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Cedric & Christoph

Teil 1 - Die Begegnung

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Informationen

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Er stand alleine dort im Regen, in dem Park, in dem er einmal glücklich war.

Sein Hund zerrte an der Leine. Es war Herbst und jetzt schon bitterkalt.

Doch er beachtete ihn gar nicht. Er war gefangen in der Erinnerung an diesen einen Nachmittag. Diesen Nachmittag, an dem er so glücklich gewesen war.

Es war ein Mittwoch, das wusste er noch genau. Er hatte sich hier im Park, bei der Engelsstatue, mit seinem Freund verabredet. Er war befördert worden, und nun wollten sie das mit einem Picknick feiern.

Er hatte alles dabei. Eine große Decke, Baguette, Butter, Salami, Trauben ... er war in Gedanken alles noch einmal durchgegangen, dass er auch nichts vergessen hatte. Es sollte einfach perfekt werden.

Und dann war er auch schon gekommen. Sie hatten sich hier im Park ein Fleckchen gesucht und es sich bequem gemacht. Hatten gegessen, geredet; ja, über eine gemeinsame Zukunft hatten sie geredet. Sie wollten zusammenziehen. Mit der neuen Stelle verdiente er jetzt so viel, dass sie sich eine gemeinsame Wohnung leisten könnten. Sie hatten von der Zukunft geträumt, hatten in Gedanken schon die Wohnung eingerichtet. Es war der schönste Tag in seinem bisherigen Leben gewesen. Einfach nur weil ER da war.

Ja, und was nun? Wo war dieses Lachen, diese Unbeschwertheit geblieben? Wohin waren die Zukunftspläne nur verschwunden? Er war hier, alleine, nur mit seinem Hund. Ganz allein.

Sein Freund, der ihn angeblich über alles liebte hatte, hatte ihn betrogen.

Und er hatte ihn dabei erwischt.

Wer hätte auch ahnen können, dass er an diesem Tag früher von der Arbeit kommen würde? Er hatte die beiden in dem Doppelbett gefunden, das sie extra für ihre erste gemeinsame Wohnung gekauft hatten, als Symbol, dass sie zusammen gehörten. Bei dem Gedanken an die Einweihung trieb es ihm jetzt noch die Röte ins Gesicht.

Und in diesem Bett hatte er ihn betrogen. Erschrocken hatte er ihn angestarrt und nur gesagt: „Du solltest doch noch gar nicht da sein, Schatz.“

Da war er gegangen. Er hatte Benji, den Hund, genommen und war einfach gegangen. Seine Welt war für ihn zusammengebrochen. Die Liebe, an die er geglaubt hatte, war nur ein Luftschloss gewesen, ein Nichts.

Er war in eine andere Stadt gezogen, hatte alle Brücken hinter sich abgerissen und neu anfangen wollen. Aber die Gedanken an IHN waren ihm immer geblieben.

Und jetzt war er wieder hier.

Er atmete tief durch.

Er war zurück.

Cedric Therany war zurück.

1. Kapitel – Christoph

Christoph war aufgeregt. Aufgeregt war eigentlich gar kein Wort. Heute sollte er seinem neuen Chef vorgestellt werden. Er arbeitete nun schon seit 2 Jahren für die Firma. Und sein Chef war eine Legende. Allerdings genauso auch ein Mysterium. Denn in den 2 Jahren hatte er ihn kein einziges Mal gesehen. Aber nicht nur er, auch seine Kollegen kannten den Chef nicht, denn er hatte sich seit 5 Jahren nicht mehr in ihrer Filiale gezeigt.

Selbst eingestellt, hatte ihn ein anderer. Aber vor 4 Tagen geschah das unglaubliche.

Er erhielt einen Anruf aus München. Er sollte die Ankunft für Cedric Therany, seinen Chef, vorbereiten.

Im ersten Moment hatte er das ganze für einen Scherz gehalten. Das Mysterium sollte gelüftet werden? Das konnte nicht wahr sein. Aber die Assistentin auf der anderen Seite hatte ihm schnell klar gemacht, dass das alles andere als ein Scherz war.

Also hatte er alles in die Hand genommen. Eigentlich war er Controller in der Abteilung einer großen Software-Firma. Und er machte seinen Job gut. Aber in diesem Fall hatte er die Verantwortung nicht abgeben wollen. Die Legende Cedric Therany kam zu Besuch, da musste er einfach das Beste vom Besten arrangieren. Das beste Hotel, das beste Taxi, das beste Empfangskomitee, einfach alles.

Und nun stand er vor dem Spiegel und war nicht mehr zu retten. Und warum das alles? Weil er seine Krawatte nicht finden konnte. Sein Lebensmotto „Nur der Kleingeist hält Ordnung, das Genie überblickt das Chaos“ schien ihn heute im Stich zu lassen.

