zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

On Tour

Teil 2

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Inhaltsverzeichnis

3. Kapitel

Mitten in der Nacht wurde ich plötzlich wach. Justin saß kerzengerade im Bett und zitterte. Die Vorhänge am Fenster wehten heftig und es war kalt im Zimmer geworden.

»Was ist los?« fragte ich ihn.

Da gab es einen krachenden Blitz und einen lauten Donnerschlag, der in unseren Ohren dröhnte. Das also hatte mich geweckt! Ein Gewitter tobte mitten über London, mitten über uns. Justin hielt sich die Ohren zu und sah ziemlich ängstlich aus. Die Vorhänge wehten heftig. Schnell stand ich auf um das Fenster zu schließen. Kalte Luft ließ mich frösteln. Der Wind machte es mir schwer das Fenster in die richtige Position zu schieben, doch dann war es geschafft, das Fenster war zu.

So schnell ich konnte eilte ich wieder ins Bett und zog meine Decke um mich. Es war fürchterlich kalt.

Justin saß noch immer aufgerichtet im Bett. Ich legte mich hin und meinte: »Das Fenster ist zu, wir können weiter schlafen! Das Gewitter geht sicher bald vorbei!« Ich schloss die Augen.

Ein weiterer Blitz krachte herab und der Donner grollte. Ich hörte ein erschrockenes Keuchen von Justin. Müde öffnete ich die Augen und sah, dass der Junge die Hände in seine Decke verkrampft hatte. Sein Gesicht war angsterfüllt.

»Was ist los?«, fragte ich leise.

Justin schluckte und sah mich an. »Ich … ich mag Gewitter nicht!«, erklärte er mir. »In den Staaten gibt's diese schrecklichen Stürme … als kleines Kind habe ich gesehen, wie ganze Häuser weggeblasen wurden …« Er verstummte und sah mich mit einem gequälten Lächeln an. »Ziemlich blöd, oder? Vor einem Gewitter Angst zu haben?!«

Ich setzte mich auf. »Quatsch! Du musst dich nicht entschuldigen!« Ich lächelte ihm zu. »Ich selbst hasse Schlangen!«, erklärte ich ihm. »Ich habe mich immer schrecklich angestellt, wenn meine Eltern mit mir in den Zoo gegangen sind und wir ins Terrarium sollten. Sie haben es nur einmal versucht …«.

Justin sah mich dankbar an und lächelte etwas beruhigt. Wieder erhellte ein Blitz das Zimmer und ich sah wie Justin zusammenzuckte. Schnell legte ich ihm die Hand auf den Arm. »Ist schon gut!« Justin sah mich an und ich lächelte.

»Komm, leg dich schlafen«, sagte ich ruhig. »Das Gewitter geht vorbei!«

Justin nickte und zog seine Decke fest um sich. Müde sank sein Kopf auf das Kissen. Auch ich legte mich wieder hin. Gähnend suchte ich den Schlaf.

»Torsten?«, fragte die leise Stimme von Justin.

»Mmmhh?«, brummte ich müde und schläfrig.

»Könntest du mich festhalten?« Justins Stimme klang ängstlich.

Ich öffnete die Augen und blickte ihn an. Justins Augen sahen mich fragend und bittend an. Ich streckte die Hand unter der Decke hervor und nickte.

Dankbar kuschelte sich Justin an mich und ich legte meinen Arm um ihn.

»Danke!«, flüsterte Justins Stimme leise.

»Jederzeit«, antwortete ich. »Schlaf gut.«

»Du auch«, kam es schläfrig.

Eng aneinander gekuschelt schliefen wir ein.

4. Kapitel

Der nächste Morgen kam viel zu früh. Es war niemand anderes als Bo, der uns mit einem freundlichen Ruf weckte.

»Na, gut geschlafen?«, grinste er und sah auf uns herab.

Justin lag noch immer an mich gekuschelt da und blinzelte gerade verschlafen, während ich dabei war ziemlich rot zu werden.

»Gewitter!«, nuschelte Justin leise und rückte etwas von mir ab.

»Oh!«, meinte Bo verständnisvoll. »Hab ich nicht mitbekommen!«

»Kein Wunder«, brummte Justin schläfrig. »Du schläfst wie ein Stein!«

Bo grinste. »Aber du hast es ja überlebt, wie ich sehe!« Er zwinkerte uns zu und verließ fröhlich pfeifend den Raum.

Justin seufzte und drehte sich zu mir um. »Das werde ich mir jetzt die ganze nächste Woche wieder anhören dürfen, fürchte ich!«

Ich sah ihn fragend an.

»Es ist immer das gleiche!« Er gähnte. »Aber wir sollten aufstehen!« Langsam erhob er sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen.

Ich war wirklich noch etwas müde, doch ich stieg aus dem Bett, um ins Bad zu wandern.

Verschlafen tapste ich zur Tür und bemerkte, dass Justin mich mit einem Grinsen ansah. In dem Moment ging mir auf, dass die übliche morgendliche „Versteifung“ eines bestimmten Teils meines Körpers wohl mehr als deutlich zu sehen war. Mit hochrotem Kopf machte ich, dass ich ins Bad kam.

Etwas benommen stand ich da und schüttete mir erst mal etwas kaltes Wasser ins Gesicht um wach zu werden. Hier war ich also, London, Assistent Tour Manager, `N SYNC – tja, `N SYNC. Ich schüttelte den Kopf.

Und heute Nacht hatte ich Justin in meinen Armen. Ich musste unweigerlich grinsen als ich in den Spiegel blickte. Wie viele Mädchen hätten alles dafür gegeben, mit „ihrem Justin“ zusammen zu sein? Und ich konnte von mir sogar behaupten mit ihm im Bett gewesen zu sein!

Und dann war da noch J.C.!

Ich schüttelte meine Träumereien ab und beendete meinen Bad Besuch. Mein kleiner Freund hatte sich inzwischen auch beruhigt und ich ging zurück.

Justin stand, nur mit einer Unterhose bekleidet am Fenster und sah hinaus. Als ich eintrat, wand er sich mir zu und ich seufzte innerlich bei seinem Anblick auf.

»Mieses Wetter!«, brummte er. »Wenn das so weiter geht, dann wird das eine Schlecht-Wetter-Tour!«

Ich zuckte mit den Schultern und suchte aus meiner Tasche ein paar frische Sachen heraus und zog mich an. Justin verschwand in der Zwischenzeit im Bad.

Noch etwas müde aber immerhin wach, marschierte ich in die Küche, wo ich Bo und Garth fand, die sich über einer Tasse Tee und einigen Croissants unterhielten. Zwischen ihnen lag eine dicke Mappe in der sie beide blätterten.

»Morgen!«, begrüßte Garth mich freundlich. »Das ging ja schnell!«

»Na ja, Bo wird ja wohl einen Grund haben uns zu wecken, oder?«, meinte ich und setzte mich.

