zur Desktop-Ansicht wechseln. zur mobilen Ansicht wechseln.

Disappointment

Teil 5

Lesemodus deaktivieren (?)

Informationen

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 13

„Jungs? Hey? Wir gehen besser“, rief Jason ihnen zu und ich sah, wie sie alle erschrocken zu mir blickten. Kommentarlos standen sie allesamt auf und Brain zog Adam hoch, der die ganze Situation überhaupt nicht mehr zu durchblicken schien. Auf dem Tisch stand eine zweite Flasche, leer, und der Rest der Band schien ziemlich klar im Kopf. Adam hatte sich also wirklich schon wieder betrunken und war deshalb auf mich losgegangen. „Oh Gott“, hörte ich Ben leise sagen, als er vor mir stand und fragend zwischen Jason und mir hin und her sah. „Später, wir sollten jetzt erst einmal gehen. Brain? Hilfst du Adam?“, meinte Jason und Brain legte Adam einen Arm um, damit er nicht sofort umkippte. Ich musste zu Boden sehen, sein Anblick tat so weh.

Warum tat er denn nur immer solche Dinge, wenn er getrunken hatte? War das irgendein unterbewusstes Gefühl, das sich nur äußerte, wenn er betrunken war? Oder hatte er nur wenn er betrunken war den Mut das auszuleben? Das musste doch heißen, dass er mir diese Schmerzen auch zumuten würde, wenn er nüchtern war? Niemals! Dieser zweite, wenn nicht dritte „Angriff“ von Adam bestätigte all meine Theorien, er war nur so, wenn er getrunken hatte. Doch egal, weshalb er das machte, es tat unsagbar weh. „Pat? Geht’s?“, fragte Jason leise, als wir nach draußen getreten waren, er hatte mir noch immer einen Arm umgelegt.

Ich nickte leicht und strich mir noch einmal durchs Gesicht, damit man mir nicht mehr ansah, dass ich geheult hatte. Allerdings konnte ich mir kaum vorstellen, dass das etwas brachte. Außerdem hatte Jason mich so oder so heulend auf dem Boden gefunden, da machte es jetzt auch schon kaum mehr etwas aus. Ich fühlte mich wie in Trance, es war noch immer alles so irreal, der gesamte Abend. Nur zögernd wagte ich einen Blick zu Adam, der stolperte in Brains Armen vor sich hin und grinste blöd. Es fühlte sich an, als müsste ich jeden Moment wieder heulen, als ich ihn so grinsen sah, als lachte er über mich.

Wir schafften es bis zum Hotel, die letzten paar hundert Meter bekam ich überhaupt nicht mehr richtig mit, es war wie ein Schwebezustand und doch spürte ich noch immer, dass Jason mich vorsichtig etwas stützte. Es wollte nicht in meinen Kopf, was da geschehen war, ich wollte es einfach nicht glauben, dass mein Adam das schon wieder hatte tun wollen. Erst im Fahrstuhl vom Hotel bemerkte ich, dass ich wieder angefangen hatte zu heulen, ohne dass ich es überhaupt gemerkt hatte. Hastig strich ich mir die Tränen aus dem Gesicht und Jasons und meine Blicke trafen sich. Er sah besorgt aus, fragend und doch, als wäre ihm irgendetwas klar geworden. Hatte er vielleicht doch etwas mitbekommen?

Auf dem Flur vor unseren Zimmer kam mir erst wieder in den Sinn, dass ich mit Adam in einem Zimmer schlafen sollte. Niemals, für nichts in der Welt, wollte ich mit ihm in einem Raum schlafen. Ich war mir ziemlich sicher, dass er sein Vorhaben beenden würde, sobald keiner der Jungs mehr dazwischen gehen konnte. Und ich hatte höllische Angst, dass sie mich mit ihm alleine lassen würden. Brain und Marc halfen Adam ins Zimmer und ich stand mittlerweile wieder zitternd mit Ben und Jason auf dem Gang. Ich musste sie fragen, ich konnte einfach nicht mit Adam in einem Raum schlafen, er würde ganz sicher wieder über mich herfallen.

Ich hob meinen Blick und sah zu den beiden neben mir, Jason sah mich auffordernd an, als wartete er schon darauf, dass ich irgendetwas sagte. „Jason, ich... ich kann nicht mit ihm in einem... einem Zimmer schlafen. Bitte, ich...“, begann ich und schluckte schwer. Jason ahnte doch eh schon, dass irgendetwas nicht in Ordnung war, dann fand er Adam und mich in dieser Ecke im Club und nun das, wenn er eins und eins zusammenzählen konnte, wusste er, was los war. „Ich kann das nicht er-erklären, aber bitte, lass... lasst mich nicht mit ihm allein“, fehlte ich regelrecht und begann wieder zu schluchzen. Die Situation war so verfahren und ich hatte solche Angst.

Ben und er sahen sich kurz an, Jason flüsterte ihm irgendetwas zu, worauf Ben nur nickte und Jason sich wieder zu mir drehte. „Du schläfst bei mir, okay?“, meinte er leise und mir fiel ein Stein vom Herzen. Es tat trotzdem weh. Ich nickte nur leicht und Jason schob mich vorsichtig zu Bens und seinem Zimmer. „Geh schon mal rein, ich hole nur schnell für Ben und dich was zum Schlafen“, erklärte er und nahm T-Shirt und Shorts von einem der Betten. Als er das Zimmer wieder verließ, schloss er die Tür und ich ließ mich auf das Bett sinken. Ich war froh, dass sie mich nicht mit ihm allein ließen und ich den Mut gehabt hatte, Jason darum zu bitten, aber ich spürte kaum Erleichterung. Nur diesen anhaltenden Druck auf meinem Herzen.

Leise wurde die Tür kurz später wieder geöffnet und ich drehte ruckartig meinen Kopf zu ihr. Natürlich war es nur Jason, der eins meiner T-Shirts und Shorts in der Hand hatte und regelrecht bedrückt zu mir blickte. „Hier“, flüsterte er nur, als er mir meine Sachen in die Hand drückte und sah mich weiterhin fast schon traurig an. Vorsichtig stand ich wieder auf und als ich neben dem Bett stand, zog Jason mich plötzlich zu ihm und drückte mich an sich. Ich erschrak im ersten Moment etwas, legte dann aber auch meine Arme um ihn. Es war genau wie beim letzten Mal, ganz genauso. Jason drückte mich noch etwas fester an ihn und lehnte seinen Kopf gegen meinen, während er die ganze Zeit sanft mit der Hand über meinen Rücken strich.

Mit einem Blick in den Augen, als wollte er mich anflehen, ihm alles zu erzählen, löste er sich nach einiger Zeit wieder von mir und strich noch einmal mit der Hand über meine Schulter. Langsam ging ich zum Badezimmer und schloss dann leise die Tür hinter mir. Sofort entwich mir ein Schluchzen und ich brach regelrecht auf dem Boden zusammen. Ich konnte nicht verstehen, warum er das getan hatte, warum er das damals getan und heute wieder versucht hatte. Genau dieselben Fragen sprangen wieder durch meinen Kopf. Konnte nur Alkohol schuld an all dem sein? Würde Adam später noch davon wissen?

Kraftlos kam ich wieder auf die Beine und stolperte zum Waschbecken. Was der Spiegel mir als mein Abbild verkaufte, war nahezu grauenvoll. Ich war schon wieder so bleich und natürlich sah ich völlig verheult aus. Dieser Blick in einen Spiegel in einem Hotelzimmer in einem fremden Land kam mir so bekannt vor, vor allem mit exakt diesem Spiegelbild. Es war ganz genauso und diese Gefühle, die ich danach nie wieder spüren wollte, waren alle wieder da. Schluchzend spritzte ich mir etwas Wasser ins Gesicht, trocknete es wieder ab und begann mich umzuziehen. Jason saß schon umgezogen auf seinem Bett, als ich wieder ins Zimmer trat.

Sein Blick war schon wieder so wahnsinnig besorgt, als er zu mir sah und sofort stellte sich mein schlechtes Gewissen wieder ein. Ich wollte einfach nicht, dass sie sich Sorgen machen mussten und genau das tat Jason gerade und zwar sehr. „Wie geht’s dir?“, fragte er leise und ich zuckte nur mit den Schultern. „Es ist in Ordnung“, murmelte ich nur und ließ mich auf mein bzw. Bens Bett fallen. Jason nickte leicht und während ich mich hinlegte, machte er das Licht aus. Im Dunkeln sah ich ihn kurz später neben meinem Bett stehen. „Schlaf gut, Pat“, flüsterte er und strich mit den Fingern durch meine Haare. „Du auch“, brachte ich nur leise heraus und sah, dass er mich noch etwas länger anblickte, bevor er zu seinem Bett ging.

Es dauerte lange, bis ich einschlafen konnte. Immer wieder sah ich diese dunkle Ecke in dem Club vor mir, wenn ich meine Augen schloss und sah Adams Gesicht wieder vor meinem, glaubte manchmal fast schon, seine Zunge wieder über meine Lippen streichen zu spüren. Irgendwann sehr spät nachts schlief ich mit verheulten Augen ein. Zu meinem Glück schlief Jason ziemlich tief, wenn er einmal schlief, also weckte ich ihn wenigstens nicht auf, wenn ich leise schluchzte. Ich träumte vom Vortag, angefangen mit Jasons simplem Hand-Auflegen am Morgen, über die Pressekonferenz, bis hin zum Abend. Natürlich wachte ich völlig schweißgebadet auf und atmete ungewöhnlich schnell. Ich hatte Adams Hände schon wieder gespürt.

Allerdings blieb mir von diesem Traum vor allem ein Gedanke im Kopf: Die Presse. Dieser Reporter hatte diese provokante Frage gestellt, ob wir die Tour wieder unterbrechen würden. Ich fasste einen Entschluss, irgendwie musste ich mich zusammenreißen. Es waren noch viereinhalb Wochen, bis wir wieder zurückfuhren und irgendwie musste ich das überstehen. Ich durfte einfach nicht wieder so schlapp machen, wie beim letzten Mal. Ich musste diesen Abend vergessen, Adams erneuten Angriff auf mich einfach aus meinem Gedächtnis streichen. Schon wieder huschte ein ironisches Lächeln über meine Lippen, es war ja so unwahrscheinlich, dass ich es schaffen würde, das einfach alles zu vergessen.

„Guten Morgen, Pat“, hörte ich Jason gähnen und drehte meinen Kopf in seine Richtung. Verschlafen blinzelnd blickte er zu mir, man sah sein Gehirn regelrecht rauchen und scheinbar erreichte ihn nach kurzer Zeit seine Erinnerung wieder und seine Gesichtszüge entgleisten. „Wie geht’s dir?“, fragte er dann leise und richtete sich etwas auf. So, ich hatte es beim letzten Mal hinbekommen und würde es auch diesmal hinkriegen, es war ja wohl nicht so schwer „gut“ zu sagen! „Recht gut“, antwortete ich also und klopfte mir gedanklich auf die Schulter. Das hatte ich toll hinbekommen, dachte ich ironisch. Jason glaubte mir kein Wort.

„Soll ich dir deine Tasche schnell rüberholen?“, fragte er dann und bestätigte meinen Gedanken, dass er kein Wort glaubte und er wusste, dass ich Adam nicht begegnen wollte. Super, nun war es nur noch eine Frage der Zeit, bis seine Geduld am Ende war und er endlich wissen wollte, was los war. Ich nickte auf seine Frage nur leicht und er verschwand mit Bens Tasche aus dem Zimmer, kam wenig später mit meiner zurück. „Danke“, brachte ich nur leise heraus und senkte meinen Blick zu Boden. Mein schlechtes Gewissen erdrückte mich regelrecht.

„Ist schon in Ordnung, ich...“, begann er, unterbrach sich jedoch selbst. „Ach, vergiss es, geh besser schon mal ins Bad, wir müssen bald runter zum Frühstück. Bob erklärt uns dann den restlichen Tagesablauf bis zum Konzert.“ Ich nickte nur etwas verwirrt und machte mich mit frischen Klamotten auf ins Bad. Wenigstens spürte ich nicht mehr, wie sehr es wehtat, dank meines schlechten Gewissens und der Angst davor, dass Jason wissen wollen würde, was los war. Mein Zynismus war mal wieder nicht zu übertreffen. Kopfschüttelnd stieg ich wenig später wieder aus der Dusche, trocknete mich ab und zog frische Klamotten an.

Jason brauchte zusätzlich noch einmal zwanzig Minuten und kam dann wieder zurück ins Zimmer. Wir packten unsere Sachen noch zusammen, da wir nach dem Konzert nicht noch einmal zurück ins Hotel fahren würden und brachten sie dann nach draußen, wo schon ein paar Crewmitglieder auf unser Gepäck warteten. Scheinbar waren die anderen schon nach unten gegangen, also machten wir uns alleine auf den Weg zum Fahrstuhl. Alleine fuhren wir nach unten und ich bemerkte, dass Jason mich immer wieder anblickte. Seine besorgten Blicke taten so wahnsinnig weh, ich wollte einfach nicht, dass er sich wegen mir mit irgendwelchen Fragen quälte.

Bevor wir ausstiegen sah er mich noch einmal kurz prüfend an, als ob er fragen wollte, ob ich auch wirklich zu den anderen gehen wollte. Doch ich zwang mich nur kurz zu einem Lächeln und redete innerlich noch einmal auf mich ein, dass ich stark bleiben musste, so tun als ob nichts gewesen wäre, wenn Adam vor mir stehen würde. Um auch vor Jason wieder etwas stärker zu wirken, war ich es, der ihm eine Hand auf den Rücken legte und ihn Richtung Restaurant schob. Er blickte mich nur zweifelnd an und hatte schon wieder diesen Blick drauf, als wollte er mir sagen, dass er ganz genau wusste, dass ich das alles nur spielte und kein bisschen stark war.

Ich kam mir durchschaut vor von Jason, als könnte er in mein Innerstes sehen, als wüsste er ganz genau, dass ich mich tief drinnen fühlte, als wäre etwas in mir zerrissen. „Hey Jungs! Schön, dass ihr auch endlich da seid, kommt ihr einen Moment mit zu den anderen? Wir müssen noch über den restlichen Tag sprechen und ich muss danach noch zur Hotelleitung“, kam uns dann auch schon Bob entgegen und legte sowohl Jason, als auch mir eine Hand auf die Schulter. „Morgen, Bob“, meinten wir nur beide und ließen uns von ihm zu den anderen führen.

