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Fade ins Blutrot

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Annika trank ihren Saft aus. Ein Teil davon lief aber am Mund vorbei an ihrem Hals herab auf die weiße Bluse. „Scheiße nochmal!“, rief sie und lief zum Waschbecken.

Zwei Minuten später waren ihre Augen schon wieder am Bildschirm festgeklebt. Ihre Finger liefen wie Balletttänzer über die Tastatur, als wären sie selbständig:

Bin wieder da! Kirschsaft hinterlässt hässliche Flecken!!! LOL!!! Hey OhLove, ich kann nicht fassen, dass Du ein Fan von Harry Kümel bist! Der ist doch in Deutschland nur unter Cineasten bekannt! Studierst Du Film?!

Tom Tollpatsch! (sabberrrr!!!) ;-))) (für den Saftfleck!) Nö, aber mein Ex. Er hat mir einstmals zwei der Filme von Kümel gezeigt. Den Rest habe ich mir dann auf DVD besorgt. Ich finde seinen Stil so cool! Er hat schon in den Siebziger Jahren zeigen wollen, dass die herkömmliche Filmkunst am Ende ist.

Stimmt! Und die anderen haben es erst 30 Jahre später geschnallt. Eigentlich erst, als die Filme digital geworden sind. Ist „Daughters of Darkness“ nicht Kult?! Da zieht er doch alle Vampirfilme durch den Kakao! Diese gekünstelten Dialoge, diese geilen Kamera-Einstellungen, diese symbolträchtigen Dekors - und die Schnitte!!!

Und alles so durchsichtig, so zynisch, als wäre es ein Film über einen Film! Mich hat am meisten der Fade ins Blutrot fasziniert. So einfach, dass vorher niemand drauf gekommen ist! Danach hat Bergmann es abgekupfert!!!

Ja genau, absolut! Plagiator, der!!! He, wir verstören sicher die anderen hier im Gay-Chat mit unserer Fachsimpelei!!! Willst Du mit mir in mein Separée? Deine Meinung zur schwulen Ehe interessiert mich auch sehr!

Hysterisch kreisch! Du bist heute echt psychedelisch drauf! Find ich groovy, ey!!! [tanzt kurz einmal um seinen Schreibtisch herum!] Wann treffen wir uns in real life?!? OK! Ich komme rein.

Annika hatte mit ihrem besten und schwulen Freund Tom eine Wette laufen. Sie würde ihm den Mann seines Lebens besorgen. Dafür würde er sie dem Regisseur Harry Kümel vorstellen, bei dem er in Amsterdam Film studierte. Deshalb nahm sie sich seit einer Woche je eine Stunde pro Tag Zeit und bevölkerte als „TomDrooly2“ die drei hippsten Gay-Chats.

Eine Voraussetzung, damit jemand in die engere Wahl kam, war, dass er sich über das „Drooly“ vom Pseudonym lustig machen sollte. Denn „drool“ heißt auf Englisch „sabbern“ und Tom hatte einen reichlich feuchten Kuss, wie Annika meinte. Außerdem sollte der Kandidat schwarze Haare haben und blaue Augen. Tom war im Typ nicht so festgelegt - aber Annika. Wenn sie schon keinen Mann nach ihrem Geschmack abbekam, dann wenigstens ihr bester Freund.

Dieser OhLove am anderen Ende war anscheinend nicht nur schwarzhaarig und blauäugig. Er stand auch wie Tom auf Sixties Outfits, kannte sich mit Film aus und fand den „Drool“-Teil vom Pseudonym „TomDrooly2“„zum Schlapplachen cool!“

Nun fehlte nur noch ein Foto!

Ungefragt kam es in ihrer Mailbox an:

Na, wie seh‘ ich heute aus? (Frrrisch auf den Tisch aus meiner Web-Cam!)

Annika traute ihren Augen nicht! OhLove war Olaf!!! DER Olaf, DER, DER, DER Olaf!!!

Ja, ganz nett so. Kann ich mit leben! Hübsch eigentlich!