Der Angesprochene grinste und füllte mir die Tasse mit Tee. »Der Grund ist vor allem, dass die Jungs fast eine Stunde brauchen, um aufzustehen!«

Ich starrte die beiden entsetzt an. »Heißt dass, ich hätte noch eine Stunde länger schlafen können?«

Garth nickte bedauernd. »An dich haben wir gar nicht richtig gedacht, wir sind das von den Jungs schon gewohnt!«

»Dann ist das heute wohl eine Premiere«, brummte ich und nahm einen Schluck Tee.

»Warum?« fragte Bo.

»Weil Justin bereits im Bad ist!«, erklärte ich.

Garth sah erstaunt auf. »Justin?«

Ich nickte.

»Es soll ja Wunder geben«, brummte Bo. »Aber gerade Justin!?«

Garth winkte ab. »Er braucht ewig mit seinen Haaren, sei froh!«

»Bin ich auch«, grinste Bo. »Manchmal frage ich mich, wer hier das Klischee eines Schwulen besser erfüllt?!«

Der Ausspruch war keine so gute Idee gewesen, dass sah auch Bo ein, als mir der Tee zur Nase wieder heraus kam.

Nach einigem Rückengeklopfe war ich wieder in der Lage Tee und Luft in die entsprechend vorgesehenen Kanäle zu lenken.

»Sorry!«, meinte Bo.

Ich winkte ab.

Garth grinste mich an. »Daran wirst du dich gewöhnen müssen. Die Witze gehören zur Tagesordnung!«

»Ich werde es mir merken«, meinte ich und widmete mich dem Croissant auf meinem Teller.

Bo nickte mir aufmunternd zu. »Wir haben heute volles Programm«, beschied er mir. »Wir beide fahren zum Colosseum um uns anzusehen, ob für den ersten Auftritt alles in Ordnung ist und damit du wenigstens so was schon mal gesehen hast. Dann müssen wir die Unterbringung noch einmal abklären und heute Abend fliegen wir zurück!«

»Heute Abend schon?« fragte ich überrascht und etwas enttäuscht.

Bo nickte. »Die Company will während der Tour noch ein paar Aufnahmen mit den Jungs machen!« Er seufzte. »Und das ist ihnen natürlich erst gestern Abend eingefallen! Ich hatte heute Morgen die Nachricht auf der Mailbox!«

Ich schüttelte den Kopf. »Und wo sollen wir das zwischen die Tourdaten quetschen?«

Bo nickte mir zu. »Genau das ist unser Problem! Wir sollen uns was einfallen lassen, damit sie das Studio buchen können! Sie haben uns vier Studios in verschiedenen Städten zur Auswahl gegeben!«

»Wie nett!«, meinte ich sarkastisch. »Das macht es ja wirklich einfach, oder?«

»Und wie!«, bestätigte Bo ironisch. »Aber besser jetzt noch mal etwas neues planen, als während der Tour! Da lasse ich so was gar nicht mehr zu – und die wissen das!«

»Und was macht ihr die nächste Woche?«, fragte Garth. »Kommt ihr wieder her?«

»Also ich werde vormittags in die Schule gehen«, erklärte ich seufzend.

Garth sah mich verwundert an. »Wieso das?«

»Weil ich erst ab Donnerstag schulfrei habe!« erklärte ich ihm.

»Und da schmeißt du die ganze Sache nebenbei?« fragte Garth erstaunt.

Bo und ich nickten. »Geht ja nicht anders«, meinte ich. »Aber jetzt ist es ja bald geschafft!«

»Das sagst du!«, meinte Garth kopfschüttelnd. »Nach der Tour kommt dir die Schule wie ein Urlaub vor!«

»Das ist mein Urlaub«, erklärte ich ihm.

Garth sah mich an und schüttelte den Kopf. »Du spinnst!«

Schließlich kam Justin in die Küche und setzte sich neben mich. Er griff sich einen Becher und füllte ihn schweigend mit Tee, gab drei Stück Zucker hinzu und begann zu rühren.

»Wenn du unten angekommen bist, sagst du mir dann Bescheid?«, fragte Garth, nachdem Justin gedankenverloren in seinem Becher über eine Minute herum gerührt hatte.

Sofort brach Justin ab und sah in die Runde. »Morgen«, brummelte er. »Ich bin noch etwas müde!«

»Das sieht man«, grinste ich.

Justin warf mir einen Blick zu, verdrehte die Augen und trank seinen Tee.

»Also, dann sollten wir los!«, meinte Bo zu mir. Ich nickte.

»Kommt ihr zum Training?«, fragte Justin.

Bo schüttelte den Kopf. »Wir müssen heute Abend nach München. Wir sehen uns nächste Woche wieder!«

Justin schien enttäuscht. »Aber ihr kennt die neue Show noch nicht!«

»Schick mir ein Video!« antwortete Bo lächelnd. »Torsten und ich sehen es uns an wenn wir Zeit haben!«

Justin streckte uns die Zunge heraus.

»Nein danke, heute nicht«, meinte Bo abwehrend. »Aber vielleicht kann Garth dir helfen!«

Justin seufzte und erhob sich. Er umarmte Bo kurz. »Bis nächste Woche dann!« Garth kam ebenfalls heran und verabschiedete sich von mir, dann von seinem Freund.

Justin lächelte mir kurz zu. Seine Umarmung überraschte mich ziemlich. »Danke«, flüsterte er mir leise ins Ohr.

Ich lächelte, drückte ihn kurz an mich.

Eine viertel Stunde später saßen Bo und ich in einem Taxi und fuhren zum Colosseum. Dort angekommen zeigte Bo mir die ganze Anlage, nachdem uns der Hausmeister herein gelassen hatte. Es war eine riesige Konzerthalle und sie war schon ausverkauft für das Konzert.

Nach der Besichtigung suchten wir uns ein kleines Café, aßen und versuchten den Tourplan zu verändern. Irgendwann piepste mein Handy.

»Torsten Jansen!«

»Tim, gleiche Familie!« tönte mein Bruder aus dem Mobiltelefon.

Ich begrüßte ihn und fragte ihn, was er denn um diese Zeit wolle, immerhin sei ich ja in London!

»Ich sitze in der Arbeit und wollte euch nur mitteilen, dass wir für die Feier im Anschluss an das erste Konzert die meisten Zusagen bekommen haben! Außerdem ist mit dem Club alles geregelt. Aber vielleicht könntet ihr ihn euch mal ansehen, wenn ihr schon da seid!«

Bo seufzte und nickte. Er hatte das Gespräch mitbekommen.

»O.k., Bruderherz, machen wir!«

»Besten Dank! Und ruft mich an, falls es Probleme eurer Meinung nach gibt!«

»Wo denn?«

»In der Arbeit, wo sonst?«

»Du arbeitest Samstags?«, fragte ich erstaunt.