Meine ganze Überzeugung schwand, als ich ihn sah. Adam sah mitgenommen aus, er sah nach Kopfschmerzen, Übelkeit und der ganzen restlichen Palette der Erscheinungen eines heftigen Katers aus. Übelkeit stieg allerdings auch in mir auf und Angst, solche Angst, dass meine Knie ganz weich wurden und das unheimlich schmerzhafte Stechen in meiner Brust mich fast zusammensacken ließ. Doch plötzlich war Jason zur Stelle, schob mich relativ ungeachtet der anderen, da Bob schon begonnen hatte, vorsichtig auf den Stuhl, der nicht neben Adam war und setzte sich selbst auf den anderen. Mit seinen Blicken fragte er, ob alles okay war, doch ich wich ihm nur aus und schluckte einige male schwer.

„...dem Frühstück fahrt ihr per Van rüber zur Halle und dann gegen Zehn dürfte die Crew dort für den Soundcheck bereit sein. Gegen Zwölf wird das Catering etwas zu essen stellen und um Eins reden Adam, Jason und Marc mit einem Londoner Szene Magazin, ihr sollt nur ein paar allgemeine Fragen beantworten“, erklärte Bob und Adam unterbrach ihn mit einem leisen Stöhnen. „Sorry, Bob, aber ich rede heute besser mit keinem Magazin, oder willst du, dass ich so auf irgendein Foto komme?“, meinte er und mir lief bei seiner Stimme ein Schauer über den Rücken. Mir war schon wieder zum Heulen zumute, doch ich musste mich einfach zusammenreißen. „Ich hab dir vorhin schon gesagt, dass ich keine Rücksicht auf dich nehmen werde, nur weil du dich betrinken musstest!“, antwortete Bob darauf scharf.

Ich zuckte etwas zusammen bei seinen harten Tönen und natürlich blickte Jason sofort zu mir. Von Minute zu Minute wurde mir mehr nach heulen zumute, ich musste mich sehr zusammennehmen, nicht anzufangen zu schluchzen, mir trieb es schon langsam Tränen in die Augen. „Ich habe mit ihnen geredet, sie haben Bilder von der Pressekonferenz, die sie drucken werden und einige alte. Bis zum Konzert habt ihr frei, um halb Acht seid ihr alle spätestens in der Halle. Wir sehen uns dann später beim Soundcheck!“, beendete Bob seine Rede und bekam ein kollektives Nicken von uns. Es war sehr still am Tisch und ich wollte noch immer heulen.

Nur mit größter Mühe konnte ich mir ein leises Aufschluchzen verkneifen, als Adam wieder zu sprechen begann und Brain bat, ihm mal eine Wasserflasche von der Theke hinter ihm zu reichen. „Shit, ich glaube, ich habe oben noch was vergessen! Pat, kommst du noch mal mit hoch?“, fragte Jason dann plötzlich und stand auf. Ich nickte etwas verwirrt, erhob mich allerdings auch, ich hatte eh keinen Hunger. „Ihr könnt ruhig schon mal zum Van, wenn ihr fertig seid, wir kommen gleich nach“, meinte Jason noch und zog mich am Arm aus dem Restaurant. Erst in der Lobby, die wir durchqueren mussten, um zu den Fahrstühlen zu kommen, ließ er mich wieder los. Wortlos fuhren wir nach oben und liefen über den Gang.

Im Zimmer angekommen bestätigte sich meine Vermutung. Jason hatte überhaupt nichts vergessen. Stumm war er ans Fenster getreten und kehrte mir den Rücken zu. Langsam, ganz langsam drehte er sich dann wieder zu mir. „Ich... Ich wollte dich nicht da sitzen lassen“, sprach er leise und mein Magen zog sich schmerzhaft zusammen. So etwas konnte ich eigentlich gerade jetzt nicht auch noch brauchen. Ich konnte mir das Heulen eh kaum verkneifen, wenn Jason mich jetzt noch ausfragte, warum ich unten so seltsam gewesen war, würde ich mit hoher Wahrscheinlichkeit zusammenbrechen und anfangen zu weinen.

„Gott, Pat, ich habe keine Ahnung, was los ist, ich mache mir nur verdammte scheiß Sorgen und es tut weh! Weißt du das, Pat? Du bist mein Freund! Mein verdammter Freund und ich habe keinen blassen Schimmer, warum es meinem Freund so beschissen geht“, rief er dann plötzlich und ich wich automatisch einen Schritt zurück. Ich war so vor ihm erschrocken, vor allem vor dem, was er gesagt hatte, dass ich gar nicht mitbekam, dass ich anfing zu heulen. Ich bemerkte es erst, als Jason sich auf die Unterlippe biss, ein leises „Oh Gott... Scheiße, das war doch kein Vorwurf“ flüsterte, mich wieder an ihn heran zog und seine Arme fest um mich schloss.

„Okay, vergessen wir das einfach, in Ordnung, Pat? Wir sollten wieder zu den anderen gehen“, flüsterte er nach einiger Zeit und drückte mich noch einmal etwas fester an sich, bevor er mich losließ. Ich verschwand kommentarlos und ohne die Tür zu schließen für einen Moment im Bad und spritzte mir etwas Wasser ins Gesicht, damit ich nicht mehr so schlimm aussah. Ich war wütend. Wütend auf mich selbst, dass ich schon wieder angefangen hatte zu heulen. Ich war verdammt noch mal ein erwachsener Mann und musste es doch wohl schaffen, nicht dauernd anzufangen zu flennen! Und erst recht nicht vor Jasons Augen.

Danach machten wir uns zusammen auf den Weg nach unten, mir war, als mied Jason absichtlich den Blickkontakt mit mir. Allerdings machte ich mir mehr Gedanken darüber, dass ich Adam jeden Moment wieder begegnen musste. Er hatte einen Kater, sehr sogar, sogar Bob wusste, dass er sich betrunken hatte. Ich war ein kleines bisschen froh darüber, dass es doch anders war als beim letzten Mal. Diesmal waren die Jungs nicht ganz so ahnungslos und diesmal war es Adam, dem es körperlich schlecht ging. Ich kämpfte nur einen fast nicht zu gewinnenden Kampf mit meinen Tränen, sobald ich ihn sah.

Er saß mit den anderen Jungs in der Lobby und wartete dort auf Jason und mich. „Ich Idiot habe doch tatsächlich meinen Geldbeutel oben liegen lassen“, lachte Jason, als wir bei den Jungs angekommen waren, scheinbar war das das einzige, was er gerade bei sich hatte und die anderen sollten seine Lüge, er hätte etwas vergessen wohl nicht durchschauen. Ich schob meine Hände in die Hosentaschen und zog meine Schultern etwas hoch, es war mehr ein Reflex, ich wollte mich verstecken, alleine sein, doch lenkte diese Geste Bens Aufmerksamkeit auf mich und er bedachte mich mit einem ausgesprochen besorgten Blick. Ich hatte gehofft, dass die anderen vielleicht nicht so viel mitbekommen hatten und sie sich keine Sorgen machen würden.

„Wir können, Bob meinte, der Van stände bereit“, hörte ich dann Marc, der gerade erst zu uns stieß und scheinbar von Bob kam. Zu sechst machten wir uns auf den Weg nach draußen und stiegen in den Van, der ziemlich direkt vor dem Hotel stand. Bisher hatten wir keine Groupies in der Nähe unseres Hotels gehabt, vielleicht war es ja diesmal nicht herausgekommen, wo wir eingecheckt hatten und deshalb konnten wir durch die Vordertür nach draußen. Ich versuchte mich mit solchen und ähnlichen Gedanken abzulenken, doch meine Gedanken schweiften immer wieder ab. Dauernd kam Adam in mein Blickfeld und jedes Mal fühlte es sich schlimmer an, ich wollte ihn einfach jetzt nicht sehen, nicht nachdem er das wieder versucht hatte.

Ich würde nie wieder unbesorgt in seine Nähe kommen können, würde Adam je wieder trinken, würde er wieder auf mich losgehen und wieder und wieder und wieder. Er hatte mir sehr deutlich gezeigt, dass das kein Ausrutscher gewesen war damals, ein Ausrutscher vielleicht, aber keine Einmaligkeit. Ich wusste nicht, wie ich mit diesem Wissen je wieder mit ihm in einer Wohnung schlafen sollte. „Pat? Hey Pat, wir sind da“, schreckte mich Brain dann aus meinen Gedanken und schob mich vorsichtig vor ihm aus dem Van. Wir waren vor der Halle angekommen, unser Bus und die Fahrzeuge der Crew waren schon da. Marc erklärte noch, dass es in der Halle keine Möglichkeit für einen völlig ruhigen Backstage Bereich gab, weshalb wir unseren Bus als Ruhezone benutzen sollten.

Allerdings mussten wir erst einmal in die Halle und beim Soundcheck mithelfen, die Akustik des Konzertsaals kennen lernen und überwachen, ob irgendetwas von unserer Ausrüstung fehlte. Eigentlich hatte damit keiner von uns Probleme, etwas Mitzuhelfen war nun einmal auch unser Job, aber heute wollte ich es nicht. Ich wollte einfach nur meine Ruhe haben und das hatte dieses Mal nichts mit körperlichen Problemen zu tun. Ich wollte einfach nur meine Ruhe und mir über die Situation klar werden, über Dinge nachdenken, über die ich wegen der hohen Wahrscheinlichkeit, dass ich dabei nicht verhindern können würde, dass ich wieder anfing zu heulen, nicht nachdenken konnte, wenn die anderen da waren.

Trotzdem riss ich mich zusammen und folgte den anderen über den Hintereingang in die Halle. Die Bühne war überdimensional groß, genau wie die Halle selbst, also würde die Akustik wohl wunderbar sein. Die Atmosphäre war in großen Hallen zwar meist nicht so angenehm wie in etwas kleineren Konzertsälen, aber auch diese Größe war beeindruckend und eine Erfahrung wert. Ich wurde von Adams Anblick, wie er sich an mir vorbeidrängelte, sich auf eine der Boxen nieder ließ und mich gezwungen anlächelte, jäh aus meinen Gedanken gerissen und jeder Gedanke über Atmosphären in großen oder kleinen Hallen war weit, weit entfernt. Sein Lächeln tat so weh, er wusste schon wieder nichts mehr, gar nichts mehr.

„Jungs? Wir sind soweit fertig, seid ihr bereit?“, rief Don vom Rand der Bühne zu uns herüber und bekam von Brain ein Nicken als Antwort. Er stand schon mit einem Tontechniker vor seinen Tables und wartete, dass auch wir endlich fertig waren. Die Instrumente waren soweit fertig, Adam und bekamen Mikros in die Hände gedrückt und unser Routineprogramm begann. Ich war gedanklich nicht sehr bei der Sache, er lenkte mich einfach zu sehr ab. Seine Stimme, allein seine Anwesenheit tat so weh, dass ich es nicht schaffte, dass meine Stimme immer wieder zitterte, wenn ich ein paar Zeilen rappte. Es war natürlich wahnsinnig peinlich, weil unsere Tontechniker dachten, es wäre etwas mit dem Mikro nicht in Ordnung.

Es dauerte recht lange, bis wir fertig waren und sowohl Adam als auch ich saßen irgendwann nur noch auf zwei Boxen am vorderen Rand der Bühne. Er schien ziemliche Kopfschmerzen zu haben und ich musste meine weichen Knie und das Zittern in meiner Stimme endlich loswerden. Wir versauten beide viel, allerdings war Don einigermaßen nachsichtig. Bob war Gott sei Dank nicht da, sondern sprach mit der Security Organisation. „Okay, wir dürften soweit fertig sein, der Rest wird an eurer nicht vorhandenen Fitheit liegen, aber ich denke, wir können darauf vertrauen, dass ihr das bis heute Abend in den Griff bekommt. Das Catering müsste mittlerweile da sein, also Pause für das ganze Team. Wir treffen uns in einer Stunde wieder hier“, meinte Don dann kurz nach Zwölf Uhr und ich hörte einige Crew-Mitglieder in meiner Nähe aufatmen. Scheinbar trieben wir sie mit unserer Unfähigkeit heute wirklich in den Wahnsinn.

Kapitel 14

Wir folgten dem Rest der Crew in den Backstage Bereich und stürzten uns dann alle auf das aufgestellte Essen. Adam und ich hielten uns als einzige zurück, ihm schien wohl ziemlich schlecht zu sein und mir ging es nicht viel anders. Ich wusste nicht, ob ich es besser gefunden hatte, als er beim letzten Mal völlig wohl auf gewesen war. Einerseits hatte es damals unsagbar wehgetan, dass er einfach so, ohne dass er irgendeine Regung zeigte, weitergemacht hatte, andererseits tat es aber auch weh, dass er jetzt genauso am Boden zu sein schien, wie ich. Allerdings würde sein Kater am nächsten Morgen oder wahrscheinlich im Laufe des Tages verschwunden sein und ich wusste, dass dieser stechende Schmerz in mir nicht so bald aufhören würde.

Ich hatte mir nur ein Sandwich geholt und setzte mich dann zum Rest meiner Band an den Tisch. Im Grunde genommen wollte ich nichts essen, allerdings wusste ich, dass das wieder mit einem Zusammenbruch enden würde und ich konnte außerdem darauf verzichten, den Jungs noch mehr Sorgen zu machen. Sogar Adam hatte sich von Bob zu einem Sandwich zwingen lassen und setzte sich zu uns an den Tisch. Schon wieder spürte ich dieses Gefühl im Bauch und quälte mich unheimlich damit, weiterzuessen. Mir war schrecklich schlecht, wenn ich ihn sah und er saß mir gegenüber. Immer wieder spürte ich, wie ein Schauer nach dem anderen über meinen Rücken lief, jede Bewegung, die er machte, jagte mir Angst ein.

Ich war froh, dass ich nicht mit zum Interview musste, so blieb ich mit Brain und Ben noch am Tisch sitzen, während die anderen Drei sich mit Bob aufmachten. Ich merkte, dass Ben immer wieder etwas besorgt zu mir herübersah, doch ich versuchte ihn weitestgehend zu ignorieren und brachte es endlich fertig, mein Sandwich zu essen, da Adam ja nicht mehr da war und mir nicht mehr jedes Mal schlecht wurde, wenn ich aufsah. „Wir wäre es, wenn wir rüber in die Halle gehen und schauen, ob wir Don und dem Team noch etwas helfen können?“, schlug Ben nach einiger Zeit vor und sah Brain und mich an. Brain meinte sofort, dass er sowieso noch mit einem Techniker wegen seinen Tables sprechen wollte und erklärte sich einverstanden.