Annika jaulte laut auf, beugte sich vor und küsste den Bildschirm. Olaf war ein Kommilitone, wie sie im ersten Semester. Sie hatte ihn schon für sich haben wollen, als sie ihn das das erste Mal im Literaturseminar gesehen hatte. Er war für sie aufgestanden, um sie in seine Bankreihe zu lassen.

Olaf war zwei Meter groß, kräftig, schlank. Er hatte volle, weiche Lippen wie Tom, dazu schöne, schmale Hände und riesige Augen, deren völlig ungetrübtes Blau so dunkel war, wie ein Himmel im Sommer. Außerdem hatte er einen morbiden Humor und brachte gerne seine zahme Ratte mit in die Uni. Seitdem fand Annika zahme Ratten super-süß!!!

Nun wusste sie also, warum er immer freundlich, aber uninteressiert an ihren rot-blonden Reizen gewesen war. Sie knabberte an ihren Fingernägeln und fand den bitteren Geschmack der Anti-Nagelbeiß-Tinktur diesem Moment der Verzweiflung völlig angemessen.

„Oooooh Goooott! Wie soll ich es aushalten, wenn Tom... Tom und Olaf zusammen... wenn ich Olaf fast täglich zu sehen bekomme und ihn nicht KRIEGEN kann?!?!? Ich STERBE!!! WARUM SIND ALLE GEILEN TYPEN SCHWUL?!?!?!“, kreischte sie und schickte „todesmutig“, wie sie fand, das schönste (Strand)-JPG von Tom zu Olaf.

„Wenn Herr Kümel DAS nicht wert ist, werde ich Dich teeren und federn, Tom „Sabber“ Schülko! Das schwöre ich Dir!“, flüsterte sie mit zusammengepressten Lippen und klickte auf den „Send“-Knopf.

***

Olaf wartete. Tom hatte ihm ein Foto von sich angekündigt. Gerade als der Scheitel auf dem Bildschirm erschien, hakte die Übertragung und es ging nicht weiter. Das Haar war rotblond. Hatte Tom sich nicht als fast schwarzhaarig bezeichnet.

Muss eben auf‘n Pott! Das Foto klemmt. Bin gespannt, was mich erwartet, wenn ich wieder da bin!

Mach Dich auf was gefasst!!!

„Argh! Es ist Annika! Wie PLUMP kann eine Schnecke sein!!!! Jauuuuuul!“ Olaf war wie vom Blitz getroffen. Seine tumbe Kommilitonin mit den braunen Hundeaugen starrte ihm entgegen. Eigentlich war sie gar nicht tumb, aber ihn nervte ihre offensichtliche Zuneigung zu ihm, dieser hungrige Blick und ihre Komplimente wegen seiner „HIMMELBLAUEN“ Augen. Er hätte ihr längst sagen sollen, dass er schwul war! Da erschien ein zweites Bild.

„Huch!“ Mehr fiel ihm nicht dazu ein. Es war ein wirklich attraktiver Mann, mit dunklen Augen, einem Drei-Tage-Bart, Grübchen in den Backen, appetitlich braungebrannt, volle Lippen und seeeehr butch!

Auch das dritte Bild war von diesem Kerl... Olaf prustete los! Er gackerte wie ein Lachsack. Gleichzeitig schüttelte er seinen Kopf. Das ganze ergab keinen rechten Sinn, aber das erste Bild musste ein Irrtum sein - so oder so! Nun war er gespannt, ob Annikas Tom wirklich existierte oder nicht. Vielleicht war am anderen Ende auch wirklich ein Tom, der aber eigentlich Annikas Freund war und aus Versehen als erstes ein Bild von IHR geschickt hatte... Oder die beiden waren einfach nur Freunde... Jedenfalls MUSSTE Olaf rauskriegen, mit wem er denn nun chattete!

Wowie-zowie, legger, Duh! Wo wachsen solche strammen Südländer?! Könnte mir eine ganze Armee davon vorstellen!

