit seinem Arsch zu wackeln. Also wenn ich ehrlich bin, kann ich nicht behaupten, dass es mir nicht gefällt. Allerdings ist das total absurd.

„Lass den Scheiß, ich bin nicht schwul. Lasst mich doch in Ruhe. Oder habt ihr was gegen Schwule???“

„Uhhh, unser Schwulenflüsterer. Aber wenn du nicht schwul bist, warum warst du dann auf einer Schwulenparty??? Tja, da musst du dich jetzt erst mal rausreden, hmm???“

Was soll ich darauf antworten??? Immerhin kannte von denen keiner David oder Marcel. Ob die mir das einfach so abnehmen würden?

„Habe einem Freund lediglich einen Gefallen getan und bin mit dahin. Und überhaupt, woher weißt du, dass ich in so einer Disse war??? Warst wohl auch da, oder???“

Diese Runde geht ganz klar an mich. Man konnte richtig das Quietschen hören, als seine Kauleiste nach unten gegangen ist. Anscheinend hat sich nun auch sein Hamster im Oberstübchen in Bewegung gesetzt.

„Rene hat es mir am Sonntag erzählt. Hast wohl ´ne Ehekrise mit dem. Hast ihn ja sogar geschlagen, ist ja nicht die feine englische Art, unter Schwulen Probleme zu lösen. Trinkt ihr normalerweise nicht Prosecco und geht danach direkt wieder in die Kiste und alles ist Friede, Freude, Eierkuchen???“

Jetzt reicht es aber. Also nichts gegen Sticheleien gegen Schwule, aber immerhin geht das zu weit. Und ich werde die Schwulen nur deswegen verteidigen, weil ich nichts gegen David kommen lasse.

Dementsprechend reagiere ich nun auch. Ein Sprung und schon liege ich mit Lukas, jener, der so eine riesen Klappe hat, auf dem Boden und eine Rauferei entstehet.

Wie soll es auch anders sein, wird durch das Geschrei unser lieber Lehrer angelockt und sieht, was zu sehen war. Ein zerrissenes T-Shirt meinerseits und eine blutende Lippe auf der Seite von Lukas.

„Was zum Teufel ist denn hier los???? Auseinander, aber auf der Stelle, sonst setzt es was!“, brüllt unser Sportlehrer durch die Kabine und mit einem Mal ist es ganz still. Ich lasse Lukas los und auch er scheint nicht weiter auf einer Tracht Prügel aus zu sein. Ich rapple mich auf und gehe zu meinen Klamotten.

„Nicolas, was glaubst du, wo du hingehst. Glaubst du allen Ernstes, ich lasse euch eine Schlägerei durchgehen??? Zunächst läuft jeder von euch noch zehn Runden in der Halle und nicht auf der kleinen Fläche, sondern auf der Großen. In einer Minute seid ihr am Laufen, sonst seid ihr morgen immer noch dran, NA LOS!!!!!!“, rief der Chef und ich machte mich auch schon auf den Weg in die Halle. Ich höre ein paar Schritte hinter mir, aber nach Umdrehen, ist mir nicht.

Ich laufe links herum und Lukas rechtsherum, was bedeutet, dass wir uns immer irgendwo treffen. Zwei Runden geht das gut, danach fängt Lukas an, mich zu rempeln, sodass ich auf dem Boden liege.

Das macht der allerdings kein zweites Mal, denn in der darauffolgenden Runde, schaffe ich es, ihn zu rempeln.

Wieder eine Runde vorbei. Wie viele bleiben noch??? Noch sechs Runden. Oh man, das kann ja heiter werden.

Doch diesmal schmeißt sich Lukas auf mich. Wieder beginnt eine Rauferei. Wieder schlage ich und er schlägt.

Doch warum schreitet keiner ein??? Eigentlich schaut unser Lehrer doch immer zu, wenn wir Strafe laufen müssen.

Na ja, egal, von einer zur anderen Sekunde ist die Wut wieder da, ich könnte Lukas in der Luft zerreisen.

Doch plötzlich geschieht das, was ich nie für möglich gehalten habe. Ein Kuss. Nein, nicht einfach so einen auf den Mund und gut ist, sehr leidenschaftlich. Ich glaube, so wurde ich noch nie geküsst. Ach was, ich wurde noch nie geküsst und dann so etwas. Ich glaube, ich verliere den Verstand.