Ich wollte zwar eigentlich lieber etwas allein sein, aber ich hatte mich noch nie geweigert der Crew zu helfen und das hätte Ben stutzig machen müssen, also erklärte auch ich mich einverstanden. Brain hüpfte, sobald wir in der Halle waren, zu seinem Podest und zog einen Techniker mit sich, während Ben und ich uns auf die Suche nach Don machten. Der kommandierte uns auch sofort auf die Bühne, damit wir die Boxen fertig einstellen konnten und wir beugten uns seinen Befehlen natürlich. Ich hatte gar nichts gegen etwas Ablenkung, leider lastete mich dieser Job nicht gerade aus und ich begann wieder über alles nachzudenken. Es gab so viel, was meine Gedanken an sich reißen wollte, es gab so viele ungewisse Dinge.

Allerdings war Adam nun weg und wir konnten die Elektronik einstellen, ohne, dass meine Stimme zitterte und Don zeigte sich sehr erleichtert, dass ich mich scheinbar eingekriegt hatte. Es war schon halb Drei, als er meinte, dass wir jetzt eigentlich fertig waren und sagte, Ben und ich sollten uns besser etwas ausruhen, damit wir abends fit waren. Wir machten uns auf den Weg zum Bus, da es wohl wirklich in der Halle nicht die Möglichkeit gab, dass wir unsere Ruhe haben könnten und außerdem waren unsere Sachen ja schon in den Bus gebracht worden. Ben und ich ließen uns erst einmal in der „Küche“ nieder und setzten uns relativ erschöpft mit etwas zu trinken auf die beiden Bänke. Scheinbar war der Rest der Band noch irgendwo unterwegs.

Ben meinte nach einiger Zeit, er wolle sich ein frisches T-Shirt holen, also blieb ich sitzen und schloss tief durchatmend meine Augen. Bis etwa Sieben Uhr sollte ich meine Ruhe haben, die paar Stunden würden sicher genügen, um wenigstens etwas ruhiger zu werden und wenigstens ein paar Gedanken zu den Akten legen zu können. Aus dem hinteren Bereich waren nach ein paar Augenblicken Stimmen zu hören, also schien doch noch irgendjemand außer uns beiden im Bus zu sein. Plötzlich schallte ein sehr lautes „Pat!“ durch den Bus und ich erschrak natürlich erst einmal zu Tode, erkannte allerdings Jasons Stimme.

Ich verstand nicht recht, was ich getan hatte, dass er plötzlich so laut und vor allem aufgebracht durch den Bus brüllte, stand allerdings auf und ging langsam nach hinten. Als ich die Tür öffnete, drängte sich Ben an mir vorbei und ich sah Jason hinter ihm auftauchen. Bevor ich wirklich realisierte, was geschah, packte er mich mit einer Hand fest an meinem Shirt und zog mich fast schon brutal zu sich. Er ließ mir nicht einmal die Zeit zu verstehen, weshalb er plötzlich so auf mich losging, sondern legte beide Arme sehr fest um meinen Körper und drückte mich an sich. „Oh Gott, Pat... Warum hast du nur nichts gesagt?”, hörte ich ihn dann fragen und spürte, wie meine Beine drohten nachzugeben. Er wusste es.

Bevor er noch irgendetwas sagte, schob er mich wieder von sich weg und dabei fiel mein Blick in meine Kabine. Da lag mein Rucksack, er war offen und daneben lag mein Tagebuch. Jason hatte mein Tagebuch gelesen. Er wusste alles. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, ich fühlte mich, als würde ich jeden Moment einfach umfallen. Jason konnte das nicht wissen, er durfte das alles einfach nicht wissen. „Scheiße, dieser Kerl, Adam, er... er hat dich vergewaltigt?“, rief Jason noch immer aufgebracht und krallte seine Hände dabei in meine Oberarme, schüttelte den Kopf leicht, während er sprach. Ich konnte nichts sagen, diese Worte aus Jasons Mund waren so irreal, dass ich kein Wort über meine Lippen bringen konnte.

„Oh Gott, Pat, warum hast du uns das nicht gesagt? Scheiße, der Kerl hat dich vergewaltigt und wir wussten das nicht. Oh Gott und wir haben dich auch noch mit ihm alleine gelassen und gestern und....“, stotterte er und hielt sich eine Hand vor sein Gesicht, zog mich allerdings schon wenige Augenblicke später wieder in seine Arme. „Pat, warum hast du nicht mit mir geredet? Du hast... das alles mit dir rumgetragen und... Oh Scheiße, wir haben dich mit dem ganzen... allem alleine gelassen. Dieser Kerl hat dir so wehgetan und ich habe nichts gemerkt“, stammelte Jason leise und drückte mich immer fester an ihn. Langsam löste ich mich aus meiner Starre und begann augenblicklich zu heulen.

Er wusste alles, er wusste ganz genau was geschehen war und es würde alles kaputt machen. Alle würden es wissen und alles würde kaputt gehen und ich würde Schuld sein, weil ich es nicht gesagt hatte. „Jason, b-bitte... sag nichts“, brachte ich nur ganz leise heraus und sofort drückte er mich wieder von sich weg, hielt mich wieder an den Oberarmen fest. „Sag mal tickst du noch richtig? Scheiße, Pat, dieses Arschloch da hat dich vergewaltigt! Er hat dir so wehgetan und du verlangst, ich solle das einfach wieder vergessen und auf sich beruhen lassen?“, rief er laut und blickte mich an, als wäre mindestens einer von uns beiden verrückt geworden.

„B-bitte, sag ihm nichts“, stammelte ich nur wieder und sah, dass Jasons Augen immer glasiger wurden. „Verdammt, dieser Kerl weißt nichts davon, was er dir angetan hat und das werde ich ändern! Er soll verdammt noch mal wissen, was er mit dir gemacht hat!“, meinte Jason schon leiser und seine Stimme zitterte merklich. Wieder zog er mich in seine Arme und drückte mich noch fester als zuvor an sich. Ich konnte mich kaum mehr auf den Beinen halten, zu tief saß der Schock in meinen Knochen, dass alles draußen war, dass alles herauskommen würde. „Es tut mir so leid, dass wir nichts gemerkt haben, es tut mir so leid, dass wir das nicht verhindert haben“, flüsterte er und ich merkte, dass er weinte, Jason weinte.

„Hey Ben“, schallte dann plötzlich eine Stimme von vorne zu uns nach hinten und ich zuckte zusammen. Adam. Ich versuchte Jason festzuhalten, als er sich schlagartig von mir löste. „Bitte Jason, bitte sag es ihm nicht“, flehte ich ein weiteres Mal und spürte einen Schauer durch meinen ganzen Körper fahren, als ich Jasons Gesicht sah. Er hatte tatsächlich geweint. Ich konnte mich kaum noch auf den Beinen halten, schaffe es also erst recht nicht Jason festzuhalten, in dessen Augen sich ein Ausdruck unbändiger Wut bildete, als Adams Stimme wieder zu hören war. „Dieser Kerl hat dir so wehgetan und ich werde nicht zulassen, dass er dir weiter wehtut“, flüsterte Jason und strich sich seine Tränen aus dem Gesicht.

„Bitte Jason, bitte“, flehte ich ein letztes Mal und merkte, dass immer mehr Tränen über mein Gesicht liefen, doch Jason schien mit jeder Sekunde wütender zu werden. „Dieses Arschloch hat dir so viele Wochen lang so viel Schmerz bereitet und er soll verdammt noch mal froh sein, wenn ich ihn nicht umbringe!“, brüllte Jason dann, ließ meine Arme schlagartig los und stürmte nach vorne. Er schlug die Tür mit wahnsinniger Kraft auf, während ich heulend auf dem Boden zusammensackte. Es war alles vorbei, alles. „Du verdammter Mistkerl!“, hörte ich Jason schreien und sah durch die noch offene Tür, wie er Adam mit einer Hand von der Bank hoch riss und mit voller Wucht gegen die Wand warf.

Die Tür schloss sich wieder und ich sah sie nicht mehr, hörte nur Adams Stimme wieder. „Sag mal spinnst du? Hast du irgendwas genommen?“, brüllte er nun Jason an und ich schluchzte laut auf. „Du Bastard! Du hast keine Ahnung, was du für einen Mist gebaut hast! Du hast keine Ahnung, was zur Hölle du mit ihm gemacht hast!“, schrie Jason, während ich heulend meine Beine hochzog und mich kraftlos an die Wand lehnte. „Was redest du da? Was bitte soll ich getan haben? Und lass mich gefälligst sofort los!“, brüllte Adam zurück und ich spürte seine Stimme bis tief in mein Herz. Ich versuchte mir die Ohren zuzuhalten um seine Stimme nicht mehr zu hören, es war so schrecklich ihn schreien zu hören.

„Was du getan hast? Du Arschloch hast dich an Pat vergangen! PAT! An deinem angeblich besten Freund!“, schrie Jason und ich hörte, wie er Adam scheinbar ein weiteres Mal gegen die Wand schleuderte. „Bitte was? Sag mal hast du sie noch alle?“, fragte Adam ihn laut. Ich drückte meine Hände noch fester gegen meine Ohren, ich wollte nicht hören was Jason antworten würde. „Du Bastard hast ihn vergewaltigt! Du hast Pat vergewaltigt und dich einen Scheißdreck darum gekümmert, was du ihm damit angetan hast!“, schrie er die harte Wahrheit durch den Bus und ich schluchzte laut in mein Shirt.

„Was?! Wie kommst du auf so eine Scheiße?“, rief Adam aufgebracht, allerdings nicht mehr so laut wie zuvor. „Wie ich darauf komme? Ich habe sein Tagebuch gelesen, ich habe seine Worte gelesen, wie er sich vor dir gefürchtet hat und wie benutzt er sich gefühlt hat. Ich habe seine Worte gelesen, wie große Angst er hatte, dass du ihm wieder so wehtun würdest! Ich habe verdammt noch mal gelesen, dass er Angst hatte, wir würden ihn hassen, wenn er uns davon erzählt!“, schrie Jason in einer ohrenbetäubenden Lautstärke durch den gesamten Bus und durch das unkontrollierbare Zittern meines gesamten Körpers, konnte ich mir nicht einmal die Ohren zuhalten. Es war alles vorbei, alles war vorbei.

„Was redest du da?“, war nach einer längeren Pause leise Adams Stimme wieder zu hören. „Ich sage dir die verdammte Wahrheit, dein bester Freund sitzt da hinten und heult! Er hat sich letzte Nacht nicht getraut, mit dir in einem Zimmer zu schlafen, er hat mich unter Tränen angefleht, dass ich ihn nicht mit dir alleine lasse und hat die ganze verdammte Nacht über in seinem Bett geheult!“, rief Jason mittlerweile auch etwas leiser, doch seine Worte taten unglaublich weh. „Jason, wenn ich das getan haben sollte, warum weiß ich dann von all dem nichts?“, kam es wieder von Adam. „Erinnere dich doch mal an gestern, Adam! Du hast getrunken! Du warst betrunken, als du das getan hast und scheiße, ich will nicht wissen, was du gestern mit ihm in diesem Club gemacht hast, bevor ich ihn heulend in der Ecke sitzend gefunden habe!“, antwortete Jason, seine Stimme zitterte wieder.

„Ich... Das kann überhaupt nicht sein! Ich habe das nicht getan, ich habe Pat nichts getan!“, sprach Adam darauf und ich versuchte mir die Ohren wieder zuzuhalten; es tat unsagbar weh, dass er das leugnete. „Hör auf mit dieser Scheiße! Ich habe gelesen, was er geschrieben hat und ich habe ihn gestern heulend gefunden und ich habe ihn damals heulend in seinem Bett gefunden, total fertig, am Boden. Ich habe gelesen, dass es sich angefühlt hat, als würdest du ihm sein verdammtes Herz rausreißen, als du damals am Tag danach zu mir gesagt hast, dass du mit jemandem geschlafen hättest und es toll gewesen wäre!“, rief Jason erst wieder in unbändiger Lautstärke, wurde dann mit jedem Wort leiser.

„Das... das stimmt nicht“, hörte ich kaum mehr verständlich Adams Stimme und spürte, dass er langsam begann ihm zu glauben. „Hör endlich auf damit! Du hast ihm das angetan, du hast ihm so wehgetan, dass er sich mit Schmerztabletten vollgepumpt hat und unter all dem Druck, es nicht zu verraten, zusammengebrochen ist! Du verdammter Bastard hast ihn völlig kaputt gemacht!“, schrie Jason ihn wieder an und während seiner letzten Worte hörte ich die Tür des Busses aufgehen. „Scheiße, Jason was machst du da?“, war Marcs erschrockene Stimme zu hören und ich gab mir alle Mühe aufzustehen, doch ich konnte mich kaum bewegen. „Lass mich los“, rief Adam und wenige Augenblicke später sah ich die Tür zur Küche aufgehen.

„Oh mein Gott“, flüsterte er und wenig später waren im Hintergrund die aufgebrachten Stimmen von Marc und Brain zu hören. „Mein... Mein Gott... Pat“, sprach Adam leise und ich schluchzte laut auf. Ich konnte nicht aufhören zu heulen und dass er jetzt neben mir kniete, wusste, was er getan hatte, tat so weh, dass ich am liebsten geschrieen hätte. „Pat... Ist... ist das wahr? Hat Jason... hat er die Wahrheit gesagt?“, flüsterte er mit erstickter Stimme, doch ich konnte nur wieder aufschluchzen. Ich hatte alles kaputt gemacht; Jason hasste ihn, sie würden alle wütend werden, dass ich so lange nichts gesagt hatte, alles würde kaputt gehen. „Oh... mein Gott“, flüsterte er nur noch und ich zuckte zusammen, als seine Hand meinen Arm berührte.

„Bitte sag, dass das nicht wahr ist“, murmelte Adam und zog vorsichtig meinen Kopf etwas hoch. Ich konnte ihn nicht ansehen, ohne dass mir noch mehr Tränen über die Wangen liefen und ich leise schluchzte. Ich schloss meine Augen und drehte meinen Kopf weg. „Oh Gott“, war nach kurzem Schweigen nur noch von Adam zu hören und ich spürte, wie er seine Arme um mich legte, doch im selben Moment riss auch schon jemand die Tür zur Küche auf. „Fass ihn nicht an!“, brüllte Jason und zog Adam von mir weg. „Verdammt, Jason! Krieg dich endlich ein und sag uns, was los ist!“, rief Brain und drückte ihn etwas von Adam weg, da er eine seiner Hände schon wieder fest in Adams Kragen gekrallt hatte.