Ah, da, tatsächlich, da war sie. Wer hatte sie denn bitte in den Küchenschrank gelegt? Zu den Tassen auch noch. Er konnte nur den Kopf schütteln. Da verdiente er so viel Geld und hatte immer noch keine Putzfrau.

Seine Eltern hätten es natürlich lieber gesehen, wenn er sich eine nette kleine Frau geangelt, geheiratet und ein paar entzückende Kinder in die Welt gesetzt hätte. Aber diese Hoffnung hatte er jäh zerstört, als er 16 Jahre war. Da erwischten seine Eltern ihn und seinen damaligen Freund bei einem Biologieunterricht der etwas anderen Art.

An die schockierten Blicke seiner Eltern würde er sich sein ganzes Leben lang erinnern. Selbst jetzt noch legte sich ein Grinsen auf sein Gesicht. Seine Eltern...sie hatten es danach eigentlich ganz gut verkraftet. Er sei ja immer noch ihr Sohn hatten sie ihm versichert, sie bräuchten nur ein bisschen, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Das hatten sie auch gut hinbekommen. Heute hatten sie ein sehr lockeres Verhältnis zueinander. Er konnte sich immer auf seine Eltern verlassen.

Nach einem letzten Schluck aus seiner Tasse verließ Christoph die Wohnung und hastete die Treppe hinunter. Unten angekommen, sah er sich nach allen Seiten um. Wo hatte er gestern nur geparkt? Am Park? Oder doch eher bei den Hochhäusern auf der anderen Seite?

Es half alles nichts. Sein Chaotenleben machte sich heute wirklich bemerkbar. Er wollte es doch lieber mit dem Park versuchen. Also machte er sich auf den Weg. Und natürlich fing es in dem Moment auch noch an zu regnen. Hatten sich denn alle gegen ihn verschworen? Was, wenn sein Wagen nicht beim Park stand und er den ganzen Weg zu seiner Wohnung und dann in die andere Richtung bei diesem Regen wieder zurücklaufen müsste? Er wollte gar nicht daran denken und lief los. Seinen Mantel hatte er sich über den Kopf gezogen. So wurde er wenigstens nicht ganz so nass. Und nun aber los. Wenn er schon nass in die Firma kommen sollte, dann doch wenigstens nicht zu spät.

Er rannte los. Es goss aber auch wirklich wie aus Kübeln. Man konnte vor Regen keine 10 Meter weit sehen.

Und schon war es passiert.

Im ersten Moment wusste er gar nicht, was eigentlich genau passiert war. Das einzige, was er wusste war, dass er mitten in einer Pfütze lag. Aber wie war er da hingekommen? Er kniete sich hin, drehte den Kopf...und sah in die schönsten Augen, die er jemals gesehen hatte. Sie waren blau, so blau wie ein Bergsee, selbst wenn dieser Vergleich kitschig erschien, das war das einzige, was diese Augen beschreiben konnte.

Umrahmt waren sie von weißgrauem Fell und die Zunge hing dem Vierbeiner aus dem Maul.

Er war tatsächlich über einen Husky gestolpert. Zugegeben, dieser Husky war eine Schönheit.

Aber wie kam dieser Husky vor seine Füße? Noch dazu schleifte er eine Leine hinter sich her.

Jetzt hörte er durch den Regen auch die aufgeregte Stimme.

„Benji, wo bist du? Benji, wo bist du nur hingelaufen? Komm zurück zu Herrchen.“

Na da sollte Christoph vielleicht dem Herrchen mal zeigen, wo sein Hund abgeblieben war.

„Hallo, suchen Sie einen Husky? Der ist hier.“, rief er der Stimme entgegen, die sich langsam näherte.

Jetzt sah er auch schon einen Schatten auf sich zukommen. Der Schatten entpuppte sich als hochgewachsener Mann mit blonden Locken, schwarzem Mantel und...oh Wunder...einem Regenschirm.

Sofort hielt er den Regenschirm über Christoph, der immer noch auf dem Boden saß und den Hund betrachtete.

„Was ist denn passiert?“ fragte der Fremde gleich darauf.

Das holte Christoph wieder aus seiner Trance zurück. Wow, das Herrchen konnte es ja wirklich mit dem Hund aufnehmen…lecker.

„Ach, wird schon nicht so schlimm sein. Ich bin wohl über Ihren Hund gestolpert und in der Pfütze gelandet.“ sagte Christoph.

Der Hundebesitzer schaute ganz erschrocken aus der Wäsche.

„Haben Sie sich auch nichts getan? Ist wirklich alles in Ordnung?“

„Nein, nein, es ist alles in Ordnung. Ich bin nur komplett durchnässt. Aber das hat man davon, wenn man im Regen die Straße hinunterstürmt, ohne vor sich auf den Boden zu schauen.“

Der Fremde reichte ihm die Hand und half ihm auf.