Lukas hört auf und geht in die Kabine, während ich weiterhin wie angenagelt auf dem Boden liegen bleibe und mich nicht bewegen kann.

Nach, keine Ahnung wie viel Zeit, komme ich langsam wieder zu mir. Ich starre in zwei sorgenvolle Augen. Es war mein Sportlehrer, der vor mir kniete und mich anstarrte.

„Nicolas, geht es dir gut??? Du siehst nicht sehr gut aus. Na gut, Lukas ist schon weg, geh dich duschen und geh heim, ist genug für heute. Aber nicht, dass du wieder in einer Schlägerei mitmischst.“

Mein Lehrer hilft mir auf und ich gehe gedankenverloren in die Kabine. Dort ziehe ich mich schnell um und mache, dass ich aus der Halle komme. An der frischen Luft atme ich einmal tief durch und merke, dass mir der Schädel brummt.

Mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich nur noch Schwule in meinem Freundeskreis habe. Ich meine, erst die Sache mit Rene auf der U und nun auch noch Lukas??? Erst macht der mich dumm an und dann drückt der mir seine Lippen auf. Ist das normal???

Also mal ganz ehrlich, hier stimmt irgendwas nicht.

Hier stimmt etwas ganz gewaltig nicht, irgendwas vibriert hier!!!! Ah richtig, so was, mein Handy ist es. Na ja, ist halt so, wenn man keinen Ton an hat. Ich schaue auf das Display, um mich zu vergewissern, dass ich mit der Person überhaupt reden will, aber als ich dann Jules Name dort stehen sehe, ist die Sache wohl glasklar.

„Hallo Julia, was kann ich für dich tun??“

„Spar dir deine blöden Sprüche und mach, dass du hier hinkommst. Ich warte schon geschlagene 20 Minuten vor der Haustür. Ich gebe dir noch 10 Minuten, dann bist du hier erschienen.“

Tut tut tut tut.........

Jule scheint ja eine super Laune zu haben. Was bitteschön kann ich dafür, dass ich noch ein paar Runden laufen muss. Tz, aber das weiß Jule ja noch gar nicht.

Ich schaue mal auf meine Uhr und muss zu meinem Erschrecken feststellen, dass wir schon 15:15 Uhr haben. Hmm, habe ich mich sooooooo lange aufgehalten?!?! Ist mir gar nicht aufgefallen.

Ich denke, es ist besser wenn ich mich nun etwas schneller auf den Weg mache. Zum Glück bin ich schon in der Nähe und so dauert es nur noch fünf Minuten, um nach Hause zu kommen.

„Man, hast du eine Laune. Was fällt dir ein, mich einfach so anzuschnauzen????“

Jule fährt erschreckt nach oben und schaut mich an. Sie hing wohl wieder ihren Träumen hinterher.

„Du hast mich hier ´ne glatte halbe Stunde warten lassen, ich finde so was nicht witzig. Immerhin wollen wir heute noch zu David. Also geh gar nicht erst ins Haus, sondern komm direkt mit.“

„Oh man, jetzt mach mal halblang, David wird schon nicht wegrennen.“

Hmmm, das stimmt, immerhin muss er noch bis Mittwoch im Krankenhaus bleiben, so wie ich in Erfahrung bringen konnte. Aber nach Jules Gesichtsausdruck zu schließen, ist sie nicht derselben Meinung wie ich.

„Nicolas, ich will hoffen, dass ich mich grade verhört habe. David ist dein bester Freund und du machst hier einen auf ruhig???? Wenn ich nur annähernd so eng mit ihm befreundet wäre, wie ihr es seid, dann würde ich hier sicher NICHT so einen auf ruhig machen, comprende???“

Schon hat Jule mich gepackt und schleift mich den Weg zum Krankenhaus entlang. Zum Glück ist sie noch so klar bei Verstand, dass sie die Bahn nimmt. Die ganze Fahrt verläuft ruhig, vielleicht zu ruhig??? Man weiß es nicht. Wenn ich ehrlich bin, habe ich ja etwas Bammel davor, David wiederzusehen. Ich weiß ja nicht, ob er sauer auf mich ist, oder ob er mich überhaupt sehen will.