„Dieser Mistkerl hat Pat vergewaltigt, das ist los!“, tobte Jason wieder und ich zuckte von neuem zusammen. Er sollte endlich aufhören es immer und immer und immer wieder zu sagen. Es war still, völlig still. „Was?“, war dann ein leises Flüstern von Marc zu hören und ich sah, wie Ben, der wohl bei der ganzen Szene in der Küche dabei gewesen war, sich neben mich kniete. Vorsichtig zog auch er meinen Kopf etwas hoch, damit er mich ansehen konnte. „Pat“, begann er, wurde allerdings von einem Schluchzen meinerseits unterbrochen. Ich hielt es kaum aus, wie sie hier alle standen, mich anstarrten und alle wussten, was passiert war. „Pat, hat er das wirklich getan?“, fragte Ben leise und ich schluckte schwer.

Es war sinnlos jetzt noch irgendetwas zu leugnen, also nickte ich leicht und er zog seine Hand wieder weg. Sofort senkte ich meinen Blick wieder und vergrub mein Gesicht in meinen Armen, ich konnte sie nicht ansehen und ich wollte nicht, dass sie mich so sahen. Schon wieder schwiegen alle, nur mein immer wiederkehrendes, leises Schluchzen war zu hören. Nach einiger Zeit spürte ich, dass sich wieder jemand neben mich kniete und vorsichtig seine Arme um mich legte. Ich zuckte im ersten Moment wie aus Reflex zusammen und hob meinen Blick, erkannte allerdings Jason neben mir und ließ mich von ihm in seine Arme ziehen.

„Es tut mir so leid, Pat, es tut mir so leid“, flüsterte er und drückte meinen Kopf an seine Brust. Wenig später waren Schritte zu hören und als ich meinen Blick hob, sah ich nur noch, wie Adam nach vorne stürmte. „Ich geh ihm besser hinterher, nicht dass er irgendetwas anstellt“, meinte Brain leise und folgte ihm nach vorne. Auch Ben und Marc gingen nach vorne und ließen Jason und mich somit alleine. Ich konnte mich nicht mehr zusammenreißen und begann noch stärker zu heulen. Es war so irreal, dass alles herausgekommen war und ich wusste einfach nicht, ob ich erleichtert sein sollte. Die Jungs schienen mich nicht zu hassen, weil ich ihnen nichts gesagt hatte, aber wie sollte es jetzt weitergehen?

Und außerdem, hassten sie Adam jetzt? Sie durften ihn nicht hassen, nur weil er das getan hatte! Ich würde es mir niemals verzeihen können, wenn sie ihn hassten, nur weil ich das, wenn auch unabsichtlich, hatte herauskommen lassen. Es schmerzte, dass Jason ihm weh getan hatte und zum ersten Mal seit dem letzten Abend spürte ich wieder, dass ich Adam, völlig egal wie sehr er mir weh getan hatte, noch immer liebte. Bei diesem Gedanken schluchzte ich laut auf und vergrub mein Gesicht in Jasons T-Shirt, der mich vorsichtig noch etwas mehr an ihn drückte und beruhigend über meinen Rücken streichelte.

„Hey, ganz ruhig, Pat. Das kommt alles wieder in Ordnung, irgendwie wird schon alles wieder gut werden“, flüsterte er auf mich ein und ich gab mir alle Mühe, ihm zu glauben. Doch wie sollte denn alles wieder gut werden? Wie sollte ich meine Gefühle je wieder in den Griff kriegen? Ich konnte Adam nicht lieben und gleichzeitig Angst vor ihm haben, irgendwann würde es mich noch völlig kaputt machen. Wie sollte das wieder gut werden? Moment, wusste Jason eigentlich davon, dass ich so für Adam fühlte? Er musste es doch eigentlich wissen, er hatte doch gelesen, was ich über den Morgen danach geschrieben hatte, da musste er auch das wissen.

Ich konnte mir nicht verkneifen noch einmal etwas lauter aufzuschluchzen. Auch noch dieses Geheimnis war kein Geheimnis mehr, ich wollte gar nicht wissen, was er darüber dachte, dass ich schon so lange in Adam verliebt war. Nach einigen Minuten Stille, in der ich nichts außer Jasons Atmen und vereinzeltem Schluchzen von mir hörte, richtete er sich wieder etwas auf. Aus der vorderen Tasche meines Rucksacks fischte er ein Päckchen Taschentücher und drückte sie mir in die Hand. Ich nuschelte nur ein leises „Danke“ und wischte mir erst einmal die Tränen aus dem Gesicht. Mein Blick fiel auf Jasons Gesicht, er sah so mitfühlend aus, dass es wehtat.

„Keine Sorge“, begann er leise und nahm vorsichtig meine Hand in seine, drückte sie leicht. „Ich versprech’ dir, dass dir niemand je wieder so weh tun wird, notfalls schlage ich denjenigen zu Brei, ich lass nicht zu, dass so etwas je wieder passiert“, sprach er noch leiser und ich musste mir stark verkneifen, wieder anzufangen zu heulen. „Danke, Jason, ich... ich... weiß gar nicht...“, stotterte ich und merkte, wie mein Blick schon wieder verschwamm. „Schhht, du brauchst nichts sagen. Wir haben dich so lange damit allein gelassen, aber das ist vorbei“, lächelte Jason mich an und wischte die Tränen von meinen Wangen.

Ich nickte leicht und atmete tief durch. Wenigstens musste ich nicht mehr schweigen und konnte mit jemandem reden, wenn irgendetwas war, ohne dass ich Angst haben musste, mir würde irgendetwas herausrutschen. Als ich mich einigermaßen beruhigt hatte, schaffte ich es sogar wieder aufzustehen und setzte mich in meine Kabine. Jason saß noch immer gegen die Wand gelehnt, stand allerdings dann auch auf und setzte sich mir gegenüber in Adams Kabine. „Ich weiß, dass das ein denkbar ungünstiger Moment ist, das zu fragen, aber... Ich wollte doch eigentlich nur herausfinden, was gestern Abend geschehen ist und nicht... Ach, eigentlich wollte ich dein Tagebuch überhaupt nicht lesen“, begann Jason dann zu sprechen und ich blickte auf, sah ihn fragend an. Was wollte er mich fragen?

„Ich wollte einfach nur irgendeinen Hinweis darauf finden, was gestern Abend passiert ist, warum du mit einem Mal so verzweifelt warst. Und... dann fiel mir dieses Buch in die Hände und... Ich hätte es nicht lesen dürfen, Pat, das weiß ich, aber ich bin trotzdem froh, es getan zu haben. Ich hatte kein Recht das zu lesen und ich muss mich bei dir dafür entschuldigen. Es tut mir leid, aber es war gut, dass ich es getan habe, sonst hättest du das alles doch für immer allein mit dir herumgetragen“, sprach Jason leise und sah immer wieder zwischen seinen Händen und meinen Augen auf und ab. Ich konnte ihn verstehen und der Gedanke, dass er in meine Privatsphäre eingedrungen war und es eigentlich eine Frechheit war, dass er mein Tagebuch gelesen hatte, war mir noch überhaupt nicht in den Kopf gekommen.

Ich nahm es ihm nicht übel, einerseits wusste ich ja, dass er sich einfach nur Sorgen gemacht hatte und andererseits wusste ich auch, dass ich mich sehr auffällig verhalten hatte und somit etwas in der Art ja regelrecht provoziert hatte. „Ich hab nichts gefunden. Nichts, was mit gestern zu tun hatte. Aber ich habe das von damals, von der letzten Tour gelesen und dass dein Verhalten gestern so ähnlich war... Ich weiß nicht, was ich denken soll, ich habe gestern kaum etwas gesehen, gerade mal, dass Adam... seltsam dicht vor dir stand. Was hat er mit dir gemacht? Ich meine, er war ziemlich betrunken gestern, ich hab ihn, während du mit Ben getanzt hast, an der Bar gesehen. Was hat er gemacht?“, erklärte Jason und hob seinen Blick wieder.

Was sollte ich sagen? Sollte ich ihm die ganze Wahrheit sagen? Einfach erzählen, was passiert war? Ich konnte das doch nicht einfach erzählen! Es würde ihn doch nur noch wütender auf Adam machen, wenn ich ihm alles erzählte. „Du musst aufhören ihn zu schützen“, unterbrach er plötzlich meine Gedanken und auch ich blickte auf. „Adam hat Mist gebaut und du machst dich nur noch mehr kaputt, wenn du weiterhin versuchst, ihn in Schutz zu nehmen.“ Was sollte ich darauf sagen? Die Wahrheit. Ich wandte meinen Blick ’gen Boden, bevor ich zu sprechen begann; ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, während ich von Adam sprach.

„Ich habe mit Ben getanzt und plötzlich habe ich seine Hände... in der Nähe von meinem Schritt gespürt und als ich mich umgedreht habe, stand da Adam und nicht Ben. Ich bin weggerannt und bin von unserem Tisch zur Toilette geflüchtet, als er mir hinterher kam. Ich hab mir überlegt, dass er mich in Ruhe lässt, wenn... wenn ihr dabei seid und wollte zu euch, aber als ich zurück zum Tisch wollte, stand er plötzlich vor mir und drückte mich gegen die Wand. Er... er hat mit... mit seiner Zunge ü-über meine Lippen und meinen... meinen Hals und...“, erzählte ich und begann jedoch immer mehr zu stottern, brach irgendwann komplett ab, weil ich nicht mehr weitersprechen konnte. Jason erhob sich, setzte sich neben mich und legte vorsichtig einen Arm um meine Schultern.

Kapitel 15

„Hey, ganz ruhig, Pat. Wenn es nicht geht, das ist okay“, meinte er leise, doch ich nickte nur und atmete tief durch. „Er hat meine Brust angefasst und mich dabei nicht mehr festgehalten, ich wollte wegrennen, aber er war zu schnell. Er... er hat mich gegen die Wand geworfen und hat sein Knie in meinen Schritt gerammt und... und dann hast du ihn gerufen und er hat mich in Ruhe gelassen“, erzählte ich fertig und atmete noch einmal tief durch. Wenigstens wusste er jetzt, dass Adam nur einmal so weit gekommen war, doch allein sein zweiter Versuch schien Jason noch wütender zu machen. Wir saßen noch einige Zeit stumm nebeneinander in meiner Kabine, Jason strich noch immer mit seiner Hand hin und wieder über meinen Rücken.

„Ich werde mal mit den anderen reden, willst du mit vorkommen?“, fragte er dann, doch ich schüttelte nur den Kopf. „Ich leg mich am besten etwas hin“, murmelte ich und Jason nickte. Noch einmal strich er mir über den Rücken, stand dann auf, ging langsam zur Küche und schloss die Tür leise wieder. Erschöpft ließ ich mich nach hinten sinken, zog den Vorhang zum Gang zu und schloss meine Augen. Ich konnte noch immer kaum glauben, dass wirklich alles herausgekommen war. Wo Adam wohl war? Ich hoffte so sehr, dass er nichts anstellen würde, weil er sich vielleicht Vorwürfe machte. Wie würde er reagieren, wenn wir uns wiedersahen?

Würde er mich je wieder in den Arm nehmen können? Egal wie groß momentan wohl auch meine Angst dabei gewesen wäre, ich wollte nicht, dass Adam nichts mehr mit mir zu tun haben wollen würde, weil er mir das angetan hatte. Noch mehr konnte er mich kaum quälen, als wenn diese Sache nun alles, wirklich alles zwischen uns kaputt machte. Er war doch mein bester Freund und ich war sein bester Freund und ich war in dem Moment sogar bereit, ihm alles zu verzeihen, weil meine Angst, ich würde ihn völlig verlieren, wahnsinnig groß war. Ich liebte ihn verdammt noch mal und es würde mich noch mehr kaputt machen, wenn alles vorbei war.

Ich spürte diese harte Verzweiflung in mir, drehte mich zur Seite und drückte mein Kopfkissen fest an meine Brust. Mir war nicht mehr danach zu heulen, ich wollte einfach nur, dass alles wieder gut wurde, dass die Jungs ihn nicht hassten, dass Adam sich entschuldigte und damit einfach alles wieder okay war. Es war so lächerlich, ich konnte kaum glauben, dass ich das überhaupt dachte. Die Jungs würden nicht einfach vergessen, was geschehen war und es würde nicht alles von ganz alleine wieder okay sein, wenn er sich nur entschuldigte. Warum musste das nur alles passiert sein? Warum hatte nicht alles beim Alten bleiben können? Ich hätte Adam weiterhin vergöttert, die Jungs hätten ihn nicht gehasst und ich hätte nicht so schreckliche Angst.

Ich war eingeschlafen und als ich aufwachte war es wenige Minuten nach Fünf Uhr. Erst jetzt realisierte ich wirklich, dass das alles geschehen war. Und, dass ich damit umgehen musste. Gähnend richtete ich mich auf und fuhr mit den Händen über mein Gesicht. Ob Adam wieder zurück war? Wusste Bob schon von allem? Waren die Jungs noch im Bus? Ja, das waren sie. Von vorne waren leise ihre Stimmen zu hören, jedenfalls hörte ich Marc und Ben. Ich stand auf und war erst einmal erleichtert, dass ich wieder fit war, noch etwas verschlafen, aber ich fühlte mich nicht mehr so kraftlos. „Wir sollten Pat erst einmal einfach fragen, ob er das hinkriegt, beim letzten Mal ist er immerhin zusammengebrochen. Wir müssen erst mal ihn fragen, ob er das Konzert absagen würde“, hörte ich Bens Stimme, als ich gerade vor der Tür zur Küche stand und sie öffnen wollte um zu den Jungs zu gehen.

„Nein, ich würde das Konzert nicht absagen“, sprach ich laut, während ich die Tür öffnete und nach vorne trat. Sofort blickten alle vier zu mir. „Hey Pat“, meinte Marc relativ leise. „Mir geht es gut, ich wüsste nicht, weshalb wir wegen mir das Konzert absagen sollten. Ist... Adam wieder da?“, fragte ich mit fester Stimme und setzte mich neben Marc auf die Bank. „Nein. Ich bin ihm vorhin hinterher gelaufen, allerdings hat er mir gesagt... ich solle zurückgehen und mich um dich und nicht um ihn kümmern. Ich hab ihm zwei Security Mitglieder hinterher geschickt“, erklärte Brain und ich nickte leicht. Er war wenigstens nicht allein.