»Wahrscheinlich das ganze Wochenende«, kam es zurück. »Bis dann, und viele Grüße!«

»Tschüss Tim!« Ich legte auf.

Bo und ich sahen uns schicksalsergeben an, dann bestellten wir ein Taxi und zahlten. Wir sahen uns also noch den Club an, teilten Tim mit, dass einige Dinge da wohl noch geklärt werden müssten, dann machten wir uns auch schon auf den Weg zum Flughafen.

Ziemlich erschöpft kamen wir in München an und fuhren von dort direkt zur Arbeit. Dort angekommen begrüßte uns mein Bruder quietsch vergnügt.

»Hi Jungs! Wie war's?«

»Wie immer.«, erklärte Bo und schmiss seine Tasche auf den Boden. »Anstrengend!«

Tim grinste und reichte mir eine Liste. »Wir haben die Hotelzusagen, bis auf einige bekommen!«

Ich seufzte erleichtert, ließ meine Reisetasche ebenfalls fallen und überflog die Liste. »Dann geht die ersten zwei Wochen schon mal das klar!«

Bo nickte zufrieden. »Sehen wir mal nach den Mails, ich habe ganz vergessen sie abzurufen!«

So ackerten wir uns durch die Post und eben noch so ein paar Sachen und vergaßen dabei die Zeit. Plötzlich klopfte Tim an die Bürotür.

»Also, ich will auch ja nicht stören, aber es ist mitten in der Nacht! Wollt ihr nicht mal Schluss machen?«

Ich sah auf und warf einen Blick auf die Uhr. Es war kurz vor 12.00 nachts!

Bo rieb sich müde die Augen. »Gute Idee!«, meinte er. »Vielleicht gehen wir noch etwas weg?«

Tim sah mich fragend an und ich nickte. »Warum nicht?«

»Und wohin?« fragte Tim.

Bo hob den Kopf, sein Magen knurrte. »Wo es noch was zu essen gibt!«

So machten wir uns auf den Weg in die Stadt. Es dauerte eine Weile bis wir ein Lokal gefunden hatten, dass um die Zeit noch etwas zum Essen anbot.

»In London hätte ich nur um die Ecke gehen müssen«, brummelte Bo während er die Speisekarte studierte.

Ich sah mich um und fand das ganze Café ziemlich interessant. Es waren ziemlich viele Leute anwesend, wobei mir auffiel, dass der Anteil der Männer hier ziemlich hoch war. Bo bemerkte, wie ich mich umsah und grinste.

»Noch nie in einem Schwulenschuppen gewesen?«

Ich sah ihn groß an und schüttelte den Kopf, während ich zu Tim schielte.

Mein Bruder grinste, blickte aber weiter in seine Karte.

Bo nickte mir aufmunternd zu. »Ist nichts besonders«, erklärte er mir. »Nur das du hier Schwierigkeiten hättest eine Frau kennen zu lernen!«

»Dafür könnten ihn ein paar von den Jungs hier nett finden«, warf Tim ein.

Ich wurde rot wie eine Tomate und starrte meinen Bruder finster an.

Bo lachte auf. Er sah meinen Blick. »Mach dir nichts daraus! Ist doch ein Kompliment!« Er sah mich prüfend an, warf Tim einen raschen Blick zu und meinte dann: »Aber ich lasse besser die Finger von dir, ich will mir nicht von Garth und deinem Bruder was anhören müssen!«

Ich sah ihn an. Einen Moment lang glaubte ich ihm fast, dann konnte Bo sich nicht mehr halten und ein riesiges Lachen malte sich auf sein Gesicht.

Tim begann ebenfalls zu lachen und schließlich konnte ich nicht anders als mit lachen!

Nachdem wir gegessen hatten, meinte Bo, jetzt könne er sich ins Tanzvergnügen stürzen. Mit Tim und mir im Schlepp marschierte er zu einer Treppe, auf der reger Betrieb herrschte. Wummernde Bässe kamen aus dem Keller und wurden lauter, je tiefer wir stiegen. Unten angekommen fanden wir uns in einer Disco wieder. Am Eingang wurde Bo begrüßt. Was mich jedoch etwas überrascht, war, dass auch Tim wohl bekannt war.

»Kommst du öfter her?« fragte ich meinen Bruder leise.

Der nickte grinsend. »Bo hat mich drauf gebracht! Die beste Musik in der Stadt!«

Ich wusste nicht was ich davon halten sollte. Mein großer Bruder in einer Schwulendisco!

Ich fühlte mich ziemlich seltsam. Es waren eine Menge gutaussehender Typen anwesend und einige warfen mir Blicke zu, die mich erschauern ließen.

Der Türsteher musterte mich eindringlich.

Bo nickte ihm zu. »Er ist über achtzehn und er gehört zu uns!«

»Versprochen?«, grinste der Türsteher Bo an.

Der verdrehte die Augen. »Er kann dir auch seinen Ausweis zeigen, wenn's sein muss, Schätzchen – und jetzt lass uns rein! Sonst wird Tim dich eigenhändig in der Luft zerreißen!«

Der Türsteher lachte und ließ uns in den Technotempel.

Es war unglaublich. Ich tapste Tim und Bo hinterher und wusste nicht, was mir geschah! So viele geile Typen hatte ich noch nie gesehen und sie waren schwul – alle!

Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Bo hielt sich nah an meiner Seite, während Tim sich bis zur Bar durchschlug und nach einiger Zeit mit drei Drinks zurück kam. Es war ziemlich was drin in den Drinks. Bo hüpfte leicht im wummernden Sound der Musik.

Mein Bruder grinste mich an. »Und was sagst du?«

Ich zuckte mit den Schultern. »Die Musik ist gut!«

Tim grinste. »Und der Rest?«

»Na ja«, meinte ich gedehnt.

»Keiner der dir gefällt?«

Ich prustete die Hälfte meines Drinks durch die Gegend und sah meinen Bruder entgeistert an. »Wie bitte …«, krächzte ich.

Bo klopfte mir auf den Rücken.

Tim sah mich mit einem Schmunzeln auf den Lippen an. »Tosten, du bist mein Bruder! Du bist achtzehn und soweit ich weiß hast du bisher noch nie eine Freundin gehabt!«

»Es war halt keine richtige bisher da«, verteidigte ich mich schwach.

»Und es wird auch keine kommen«, entgegnete Tim und sah mir fest in die Augen. »Oder liege ich falsch?«

Ich schluckte und sah ihn an. Ich konnte seinem Blick nicht stand halten. Was sollte ich sagen … Tim hatte recht! Aber was soll ich sagen … Ich schluckte schwer.

Plötzlich merkte ich, wie sich zwei Arme um mich legten. Tim stand hinter mir und nahm mich in die Arme. »Es ist o.k.!«, flüsterte er mir ins Ohr. »Keine Panik, kleiner Bruder!«

Ich wand den Kopf und sah ihn an. Ein dicker Kloß saß in meinem Hals. Tim nickte mir beruhigend zu. Ich drückte mich an meinen Bruder und wusste nicht was ich sagen sollte. Bo lächelte mir aufmunternd zu.