Immerhin bin ich mit gekommen, weil er sich bei mir sicher fühlt. Tja, ich würde sagen, das ist wohl dumm gelaufen.

Nach einer Weile sind wir dann auch endlich am Krankenhaus angekommen. Jule weiß sofort, wo sie hinmuss. Ich glaube, sie war schon einmal hier, was bin ich nur für ein Freund, wenn ich mich gar nicht blicken lasse. Scham tritt ein und ich werde langsam betrübt. Man sollte doch erwarten können, dass sich der beste Freund sofort um einen Sorgen macht und einen besucht, oder??

Ich glaube, ich würde es so wollen, und David würde es so machen. Ich fange an, mich zu hassen, soll es das sein, was ich nun brauche?? Hass gegen mich selber???

Jule ist grade zu David gegangen, ich bin schon auf dem Weg wieder raus hier aus diesem Krankenhaus. Ich glaube, ich bring das nicht. Einfach in das Zimmer zu gehen und so zu tun, als wäre nichts gewesen. Bin ich doch so ein verdammtes Weichei?? Zum Prügeln bin ich gut genug, aber wenn es um Gefühle geht, bin ich viel zu sensibel. Das kenne ich gar nicht von mir. Doch da kommt auch schon Jule wieder aus dem Zimmer und kommt mir entgegen.

„Ich habe mit David gesprochen und er würde dich gerne sehen. Hast dir ja ganz schön Zeit gelassen mit dem Auftauchen. Also mach bloß, dass du da hineingehst.“

„Ist ja schon gut, Frau Sklaventreiberin.“

Also gehe ich ganz vorsichtig zu dieser Tür. Ich klopfe an und ein gedämpftes „Herein“ ist zu hören. Ich merke, wie meine Beine weich werden.

Ich schaue nochmals zu Jule, die mir aufmunternd zunickt. Vielleicht sollte ich einen auf locker machen???

„Hey David, na wie geht’s dir???“

„Hör auf mit dem künstlichen Getue, ich weiß, dass du deine Coolness nur spielst.“

Das hat gesessen. David weiß es, warum soll ich dann noch einen auf cool machen. Also lasse ich die Schultern hängen und drücke auf die Tränendrüse.

„Weinen sollst du aber auch nicht, ich lebe immerhin noch.“

„Ja aber, aber bist du denn gar nicht sauer auf mich??? Bist du gar nicht enttäuscht, dass ich dich alleingelassen habe, dass du wegen mir, ja MIR im Krankenhaus liegst, dass ich so ein feiges Arschloch bin und einfach abgehauen bin, dass ich nicht reagiert habe, als du mir hinterher bist, als du meinen Namen gerufen hast???“

Puh, erst mal Luft holen, sonst liege ich nachher noch neben David. Das wollen wir auf keinen Fall.

„Hey, mach mal langsam. Du hast an rein gar nichts Schuld. Rene hat uns alles erzählt und ich glaube, ich kann dich etwas verstehen. Es war wohl ein großer Schock für dich, einen Freund in so einer Situation zu erwischen. Aber mit mir und Marcel hast du doch keine Probleme, warum denn dann mit Rene???“

„Ich weiß es doch auch nicht. Als ich ihn da so gesehen habe, dass er einen geblasen bekommen hat, hat mich einfach die Wut gepackt. War wohl eine Kurzschlussreaktion, es tut mir ja auch Leid, du weißt ja, dass ich ohne Grund nicht schlage, aber da..... ich weiß nicht.“

Jetzt ist es an der Zeit, mir die Tränen wegzuwischen und ein bisschen näher hinzugehen.

„Willst du dich denn nicht setzten???? So die ganze Zeit zu stehen kommt auch nicht gut.“

Ich setzte mich also an den Rand von Davids Bett. Ich nehme seine Hand, um einfach seine Nähe zu spüren, dass er da ist. Eigentlich wollte ich mich ja bei ihm entschuldigen und alles, aber es macht eher den Anschein, als müsste David mich aufbauen, was für eine Situation.