Schweigen. Ich kam mir blöd vor, weil die anderen nicht wussten, wie sie mit mir umgehen sollten. War ich ein anderer Pat, weil das geschehen war? Vielleicht. Aber dieser andere Pat war ich doch auch schon gewesen, bevor sie das erfahren hatten und es tat noch mehr weh, dass all das geschehen war, weil sie mich nicht normal behandelten. Ich konnte sie ja verstehen, aber ich fühlte mich doch eh schon schlecht genug, da machte ihr Verhalten doch alles noch schlimmer. Aber ihnen das sagen? Sie taten es doch mir zuliebe.

„Du willst also auftreten heute Abend?“, unterbrach Brain nach einiger Zeit wieder das Schweigen. Ich nickte fest, mir ging es doch einigermaßen gut und ich wollte Leuten, wie diesem Reporter bei der Pressekonferenz, nicht schon wieder neuen Stoff liefern. „Okay, dann müssen wir nur hoffen, dass Adam bis dahin wieder kommt“, meinte Ben und starrte dabei gebannt auf das Glas in seinen Händen. Jason, der mit verschränkten Armen an der Theke lehnte, machte nur ein abwertendes Geräusch und schüttelte den Kopf, doch es reagierte niemand auf ihn. Natürlich fühlte es sich irgendwo auch gut an, dass er so für mich einstand, aber er richtete sich gegen Adam und ich wollte nicht Schuld daran sein, dass jemand ihn hasste.

Nach noch ein paar Minuten Schweigen ging dann plötzlich die Bustür auf und alle blickten wie auf Kommando zu ihr. Mir lief ein Schauer über den Rücken und ein kurzer, stechender Schmerz ging durch meinen Bauch, doch all diese Reaktionen verschwanden wieder, als ich nicht Adam sah, sondern Bob. Nachdem meine Erleichterung darüber, dass er es nicht war, abgenommen hatte, kam mir in den Sinn, wie Bob auf all das reagieren würde und ob er es schon wusste. Die noch immer sehr betretenen Gesichter von Ben, Marc und Brain und das wütende Funkeln, das Jason bei jeder Erwähnung von Adam in den Augen hatte, sprachen Bände darüber, dass irgendetwas geschehen war und Bob würde es merken.

„Hey Jungs“, begrüßte er uns, schloss die Tür hinter sich und drehte sich dann wieder zu uns. „Moment, da fehlt doch einer, wo ist denn Adam?“, fragte er dann und mir drehte sich von neuem der Magen um. Er wusste es also noch nicht, dazu schien er viel zu gut gelaunt und außerdem schienen auch die Jungs sich noch keinerlei Gedanken gemacht zu haben, wie und ob er es erfahren sollte, denn auf seine Frage hin warfen sie sich etwas hilflose Blicke zu und sahen dann fast geschlossen zu mir. „Na?“, stocherte Bob nach und legte etwas verwirrt seinen Kopf schief. „Adam ist irgendwo draußen unterwegs, in Begleitung von Chip und Ian“, erklärte Brain ihm dann und Bob nickte, scheinbar etwas verwirrt davon, dass Adam mit zwei Security Mitgliedern unterwegs war, doch er fragte nicht weiter nach.

„Ich wollte nur mal sehen, ob alles okay ist, weil du vorhin nach dem Interview so schnell weg warst“, meinte Bob zu Jason und sah ihn fragend an. Ich konnte mir sehr gut vorstellen, weshalb, nur ob er ihm das sagen würde? „Musste was erledigen“, murmelte Jason allerdings nur, ohne aufzusehen und ich atmete auf. Natürlich musste Bob es irgendwann erfahren, denn das Verhalten von uns in Bezug auf Adam musste sein Interesse ja wecken, aber mir war es lieber, wenn wir das noch etwas hinauszögerten. Falls Adam nicht bis zum Konzert auftauchte, würde er es allerdings eh sehr bald erfahren.

„Okay, ich frage ja schon nicht weiter. Falls ihr irgendetwas braucht, bis Elf könnt ihr euch beim Catering bedienen; falls ihr mich braucht, bin ich sicher irgendwo in der Halle zu finden. Ruht euch aus, London wartet schon begeistert auf eure Show“, grinste Bob und verließ kopfschüttelnd den Bus, weil niemand auch nur im geringsten auf seinen Scherz reagierte. Als er gegangen war, herrschte erst einmal wieder einige Momente lang Stille, bis Ben leise zu sprechen begann. „Wir müssen es ihm sagen“, meinte er fast flüsternd und noch immer auf das Glas in seinen Händen starrend. Keiner antwortete, doch er hatte Recht und das wussten wir alle.

„Pat, ich weiß, dass das alles verdammt schwer sein muss, aber wir müssen darüber reden, sonst kommt es irgendwann zu Missverständnissen“, sprach er dann auf unser Schweigen hin weiter. „Theoretisch könntest du Adam anzeigen...“, fing er an, doch ich unterbrach ihn völlig ohne darüber nachzudenken mit einem lauten „Nein!“. „Okay, es ist immerhin ja deine Entscheidung. Allerdings müssen wir klären, wer dann davon erfahren soll und kann“, erklärte er und sah endlich von seinen Händen auf. Ich schluckte, es war unheimlich vor ihnen allen darüber zu sprechen, es war noch immer so irreal, dass sie es alle wussten, allerdings begann ich langsam es zu verstehen und es zu akzeptieren, ob ich es gut fand, wusste ich nicht.

Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich zu sprechen begann und redete mir gedanklich ein, dass ich das alles nur ein einziges Mal tun musste und solchen Gesprächen in Zukunft aus dem Weg gehen konnte. „Bob wird es wohl oder übel erfahren müssen. Ich würde gerne... noch etwas warten, bis er es erfährt, vielleicht bis er von sich aus fragt. Falls A-Adam nachher nicht auftaucht, werden wir es ihm eh sagen müssen. Der Rest der Crew muss das nicht wissen, genauso wenig wie die Presse etwas davon erfahren darf. Ich... ich weiß nicht, wie es weitergeht, aber ich will nicht, dass das an die Presse geht“, erklärte ich und wich dabei gekonnt den Blicken der anderen vier aus, ich konnte sie nicht ansehen.

Erst als ich fertig war, blickte ich auf und sah Ben und auch Marc nicken. Scheinbar waren sie einigermaßen einverstanden damit. „Ich kann mir denken, dass das schrecklich werden wird, aber wir müssen genauso auch mit Adam sprechen“, meinte Marc und ich senkte meinen Blick wieder. Natürlich war mir klar, dass man auch mit ihm reden musste, aber mir war es lieber das zu verdrängen, bis es soweit war. „Du musst nicht dabei sein, ich denke, wir schaffen das auch allein irgendwie“, schob Marc dann noch hinterher und mir war klar, wen er damit meinte. Ich zuckte allerdings nur mit den Schultern, ich wusste noch nicht, wie ich auf Adam reagieren würde, manchmal fühlte es sich an, als wäre das Gröbste schon wieder überstanden, im nächsten Moment glaubte ich zusammen zu brechen, wenn ich ihn sehen würde.

„Am besten warten wir bis heute Abend, wenn Adam kommt, ziehen wir das Konzert durch und danach werden wir eh alle die Nacht und den Vormittag hier im Bus verbringen, irgendwann kommt schon der richtige Augenblick mit ihm zu reden“, meinte Brain und bekam ein Nicken von Ben und mir zurück. „Ich werde mal zum Catering rüber gehen, will jemand mit?“, fragte er nach kurzer Stille und ich nickte ihm zu. Ich wollte zwar nichts essen, aber ich wollte etwas frische Luft schnappen und für ein paar Momente aus diesem Bus raus. Also machten Brain und ich uns zusammen auf den Weg zur Halle und auf dem Rückweg seilte ich mich von ihm ab, um etwas allein zu sein. Seinen besorgten Blick ignorierte ich vollkommen.

Es tat etwas weh, dass sie mich so behandelten. Ich fühlte mich auf den weinerlichen, kaputten Pat, den man in den Arm nehmen und beschützen musste, reduziert. Es war, als sahen sie in mir momentan nur noch jemanden, auf den sie unbedingt aufpassen mussten. Aber erstens half mir das nicht unbedingt dabei, meine noch immer vorhandene Angst zu überwinden und zweitens wollte ich nicht von meinen besten Freunden so gesehen werden; niemand, gar niemand sollte nur das in mir sehen! Seufzend ließ ich mich nach einem kurzen Spaziergang über das Gelände, auf der Eisentreppe am Hinterausgang nieder.

Meine Gedanken wanderten zu Adam und ob er wiederkommen würde, wo er war, was er dachte, wie er damit umging, wie er mit mir umgehen würde. Es gab so viele Fragen und auch wenn ich wusste, dass sie mir sehr bald beantwortet werden würden, quälten sie mich. Gerade während ich in meine Gedanken versunken war, sah ich Ian durch das Tor am Ende des Parkplatzes treten und spürte, wie sich etwas in meinem Brustkorb zusammenzog. Aber Adam war nicht bei ihm und mein Erschrecken über die Konfrontation mit ihm, verwandelte sich in Angst, weshalb Ian alleine zurückkam. Anscheinend hatte er mich gesehen, denn er kam direkt auf mich zugelaufen lehnte sich etwas erschöpft gegen das Geländer neben mir.

„Hey Pat. Keine Sorge, Adam geht es einigermaßen. Aber was zur Hölle ist hier los? Warum hat Brain uns überhaupt darum gebeten Adam zu begleiten?“, fragte Ian verständnislos, doch ich senkte nur meinen Blick. „Okay, geht mich ja auch nichts an. Jedenfalls sitzt er in irgendeinem Park auf der anderen Seite der Stadt auf einer Bank vor einem Spielplatz und ist dort seit etwas mehr als Zwei Stunden nicht aufgestanden. Chip und ich haben entschieden, dass es reicht, wenn einer von uns ein Auge auf ihn wirft. Das war doch okay, oder?“, meinte Ian noch, worauf ich mich bei ihm bedankte und nur meinte, es wäre in Ordnung, dass er gegangen war. Warum saß Adam zwei Stunden lang an einem Spielplatz?

„Chip sorgt dafür, dass er pünktlich zum Konzert erscheint, nicht, dass der ganze Aufwand hier völlig umsonst ist“, informierte Ian mich letztendlich noch, bevor er sich auf den Weg nach drinnen machte und deutete mit einem Nicken auf die Halle. Ja, Chip würde ihn bestimmt rechtzeitig zurückbringen, Adam würde da sein und dann... ja, was war dann? Die Tatsache, dass ich wusste, dass er gerade auf einem Spielplatz saß, half mir nicht sehr dabei, mir über seine vermutliche Reaktion auf mich klar zu werden. Er war verzweifelt. Wenn Adam nicht wusste, wie er mit etwas umgehen sollte, tat er die seltsamsten Dinge. Angefangen von Es-Vollkommen-Ignorieren bis hin zu schrecklicher Nervosität und Angst.

Die letzten Stunden bis zum Konzert zogen sich hin wie einzelne Tage. Adam kam und kam einfach nicht. Eine Stunde vor Beginn brachte Ben Ian dazu, Chip auf dem Handy anzurufen, damit er Adam etwas Dampf machte. Chip erklärte nur, dass er mittlerweile nur noch etwa zwanzig Minuten Fußweg von der Halle entfernt, auf einer Brücke über der Themse stand. Als ich das Wort „Brücke“ hörte, zog sich in mir alles zusammen. Wenn Adam sich etwas antat, war ich Schuld. Er durfte es nicht tun! Er durfte sich nichts tun! Scheinbar hatte auch Chip daran gedacht, Ian erklärte, Adam hätte Chip auf seine Befürchtungen hin angelächelt und gesagt, „er“ hätte so viel wegen ihm, Adam, durchmachen müssen und deshalb könne er, Adam, nicht einfach so aufgeben. Ich war mir sehr sicher, dass ich mit „er“ gemeint war.

Chip meinte noch, er würde Adam spätestens zwanzig Minuten vor Beginn zur Halle gebracht haben und damit endete ihr Gespräch auch schon. Wir saßen mittlerweile in der Konzerthalle im Cateringbereich. Brain und Jason aßen wie vor jedem Konzert noch eine Kleinigkeit und der Rest von uns, Ian, Ben, Marc und ich, saß mit ziemlich besorgten Mienen neben ihnen. Wir machten uns alle Sorgen, was Adam tun würde, ganz egal, was er mit mir gemacht hatte und ich war ein bisschen froh darüber, dass er ihnen nicht plötzlich völlig egal war. Nur Jason schien es wenig zu kümmern, dass er noch immer verschwunden war.

Eine halbe Stunde vor Beginn stand Chip plötzlich in der Tür. Ich zuckte ungewollt zusammen und schluckte schwer, doch er war allein. „Adam ist im Bus, er müsste jeden Moment rüber kommen“, erklärte er und holte sich ein Fresspaket von dem großen Stapel. Ben bedankte sich bei ihm, dass er seinen Nachmittag geopfert hatte, doch Chip meinte nur, dass Adam das auch schon gesagt hätte und es ihm selbst eigentlich ganz recht so gewesen war. Scheinbar war Adam nicht wütend. Selbst diese Gefühlsregung hatte er schon entwickelt, wenn er etwas falsch gemacht hatte und davor hatte ich die meiste Angst gehabt.

„Wir sollten schon einmal zur Bühne gehen“, schlug Jason nach einem kurzen Räuspern vor und bekam Zustimmung von allen, außer mir. Ich wollte sitzen bleiben und die Tür ganz, ganz fest zuschließen. Die Tatsache, dass Adam so nah war, ließ meine ganze Sorge um ihn einen Schritt zurücktreten und meine Panik ihn zu sehen trat etwa Zwei Meilen weiter vor. „Komm Pat, ich weiß, dass das schrecklich schwer ist, aber du hast selbst gesagt, dass du das durchziehen willst“, meinte Ben leise und zog mich sanft hoch. Ian und Chip warfen sich sehr fragende Blicke zu, doch ich wich ihnen aus, als sie zu mir sahen. „Wo zur Hölle ist Adam?“, schallte plötzlich eine laute Stimme durch den Raum und ich erschrak. Bob.