»Komm«, meinte er und hielt mir die Hand hin. »Die Tanzfläche wartet auf uns!«

Ich zögerte einen Moment. Tim gab mir einen leichten Schubs. »Na los! Ich komme mit!« Ich reichte Bo die Hand und er zog mich in Richtung der Tanzfläche. Tim folgte uns.

Die Musik donnerte und die Lichter blitzten, ließen die Männer und Jungs hin und wieder kurz erstrahlen. Ich sah Tim und er warf mir ein Lächeln zu. Bo's Augen funkelten und dann begann ich zu tanzen. Ich vergaß alles um mich herum. Ich tanzte voller Freude.

Tim wusste es! – Na und! – Bo wusste es auch! – Wenn schon! – Ich fühlte mich gut! Meine Augen wanderten umher. Einige Jungs sahen wirklich gut aus! Es war unglaublich! So viele geile Typen.

Irgendwann bemerkte ich einen Typen mit superblonden Haaren. Er sah mich durchdringend an und ich schauderte bei diesem Blick. Er trug ein hautenges weißes T-Shirt und eine schwarze, enge Hose. Langsam tanzte er näher und ließ mich nicht aus den Augen. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Wie lange er mich angesehen hatte, wusste ich nicht. Doch plötzlich stand er neben mir.

»Hast du heute schon was vor?«, fragte er mich mit erotischer Stimme. Ein Schauer durchfuhr mich. Doch plötzlich stand Tim neben mir.

»Finger weg, Stephan!«, meinte er freundlich zu dem Typen. »Das ist mein Bruder!«

Der Blonde sah Tim durchdringend an. »Na und? Schläfst du mit ihm?«

Ich bemerkte, wie Tim ziemlich sauer wurde, doch bevor ich auch nur was sagen konnte, stand Bo neben uns.

»Da bist du ja«, strahlte er mich an, umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf die Lippen. Ich war völlig perplex. Bo zwinkerte mir zu und ließ von mir ab – seine Hand blieb allerdings auf meiner Schultern, wo ich sie schwer und heiß spürte.

»Gehen wir?«, fragte mich Bo und sah Tim an.

Mein Bruder nickte und Bo schob mich von der Tanzfläche. Der superblonde Stephan blieb zurück.

»Was war das denn?«, fragte ich, als wir uns in einer ruhigen Ecke niederließen.

»Stephan!«, erklärte Tim. »Er gräbt jeden an, der jünger ist als er!«

Bo nickte. »Lass dich auf sein Gesäusel bloß nicht ein! Er ist ein Arsch!«

Ich starrte die beiden an.

Tim begann zu grinsen. »Mein kleiner Bruder ist also schwul!«

Ich schluckte, sah die beiden an, dann nickte ich langsam.

»Na, gratuliere!«, lachte Bo. »Willkommen in der Reihe der berühmten 10% der Weltbevölkerung!«

Ich fühlte mich ziemlich seltsam. Tim und Bo nahmen es locker und ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich starrte von einem zum anderen, bis Tim mich in den Arm nahm und an sich drückte.

»Jetzt mach kein Drama, Torsten! Es ist nichts dabei!«

Ich weiß nicht wieso, aber in den Moment fing ich an zu heulen. Ich war ziemlich fertig mit den Nerven, ich konnte einfach nicht mehr.

Tim zog mich an seine Schulter und ich klammerte mich an meinen Bruder. Es dauerte eine Weile bis ich mich wieder unter Kontrolle hatte.

Tim hielt mir ein Taschentuch hin und ich wischte mir die Tränen aus den Augen und putzte mir die Nase.

»Sorry«, flüsterte ich leise.

Tim lächelte und strich mir über den Kopf. »Schon gut!«

Bo nickte aufmunternd. »Ein bisschen viel heute!« Er hielt mir einen Drink entgegen. »Zur Feier des Tages!«

Ich nahm den Drink und die beiden anderen prosteten mir mit ihren Drinks zu, die Bo bei einem Kellner in der Zwischenzeit bestellt hatte.

»Schön dass das geklärt ist«, meinte Bo. Er schien erleichtert.

Ich sah ihn fragend an. »Wieso?«

Er grinste. »Seit ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich was du mit dir da herum schleppst!«

Ich starrte ihn überrascht an.

Tim nickte. »Er hat mich darauf angesprochen und ich konnte ihm nur recht geben. Ich war auch schon auf den Gedanken gekommen!«

»Und die Tour wird anstrengend, da solltest du nicht auch noch damit im Kopf herumlaufen!«, fügte Bo hinzu.

Ich nickte etwas verwirrt, dann sah ich Tim fragend an. »Und du?«

Mein großer Bruder grinste mich an. »Ob ich schwul bin?«

Ich nickte und Tim's Grinsen wurde noch breiter. Er sah von mir zu Bo, der ihn ebenfalls fragend ansah.

»Na ja, nicht direkt«, begann Tim. »Ich würde es vielseitig orientiert nennen!« Er grinste breit.

Bo starrte ihn an und ich schluckte.

»Du bist bi?«, fragte Bo ihn.

Tim nickte. »Probleme?«

Bo schüttelte den Kopf. »Hätte ich das gewusst …!«

Tim begann zu lachen. »Was dann? Hättest du es versucht?«

»Keine Ahnung!« Bo schüttelte den Kopf. Dann ergriff er das Glas und meinte: »Prost!« Und damit nahm er einen riesigen Schluck.


Im folgenden Kapitel wird es etwas „heißer“ als bisher und sollte jemand mit der Konstellation ein Problem haben, dann sollte er die Stellen einfach auslassen. Es erschien mir jedenfalls passend, auch wenn ich anfänglich etwas gezögert habe. Das Ganze ist reine Fiction. Ich hoffe es gefällt euch.

Es gilt der Vorspann wie sonst auch ;)

Björn


5. Kapitel

Spät in der Nacht war es, als wir uns aus der Tiefe der Disco wieder empor wagten. Es war gegen 4 Uhr morgens und wir wollten nur noch ins Bett. Glücklicher Weise warteten bereits mehrere Taxis auf die müden Partygäste. Mit einem freundlichen Abschiedsgruß, einem ziemlich schrägen Kuss für Tim und mich, verabschiedete sich Bo und ließ sich in ein Taxi plumpsen, dass ihn nach Hause brachte.

Tim grinste mich an und meinte ich solle doch besser mit zu ihm kommen, außer ich wolle am nächsten Morgen unseren Eltern gegenüber treten.

Da ich darauf wirklich keine Lust hatte, nickte ich nur zustimmend und kurz darauf saßen wir in einem Taxi, das uns zu Tim's Wohnung fuhr. Dort angekommen schälten wir uns nur noch aus unseren Sachen und fielen ins Bett.