Nu versuch‘s erst mal mit EINEM davon. Weißt doch gar nicht, ob unsereins stubenrein ist und leicht zu halten! Und Futter ist TEUER! Es muss schon Pedegree sein!!!

LOL!!! OK, ich bin gespannt, was da auf mich zukommen wird! Muss bisher nur Happa für meine Ratte Rudi rrranschaffen (ohne Scheiß jezz mah hier, ey! Is echt wahhh! Hab‘ ´ne zahme Rrrradde, Duh! Sitzt grrrade auf meinä Schuldä und kuckt, Duh!)

Rrrradden?!? Find‘ ich süüüüß, Duh!

‚Haua ha!‘, dachte Olaf. ‚Das spricht für Annika! Die ist immer ganz verrückt nach mein‘ Rrrudi!‘

Wann treffen wir uns denn nu? Wie wär‘s mit Kino?!

Duh, ich trau‘ mich nich‘ allein! Ich möchte meine beste Freundin mitbring‘n, Duh. Geht das, Duh?! Hattu vielleich‘ ´n netten Hetero-Freund für sie, den Du mitbringen kanns‘?! So von Dein‘ Kaliba? Steht sie nämlich drauf! Un‘ Kino is‘ goil! Wie wär‘s mit der „schwarzen Tulpe“ von [sic!!!] Kümel?!

‚Aha, das MUSS Annika sein! Infam, dieses Weib! Aber sie schaltet schnell! Das muss man ihr lassen!‘, ging es Olaf durch den Kopf. Und er sagte laut: „OK! Weil Du es bist, werde ich Sven an Dich ranlassen, den treulosen Schuft! Wenn Du alleine auftauchst oder Tom ´ne taube Nuss ist, Annika „dogview“ Schütter, dann trage ich in Deiner Gegenwart nur noch braune Kontaktlinsen! Ich SCHWÖRE es!“

Super-Idee! Und... Es gibt da einen Sven... Wahrscheinlich ganz Dein Dschanger. Aber seit wann teilen Schwülchen und beste Freundin den selben Geschmack? Führt das nicht zu Zank und Streit?!

Nicht wirklich! Meine Dschunx sind schwul, ihre nicht! So einfach ist das!

„Ja, so einfach ist das!“, seufzte Olaf und loggte sich bald danach aus.

***

Annika hätte gerne ein JPG von diesem Sven bekommen. So toll wie Olaf KONNTE er nicht aussehen. Wunder waren in dieser Pauschalreise namens „Leben“ nicht mit eingeschlossen. Aber vielleicht war er ja ganz passabel...

‚Nur doof, dass ich heute nicht können darf!‘, dachte sie und lächelte. ‚Wenn ich mit Tom dort auftauche, wird Olaf alles Mögliche denken und mich Scheiße finden! Er hat mir plötzlich gestern an der Uni erzählt, sein bester Freund sei schwul und wollte wissen, ob ich nicht einen netten Mann für ihn hätte. Duplizität der Ereignisse heißt solch eine Hölle auf Erden wohl! Ich hätte dort und dann die Katze aus dem Sack lassen müssen. Und er auch, die Sau! Aber es ging mir doch ETWAS zu schnell! Nur gut, dass Tom Olafs Bild geil findet und nur ZU GERNE alleine mit ihm ausgehen will. Na ja, ich muss ja auch nur noch bis morgen warten, bis ich diesen mysteriösen Sven kennenlerne...‘

***

„Hey Annika! Olaf ist eine absolute Sahneschnitte! Und so liiieb! Es war so schön! Wir hatten beide Tränen in unseren Augen nach dem Film: Tulpe verwelkt, aber Liebe gerettet!“, hörte sie Tom durch‘s Telefon säuseln.

Annika versuchte ihren Neid zu verstecken und räusperte sich, bevor sie antwortete: „Ja, klasse! Ich bin glücklich für Euch!“ Irgendwie war sie es sogar. ‚Wenn doch nur dieser Sven auch ein bisschen nett und attraktiv ist!‘. dachte sie und hörte kaum den Wortschwällen Toms zu, der offensichtlich bis über beide Ohren verliebt war.