„Es tut mir ja so leid. Kann ich irgendetwas für Sie tun?“

„Danke, aber das wird nicht nötig sein. Ich werde jetzt erst mal die paar Schritte zurück in meine Wohnung laufen und mir frische Sachen anziehen. In denen hier kann ich wirklich nicht mehr zur Arbeit.“ grinste Christoph und deutete in Richtung seiner Wohnung.

Der Fremde zückte seinen Geldbeutel und hielt Christoph einen 20€-Schein hin.

„Bitte nehmen Sie wenigstens das. Mein Hund ist ja an allem Schuld und der Anzug wird sich nicht von alleine reinigen lassen. Das bin ich Ihnen schuldig.“

„Danke, das ist wirklich nicht nötig. Meine Mutter wäscht meine Anzüge, da müssen Sie mir kein Geld dafür geben. Sie können mich ja aber mal bei Gelegenheit auf einen Kaffee einladen.“ sagte Christoph und hätte sich im nächsten Moment am liebsten die Hand vor den Mund geschlagen. Seine vorlaute Klappe mal wieder. Er konnte sich bei einem Wildfremden doch nicht so einfach auf einen Kaffee einladen.

Aber sein Gegenüber lachte nur und sagte: „Okay, dann machen wir das so. Wie wäre es mit morgen um fünf im Café am anderen Ende des Parks?“

Christoph grinste zurück und nickte. „Ja, damit bin ich einverstanden.“

„Dann bis morgen.“ sagte der Hundebesitzer und nahm seinen Husky wieder an die Leine.

„Bis morgen.“ sagte Christoph und rannte mit diesen Worten auch schon in Richtung seiner Wohnung.

Vollkommen durchnässt kam er in der Wohnung an, holte er sich zuerst ein Handtuch aus dem Bad und trocknete sich die Haare.

Das erste, was er nun tun musste, war, seine Kollegin anzurufen und Bescheid zu sagen, dass er sich verspäten würde und ein anderer, das Empfangskomitee für Cedric Therany spielen musste.

Seine Kollegin Bianca konnte sich vor Lachen nicht halten, als sie den Grund für seine Verspätung erfuhr, versprach aber, sich bis zu seiner Ankunft persönlich um Herrn Therany zu kümmern.

Beruhigt stieg Christoph noch schnell unter die Dusche. Die kalte Pfütze und der Regen hatten ihn gut ausgekühlt, da musste er erst mal warm werden. Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Er hatte den Fremden noch nicht einmal nach seinem Namen gefragt. Er lachte. Das wird ja ein Art Blind Date morgen.

Gleich darauf rief er sich wieder zur Ordnung. Der Typ würde ihn nur zu einem Kaffee einladen, weil sein Hund im Weg gestanden und er, Christoph, so dämlich war und über ihn gestolpert ist.

Aber jetzt hatte er keine Zeit mehr, um sich Gedanken um den Fremden zu machen. Er musste raus aus der Dusche und in neue Klamotten. Also erst mal fertig duschen.

Danach schnell vor dem Spiegel gestylt, den nächsten Anzug aus der Verpackung geholt und angezogen. Jacke, Regenschirm, Tasche, Schlüssel…alles da.

Etwas gelassener lief Christoph die Stufen hinunter und ging mit dem Regenschirm los.

Und tatsächlich stand am Park, wie am Abend zuvor zurückgelassen, sein kleiner Polo.

Schnell stieg er ein und fuhr los. Vor zehn Minuten sollte Herr Therany im Büro angekommen sein. Erst war ein kleiner Kaffeeplausch mit dem hiesigen Personalchef geplant.

Wenn der Verkehr weiter so gut lief, sollte er es schaffen, Bianca vor der Führung durch die neu gebauten Büroräume abzufangen und diese selbst zu übernehmen.

Völlig außer Atem kam er in der Firma an. Er hastete die Treppe zu seinem Büro hinauf und stellte schnell die Tasche ab.

Da kam ihm Bianca auch schon grinsend entgegen.

„Du kommst gerade richtig. Herr Therany und unser Personaler unterhalten sich noch, aber in ein paar Minuten sollten sie fertig sein.“

„Danke, Bianca. Dafür bin ich dir was schuldig“, sagte Christoph und gab ihr einen Kuss auf die Wange.

„Kein Problem. Hab ich doch gern gemacht. Jetzt aber los.“

Christoph machte sich auf den Weg zum Büro des Personalchefs. Dort angekommen, klopfte er an die Tür.

Nach dem „Herein“ des Personalchefs öffnete er die Tür und trat ein.

Gegenüber dem Personalchef saß eine Gestalt mit blonden Locken, die sich nun nach ihm umdrehte.

Christoph stockte der Atem.

Cedric Therany war der Fremde aus dem Park.

Nachwort

Das war der erste Teil von „Cedric & Christoph“. Ich hoffe er hat euch gefallen.
Für Feedbacks und konstruktive Kritik bin ich immer offen.
Und vielen Dank auch noch mal an mein Eumelchen. Ohne dich hätte ich das nie geschafft. *schmatz*
Arch Angelus

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