Helles Sonnenlicht und das Rauschen der Dusche weckte mich. Müde und etwas verkatert versuchte ich mich zu erinnern wo ich mich befand. Doch das wurde mir klar, sobald ich den Blick etwas hob. Tim's Wohnung kannte ich von vielen Aufenthalten, wie auch sein riesiges Bett, in dem ich gerade lag. Dieses Bett war ungemein groß und Tim hatte es sich zu seinem Einzug selbst geschenkt.

Ich seufzte und klopfte mein Kissen etwas zurecht. Es war Sonntag und ich musste nicht aufstehen. Die Sonne schien hell durch die dünnen, beigen Vorhänge und tauchte den Raum in weiches Licht.

Sie wussten es, schoss es mir durch den Kopf. Mein Bruder und Bo wussten es – aber es war in Ordnung!

Ich seufzte und fühlte mich gut. Ich kuschelte mich in das Kissen und schlummerte etwas, bis mich leise Schritte aus meinen Träumen rissen. Ich öffnete schläfrig die Augen. Tim stand im Zimmer und sah auf mich herab. Er trug nichts als ein Handtuch um die Hüften, und lächelte. »Morgen Schlafmütze!«

»Morgen«, antwortete ich und legte den Kopf etwas schief. Tim sah gut aus! Mehr als das sogar! Das Sonnenlicht ließ die Proportionen seines Körpers gut hervortreten. »Du siehst gut aus!«, meinte ich leichthin.

Tim sah mich erstaunt an und ich wurde rot. Hatte ich meinem eigenen Bruder gerade ein Kompliment gemacht?

Tim begann wieder zu lächeln. »Du auch!« Er lachte und setzte sich auf die Bettkante. »Und, alles in Ordnung mit dir?«

»Ich glaube schon«, meinte ich etwas unschlüssig.

Tim strich mir über den Kopf. »Kopf hoch, Kleiner! Wenn es Probleme gibt, dann bin ich ja da!«

Ich rutschte näher an ihn heran und kuschelte mich an ihn. Tim war immer für mich da gewesen und ich fühlte mich bei ihm einfach sicher. Er strich mir über den Kopf. Ich setzte mich auf uns umarmte ihn spontan.

»Danke!«

Tim sah mich erstaunt an. »Wofür?«

»Das du da bist«, murmelte ich leise.

Tim drückte mich an sich. Ich spürte die nackte Haut seines Oberkörpers an mir. Ein unkontrolliertes Zittern lief durch meinen Körper. Tim sah mich an.

Ich schluckte, dann nahm ich all meinen Mut zusammen und küsste ihn auf den Mund.

Tim's Augen weiteten sich. Er zog sich etwas zurück. »Torsten, ich … ich glaube nicht …«

Ich fühlte mich elend! Mein Magen krampfte sich zusammen.

Tim seufzte und sah mich an. »Warst du schon mal mit jemandem zusammen?«

Ich schüttelte den Kopf.

Tim seufzte noch einmal. Er nahm meinen Kopf in seine Hände und küsste mich auf die Lippen. Ich hatte das Gefühl als würde ich mich auflösen. Tim's Hände streichelten meinen Rücken und ich seufzte, als sich unsere Lippen voneinander lösten.

Ich sah, dass das Handtuch um Tim's Hüften steil in die Höhe stand.

»Warum ich?«, fragte Tim leise.

Ich sah ihn an. »Ich liebe dich!«

Tim lächelte. »Ich liebe dich auch, du Dummkopf! Aber ich halte das für keine gute Idee!«

»Dann hätte ich also gestern mit diesem Stephan mitgehen sollen?«

»Bloß nicht!« entfuhr es Tim.

»Tim!«

Mein großer Bruder sah mich an.

»Bitte!«

Tim erhob sich und lies das Handtuch um seine Hüften fallen. Dann kletterte er neben mir ins Bett. Er sah mich an. »Aber nur dieses eine Mal!«

Ich nickte langsam.

Dann war Tim über mir. Seine Küsse bedeckten meinen Körper und ich fiel seufzend zurück. Er war so unendlich zärtlich. Seine Lippen wanderten über meinen Körper und immer weiter ich stöhnte vor Glück. Rasch befreite mich Tim von meiner Boxershorts. Mein stahlharter Schwanz ragte empor. Tim lächelte und nahm ihn langsam in die Hand. Ein unkontrolliertes Zittern durchfuhr mich, ein Schauer, des Wohlgefühls und ich wäre fast gekommen.

»Ganz ruhig!«, meinte Tim. Er nahm meine Hand und legte sie auf seinen Körper. Langsam wanderten meine Hände seinen Körper entlang. Hart stand sein wunderschöner Schwanz inmitten der schwarzen Haare. Ich berührte ihn und Tim seufzte wohlig.

Wir verbrachten die nächsten zwei Stunden im Bett bis wir schließlich voller Erschöpfung einschliefen, aufeinander. Etwas später erwachten wir, verklebt und ziemlich geschafft.

Tim sah mich kopfschüttelnd an. »Also, ich weiß nicht ob das richtig war, aber es war wunderbar!«

Ich nickte zustimmend. »Danke Tim!«

Tim zwinkerte mir zu. »Du weißt wo ich wohne, kleiner Bruder!«

Ich sah ihn staunend an. »Du meinst …«

»Warum nicht?«, meinte Tim. »Ab und an!?«

Wir lachten und gingen ins Bad um uns eine Dusche zu gönnen.

Gegen Abend klingelte mein Handy und meine Eltern fragten, wann ich denn nach Hause käme. Ich erklärte, dass ich so gegen 9.00 Uhr käme, ich wäre gerade bei Tim. Meine Eltern waren daraufhin beruhigt und ich legte auf. Dann wählte ich die Nummer von Bo. Nach dem zweiten Klingeln war er dran.

»Hallo Torsten!«

»Hi Bo! Woher wusstest du das ich es bin?«

»Das sagt mir mein Handy! Ist so programmiert! Für jede wichtige Person ein besonderes Klingelzeichen!«

»Aha! Und wie geht's?«

»Mir geht's gut! Und selbst?«

»Etwas geschafft, aber gut!«

Ich hörte ihn durchs Telefon grinsen. »Also keine Probleme?«

»Nein, alles in Ordnung! Warum hast du nicht angerufen?«

»Weil ich dachte das du heute den Tag mal etwas Ruhe brauchst«, erklärte Bo. »Man hat immerhin nicht jeden Tag sein Coming out!«

»Was für ein blödes Wort!«

Bo lachte. »Stimmt! Übrigens Grüße von den Jungs und Garth, sie schicken uns tatsächlich ein Video von der Show!«

Ich lachte. »Na, dann bin ich mal gespannt!«

»Auf wen?« fragte Bo scherzhaft.