„Er ist noch mal kurz im Bus, müsste jeden Moment da sein“, erklärte Brain und Bob atmete erleichtert aus. „Dann kommt wenigstens ihr schon mal, ihr müsst noch verkabelt werden!“, befahl er und wir folgten ihm alle zur Bühne. Meine Knie waren weich, sehr weich. Ich würde ihn gleich sehen, gleich würde er neben mir stehen, gleich würde er mich ansehen, gleich würde ich ihm sehr nahe sein müssen. Don half mir beim Verkabeln und während ich ihm den Rücken zudrehte, damit er die Anschlüsse meines „Knopf im Ohr“ feststecken konnte, sah ich ihn. Adam. Er hatte seinen Blick gesenkt und lief langsam auf uns zu.

„Großer Gott, Adam! Was bitte ist mit dir los, dass du den ganzen Nachmittag nicht da warst?“, herrschte Bob ihn teils verärgert, teils erleichtert an. Meine Knie waren wie Pudding. Sehr weicher Pudding. Langsam hob Adam seinen Blick und sah zuerst zu Bob, blieb dann allerdings mit seinem Blick an mir hängen. Wir starrten uns an, seine Augen waren völlig ausdruckslos, vielleicht ein klein wenig fassungslos. Fassungslos? Darüber, dass er das getan hatte? Er achtete nicht auf Bob, sondern sah mich einfach nur an. Die Sekunden vergingen und sein durchbohrender Blick begann weh zu tun. Er sah mich an, wie einen Fremden. Gefühllos.

Ich sah zu Boden, schluckte einmal schwer und hob meinen Blick wieder. Und ich sah diesen Ausdruck in seinen Augen, den ich nie wieder vergessen würde. Er sah angeekelt aus, angeekelt von sich selbst. Aus seinen Augen sprach so unglaublicher Hass, solche Schuld, dass es mir, mir selbst wehtat, zu sehen, was er für sich selbst fühlte. Ich war der Auslöser dafür, ich war schuld daran, dass Adam diesen Hass für sich empfand. Ich wollte heulen, ich wollte mich bei ihm entschuldigen, ich wollte schreien, ich wollte wegrennen, doch ich blieb einfach stehen. Ich sah ihn einfach an und konnte nicht glauben, dass das Adam war.

„...ihr müsst ein verdammtes Konzert auf diese Bühne bringen, sonst machen wir hier einen Schaden der in die Hunderttausender geht! Kriegt euch verdammt noch mal ein!“, hörte ich plötzlich Bobs Stimme zu mir durchdringen und löste mich von Adams Blick. Ich sah kurz zu Bob, dessen Gesicht plötzlich starr wurde, als er mich ansah. Langsam blickte er zu Adam und ich sah, wie er schluckte. „Bitte Jungs, bitte geht auf diese Bühne und gebt ein Konzert. Bitte“, sprach Bob leise und drehte sich weg. Er hatte es gemerkt. Er hatte den Hass in Adams Blick gesehen und hatte gesehen, dass dieser Hass ihm selbst, Adam, galt.

Wie in Trance beobachtete ich, wie Adam verkabelt wurde und bemerkte erst dabei wieder, dass die anderen Jungs noch da waren. Aus Jasons Blick sprach Wut, doch er schien sich zusammen zu reißen. Ben sah sehr mitfühlend zu mir und irgendwie tröstete mich sein Blick etwas. Die anderen beiden waren einfach nur entsetzt, entgeistert darüber, welche Gefühle diesen Moment dominiert hatten, welche Wut sich in unserer Band aufbaute. Und ich? Ich wollte heulen. Ich wollte sie alle zusammen in den Arm nehmen, einfach weinen und sagen, dass alles wieder gut war. Adam sagen, dass er sich selbst nicht hassen durfte, weil es mir unendlich wehtat, dass er dieses Gefühl für sich spürte und ich der Auslöser dafür war.

Stumm warteten wir, bis auch Adam bereit war. Danach blickte Ben fragend in die Runde, normal kam ein kollektives an den Händen halten und Mut machen an dieser Stelle, doch bei dem Gedanken Adams Hand zu nehmen, wie ich es normal tat, lief mir ein Schauer über den Rücken. Seine Hände... Bens Blick schien zu fragen, ob wir bereit waren, keiner der anderen dachte auch nur im Entferntesten daran, unsere Tradition zu erhalten. Verhaltenes Nicken kam von allen und wir machten uns alle mit einem letzten tiefen Durchatmen auf den Weg zur Bühne.

Am Aufgang wollten Adam und ich gleichzeitig nach dem Geländer greifen und zuckten beide erschrocken zurück. Sein Blick war schrecklich, er war sofort zwei, drei Schritte zurückgetreten und blickte mich entschuldigend und... ängstlich an. Adam hatte Angst. Ich schluckte einmal schwer und drehte mich zu den Treppenstufen, ich konnte ihn nicht mehr länger ansehen. Adam hatte Angst, er hatte Angst vor mir! Alles hätte ich als seine Reaktion auf das Geschehene erwartet, aber dass mein Adam jemals Angst vor mir haben würde, hätte ich nie, nie erwartet.

Das Konzert ging an mir vorbei. Jason und Marc übernahmen die Unterhaltung des Publikums, da die beiden wohl noch am gelassensten zu sein schienen, außerdem konnte Jason sehr gut schauspielern, ich konnte ihm nicht im geringsten ansehen, dass er mit auch nur einem Gedanken bei den Geschehnissen des Tages war. Adam schrie und er schrie, wie er es noch nie getan hatte. Die Gefühle, die er in seine Stimme legte, ließen mich immer wieder Fehler in meinen Parts machen. Das Publikum war von der Intensität der Songs und unserer Performance begeistert, ich jedoch war einfach nur geschockt von all dem.

Wir spielten keine Zugaben, wir blieben nach dem letzten Song keine Zwei Minuten mehr auf der Bühne, sondern verabschiedeten uns in einer Geschwindigkeit, in der wir noch nie von der Bühne geflohen waren. Scheinbar war es nicht einmal der Crew aufgefallen, dass es nichts Positives war, was Adam dazu gebracht hatte, eine so... starke Leistung abzuliefern. Es hatte gut geklungen, wie er gesungen hatte, aber es war nicht gut, dass er das getan hatte, weil er es nur tat, da ihn seine Emotionen überwältigten. Er sah aus, als würde sein Hass mit jedem Kompliment der Crew noch größer werden. Ich starrte ihn ununterbrochen an.

„Pat?“, hörte ich dann eine etwas leisere Stimme hinter mir und löste meinen Blick zögernd von Adam. Bob stand vor mir und sah mir in die Augen, besorgt, entsetzt, fragend. „Was ist los?“, fragte er leise und trat noch einen Schritt näher. Er wollte es also wissen, er hatte bemerkt, dass zwischen uns eine Kälte hin und her ging, die jedes Feuer im Keim erstickt hätte. „Ich...“, brachte ich nur etwas kratzig heraus und brach wieder ab. Was sollte ich sagen? Sollte ich Bob, unserem Manager, aber auch Freund, wirklich erzählen, was Adam getan hatte? Wie würde er es aufnehmen? Wie würde er mit Adam umgehen? Würde er mir Vorwürfe machen, das so lange verschwiegen zu haben? Die Jungs hatten das kaum getan, aber die Jungs waren die Jungs und Bob war eben Bob. „Später“, kam mir plötzlich Ben zu Hilfe und ich atmete etwas auf.

Kapitel 16

„Ihr wisst Bescheid, dass das nächste Konzert in Nordfrankreich stattfindet; das bedeutet, dass wir die Nacht über durchfahren werden. Sobald ihr fertig seid, können wir fahren!“, erklärte Bob dann, ohne irgendeine Gefühlsregung zu zeigen. Der Rest der Band nickte und wir wollten uns schon auf den Weg zu den Kabinen machen, in denen wir noch schnell duschen könnten, doch Bob hielt sowohl Ben, als auch mich zurück. „Ich bin euer Manager, Jungs, aber ich bin genauso auch euer Freund, das habt ihr selbst gesagt. Was zur Hölle ist los mit euch? Warum war Adam den halben Tag verschollen?“, fragte er und blickte zwischen Ben und mir hin und her.

„Ich kann das auch alleine machen, willst du lieber gehen?“, fragte Ben leise und Bobs Blick wurde noch fragender. Ich nickte kurz und folgte den anderen Jungs. Ich wollte nicht dabei sein und wenn er mir schon anbot, dass er ihm das alleine erklären würde, konnte ich die Chance nutzen. Es dauerte nicht lang und wir waren alle fertig mit duschen. Auch Ben schien duschen gegangen zu sein, das hieß, dass Bob Bescheid wusste. Ich hatte Angst, ihm zu begegnen und ich hatte Angst, was passierte, wenn er Adam begegnete. „Pat?“, schreckte mich eine Stimme aus meinen Gedanken, während ich langsam zum Hinterausgang lief.

Ich drehte mich ruckartig um und sah unseren Manager vor mir stehen. Sein Blick war genauso fassungslos, wie die Jungs mich angesehen hatten, als sie am Nachmittag von allem erfahren hatten. Kommentarlos legte er einen Arm um meine Schultern und zog mich an ihn. Bob war etwas größer als ich, also lehnte ich mich leicht gegen seinen Oberkörper und spürte, dass er mich noch etwas fester an ihn drückte. Ich wartete, dass er etwas sagte, doch er schwieg nur und hielt mich fest – ich war froh darüber. Erst als Ben sich näherte, ließ er mich wieder los und sah mich nur noch einmal an, entsetzt, tröstend, entschuldigend.

„Seid ihr alle fertig?“, fragte er Ben dann leise und bekam von ihm ein Nicken als Antwort. Ben und ich machten uns zusammen auf den Weg zum Bus, der Rest der Band war ja schon dort. Ich war mir nicht ganz sicher, was passieren würde. Wir würden mit ihm die ganze Nacht in diesem Bus sein und auch den gesamten nächsten Vormittag. Was würde in diesem Gespräch, das die anderen für sehr wichtig hielten, zur Sprache kommen? Wie würde Adam sich denn überhaupt verhalten? Würde er mich von nun an immer mit diesem Blick ansehen? Während all diese Gedanken durch meinen Kopf sprangen, legte mir Ben vorsichtig einen Arm um die Schulter und lächelte mich etwas aufmunternd an. Ich versuchte auch zu lächeln.

Bevor wir die Treppe zum Bus hochstiegen, atmete ich noch einmal tief durch und schloss für einen kurzen Moment die Augen. Innerlich redete ich mir ein, dass es nicht schlimm werden würde. Er war doch schließlich mein bester Freund und er war nicht betrunken und bisher hatte er wirklich nicht wütend auf mich reagiert. Und für den Notfall waren die anderen Jungs ja auch noch da. Doch in Wirklichkeit fürchtete ich mich gar nicht mal am meisten davor, dass er auf mich losgehen würde. Ich hatte Angst seinem Selbsthass zu begegnen, weil ich ihn verdammt noch mal liebte und es schrecklich war, zu sehen, dass er sich wegen mir hasste.

In der Küche saßen Marc und Jason sich am Tisch gegenüber, Brain und Adam waren nirgends zu sehen. Ich ließ mich etwas kraftlos neben Jason fallen und atmete noch einmal tief durch. Es fühlte sich gut an, dass ich nicht allein war, dass ich diesmal nicht so sehr darauf achten musste, dass niemand mitbekam, dass ich Angst davor hatte, ihn zu sehen. „Wo ist er?“, fragte Ben leise und Marc deutete hinter sich. Also war Adam entweder in seiner Kabine oder im hinteren Teil des Busses. „Ich geh mal hinter und hau mich auf’s Ohr, gute Nacht“, meinte Marc dann nach kurzem Schweigen und bekam ein genuscheltes „Nacht“ von uns drei zurück.

Und während wir weiterhin schwiegen ging die Tür zu den Kabinen ein zweites Mal auf. Ich schluckte schwer, als ich ihn sah und merkte, wie meine Knie weich wurden, obwohl ich doch saß. Ohne etwas zu sagen, schloss er die Tür wieder, ging, scheinbar auch sehr unsicher, auf uns zu und setzte sich, noch immer kommentarlos, Jason und mir gegenüber. Er wusste wohl, dass dieses Gespräch sein musste, ich war mir da allerdings nicht sehr sicher. Was sollte hier gesagt werden? Was sollte bei diesem Gespräch herauskommen? Anfänglich schwiegen wir jedenfalls alle erst einmal. Ich bekam sowieso kein Wort heraus und Jason und Ben warteten wohl darauf, dass Adam etwas sagte. Der schien sich allerdings auch nicht zu trauen, etwas zu sagen und blickte nur starr auf seine Hände vor ihm.

Plötzlich wurde die Bustür aufgerissen und wir blickten alle zu ihr. Bob hatte schon den Mund offen um etwas zu sagen, stoppte allerdings, als er sah, dass wir, also auch Adam und ich, hier saßen. Kaum merklich nickte er und meinte dann leise, dass wir fahren würden. Als er die Tür wieder geschlossen hatte, setzte der Bus sich auch schon in Bewegung und wir blickten uns wieder an. „Um nicht ewig zu schweigen...“, begann Ben dann nach weiteren Zwei Minuten. „Wir müssen eine Lösung finden. Wir sind eine Band und ich denke, dass wir das bleiben wollen. Wenn jemand... wenn du, Pat, das nicht mehr willst, dann... dann sollten wir wenigstens diese Tour noch zuende bringen. Es wird schwer, ob wir weitermachen wollen, oder nicht, aber wir sind es unseren Fans und auch uns selbst schuldig.“

Da war sie, die alles entscheidende Frage. Wollte ich weitermachen? Die Musik war mein Leben, diese Jungs waren mein Leben, mein Leben als Musiker war immer mein größter Traum gewesen und alle hier wussten das. Konnte ich das aufgeben? Konnte ich aber einfach weitermachen? „Ich weiß es nicht“, brachte ich nur leise heraus, da die anderen wohl eine Antwort von mir erwarteten. Daraufhin schwiegen sie alle, vielleicht, weil ihnen bewusst wurde, dass es unter Umständen wirklich das Aus für unsere Band bedeuten konnte. Ich spürte Verzweiflung in mir aufsteigen, ich wollte doch einfach nur, dass alles wieder gut werden würde! „Ich... ihr wisst, dass das hier mein großer Traum ist und... ich... kann und... will nichts anderes machen, als... als das“, stammelte ich leise und sah, dass Ben kurz lächelte.