„David, ich.....ich wollte mich bei dir entschuldigen. Ich war einfach mit der Situation überfordert. Bei dir und Marcel gehört es zum Alttag, aber bei Rene....... ich meine, er hätte es mir doch sagen können, ich bin der letzte, der ihn deswegen zur Schnecke macht. Aber er hat mir nicht Vertraut.“

„Sieh mal Niki, es ist für jeden Schwulen schwer, sich bei anderen Personen zu outen. Selbst, wenn man diese jahrelang kennt. Du erinnerst dich noch, als ich es dir erzählt habe. Was glaubst du, was ich für einen Bammel hatte, wie du reagierst. Aber du hast mich anschließend noch in den Arm genommen. Besser hätte es nicht laufen können.

Aber Rene ist noch nicht so weit. Er hat erst vor kurzem gemerkt, dass er wohl für Jungs mehr empfindet als für das weibliche Geschlecht.

Und die Aktion auf der U, war die erste, mit einem männlichen Geschlecht. Da darfst du ihm keinen Vorwurf machen, dass er nicht direkt zu dir gerannt ist und dir alles erzählt hat.“

„Vielleicht hast du Recht, ich sollte ihm wohl noch etwas Zeit lassen. Sag mal David, wie sieht es eigentlich mit seiner Nase aus?? Ist es schlimm???“

„Neben einigen Operationen, um die wieder hinzubekommen, ist eigentlich alles im grünen Bereich.“

Oh mein Gott, was habe ich denn da angerichtet. Ich glaube, ich höre schlecht. Rene muss operiert werden. Ich höre aus weiter Ferne ein leises Lachen, hmm ich glaube, ich wurde auf die Schippe genommen.

Ja, in der Tat, David lacht sich grade kaputt, ich muss wohl ziemlich dumm aus der Wäsche geschaut haben.

„Bleib ruhig Niki, sie ist nur gebrochen, nichts Schlimmes. Hast aber einen harten Schlag, ich möchte diesen niemals abbekommen.“

„Keine Sorge, Großer, du wirst diese Faust nie zu spüren bekomme, solange ich lebe. Aber David, darf ich dir eine Frage stellen???“

„Aber sicher, schieß los!!“

Doch ich frage erst gar nicht, ich lehne mich zu ihm rüber und küsse ihn. Nicht einfach nur so, nein, mit Sicherheit nicht. Mit voller Leidenschaft, sogar unsere Zungen, finden den Weg zueinander. Hmm, irgendwie ein grandioses Gefühl.

„Hey, was macht ihr beiden da???“

Ich drehe mich um, und entdecke Marcels Gesicht. Er hat zwei Fragezeichen in den Augen. Doch über mich kommt die Panik und ich renne davon. Ich hätte beinahe noch Marcel über den Haufen gerannt.

„Niki, warte doch mal.........“, rief es, doch ich habe soeben das Ziel erreicht. Den Aufzug des Krankenhauses. Ich glaube, Jule war nicht mehr da, zumindest habe ich sie nicht mehr wahrgenommen. Ich weiß auch nicht, wie ich nach Hause gekommen bin. Klar, jeder wird sagen, zu Fuß oder mit Bus und Bahn, aber daran kann ich mich nun weiß Gott nicht mehr erinnern.

Mich Plagen zu viele Gedanken. Warum geht mir das mit Rene so nahe? Wieso hat Lukas mich geküsst und warum habe ich diesen Kuss erwidert? Wieso habe ich David einfach so geküsst? Wieso küsse ich überhaupt Jungs? Wieso keine Mädchen? Mit Jule hätte ich schon so lange zusammen gehen können, aber irgendwie kam das für mich niemals in Frage.

Fragen über Fragen, die ich mir selber nicht beantworten kann.

Mittelweile liege ich auf meinem Bett und bin am Heulen. Wieso passiert mir so etwas. Habe ich zu oft mit Schwulen rumgehangen, passiert mir so etwas, weil ich nur Schwule in meinem Freundeskreis habe?? Kann mir irgendjemand auf dieser Welt meine Gedanken erklären?? Seit wann haue ich einfach ab, wenn es Probleme gibt?? Wieso geht mir vieles im Moment so nahe??? Alles Fragen, auf die ich keine Antwort weiß.

Wird Zeit, wieder eine Runde zu schlafen.


Die nächsten Wochen vergingen nur so wie im Flug. In der Schule bekam ich so gut wie gar nichts mehr mit, Rene und Lukas bin ich soweit es geht ausgewichen, und auch David habe ich in letzter Zeit links liegen lassen.