Ich schluckte. »Blödmann!«

»Danke, gleichfalls! Wir sehen uns dann morgen Nachmittag. Und ärgere deine Lehrer nicht zu sehr! Wenn's was Dringendes gibt, dann melde ich mich!«

»Dann bis morgen, Bo!«

Tim hatte inzwischen etwas zu essen gemacht und ich merkte erst jetzt, dass ich am verhungern war. Gemeinsam aßen wir, dann startete ich den Laptop um meine E-Mails abzurufen. Nachdem Tim und ich es geschafft hatten das Handy an den Laptop anzuschließen, war alles ganz einfach. Ich seufzte, denn zehn neue Mails an einem Sonntag zu erhalten ist schon eine Menge, viel schlimmer jedoch, wenn jedes einzelne davon mit Arbeit zu tun hatte.

Tim grinste mich an. »Das wird noch schlimmer«, beschied er mir. »Du fängst erst an!«

»Na Mahlzeit!«

»Du gehörst jetzt zu den ganz wichtigen Leuten!« Tim's Grinsen wurde noch breiter, dann wurde er wieder ernst. »Du solltest deine private E-Mail-Adresse noch an diese hier weiterleiten«, schlug er vor. »Denn sonst erreicht man dich die nächste Zeit eh kaum!«

Ich nickte zustimmend. »Gute Idee, das mache ich gleich heute Abend noch!«

Nach dem Essen half ich Tim noch etwas beim Aufräumen, dann war es Zeit, dass ich nach Hause fuhr. Bis auf meine Laptop Tasche mit dem notwendigsten, hatte ich den Rest in der Firma gelassen. Also hatte ich kaum Gepäck. Ich verabschiedete mich von Tim mit einer festen Umarmung.

»Pass auf dich auf, Torsten!« Tim lächelte. »Du weißt ja, wo du mich erreichen kannst!«

Ich lachte. »Wir sehen uns morgen Nachtmittag!«

»Bis dann!«

Kurz darauf saß ich in der U-Bahn. Die Leute um mich herum waren so normal wie immer und trotzdem hatte sich alles irgendwie verändert. Ich fühlte mich leichter, zumindest etwas. Das Schwierigste stand mir noch bevor: meine Eltern. Was sollte ich ihnen sagen? Sollte ich überhaupt etwas sagen?

Tim und ich hatten das Thema ausgelassen. Ich hätte ihn vielleicht fragen sollen.

Eine dreiviertel Stunde später betrat ich unsere Wohnung. Meine Mutter begrüßte mich fröhlich.

»Hallo Schatz! Wie geht's?«

»Geschafft!« erklärte ich wahrheitsgemäß. »War anstrengend!«

»Gut das du bald Ferien hast, oder?« scherzte mein Vater. Er kam gerade aus seinem Arbeitszimmer.

Ich nickte lachend. »Wenn ich morgen nicht in die Schule müsste, dann könnte ich gar nicht ausschlafen!«

»Torsten!« Meine Mutter tat entsetzt.

Dann lachten wir alle gemeinsam.

Ich weiß nicht was mich dazu trieb, aber es schien mir richtig.

»Da ihr gerade beide hier seid«, begann ich.

Meine Mutter sah mich fragend an.

»Ich würde euch gerne was sagen«, sagte ich etwas zurückhaltend.

Mein Vater und meine Mutter sahen sich an.

»Könnte es damit zusammenhängen, dass du bisher noch nie eine Freundin mitgebracht hast?«, fragte mein Vater lächelnd.

Ich starrte meine Eltern überrascht an, dann nickte ich langsam. »Ja, auch!«

Meine Mutter lächelte. »Also, wie heißt der Junge?«

Ich schluckte. »Ihr wisst …«

Mein Vater lehnte sich an eine kleine Kommode und nickte zustimmend. »Torsten, wir sind deine Eltern. Auch wenn wir älter sind, dann heißt das nicht, dass wir blind sind!« Er schmunzelte. »Außerdem war es nicht besonders schlau, über unsere Telefonnummer diese schwulen Internetseiten zu abonnieren!«

Ich wurde rot und schaute ziemlich verlegen zu Boden. Ich war ziemlich sprachlos. Schließlich war ich zu einem Kommentar fähig. »Ihr habt also kein Problem damit?«

Meine Mutter schüttelte den Kopf. »Anfangs war es nicht ganz so leicht sich daran zu gewöhnen«, gestand sie. »Aber mittlerweile kommen wir damit zurecht!«

»Ihr habt nie was gesagt!«

»Es ist deine Entscheidung, Torsten«, erklärte mein Vater. »Du musstest dazu bereit sein!« Er lächelte. »Und scheinbar bist du es jetzt!«

Ich seufzte. »Ich glaube ich brauche was zu trinken!« gestand ich.

Meine Mutter lachte. »Wir alle wohl!« Sie schritt zum Kühlschrank und nahm eine Flasche Sekt heraus. Mein Vater holte aus dem Schrank drei Gläser und wir begaben uns ins Wohnzimmer.

Der Sektkorken knallte und die Gläser klirrten.

Es wurde ein langer Abend. Meine Eltern und ich unterhielten uns ziemlich lange. Es war so gegen 1 Uhr Nachts, als ich beschloss ins Bett zu gehen. Meine Eltern wünschten mir eine gute Nacht und ich zog mich auf mein Zimmer zurück. Müde fiel ich ins Bett – glücklich und ziemlich erleichtert.


6. Kapitel

Meine Mutter weckte mich am Morgen.

»Aufstehen Torsten! Die Schule wartet!«

Ich brauchte einen Moment bis ich registrierte wo ich war.

Meine Mutter lächelte mich an. »Vergessen den Wecker zu stellen?«

Ich sah auf die Uhr. Es war sieben! Normaler Weise war ich um die Zeit schon wach. Müde nickte ich.

»Das Frühstück wartet«, mit diesen Worten verließ meine Mutter das Zimmer. Ich stand auf, machte mich auf den Weg ins Bad, dort erfrischte ich mich. Mein Blick viel in den Spiegel und ich sah ein Paar Augenränder, die so gar nicht zu mir passten. Zurück in meinem Zimmer zog ich mich an, packte meine Schulsachen und verließ den Raum. Dann fiel mir mein Handy ein. Schnell nahm ich es aus der Tasche und steckte es ein. Ohne das Ding würde ich wohl die nächste Zeit nicht mehr auskommen.

In der Küche wurde ich von meinem Vater freundlich begrüßt.

»Na du Konzertmanager!«

Ich ließ mich auf meinem Stuhl nieder und begann zu frühstücken. Der Tee brachte mich etwas zu Bewusstsein und ich sah meine Mutter dankbar an. Sie reichte mir eine Thermoskanne. »Damit du nicht gleich einschläfst«, meinte sie mit einem Zwinkern.