Während ich gesprochen, oder besser, gestottert hatte, hatte Adam seine Hände immer mehr ineinander verschlungen und ich bemerkte, dass seine Fingerknöchel schon weißlich hervortraten. Er riss sich sehr zusammen und mir war, als schürte es seinen Hass noch, dass er bemerkte, wie sehr das an mir zehrte. „Du willst weitermachen?“, fragte Ben noch einmal direkt und ich sah, dass Adam die Luft anhielt. Was sollte ich sagen? Verdammt, natürlich wollte ich weitermachen! Ich nickte, Adam begann wieder zu atmen, Ben lächelte noch einmal und Jason tat überhaupt nichts. Ich wusste, dass er sehr wütend war, aber ob er soweit gehen wollte, unsere Band in Gefahr zu bringen, wenn selbst ich weiter machen wollte, glaubte ich nicht.

„Pat, es tut mir leid, dass ich dir das jetzt antun werde, aber ich denke, das muss sein, wenn du... wenn wir wirklich weitermachen wollen“, meinte Ben dann leise, nachdem wir wieder einige Augenblicke geschwiegen hatten. Ich hob meinen Blick und sah ihn verständnislos an. „Wir sind hinten, falls... falls irgendetwas ist. Komm, Jason“, sagte er nur noch und ich stand mit noch viel weicheren Knien auf, um Jason aufstehen zu lassen. Während die beiden, Jason mehr oder weniger von Ben dazu gezwungen, nach hinten liefen, ging mir ein Licht auf. Sie wollten uns alleine lassen, weil sie merkten, dass wir miteinander sprechen mussten. Bevor Jason die Tür schloss, warf er mir noch einen Blick zu, als wollte er mir sagen, ich bräuchte bloß zu rufen, er würde sofort da sein und sein Blick beruhigte mich etwas.

Ich schluckte schwer, als die Tür zugezogen war und ich mit Adam alleine war. Er starrte noch immer auf den Tisch, als traute er sich nicht, mich anzusehen. Wir mussten miteinander reden, das sah ich ein, es war nun einmal nötig, wenn ich die Band wirklich am Leben erhalten wollte. Doch wie sollten wir das anstellen? Adam traute sich nicht einmal mich anzusehen und ich hatte viel zu viel Schiss ihn anzusprechen. Wir schwiegen. Und nach fünf Minuten schwiegen wir noch immer. Das einzige Geräusch, das gleichmäßige Brummen des Motors, wurde plötzlich von einem anderen, leisen Geräusch unterbrochen. Ich konnte im ersten Moment nicht ausmachen, was es war, bis ich sah, dass Tränen von Adams Gesicht tropften.

Ich erstarrte und blickte auf die einzelnen Tropfen auf dem Tisch, hörte sein leises, unregelmäßiges Schluchzen. Er hatte seinen Kopf noch immer gesenkt und verwährte mir somit jeden Blick in sein Gesicht. Es war ein Schock, ihn weinen zu sehen. Mein Adam weinte und er weinte wegen mir. Ich spürte einen Stich irgendwo ganz tief in meinem Brustkorb, Jason hatte wegen mir geheult und nun weinte auch noch Adam wegen mir. „Pat“, unterbrach ein leises Schluchzen meine Gedanken und ich zuckte augenblicklich zusammen. Er hob seinen Blick und sah mich an, blickte mich aus seinen wässrigen, leicht roten Augen an. Über seine Wangen zeichneten sich kleine, feuchte Bäche ab, die seine Tränen von seinem Kinn tropfen ließen.

„Ich... ich kann mich nicht... nicht ent-entschuldigen“, schluchzte er leise und hielt seine Hände vor sein Gesicht. Ich verstand ihn nicht, ich verstand kein Wort. Warum konnte Adam sich nicht entschuldigen? Hatte er es letzten Endes doch mitbekommen und doch gewollt? Nein! Niemals hatte Adam das gewollt! „Warum?“, bekam ich nur flüsternd heraus und ließ meinen Blick auf ihm ruhen. „Ich ka-kann nicht ent-entschuldigen was ich ge-getan habe. Das... das kann man nicht... nicht entschuldigen“, wimmerte er und senkte seinen Blick wieder, während er sprach. Seine Stimme jagte einen Schauer nach dem anderen über meinen Rücken.

Wir schwiegen wieder. Ich konnte nichts sagen, ich wusste auch überhaupt nicht, was ich hätte sagen sollen. Adam weinte weiterhin leise vor sich hin und starrte auf den Tisch. Mir zerriss es das Herz, dass er so völlig am Boden zerstört vor mir saß und ich ihn nicht einfach in den Arm nehmen und trösten konnte. Wollte ich es? Ich wollte ihn nicht trösten, ich wollte nur, dass er nicht mehr weinte und nicht mehr so verzweifelt war. Ich konnte ihn nicht einfach in den Arm nehmen, er war Adam, er war mein bester Freund, er war der Mann, den ich am meisten auf der ganzen Welt liebte und er war auch der Mann, der mich vergewaltigt hatte.

Aber er war der Mann, den ich liebte! Als Adam seine Hände langsam wieder auf den Tisch sinken ließ, griff ich zögernd nach einer Hand. Für einige Sekunden hielt ich seine Hand in meiner und drückte sie leicht. Doch Adam schlug meine Hand schon wenige Momente später wieder weg. Ich erstarrte von neuem. Warum machte er das? Warum schubste er mich weg, wenn ich ihn trösten wollte? „Scheiße, Pat, lass das! Du willst das überhaupt nicht“, rief er und noch bevor ich verstand, was er damit sagen wollte, hatte er seine Arme auf dem Tisch verschränkt, sein Gesicht in seinen Armen vergraben und begann wieder erbarmungslos zu heulen.

„Du... du hast das alles... nur... nur für mich durch-durchgestanden und... und ich war... war so ein Arschloch. Und... und jetzt willst du... du mir he-helfen!“, schluchzte er in seine Arme und hob ganz plötzlich seinen Kopf wieder, gab mir den Blick in sein völlig verheultes Gesicht preis. „Du... du... ich ver-verdiene dich ü-überhaupt nicht. Du... du darfst nicht... du darfst dich... dich nicht um mich kü-kümmern, Pat. Ich ha-hab dir so weh... wehgetan, du... ich ver-verdiene dich n-nicht“, wimmerte er immer lauter und mein Herz zog sich mehr und mehr schmerzhaft zusammen. Weiter schluchzend und am ganzen Körper zitternd versuchte er aufzustehen, doch er blieb am Tischbein hängen und knallte auf den Boden.

„Adam!“, rief ich erschrocken und sprang auf. „Lass... lass mich, Pat! Ich... ich mache doch al-alles noch schlimmer, ich will... will dir n-nicht mehr weh t-tun“, schluchzte er gegen den Boden und vergrub seinen Kopf in seinen Armen. Er hörte gar nicht mehr auf zu heulen, schluchzte immer wieder auf und bekam scheinbar schon kaum mehr Luft. „Adam, krieg dich wieder ein!“, rief ich und versuchte seine Arme von seinem Gesicht wegzuziehen, doch er schlug meine Hände nur immer wieder weg. Wohl unabsichtlich traf er mich mit dem Handrücken im Gesicht und ich rutschte von ihm ab. Adam bemerkte, was er getan hatte und richtete sich schlagartig auf. „Oh Gott, Pat... ich… es… es tut mir… es tut mir leid. Ich... ich wollte nicht... oh Gott“, schluchzte er nur wieder und brach entgültig auf dem Boden zusammen.

In dem Moment riss jemand die Tür auf und plötzlich standen Ben und Jason wieder in der Tür. „Ach du Scheiße!“, riefen sie synchron und stürzten auf uns zu. Adam lag noch immer laut heulend auf dem Boden und schluchzte stockend, weil er vor lauter Heulen keine Luft mehr bekam. Ben drehte ihn auf den Rücken und redete auf ihn ein, klatschte vorsichtig mit einer Hand gegen seine Wangen, doch Adam schien überhaupt nicht mehr im Hier und Jetzt zu sein. Jason kniete sich währenddessen neben mich auf den Boden und versuchte mich zum sprechen zu bewegen. „Er... er hat geweint und er hat... sich Vorwürfe gemacht und dann wollte er aufstehen und... dann ist er zusammengebrochen“, stotterte ich und starrte zu Adam, der noch immer mit dem Kopf auf Bens Schoß nach Luft rang.

„Jason, gib mir mal Wasser aus dem Kühlschrank, wir müssen ihn wieder in die Wirklichkeit bringen, sonst erstickt er noch!“, befahl Ben und Jason reagierte ohne zu überlegen, riss den Kühlschrank auf und drückte Ben eine Flasche Wasser in die Hand. Der schraubte sie auf, goss sich etwas Wasser in die Hand und klatschte es vorsichtig in Adams Gesicht. Das ganze wiederholte er noch einmal und strich ihm das Wasser etwas von den Augen, bis Adam langsam begann sich zu beruhigen und aufhörte zu wimmern. Ich starrte ihn noch immer geschockt an und bekam nur nebenbei mit, dass Jason noch immer auf mich einredete. Adam begann wieder normal zu atmen, blinzelte ein paar Mal und schloss seine Augen.

Kommentarlos nahm Jason die Flasche zur Seite und Ben nahm Adam auf seine Arme. Jason öffnete die Tür, schob den Vorhang von Adams Kabine zurück und Ben legte ihn vorsichtig hinein. Ich saß noch immer auf dem Boden und blickte starr zu den drein. Was war hier gerade geschehen? Was hatte Adam gesagt? Ich hatte einen völligen Blackout, konnte überhaupt nicht realisieren, was geschehen war, was Adam zu mir gesagt hatte. „Pat, steh auf“, drang Bens Stimme nach einiger Zeit zu mir durch und ich schüttelte kurz meinen Kopf, um ihn wieder klar zu bekommen. „Wie geht’s Adam?“, fragte ich leise und sah, dass die Tür zu den Kabinen wieder geschlossen war und auch Jason nicht mehr hier war.

„Adam geht es einigermaßen, ich denke, er wird bald eingepennt sein. Pat, was war hier los?“, erklärte Ben und drückte mich vorsichtig auf eine der Sitzbänke. Ich atmete tief durch und fuhr mir mit beiden Händen über das Gesicht. „Wir haben beide geschwiegen und irgendwann hat er ganz unvermittelt angefangen zu weinen. Er hat gemeint, er könne es nicht entschuldigen was er getan hat“, begann ich leise zu erzählen und währenddessen kam auch Jason wieder nach vorne und setzte sich neben Ben, mir gegenüber. „Ich hab... seine Hand genommen, damit er nicht mehr weint, aber er hat mich nur weggestoßen und gesagt, ich solle das nicht tun, weil ich es selbst gar nicht wollen würde.“

Hatte er damit Recht gehabt? Natürlich. Ich wollte ihn eigentlich gar nicht freiwillig berühren, ich wollte nur, dass er nicht mehr so schrecklich verzweifelt aussah. Er hatte Recht gehabt mit dem, was er gesagt hatte. „Er hat immer mehr geweint, sich Vorwürfe gemacht und mir gesagt, ich solle ihn in Ruhe lassen, damit... er mir nicht mehr weh tun kann“, erzählte ich und wurde dabei immer leiser, weil ich während ich sprach erst verstand, was wirklich passiert war. Adam hatte genau das getan, wovor ich mich so gefürchtet hatte, er wollte nichts mehr mit mir zu tun haben. Das konnte doch nicht sein, er wollte mir doch nicht mehr wehtun!

„Er hat gesagt, dass er es nicht verdient, dass ich mich um ihn kümmere und dann ist er aufgestanden, gestolpert und auf den Boden geflogen. Ich wollte ihm helfen, aber er hat nur wieder gesagt, dass ich ihn in Ruhe lassen soll“, flüsterte ich letztendlich nur noch und starrte auf den Tisch. Adam wollte, dass ich ihn in Ruhe ließ, er wollte nicht mehr, dass ich in seiner Nähe war. „Ich wollte ihm noch mal aufhelfen und er hat mir aus Versehen mit dem Handrücken ins Gesicht geschlagen. Er hat sich sofort, immer noch heulend, bei mir entschuldigt und dann ist er total zusammengebrochen“, endete ich und seufzte leise.

Die anderen beiden schwiegen, ich sah, wie sie kurz einen Blick tauschten und dann wieder beide zu mir sahen. „Ich gehe mal nachsehen, ob er schläft und hau mich dann selber hin, es ist schon nach halb Zwölf“, meinte Ben nach weiteren Minuten Schweigen und stand auf. Wir nickten und er machte sich auf den Weg nach hinten, kam einige Momente später noch mal kurz zu uns und sagte Bescheid, dass Adam mittlerweile schlief. Ich war froh darüber, dass er wenigstens schlief, nicht mehr nach Luft ringend, schluchzend dalag. Jason und ich schwiegen uns noch einige Zeit an, bis ich irgendwann auch nach hinten ging.

Die Vorhänge waren alle bis auf Jasons und meinen zugezogen, die anderen vier schliefen alle schon. Mein Blick blieb an Adams Kabine haften und ich überlegte einen kurzen Moment lang, ob ich kurz nachsehen sollte, ob er wirklich schlief, verwarf den Gedanken aber schnell wieder. Mehr oder weniger müde stieg ich aus meinen Klamotten und legte mich in T-Shirt und Boxershorts in meine Kabine. An Einschlafen war allerdings so schnell nicht zu denken, ich lag die ganze Zeit auf dem Rücken, starrte nach oben und versuchte müde zu werden. Ich wollte nicht mehr nachdenken, ich wollte nur, dass das endlich alles aufhörte. Irgendwann hörte ich, dass Jason wohl auch schlafen ging und schlief dann auch nach einiger Zeit endlich ein.