***

„Ahhhhhhhhhhhhhhhhh! Nein, nein, nein, nein, nein!!!“, schrie Annika draußen auf der Straße im Regen auf zu hohen High-Heels und in eine super-unbequeme weinrote Kunstlederhose gezwängt. Als wäre sie gegen eine unsichtbare Wand gelaufen, war sie zurückgeschnellt, als sie im ausgemachten Café statt dieses Svens von allen Männern dieser Erde OLAF an einem Tisch sitzen sah. Er hatte sich mit der Bedienung unterhalten und keine Notiz von ihrer Schwerstverlet­zung genommen.

Im Taxi murmelte sie: „Wie kann er uns das allen nur antun?! Ist er bi oder was?!? Und heißt er Sven-Olaf? Oder Olaf-Sven? Ich mein‘, er kennt mich doch, diese Pottsau! Das kann er doch nicht machen!!! Aber nein! NEIN! NEEEEIIIIN!!! Er weiß ja gar nicht, dass ich es bin! Warum habe ich mich bloß nicht Annika genannt, sondern Pippi! Gott, was für ein Schlamassel!!!“ Ihr liefen Tränen über das Gesicht. Sie schmeckte das Salz und den Lippenstift und das Make-Up. ‚Was mach‘ ich jetzt nur?‘, dachte sie.

***

Tom ging in seinem WG-Zimmer auf und ab. Er wartete auf Olaf. Dieser wollte erst um neun bei ihm eintreffen. Aber schon jetzt, um sieben, konnte sich Tom nicht mehr auf seine Arbeit konzentrieren, sondern dachte immerzu an Olafs großen Augen und diesen Körper, der sich wie Samt angefühlt hatte, die zwei Meter und der Rücken mit diesen wohldefinierten Muskeln, der Waschbrettbauch und die Hände, deren Finger ihn so sehr verwöhnt hatten, indem sie wie Federn über seinen ganzen Leib gestrichen waren. Tom war nur 1,75 m groß und aktiver Ringer. Olaf hatte von seiner Figur geschwärmt, ihn zuletzt von oben bis unten abgeleckt und ihn nicht gehen lassen, bis er am nächsten Morgen um 10 Uhr zur Vorlesung musste. Und: Olaf hatte ein kleines Geburtsmal am rechten Ohrläppchen. Das hatte Tom irgendwie besonders süß gefunden. Daran musste er jetzt immerzu denken.

„Ob Annika auch so viel Glück hat wie ich?“, sagte Tom laut und drehte das Radio an.

***

Annika saß in ihrem Schaukelstuhl und hielt das Geschwanke nicht mehr aus. Sie sprang auf und warf sich auf das Sofa. Dort lag sie mit dem Gesicht in den Kissen und den Beinen halb auf dem Parkettboden und fand sich Scheiße! So blieb sie mindestens eine halbe Stunde.

Sie dachte nach, kam aber immer zu derselben Lösung. Sven war Olaf und beide zusammen waren bi.

Sie dachte auch an Tom. Er war so verdammt verliebt. Sollte sie diesen Zustand akuten Glücks gefährden?

‚Du musst!‘, sprach es in ihrem Kopf. ‚Später wäre es umso schmerzhafter für ihn. Los jetzt! Fahr hin!‘

Sie rappelte sich auf, wusch sich ihr zerlaufenes Make-up aus dem Gesicht und sprang auf ihr Fahrrad.