Ich lächelte und packte die Thermoskanne ein. »Danke!«

Mein Vater erhob sich. »Soll ich dich mitnehmen?«, fragte er mich.

Ich sah überrascht auf, dann nickte ich. »Gerne!«

Kurz darauf saßen wir im Auto und mein Vater steuerte den Wagen ins Vormittagsgewühl der Stadt. Ich kuschelte mich in den Sitz, noch leicht träge.

»Und, heute noch was besonderes?« fragte mein Vater.

Ich schüttelte den Kopf. »Die Noten stehen alle schon fest, da passiert nichts mehr, was aufregend wäre!«

Er nickte und setzte den Blinker um die Spur zu wechseln. »Weiß eigentlich sonst noch jemand Bescheid?«

Ich brauchte einen Moment bis ich begriff. »Tim und Tommy«, antwortete ich.

»Tim?« Mein Vater schien überrascht.

Ich nickte. »Er hat mich mehr oder weniger dazu gebracht es ihm zu sagen!«

Mein Vater lachte. »Dann hat er also auch kein Problem damit?!«

»Tim doch nicht!« verteidigte ich meinen Bruder.

Den Rest des Weges legten wir schweigend zurück. Vor der Schule hielt mein Vater an. »Schönen Tag, bis heute Abend!«

»Tschüss Papa!« Und damit war ich aus dem Wagen und schmiss die Tür zu.

Vor dem Schultor wartete Tommy auf mich.

»Na du Weltreisender, wie war das Wochenende?«

Ich begann zu lachen. »Aufregend!«

Tommy sah mich fragend an. Innerhalb von zehn Minuten alles zu erzählen was passiert war, ist ziemlich schwierig, vor allem inmitten anderer Schüler, die davon eigentlich nichts mitbekommen sollten. Ich erzählte Tommy alles – na ja, fast alles – die Sache mit Tim ließ ich weg!

Tommy grinste. »Also kein Familiendrama!«

Ich schüttelte den Kopf. »Leider nicht!«

»Bedauerlich!«

Wir sahen uns an und begannen zu lachen.

Die ersten zwei Stunden verliefen normal. Unsere Lehrer hatten vor den Ferien auch keinen rechten Schwung mehr und so verbrachten wir die Zeit relativ locker.

In der dritten hatte ich meinen Leistungskurs Deutsch. Wir unterhielten uns gerade über die Lektüre, die wir im nächsten Schuljahr durchnehmen mussten, da begann es in meiner Tasche laut zu piepen.

Ich war wohl von allen am meisten überrascht, bis ich mich an das Handy erinnerte. Ich zog das Teil heraus und drückte das Gespräch weg. Es dauerte nur einen Moment und das Ding ging schon wieder los. Ich sah, dass es Bo's Nummer war.

Herr Schubert, mein Lehrer schüttelte den Kopf. »Erde an Torsten, bitte melden!«

Ich drückte das Gespräch weg und sah auf. »Entschuldigung! Scheint ziemlich dringend, sonst würde er nicht jetzt anrufen! Kann ich mal kurz raus?«

Herr Schubert sah mich an. Ich war einer seiner besten Schüler und ich hatte mich eigentlich sonst immer ganz gut mit ihm verstanden. Schließlich nickte er. »Also gut! Ist eh nicht mehr viel los!«

Ich erhob mich und verließ den Raum. Kaum draußen klingelte das Handy erneut.

»Hallo Bo! Was gibt's, dass du mich aus dem Unterricht klingelst?«

»Torsten, Gott sei Dank!« Bo ächzte am Telefon. »Ich bin gerade auf dem Weg zum Flughafen!«

»Hä?«

»Es gibt Probleme! Phil, unser Produktionsleiter hat sich ein paar Pillen zu viel eingeschmissen und liegt auf der Intensivstation in London!«

»Scheiße!«

»Riesengroße!«, bestätigte Bo. »Jetzt können sein Assistent Nicky und Conny, unsre Bühnenchefin, sich seinen Job auch noch teilen! Und das eine Woche vor Premiere!«

»O.k.! Verstanden! Dann fliegst du hin und klärst das. Ich werde nachher gleich ins Büro fahren und da alles klären, was anfällt. Ich ruf dich dann an. Wann kommst du an?«

»Gegen zwei!«

Ich nickte. »Dann bis später! Weiß Tim schon von unserem Glück?«

»Da kannst du Gift drauf nehmen!«, meinte Bo sarkastisch. »Der hüpft vor Glück im Dreieck!«

Ich konnte es mir vorstellen.

»Ach so! Felix, der Producer, wollte heute vorbei kommen – in München! Kümmere dich um ihn! Tim kennt ihn. Mach mit ihm diese Termine für die Studioaufnahmen klar!«

Ich schluckte. »In Ordnung Bo! Bis dann!«

»Alles Gute Torsten!«

»Dir auch! Tschüss!«

Es klickte, als die Verbindung unterbrochen wurde. Ich beendete das Gespräch und lies das Phone sinken. In diesem Moment klingelte es. Ich sah erstaunt auf. Die Tür zum Klassenzimmer öffnete sich und Herr Schubert kam heraus.

»Alles in Ordnung?«

Ich schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich, aber es geht schon!«

Er sah mich fragend an. »Das muss ich aber jetzt nicht verstehen, oder?«

Ich verneinte und er nickte mir zu. »Bis dann, Torsten!«

Tommy kam aus dem Raum. Er trug seinen Rucksack auf dem Rücken. Meinen hatte er in der Hand und reichte ihn mir. Ich nahm ihn dankbar entgegen.

»Was ist los?«

Ich erklärte Tommy kurz was vorgefallen war und er schüttelte den Kopf. »Du bist ja wirklich voll im Leben! Wenn ich daran denke, dass ich als Ferienjob als Schwimmlehrer drei Tage die Woche mal ein paar Stunden jobbe!«

Ich grinste und zog ihn auf den Pausenhof. Der war schon voll von tobenden Schülern, die große Pause hatte begonnen. Ich wählte die Büronummer von Tim. Er war sofort am Apparat.

»Jansen!«, bellte er laut.

»Hier auch!« antwortete ich. »Bo hat mich angerufen!«

»Äh! Hei Torsten! Hier geht's gerade etwas rund!«, entschuldigte sich mein Bruder.

»Ich habe es mitbekommen«, erklärte ich. »Ich habe nur noch eine Stunde, dann komme ich vorbei!«

»Wenigstens ein Lichtblick«, seufzte Tim.

Die Pause dauerte ziemlich lang und die Situation wurde nicht dadurch verbessert, dass wir Mathe in der kommenden Stunde hatten. Ich war froh, dass mich unsere Lehrerin heute ziemlich in Ruhe ließ. An manchen Tagen hatte sie mich gerade zu auf dem Kieker.

Erleichtert packte ich beim ersten Ton des Gongs meine Sachen zusammen.

»Soll ich dich fahren?«, bot Tommy mir an.