Na gut, kurze Gespräche ließen sich nicht vermeiden, zumindest mit Rene und Lukas. Doch ich war froh, dass die Ereignisse, nicht weiter angesprochen wurden. Lukas hat es gar nicht mehr erwähnt, und auch Rene nicht. Vielleicht ist es auch besser so. Dankbar bin ich denen allemal.

Eigentlich beschäftigt mich nur noch eine Frage in den letzten Wochen, BIN ICH SCHWUL????

Und wer kann mir diese Frage beantworten??? Natürlich keiner. Habe sie ja auch keinem gestellt.

Es ist nur noch eine Woche bis zu den Herbstferien, zum Glück. Ich glaube, ich brauche etwas Ruhe. Vielleicht sollte ich Urlaub machen??

Sonntagabend und ich gehe einfach mal ins Internet, um mal zu schauen, wo man hinfliegen könnte.

Nebenbei schaue ich mal nach E-Mails, immerhin ist es nun zwei Wochen her, dass ich diese abgeholt habe. David hat ein paar Male geschrieben, aber ich habe keinen Nerv, diese E-Mails nun zu lesen. Schaue ich mich mal um, wie es aussieht, mit dem Urlaub.

Ich frag mal meine Mum, was sie so springen lassen will. Immerhin haben wir genug.

„Hey Mum, sag mal, ich hatte vor, mal in Urlaub zu fahren, die zwei Wochen. Hast du eine Idee, wo man hinfahren könnte?? Will mal raus hier und da dachte ich, ich mache mal Urlaub.“

„Du willst Urlaub machen??? Ganz alleine??? Hmm, ganz wohl bei der Sache ist mir nicht, aber ich denke, ich kann es riskieren.“

„Ja, alleine, ich will mal etwas Abstand von Allem gewinnen. Kannst du mir da irgendwas empfehlen??? Kann auch ruhig im Ausland sein, wie Frankreich, oder Spanien, oder England.“

„Sag mal, hast du mal daran gedacht, mit so einer Gruppe wegzufahren???? Dann bist du auf Abstand von uns, hast aber ein paar in deinem Alter dabei, dann wird’s nicht ganz so langweilig für dich??“

„Hey, ist gar keine schlechte Idee, hast du da was Bestimmtes im Auge??“

„Tja, meine Ideen sind niemals schlecht. Ja, da gibt’s so eine Gruppe von „Lambda“. Vielleicht willst du ja mit denen fliegen?? Ich glaube, die fliegen für die zwei Wochen nach England. Ich kann morgen mal nachfragen, ob da noch etwas frei ist.“

„Ja, was ist das denn für eine Organisation??? Habe noch nie etwas von denen gehört. Und woher weißt du das überhaupt????“

„Ja, also soweit ich weiß, ist Lambda ein Jugendnetzwerk, das mit Jugendlichen in den Ferien immer in den Urlaub fährt, so auch in den Herbstferien. Um eben Kontakt zu Gleichaltrigen herzustellen. Ich dachte, das könnte ganz interessant für dich sein, mal unter andere Jugendliche zu kommen. Hier hängst du ja eh immer mit den gleichen herum. Wäre doch mal eine willkommene Abwechslung. Findest du nicht??“

„Ja doch, hört sich ganz interessant an, würdest du denn dann mal nachforschen, ob da noch was machbar ist??? Wäre superduper lieb von dir:“

„Natürlich, Junior, werde mich gleich morgen darum kümmern.“

„Danke Mum.“

Vielleicht hat meine Mutter ja Recht. So ganz alleine ist natürlich auch nicht das Wahre. Die nächste Woche geht weiterhin spurlos an mir vorbei.

Zwischenzeitlich kommt noch die Bestätigung von meiner Mum, dass ich da mit kann und dass auch schon alles geregelt ist.

Mein Vater wurde auch eingeweiht und findet das doch eine gute Idee.

Samstagmorgen soll es losgehen und dann komplette zwei Wochen dauern. Ich freue mich schon darauf.

Allerdings wurde ich in ein Zimmer eingeteilt mit drei anderen Personen, die mir bis dato noch unbekannt sind. Ich kann nur hoffen, dass die keine Langweiler sind, sondern eher das Gegenteil.

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