***

„Das ist nicht wahr, nicht, nicht WAHR!!!“ Tom versuchte, seiner Wut Ausdruck zu verleihen und schlug mit beiden Fäusten auf sein großes Sitzkissen ein. Aber seine Bewegungen sahen aus, wie die eines Nussknacker-Männchens. Annika stand daneben. Sie fühlte sich noch beschissener als vorhin. Aber eigentlich ließ sie das alles hier seltsam kalt. ‚Schlag doch mal richtig zu!‘, dachte sie. ‚Nicht so halbherzig! Du bist doch Ringer! Gib ihm Saures!!!‘

Jemand klingelte an der Tür. Annika fragte gleichzeitig: „Warum findest du das so schlimm?“ und verfluchte sich im selben Moment. ‚Kacke! Ich bin gedankenlos! Jetzt zwinge ich ihn dazu, mir zu sagen, dass er Olaf nicht mit mir teilen will. Das klingt dann schlimm, ist es aber nicht! Ich würde ihn auch nicht mit Tom teilen wollen!‘, dachte sie und fügte schnell an: „Sorry! Das war eine dumme Frage!“ Den Geräuschen nach zu urteilen, ließ Toms Mitbewohner gerade jemanden in die Wohnung.

Tom sah zu ihr auf und meinte: „Nö! Ich würde ihn ja mit Dir zusammen, äh..., wie sagt man, genießen, denke ich. Aber er hat mir halt erzählt, wie sehr er mich mag - und mich ganz allein - und...! Das ergibt einfach keinen Sinn! Schau! DIESE Blumen da, hat er mir HEUTE per Fleurop geschickt!“ Annika sah einen Strauß mit mindestens 20 langstieligen, roten Rosen auf dem Couchtisch stehen. ‚Wie spießig!‘, dachte sie und gleich darauf: ‚Was für eine SCHRECKLICH-neidische Zimtzicke ich doch bin!‘ Sie zweifelte an ihrer eigenen Wahrnehmung. Aber, es WAR doch Olaf in diesem Café gewesen, oder?!?

Dann wurde an der Tür geklopft... Tom schnellte hoch, als durchführe ihn ein Stromschlag. Bevor er „herein!“ schrie, fauchte er mit einem Lächeln, das Annika völlig verunsicherte: „Ich hab‘s! Sicher konnte Sven einfach nicht kommen. Du hast ja kein Handy. Er konnte nicht absagen! Also hat er Olaf geschickt...“

„Hä?!“ Mehr fiel Annika im Moment dazu nicht ein. Sie hatte Migräne und Hunger. Ihr war nicht nach Nachdenken zumute. Bevor sie nachfragen konnte, ging die Tür auf.

***

Eindringling (forsch): „Warum bist du einfach abgehauen?! Ich hab‘ dich aus dem Café stürzen sehen in deiner hübschen weinroten Lederhose. Dann bist du in das erstbeste Taxi gesprungen. Ich sah das durch‘s Fenster. Habe nicht mal mehr rauslaufen können. So schnell ging das!“

Annika (verstört): „Hä?! Ich verstehe GAR nichts mehr! Du etwa, Tom?! Ey, das ist voll heavy! Scheiße, zu viel, das...“

Tom (beginnt, verschmitzt zu lächeln): „Äh, Moment... Aus nächster Nähe betrachtet... Ja, ich verstehe alles! Ist ganz einfach, Annika! Ich bin im Bilde und höchst amüsiert!“

Annika (in Panik): „Aber Tom, dann war Sven DOCH Olaf. Dann wollte er dich doch mit mir betrügen. Oder was?! Ich mein‘... BIST du auch Sven?“

Eindringling (losprustend): „Ich bin nicht AUCH Sven. Ich bin NUR Sven!“

Tom (dito): „Genau! Das ist NUR Sven!“

***

Draußen unterhielt sich jemand mit Toms Mitbewohner. Tom und Sven lachten, bis sie rot anliefen. Annika fühlte, wie ihr Sehfeld sich langsam tunnelförmig einschränkte. Durch das Rauschen in ihren Ohren nahm sie wahr, dass es noch einmal klopfte - nicht nur in ihren Schläfen, sondern auch an der Zimmertür Tom rief wieder: „Herein!“ Die Tür ging auf. Fade ins Blutrot! Dann saß sie auf einmal auf dem Sitzkissen und starrte blinzelnd mal hierhin, mal dorthin.