Das Angebot nahm ich gerne an.

Schnell liefen wir zum Parkplatz, wo Tommys Wagen stand. Es dauert dadurch nur eine viertel Stunde zu mir nach Hause. Ich rief meiner Mutter einen Gruß zu, hastete die Treppe hoch, warf die Schulsachen in die Ecke und schnappte meine Tasche mit dem Laptop. So gerüstet sprang ich die Treppe runter, drückte meiner Mutter einen Kuss auf die Stirn und war schon wieder aus der Tür.

Tommy fuhr mich zur Company. Dort parkte er und ich lud ihn ein, mich doch zu begleiten. Da er nichts Besseres vor hatte, nahm er an.

Wir marschierten an dem Pförtner vorbei, der mir nur noch freundlich zu nickte, zum Aufzug. Im fünften Stock marschierte ich erst mal zu Tim. Der saß mit Lennie, der Assistentin und noch zwei Leuten in seinem Büro und telefonierte, während er mit den Händen auf die Tastatur seines Computers eindrosch. Lennie hing ebenfalls am Telefon und die beiden anderen – ein junger Mann und eine jungen Frau, deren Namen ich nicht kannte – tippten irgendwelche Listen ab.

Als Tim mich entdeckte, seufzte er erleichtert und brach das Telefonat ab.

»Man, gut das du kommst!«, begrüßte er mich. »Hier geht's rund!«

Lennie winkte mir zu Begrüßung zu und telefonierte weiter.

»Wo ist das Problem?«

Tim fuhr sich durch die Haare. »Wo soll ich anfangen?« Er erhob sich und schritt aus dem Büro zur Kaffeeküche. Ich folgte ihm, Tommy im Schlepp.

»Also, Phil hat zu viel von seinen lustigen Pillen geschluckt – viel zu viele!«, erklärte Tim. »Er liegt auf der Intensivstation und wird wohl die ganze Tour ausfallen!«

Ich nickte. »Weiß ich schon. Nicky und Conny müssen also den Job gemeinsam übernehmen!«

»Nur dass Phil – blöd wie er war – seinen Rucksack mitgenommen hatte als er zum tanzen ging und der geklaut wurde, samt Notizbuch mit Terminen und all dem Kram!«

Ich stöhnte. »Also sind die Infos des Produktionsleiters futsch!«

»Genau das!« Tim schüttelte den Kopf. »Und das eine Woche vor Tourbeginn!«

»Und hat Nicky keine Infos?«, fragte ich.

»Doch, aber eben nicht alle!« erklärte Tim. »Wir versuchen gerade die fehlenden Infos zusammenzutragen!«

Ich seufzte. »Dann sehe ich mal ins Büro, was noch für Probleme auf mich warten!«

Tim grinste mich an. »Viel Spaß, ich komme nachher mal hoch, wenn ich hier klarer sehe!«

So marschierten Tommy und ich in das Büro von Bo.

»Nicht schlecht hier!«, meinte Tommy und ließ sich in einen leeren Besuchersessel fallen.

Ich grinste. »Man bekommt was geboten!«

Der Computer lief noch. Ich prüfte die Mails, dann suchte ich die Mobilnummer von Garth heraus und rief ihn an.

»Hi Torsten, was gibt's?«

»Bo sitzt gerade im Flieger nach London!«, begann ich und erklärte ihm die Situation.

»Na toll!«, meinte Garth schließlich. »Ich sag es den Jungs! Wir sind gerade bei der Probe! Caro scheucht sie gewaltig herum! – Wart mal, Justin ist gerade da!«

»Torsten?«

»Justin?«

»Ja! Hi!«

»Hi! Wie geht's?«

»Ganz gut! Ziemlich anstrengend! Habt ihr das Tape bekommen?«

»Tape?«

»Mit unserer Show!« kam es zurück.

»Ach so! Ich hab noch nicht nachgesehen«, gestand ich. »Ich werde mal suchen, sobald ich Zeit habe!«

»Versprochen?«

»Ja! Aber jetzt lass mich eure Tour fertig planen, sonst könnt ihr noch so viel üben!«

»Jawohl Boss! Bis dann!«

»See you, Justin!«

»Miss you!«, kam es leise aus dem Hörer, dann war er weg.

Hatte ich mich gerade verhört? Ich schluckte.

»Torsten?«

»Ja Garth?«

»Halt uns auf dem Laufenden!«

»Mach ich, bis später!« Verwirrt legte ich auf. Hatte Justin mir gerade gesagt, dass er mich vermisste? Ich wusste nicht, ob ich mich verhört hatte.

Tommy sah mich fragend an. Ich ließ mich in den Sessel sinken und seufzte. »Ich glaube, ich brauche erst einmal einen Tee!«

»Du wirst schlimmer als Bo«, meinte Tim und trat ein.

Ich lächelte matt. »Wie schlimm ist es also?«

Er winkt ab. »Wir bekommen es hin! Die Tour wird deshalb nicht abgesagt!«

»Na dann!«

Tim nickte mir zu. »Unten wartet Felix, der Produzent zusammen mit Tassilo dem Executiv Producer!«

»Und ich soll mich mit ihnen wegen der Aufnahmen abstimmen!«, erinnerte ich mich an das Telefonat mit Bo und stand auf. »Also los!«

Ich sah Tommy entschuldigend an. »Sorry, aber das ist hier immer so!«

Tommy grinste. »Ich find's spannend!«

»Dann komm einfach mit«, meinte Tim.

Wir marschierten ein Stockwerk tiefer. Vor Tim's Büro standen zwei Männer. Der eine – Felix – hatte blonde kurze Haare, war Mitte 30 und ein freundliches Gesicht. Tassilo war jünger, Mitte zwanzig ungefähr. Die braunen Haare hingen etwas wild in seinem Gesicht und er schob sie immer wieder mit der Hand zur Seite.

»Du bist also Torsten«, begrüßte mich Felix.

Ich nickte zustimmend und wird stellten uns einander vor. Dann marschierten wir in unser Büro im sechsten Stock und versuchten einen Termin für Studioaufnahmen herauszufinden. Nach einigem hin und her kamen wir überein, die ganze Sache an mehreren Terminen stattfinden zu lassen. Damit wurden wir entschieden flexibler und das war genau das, was wir brauchten.

Nach zwei Stunden stand der Plan fest. Tassilo und Felix verabschiedeten sich von mir und Tommy.

»Also, das wäre nichts für mich«, meinte Tommy nach dem die beiden gegangen waren.

»Wieso, macht doch Spaß!«

»Aber dieser Stress die ganze Zeit – nee danke!« Tommy erhob sich. »War wirklich nett, aber jetzt muss ich los!«

Ich nickte. »Wir sehen uns morgen in der Schule!«

»Bis dann!«

Und damit war Tommy weg und ich widmete mich wieder meinen Aufgaben.

Lesemodus deaktivieren (?)