Es war kurz nach halb Vier, als ich wieder wach wurde. Um dreiviertel Vier lag ich noch immer wach und um Punkt Vier Uhr gab ich es auf, einschlafen zu wollen. Leise schob ich den Vorhang zurück und stand etwas wacklig auf. Ich ging kurz zur Toilette und dann nach vorne in die Küche, damit ich die anderen nicht aufweckte. Auf einer der Sitzbänke sah ich im Dunkeln eine Gestalt sitzen und erschrak erst einmal zu Tode, stellte dann aber fest, dass es nur Jason war, der dort saß. Wortlos setzte ich mich ihm gegenüber und merkte nur, dass er kurz zu mir sah. Wir schwiegen sehr lange, bis er unvermittelt zu sprechen begann. „Du liebst ihn. Stimmt’s?“

Ich zuckte zusammen und starrte zu ihm, obwohl ich ihn nur schemenhaft wahrnahm. „Du liebst Adam“, wiederholte er leise und ich fühlte mich mit einem Mal sehr durchschaut. Jason war der erste, der von meinen Gefühlen von Adam wusste. Ich hatte keine Ahnung gehabt, wie es sich anfühlte, wenn jemand wusste, wen man liebte. „Ja“, flüsterte ich nur sehr leise und erahnte im Dunkeln, dass Jason leicht nickte. „Deshalb hast du nichts gesagt“, meinte er, mit Blick nach draußen in die Dunkelheit. „Ja“, brachte ich nur wieder heraus und zog meine Beine mit auf die Bank. Ich begann gar nicht erst darüber nachzudenken, woher Jason es wusste. Ich merkte, dass ich außer diesem nahezu transparenten Gefühl, gar nichts anderes spürte. Es war mir fast schon egal, dass Jason es wusste.

„Wie lange schon?“, fragte er nach weiterem Schweigen leise, fast schon nicht mehr zu hören. Ich schwieg noch einige Momente, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Seit wann liebte ich Adam? Ich hatte mich in ihn verliebt, als wir im letzten Highschool Jahr gewesen waren. Aber wirklich lieben? Eigentlich liebte ich ihn schon immer, Adam war immer da gewesen, er war immer mein Vorbild gewesen, immer derjenige, an den ich zuerst dachte, wenn etwas passiert war, derjenige, den ich niemals verlieren wollte. Spielte es eine Rolle? Ich liebte ihn schon immer, als Mann liebte ich ihn seit fünf, sechs Jahren. Wen kümmerte es?

„Fünf, vielleicht sechs Jahre“, antwortete ich Jason leicht seufzend und bemerkte, wie er zu mir sah. Ich wollte ihm meine Gedanken nicht vorbeten, er hätte bestimmt nicht verstanden, dass ich ihn schon immer liebte. Was machte es auch für einen Unterschied, ob ich ihn seit fünf, zehn, oder fünfundzwanzig Jahren liebte? Er liebte mich überhaupt nicht. Ein trauriges Lächeln huschte über meine Lippen. Nach all den Ereignissen würde er mich nicht einmal mehr auf die Art lieben, auf die ich ihn seit ich ein Kind war liebte, als Freund. „Er weiß es nicht, oder?“, fragte Jason und bekam ein Kopfschütteln als Antwort. Er sollte es auch niemals erfahren.

„Ich will dir daraus keinen Vorwurf machen, ich kann dich nur einfach nicht verstehen, warum du diesen Kerl so liebst, obwohl er dir so weh getan hat“, begann er nach einiger Zeit Schweigen zu sprechen und sah zwischen der Dunkelheit draußen und mir hin und her. „Scheiße, Pat, ich kann mir kaum vorstellen, wie sehr du diesen Kerl lieben musst, dass du das tust, obwohl er dir das angetan hat. Ich weiß nicht mal, ob ich mich bei dir entschuldigen soll, dass ich ihn so angeschrieen und fast geschlagen habe. Aber auch wenn ich es nicht verstehen kann, wenn du möchtest, dann kannst du auch darüber mit mir reden. Fünf Jahre liebst du diesen Kerl schon? Wie ich dich kenne, weiß kein Schwein davon und du hast noch nie mit irgendjemandem darüber geredet?“ Ohne den Sinn seiner Worte völlig zu verstehen, nickte ich.

„Du kannst mit mir reden, wenn du es willst. Und ich werde Adam nichts sagen, sei beruhigt, wenigstens das bin ich dir schuldig“, ergänzte er und noch während er gesprochen hatte, war er aufgestanden und hatte sich neben mich gesetzt. „Es tut mir wirklich leid, dass ich dir das heute alles beschert habe, aber ich konnte nicht mehr mit ansehen, wie du dich gequält hast. Es tut mir auch leid, dass ich das gleich regelrecht öffentlich gemacht habe, jedenfalls vor den Jungs. Es tut mir auch wirklich Leid, dass ich so durchgedreht bin, aber die Vorstellung, dass Adam dir, dir Pat, so etwas angetan hat, war unerträglich.“

Ich konnte meine Tränen nur sehr schwer zurückhalten, doch es ging. Es war schrecklich was er da sagte, es war schrecklich, dass Jason sich bei mir entschuldigte und mir blieb jedes Wort im Halse stecken, ich konnte nichts sagen. Doch er erwartete nichts von mir, Jason nahm mich einfach in den Arm und hielt mich fest. „Es tut mir Leid, dass wir dich während der ganzen Zeit so alleine gelassen haben. Wenn ich mir vorstelle, wie du unter all dem gelitten hast, wenn ich mir vorstelle, dass du diesen Kerl auch noch liebst, wird mir erst bewusst, was wir wirklich verpasst haben. Wir hätten für dich da sein müssen, doch wir waren nicht da. Aber jetzt, Pat, jetzt bist du nicht mehr alleine, wir alle sind da.“ Ich konnte es nicht aufhalten zu heulen. Er sprach genau das aus, was ich die ganzen Wochen über gefühlt hatte, das, was die ganze Zeit so wehgetan hatte. Einsamkeit. Einsamkeit und dieser Schmerz, dieser unbändige Schmerz, dass ich Adam noch immer liebte.

Kapitel 17

Als ich morgens meine Augen öffnete, kam mir mit einem mal dieses Gefühl wieder in den Kopf, das ich spät nachts, noch während ich geschlafen hatte, gespürt hatte. Es hatte sich warm angefühlt, ein warmes, weiches Streichen über meine Lippen. Ich weiß nicht mehr, wieso, doch sofort als ich den blanken, weißen Umschlag mit den drei Buchstaben, meinem Namen, sah, brachte ich ihn in Verbindung mit diesem Gefühl, spät nachts. Die Mischung aus diesem warmen, schönen Gefühl auf meinen Lippen und dem stechenden Schmerz in meiner Brust, als ich den Brief zu lesen begann, brannte sich fest in meine Erinnerung.

„Pat,

ich weiß nicht, wo ich beginnen soll, ich weiß auch nicht, wie. Ich weiß nicht mal, welche Anrede ich vor deinen Namen schreiben soll. Was ich weiß, ist, dass ich dir diesen Brief schuldig bin. Wo soll ich beginnen? Was will ich überhaupt sagen? So ganz bin ich mir da nicht sicher. Ich will dir erklären, was passiert ist und was passieren wird und ich will dir erklären, warum.

Ich habe dir wehgetan, sehr weh getan. Dieser Abend während der letzten Tour, vielleicht sollte ich dort beginnen. Ich kann mich nicht erinnern, was geschehen ist, ich weiß fast gar nichts mehr. Ich habe den ganzen letzten Tag lang in meinen Erinnerungen gesucht, in den wenigen, die ich überhaupt an diesen Tag habe. Es war viel Alkohol, sehr viel Alkohol, zu viel Alkohol. Wenn ich daran denke, was ich am nächsten Tag sagte, obwohl du heulend auf diesem Bett lagst, wird mir sehr schlecht. Mir wird schlecht, weil ich es unglaublich widerlich finde, wie ich mich verhalten habe und wie ich auf dir herumgetrampelt habe.

Gestern habe ich dir gesagt, dass ich mich nicht entschuldigen kann. Natürlich kann ich es und ich muss es. Es tut mir unsagbar Leid, was ich getan habe, es tut mir wirklich bis in die letzte Faser meines Herzens unbeschreiblich Leid. Selbstverständlich reicht das nicht, ich kann mit Worten nicht rückgängig machen, was ich getan habe, aber vielleicht hilft es dir zu wissen, dass es mir wirklich unglaublich leid tut.

Ich muss mich auch noch für sehr viel mehr entschuldigen. Ich weiß, dass du dich noch daran erinnerst, es war der eine Abend, nachdem wir in der Band entschieden haben diese Europatour anzutreten. Ich weiß, dass du dich noch daran erinnerst und nun wo ich weiß, was ich dir angetan habe, tut es mir genauso unsagbar leid, was ich an diesem Abend gemacht habe.

Ich habe gesehen, dass du geweint hast. Ich hatte die Tür geöffnet und noch einmal zu dir gesehen; du dachtest, ich wäre schon gegangen und hast angefangen zu weinen. Es machte keinen Sinn. Es ergab einfach keinen Sinn für mich, natürlich, jetzt ergibt es Sinn. Ich war nicht betrunken, Pat, ich war nicht mal angetrunken, die Bierflasche an dem Abend habe ich nicht einmal zur Hälfte getrunken.

Ob ich mich auch dafür entschuldigen muss, das weiß ich nicht, doch ich glaube, dass ich dir davon auch erzählen muss, denn ich bin es dir einfach schuldig. Du erinnerst dich, dass ich am nächsten Morgen aussah, als wäre ich völlig verkatert gewesen. Du hast meine Augen gesehen, aber sie waren nicht rot und geschwollen, weil ich getrunken hatte, sondern weil ich die ganze verdammte Nacht geheult hatte. Seit Tagen hatte ich nachgedacht, überlegt, meinen Kopf zermatert, doch es machte alles keinen Sinn, solang ich auch nachdachte.

Da waren Dinge in mir, wenn ich dich sah, die mir Angst machten, sehr große Angst machten. Du warst an dem Abend schlafen gegangen und ich wollte endlich wissen, ob es nur Zufall war, dass ich das spürte und deshalb bin ich zu dir ins Zimmer gekommen. Es war falsch von mir, ich hätte dich nicht anrühren dürfen, es war egoistisch von mir, dass ich dich, während du vermeintlich geschlafen hast, so angefasst habe und das wurde mir bewusst.

Und deshalb heulte ich auch und ich heulte, weil sich meine gedankliche Ausrede, es wäre alles Zufall, verabschiedete. Es fühlte sich so unglaublich an, als ich dich berührte und mir wurde klar, was das wirklich war. Ich, Adam Towle, hatte mich in meinen besten Freund Pat verliebt. Nein, du hast dich nicht verlesen, ich habe mich wirklich in dich verliebt und ich kam mir so schäbig vor und so schuldig und ich war so verzweifelt, dass ich die ganze Nacht flennte.

Vorgestern Abend. Im Nachhinein weiß ich nicht mehr, was in mich gefahren ist. Bitte versteh nicht falsch, was ich dir schreiben will, dich trifft natürlich überhaupt gar keine Schuld. Doch es fühlte sich so schrecklich an, als ich Ben und dich sah. Ich wollte das tun, ich hatte mir vorgenommen an diesem Abend mit dir zu tanzen und ich wollte dir sagen, was ich fühlte, für dich fühlte. Doch dann sah ich euch beide und ich sah, wie du ihn angelächelt hast und ich sah, wie er dich an den Hüften angefasst hat und wie nah ihr euch gewesen seid.

Es war eine Kurzschlussreaktion und nachdem ich den Rest der ersten Jägermeister Flasche getrunken hatte, war ich nicht mehr bei Sinnen und deshalb folgte die Zweite. Es tat so weh und dann habe ich dir nur wegen meines verletzten Stolzes schon wieder fast dasselbe wie damals angetan. Es tut mir so Leid. Es tut mir wirklich so schrecklich Leid, dass ich es noch ein zweites Mal versucht habe.

Als Jason mich gestern an diese Wand gedrückt und mich angeschrieen hat, war es wie in einem Film, ich bekam gar nicht richtig mit, dass das mir passierte und nicht jemand anderem. Doch ich sah diesen Abend bei uns zuhause wieder vor mir, sah wie du geweint hattest, nachdem ich dich berührt hatte. Ich wehrte mich, natürlich wehrte ich mich gegen seine Vorwürfe, weil ich nicht glauben wollte, dass ich ausgerechnet dir das angetan habe. Doch plötzlich ergab es Sinn.

Ich muss mich ein letztes Mal bei dir entschuldigen, denn ich habe noch etwas getan, was falsch gewesen ist. Ich habe Jason und dein Gespräch vorhin mit angehört. Ich habe gemerkt, dass du nach vorne gegangen bist und wollte mit dir sprechen, wollte mich entschuldigen, doch dann hörte ich Jasons Stimme und blieb hinter der Tür stehen. Als ich hörte und verstand, worüber ihr gesprochen habt, wurde mir regelrecht schwindlig. Du liebst mich.

Und plötzlich sah ich es für einen Moment lang. Ich sah den Abend während der letzten Tour, dein verheultes Gesicht, die Angst in deinen Augen und ich hörte, wie du mich angefleht hast. Du hast mich geliebt und ich habe dir so weh getan, noch mehr wehgetan, als ich es vermutet hatte. Weil du mich geliebt hast, hast du dir von mir wehtun lassen und hast das alles auch noch, um mich zu schützen, so lange alleine mit dir herumgetragen.

Ich muss gehen, Pat. Ich muss für dich gehen. Ich habe dir dein Leben zur Hölle gemacht und die letzten Wochen müssen für dich schlimmer als die Hölle gewesen sein. Selbst wenn ich dich liebe, ich habe dich kaputt gemacht, ich habe dich gebrochen und ich kann es dir nicht antun, weiterhin in deiner Nähe zu bleiben. Du liebst mich und auch wenn du denkst, dass ich dir damit viel mehr wehtue, wenn ich gehe, ist es besser so. Du wirst mir bestimmt Recht geben, wenn du später den Richtigen gefunden hast, wirst du mir Recht geben, dass ich dich nur weiter gequält hätte, wenn ich geblieben wäre. Und deshalb werde ich gehen.

Ich habe gesehen, wie Jason dich festgehalten hat und er wird sich auch weiter um dich kümmern. Ich weiß, dass du ein besseres Leben führen kannst, die Jungs werden immer für dich da sein und sie werden das besser können, wenn ich weg bin. Ich mache mir keine Sorgen um dich, denn es wird dir besser gehen, wenn du aufhören kannst mich zu lieben und die Jungs werden dir dabei zur Seite stehen.

Ich werde mich nicht umbringen, Pat. Ich werde nur weggehen. Ich weiß noch nicht wohin, aber ich werde nicht wiederkommen. Ich wünsche dir, dass du eine wunderschöne Zukunft hast und dass du jemanden findest, der deine Liebe wirklich verdient hat und ich bin mir sicher, dass du ihn finden wirst. Ich werde dich immer lieben, Pat, du bist und warst immer in meinem Herzen und wirst für immer dort bleiben, weil es keinen Menschen auf der Welt gibt, der dich ersetzen könnte.

In Liebe,

Dein Adam“

THE END

Lesemodus deaktivieren (?)