Ein Olaf ging auf Tom zu, schüttelte ihm die Hand und meinte: „Na, Du bist also Tom! Hallo!“ Der andere rief: „Hi Annika! Oder sollte ich lieber sagen: Pippi?!“ und schritt auf sie zu. Der erste Olaf verschränkte die Arme, sah auf sie herab und sagte: „Nun? Da muss sie sich wohl erst mal hinsetzen, was?!?“ Der zweite erreichte Annika und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Annika ließ es sich wortlos gefallen. Tom drehte den einen Olaf um und schaute auf sein rechtes Ohr. „Richtig! So kann man euch beide gut unterscheiden!“, murmelte er und schmunzelte. Dann nahm er den, der Annika gerade so nett begrüßt hatte, in seine Arme, küsste ihn auf den Mund und ließ ihn eine sehr lange Zeit nicht los. Der Olaf mit den verschränkten Armen meinte währenddessen: „Nun, ich weiß, Olaf war lange nicht gut auf mich zu sprechen. Meinte, ich käme mit seinem Schwulsein nicht zurecht und würde ihn deshalb meiden. Dabei war ich nur unglücklich verliebt und insgesamt unerträglich für meine Umwelt... Ich habe ein halbes Jahr lang nicht viel mit meiner Family am Hut gehabt... Deshalb hat Olaf mich euch gegenüber wohl nicht erwähnt... Äh...“ Er drehte sich nach den knutschenden Jungs um und fuhr fort:“Schmatz, schmatz, he!!! Erde an Wolke sieben! Erde an Wolke sieben! Huhu! Sag´ doch auch mal was, Olaf!!!“ Tom löste seine Lippen, so dass Olaf seinen Mund frei bekam: „Mmmmrrrwwwjja Sven! Gib uns noch fünf Minuten! Sind gleich für Euch da!“

Dann küssten die zwei sich noch eine Weile und Annika sah ein, dass Sven Sven war und Olaf Olaf.

***

Annika saß mit Sven im Café und sagte wenig. Sven sah sie immerzu an und lachte. Sie lachte zurück. Außenstehende hätten die zwei für besoffen gehalten. Sven hatte natürlich die selben blauen Augen wie Olaf. Die Stimme war auch gleich. Er lächelte aber ganz anders. Er wirkte dabei viel nervöser als sein Zwilling und musste immerzu losprusten. Annikas Kopfschmerzen waren weg, aber ihr war schlecht. „Du, ich muss raus an die frische Luft!“, entfuhr es ihr. Sven meinte nur: „Ich auch!“

„Na, habt ihr zwei Euch zu guter letzt dann doch gefunden?!“, meinte die Bedienung.

Annika und Sven nickten, warfen Geldscheine und Münzen auf den Tisch und gingen Hand in Hand in den Regen hinaus.

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„Ach, goede dag! Sie sind also Annika, von die mir Tom schon so viel erzählt hat. Sie mögen anscheinbar meine Filmes. Aber wo stecken denn Ihre attraktive Zwillinge?“

Tom und Annika drehten sich um und zeigten mit ihren Fingern in Richtung Bar.“Dort kommen die beiden!“, riefen sie gleichzeitig und freuten sich über die perfekte Synchonizität.

Herr Kümel blickte an den Armen entlang in die Ferne und ließ seinen Mund offen stehen: „Oi!“, entfuhr es ihm „Ich kann verstehen, dass ihr verrückt auf ihnen seid! Sollte man casten die beide. Sehen echt lecker aus! Und wer war der Schwule? Der mit dem Fleck am Ohr, nicht?!“

Er wartete keine Reaktion ab, sondern strebte lächelnd auf Sven und Olaf zu, um sie in ein längeres Gespräch zu verwickeln.

Annika nippte an ihrem Glas und meinte: „Tja, Harry weiß anscheinend, was gut ist! Lässt uns einfach stehen, der alte Vampir! Nun fehlt eigentlich nur noch der Fade ins Blutrot!“ „Und das Wort «Ende»!“, sagte Tom lachend und zog seine Freundin mit sich zu den anderen.

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